402

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Abschluß einer Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Oesterreich-Ungarn über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur Berufsausübung.

(Vom 25. Mai 1886.)

Tit.

Durch Postulat Nr. 323 vom 19. März 1884 (Motion Bruggisser) luden Sie uns ein, ,,mit Frankreich, Italien und Oesterreich ähn,,liche üebereinkünfte über gegenseitige Zulassung der an der ,,Grenze domizilirten Medizinalpersouen zur Berufsausübung anzu,,bahnen, wie die mit dem deutschen Reich abgeschlossene".

In Ausführung dieses Postulates ließen wir, nachdem die Regierungen der Grenzkantone St. Gallen und Graubiinden ihre Zustimmung zu erkennen gegeben hatten, bei der k. und k. österreichisch-ungarischen Regierung durch unsere Gesandtschaft die Anfrage stellen, ob sie geneigt wäre, zum Abschluß einer derartigen Uebereinkunft Hand zu bieten. Die Antwort fiel bejahend aus.

Bei den darauf folgenden Verhandlungen, als deren Basis die k. und k. Regierung den Wortlaut der schweizerisch-deutschen Konvention vom 29. Februar 1884 (A. S. n. F. VII, 446) acceptirt hatte, wurde österreichischerseits lediglich beantragt, den Art. 2 jener Uebereinkunft fallen zu lassen, weil in Art. 4 die Medizinalpersonen des andern Landes ohnehin verpflichtet würden, sich bei

403

Ausübung ihres Berufes, also auch in Betreff der Verabfolgung von Arzneien, an die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und administrativen Erlasse zu halten.

Es lag für uns kein Grund vor, diese Aenderung abzulehnen, und da auch im Uebrigen volles Einverständniß herrschte, so wurde am 29. Oktober 1885 zwischen unserm Gesandten und dem Bevollmächtigten der k. und k. Regierung unter Ratifikationsvorbehalt die beifolgende Uebereinkunft abgeschlossen, deren Genehmigung durch Annahme des umstehenden ßeschlußentwurfes wir Ihnen hiemit beantragen.

Indem wir hinsichtlich der weitern Ausführung des eingangs zitirten Postulates auf die in unserem Geschäftsbericht pro 1885 enthaltenen Mittheilungen .zu verweisen die Ehre haben, benutzen wir den Anlaß, um Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 25. Mai 1886.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers: Schatzmann.

404

(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

die am 29. Oktober 1885 mit Oesterreich-Ungarn abgeschlossene Uebereinkunft über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur Berufsauslibung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) der am 29. Oktober 1885 in Wien zwischen der Schweiz und Oesterreich-Ungarn abgeschlossenen Uebereinkunft ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 25. Mai 1886, beschließt: 1. Die genannte Uebereinkunft wird in Form und Inhalt genehmigt.

2. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

405

Uebereinkunft zwischen

der Schweiz und Oesterreich-Ungarn Über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur Berufsausiibung.

(Abgeschlossen am 29. Oktober 1885.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc.

und Apostolischer König von Ungarn, haben, um die in der Nähe der Grenze wohnhaften Aerzte, Wundärzte, Thierärzte und Hebammen gegenseitig zur Ausübung ihrer Berufstätigkeit zu ermächtigen, den Abschluß einer diesfälligen Uebereinkunft beschlossen und zu diesem Behufe zu Bevollmächtigten ernannt: Der Bundesrath der schweizerischan Eidgenossenschaft: den Herrn Arnold Otto A e p l i , außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der schweizerischen Eidgenossenschaft, und Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen etc.

und Apostolischer König von Ungarn : den Herrn Gustav Grafen K a l n o k y , Allerhöchst Ihren wirklichen Geheimen Rath, Minister des kaiserlichen Hauses und des Aeußern, Großkreuz des St. StephansOrdens, Ritter des Leopold-Ordens etc.,

406

welche, nachdem sie sieh ihre Vollmachten mitgetheilt und dieselben in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Artikel übereingekommen sind: Artikel 1.

Die schweizerischen Aerzte, Wundärzte, Thierärzte und Hebammen, welche in der Nähe der schweizerisch-österreichischen Grenze wohnen, sollen das Recht haben, ihre Berufsthätigkeit auch in den österreichischen, in der Nähe der Grenze gelegenen Orten in gleichem Maße, wie ihnen dies in der Heimat gestattet ist, auszuüben, und umgekehrt sollen unter gleichen Bedingungen die österreichischen Aerate, "Wundärzte, Thierärzte und Hebammen, welche in der Nähe der österreichisch-schweizerischen Grenze wohnen, zur Ausübung ihrer Berufsthätigkeit in den schweizerischen, in der Nähe der Grenze gelegenen Orten befugt sein.

Artikel 2.

Die Personen, welche in Gemäßheit des Artikels l in den in der Nähe der Grenze gelegenen Orten des Nachbarlandes ihren Beruf ausüben, sollen nicht befugt sein, sich dort dauernd niederzulassen oder ein Domizil zu begründen, es sei denn, daß sie sich der in diesem Lande geltenden Gesetzgebung und namentlich nochmaliger Prüfung unterwerfen.

Artikel 3.

Es gilt als selbstverständlich, daß die Aerzte, Wundärzte, Thierärzte und Hebammen eines der beiden Länder, wenn sie von der ihnen im Artikel l dieser Uebereinkunft zugestandenen Befugniß Gebrauch machen wollen, sich bei der Ausübung ihres Berufes in den in der Nähe der Grenze gelegenen Orten des andern Landes den dort io dieser Beziehung geltenden Gesetzen und Administrativ-Vorschriften zu unterwerfen haben.

407

Artikel 4.

Die gegenwärtige Uebereinkunft soll zwanzig Tage nach beiderseits erfolgter Publikation derselben in Kraft treten und sechs Monate nach etwa erfolgter Kündigung seitens einer der beiden Regierungen ihre Wirksamkeit verlieren.

Sie soll ratifizirt und die Ratifikationen sollen sobald als möglich in W i e n ausgewechselt werden.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten die gegenwärtige Uebereinkunft unterzeichnet und ihre Siegel beigedrückt.

So geschehen zu W i e n am neunundzwanzigsten Oktober des Jahres Eintausend achthundert fünf und achtzig.

(L. S.) A. 0. Aepli.

(L. 8.) Kalnoky.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Abschluß einer Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Oesterreich-Ungarn über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur Berufsausübung. (Vom 25. Mai...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1886

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.05.1886

Date Data Seite

402-407

Page Pagina Ref. No

10 013 113

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.