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Bericht des

Bundesrathes an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft über die Bewaffnung der Landwehr.

(Vom 2. Juli 1873.)

Tit. !

Wir sind im Falle, Ihnen über den Stand der Bewaffnungsfrage der Infanterie den nachstehenden Bericht zu erstatten und in Bezug auf die Bewaffnung der Landwehr bestimmte Anträge damit zu verbinden.

In der von Ihnen genehmigten Botschaft vom 20. Juni 1871 haben wir die Zahl der nach dem Bundesbeschlusse vom 20. Dezember 1866 f ü r d e n A u s z u g u n d d i e R e s e r v e d e s B u n d e s h e e r e s nöthigen Repetirgewehre auf 123,869 Stük festgesezt, in welcher Zahl die nach dem gleichen Beschluß vorgesehene Reserve von 20 % der gewehrtragenden Mannschaft inbegriffen ist. · Bis Ende des lezten Monats waren erstellt : a . Repetirgewehre . . . . 81,600 6. Stuzer 4,300 Total: 85,900 es bleiben somit noch zu erstellen an Repetirgewehren und Stuzern 37,969 Stük, welche nach dem jezigen Gang der Fabrikation und nach den Bestimmungen der Verträge, mit Ausnahme einer kleinen Zahl von Stuzern, bis Ende dieses Jahres geliefert sein werden.

J043

Der allgemeine Stand der Bewaffnung wird :mf diesen Zeitpunkt folgender sein : a. Rcpcürgewehre _ 109,500 b. Stuzer 10,000 Der Bedarf für die gewehrtragende Mannschaft betrügt bleibt eine Gewehrreserve für das Bundesheer von Repetirgewehren und Stuzern.

.

119,500 103,224 l(i,276

Die Zuzählung der kleinkalibrigen Einlader ergibt : kleinkalibmre einfache Hinterladunjrsffewehre, m i t Einschluß d e r Peabodygewehre .

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; 90,048 Tüepetirgewehre u n d Repctirstuzer .

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. 119,500 C3

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kleinkalibrige Hinterlader gleichen Kalibers (mit einheitlicher Munition) .

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.210,148 Der Stand der Landwehr beträgt im Ganzen in runder /ahi 00,000 Mann (auf i. Januar 1873 war der Stand der Infanterie und Schiizen 53,953). Die Zahl der Gewehrtragenden, welche wir auf 10 °/o geringer annehmen, kommt zu stehen auf 54,000.

Nach dem Gesagten kann demnach die Landwehr auf Ende dieses Jahres entweder ganz mit kleinkalibrigen einfachen Gewehren bewaffnet werden, oder man kann die Gewehrreserve des Buudesheeres von 16,276 Stük dazu verwenden und den Rest, uemlich 37,724 Mann mit einfachen Hinterladern versehen.

Im erstem Falle würde für das Bundesboer eine Gewehrreserve von 16,276 Repetirgewehreu und für die Landwehr eine solche von 36,648 einfachen Gewehren vorhanden sein, im leztern Falle aber eine allgemeine Gewehrreserve für Bundesheer und Landwehr von 61,924 einfachen Gewehren, wobei die weitern 56,383 großkalibrigen Hinterladungsgewehre vollständig außer Betracht lallen.

Wir haben schon in unserm Bericht vom 20. Juni 1871 nachgewiesen, daß dieser Stand der Bewaffnung ein relativ sehr günstiger genannt werden kann. Der große Vortheil eines einheitlichen Kalibers und somit einer einheitlichen Munition ist vorhanden und die umgeänderten einfachen kleinkalibrigen Gewehre sind eine Waffe,l O O welche den Vergleich mit der Neubewaffnung der meisten übrigen Staaten sehr wohl aushält.

Gleichwohl können wir die Bewaffnungsfrage in verschiedeneu Richtungen nicht als eine abgeschlossene betracblcn, welche Ansicht auch schon der Nationalrath durch seinen Beschluß vom

1044 17. Dezember 1870 getheilt hat, indem er den Bundesrath beauftragte, der Bundesversammlung einen Gesezentwurf über die Neubewaffnung der Landwehr vorzulegen. Wir haben in dem Berichte vom 20. Juni 1871 die Gründe, welche uns bestimmen, für die Landwehr dieselbe Bewaffnung wie für das Bundesheer zu fordern, mit folgenden Worten angegeben : ,,Ganz abgesehen von der Frage, ob die Landwehr in Zukunft ,,dem Bundesheere einzuverleiben sei, steht so viel durch die Bun,,desverfassung fest, daß in Zeiten der Gefahr der Bund nicht nur ,,die Befugniß hat, über diesen Theil der nationalen Streitkraft zu ,,verfügen, sondern daß die Vertheidigung des Landes in diesem "Kern der männlichen BevölkerungO bei O gehöriger Organisation und T) o o ,,Vorbildung auch eine wirksame Stüze finden wird. Wenn aber ,,die Landwehr dieselbe militärische Aufgabe hat, wie die andern» ,,Heeresabtheilungen, so darf auch ihre Bewaffnung keine geringere ,,sein, und es kann nicht angehen, dem aus der Reserve in die ,,Landwehr übertretenden Wehrmann sein Repetirgewehr abzunch,,men und es mit dem Einlader zu vertauschen, was überdies noch ,,den wesentlichen Nachtheil hätte, daß der Landwehrmann beim ,,Beginn der lezten Dienstperiode wieder in dem Gebrauche eines ,,neuen Gewehres eingeübt werden müßte.a Unbestreitbar wäre es bei der mit oder ohne Bundesrevision bevorstehenden Reorganisation des eidg. Militärwesens wünschenswerth, die Frage der Neubewaffnung der Landwehr bis dorthin zu verschieben, um dann mit voller Einsicht in den Bestand des Heeres und die gegenseitige Verpflichtung des Bundes und der Kantone zur Tragung der Kosten die erforderlichen Anordnungen zu treffen.

Dabei ist aber gleichwohl nicht zu übersehen, daß der Bedarf an Gewehren sich auch bei einer neuen Heeresorganisation nicht wesentlich ändern kann. So lange der bis jezt stets festgehaltene Grundsaz aufrecht erhalten wird, daß jeder Schweizer wehrpflichtig sei und bis -zum vollendeten 44. Jahre Militärdienst zu leisten habe, wird auch die Totalstärke der gewehrtragenden Mannschaft, welche jezt rund 150,000 Mann beträgt, sich nicht ändern und von der Eintheilung des Heeres in keiner Weise beeinflußt werden.

Von größerer Bedeutung ist der Kostenpunkt. Nach der jetigen Militärorganisation ist die Bewaffnung der Infanterie in allen drei Heeresabtheilungen Sache
der Kantone, und es hat der Bund durch seinen Beschluß vom 20. Dezember 1866 einen Theil der Kosten der Neubewaffnung nur für das Bundesheer übernommen. Für die Bewaffnung der Landwehr dagegen hat er keine Verpflichtung eingegangen, und es kann auch der-Natur der. Sache nach eine solche darum nicht bestehen, weil die Landwehr nicht einen Theil des Bundesheeres ausmacht.

1045 Troz der Ungewißheit, wie sich dieses Kostenverhältniss in Zukunft gestalten wird, ist die einfache Verschiebung der Frage, ganz unzuläßig, wie wir in Folgendem nachweisen werden.

Selbst auf den Fall, daß man die jezige Bewaffnung als genügend betrachten und die Landwehr mit einfachen Gewehren ausrüsten wollte, muß selbstverständlich eine, gehörige Unterhaltung und successive Ergänzung der abgehenden Gewehre stattfinden, und es hat der Ersaz in Repetirgewehren zu geschehen, deren jährlicher Bedarf heute noch nicht angegeben werden kann,t weil hinlängliche O o O Erfahrungen über die Abnuzung der neuen und umgeänderten Waffen zur Zeit noch nicht gemacht sind.

Eine viel dringendere Notwendigkeit zur Fortsezung der Gewehrerstellung liegt aber in der grundsäzlich durch den Beschluß vom 17. Dezember 1870 und durch die Genehmigung unseres Berichtes vom 20. Juni 1871 auch von Ihnen bereits angenommenen N e u bewaffnung der Landwehr. In dieser Beziehung nehmen wir die in dem leztern Belichte ausgesprochene Ansicht heute als Grundlage unseres Vorschlages wieder auf, nemlich : 1. Nach Durchführung des Bundesbeschlusses vom '20. Dezember 1868, die Neubewaffnung der Landwehr mit Repetirgewehren resp. Stuzern durch den successiven Uebertritt der mit dem Repetirgewehr bewaffneten Jahrgänge der Bundesreserve zu bewerkstelligen, und bis zur vollständigen Neubewaffnung der Landwehr und der Erstellung ihrer auf 20 °/o berechneten Gewehrreserve jährlich so viele Gewehre anzuschaffen, als jährlich zur Bewaffnung der Rekruten nothwendig sind.

2.

Die Gewehrreserve sei zu bilden : a. aus den 90,648 einfachen Gewehren und successive b, aus einem Vorrath von Repetirgewehren, welcher 20 % des effektiven Bestandes des Bundesheeres und der Landwehr beträgt.

Der wesentliche Grund nun, weßhalb ein Beschluß über diese Fragen nicht verschoben werden kann, sondern in der Julisizung gefaßt werden muß, liegt in dem Umstände, daß ein ferneres Zuwarten die, wie nachgewiesen, unter . allen Umständen bevorstehende Fortsezung der Gewehrfabrikation, wenn nicht verunmöglichen, do:h wesentlich ungünstiger gestalten würde. Die Erstellung der Repetirgewehre erfordert nemlich für einzelne Theile ganz besondere Einrichtungen, welche die Fabrikanten zum Theil mit großen Kosten augeschafft haben.

1046 Es gilt dies namentlich von den Maschinen für Erstellung der Versohlußstüke, der Schäfte, Bajonette und Verschlußcy linder.

Selbstverständlich werden alle diese Einrichtungen außer Betrieb gesezt und für andere Industriezweige umgeändert, wenn nicht den Fabrikanten die Sicherheit verschafft wird, damit auch nach der Beendigung der jezigen Lieferungen wieder etwas verdienen zu können. Wollte, man also ohne Rüksicht hierauf weiter zuwarten, so hätten wir zu gewartigen, ob bei den in Zukunft jedenfalls nicht mehr bedeutenden Bestellungen die Betreffenden sich wieder entschließen werden, zur frühem Fabrikation zurükzukehren, und jedenfalls würde die Folge nicht ausbleiben, daß wir bei viel größeren Kosten die Nachtheile zu überwinden hätten, welche, neue Einrichtungen, ungeübte Arbeiter etc. stets nothwendig mit sich führen.

Unser Militärdepartement hat daher jezt schon, mit Vorbehalt der von der Bundesversammlung zu treffenden Verfügungen, Verträge über die Lieferung von Verschlußkasten, Verschlußzylindern, Vorderschäften und Kolben, sowie über Bajonette und Puzstökc zu annehmbaren Preisen und sonst günstigen Bedingungen abgeschlossen.

Der muthmaßliche Bedarf der Gewehrtheilsortimente ist auf 60,000, die Lieferungszeit auf 7--8 Jahre veranschlagt.

Der Bund ist jedoch nur zur Abnahme der jeweilen von ihm bestellten Jahreslieferung verpflichtet, und übernimmt darüber hinaus keine Verbindlichkeit zur Annahme oder Vergütung. Das Minimum der jährlichen Lieferung beträgt 5700 Stük.

Bei diesen Verhältnissen ist dem Bunde die Möglichkeit gegeben, binnen 8 Jahren die Neubewaffnuug der Landwehr durchzuführen, und gleichzeitig behält er seine volle Freiheit, die Fabrikation nach jedem Jahr einzustellen oder das jezige Gewehrmodell durch ein anderes zu ersetzen, wenn für das eine oder andere sich die Nothwendigkeit herausstellen sollte.

Schließlich bemerken wir noch, daß, was die zur Zeit noch nicht bestellten Bestandteile anbetrifft, es jederzeit leicht sein wird, auf dein Wege der Konkurrenzausschreibung sich dieselben zu verschaffen.

Wir gehen nun zur speziellen Besprechung unserer Vorschläge über.

Unter Verweisung auf den Bericht, den wir am 20. Juni 1871 an die Bundesversammlung erstattet haben, bleibt uns nur Weniges zu bemerken übrig. Wir nehmen die Zahl der für die Landwehr anzuschaffenden Gewehre (mit Inbegriff von 20 % Gewehrreserve)

1047 auf 60,000 ;)n. Wenn nun die Bewaffnung sucoessiv durali den Uübcrtritt der mit Repetir-Gcwchren übertretenden Reserve-Mannschaft bewerkstelligt wird, so sind hiefür annähernd H--i) Jahre nothwendig. Während dieser Zeit müßten demnach di« Rekruten jährlich mit neuen Gewehren versehen werden. Da die /ahi der.selben auf 10,000 sich belauft, so ist damit auch der jährlich« Gewehrbedarf auf 9--10 Jahre hinaus gegeben. Wir beantragen denselben dadurch zu deken, daß jedes Jahr 8000 Gewehre neu erstellt werden und der Ausfall von 2000 Slük einstweilen aus der Gewehrreserve bestritten wird, die sich am Schlüsse der jezigvn Fabrikationsperiode auf 16,276 Repetirgewehre beläuft. Am Schlüsse der nächsten Fabrikationsperiode würde dann durch die in Aussieht genommenen 60,000 Gewehre die Reserve für das Bundesheer wieder ergänzt und auch diejenige für die Landwehr erstellt sein.

Die künftige Bewaffnung;O würde sich dann so gestalten : O C* 1. Bewaffnung des Bundesheeres .

. 103,224 . 2. Gewehrreserve 16,276 3.

4.

Bewaffnung der Landwehr Gewehrreserve 20°/o .

.

.

.

.

119,500 50,000 10,000

(50,000 oder ohne Rüksicht auf die Heereseintheilung 153,224 Gewehre für die Bewaffnung der Mannschaft, nebst einer Reserve von 26,276 Stük. Rechnet man die einfachen Gewehre mit 90,648 Stük noch dazu, so ergibt sich eine Gewehrreserve von 116,924 Gewehren, die also bei weitem noch nicht einer doppeltem Bewaffnung gleichkommt.

Was nun die Kosten der neuen Anschaffung anbelangt, so müssen wir uns bei deren Répartition selbstverständlich lediglich auf den Boden der jezigen Bundesverfassung und der Militarorganisation stellen, wonach die Landwehr zwar keinen Theil des Bundesheeres ausmacht, der Bund aber in Zeiten der Gefahr gleichwohl darüber verfügt. Die Bestreitung der Bewaffnung der Landwehr ist nach der Verfassung (Art. 20") Sache der Kantone. Das Gesoz enthält darüber in Art. 40 die Bestimmung, daß die Landwehr mit Gewehren von eidgenössischem Kaliber versehen sein soll, oder mit andern Worten, daß die Munitirmse.inheit durch die Landwehrbewaffnung nicht gestört werden darf. Da nun die joflige eidg. Munition die Hinterladung voraussezt, so würden die Kantone in Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Pflicht ihre Landwehr mit Ilinterladungsgewehren eidgenössischen Kalibers zu bewaffnen haben.

Dabei ist es selbstverständlich, daß hiezu die jezt vorhandenen

1048 .einfachen Hinterladungsgewchre von den Kantonen nicht von Rechtswegen in Anspruch genommen werden können, weil dieselben von der Eidgenossenschaft für das Bundesheer angeschafft und auch Kum größeren Theile bezahlt worden sind.

Zur Ergänzung dieser juristisch formellen Seite der Sache bemerken wir noch, daß die Kantone das Recht besizen, die Waffen der Landwehr selbst anzuschaffen und daß dem Bunde nur das Recht der Contrôle (Art. 20, Ziffer 2 der Bundesverfassung) zusteht. Einleuchtend ist es aber, daß von einem solchen Rechte die Kantone nur zu ihrem eigenen finanziellen Nachtheile Gebrauch machen könnten und daß bei den jezigen thatsächlichen Verhältnissen ein solcher Modus beinahe unmöglich geworden ist.

Unter diesen Verhältnissen scheint es uns daher angemessen, daß der Bund die Anschaffung der Waffen für die Landwehr von sich aus besorge, daß er aber troz der eben bezeichneten Verpflichtung der Kantone sich ebenfalls bei den daherigen Kosten betheilige. Vom Standpunkte des Rechtes aus würde das' Maß dieser Betheiligung sich durch die Erwägung ergeben, daß die Kantone freie Hand haben, ein Hintcrladungsgewehr für ihre Landwehr einzuführen, welches wohlfeiler ist, als das jezige RcpetitionsOrdonnanzgewehr. Die mögliche Differenz würde den Beitrag des Bundes darstellen. Obschon diese Differenz den vierten Theil des Preises der Ordonnanzwaffen nicht erreicht, so halten wir gleichwohl dieses Verhilltniß für die Beiheiligung von Bund und Kantonen für angemessen, da auch die Gewehrreserve in Betracht fällt, zu deren Erstellung eine Pflicht, für die Kantone nicht besteht. Mit der Ucbcrnahrne des vierten Thcils der Kosten leistet der Bund den Forderungen der Gerechtigkeit und Billigkeit Genüge; namentlich wenn man erwägt, daß er an die bisherigen Anschaffungen drei Viertheile beitrug, ohne daß die Bundesverfassung ihm eine solche Last auflegt und daß er unter gleichen Verhältnissen die Kosten des Artilleriematerials ganz bestritten hat.

Die Kantone haben die Gewehre nicht bloß in eigenen Kosten zu unterhalten, sondern auch den Abgang zu ergänzen. Dem Bunde steht nach Art. 78 des Gesezes vom 8. Mai 1850 die Ueberwachung und Inspektion des gesammten Kriegsmaterials der Kantone und also selbstverständlich auch die Aufsicht über die Bewaffnung der Landwehr zu.

Bekanntlich ist die Stärke der Landwehr weder in der Verfassung noch in dem Geseze bestimmt ; die Mannschaft, welche aus der Reserve austritt, bildet die Landwehr und verbleibt in derselben

1049 bis nach vollendetem 44. Jahr. Da nun aber einzelne Kantone die Reservekorps genau auf dem eidgenössisch vorgeschriebenen Fuß erhalten, während andere überkomplete Corps haben, so steht die Landwehr nicht überall im gleichen Verhältniß zum Bundesheer resp. zu der diesem verfassungsmässig zu Grunde liegenden männlichen Bevölkerung ; somit bleibt, um ein richtiges Verhältniß zu erstellen, nichts anderes übrig, als die Zahl der ge weh fragenden Mannschaft der Landwehr auf 50,000 Mann zu fixiren und mit Berüksichtigung von 20 °/o Gewehrreserve, die Zahl der anzuschaffenden Gewehre auf 60,000 Mann zu stellen. Die Vertheilung unter die Kautone würde im Verhältniß zur Infanterie und den Schüzen ihres Kontingentes stattfinden.

In Bezug auf die Art der Beschaffung der neuen Waffen haben wir noch Folgendes zu bemerken : Durch den Bundesbeschluß vom 17. Dezember 1866 und die nachherigen Verfügungen der Bundesversammlung- wurde es lediglich dem Bundesrathe überlassen, die Art und Weise, in welcher die Bewaffnung erstellt, werden soll, von sich aus zu bestimmen. Er machte von dieser Freiheit in der Weise Gebrauch, daß er von den 129,500 zur Ausführung kommenden Gewehren 104,400 an schweizerische Fabrikanten übergab, welche die fertigen Gewehre gegen einen einheitlichen Preis von Fr. 80 zu liefern hatten. Die Leistungsfähigkeit der einzelnen Lieferanten war eine sehr verschiedene, da besonders die kleinern Unternehmer mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Nicht ein einziges von allen schweizerischen Etablissementen fabrizirt neinlich alle Gewehrbestandtheile, sondern es sind alle auf den Bezug aus andern Fabriken angewiesen. Die daraus entstehenden Schwierigkeiten veranlaßten den Bundesrath im Jahr 1871, die einzelnen Bestandteile für 15,000 Gewehre auszuschreiben und damit, den einzelnen Fabrikanten auszuhelfen, welche Maßregel sich auch als durchaus praktisch erwies. Gleichzeitig machte der Bundesrath den Versuch, mit der Errichtung einer Werkstätte, in welcher er die.

von den einzelnen Fabrikanten bezogenen Bestandtheile unter der Leitung des Oberkontroleurs zusammensezen ließ. Die bisherigen Resultate dieser Maßregel sind in vollem Maße zufriedenstellend.

Die Leitung der Werkstätte ist eine sehr intelligente, und die aus derselben hervorgehenden Waffen stehen in gar keiner Weise hinter denen
der besten Fabrikanten zurük. W Vu- sind deßbalb entschlossen, dieses System auch fortzusezen. Nie it nur wird es im Interesse der einzelnen Fabrikanten liegen, in Zukunft der Eidgenossenschaft statt fertiger Gewehre, einzelne Bestam theile zu liefern, sondern es wird die Arbeit bei dieser Theilung auch eine vollkommenere werden. Die Eidgenossenschaft ist nie! t mehr genöthigt, in allen

1050 Fabriken eigene Kontrollen zu halten; sie kann die Untersuchung der einlangenden Bestandteile in ihrer Werkstätte konzcntrircu, vereinfachen und damit zugleich wohlfeiler gestalten.

Im Weitern dient die neue Einrichtung als lleparaturwerkstätte für diejenigen Kantone, welche die gehörigen Einrichtungen nicht besizen, um derartige Arbeiten selbst vornehmen zu können. Durch die Erstellung von Lehren und Werkzeugen sowohl für die eidgenössischen Kontroleure als die kantonalen Zeughäuser hat die Werkstätte ebenfalls schon wesentliche Dienste geleistet. Von den ihr übertragenen 14,400 Gewehren (5400 Repetirgewehre und 9000 Stuzer) hat dieselbe bis jczt geliefert 3700 Stuzer und 200 Gewehre. Die ganze Lieferung soll bis Juli 1874 vollendet sein, und es beträgt die jezigc Leistungsfähigkeit monatlich 400 Stük. Ueberdies wurde der Werkstätte noch die Erstellung der neuen Bestandtheil- und Werkzeugkisten überbunden und von ihr ausgeführt.

Einen, wenn auch nicht offiziellen, doch dem eidgenössischen Wehrwesen indirekt zu gut kommenden Dienst hat die Montirungswcrk statte durch die Beschaffung der Kadettengewehre erwiesen, deren ausgezeichnetes Modell von dem Oberkontroleur, Herr Major Schmidt, angefertigt worden ist. Von solchen Gewehren wurden bis Ende Mai 4200 Stük erstellt; die »noch bestellten 1800 werden bis Endo Juli geliefert sein und diese Fabrikation dann ganz aufgegeben werden. Selbstverständlich hat sich die Wcrkstätte die Totalkosten von den Bestellern vergüten lassen, so daß von der Eidgenossenschaft hiefür keinerlei Geldopfer gebracht worden ist. Nach dem Schluß der Kadettengewehrfabrikation wird die Werkstättc monatlich ohne Schwierigkeit 600 Gewehre liefern können.

Die finanziellen Ergebnisse der Werkstätte sind bis jezt ebenfalls ganz zufriedenstellend ; wir legen die Jahresrechnung für das erste Betriebsjahr 1872 diesem Berichte bei und nehmen in denselben nur folgende Zahlen auf: An eidg. Verwaltung: 1800 Rep.-Stuzer à 95 Fr. 171,000. -- 100 ,, -Gewehre à 80 ,, 8,000. -- 80 Stuzer extra . . ,, 7,560. -- Div. Material u. Lehren ,, 20,080. 20 ~Fr7206,590. 20 An kantonale Zeugämter : Bestaiidtheile u. Werkzeuge ,, 91,627.70 An Privaten : Waffen und Bestand' theile ,, 46,735.61 ~Fr. 344,953. 51

1051 Bruttogewinn im ersten Betriebsjahr . . . . Fr. 7,588,55 IQO/o Abschäzung auf Inventar Fr. 30,262. 20 ,, 3,026.22 Verbleibt Nettogewinn Hievon laut Departementsverfügung vom 24. April 1873 ab

Fr.

4,562. 33

,,

3,010. --

auf 1873 übertragen Fr. 1,552.33 Auf 1900 Stuzer und Gewehre des Vertragsquantums ein Brutto-Benefiz von Fr. 7588. 55 Wir werden, wenn Sie unsern Anträgen beipflichten, auch fernerhin das durch die Montirungsworksfätte bedingte System der Arbeitsteilung der Regel nach beibehalten und der Werkstätte diejenige definitive Einrichtung geben, welche der bevorsteheBdeu Fabrikationsperiode angemessen ist. Selbstverständlich wird auch das Rechnungswesen der Werkstätte nach den Grundsäzen eingerichtet werden, welche für die übrigen unter Bundesadministration stehenden Industrien zur Zeit gelten oder künftig festgest'.zt werden.

Die Kosten des Gewehres berechnen wir wie in den bisherigen Vorschlägen auf Fr. 84. 50, wobei zu bemerken ist, daß der "für die Vertheilung zwischen Bund und. Kantonen maßgebende Preis nach den effektiven Erstellungskosten berechnet wird, wie dies auch bisanhin stattgefunden hat. Der Gesammtbetrag der jährlichen Kosten für 8000 Gewehre wird sich daher belaufen auf Fr'. 676,000, woran der Bund den vierten Theil mit Fr. 169,000 zu bezahlen hat.

Dazu kommen noch die Kosten dur Munition. Während nach dem Beschlüsse vom 20. Dezember 1866 auf jedes Gewehr 160 Patronen berechnet werden, stellen wir für die neuen Anschaffungen die Zahl auf 200. Der in der Natur des Repetirgewehres liegende Munitionsverbrauch rechtfertigt diese Erhöhung in vollem Maßt;, und zwar um so mehr, als die Erfahrungen der lezten Kriege in einzelnen Fällen einen sehr bedeutenden Munitionsverbrauch aufweisen und daher jedenfalls auch für uns eine Steigerung der Totalvorräthe itöthig machen.

Die jährlichen Kosten für 8000 X 200 Patronen à 6 Rp. belaufen sich auf Fr. 96,000 und erhöhen daher die Ausgabun de» Bundes um Fr. 24,000.

Neben diesen" Kosten hat der Bund noch eine andere Ausgabe., zwar nicht auf eigene Rechnung, aber doch vorschußweise und immerhin unter etwelchem Zinsverlust zu bestreuen. Es ist einleuchtend, daß für einen Waffenvorrath, der sich mit der Zeit auf mehr als 150,000 Gewehre belaufen wird, ein gehöriger Vorrath Bundesblatt. Jahrg. XXV. Bd. II.

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1952 an einzelnen Bestandteilen vorhanden sein muß, und daßvdie nur für den Feldgebrauch bestimmten Büchsenmacher- und Bestandtheilkisten hiefür nicht ausreichen. So lange die Gewehrfabrikation fortdauert, kann der Ersaz für den bereits vorhandenen Gewehrvorrath aus dem Laufenden, d. h. aus den für die Fabrikation bestimmten Bestandteilen, bestritten werden, und es ist die Anlage eines Bestandtheildepots zur Zeit noch nicht nothwendig. Wohl aber ist dies der Fall, sobald der gesammte Gewehrbedarf gedekt sein wird, und es ist daher am Plaze, jezt schon für die successive Anlage dieses Depot zu sorgen, zu welchem Zweke wir daher künftig, d. h. während etwa 3 oder 4 Jahren, einen Betrag von Fr. 20,000 auf das Budget nehmen werden.

Dieses Depot wird von der Montirungswerkstätte verwaltet und unierhalten, und es sind die Kantone berechtigt, gegen Bezahlung des kostenden Preises den nöthigen Bedarf zu beziehen.

Gestüzt anf vorstehende Erwägungen empfehlen wir Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes.

Genehmigen Sie, Tit., den Ausdruk ausgezeichneter Hochachtung.

Bern, dsn 2. Juli 1873.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Ceresole.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

1053 (Entwurf)

Bundes beschlnss betreffend

die Bewaffnung der Landwehr.

Die B u n d e s V e r s a m m l u n g ~~ der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 2. Juli 1873,

beschließt: 1. Die gewehrtragende Mannschaft der Infanterie und der Schüzsn der Landwehr wird mit dem Repetirgewehr (Stuzer) bewaffnet und die Zahl der hiefür nöthigen Gewehre mit Einrechnung einer Reserve von 20°/o auf 60,000 festgesetzt..

* 2. Die Bewaffnung geschieht successiv in der Weise, daß die aus der Reserve in die Landwehr übertretende Mannschaft die Repetirgewehre beibehält.

3. Bis die Bewaffnung der Landwehr vollzogen sein wird, (Art. 1) verabfolgt der Bund den Kantonen für die Bewaffnung der Rekruten jährlich 8000 Gewehre und vevtheilt dieselben im Verhäliniß der Infanterie und Schüzenkontingente des Bundesheeres.

Der Mehrbedarf für die Rekrutenbewaffnung wird von den Kantonen aus der Gewehrreserve des Bundesheeres bestritten.

4. Die Anschaffung der Gewehre, sowie der Munition, welche auf 200 Patronen für das Gewehr berechnet wird, geschieht durch den Bund.

Die Kosten der Anschaffung der Gewehre sowohl als der Munition werden vom Bunde zu 1/
Unterhalt und Ergänzung der Gewehre und der Munition ist Sache der Kantone.

5. Zum Zweke des Unterhalts der Infanteriebewaffnung errichtet der Bund ein Depot von Gewehrbestandtheilen, welche an die Kantone zum kostenden Preise abgegeben werden.

6. Zur Bestreitung der durch diesen Beschluß dem Bund auffallenden Kosten hat der Bundesrath jährlich den entsprechenden Kredit nachzusuchen.

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Bericht des Bundesrathes an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft über die Bewaffnung der Landwehr. (Vom 2. Juli 1873.)

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12.07.1873

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1042-1053

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