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Commissionalbericht zu

dem Beschlussentwurf des Bundesrathes vom 16. Juli 1873 betreffend Abänderung der Konzession des Kantons Bern vom 28. Dezember 1870 für den Bau und Betrieb einer Brünigbahn (I. Sektion Bödelibahn).

D

(Vom 1. August 1873.)

Tit.!

Am 28. Dezember 1870 ertheilte der Große Rath des Kantons Bern die Konzession für den Bau und Betrieb einer Brünigbahn, von welcher die I. Sektion (Bödelibahn) folgendermaßen definirt wurde: vom östlichen Ende des Thunersees, anschließend an den Hafen und Landungsplaz der Dampfschiffe, bis zum Landungsplaz und Hafen der Dampfschiffe am Ausfluß des Brienzersees.

Von dieser Bestimmung wurde nun aus verschiedenen Gründen, die, wie es scheint, in den Akten nicht vollständig dargelegt sind, abgewichen, indem für den Anfangspunkt der Bahn anstatt Neuhaus Därligen gewählt wurde, und es ist aus den Akten nicht ersichtlich, daß für diese wichtige Modifikation, die seit bald einem Jahr eine vollendete Thatsache ist, vor deren Ausführung die Bewilligung des Berner Regierungsrathes eingeholt worden sei.

Für die noch nicht ausgeführte Fortsezung der Linie von Interlaken thalaufwärts wird nun die Abänderung beantragt, daß dieselbe anstatt auf dem linken auf dem rechten Aarufer nach Zoll-

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brüke und von hier auf dem linken Ufer bis Bönigen verlängert werde.

In der von der Bundesversammlung am 11. Juli 1871 genehmigten Konzession wurden die Taxen in Anbetracht der exceptionellen Verhältnisse dieser 'kleinen Linie (damals zu 4,2 Kilometer berechnet) anstatt nach Längeneinheiten lediglich nach StationsfaKrten fest bestimmt und zwar in folgender Weise: Für Personen.

I. Klasse 80 Rp.

II. ,, 40 ,, Für Vieh.

Pferde, Esel etc. 90 Rp.

Großvieh etc.

50 ,, Kleinvieh 25 ,, F ü r Waaren.

Eilgut per Zentner 20 Rp.

Ordinaire Fracht 10 ,, .mit dem Vorbehalte, daß diese Taxen nur so lange in Kraft bleiben sollen, als die erste Sektion sich allein im Betriebe befindet, und in der Meinung, da,ß für den Transport von einer Zwischenstation zur andern, oder von einer Zwischenstation zur Endstation bei der Zollbrüke oder umgekehrt die Hälfte dieser Taxen bezogen werden soll.

Für die ganze Streke Därligen-Interlaken-Bönigen, welche die doppelte Länge der ursprünglichen Linie in sich schließt, (8,4 statt 4,3) und ungefähr den doppelten Kostenaufwand erfordert (Fr. 1,698,374 statt Fr. 800,000) beantragt nun die Gesellschaft unter Festhaltung von Stationstaxen folgende Erhöhung: Für Personen.

I. Klasse Fr. 1. 60.

n.

,,

,, -. 80.

F ü r Vieh.

Pferde, Esel, etc. Fr.

Großvieh, etc.

,, Kleinvieh ,, F ü r Waaren.

Eilgut per Zentner 30 Ordinäre Fracht 15

1. -- --. 60 --. 30 Rp.

,,

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Was die Verlegung des Ausgangspunktes der Bahn von Neu haus -nach Därligen betrifft, so muß die Eigenmächtigkeit, mit der dieselbe ohne Einholung der Zustimmung der kompetenten Oberbehörden ins Werk gesezt worden zu sein scheint, gerügt werden ; es ist zu hoffen, daß unter eidgenössischem Inspektorat solche Willkürlichkeiten nicht mehr vorkommen; dagegen steht in sachlicher Beziehung der nachträglichen G-utheißung derselben nichts im Wege, und ebenso wenig ist dies .der Fall hinsichtlich der beantragten Aenderung der Zugsrichtung über das rechte Aarufer und der Verlängerung bis Bönigen.

Hinsichtlich des hier angewandten Systems der Festsezung der Tarife nach Stationstaxen ist daran zu erinnern, daß nach dem frühern Eisenbahngesez dem Bunde keine Kompetenz zustand, bei Reglirung dieser Verhältnisse zu interveniren, und da die beantragten Erhöhungen in richtiger Proportion zu der beabsichtigten Verlängerung der Linie und der dadurch eingetretenen Erhöhung der Baukosten stehen, so erscheint der Antrag des Bundesrathes auf Gutheißung derselben gerechtfertigt.

Antrag:*) Bundesbeschluss betreffend

Abänderung der Konzession, des Kantons Bern, vom 28. Dezember 1870, für den Bau und Betrieb einer Brünigbahn.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Begehrens des Verwaltungsrathes der BödelibahnGesellschaft, vom 16. Dezember 1872 und 7. März 1873; 2) einer dasselbe unterstüzenden Zuschrift des Regierungsrathes des Kantons Bern, vom 20. März d. J. ; *) Der Ständerath nahm diesen Antrag am 1. August 1873 an.

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3) einer Botschaft des Bundesrathes vom 16. Juli 1873, beschließt: Die §§ l und 3, sowie Litt. B von § 18 der Konzession des Kantons Bern, vom 28. Dezember 1870 (Amtliche Eisenbahnaktensammlung, Bd. VII, S. 76) für den Bau und Betrieb einer Brünigbahn werden bezüglich der ersten Sektion in nachstehender Weise abgeändert: a. Die in Abweichung von den Vorschriften der Konzession vorgenommene Abänderung der Zugsrichtung der Bödelibahn, welche darin besteht, daß sie in Därligen anstatt in Neuhaus ihren Anfang nimmt, .wird nachträglich gutgeheißen.

b. . Die beantragte Abänderung der Zugsrichtung von Interlaken über das rechte Aareufer nach Zollbrüke, sowie die Verlängerung von der Brüke bis Bönigen werden bewilligt.

c. Für die zur Zeit noch nicht gebaute Streke Interlaken-Zollbrüke-Bönigen sind binnen einer Frist von drei Monaten, vom Datum dieses Beschlusses an gerechnet, dem Bundesrathe die im Titel II (Art. 7 bis 19) der Verordnung betreffend die erforderlichen Nachweise bei Gesuchen von Eisenbahnkonzessionen u. s. w., vom 20. Februar 1873 angeführten technischen und finanziellen Vorlagen einzureichen.

Binnen weiterer sechs Monate, von der Genehmigung dieser Ausweise an gerechnet, soll die erste Sektion gänzlich vollendet und dem Betriebe übergeben werden.

d. So lange hur die erste Sektion im Betriebe steht, ist die Gesellschaft befugt, auf Personenwagen erster und zweiter Klasse sich zu beschränken und für diesen Fall nachstehende Maximaltaxen zu erheben: Personen.

Wagen erster Klasse .

.

.

.

. 1 9 Rappen, ,, zweiter ,, .

.

.

.

.

9 ,, per Kilometer der Bahnlänge.

Vieh.

Pferde, Esel und Maulthiere .

.

.

-12 ,, Großvieh aller Art, Kälber ausgenommen .

7 ,, Kälber, Schweine, Hunde, Schafe, Ziegen .

3 ,, per Stük und per Kilometer.

Waaren.

Mit beschleunigter Geschwindigkeit .

. 3,5 ,, ,, gewöhnlicher Geschwindigkeit .

. 1,8 ,, per 50 Kilogramm und per Kilometer.

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Die hier bezeichneten Maximaltaxen sollen reduzirt werden, sobald die Bahn 8°/o abwirft.

Wenn hingegen der Reinertrag des Unternehmens nicht 5°/o erreicht, so ist die Gesellschaft befugt, vorstehende Taxen um 30°/o zu erhöhen.

So lange der Bahnbetrieb sich auf die Streke Därligen-Interlaken beschränkt, bleiben die Taxbestimmungen der Konzession vom 28. Dezember 1870 in Kraft bestehen.

Bern, den 1. August 1873.

Namens der ständeräthlichen Eisenbahnkommission, Der B e r i c h t e r s t a t t e r ad hoc :

Sulzer.

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Commissionalbericht zu dem Beschlussentwurf des Bundesrathes vom 16. Juli 1873 betreffend Abänderung der Konzession des Kantons Bern vom 28. Dezember 1870 für den Bau und Betrieb einer Brünigbahn (I. Sektion Bödelibahn). (Vom 1. August 1873.)

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16.08.1873

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371-375

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