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Handelsvertrag zwischen

der Schweiz und Portugal.

(Vom 6. Dezember 1873.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und Seine Majestät der König von Portugal und Algarbien, vom gleichen Wunsche beseelt, die Freundschaftsbande enger zu knüpfen und die Verbindungen zwischen ihren Staaten auszudehnen, haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt, nemlich :

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft: Herrn Bundesrath Wilhelm Naeff, Vorsteher des schweizerischen Handels- und Zol [départements; Seine Majestät der König von Portugal und Algarbien: den Vicomte de Santa lsabel, Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer, in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, über folgende Artikel sich geeinigt haben : Artikel 1.

Zwischen den Staaten der beiden hohen vertragschließenden Theile soll vollständige Handelsfreiheit bestehen. Die Angehörigen eines

628 jeden derselben Können weder mit Büksicht auf Erwerb oder Eesiz von Immobilien oder beweglichen Güter, noch wegen ihres Handelsoder Industriebetriebes in den Städten oder in irgend andern Ortschaften der betreffenden Länder, und ob sie sich bleibend niederlassen oder nur vorübergehend aufhalten, unter irgend welcher Bezeichnung andern oder höhern Gebühren, Taxen, Steuern oder Patenten unterworfen werden als denjenigen, weiche von den Einheimischen bezogen werden; und die Vorrechte, Immunitäten oder andere Vergünstigungen, welche die Angehörigen des, einen der beiden Länder im Handel und in der Industrie genießen, sollen auch denjenigen des andern Landes zukommen.

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels schmälern in keiner Weise die Anwendung der in Sachen des Handels, deiIndustrie und der Polizei auf dem Gebiete jedes der vertragschließenden Staaten bestehenden und auf die Angehörigen jedes andern Staates anwendbaren besondern Geseze, Verordnungen und Réglemente.

Artikel 2.

Die Angehörigen jedes der beiden Staaten sind in dem andern von jedem persönlichen Dienst in der Armee, der Miliz oder deiMarine befreit.

Artikel 3.

Die hohen vertragschließenden Theile sichern sich gegenseitig in. Allem, was die Einfuhr, die Ausfuhr und die Durchfuhr betrifft, die Behandlung auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation zu.

Jeder derselben verpflichtet sich, dem andern jede Vergünstigung, jedes Vorrecht, jede Ermäßigung zu gewähren, welche in den Ein-, Aus- und Durchfuhrgebühren einsr dritten Macht bewilligt würde.

Es wird jedoch Portugal das Recht vorbehalten, Brasilien allein besondere Vortlieile zu gewähren, welche von der Schweiz als Folge ihres Anrechts auf die Behandlung auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation nicht beansprucht werden können. Wenn indessen Portugal andern Staaten den Mitgenuß der an Brasilien ertheilten Vergünstigungen bewilligen sollte, so würden dieselben auch der Schweiz zu Theil werden.

Artikel 4.

Die Waaren aller Art, welche aus einem der beiden Länder kommen und in das andere Land eingeführt werden, können keinen

629 höhern Verbrauchs-, Octroi- oder Gemeinde-Steuern unterworfen «'erden als denjenigen, welche von den gleichen Produkten der meistbegünstigten Nation dermalen bezogen werden oder in der Folge bezogen werden sollten. Jedoch können die Einfuhrgebühren um denjenigen Betrag vermehrt werden, welcher den den einheimischen Produzenten aus dem Accise-System (Verbrauchssteuer) erwachsenden Kosten entspricht.

Wenn einer der beiden hohen vertragschließenden Theile die Aufstellung einer neuen Accise- oder Konsumosteuer oder einer Zuschlagstaxe auf einem Artikel einheimischer Produktion oder Fabrikation für nothwendig erachten sollte, so kann der gleichartige ausländische Artikel sofort bei seiner Einfuhr der nämlichen oder einer gleichbedeutenden Gebühr unterworfen werden, wobei die Behandlung wie gegenüber der meistbegünstigten Nation stets zugesichert bleibt.

Artikel 5.

Bezüglich der Waaren, deren Etiquetten und Verpakung, der Fabrik- oder Handelszeichen und Marken genießen die Angehörigen eines jeden der betreffenden Staaten den gleichen Schuz wie die Landesangehörigen.

Artikel 6.

Für zollpflichtige, als Muster dienende und nach Portugal von Reisenden aus Schweizerhäusern, nach der Schweiz von Reisenden aus portugiesischen Häusern eingeführte Gegenstände werden die beim Eintritt deponirten Gebühren zurükerstattet, sofern die findie Wiederausfuhr oder für die Wiederablage in ein Entrepôt nothwendigen Zollformalitäten erfüllt werden.

Artikel 7.

Die in Portugal reisenden schweizerischen Fabrikanten und Handelsleute und ihre Reisenden (Commis-Voyageurs) können da selbst für die Bedürfnisse ihrei Industrie Ankäufe und Verkäufe vornehmen und, mit oder ohne Muster, Bestellungen aufnehmen, allein ohne mit Waaren zu hausiren. Für die portugiesischen Fabrikanten und Handelsleute soll in der Schweiz Reziprozität geübt werden.

Artikel 8.

Um festzustellen, daß die Produkte einheimischen Ursprungs oder Landesfabrikat sind, hat der Einführende der Zollstätte des andern Landes entweder eine offizielle, vor einem am Ver-

630 Sendungsorte wohnenden Magistraten verfaßte Deklaration, oder ein vom Dienstchef der Ausgangszollstätte ausgestelltes Zeugniß, oder auch ein von Konsuln oder Konsularagenten des Einfuhrlandes, welche in den Versendungsorten residiren, abgegebenes Zeugniß vorweisen.

Artikel 9.

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages sind, ohne jegliche Ausnahme, auch anwendbar auf die portugiesischen, sogenannten angrenzenden Inseln (Iles adjacentes), nemlich : auf die Inseln Madeira und Porto Santo und auf den Archipel der Azoren.

Die Angehörigen der Eidgenossenschaft und die Produkte ihres Bodens und ihrer Industrie genießen in den Kolonien Portugals die nemliche Behandlung oder die gleichen Vortheile und Vergünstigungen, welche gegenwärtig in den genannten Kolonien den Personen oder Produkten der meistbegünstigten Nation bewilligt werden oder in Zukunft noch bewilligt werden sollten.

Artikel 10.

Der gegenwärtige Vertrag tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationen in Kraft und bleibt bis zum 31. Dezember 1878 in Wirksamkeit.

Für den Fa.ll, daß keiner der hohen vertragschließenden Theile dem andern zwölf Monate vor Ablauf der obgenannten Periode seine Absicht, den Vertrag aufzuheben, kundgibt, so bleibt derselbe bis ein Jahr nach erfolgter Aufkündung durch einen der vertragschließenden Theile verbindlich.

Artikel 11.

Der gegenwärtige Vertrag ist zu ratiflziren, und die Ratifikationen sind in Bern so bald als möglich auszuwechseln.

Zur U r k u n d e dessen haiben die beiderseitigen Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und demselben ihr Wappensiegel beigedrükt.

Sogeschehen in Bern, in doppelter Ausfertigung, den sechsten Dezember eintausend achthundert drei und siebenzig.

Der Bevollmächtigte der Schweiz :

Der Bevollmächtigte von Portugal :

(L. S.) (Gez.) Naeff.

(Gez.) Vicomte de Santa lsabel.

(L. S.)

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die bernische Jurabahn auf dem Gebiete des Kantons Basel-Stadt.

(Vom 10. Dezember 1873.)

Tit.!

Die Fristverlängerung, welche Sie durch Beschluß vom 24.

September d. J. für den Beginn der Erdarbeiten an der bernischen Jurabahn auf stadtbaslerischem Gebiete bewilligten, wurde mit der Begründung nachgesucht, daß das- Trace im Kanton Basel-Stadt abhängig gemacht werde von der Gestaltung des Rangirbahnhofes, und daß das Expropriationsverfahren erst nach Genehmigung der Baupläne sich durchführen lasse.

Mit Eingabe vom 3.-dies berichtet nun die Direktion der bernischen Jurabahn, daß der neue Rangir- und Güterbahnhof in den auf den Anschluß der Jurabahn Einfluß übenden Richtungen als festgestellt zu betrachten sei und daß in nächster Zeit die Anschlußmodalitäten mit der Centralbahn vereinbart werden können. Zur Ausarbeitung ihrer Baupläne und zur Auflage "Mer Katasterpläne genüge aber die Frist bis Ende dieses Monats nicht, sondern sie müsse sich eine lezte Verlängerung bis Ende März künftigen Jahres erbitten.

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Handelsvertrag zwischen der Schweiz und Portugal. (Vom 6. Dezember 1873.)

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.12.1873

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627-631

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