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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Chur nach Thusis und einer Schmalspurbahn von Thusis bis zur Filisurer Brücke, eventuell bis Bellaluna.

(Vom 5. Juni 1886.)

Tit.

Ein Konzessionsgesuch für Bau und Betrieb einer normalspurigen Eisenbahn von Chur nach Thusis, mit den erforderlichen Belegen, ist schon am 9. April 1883 von den Herreu Zschokke & Comp. in Aarau, im Ein vers tan dniß mit dem in Thusis domizilirten Komite, das später als Konzessionsbewerber an Stelle genannter Firma trat (vide Eingabe vom 9./17. Juli 1885), eingebracht worden. Unterm 1. Mai gleichen Jahres hat sodann Herr Advokat Hunger in Thusis ein zweites Konzessionsgesuch für die nämliche Linie, mit Fortsetzung von Thusis über Tiefenkasten, Alvaneu bis zur Filisurer Brücke, eventuell bis Bellaluna eingereicht, und beide Gesuche sind vom Eisenbahndepartement in gesetzlich vorgeschriebener Weise zur gleichzeitigen Vorlage an die eidgenössischen Räthe vorbereitet worden. Die weitere Behandlung wurde aber auf Wunsch der bündnerischen Regierung, mit Rücksicht auf ein zu gewärtigendes und später auch wirklich eingelangtes Konzessionsbegehren für eine durchgehende Linie Chur-Thusis-Maloja-Castasegua (Chiavenna) verschoben. Das Nähere hierüber, insbesondere was die Stellungnahme derBündnerr Regierung zu denverschiedenenu Projekten betrifft, findet sieh bereits in der Botschaft des Bundesrathes vom 14. Dezember 1885, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Maloja nach Castasegna, ausgeführt, so daß wir uns hier kurz fassen können.

589 Das Proiekt einer durchgehenden Septimerbahn ist seitdem, wenigstens für einstweilen, fallen gelassen und das bezügliche Konzessionsgesuch nur für das Theilstück Maloja-Castasegna aufrecht erhalten worden. Sie haben demselben durch Beschluß vom 23. Dezember 1885 entsprochen. In Folge dessen traten die ursprünglichen beiden Projekte für Chur-Thusis und Chur-Thusis-Filisurer Brücke wieder in den Vordergrund, und es drang das Komite für Erstellung der erstgenannten Linie auf Vorlage seines Gesuches schon in der letztjährigen Dezeinhersession der Bundesversammlung.

Um den von der Standeskommission des Kantons Graubünden aufgestellten Forderungen zu entsprechen, hatte genanntes Komite in der Zwischenzeit für die Strecke Reichenau-Thasis ein neues Traró studiren lassen, welches nun aber gegenüber der im ursprünglichen Projekt vorgesehenen Maximalsteigung von 12 °/oo Steigungen bis 25 °/oo aufweist. Für diese Tracévariante -- als solche bezeichneten die Komitevertreter anläßlich der Konferenz vom 28. November 1885 das neue Tracé -- wurden unterm 25. Mai 1885 der Situationsplan und das Längenprofil eingereicht.

Auf der andern Seite nahm für sein Konkurrenzprojekt auch Herr Hunger eine Abänderung und zwar in dem Sinne in Aussicht, daß die Fortsetzung der Bahn von Thusis bis zur Filisurer Brücke nur schmalspurig erstellt werden soll. Er verlangte behufs Ausführung der erforderlichen Vorarbeiten Verschiebung der Vorlage der beiden Projekte au die Räthe. Von der Annahme ausgehend, daß einerseits diese beiden Konkurrenzprojekte unter allen Umständen eine gleichzeitige Behandlung erheischen, und andererseits Herrn Hunger, gleich wie dem Komite, Gelegenheit zur Modifikation seiner ursprünglichen Eingabe geboten werden müsse, glaubte das Eisenbahndepartement dem Gesuche des Herrn Hunger entsprechen zu sollen und setzte demselben zur Vorlage der abgeänderten Pläne und des neuen Kostenvoranschlages eine Frist bis Ende Januar 1886.

Am 26. Januar hat dann Herr Hunger die abgeänderten Pläne, welche in gleicher Weise, wie die zweite Vorlage des Komite in Thusis, für die Strecke Reichenau-Thusis eine Variante vorsehen, sowie einen auf Grundlage der schmalspurigen Erstellung der Strecke Thusis-Filisur ausgearbeiteten neuen Kostenvoranschlag und technischen Bericht eingereicht und diesen Akten später noch ein vom
April 1886 datirtes Memorial des Initiativkomites für Chur-ThusisFilisur, worin die volkswirthschaftlicbe Seite und die Bedeutung des Projektes für den Verkehr behandelt ist, sowie ein Gutachten des Ingenieurs Rob. Moser in Zürich vom März 1886 über die Rentabilitäts Verhältnisse folgen lassen.

590 Die abgeänderten, beziehungsweise neuen Vorlagen sowohl des Komites in Thusis als des Herrn Hunger wurden der Regierung von Graubünden zur Vernehmlassung mitgetheilt.

Ueber die Konkurrenzfrage spricht sich die bündnerische Standeskommission in ihrer Vernehmlassung vom 9. Dezember 1885 nicht aus, wogegen sie in ihrem Beschluß vom 13. März 1886, indem sie die Linien Chur - Thusis und Thusis - Filisur auseinander hält, für erstere dem Projekt des Komites für Chur - Thusis, beziehungsweise der Firma Zschokke
Wir halten ebenfalls die von der Bündner Regierung beantragte Lösung der Konkurrenzfrage für unthunlich. Zwar gehen wir mit ihr darin einig, die beiden Strecken Chur-Thusis und ThusisFilisur aus einander zu halten, und beantragen Ihnen, nicht das Projekt Chur-Thusis demjenigen Chur-Thusis-Filisur als ganzes gegenüber zu stellen, sondern die Konzession für die obere Sektion Thusis-Filisur für sich zu behandeln und dem einzigen Petenten zu ertheilen, dagegen in Bezug auf die Sektion Chur-Thusis, für welche Konkurrenzprojekte vorliegen, in gleicher Weise wie bei den Projekten für Maloja-Samaden zu verfahren und die Konzessionsbedingungen zwar jetzt schon festzustellen, von der Ertheilung der Konzession selbst aber abzusehen, dagegen den Bundesrath zu ermächtigen und zu beauftragen. demjenigen unter den Bewerbern die Konzession zu ertheilen, welcher sich zuerst über den Besitz genügender Mittel zum Bau ausweist. Zur Begründung dieses letztern Antrages berufen wir uns auf die in der Botschaft betreffend Konzession einer Eisenbahn von Maloja nach Samaden näher ausgeführten Erwägungen.

Auf diesem Wege kann die Konkurrenzfrage ohne Verletzung berechtigter Interessen gelöst werden, welche mit jedem andern Verfahren verbunden wäre, wie sieh aus Nachstehendem ergibt.

Stellt man nämlich das Projekt Chur-Thusis
dem Hunger'schen als g a n z e s gegenüber (wofür sich die Broschüre des Initiativkomite's für Chur-Thusis-Filisur ausspricht) und gibt dann dem Projekt Chur-Thusis den Vorzug, so schließt man damit nicht nur

59!

Herrn Hunger von der Konkurrenz für die untere Sektion ganz aus, sondern man sehneidet gleichzeitig das Projekt für die obere Sektion von vorneherein ab. Wollte man hinwieder das weitere Projekt dem engern unbedingt vorziehen, so würde man damit für den Fall, daß die Finanzirung des erstem nicht gelingen sollte, zugleich auch die Realisation des engern, welche zunächst mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat, ausschließen. Mit einem alternativen Gegenüberstellen der beiden Projekte (Chur-Thusis und Chur-Thusis-Filisur als ganzes) und Ertheilung der Konzession an denjenigen Bewerber, welcher zuerst einen Finanzausweis leistet,, würde man das Hunger'sche Projekt, welches umfassendere Interessen berücksichtigt, schlechter stellen als das andere, indem, aller Voraussicht nach die untere, kleinere Sektion leichter zu finanziren sein wird, also mehr Aussicht hätte, die Konzession definitiv zu erhalten, womit aber wieder die obere Sektion ganz, in Wegfall kommen würde.

Es erscheint daher nothwendig, zwischen der untern und obern Sektion zu unterscheiden und dieselben bei der Konzessionirung getrennt zu behandeln. Es erlaubt dies, für die untere Strecke beiden Konkurrenten gleiche Rechte einzuräumen und das Zustandekommen der untern Strecke von der Möglichkeit der Finanzirung des g a n z e n Projekts unabhängig zu stellen, ohne indessen, wie bei einheitlicher Behandlung, die obere Sektion auszuschließen.

Diese Lösung entspricht den Verhältnissen, wie sie vorliegen, am besten, zunächst schon deßhalb, weil ohne Zweifel vor der Hand nur die Realisation des untern Stückes Chur-Thusis in Frage kommen wird. Die Trennung und Ertheilung der Konzessionen für Chur-Thusis und Thusis-Filisur eventuell an zwei verschiedene Petenten gibt um so weniger mehr zu Bedenken Anlaß, als sich die beiden Sektionen nicht wie früher als eine einheitliche Linie darstellen, sondern wegen der Verschiedenheit in der Anlage überhaupt, und in der Spurweite insbesondere, einen besondern Betrieb als Normal- und als Sekundärbahn erheischen werden.

Was nun die beiden Projekte Chur-Thusis und dasjenige ThusisFilisur im Einzelnen betrifft, so ist das Nähere aus den beiliegenden Plänen und Berichten ersichtlich, auf die wir der Kürze wegen hier verweisen und denen wir blos folgende Daten entnehmen: Nach dem als Beilage zum ursprünglichen
Konzessionsgesuch des Komite's für Chur-Thusis vom 9. April 1883 eingereichten technischen Bericht soll das Bahntracé am Ende des Bahnhofes Chur beginnen, sich längs der Landstraße nach Bms, von da über Reichenau auf dem rechten Rheinufer nach Rothenbrunnen hinziehen und hier

592 den Rhein überschreitend über Realta (mit Variante über Rotels und Ueberschreitung des Rheines erst bei dieser Ortschaft) und Katzis die Endstation Thusis erreichen. Nach der Tracévariante dagegen würde die Bahn schon bei Reichenau den Rhein übersetzen und von da weg hart an dessen linkem Ufer bis Thusis sich hinziehen. Die Länge der Bahn beträgt für beide Tracés rund 25 Kilometer. Stationen sind vorgesehen in Ems, Reichenau, Rothenbrunnen, Katzis (resp. gegenüber Rotels nach der Variante) und Thusis. Nach dem ursprünglichen Projekt, würde die Maximalsteigung 12 °/oo, nach der Variante dagegen 25 °/oo und nach beiden Projekten der Minimalradius 180 Meter betragen. Die Bahn soll mit normaler Spurweite (1,435 m.) und eingeleisigangelegt werden.

Die Gesammtbaukosten werden auf rund Fr. 3,800,000 oder Fr. 149,000 per Kilometer veranschlagt. Es ist ein Sekundärbetrieb mit täglich 4 Zügen nach beiden Richtungen für den Sommer und 3 Zügen für den Winter in Aussicht genominen. Dabei ist vorgesehen, daß die Vereinigten Schweizerbahnen den Betrieb zu einer fixen jährlichen A versalsumme übernehmen und das Betriebsmaterial stellen werden.

Das Komite gedenkt die zu erlangende Konzession für den Bau und Betrieb der Eisenbahn Chur-Thusis später an die Firma Zschokke da Comp. abzutreten, und es haben sich Parteien bereits über die daherigen Bedingungen in einem vom 30. November 1885 datirten Vertrag geeinigt.

Das Hunger'sche Projekt vom Jahr 1883 sah für die Strecke Chur-Thusis wesentlich das nämliche Tracé und die nämlichen Stationen vor, wie das Projekt des Konnte's. Nach dem neuen technischen Berieht vom 20. Januar 1886 und den abgeänderten Plänen bleibt das Tracé bis Reichenau unverändert, überschreitet nun hier den Hinterrhein, um jenseits den günstigsten Platz für die Anlage einer Station für das bündnerische Oberland zu gewinnen.

Bis Thusis bleibt die Bahn zwischen Rhein und Straße, im Thaïe und am linken Ufer des Hinterrheins, bis Rothenbrunnen mehr dem Rhein, von dort mehr der Straße sich anschließend. Auf die Frage, welchem Tracé der Vorzug zu geben sei, und auf die diesbezüglichen Begehren der Bündner Regierung (mit Rücksicht auf die Rheinkorrektion) ist hier nicht näher einzutreten, indem darüber bei Prüfung der definitiven Baupläne zu entscheiden sein wird.

Von Thusis bis zur Soliser Brücke
durch den sog. Schyn bleibt die Bahn am linken Ufer der Albula, alsdann aber mit Berührung von Alvaschein, Tiefenkasten, Surava, Bad Alvaneu bis kurz vor Filisur auf dem rechten Ufer, sich meistens in der Nähe des Flusses haltend

593 Die Steigungen auf der ersten Sektion Chur-Thusis sollen ohne Noth 12 %o nicht überschreiten, und nur wenn ein eingehendes Studium der Splügenbahn die Nothwendigkeit hiezu ergeben sollte, würde vor Thusis mit einer stärkern Steigung begonnen. Für die ·Zweiglinie Thusis-Filisur-Bellaluna wird als Maximum der Steigungen 38 °/oo angegeben, das sich aber nach Ansicht des Petenten beim Detailstudium noch etwas werde verringern lassen. Für die Strecke Chur-Thusis wird als kleinster Kurvenradius nicht weniger als 300 Meter, für die schmalspurige Fortsetzung dagegen ein solcher von 100 Meter im Minimum angenommen. Die erste Strecke soll iiormalspurig, die obere mit l Meter Spurweite erstellt werden.

Für Chur-Thusis ist Rollmaterial nach den Normen der Vereinigten Schweizerbahnen und Betrieb durch die letztere Gesellschaft in gleicher Weise %vie bei den schweizerischen Normalbahnea vorgesehen, während die obere Sektion Betriebsmaterial ähnlich demjenigen der Appenzellerbahn erhalten und als Sekundärbahn betrieben werden soll.

Die Kosten für Chur-Thusis werden auf . Fr. 4000000 ,, Thusis-Filisur ,, . ,, 4600000 ,,, Filisur-Bellaluna ,, . ,, 400000 total auf Fr. 9000000 veranschlagt.

Was weiter die Konzessionsbedingungen anbetrifft, so wurden, wie oben erwähnt, bereits im Jahre 1883 Entwürfe mit den Petenten und der Regierung vereinbart, und wir beantragen Ihnen, an denselben festzuhalten, soweit nicht die neuen Postulate der Standeskommission oder die veränderten technischen Grundlagen und die darauf basirten Begehren der Petenten um Taxerhöhung, Abänderungen bedingen.

Die Konzessionsentwürfe, wie sie 1883 für Chur-Thusis und Chur-Thusis-Filisur aufgestellt wurden, hielten sich im Wesentlichen an die Bestimmungen der Normalkonzession. Die in Uebereinstimmung mit neuern Konzessionen und in Berücksichtigung der Wünsche der bündnerischen Regierung getroffenen Abänderungen bezogen sich namentlich auf folgende Punkte : 1) Festsetzung der der Taxberechnung zu Grunde zu legenden Gewichtseinheiten auf 100 Kilogramm anstatt der bisherigen 50 Kilogramm (Art. 18); 2) Aufhebung des Eilgutzwanges für Sendungen unter 25 Kilogramm und Reduktion des bei Taxirung von Gütern vorgesehenen Minimalgewichtes auf 20 kg. und Aufrundung des Mehrgewichts von 10 zu 10 kg. (Art. 18 und 20); «undesblatt. 38. Jahrg. Bd. II.

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594 3) Streichung der Spezialbestimmungen betreffend Auf- und Ablad der Güter in Art, 21 und dafür Vorbehalt der Genehmigung des Bundesrathes nicht blos bezüglich der Tarife, sondern auch der Transportbestimmuugen; 4) Aufnahme eioer Bestimmung in Art. 8, welche den Konzessionär verpflichtet, den Bau so auszuführen, daß der spätem Einrichtung der Bahn als Bestandteil einer durchgehenden Alpenbahn nicht präjudizirt wird; 5) Aufnahme einer Bestimmung, welche dem Kanton Graubunden auf den Zeitpunkt der Erstellung einer durchgehenden Alpenbahn das Rückkaufsrecht sichert.

Für Chur-Thusis und das Hunger'sche Projekt wichen die Entwürfe nur insoweit von einander ab, als für letzteres die Festsetzung der Fahrgeschwindigkeit dem Bundesrathe vorbehalten und auf seinen Wunsch Herr Hunger nur zur Führung zweier Wagenklassen (IL und III.) verpflichtet wurde.

Nachdem sich nunmehr die Sachlage in der Weise verändert hat, daß nicht mehr die Projekte Chur-Thusis und Chur-ThusisFilisur sich als Konkurrenzprojekte gegenüberstehen, sondern fürChur-Thusis und für Thusis-Filisur besondere Konzessionen ertheilt werden, so halten wir dafür, daß für erstere Strecke nicht mehr zwei, verschiedene Bedingungen enthaltende Konzessionen, sondern nur eine einheitliche Konzession aufgestellt werden muß, ohne Rücksicht darauf, welchem Bewerber dieselbe später definitiv ertheilt wird. Es erscheint dies um so mehr am Platze, als für das Hunger1 sehe Projekt s. Z. lediglich mit Rücksicht auf die obere Sektion andere Bedingungen aufgestellt wurden, welche Rücksicht nunmehr dahinfallt, und ferner weil die Strecke Chur-Thusis als Normalbahn sich darstellt und daher mögliehst den für solche gültigen Bedingungen unterworfen werden sollte.

Wir beantragen Ihnen demgemäß, für Chur-Thusis die Konzessionsbedingungen auf Grundlage der 1883 und 1885 mit dem Komite (in Verbindung mit den HH. Zschokke und Cie.) vereinbarten Entwürfe und unter thunlichster Berücksichtigung der Begehren der Standeskommission festzustellen, während für die schmalspurige Sekundärbahn Thusis-Filisur die 1883 mit Herrn Hunger vereinbarten besondern Bestimmungen Platz greifen können.

Was vorerst die Stellungnahme des Kuntous Graubiinden zu dem Projekt Chur-Thusis anbelangt, so theilte der Kleine Rath unterm 9./10. Dezember 1885 die von der Standeskommission des Kantons Graubünden in Betreff dus Konzessionsgesuches des

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Komite's für Chur-Thiisis gefaßten Beschlüsse mit. Zunächst wird, wie schon anläßlich der frühern Konferenz, der Grundsatz aufgestellt, daß durch Ausführung des gegenwärtigen Projektes das allfällige Zustandekommen einer konkurrenzfähigen bündnerischen Alpen bahn nach Italien in keiner Weise präjudizirt werden dürfe.

Demgemäß soll die Bahn normalspurig und nach den Anforderungen gebaut werden, die an eine konkurrenzfähige internationale Alpenbahn zu stellen sind, keine Steigungen über 12%o und keine kleinern Kurvenradie-n als 300 m. erhalten und die Fahrgeschwindigkeit nicht geringer sein als die bei den Vereinigten Schweizerbahnen übliche. Ferner verlangt die genannte Behörde die Erstellung einer Station im Farseli oder in der Isla bei Rdchenau, und daß von hier weg bis zur Rothenbrunner Brücke die Bahn dem Rhein nach geführt werde.

In dem mitschreiben des Kleinen Rathes vom 10. April mitgetheilten Beschlüsse der Standeskommission in Bezug auf das abgeänderte Hunger'sche Projekt wird an den eben genannten Bedingungen festgehalten und denselben noch Folgendes beigefügt: 1) Die Station Thusis soll an einem für den Anschluß einer künftigen internationalen Alpenbahn möglichst günstig liegenden Platze angelegt werden.

2) Die Tavifansätze für den Personen- und Gütertransport sollen nicht höher gestellt werden als bei andern schweizerischen Normalbahnen.

Dem grundsätzlichen Begehreu der Standeskommission ist durch die schon bei der ersten Konzessionskonferenz vereinbarte Bestimmung in Art. 8 der Konzession, wonach die Bahn so ausgeführt werden soll, daß ihre spätere Einrichtung als Bestandtheil einer durchgehenden Alpenbahn nicht präjudizirt wird, genügend Rechnung getragen. Auf die technischen Forderungen, welche in Durchführung dieser Vorschrift im Einzelnen für den Bau aufzustellen sind, schon in der Konzession einzutreten, halten wir dagegen nicht für thunlich. Diese Fragen, insbesondere welches Tracé zur Ausführung gelangen soll, und wo die Stationsanlagen zu erfolgen haben, sowie die Festsetzung der Steigungs- und Richtungsverhältnisse, werden besser anläßlich der Prüfung der Baupläne zurErledigung gelangen, wobei der Regierung Graubündens wiederum Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Begehren geboten werden wird. Wir beantragen Ihnen daher, auf diese Details in der Konzession nicht einzutreten und es bei dem vorgeschlagenen Artikel 8 bewenden zu lassen.

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Dem Begehren betreffend Festsetzung der minimalen Fahrgeschwindigkeit steht nichts entgegen, in üblicher Weise, durch Alinea 2 des Art. 12 zu entsprechen.

In Bezug auf die Taxen erscheint das Begehren der Bündner Regierung insofern durchaus begründet, als die Bahn keine über 12 °/oo gehende Steigungen erhält. Unter dieser Voraussetzung wären höhere Taxen als die in der Normalkonzession vorgesehenen in der That nicht gerechtfertigt. Nun sieht aber das abgeändert o Projekt des Komite wie des Herrn Hunger eventuell größere Steigungen vor, und in diesem Falle entspricht es der Billigkeit, nach dem Wunsche der Konzessionäre und analog wie in ähnlichen Fällen eine angemessene Taxerhöhung eintreten zu lassen. Wir beantragen Ihnen demnach, in den Art. 15, 17 und 18 zwar überall die Ansätze der Normalkonzession zu belassen, dafür aber zu Art. 18 a einen Zusatz in dem Sinne aufzunehmen, daß der Bundesrath, wenn größere Steigungen als 12 0/00 eingeführt werden sollten, eine Erhöhung .der Maximaltaxen bewilligen kann, welche aber unter keinen Umständen 50 °/o übersteigen darf. Es empfiehlt sieh diese Lösung, welche wir Ihnen beantragen, und die vom Komite in der Konzessionskonferenz vom 28. November 1885 acceptirt wurde, um so mehr, als noch keineswegs feststellt, ob überhaupt Steigungen über 12 0/00 sich als nothwendig herausstellen werden oder in welchem Maß dies der Fall sein wird. Die auf diese Weise fixirten Taxmaxima entsprechen, was die Personaltaxen betrifft, denjenigen der Gotthardbahn und Übersteigen auch in den Ansätzen für den Gütertransport ein billiges Maß nicht. Dem Bundesrath wird es obliegen, nach den effektiven Gefällsverhältnissen innerhalb der durch dio Konzession gegebenen Grenzen nach Mitgabe der in der Botschaft des Bundesrathes vom 11. September 1873 ausgesprochenen Grundsätze und der seitherigen Praxis dio Taxen festzusetzen.

Bin weiteres Postulat der bündnerischen Standeskommission betrifft die Aufnahme einer Bestimmung, wonach im Falle der Konzessionirung einer internationalen Alpenbahn die Linie, ChurThusis derselben zum Erstellungswerthe, dessen Ermittlung nach Mitgabe der üblichen Rückkaufsbestimmungen zu erfolgen hätte, abzutreten wäre oder, wenn die Strecke Chur-Thusis im genannten Zeitpunkte noch nicht vollendet oder noch nicht in Angriff genommen sein sollte, die Konzession
gegen Entrichtung der bereits erwachsenen Kosten, sowie einer vom Bundesgericht festzusetzenden billigen Entschädigung an die Alpenbahn übertragen werden müßte.

Diesem Begehren erachten wir durch den Art. 28 a genügt, indem dadurch dem Kanton die Möglichkeit offen gehalten wird,

597 auf den Zeitpunkt der Inbetriebsetzung einer durchgehenden Alpenbahn die Eisen bahn-Chur-Thusis an sich zu ziehen und seinerseits der neuen Gesellschaft abzutreten. Zu Gunsten der letztern die Abtretungspflicht zu statuiren, halten wir nicht für zuläßig, ebenso wenig wie die weitere von der Standeskommission vorgeschlagene Bedingung, wonach die Eisenbahn Chur-Thusis in gleicher Weise an das Romite für eine Bahn Chur-Thusis-Filisur abgetreten werden soll, sobald letzteres einen genügenden Finanzausweis und die wünschbare Gewähr für die Ausführung der Bahn zu leisten im Stande ist. Es würde dies, wie die Potenten mit Recht geltend machen, einer Ausschlußbestimmung gegenüber Chur- Thusis zu Gunsten des weitern 'Projektes gleichkommen, während solche durch Art. 3 des Eisenbahngesetzes ausgeschlossen sind (vergi. Botschaft betreffend Konzession für Maloja-Samaden").

Die Fristen wünscht die Standeskommission hier in der nämlichen Weise wie für Maloja-Castasegna, d. h. auf l Jahr, 6 Monate und 2 Jahre, bemessen, womit wir durchaus einig gehen. Dagegen beantragen wir Ihnen, wie bei der Konzession für Maloja-Castasegna, die schon durch das Gesetz vorgesehene Verwirkungsfolge bei Nichteinhaltung der Fristen, entgegen dem Wunsche der Standeskommission, in der Konzession nicht noch besonders auszusprechen.

Eine Erneuerung der Konzession für die nämliche Gesellschaft schlechtweg auszuschließen, wie es die Standeskommission beantragt, ginge über das Gesetz hinaus und erscheint daher unzuläßig.

Endlich empfiehlt es sich, wie bei allen neuem Konzessionen, eine Bestimmung aufzunehmen, welche die Gesellschaft zur Aeuffuung eines Erneuerungs- und Reservefondes, sowie zur Errichtung einer Pensions- und Unterstützungskasse für das Personal verpflichtet.

Wir beantragen Ihnen demgemäß, die Bedingungen für die nach Leistung eines gehörigen Finanzausweises durch den Bundesrath zu ertheilende Konzession einer Bahn Chur-Thusis im Sinne des nachstehenden Entwurfes festzustellen.

Für die Konzession der schmalspurigen Eisenbahn Thusis-Filisurer Brücke (event. bis Bellaluna) befürworten wir nachstehende Abweichungen von den Bedingungen für Chur-Thusis.

In Art. 8 ist die Bahn als schmalspurig zu bezeichnen und fällt die Bestimmung über deren Ausführung in Rücksicht auf eine durchgehende Alpenhahn weg.

Eine Maximalsteigung
von 30 °/oo, sowie als kleinsten zuläßigen Kurvenradius 100 Meter in der Konzession festzusetzen, wie die Standeskommission verlangt, können wir aus den oben betreffend Chur-Thusis mitgetheilten Gründen auch hier nicht empfehlen.

598 In Art. 12 empfiehlt es sich, mit Rücksicht auf die noch nicht feststehenden Gefälls- und Richtuugsverlialtnisse wie bei M.ilojaCaslasegua und entgegen dem Antrage der Standeskommissiou die Fahrgeschwindigkeit nicht schon in der Konzession festzusetzen, sondern deren Bestimmung vor der Botriebseröffnung dem Buudesrathe vorzubehalten.

In Art. 14 die Führung von hloß zwei Wagonklasseu (II. und III.) zu gestatten, erblicken wir kein Hinderniß, da eine solche Bewilligung auch andern Bahnen von untergeordneter Bedeutung ertheilt wurde (Tößtfaalbahn, Waldenburgertnihn,Seethalbahn u. u. m.").

Ferner haben wir nichts dagegen einzuwenden, daß die Verpflichtung, auch mit Waareuzügen Personen zu befördern, wegfalle.

Was die Taxaosätze betrifft, so \viinscht der Konzessiouspetent, Herr Hunger, zum Bezüge folgender Taxen ermächtigt zu werden : Für den P e r s o n e n t r a n s p o r t : in II. Klasse

10,s Rappen,

,, ni. ,,

7

Für den G e p ä c k t r a n s p o r t : 6 Rappen per 100 Kilogramm und Kilometer.

Für den V i e h t r a n s p o r t : von Pferden, Maulthiereri etc.

.

,, Ochsen, Kühen, Rindern etc. .

,, Kälbern, Schweinen, Schafeu etc.

.

20 Rappen, . 1 5 ,, 7 ,,

Für den G ü t e r t r a n s p o r t : von Baumaterialien, Steinkohlen, Brennholz, Getreide u n d Kartoffeln .

.

.

,, allen andern Waaren .

.

.

.

per 100 Kilogramm und Kilometer.

4

3 Rappen, ,,

Die Personentaxen würden diejenigen der Normalkouzession um 5()°/o, die Taxen für Vieh- und Wnarentrunsport dagegen um ein Bedeutenderes, theilweise um mehr als 100 °/o übersteigen, während die Standeskominission bloß einen Zuschlag von 25 °/o gegenüber den Taxen für Chur-Thusis (nach ihrem Vorschlag die Normaltaxen) zulassen will.

Im Hinblick auf die vorgeseheneu bedeutenden Steigungen (bis 38°/i,u) und die auch im Uebrigeu voraussichtlich schwierigen Bctriebsverhältnisse dieser Bahn, halten wir die Zulassung höherer

599 als der Normallaxen für durchaus gerechtfertigt, erachten es aber bei der dermaligen Ungewißheit der Steigungsverhältnisse nicht für zweckmäßig, die Taxerhöhung schon in der Konzession festzusetzen, sondern beantragen Ihnen, wie in der Konzession für Chur-Thusis überall die Normaltaxen zu belassen und in einer besondern Bestimmung den Bundesrath zu ermächtigen, unter Berücksichtigung der außerordentlichen Steigungsverhältnisse nach deren definitiver Feststellung eine Erhöhung der Taxen zu bewilligen. Es werden hiebei die in der zitirten Botschaft des Bundesrathes vom 11. September 1873 ausgesprochenen Grundsätze, unter Berücksichtigung der seitherigen Praxis zur Anwendung zu kommen haben und kann daher auch die Festsetzung eines Maximums unterbleiben, was wieder mit Rücksicht auf die Unbestimmtheit der technischen Verhältnisse wünschbar erscheint.

Die Standeskommission schlägt auch hier die Aufnahme einer Bedingung vor, welche den Konzessionär zur Abtretung der Konzession an eine Gesellschaft verpflichtet, welche in Fortsetzung der Bahn eine bessere Verbindung des herwärtigen Kantons mit den ennetbergischen Thalschaften erstellen würde. Wie wir schon oben erwähnten und in der Botschaft betreffend Maloja-Samaden ausführten, kommt eine solche Auflage an einen Konzessionär einer Ausschlußbestimmung gleich und darf daher nach Art. 3 des Eisenbahngesetzes nicht Platz greifen.

Wir benützen auch diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 5. Juni

1886.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ßingier.

600

(Entwurf)

1.

Bundesbeschluss betreffend

Ermächtigung des Bundesrathes zur Ertheilung der Konzession für eine Eisenbahn von Chur nach Thusis.

1) 2) 3) 4)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Eingabe der Firma Z s c h o k k e & C i e . in Aarau, vom 9. April 1883 und seitheriger Vorlagen; einer Kollektiveingabe des Eisenbahnkomite C h u r - T h u s i s und der Firma Z s c h o k k e & Cie., vom 9./17. Juli 1883; einer Eingabe des Herrn Sebastian H u n g e r , Advokat, in Thusis, vom 1. Mai 1883 und seitheriger Vorlagen; einer Botschaft des Bundesrathes, vom 5. Juni 1886, beschließt:

Der Bundesrath wird ermächtigt und beauftragt, unter den nachstehenden Bedingungen die Konzession für eine normalspurige Eisenbahn von C h u r nach T h u s i s , demjenigen unter den vorgenannten Bewerbern zu ertheilen, welcher zuerst einen hinreichenden Finanzausweis leistet.

De zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer normalspurigen Bisenbahn von C h u r nach T h u s i s unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

601 Art 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom Datum der definitiven Konzessionsertheilung an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in T h u s i s .

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltimgsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren, Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von einem Jahre, vom Datum der definitiven Koazessionsertheilung an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen, nebst den Statuten der Gesellschaft, einzureichen.

Innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Brdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Innert zwei Jahren uach erfolgter Plangenehmigung ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betrieb zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt., auch nach Genehmigung des Tracé eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit einspurigem Unterbau erstellt.

Dieselbe soll so ausgeführt werden, daß ihre spätere Einrichtung als Bestandtheil einer durchgehenden Alpenbahn nicht präjudizirt wird.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu'Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Graubünden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, \velchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlieh der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

602 Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal im Sommer und dreimal im Winter nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern, und unter Anhalt bei alleo Stationen, erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Zuge, haben mit eiuer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 20 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. -- Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur in Folge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesetzt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bun·desrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waareuziigen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absatz 2, keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 10 Kappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlange.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20°/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

603

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer zogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt am gleichen oder folgenden Tage die Personentaxen mindestens 20°/o niedriger anzusetzen, als einfache und einmalige Fahrten.

von besind für

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Ein vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Beirag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; Kälber, Sehweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Franken per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

604

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 20 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waareu in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18 a. Die Festsetzung der inner den Maximalansätzen der Art. 15, 17 und 18 zu erhebenden Taxen unterliegt der Genehmigung des Bundesrathes.

Wenn größere Steigungen als 12 °/oo eingeführt werden sollten, so ist der Bundesrath berechtigt, eine Erhöhung der Maximaltaxen zu bewilligen, welche aber unter keinen Umständen 50 °.'o übersteigen darf.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahn Verwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruehtheile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest (heilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen blos den Transport von Station zu Station.

605

Die Waarcn sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

ö Art. 23. Die särarntlichen Tarife und Transportbedingungen sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht O O erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlieh die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 26. Die Gesellschaft wird für die Aeuffnung eines gehörigen Erneuerungs- und Reservefonds sorgen und eine Pensions- und Unterstützungskasse für ihr Personal errichten. Die darüber aufzustellenden besondern Vorschriften siad dem Bundesrath zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

606

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugchören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise dem Kanton Graubünden, abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1.Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25 fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 22 1/2 fachen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, -- immerhin in der Meinung, daß die E n t s c h ä d i g u n g s s u m i n in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

607

f. Streitigkeiten, die über rien Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 28. Hat der Kanton Graubünden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28 a. Dem Bund, sowie dem Kanton Graubünden steht überdies die Befugniß zu, die Eisenbahn auf den Zeitpunkt an sieh zu ziehen, mit welchem eine durchgehende Alpenbahn in Betrieb gesetzt werden wird. Die dafür zu bezahlende Entschädigung richtet sich nach den Bestimmungen des Art. 27.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses, beauftragt.

(Entwurf) II.

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Thusis bis zur Filisurer Brücke und eventuell bis Bellaluna.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe des Herrn S e b a s t i a n H u n g e r , Advoka in Thusis, vom 1.Mai 1883, und seitheriger Eingaben ;

608

2) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 5. Juni 188(5, beschließt: Dem Herrn S e b a s t i a n H u n g e r , Advokat in T h u s i s , au Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn von T h u s i s bis zur F i l i s u r e r B r ü c k e und eventuell bis B e l l a l u n a unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie allo übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung rinden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom Datum der Konzession an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in T h u s i s .

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von einem Jahre, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen, nebst den Statuten der Gesellschaft, einzureichen.

Innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Innert zwei Jahren nach erfolgter Plangenehmigung ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betrieb zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung des Tracé eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine .solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird schmalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu -Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Graubünden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat

609 die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen dei1 Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nötliige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötliigenfalls entlassen werden.

Art. 12 Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal im Sommer und dreimal im Winter nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern, und unter Anhalt bei allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird, der Betriebseröffnung vorgehend, vom Bundesrathe festgestellt.

Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesetzt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben.

Ausnahmen kann nur der Bu.ndesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wageuklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendongepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Bundesblatt. 38. Jahrg. Bd. II.

41

610

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt am gleichen oder folgenden Tage siud die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als filr einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zn befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Ein vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Filr den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindest ens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Franken per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

611 Wenn Vieh und Waareu in Eilfraeht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhulichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenziigen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 20 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art, 18 a. Die Festsetzung der inner den Maximalansätzen der Art. 15, 17 und 18 zu erhebenden Taxen unterliegt der Genehmigung des Bundesrathes.

Soweit größere Steigungen als 12 °/oo eingeführt werden , ist der Bundesrath berechtigt, eine entsprechende Erhöhung der Taxen zu bewilligen.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüehten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen , dessen Bedingungen vom Bundesratbe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die näehstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze ab ·

612 zuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen Tarife und Transportbedingungen sind mindestens sechs Wochen, ehe die Bisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhälntissmässig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesnil he und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht h i n , die Betriebskosten , einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 26. Die Gesellschaft wird für die Aeuffnung eines gehörigen Erneuerungs- und Reservefonds sorgen und eine Pensions- und Unterstützungskasse für ihr Personal errichten.

Die darüber aufzustellenden besondern Vorschriften sind dem Bundesrath zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

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Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise dem Kanton Graubünden, abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeilpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 221/2fachen Wert h ; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, -- immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages dus Erneuerungs- und Reservefonds, betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

614 Art. 28. Hat der Kanton Graubiinden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definirt worden, jederzeit auszuüben , und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Chur nach Thusis und einer Schmalspurbahn von Thusis bis zur Filisurer Brücke, eventuell bis Bellaluna. (Vom 5. Juni 1886.)

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1886

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12.06.1886

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