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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über ein Darlehen an die Landesausstellung 1964 (Vom 30. November 1962)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen eine Botschaft samt Entwurf eines Bundesbeschlusses über ein Darlehen an die Landesausstellung 1964 zu unterbreiten. In diesem Zusammenhang möchten wir Ihnen über einige weitere Fragen, welche die Landesausstellung betreffen, Aufschluss geben.

I. Finanzbedarf der Landesausstellung

1. In unserer Botschaft vom 22. September 1961 über Beiträge an die Schweizerische Landesausstellung 1964 (BB1 1961, II, 620) haben wir über die Finanzierung der Ausstellung orientiert. Damals rechnete man mit einem Budget von 87,4 Millionen Franken, wobei verschiedene Ausgaben netto berechnet waren, indem man voraussichtliche Einnahmen zum vornherein in Abzug gebracht hatte. Der Budgetausgleich konnte im Ausmass von 17 Millionen Franken nur dank Leistungen der öffentlichen Hand (vor allem Bund, Kanton Waadt, Stadt Lausanne) gefunden werden. Inzwischen hat die Ausstellung ein neues Budget ausgearbeitet, welches unter Verrechnung gewisser Einnahmen 104,4 Millionen Franken beträgt. Zufolge höherer Leistungen, die von den Ausstellern verlangt werden, und einem erhöhten Beitrag der Kantone ist auch dieses Budget ausgeglichen.

Es wird etwa gefragt, ob man denn angesichts steigender Preise und Löhne einem solchen Budget Vertrauen schenken dürfe. Dazu möchten wir vorab bemerken, dass ganz allgemein ein neuer Preis- und Lohnauftrieb mit allen Mitteln verhindert werden sollte. Selbstverständlich kann niemand gewährleisten, dass bis 1964 nicht noch höhere Aufwendungen nötig sein werden. Indessen setzt die Landesausstellung alles daran, die Baukosten möglichst auf dem vorgesehenen Stand zu halten, nicht zuletzt mittels entschiedener Vereinfachungen ; zahlreiche Bauten sind auch schon vergeben, und die Tiefbauarbeiten sind im Gange. An

1429 den Kosten der Innen-Einrichtung und des Betriebes kann weniger eingespart werden, doch gehen sie abgesehen vom allgemeinen Teil der Ausstellung und von allgemeinen Anlagen zulasten der Aussteller.

2. Hingegen teilte die Ausstellungsdirektion mit, dass ihr bis zur Eröffnung am 30. April 1964 48 Millionen Franken an Betriebsmitteln fehlen. Bis zu jenem Zeitpunkt belaufen sich die Ausgaben (brutto berechnet) auf 99 Millionen Franken, die Einnahmen gemäss Budget dagegen nur auf 51 Millionen Franken, nämlich 18 Millionen Franken von den Ausstellern (Anteil an den Eohbaukosten) und 1,85 Millionen Franken aus Lotterie-Erträgen sowie 31,1 Millionen Franken von der öffentlichen Hand. Die Direktion der Landesausstellung glaubte ursprünglich, das fehlende Betriebskapital könnte durch ein Anleihen oder durch Bankdarlehen aufgebracht werden, umsomehr als die entlehnten Beträge nach der Eröffnung aus den dannzumaligen Einnahmen binnen kurzem zurückerstattet würden. Ein Anleihen erwies sich aber als untunlich, anderseits wollten die Banken nicht blanko ein Darlehen von über 40 Millionen Franken gewähren.

DieLandesausstellungl939 hatte weit geringere Tresorerie-Schwierigkeiten, weil die Arbeits- und Lieferfristen ausserordentlich kurz waren, und weil die Unternehmer akzeptierten, dass die Fälligkeit grösserer Forderungen bis nach Ausstellungsbeginn hinausgeschoben wurde. Unter den heutigen Umständen ist es ausgeschlossen, den Finanzbedarf vor Ausstellungsbeginn lediglich auf diese Weise zu überbrücken. Immerhin bemüht sich die Ausstellungsleitung ernstlich, den Fehlbetrag von 48 Millionen Franken auf etwa 40 Millionen Franken zu verringern, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass der Betrag um weitere 2 Millionen gesenkt werden kann. Die Ausstellung hat den Bundesrat ersucht, er möge prüfen, in welcher Weise der Bund mithelfen könne, die eingetretenen Schwierigkeiten zu beseitigen.

II. Zur vorgeschlagenen Regelung 1. Wir erklärten uns im Interesse der Sache bereit, eine der Landesausstellung dienende Eegelung auszuarbeiten. Die Banken wollten zunächst nicht ohne Garantien auf ein Darlehen eingehen, da ihre reglementarischen Bestimmungen dem entgegenstünden und sie aus prinzipiellen Erwägungen nicht gänzlich von diesen Bestimmungen abweichen dürften. Sie waren jedoch zu einem gewissen Entgegenkommen bereit. Der
Bundesrat war seinerseits nicht zuständig, die Eückzahlung von Darlehen zu garantieren. Ebensowenig war er berechtigt, selber ein Darlehen zu gewähren, denn die Voraussetzungen des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1928 über die Anlage der eidgenössischen Staatsgelder und Spezialfonds (BS 6, 5) sind nicht erfüllt. Ein Beschluss der eidgenössischen Bäte ist also unerlässlich. Dem Kanton Waadt und der Stadt Lausanne, die durch die Landesausstellung schon stark belastet sind, können kaum neue Leistungen zugemutet werden.

2. Wenn die Banken aus grundsätzlichen Erwägungen nicht 40 Millionen Franken blanko kreditieren wollen, so wäre es anderseits unrichtig, dass allein

1430 oder überwiegend der Bund ein reines Kreditgeschäft tätigen würde. Gleiches trifft für eine Garantie zu, mit welcher der Bund für die Bückzahlung dpiDarlehen einzustehen hätte.

Eine Eeihe von Kantonalbanken sowie die Handelsbanken sind bereit, der Ausstellung Blanko-Darlehen zu gewähren. Nach unserer Auffassung sollte der Gesamtbetrag der Bankdarlehen 22 Millionen Franken erreichen.

Sodann würde der Bund ein Darlehen von höchstens 18 Millionen Franken gewähren. Um das Eisiko der Banken zu vermindern, sollte der Bund mit seinen Forderungen in den Nachgang treten. Somit würden die Bankgelder vorab zurückbezahlt.

8. Abgesehen vom Fall schwerwiegender internationaler Verwicklungen, welche die Durchführung der .Landesausstellung verunmöglichen würden, ist das Gläubiger-Bisiko äusserst gering. Für jenen Fall, der übrigens bei andern Kreditgeschäften auch nicht voll berücksichtigt wird, ist zu bedenken, dass die Landesausstellung von Volk und Behörden getragen wird. Die Bankdarlehen sind deshalb, wenn nicht rechtlich, so doch tatsächlich, weitgehend gesichert.

Dieser Umstand muss sich auf die Berechnung des Zinssatzes mässigend auswirken. Da der Bund im Ausmass von 18 Millionen Franken private Geldgeber ersetzt, sollte auch er nicht auf einen Zins verzichten.

4. Nach dem Entwurf zu einem Bundesbeschluss wäre der Bundesrat ermächtigt, ein Darlehen bis zu 18 Millionen Franken zu gewähren, und die näheren Bedingungen festzulegen; zu diesen Bedingungen gehört auch das Verhältnis zwischen Bank- und Bundesdarlehen. Der Betrag wird der Ausstellung nicht fest zugesichert, weil er nur nach Massgabe der finanziellen Bedürfnisse ausgerichtet werden soll. Wir haben keine weiteren Bemerkungen anzubringen und beantragen Ihnen Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes.

m. Bund und Landesausstellung 1. Nach wie vor messen wir der Landesausstellung grossie Bedeutung bei.

Der Wunsch, der dieses Frühjahr von mehreren Seiten geäussert wurde, die Ausstellung um ein Jahr oder auf unbestimmte Zeit zu verschieben, kam nicht nur zu spät, er war auch materiell nicht annehmbar. Wiewohl die Hochkonjunktur die Vorbereitungen erschwert, wäre es ein schlechtes Zeichen, wenn das Schweizervolk auf diese einzigartige Gelegenheit der Selbstdarstellung und Besinnung verzichten wollte. Wir halten dafür, dass 1964 ebensosehr
wie 1939 Anlass besteht, sich über den eigenen Standort und die Zukunftsperspektiven Eechenschaft zu geben. Der Bund setzt sich denn auch nachhaltig und mit bedeutenden finanziellen Mitteln für das Gelingen der Ausstellung ein. Dass an der Ausstellung Kritik geübt wird, erstaunt in Anbetracht des Ausmasses des Unternehmens nicht. Doch selbst wenn dieses oder jenes noch nicht perfekt geordnet wäre, müsste jedenfalls das unablässige Bemühen der 'Organisatoren um eine befriedigende Gestalt der Ausstellung voll anerkannt werden. In ver-

1431 antwortungsbewusster und eidgenössischen Gegebenheiten Eechnung tragender Znsammenarbeit aller Beteiligten wird das Ziel erreicht werden.

2. Trotz der in der Botschaft vom 22. September 1961 geäusserten Bedenken (vgl. IV, 5) haben wir besondere Inforrnationsaktionen über die Schweiz im Zusammenhang mit der Landesausstellung erwogen. Wir sind bereit, gewisse Aktionen vorbereiten zu lassen, aber die Vorbereitungen, die einige Zeit erfordern, sind noch nicht so weit gediehen, dass darüber bereits Näheres gesagt werden könnte. Vorsorglich möchten wir Ihnen heute schon mitteilen, dass wir Sie nächstes Jahr um einen Nachtragskredit von 1,5 bis 1,8 Millionen Franken ersuchen werden, worin auch Kosten allfälliger Aktionen im Inland enthalten wären.

3. Der Bund erbringt nicht nur die Leistungen gemäss Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1961, sondern beteiligt sich ausserdem auf Grund von besonderen Budgetkrediten in zahlreichen Gruppen als Aussteller. Der hief ür erforderliche finanzielle Aufwand wurde ursprünglich auf ungefähr 5 Millionen Franken geschätzt (Botschaft vom 22.September 1961, IV, 7). Wir hätten in der Folge einem Betrag von 7 bis 8 Millionen zugestimmt, mussten uns aber auf Grund der neuesten Mitteilungen eingestehen, dass auch damit nicht auszukommen sei.

Neben der allgemeinen Kostensteigerung hat u.a. der nicht vorhersehbare Mehraufwand für die Ausstellungsteile «Wehrhafte Schweiz» sowie «Feld und Wald» die finanzielle Belastung des Bundes unvermeidlich erhöht. Dem Bund geht es bezüglich der Ausstellerkosten nicht besser als den meisten andern Ausstellern.

Er muss heute mit einem Total von 12 Millionen Franken für seine Beteiligung rechnen, ohne die PTT-Betriebe (2,8 Millionen) und die Beteiligung der Bundesbahnen (4 Millionen).

Pro 1963 wurden zur Deckung des vorläufigen Kassenbedarfes bei einer Beihe von Ämtern Beteiligungskredite eingesetzt, die sich insgesamt auf 5,87 Millionen Franken belaufen. Die notwendige Ergänzung des Kredites soll in einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Dabei möchten wir jedoch nicht ohne zwingenden Grund den Betrag von 12 Millionen Franken überschreiten.

4. Bechnet man alle bereits beschlossenen und in Aussicht genommenen Leistungen des Bundes zusammen, so ergibt sich folgendes Engagement. Mjo Fr Defizitgarantien 17,5 Subvention für Land- und Forstwirtschaft
3,5 Beteiligung als Aussteller (ohne PTT und SBB) 12,0 Tresorerie-Darlehen 18,0 Total 51,0 Hinzu kommen die unter III, 2, erwähnten 1,5 bis 1,8 Millionen Franken für Informationsaktionen. Obschon unter normalen Umständen ein beträchtlicher Teil des Totalbetrages, nämlich mindestens das Tresoreriedarlehen, an den Bund zurückfliesst, darf gleichwohl hervorgehoben werden, dass der Bund

1432 bisher weder absolut noch relativ jemals eine derartige Verpflichtung für eine Landesausstellung eingegangen ist. Dass Leistungen in diesem Masse unausweichlich seien, erwies sich erst mit der Zeit.

5. Die vielfältigen Beziehungen des Bundes zur Landesausstellung, die sich nicht etwa im Finanziellen erschöpfen, sondern sich z.B. auch auf die Gestaltung des allgemeinen Teils erstrecken, liessen es als notwendig erscheinen, einen Verbindungsmann zwischen Bund und Landesausstellung zu ernennen. Gemäss Bundesratsbeschluss vom 16. Juli 1962 übt Herr Dr. Giger vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit diese Funktion aus, als Delegierter für die Landesausstellung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den SO.November 1962.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über ein Darlehen an die Landesausstellung 1964 (Vom 30. November 1962)

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13.12.1962

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