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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Durchführung einer Sonderwerbung zur Förderung des Keiseverkefirs.

(Vom 2. Juni 1936.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Fremdenverkehr bildet einen Zweig unserer nationalen Volkswirtschaft, der in ganz besonderem Masse von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise betroffen wird. Er hat in der Periode des Weltkrieges, als gewisse Industrien und auch die Landwirtschaft eine Konjunktur erlebten, eine Frequenzund Geschäftsschrumpfung erfahren, von deren Einwirkungen er sich in den Nachkriegsjahren mit ihrer vielversprechenden Neubelebung des internationalen Beiseverkehrs nicht genügend erholen konnte. Jedenfalls gestattete die speziell in der Hôtellerie unaufschiebbar gewordene Modernisierung der Betriebe in den allerwenigsten Fällen eine Bereitstellung von Eeserven für Zeiten neuer Störungen. Solche haben sich jedoch schon in der zweiten Hälfte des Konjunktur) ahres 1929 abzuzeichnen begonnen und sind seither in immer steigendem Masse und in bisher ungekannten neuen. Formen Tatsache geworden.

Vereinzelte Lichtblicke in dieser Trübung der Lage haben sich als trügerisch erwiesen, und der zermürbende Binfluss einer anhaltenden Depression hat nicht bloss materielle Schädigungen von Betrieben und Unternehmungen und eine Notlage beim nicht mehr beschäftigten Personal zur IMge, sondern beginnt den Unternehmungsgeist, die Ausdauer und die Zuversicht in eine bessere Zukunft allenthalben zu lahmen, I. Die Entwicklung und Aussichten im Fremdenverkehr.

Der Bundesrat hatte schon wiederholt Gelegenheit, die Unentbehrlichkeit des Fremdenverkehrs für unser Land darzutun und dio Schwierigkeiten zu schildern, mit denen dieser Erwerbszweig andauernd zu kämpfen hat. Mit besonderer Gründlichkeit geschah dies letztmals in der Botschaft des Bundesrates über die Fortsetzimg und Erweiterung der Hilfemassnahmen für das Hotelgewerbe, vom 8. März 1935. Wir verweisen hier ausdrücklich auf diese Botschaft und die dort gesammelten Angaben über die Zahl der gastgewerb-

999 liehen Betriebe in der Schweiz, die Bettenzahl, die Zahl der beschäftigten Personen, den Umsatz in der Hôtellerie und die damit erzielte Befruchtung anderer Teile unserer Wirtschaft (Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft usw.), die erheblichen Kapitalinvestitionen in der Hôtellerie usw. Besondere Beachtung verdient die vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit bearbeitete Statistik über den Beschäftigungsgrad im Hotelgewerbe. Diese vermittelt ein eindrückliches Bild des Frequenzrückganges seit 1980, weshalb wir sie -- unter Nachtragung der Zahlen für 1935 -- hier ebenfalls einschalten.

Prozentuale Bettenbesetzung der geöffneten Hotelbetriebe im Jahresdurchschnitt : Gliederung Ganze Schweiz . . . .

Kantone : Bern Luzern Graubünden . . . .

Tessin Waadt Wallis übrige Kantone . . .

4 Grossstädte übrige städtische Fremdenzentren Höhenlage über Meer: unter 600 m . . . .

600--1000 m . . . .

1000--1300 m . . . .

1300 und mehr m. .

Gastbetten pro Betrieb : unter 100 100 und mehr . . .

Rangklasse: untere obere

1930 44,3

Von 100 verfügbaren Gastbetten waren besetzt: 1933 1931 1932 1934 1935

38,!

81,8

31,5

30,5

30,5

88,2 33,0 42,3 42,4 51,6 39,7 43,3 56, 3

34,5 27,9 34,6 35,9 43,, 35,0 38,2 50,7

26,6 21,8 27,9 30,7 33,3 34,6 43,,

27,7 23,0 28,7 29,6 32,1 32,6 33,8 42,5

28,9 24,2 29,6 28,0 30,3 28,7 30,8 41,1

27,4 23,6 30,5 28,6 28,9 28,7 30,0 38,4

44,4

36,5

27,9

26,9

26,9

26,6

45,4 34,3

32,5 23,5 19,7 30,4

31,4 24,3 22,3 30,8

30,4 22,8 21,8 30,4

29,7

42,2

38,9 30,5 26,9 36,0

20.1 21,9 30, ,,

45,6 42,7

40,0 35,9

32,4 29,9

32,.

SO,,

30,6 30,5

31,o

37,2 38,o

80,6

30,2

81,!

31,5

28,!

31,8

31,!

so,,

30,1

27,4 31,3 Die Ergebnisse der vom eidgenössischen Statistischen Amt durchgeführten schweizerischen Fremdenverkehrsstatistik stehen erst seit dem Monat Dezember 1933 zur Verfügung. Ein Vergleich mit früheren Jahres- und Saisonergebnissen ist darum leider nicht möglich. Nach den Schätzungen des Schweizer Hotelier-Vereins belief sich im Jahre 1929, als die Nachkriegskonjunktur im Fremdenverkehr ihren Höhepunkt erreichte, ohne indessen an die Resultate 41,!

45,!

1000 der guten, Vorkriegszeiten heranzukommen, die Gesamtfrequenz der schweizerischen Gaststätten auf nahezu 5,5 Millionen Ankünfte und rund 22,9 Millionen Übernachtungen. Die eidgenössische Fremdenverkehrsstatistik weist nach: für das Jahr 1934 8,805,678 Ankünfte und 18,971,881 Logiernächte, » » » 1935 3,119,008 » » 14,061,073 » so dass sich eine Einbusse gegenüber 1929 von 48,6 % bei den Ankauften und von 38,8% bei den Übernachtungen, die in erster Linie massgebend sind für den Geschäftsgang der Hôtellerie, wie im gesamten Fremdenverkehr, errechnen lasst.

Erfreulicherweise hat der Anteil der Schweizer keine Schrumpfung erfahren.

Einzelne Kurgebiete können sogar eine merkliche Zunahme der inländischen Besucher feststellen, so der Kanton Graubünden, wo die Entwicklung des Fremdenverkehrs seit 1919 durch eine amtliche Statistik festgehalten wird.

Die Zunahme der auf Schweizergäste entfallenden Logiernächte im Kanton Graubünden beträgt für die Sommersaison (1935 gegen 1929) 18,3% Wintersaison (1985/36 gegen 1928/29) 31,9%.

Um so ausgeprägter tritt der Verlust auf den Logiernächten der Auslandgäste in Erscheinung. Dabei fällt ins Gewicht, dass vom volkswirtschaftlichen Standpunkt im Interesse der Stärkung der nationalen Zahlungsbilanz der Reiseverkehr aus dem Ausland ganz besondere Aufmerksamkeit beanspruchen musa. Wenn auch die Verhältnisse des Fremdengebietes Graubunden nicht ohne weiteres als Spiegelbild für den Fremdenverkehr des ganzen Landes gewertet werden dürfen, so ist doch eine Beurteilung der Frequenzschrumpfung im Eeiseverkehr aus dem Ausland auf Grund der bündnerischen Statistik möglich und von Interesse. Werden die Ergebnisse des Jahres 1929 (bzw.

Wintersaison 1928/29 und Sommersaison 1929) durch die Vergleichszahl 100 dargestellt, so ergibt sich für die Entwicklung folgendes Bild : Entwicklung der Frequenzen (Logiernächte) im Fremdengebiet Graubünden.

Österreich Ausland

1928/29 1929/80 1930/81 1931/32 1932/33 1933/34 1934/85

100 95 75 46 50 53 59 1935/86*) 52

nd

"and

S'

England

Holland

100 92 66 36 41 47 61 49

100 107 112 111 131 142 140 148

100 97 89 40 55 53 58 58

100 95 92 78 77 75 74 75

en

Belgien

100 104 95 74 88 100 70 49

100 110 118 90 114 122 118 115

Italien

*) Sommersaison 1935 und Wintersaison 1935/36.

en

TschAmerikaÄf Ungarn

100 87 66 38 30 33 28 26

100 108 86 60 62 33 34 34

A

TM«
1001 Die Frequenzschrumpfung, speziell im Ausländerbcsuch, hat in der jüngsten Zeit nicht nachgelassen. Das Beiseabkommen mit Deutschland hat zwar eine zeitweise Belebung des Reiseverkehrs bewirken können; die wiederholten Störungen haben aber eine ruhige Entwicklung und einen normalen Geschäftsgang vereitelt. Nachdem das Abkommen auf den 30. Juni 1986 gekündigt ist, lässt sich heute die künftige Gestaltung dieses Verkehrs in keiner Weise beurteilen. Jedenfalls ist mit einer Steigerung des deutschen Anteils am Logiernächtetotal für die nächste Zukunft nicht zu rechnen. Italien, Österreich, Ungarn und eine Reihe anderer für unseren Fremdenverkehr wichtiger Länder erschweren die Ausreise ihrer Fjinwohner ebenfalls durch Vorschriften und Kontrollen, Dio Abwertung der Währungen in England, den Vereinigten Staaten von Amerika, den Nordischen Staaten, Belgien usw. wird weiterhin ein Hemmnis für die Buckkehr zu einem normalen Ferienreiseverkehr nach der Schweiz bilden.

Beachtung erheischen heute mehr denn je die Bestrebungen zahlreicher Staaten, mit grossem Aufwand an öffentlichen Mitteln den Beiseverkehr im eigenen Land zu fördern und mit einer grosszügigen Werbung im Auslande den internationalen Verkehr ihren wirtschaftlichen Interessen dienstbar zu machen. In geradezu vorbildlicher Weise hat Österreich seine Auslandswerbung aufzubauen verstanden; seine Erfolge bedeuten eine besonders fühlbare Konkurrenz für die Schweiz, weil sie sich auch im Winter geltend macht. Italien wirbt vornehmlich durch die verlockenden Mittel ganz außergewöhnlicher Fahrpreisermässigungen (bis 70%) und einen starken Babatt auf dem Benzinpreis (bis 80%), wozu als neuester Anreiz die Einführung der sogenannten Beiselira tritt. Deutschlands Bestrebungen sind nicht weniger grosszügig und machen sich eben gegenwärtig im Hinblick auf die Veranstaltung der olympischen Spiele in Berlin mit kaum zu überbietender Eindringlichkeit bemerkbar.

Aber auch Frankreich, Ungarn, die Tschechoslowakei, Skandinavien, Jugoslavien usw. bemühen sich mit gesteigerter Intensität um einen grösseren Anteil am Ertrag des Weltreisoverkehrs und heuen mit, der Schweiz als dem klassischen Reiseland den Rang streitig zu machen.

U. Die bisherigen staatlichen Massnahmen.

Die Bundesbehörden haben sich die Wahrung der Interessen des schweizerischen Fremdenverkehrs
immer angelegen sein lassen. Auf die staatlichen Hilfsmassnahmen zugunsten des Hotelgewerbes, wie der Erlass zivil- und konkursrechtlicher Ausnahmebestimmungen, das Vorbot der Errichtung neuer und der Erweiterung bestehender Hotelbetriebe (Hotelbauverbot), die Beteiligung an der schweizerischen Hotel-Treuhand-Gesellschaft sowie deren wiederholte Subventionierung, ist hier nicht näher einzugehen. Die Notwendigkeit und Nützlichkeit, dieser Stützungsmasenahmen ist unbestritten. Ala ebenso wichtig müssen aber jene Massnahmen betrachtet werden, die dahin zielen, den Fremdenverkehr neu zu beleben. Denn nur eine Erhaltung und Hebung

1002 der Frequenz der Betriebe kann ejne Gesundung herbeiführen und die Stützungsmassnahmen eventuell wieder entbehrlich macheu. Als Vorkehren dieser Art sind die Bestrebungen zu erwähnen, die auf eine Wiederherstellung der Freizügigkeit im internationalen Reißeverkehr gerichtet sind. Zu diesen ist auch der Abschluss besonderer Abkommen mit solchen Staaten zu rechnen, deren Devisenausfuhr beschränkt ist oder unter Kontrolle steht. Heute bestehen solche Abmachungen mit Deutschland (gekündigt auf 30. Juni 1986), mit Österreich und mit Italien. Im Motorfahrzeugverkehr sind in zahlreichen Gegenseitigkeitsabkommen weitgehende Erleichterungen geschaffen worden.

Als solche sind namentlich der Verzieht auf die internationalen Spezialausweise zu nennen und die Eegelung, wonach ausländische Automobile und Motorräder erst nach einem ununterbrochenen Aufenthalt in der Schweiz von mehr als 90 Tagen einer Besteuerung unterstellt sind. -- In Form einer Subvention an die Nationale Vereinigung zur Förderung des Reiseverkehrs (Verkehrszentrale) leistet der Bund seit dem Jahr 1918 einen Beitrag an die Aufwendungen der Interessenten für eine Verkehrswerbung im Ausland. Diese jährliche Subvention von ursprünglich Fr. 120,000 ist im Jahre 1924 auf Fr. 200,000 erhöht worden, hat aber für die Jahre 1936 und 1937 eine durch das zweite eidgenössische Finanzprogramin bedingte Reduktion um 25% auf Fr. 150,000 erfahren. Ein Ausgleich ist erfolgt durch den Beitritt des eidgenössischen Amtes für Verkehr zu der im Jahre 1933 zwischen der Schweizerischen Verkehrszentrale, der eidgenössischen Post- und Telegraphenverwaltung und den schweizerischen Bundesbahnen gegründeten Werbegemeinschaft, die aus ihrem sogenannten Gemeinschaftsfonds Massnahmen von gesain tschweizerischeni Werbecharakter unterstützt, so namentlich den planmässigen Ausbau der dem Publizitatsdienst der SBB angegliederten Schweizer Verkehrsbureaux (amtliche Agenturen der SBB) ira Ausland und spezielle Veranstaltungen der Schweizerischen Verkehrszentrale. Als ordentlichen Zuschuss leistete das eidgenössische Amt für Verkehr an die Werbegemeinschaft im Jahre 1935 Fr. 50,000; für 1936 beträgt der Beitrag Fr. 100,000.

Aus der Erkenntnis heraus, dass praktische Erleichterungen im Reiseverkehr und ganz besonders eine Verbilligung der Fahrpreise auf den Transportanstalten
unseres Landes in der heutigen Zeit die besten Ausgangspunkte für eine überzeugende Werbung darstellen, hat der Bund erstmals im Jahre 1933 (Bundesbeschluss vom 22. Juni 1938) einen ausserordentlichen Kredit von Fr. 1,000,000 bereitgestellt als «Beitrag an die schweizerischen Transportanstalten zur Ermöglichung einer Fahrpreisermässigung zur Belebung dea Fremdenverkehrs». Für die Fahrplanjahre 1934/35 und 1935/86 wurde dieser Beitrag auf 1,6 Millionen Franken angesetzt und im ordentlichen Voranschlag des Post- und Eisenbahndepartementes für das Jahr 1936 ist er in der Höhe von 1,4 Millionen Franken beibehalten worden, enthält aber auch den Beitrag an dio oben genannte Werbegemeinschaft. Die Transportanstalten gewähren ausländischen Gästen, die wenigstens 6 Tage in der Schweiz bleiben, auf den hauptsächlichen Fahrausweisen eine Ermässigung von 30%; der damit ver-

1003 bundene Taxausfall wird aus dem genannten Bundeskredit zu 50% rückvergütet. Dieser Kredit darf also füglich als eine Aufwendung des Bundes zur Förderung des Fremdenverkehrs aus dem Ausland bezeichnet werden. Zu erwähnen bleibt noch, dass diese Massnahme ursprünglich nur je für die Sommerund die Wintersaison in Kraft stand; sie gilt nunmehr ohne Unterbrechung für das ganze Jahr.

Das gleiche Ziel der Verbüligung des Eeisens hatte der Bundesrat im Auge, als er am 28. Juni 1935 beschloss, dem ausländischen Autotouristen eine Zollrückvergütung zu gewähren. In der Absicht, die am 25, Juni 1985 erfolgte Erhöhung der Zölle auf Motorenbetriebsstoffen zu kompensieren, wurde sie auf 6 Eappen pro Liter Benzin angesetzt. Wenn damit auch keine neue Aufwendung von Bundesmitteln verbunden war, so stellt die Massnahme doch eine verkehrswerbende Vorkehrung dar. Ihre Anwendung war ursprünglich auf die Zeit vom 10. Juli bia 31. Oktober 1985 beschränkt; die Frist wurde dann aber bis Ende Februar 1936 und durch Bundesratsbeschluss vom 25. Februar 1936 bis zum 81. Dezember 1936 verlängert. Der Grenzverkehr, sowie der Verkehr mit Autobussen, Miet- und Gesellschaftswagen, Wagen gewerbsmässiger Transportunternehmungen, Lastwagen und dergleichen fällt für die Zollermässigung ausser Betracht. Begünstigt soll allein der eigentliche Autotourismus (der Feriengäste) sein, weshalb auch hier der Nachweis eines Minimalaufenthaltes (3 Tage bzw. 2 Übernachtungen) gefordert wird ; ferner bleibt die Bückvergütung begrenzt auf eine Höchstmenge von 800 Liter Benzin für den einzelnen Aufenthalt.

m. Die Begehren der Interessenten.

Aus Fremdenverkehrskreisen sind dem Bundesrat in letzter Zeit wiederholt Eingaben vorgelegt worden, die mit aller Eindringlichkeit einer weiteren Bundeshilfe rufen und auf die harte, sich von Monat zu Monat verschlimmernde Notlage in allen Zweigen der Fremdenverkehrswirtschaft, insbesondere aber im Gastgewerbe, aufmerksam inachen. Nicht mit Unrecht werden dabei Massnahmen zur Geschäftsbelebung in den Vordergrund gestellt. In einer von den drei Spitzenorganisationen, Schweizer Hotelier-Verein, Nationale Vereinigung zur Förderung des Beiseverkehrs (Verkehrszentrale) und schweizerischer Fremdenverkehrsverband gemeinsam an den Bundesrat gerichteten Eingabe vom 9. Mai a, e. ist unter Hinweis auf die fast völlige
Unterbindung des Reiseverkehrs aus einigen wichtigen Ländern und die besonderen Schwierigkeiten im deutsch-schweizerischen Verkehr die sofortige Bereitstellung eines ausserordentlichen Bundeskredites postuliert worden, und zwar in einer Höhe von mindestens Fr. 500,000. Der gleiche Betrag wäre bereits auch für das Jahr 1937 in Aussicht zu nehmen. Die Mittel sollten Verwendung finden für eine Förderung dos Verkehrs aus eolehon Ländern, die der Ausreise ihrer Bewohner keine Schwierigkeiten bereiten. Als dringend wünschbar wurden dabei neue Reisevergünstigungen bezeichnet und als unaufschiebbar die Einleitung

1004

eines intensiven Propagandafeldzugos, für welchen die Interessenten selbst keine Mittel aufzubringen in der Lage seien. Ein Detailprogramm, auf das sich alle an der Eingabe beteiligten Verbände und Institutionen geeinigt hatten, liegt ebenfalls vor und macht insbesondere die Lücken namhaft, die im Werbe plan des Publizitätsdienstes der SBB und der Verkehrszentrale für dieses Jahr offen bleiben mussten und wo ohne Zeitverlust die dringendsten Ergänzungen vorzunehmen wären. Die Werbegemeinschaft, in welcher neben der Schweizerischen Verkehrszentrale auch die Generaldirektionen der SBB und der PTT und das eidgenössische Amt für Verkehr vertreten sind, rausste sich von der Notwendigkeit und Dringlichkeit ganz besonderer Anstrengungen in der Verkehrswerbung ebenfalls überzeugen und hat in ihrem Bericht an das Post- und Eisenbahndepartement vom 11. Mai 1936 die Postulate der Verbände unterstützt.

IV. Neue Massnahmen.

Die Krise im Fremdenverkehr, ihre besorgniserregende Verschärfung in der letzten Zeit und die getrübte Aussicht in die nächste und in eine fernere Zukunft rechtfertigen ausser der Beibehaltung der bisherigen Nothilfe gewisse neue Massnahmen und weitere Aufwendungen des Bundes für diesen wichtigen Zweig unserer Volkswirtschaft. Die Dringlichkeit gebietet indessen eine weise Beschränkung auf Mittel, die einen sofortigen Erfolg versprechen. Auf dem Gebiete der Verkehrswerbung können heute vornehmlich folgende Vorkehrungen in Frage kommen : 1. Eine weitere Verbilligung der .Reisekosten.

Das System der sogenannten Ausländerermässigungen bei den Transpoitanstalten hat seit seiner Einführung wiederholt Verbesserungen und Erweiterungen erfahren. Als werbekräftige Neuerung wird irn Benehmen mit den beteiligten Verwaltungen ab 1. Juni 1936 der bisher auf 15% beschränkte Eabattansatz für die kurzfristigen Generalabonnemente auf 80% heraufgesetzt.

Gegenüber dem Normalpreis (III. Klasse) von Fr, 65 für das Stägigc und Fr. 90 für das IStägige Abonnement stellt sich der neue Preis für Ausländer noch auf Fr. 45 bzw. Fr. 63. Eine beachtenswerte Ergänzung erfährt das System ferner im Anschlussverkehr an die Linien ausländischer und schweizerischer Luftverkehrsgesellschaften. Der Verzicht auf die bisher üblichen Unterbrechungen in der Gewährung der Ausländervergünstigung im Frühling und Herbst ist oben
bereits erwähnt worden.

Durch Beschluss vom 19. Mai 1936 hat der Bundesrat dio Bückvergütung auf dem Benzinzoll im Autotourismus aus dem Ausland von 6 auf 13 Bappen für den Liter heraufgesetzt, unter Befristung dieser Massnahme auf die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 1936, Bei einem Benzinpreis von 43 Bappon an den Tankstellen entspricht dies einer Ermässigung von 30% und ergibt einen l'reie von 00 Happen, ilei immer nuch einen Zollanteil von ca. 11 Kappen enthält. Damit wird eine gerechtfertigte Gleichstellung des Automobilisten mit dem die Bahn benutzenden Fericngast erzielt. .Diese Massnahme dürfte auch

1005 deshalb ganz besonders angebracht sein und verkehrsfördernd wirken, als gerade Länder wie Frankreich, Belgien, Holland, England und auch Amerika, wo unsere Verkehrswerbung noch mit Aussicht auf Erfolg arbeitet, bereits stark an der vorübergehenden Einfuhr von Motorfahrzeugen für Beise- und Ferienzwecke beteiligt sind.

2. Eine Intensivierung der Verkehrswerbung, Diese Massnahme rechtfertigt sich in jenen Ländern, wo der Ausreise zu Ferien-, Erholungs- und Sportzwecken keine allzu grossen Hindernisse entgegenstehen, also vornehmlich in den westlichen Staaten Frankreich, England, Belgien und Holland, ferner in den nordischen Ländern, in der Tschechoslowakei, in den U. S. A. usw. Bei dieser Werbung ist zu unterscheiden zwischen der Durchführung eines Sofortprogramms und Massnahmen mehr allgemeiner und auf längere Sicht eingestellter Natur. Das Sofortprogramm soll die Uberbrückung der die unmittelbar bevorstehende Sommersaison bedrohenden Schwierigkeiten zum Ziele haben und eine gewisse Vorsorge für die Herbstsaison einschliessen. Die Vorkehren z\i einer neuen Verbüligung des Keisens gehören wesentlich dazu. Sie müssen aber mit aller Beschleunigung in allen für Schweizerreisen in Betracht fallenden Kreisen des Auslandes mit den weiteren Vorteilen eines Ferienaufenthaltes in der Schweiz bekanntgemacht werden. Mit der unverzüglichen und planmässigen Durchführung solcher Massnahrnen hat der Bundesrat das Post- und Eisenbahndeparternent beauftragt, dessen Amt für Verkehr sich bereits mit Fragen des Fremdenverkehrs zu befassen hat. Die praktische Arbeit ist den hiefür vorbereiteten Institutionen, der Schweizerischen Verkehrszentrale und dem Publizitätsdienst der SBB, insbesondere aber ihren Agenturen im Ausland anvertraut worden. Auch bezüglich der weiterhin geplanten Massnahmen, wie Bereitstellung von modernem Werbematerial für Ausstellungen, Vorträge (auch Filme und Lichtbilder), Errichtung oder Ausbau einiger Werbestützpunkte, Organisation einer Werbung in Nordamerika für den Wintersport in der Schweiz usw. haben die hiefür zuständigen Ausführungsorgane im Benehmen mit dem eidgenössischen Amt für Verkehr die Vorbereitungen an die Hand genommen. Dieses Vorgehen, wobei dem Post- und Eisenbahndepartement bzw. dessen Amt für Verkehr eine gewisse Leitung und Kontrolle und damit auch eine Mitverantwortung
Überbunden wird, hat den Vorteil, dass an die Bereitstellung neuer Bundesmittel keine Bedingungen geknüpft werden müssen, die der Anpassungsmöglichkeit an wechselnde Bedürfnisse und oft plötzlich sich ändernde Verhältnisse Eintrag tun könnten. Selbstredend sollen, wie bereits angedeutet, die bestehenden Institutionen für die Verkehrswerbuug im Ausland für die eigentliche Durchführung der Massnahmen benutzt und in ihrer Initiative nicht gehemmt werden.

Wenn nach der Ansicht des Bundosratos die Einleitung und Durchführung einer ausserordentlichen Werbeaktion für den Fremdenverkehr nicht von besonderen Selbsthilfeleistungen der Interessenten abhängig gemacht werden

1006 soll, so liegt der Grund hiefür nicht allein in der Erkenntnis, dass heute vor allem rasche Hilfe not tut. Die Hôtellerie, wenigstens soweit sie im Schweizer Hotelier-Verein organisiert ist, leistet an die Kosten der gesamtschweizerischen Verkehrswerbung bereits beachtliche Beiträge. Bei Anlass der Beorganisation der Schweizerischen Verkehrszentrale hat der Schweizer Hotelier-Verein seinen Jahresbeitrag an diese Zentralstelle im Jahre 1934 von Fr. 45,000 auf Fr. 120,000 heraufgesetzt und sich zu einer weiteren Erhöhung auf Fr. 190,000 ab 1986 verpflichtet. Erheblich und in Anbetracht der bekannten Finanzlage kaum einer weiteren Steigerung fähig sind auch die Aufwendungen der am Fremdenverkehr interessierten Transportanstalten. Vorab sind hier die Ausgaben der SBB für ihren Publizitätsdienst zu nennen, dessen Budget heute über 1,5 Millionen Franken für Aufwendungen zugunsten der allgemeinen Verkehrswerbung vorsieht. -- Die Notwendigkeit einer stärkeren und allgemeineren Finanzierung der schweizerischen Verkehrswerbung im Ausland durch die interessierten Kreise und Betriebe ist allerdings nicht zu bestreiten, und eine gewisse Zersplitterung der gesamthaft für Propagandamassnahmen ausgegebenen Gelder, wie sie heute noch in Erscheinung tritt, ist ausserordentlich zu bedauern. Im Voranschlag für das Jahr 1937 werden wir Gelegenheit haben, Ihnen unsere Absichten darzulegen, wie unserer Verkehrswerbung im Ausland die vermehrten Mittel gesichert werden sollen, auf die sie in der heutigen kritischen Zeit angewiesen ist. Wir werden Ihnen dannzumal auch Vorschläge unterbreiten, um dieser Verkehrswerbung die immer unentbehrlicher werdende Zusammenfassung und die Einheitlichkeit in der Durchführung zu sichern. -- Um aber zu praktischen Erfolgen, womöglich zu einer Frequenzbelebung schon in den allernächsten Wochen zu kommen, bleibt heute als einziger Weg die Bereitstellung eines Sonderkredites aus Bundesmitteln. Dabei ist zu bedenken, dass eine schwache Anstrengung gegen die vorhandenen Hindernisse und Hemmungen und gegen die Vorkehren anderer Beiseländer nicht aufzukommen vermag und darum keinen angemessenen Erfolg verspräche. Nur ein starker Einsatz wird durchdringen und kann den erhofften Nutzen zeitigen.

Da trotz der Beschränkung der Aktion auf einige ausgewählte Länder und auf ein Programm mit wenigen,
aber zielsicheren Massnahmen eine gewisse Aufteilung des Kredites unvermeidlich ist, so sollte er für das Jahr 1936, d. h. für die Sommer- und Herbstsaison dieses Jahres und die Wintersaison 1936/37 unbedingt in einem Betrag von Fr. 500,000 zur Verfügung stehen.

Wir haben oben darauf hingewiesen, dass die Durchführung eines Sofortprogramms keinen Verzug erleiden darf. Aus diesem Gebot der Stunde ergab sich für den Bundesrat die Notwendigkeit, einen Teil des Kredites vorschussweise und vorgängig einer Behandlung des Geschäftes durch die eidgenössischen Bäte bereitzustellen. Durch Bundesratsbeschluss vom 19. Mai 1986 sind dem Post- und Eisenbahndepartement für die Einleitung unaufschiebbarer Massnahmen Fr. 200,000 zur Verfügung gestellt worden. Dieses Vorgehen hat os erlaubt, durch die Schweizer Verkehrsbureaux in Paris, London, Brüssel, Amsterdam und Prag mit einer sofortigen Presse- und Plakatwerbung einzu-

1007 setzen und durch die Schweizerische Verkehrszentrale gewisse druckreife Werbeschriften unverzüglich fertigzustellen und zu verbreiten.

Gestützt auf die vorstehenden Darlegungen ersuchen wir Sie, für die Durchführung einer Sonderwerbung für den Fremdenverkehr einen Kredit von Fr. 500,000 zu bewilligen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 2. Juni 1986.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident : Meyer.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

1008 (Entwurf.)

Bundesfoeschluss über

die Durchführung einer Sonderwerbung zur Förderung des Reiseverkehrs,

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 2, Juni 1986, beschliesst :

Art. 1.

Für die Durchführung einer Sonderwerbung zur Förderung des Keiseverkehrs wird ein Kredit von Fr. 500,000 bewilligt.

Art. 2.

Dieser Beschluss tritt als nicht allgemein verbindlicher Natur sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Durchführung einer Sonderwerbung zur Förderung des Reiseverkehrs. (Vom 2. Juni 1936.)

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1936

Année Anno Band

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23

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3419

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.06.1936

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998-1008

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