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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 15. August 1873.)

Veranlaßt durch das Auftreten der Cholera in Oberitalien hat der Bundesblath beschlossen, an die eidgenössischen Stände, mit Ausnahme von Schwyz, Unterwaiden und Appenzell, nachstehendes Kreisschreiben zu erlassen.

Getreue liebe E i d g e n o s s e n !

,,Im Hinblik auf das Wiedererscheinen der Cholera in OberItalien hat sich unser Departement des Innern veranlaßt gesehen, eine Konferenz von Kantonsabgeordneten zu berufen, um die etwa zu treffenden sanitarischen Vorkehrungen zu besprechen und zwekentsprechende Schlußnahmen zu treffen.

,,Wir beehren uns, Ihnen die gefaßten Beschlüsse anmit zur Kenntniß zu bringen, welche hauptsächlich eine sanitarische Ueberwachung der von Italien kommenden Post- und Eisenbahnreisenden im Auge haben.

,,A. Postwesen ,,Angesichts der in Oberitalien von Venedig aus um sich greifende Seuche seien die Postkondukteuro anzuweisen, auf den Gesundheitszustand der aus Italien in die Schweiz reisenden Passagiere genau zu achten. Sollten sich unter den Reisenden Erwachsene oder Kinder, finden, ' die an heftiger Diarrhöe leiden, so sei davon an die nächste geeignete Posthalterei telegraphische Anzeige zu machen.

,,Was die Alpenpässe im Besonderen betrifft, so seien als Orte, wohin allfällige Anzeigen zu machen wären, nachstehende zu bezeichnen: Für den Berninapass und dessenFortsezungen,, Albula

u n d Julier : Samaden, S t . Moritz u n d Chur ; f ü r d e n Maloja Splügen, Thusis und Chur; für den St. Gotthard : Bellenz, Airolo, Andermatt, Altdorf und Luzern ; für den Simplon : Brieg und Sitten.

,,Die Posthalter wären anzuweisen, auf erfolgte Anzeige hin die erkrankten Reisenden an ihren Poststationen von einem Arzte erwarten zu lassen und ihnen denselben zur Verfügung zu stellen.

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Auf das Gutachten des Arztes hin hätten die Posthalter die verdächtig erkrankten Passagiere ah der Weiterreise zu verhindern und bezüglich deren Unterbringung, Pflege und Behandlung die nöthig Vorsorge zu treffen. In lezterer Beziehung wären besonders die Spitäler in Chur, Altdorf und Sitten zu avisiren.

,,Ueberdies seien auch die Extrapostreisenden von den Postverwaltungen gesundheitlich in's Auge zu fassen und in Krankheitsfällen gleich wie die gewöhnlichen Postreisenden zu behandeln.

,,B. E i s e n b a h n w e s e n .

,,1) Bezüglich von Eisenbahnreisenden, die an heftiger Diarrhöe leiden, seien die Kondukteure dahin zu instruiren, solche Kranke an der nächstfolgenden größern Station dem Stationsvorstande zu vorzeigen, damit Fürsorge gegen deren Weiterreise und für Behandlung und Pflege derselben getroffen werde. Die bereits angeordnete Desinfektion aller Aborte und der mitgeführten Leibstühle sei pünktlich zu beobachten. Es wäre wünschenswerth, wenn bis auf Weiteres auch der Leichentransport auf Eisenbahnen untersagt würde. · ,,Für den Fall des Ausbruchs der Cholera wäre die Stationirung von Aerzten an allen größern Eisenbahnstationen mit längern Haltzeite vorzusehen. Dieselben hätten sich jeweilen bei Ankunft der Züge einzustellen und ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten, ob unter den Anlangenden sich Personen vorfinden, welche der Cholera verdächtige Krankheitssymptome zeigen und daheriger ärztlicher Hilfe bedürfen, in welchem Falle solche anzubieten wäre ,,2) Bezüglich der Eisenbahnarbeiter in Tessin ist die Gotthardbahndirektion zu verpflichten, die Kantonnemente der Arbeiter täglich durch Aerzte besuchen zu lassen. Diese haben Alles zu besichtigen, was in hygienischer und prophylaktischer Beziehung die Nahrung, Wohnung und Kleidung der Arbeiter betrifft. Sie werden besonders jeden Fall von Diarrhöe zu ermitteln und denselben so rasch wie möglich zur Heilung zu bringen suchen. Alle Aborte, welche von den Arbeitern benuzt werden, sind täglich zu desinfiziren, und es ist Fürsorge für gute Unterbringung und Absonderung ernstlich Erkrankter zu treffen.

,,Ueberdies wäre es von Wichtigkeit, wenn die Verwaltung dafür sorgen würde, daß die Eisenbahnarbeiter in ordentlichen Kosthäusern gut verköstigt würden.

,,Vorstehende Konferenzbeschlüsse sind von unserm Departement des Innern den betreffenden eidgenössischen Departementen zur Berüksichtigung, resp. zur Instruktion der betreffenden Behörden ihrer Verwaltungen mitgetheilt worden.

399 ,,Obschon die Cholera glüklicherweise noch ziemlich entfernt von der Schweiz ihre Opfer fordert, so wollen wir doch nicht säumen, an der Hand der insbesondere im Jahr 1867 gemachten Erfahrungen, alle Maßregeln zu ergreifen, durch welche die Seuche fern gehalten werden kann.

Bindern wir Sie hievon verständigen, zweifeln wir nicht daran, daß die Tit. Kantonsregierungen durchaus bereit sein werden, uns hierin zu unterstützen und je (nach Umständen zur Ausführung der Konferenzbeschlüsse mitzuwirken, sei es. durch Aufstellung von Aerzten, da wo Reisende der ärztlichen Obsorge unterstellt werden müssen, oder sei es durch Bereithaltung von Spitälern zur Aufnahme von Erkrankten, oder endlich durch Anstellung von Aerzten, welche bei größern Eisenbahnstationen die mit Cholerasymptomen Behafteten in Behandlung nehmen sollen.a

(Vom 19. August 1873.)

Der Bundesrath hat drei Lehrer für das eidg. Polytechnikum ernannt, nemlich: Hrn. Dr. Albert Heim, von St. Gallen, als Professor für Geologie; ,, Eduard Ott, von Basadingen (Thurgau), als Repetitor in technischer Mechanik, eventuell auch in Maschinenlehre ; ,, Dr. Adolf U l r i c h , von Darmstadt, als Assistent am agrikulturchemischen Laboratorium.

Der Bundesrath hat zur Erzielung eines zwekmäßigen und einheitlichen Geschäftsgangs bei Vorlagen für Ausführung von Eisenbahnbauten ein Regulativ erlassen.

Das Post- und Telegraphendepartement ist vom Bundesrathe ermächtigt worden, mit den Regierungen der Kantone St. Gallen und Waadt über Errichtung von Telegraphenbüreaux in S t a a d und G r a n d c o u r sachbezügliche Verträge abzuschließen.

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(Vom 20. August 1873.)

Der Schweiz. Generalkonsul in Rio-de-Janeiro hat mit Schreiben vom 23. Juli abhin dem Bundesrathe zur Kenntniß gebracht, daß die nach den neuen Ansiedelungen in der Kolonie Moniz und Polycarpia in Commandatuba (Provinz Bahia) Ausgewanderten im größten Elende sich befinden, indem sie bei ihrer Ankunft daselbst weder eine Zufluchtstätte, noch Anderes, M'as ihnen versprochen worden war, gefunden haben, und in einem Dorfe im Süden von Bahia sich selbst vollständig überlassen seien.

Unter diesen Unglüklichen befinden sich 66 Angehörige der Schweiz, nemlich 22 Männer, 14 Frauen und 30 Kinder. Die schweizerischen Konsulate in Bahia und Rio-de-Janeiro nehmen sich, unterstüzt von den dortigen Hilfsgesellschaften, nach Kräften der Verlassenen an, wünschen aber, daß das unterm 24. Januar d. J. vom Bundesrathe hinsichtlich der obgedachten Ansiedelungen erlassene Kreisschreiben an sämmtliche eidg. Stände *) in Erinnerung gebracht werden -möchte.

Der Bundesrath hat mit der Regierung des Deutschen Reiches eine Erklärung ausgewechselt, nach welcher die am 13. Mai 1869 zwischen der Schweiz und dem Norddeutschen Bunde getroffene Uebereinkunft betreffend 1) den gegenseitigen Schuz der Rechte an literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst**), 2) die gegenseitige Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Aktiengesellschaften ' oder anonymen Gesellschaften***) auch auf E l s a ß - L o t h r i n g e n hinfort Anwendung finde.

(Vom 22. August 1873.)

Der Bundesrath hat beschlossen : 1. Es ist vom Beginn der nächsten Winterfahrtordnung an der Winterkurs S t a n s - G r a f e n o r t bis E n g e l b e r g auszudehnen.

2. Soll auch der Sommer-Doppelkurs Staus-Grafenort bis Engelberg ausgedehnt werden, falls annehmbare Angebote für Postführung erhältlich- sind.

Das Postdepartement ist vom Bundesrath ermächtigt worden, mit der Regierung des Kantons Bern einen Vertrag über Errichtung eines Telegraphenbüreau in A e s c h i in üblicher Weise abzuschließen.

*) Siehe Bundesblatt v. J. 1873, Band I, Seite 175.

**) Siehe eidg. Gesezsammlung, Band IX, Seite 919.

***1/ n -n n n u n 932 932

401 Mit Note vom 11. dies hat die k. italienische Gesandtschaft bei der Schweiz. Eidgenossenschaft dem Bundesrathe zur Kenntniß gebracht, daß Großbritannien dem am 14. Januar 1872 in Rom revidirten internationalen Telegraphenvertrage auch für G i b r a l t a r beigetreten sei.

Vom Bundesrathe sind gewählt worden: (am 19. August 1873) als Posthalter in Rue:

Hr. Denis C o s a n d e y , Briefträger, von und in Rue (Freiburg); ,, Posthalterin in St.Ursanne: Jgfr, Josephine B o u v i e r , von und in St. Ursanne (Bern); ,, Postkommis in Basel: Hr. Benjamin Jenny, Postaspirant, von Langenbruk, in Basel; ,, ,, ,, St. Gallen: ,, Jakob Johl, von Amden, Postkommis in Rorschach (St. Gallen); (am 20. August 1873)

als Posthalter in Gersau:

Hr. Alois R ig er t, Lehrer, von und in Gersau (Schwyz); ,, ,, ,, Affoltern a. A. ,, Kaspar Lo oser, von Neßlau, bisher Posthalter in Kappel (St. Gallen) ; Telegraphist in Brieg: ,, Gustav Besson von Bofflens (Waadt), derzeit Gehilfe auf dem Telegraphenbüreau in Brieg; (am 22. August 1873)

als Gehilfe beim Materialbüreau der Schweiz.

Telegraphenverwaltung: Hr. Johann Lüscher, von Muhen (Aargau), Gerichtskanzlist in Zofingen ; ,, Telegraphist in Zürich: ,, Heinrich D e p p e i e r , von Degerfelden (Aargau), z. Z.

Telegraphist in Genf; ,, ,, Bern: ,, Emil Hug, von Bern, derzeit Gehilfe beim Telegraphenbüreau in Thun ; Bundesblatt Jahrg. XXV. Bd. III

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als Telegraphistin in Bern:

Jgfr. Elise S c h n e e b e r g e r , von Herzogenbuchsee, gegenwärtig Telegraphistin in Neuenburg ; Telegraphist in Luzern: Hr. Friedrich Am p or t, von Amsoldingen (Bern), Télégraphiât in Lausanne; ,, Alois K a m e r , von Arth (Schvvyz), Telegraphist in Chaux-de-Fonds; . ,, Giuseppe G i u n d a n i , Telegraphenaspirant, von Lugano, in Luzern; Genf: ,, Jakob Vollenweider, Telegraphenaspirant, von Pfäffikon (Zürich), in Genf; ,, Bendicht W a l t h e r , Telegraphenaspirant, von Kernenried (Bern), in Genf; St. Gallen : ,, Hermann D eli e r, Telegraphenaspirant, von Wülflingen (Zürich), in St. Gallen); ,, ,, Otto H e e r , Telegraphenaspirant, von und in Rorschach (St. Gallen); ,, ,, Johann E d e l m an n, von Sitterdorf (Thurgau), derzeit Telegraphist in Genf; Chaux-de-Fonds: Hr. Heinrich Hafner, Telegraphenaspirant, von Maur (Zürich), in Samaden; ,, ,, Heinrich Diener, Telegraphenaspirant, von Oberuster(Zünch), in öt.fcralien ; Lugano : Hr. Cesare F e r r a r i , von Monteggio (Tessin), bisher Tele- · graphist in Chor; Basel : ,, Giuseppe V a c c h i n i , Telegraphenaspirant, von Ascona (Tessin), in Basel: ,, Eugen H e m m e l e i , Telegraphenaspirant, von Aarau, in Basel;

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als Telegraphist in Thun :

Hr. Eduard Wenker, von Gampelen (Bern), derzeit Telegraphist in Neuenburg; Rorschach : ,, Ulrich Boß hard, von Kloten (Zürich), bisher Telegraphist in Basel; Lausanne: ,, Albert Dériaz, von Baulmes (Waadt), Gehilfe auf dem Kontrole-Büreau der Schweiz.

Telegraphendirektion ; Biel: ,, Ludwig K u m m e r , von Höchstetten (Bern), derzeit Telegraphist in Basel; Samaden : ,, Johann Peter Lorez, von Hinterrhein (Graubünden), Telegraphist in Chaux-deFonds; Vivis : , Joseph Joos, Telegraphenaspirant, von Ragaz (St.

Gallen), in Chaux-de-Fonds ; Bellenz : ,, Rodolfo T a t t i , von Bellenz, gegenwärtig Telegraphist in Basel ; ,, Heinrich Müll er, Telegraphist in Neumünster bei Zürich; Jgfr. Elise B ach mann, TelegraTelegraphistin in Ölten phenaspirantm, von Bottenwyl (Thurgau), in Ölten; Rappersweil: ,, Laura Curti, von Rappersweil (St. Gallen), derzeit Telegraphistin in Neuenburg.

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