670

# S T #

Uebereinkunft betreffend

die Errichtung einer kaiserlich deutschen Zollabfertigungsstelle am Bahnhofe der Zentralbahn zu Basel.

(Vom 7. August 1873.)

Zur Erleichterung des zoll- und zollkontrolepflichtigen Eisenbahnverkehrs zwischen der Schweiz und Elsaß-Lothringen haben die nachstehend bezeichneten Bevollmächtigten: Für den Bundesrath der Schweiz. Eidgenossenschaft einerseits die Herren Oberst F eis s, Oberzolldirektor in Bern, F eh r, Direktor des I. Zollgebietes in Basel; für die kaiserlich deutsche Reichsregierung andererseits die Herren M e b e s , kaiserlicher Generaldirektor der Eisenbahnen, F a b r i ci us, kaiserlicher Direkter der Zölle und indirekten Steuern, beide in Straßburg, über die Errichtung einer kaiserlich deutschen Zollabfertigungsstelle am Bahnhofe der Zentralbahn zu Basel nachstehende Uebereinkunft geschloßen : Artikel i.

Auf dem Bahnhofe der schweizerischen Zentralbahn zu Basel wird unter der Firma: ,,Kaiserlich deutsche Zollabfertigungsstelle am Bahnhofe der Zentralbahn zu Basel" eine Zollabfertigungsstelle errichtet, welche zur Vornahme der nachstehenden zollamtlichen Abfertigungen mit den auf dieselben Bezug habenden Bufugnißen ermächtigt ist:

671 1) zur zollamtlichen Revision und Schlußabfertigung des Reisegepäks der mit der Eisenbahn über St. Louis nach oder durch Elsaß-Lothringen reisenden Passagiere ; 2) zu jeder Art der zollamtlichen Abfertigung der auf dem Bahnhofe der schweizerischen Zentralbahn ankommenden oder dort aufgegebenen Waaren und Gegenstände, welche als E i l g u t mit der Eisenbahn direkt nach oder durch Elsaß-Lothringen befördert werden sollen; 3) zur zollamtlichen V o r a b f e r t i g u n g der von der kaiserlich deutschen Postverwaltung auf dem Bahnhofe der Zentralbahn zu Basel der deutschen Zollverwaltung gestellten, zur Weiterversendung nach oder durch Elsaß-Lothringen bestimmten P o s t g ü t e r ; 4) zu jeder Art der zollamtlichen Abfertigung von Eilgütern, welche über St. Louis nach der Schweiz austreten, insofern und soweit die dazu erforderlichen Lokalitäten und Räume gewährt werden ; 5) zu denjenigen Abfertigungen von zoll- und kontrolepflichtigem E i l g u t , welche nach Vollendung der Eisenbahnbrüke über den Rhein und hergestellter Schienenverbindung der beiden Bahnhöfe zu Basel im unmittelbaren Verkehr zwischen den beiden deutschen Zollabfertigungsstelleu an diesen Bahnhöfen erforderlich werden möchten, und wozu namentlich auch amtliche Begleitungen zu rechnen sein werden.

Alle diese Abfertigungen finden statt nach Maßgabe der in Bezug auf den Zoll- und Uebergangsverkehr im deutschen Zollgebiete bestehenden oder künftig etwa zu erlaßenden Geseze, Regulative :ind sonstigen Bestimmungen. Etwaige Abänderungen dieser Geseze und Vorschriften treten für die Zollabfertigungsstelle am Bahnhofe der Zentralbahn in Basel gleichzeitig mit deren Publikation in Elsaß-Lothringen ohne Weiteres in Kraft.

A r t i k e l 2.

Der Abschluß der Räume und die Verwendung der Lokalitäten für den Dienst der deutschen Zollverwaltung, welche derselben unentgeltlich zu stellen sind, sowie die Beaufsichtigung dieser Räumlichkeiten und der betreffenden Perron- und Bahnhofstheile durch das Zollaufsichtspersonal, geschieht ausschließlich nach Anordnung der kaiserlich deutschen Zollbehörde.

Artikel 3.

Die Bahnstreke, welche vom Bahnhofe der Zentralbahn in Basel nach der deutschen Grenze bei St. Louis führt, gilt für den Eisenb a h n v er k e h r als Zoll- und Uebergangsstraße des deutschen Zoll-

672 gebietes, welche die Eisenbahnwagen zu jeder Zeit ohne Hinderniß bezüglich etwa angelegter Zollverschlüße oder beigegebencr Zollbegleitung unaufgehalten zurüklegen können.

Ebenso kann die deutsche Zollverwaltung in den ihr auf dem Bahnhofe der Zentralbahn in Basel zu Zollabfertigungszweken ganz oder theilweise. ständig oder zeitweilig eingeräumten geschlossenen oder offenen Lokalitäten, Perron- und Bahnhofstheilen die ihr in zollrechtlicher Beziehung zustehenden Befugniße ebenso wie in den Zollstätten innerhalb des deutschen Zollgebietes ausüben.

A r t i k e l 4.

Der kaiserlich deutschen Zollabfertigungsstelle und deren vorgesezten Behörden steht das Recht zu, Zollvergehen, welche auf den im Artikel 3 genannten Räumen, Bahnhofstheilen und Bahnstreken begangen werden, zu untersuchen, daselbst Waarcn und Effekten, welche mit diesem Vergehen in Verbindung stehen, mit Beschlag zu belegen, die gedachten Vergehen nach den jeweilig geltenden Gesezen und Verordnungen abzuurtheilen oder zum weitern Verfahren abzugeben, und die mit Beschlag belegten Gegenstände als konfiszirt zu erklären.

Für Zölle, Steuern und Strafen können Waaren und Effekten der betreffenden Abgabepflichtigen für verhaftet erklärt werden.

Für alle nicht auf die deutsche Zollgesezgebung Bezug habenden strafbaren Handlungen bleibt hierbei die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichts-Zoll-Polizei- und sonstigen Behörden in Anwendung der Geseze und Verordnungen der Eidgenossenschaft und des Kantons Basel ausdrüklich aufrecht erhalten.

A r t i k e l 5.

Die schweizerischen Behörden werden auf Ersuchen der kaiserlich deutschen Behörden wegen Uebertretungen der deutschen Zollgeseze auf den im Artikel 3 genannten Räumen, Bahnhofstheilen und Bahnstreken auf Baslergebiet 1) Zeugen und Sachverständige vernehmen, 2) amtliche Besichtigungen vornehmen und den Befund beglaubigen.

3) Angeschuldigten Vorladungen und Erkenntnisse der kaiserlich deutschen Behörden behändigen lassen.

A r t i k e l 6.

Die schweizerischen Behörden werden den erforderlichen polizeilichen Schuz auf dem Zentralbahnhofe gewähren.

Die zu diesem Zweke aufgestellten schweizerischen Polizeimannschaften werden der kaiserlich deutschen Zollbehörde auf Requisition

673

in derselben Weise, wie bei einer Requisition von schweizerischen Beamten sofort Folge leisten, ohne daß der deutschen Verwaltung Kosten daraus entstehen.

A r t i k e l 7.

Es wird darauf Bedacht genommen werden, daß die erforderlichen Waarenabfertigungen durch die deutsche und durch die schweizerische Zollverwaltung thunlichst unmittelbar aufeinander folgen können ; namentlich wird zu diesem Zweke in dem der deutschen Verwaltung überwiesenen Güterschuppen den betreffenden schweizerische Zollbeamten der Zutritt gestattet sein und denselben auf Verlangen ein eigenes Bureau eingeräumt werden.

Die reglementären Vorschriften über die Handhabung der Ordnung bei An- und Abfuhr der Güter zu und vom Revisionslokale, sowie über die Frist, innerhalb welcher leztere zu geschehen hat, bleiben den kaiserlich deutschen Behörden vorbehalten.

Artikel 8.

Die beiderseitigen Zollbehörden werden zusammenwirken, um Unterschleifen bei dem zollpflichtigen Verkehre vorzubeugen und Vergehen gegen die bezüglichen Geseze und Vorschriften zur Entdekung zu bringen; zu diesem Zweke wird jede von den betreffenden Beamten gewünschte Auskunft gegenseitig bereitwillig ertheilt werden.

Insbesondere sollen die, Zollstellen der kontrahirenden Theile den dazu von der andern Seite ermächtigten oberen Zollbeamten die Einsicht der Register, Bücher und Papiere, welche den Waarenverkehr aus und nach dem anderen Staate über den Bahnhof der Zentralbahn nachweisen, nebst Belegen auf Erfordern während der Expeditionsstunden gestatten.

A r t i k e l 9.

Das persönliche Verhältnis der bei der Zollabfertigungsstelle am Bahnhofe der Zentralbahn in Basel stationirten Zollbeamten wird daViin bestimmt, daß dieselben während der Dauer ihres dienstlichen Aufenthaltes daselbst nebst ihren im Familienverbande stehenden Angehörigen ihre bisherige Reichs- beziehungsweise Staatsangehörigkeit behalten.

Sie sind den Gesezen, der Gerichtsbarkeit und Polizei der Eidgenossenschaft und des Kantons Basel insoweit unterworfen, als nicht die Ausübung ihrer eigentlichen Dienstverrichtungen als Zollbeamte, mithin die Disziplin, Dienstvergehungen oder Dienstverbrechen in Frage stehen. Dagegen genießen sie, so lange sie in ihrem bisherigen Staatsverbande verbleiben und in Basel stationirt sind, dort für sich und ihre Familie Befreiung von persönlichen Leistungen,

674

einsc einschließlich des Militärdienstes oder irgend eines anderen Waffendienstes.

A r t i k e l 10.

Den bei der Abfertigungsstelle am Zentralbahnhofe zu Basel stationirten kaiserlich deutschen Zollbeamten ist das Tragen der ihnen vorgeschriebenen Dienstuniform sowohl in als außer dem Dienste vorbehalten.

Bewaffnetes Personal kann nur für die Bewachung der Güter und Kassen bei Nachtzeit und zur Begleitung der Bahnzüge verwendet werden.

A r t i k e l 11.

Vorstehende Uebereinkunft wird vorläufig auf die Dauer von drei Jahren, vom ersten September 1873 an gerechnet, abgeschlossen.

Sie bleibt auch nach Ablauf dieser Frist so lange in Kraft, als nicht von der einen oder andern Seite der Rüktritt erklärt worden ist, in welchem Falle die Gültigkeit derselben sechs Monate nach dem Kündigimgstage erlischt.

A r t i k e l 12.

Die Genehmigung der vorstehenden Uebereinkunft wird den beiderseitigen hohen Regierungen vorbehalten.

So geschehen B a s e l , den siebenten August eintausend achthundert drei und siebenzig.

(L. SO (Gez.) Feiss.

(L. S.) (Gez.) Fehr.

(L. S.) (Gez.) Jlebes.

(L. S.) (Gez.) Fabricius.

675

Protokoll zur

Uebereinkunft betreffend die Errichtung einer kaiserlichdeutschen Zollabfertigungsstelle am Bahnhofe der Zentralbahn in Basel.

(Vom 7. August 1873.)

An den heutigen Verhandlungen über den Abschluß obiger Uebereinkunft hat außer den in derselben genannten Vertreter der beiden kontrahirenden Theile als Vertreter der Regierung von BaselStadt noch ferner Theil genommen der Herr Rathsherr A. K ö c h l i n von Basel.

Die Anwesenden haben folgende Verabredungen und Erklärungen im gegenwärtigen Protokolle niedergelegt: 1) Man war allseitig darüber einverstanden, daß die Befugniß der deutschen Zollabfertigungsstelle in Basel sich auch auf diejenigen steueramtlichen Funktionen erstreken, welche den Elsaß-Lothringischen Zollstellen in Bezug auf die Uebergangsabgaben und innern Verbrauchssteuern zustehen.

2) In Bezug auf den lezten Saz des Artikels l der Uebereinkunft wird verabredet, daß eintretende Abänderungen der hier erwähnten Bestimmungen so frühzeitig als thunlich von Seiten der deutschen Zollverwaltung zur Kenntniß des Publikums von Basel gebracht werden.

3) Es bestand Einverständniß darüber, daß die Bestimmungen in den Artikeln 3 und 4 der Uebereinkunft nach Eröffnung der Verbindungsbahn zwischen den beiden Bahnhöfen zu Basel ohne besondere weitere Vereinbarung in Bezug auf die gedachte Verbindungsbahn, soweit anwendbar, in Kraft zu treten haben.

676

· 4) Die deutsche Zollverwaltung wird alle Erleichterungen, welche im allgemeinen deutscheu Zollverkehr zugestanden worden, auch auf der Zollabfertigungsstelle in Basel zur Anwendung bringen lassen.

5) Die erforderlichen baulichen Einrichtungen sollen sofort in Angriff genommen und mit thunlichster Beschleunigung zur Ausführung gebracht werden, nachdem zuvor über die innere Einrichtung und die Art der Verwendung der einzelnen Räume unter den betreffenden Zoll- und Eisenbahnverwaltungen ein Einvernehmen erzielt worden ist.

6) Mit Bezug auf die von Seite der deutschen Bevollmächtigten vorgeschlagenen Steuerbefreiung der in Basel zu stationirenden deutschen Zollbeamten erklärten die Bevollmächtigten des schweizerischen Bundesrathes eine solche Befreiung ohne ausdrükliche Einwilligung der Regierung von Basel nicht in der Uebereinkunft aussprechen zu können.

Der an den Verhandlungen theilnehmende Vertreter von BaselStadt erklärte, daß er angewiesen sei, sich grundsäzlich gegen jede Steuerbefreiung auszusprechen.

Er erklärte sich indessen bereit, seine Bemühungen dahin zu richten, die Befreiung der deutschen Zollbeamten in Basel von den persönlichen direkten Staats- und Kommunalabgaben herbeizuführen, in der Voraussezung, daß daraus deutscherseits weitere Konsequenzen nicht gezogen werden würden.

Er erklärte ferner, daß thatsächlich auf die deutschen Zollbeamten in Basel in Bezug auf das eheliche Güterrecht, die Erbfolge in die Verlassenschaft und die Bevormundung der Hinterbliebenen die Baslergeseze nicht augewendet, auch die deutschen Zollbeamten von der Erbschaftssteuer und Niederlassungsgebühr freigelassen werden würden.

So geschehen B a s e l , den siebenten August achtzehnhuudert drei und siebenzig.

(Gez.) Feiss.

,, Fehr.

,, Koechlin.

'

(Gez.) Mebes.

,, Fabricius.

677

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Emmenthalbahn.

(Vom 3. September 1873.)

Tit.!

Am 2. Juni und 14. September 1871 wurden von den Kantonen Bern und Solothurn der Initiativgesellschaft für eine Emmenthalbahn Konzessionen ertheilt für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Derendingen (eventuell Solothurn) über Biberist, Gerlafingen, Wyler, Utzenstorf, Aefligen, Alchenflüh nach Burgdorf.

(Eisenbahnaktensammlung VII, 449 und 530). Durch Bundesbeschlüsse vom 1. und 27. Februar 1872 erhielten dieselben die Bundesgenehmigung, unter Ansezung einer zwölfmonatlichen Frist für Beginn der Erdarbeiten und die Leistung des Finanzausweises.

Die Frist wurde von uns am 14. Mai d. J. (ebendaselbst VIII, 243) bis zum verflossenen 1. August verlängert.

Am 10. Juli abhin legte die Direktion der Emmenthalbahngesellschaft uns den Finanzausweis vor, und stellte mit Zuschrift vom 12. gl. Mts. das Gesuch, daß derselbe noch vor Ablauf Ihrer damaligen Session geprüft werde, um, wenn erforderlich, noch um Fristerstrekung einkommen zu können. Die Prüfung des Ausweises konnte jedoch wegen der ungewöhnlich zahlreichen unaufschiebbaren Eisenbahngeschäfte erst im Laufe des August vorgenommen werden.

Bei derselben ergab sich, daß etwa die Hälfte des Baukapitals durch Bundesblatt. Jahrg. XXV. Bd. III.

46

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Uebereinkunft betreffend die Errichtung einer kaiserlich deutschen Zollabfertigungsstelle am Bahnhofe der Zentralbahn zu Basel. (Vom 7. August 1873.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1873

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

42

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.09.1873

Date Data Seite

670-677

Page Pagina Ref. No

10 007 853

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.