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Bundesblatt 88. Jahrgang.

Bern, den 23. Dezember 1936

Band III.

Erscheint wöchentlich Preis 2O Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, sagüglick Nachnahme- und PosttesteUnngsgebähr.

Einrücknngsgebiihr : 50 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Abschluss der sechzehnten und über die siebzehnte Völkerbundsversammlung.

(Vom 18. Dezember 1936.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen nachstehend ausser einer kurzen Übersicht über die Wiederaufnahme und den Abschluss der Arbeiten der sechzehnten Versammlung unsern Bericht über die siebzehnte ordentliche Tagung der Völkerbundsversammlung zu unterbreiten.

I. Einleitung.

Als dieVersammlung, auf das immer offensichtlicher werdende Scheitern «1er nach Ausbruch der Feindseligkeiten in Abessinien durchgeführten Sanktionsmassnahmen hin, Ende Juni 1936 wiederum zusammentrat, waren die Gemüter hauptsächlich mit der Zukunft des Völkerbundes beschäftigt. Die Ereignisse in Abessinien, und was sich nachher zutrug, hatten seine Autorität erschüttert. Der Glaube an den Völkerbundsvertrag war vermindert. Auch konnte man sich, ohne sich von einem übermässigen Pessimismus hinreissen zu lassen, die Frage stellen, ob der Fehler des Völkerbundes nicht in einem übertriebenen Optimismus bestanden habe, oder, genauer gesprochen, ob der Völkerbundspakt, der ursprünglich als die Vorzeichnung einer neuen Ordnung erschienen war, nicht die politischen Möglichkeiten einer Welt übersteigt, deren Entwicklung langsamer fortschreitet, als die Eechtsgelehrten allgemein glauben. Tatsache, ist, dass seit 1914 die Völker noch nie einer so grossen Verwirrung anheimgefallen waren. Zwischen gewissen Ländern, besonders gegen das Mittelmeer, hielt die Spannung an. Kriegsgerüchte gingen um.

Und überall, vor die Unbeständigkeit einer Lage gestellt, welche durch den verminderten Wert als schwach empfundener, internationaler Abkommen noch verschlimmert wurde, waren selbst die friedfertigsten Staaten nur noch von einer einzigen Sorge getragen : ihre militärische Vorbereitung so rasch als möglich zu fördern, um vor den Gefahren gewappnet zu sein, denen sie plötzlich ausBundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

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gesetzt sein konnten. Diese Beschäftigung mit Notwehrmassnahmen, welche hauptsächlich die unmittelbaren Gefahren zum Gegenstand hatte, schloss jedoch keineswegs die Erörterung von Fragen aus, welche das künftige Schicksal der internationalen Beziehungen berühren. So wurde beispielsweise allseitig die Präge erhoben, was zu tun sei, um einen Ausweg aus dieser furchtbar beängstigenden Lage zu finden. Diese Frage war schwer, verwickelt, und in gewisser Hinsicht unlösbar. Indessen, welches die Schwierigkeiten und die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der wahren Heilmittel sein mochten, in einem Punkt herrschte Einstimmigkeit: der Völkerbund muss erhalten bleiben. Zweifellos hatte er den Beweis seiner Wirksamkeit nicht erbracht, zweifellos hatte er nicht alles gehalten, was er versprochen hatte; durch was sollte man ihn aber ersetzen ? Sollte man etwa Kehrt machen und zurück zur Zeit der «Gleichgewichte», der «Splendid Isolation», oder der Militärbündnisse? Niemand dachte im Ernst daran. Der Völkerbund ist kein ethisches oder philosophisches Ideal; er ist eine politische Wirklichkeit und trotz seiner Mängel, seiner Schwächen, seiner Lücken doch noch das Beste, was man praktisch zur Beschränkung, wenn nicht zur Verhütung der Kriegsgefahren getan hat. Es genügte indessen nicht, in diesem Julimonat, in dem eine Seite der schon langen Geschichte des Völkerbundes gewendet wurde, diese elementare Wahrheit zu verkünden. Vor allem war es auch wichtig, zu prüfen, wie und in welchem Mass ein Friedenswerkzeug, dessen Schwäche zwar nicht bezweifelt, dessen Notwendigkeit jedoch allseitig anerkannt wurde, im Lichte der gesammelten Erfahrungen verbessert werden könnte. Auch waren die berufensten Stimmen zugunsten einer Abänderung des Völkerbundsvertrages. Über Sinn und Tragweite der Abänderung jedoch -- wen sollte es verwundern? ·-- gingen die Ansichten sofort auseinander. Die einen, für die der Völkerbundsvertrag aus Schwäche versagt hatte, wollten dessen Bestimmungen verstärken, vornehmlich diejenigen betreffend die Sanktionen, andere waren im Gegenteil der Ansicht, der Pakt sei deswegen gescheitert, weil er sich in einigen seiner Artikel als undurchführbar erwiesen hatte, und es sei vor allem notwendig, ihn den Gegebenheiten genauer anzupassen, selbst wenn dadurch die eine oder andere seiner Bestimmungen
schwächer werden sollte. Das Problem war indessen zu ernst, als dass man dessen Lösung aus dem Stegreif hätte in Angriff nehmen können, und die Juliversammlung hatte es für klüger gehalten, anstatt Schlussfolgerungen zu ziehen, den Eegierungen Zeit zur Überlegung zu lassen und sie zu ersuchen, ihre Einstellung später bekanntzugeben. Es sollte dann Aufgabe der ordentlichen Septembertagung sein, gegebenenfalls über die Sichtung einer Umgestaltung zu entscheiden, die, wenn nicht die wesentlichen Züge des Völkerbunds, so doch dessen praktisches Vorgehen wieder in Frage stellen konnte.

Diese Frage stand noch bei Beginn der Herbsttagung offen. Zahlreiche Eegierungen hatten in der Zwischenzeit ihre Stellungnahme bekanntgegeben.

Die im Juli zutage getretenen Meinungsverschiedenheiten bestanden unverändert weiter. Sie hatten sich sogar mit der Zeit verschärft, und ihre grosse

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Zahl liess die Verschiedenheit noch grösser erscheinen. Was tun '? Würde man imstande sein, so sehr voneinander abweichende, wenn auch zum gleichen Ziel: die Befestigung der Friedensgrundlagen durch die Stärkung des Völkerbundsg'edankens, strebende Ansichten miteinander zu versöhnen ? Würde man in Ermangelung einer ausreichenden Übereinstimmung darauf verzichten, ganz oder zum Teil den Wünschen der Anhänger eines Paktes zu entsprechen, der vielleicht weniger drohend aussehen, dafür aber universeller angewendet werden würde ? Oder würde man sich dazii entschliessen, ein Sanktionensystem, dessen Last sich in praxi selbst für die Grossmächte als zu schwer erwiesen hatte, noch zu erschweren ? Man war auf Mutmassungen angewiesen, und es herrschte Zaudern und Eatlosigkeit in der Versammlung, als sie nach den durch die Übung bestätigten Formen ihre Arbeiten eröffnete.

II. Wiederaufnahme der Arbeiten der sechzehnten Tagung der Versammlung.

Bekanntlich hatte die sechzehnte Versammlung ihre Arbeiten wegen des italienisch-abessinischen Konflikts nicht zum Abschluss gebracht. Auf Antrag der argentinischen Regierung wurde sie erneut von ihrem Präsidenten einberufen 1). Wie dieselbe schriftlich dargetan hatte, gründete sich ihr- Gesuch «auf der Überzeugung, es sei notwendig, dass alle Mitgliedstaaten des Völkerbundes, welcher auf der Grundlage des Gleichheitsgrundsatzes errichtet worden ist, Gelegenheit hätten, die in der gegenwärtigen internationalen Lage so wichtigen Probleme zu prüfen, die der italienisch-abessinische Konflikt ins Leben gerufen hat, und dass sie ihre Verantwortlichkeit auf sich nehmen und ihre Meinung über den gemäss den wesentlichen Grundsätzen des Völkerbundsvertrages einzuschlagenden Weg äussern».

Die Versammlung, die am 30. Juni zusammentrat, schritt zunächst zur Wahl eines neuen Präsidenten, und zwar Herrn van Zeelands, des Premierministers Belgiens, an Stelle des Herrn Benès, der in der Zwischenzeit zur Präsidentschaft der tschechoslowakischen Bepnblik berufen worden war.

Sie hörte danach eine Denkschrift an, worin die italienische Regierung ihre Politik in Abessinien sowie dem Völkerbund gegenüber in gemässigten Worten rechtfertigte. «Italien, erklärte sie unter anderm, hat sich den abessinischen Bevölkerungen gegenüber feierlich verpflichtet, für Frieden, Gerechtigkeit und Sicherheit zu sorgen und im ganzen Lande das fruchtbarste Werk sittlicher und materieller Erhebung nach dem Vorbild der zivilisatorischen Überlieferungen zu vollbringen. Italien betrachtet das Unternehmen, dem es sich in Abessinien gewidmet hat, als eine heilige Aufgabe zugunsten der Zivilisation, die es zu erfüllen gedenkt, indem es die Grundsätze des Völkerbundsvertrags und der andern 1 ) Die schweizerische Delegation war in ihrer Zusammensetzung unverändert geblieben (siehe unsern Bericht über die sechzehnte Versammlung vom 13. Januar 1936, Bundesbl. 1936, I, S. 34).

472 internationalen Abkommen, welche die Aufgabe der zivilisatorischen Mächte umschrieben haben, zum Vorbild nimmt. Es wird Italien zur Ehre gereichen, den Völkerbund über die in der Zivilisierung Abessiniens erzielten Fortschritte, deren schwere Verantwortlichkeit Italien auf sich genommen hat, unterrichten zu können. In der Erwartung, dass der Völkerbund im Geiste gerechten Verständnisses die in Abessinien entstandene Lage würdigen wird, erklärt die italienische Eegierung ihre Bereitschaft zur erneuten, wirksamen Zusammenarbeit mit dem Völkerbund im Hinblick auf die Lösung der ernsten Fragen, von denen die Zukunft Europas und der Welt abhängt... Die italienische Eegierung gibt erneut der Überzeugung Ausdruck, die nunmehr allgemein geteilt wird, dass der Völkerbund einer angemessenen Umgestaltung bedarf, und sie ist bereit, an der Prüfung und Verwirklichung derselben teilzunehmen.» Der erste Delegierte Argentiniens, Herr Cantilo, erläuterte hiernach die Gründe, die seine Eegierung dazu veranlasst hatten, die Einberufung der Versammlung zu verlangen. Er versicherte, es sei für den Völkerbund notwendig, seine Treue zu gewissen wesentlichen Grundsätzen feierlich zu bekennen, wie z. B. zum Grundsatz der Achtung der territorialen Unversehrtheit; zugleich wies er darauf hin, wie wicntig es sei, zu prüfen, «ob eine Verbesserung der Struktur des Völkerbundes nicht unerlässlich sei», «dieses grossen Gebäudes der internationalen Gerechtigkeit», und «vorsichtige Umänderungen vorzunehmen». Der erste Delegierte Abessiniens, der Negus Haile Sellasie, schilderte seinerseits am Eednerpult der Versammlung «das Schicksal, das Äthiopien zu erdulden hatte». Er rief die meisten Ereignisse der bekannten Tragödie in Erinnerung, erhob neuen Protest «gegen die Missachtungen der Verträge, denen das abessinische Volk zum Opfer fällt», ersucht die Versammlung «alle Massnahmen zu ergreifen, die die Achtung des Paktes zu sichern imstande sind».

Nach diesen beiden gewissermassen einleitenden Ansprachen ging die Versammlung zur allgemeinen Beratung über. Mit Ausnahme der Delegation Südafrikas, die sich bitter über die Preisgabe der Sanktionen und das Versagen des Völkerbundes beklagte, Hessen alle andern Delegationen, die vor der Versammlung ihre Ansicht vertraten, durchblicken, oder erklärten sogar so klar wie nur möglich,
an eine Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen Italien könne nicht gedacht werden. Wie vom australischen Delegierten ausgeführt wurde, «wenn die bestehenden Sanktionen, nachdem sie ungefähr 7 Monate in Kraft sind, die Eroberung Äthiopiens nicht verhindern konnten, wie könnten diese Massnahmen in einer vernünftigen Frist die Eückkehr dieses Landes an das abessinische Volk zur Folge haben?» «Wenn die Eegierung S. M in Grossbritannien, erklärte seinerseits der Vertreter des Vereinigten Königreichs, Gründe hätte zu glauben, dass die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Sanktionen oder die Beifügung anderer wirtschaftlicher Massnahmen zu diesen Sanktionen zur Wiederherstellung Abessiniens führen könnten, so wäre sie für ihren Teil bereit, eine solche Politik zu befürworten und, wenn andere Völkerbundsmitglieder sich anschlössen, an deren Durchführung teilzunehmen.

Angesichts der gegenwärtigen Lage in Abessinien ist es der Eegierung S. M.

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unmöglich, diesen Gedanken zum seinigen zu machen. Unseres Brachtens wäre nur eine militärische Aktion -- eine militärische Aktion -- gegenwärtig imstande, zu diesem Ergebnis zu führen. In Anbetracht der gegenwärtigen Weltlage glaube ich nicht, dass dieses militärische Eingreifen als durchführbar erachtet werden kann.» Ohne diese Ansicht durchaus zu teilen, gaben gewisse Staaten, z. B. die Nordstaaten, klar zu verstehen, dass ohne den wirksamen Beistand der Grossmächte die weitere Anwendung des Art. 16 auf Italien unmöglich wäre.

Unser erster Delegierter sprach seinerseits deutlich die Ansicht aus, dass die Sanktionen nunmehr lange gewährt hatten und aufgegeben werden sollten.

«Ziel der Sanktionen, erklärte Herr Motta, sei wenn möglich die Verhütung oder die Beendigung des Krieges. Dieses Ziel ist nicht erreicht worden. Es konnte aus zwei wesentlichen Gründen unmöglich erreicht werden: einerseits.

weil der Völkerbund weit davon entfernt ist, alle Staaten zu umfassen; andererseits, weil von Anfang an sich eine stillschweigende oder ausdrückliche Vereinbarung gebildet hat zur Verhütung der militärischen oder der wirtschaftlichen Sanktionen, welche beiden schliesslich in ihren "Wirkungen zusammengefallen wären. Man wollte vermeiden, dass der ostafrikanische Krieg in einen europäischen oder gar in einen Weltkrieg ausartete. Dieser Krieg ist nun beendet. Der Völkerbund hat eine Niederlage erlitten. Wäre diese Niederlage zu vermeiden gewesen? Niemand wird auf eine derart komplexe Frage eine sichere Antwort wagen. Was indessen eine Selbstverständlichkeit zu sein scheint, ist, dass nach Beendigung des Krieges die Sanktionen, wenn sie beibehalten werden, völlig anderes Gepräge und daher eine andere Tragweite erhielten.

Sie wären dann nicht mehr ein Versuch, ein unternommenes Vorgehen zu verhüten, sondern ein Strafmittel oder ein Mittel zur Fällung eines politischen 'oder sittlichen Urteils. Art. 16 des Paktes aber wurde für diesen Zweck weder ins Leben gerufen noch abgefasst. Die wirtschaftlichen Sanktionen fortführen hiesse einen allgemeinen Zustand der Erregung, der Gereiztheit und der Unsicherheit aufrechterhalten und hervorrufen. Die Versammlung hat das Becht und unseres Erachtens sogar die Pflicht zu erklären, dass die Sanktionen ihre Berechtigung verloren haben.» Wenn auch die Sanktionenfrage die
ganze Beratung beherrschte, so kam nichtsdestoweniger -- und zwar ziemlich ausfuhrlich -- die Zukunft des Völkerbundes zur Sprache, insbesondere die Paktreform. Wie oben erwähnt, verlautete einstimmig die Ansicht, dass der Völkerbund gerettet werden muss. Was aber die Mittel angehe, um dem Völkerbund das verlorene oder doch beträchtlich verminderte Vertrauen wiederzugeben, gingen die Ansichten auseinander.

Einige -- diese bildeten offensichtlich die Minderheit -- hätten ohne übermässige Mühe mit dem gegenwärtigen Völkerbundsvertrag Vorlieb genommen, davon ausgehend, die begangenen Fehler seien nicht dem Pakte selbst zuzuschreiben, sondern den Menschen, die mit dessen Anwendung betraut sind.

«Wenn das System des Völkerbunds Vertrages, erklärte Herr Bruce (Australien), lückenlos angewandt wird, so weist es keinen Fehler auf.» «Das Versagen des

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Völkerbundes hinsichtlich der Sanktionen, fügte Herr Wellington Koo (China) hinzu, rührt nicht von der Mangelhaftigkeit oder der Wirkungslosigkeit der im Pakte vorgesehenen Massnahmen her, sondern eher von der Politik und den Anwendungsmethoden, die befolgt worden sind.» «Es ist der Gipfel der Ungerechtigkeit, hatte im Völkerbundsrat Herr Titulescu (Rumänien) gesagt, den Pakt anstatt die Menschen anzuklagen, weil man gescheitert ist.» Worauf Herr Monteiro (Portugal) in der Versammlung die triftige Antwort gegeben hatte: «Sagen, es sei nicht die Schuld des Völkerbundsvertrages, sondern die Schuld der Menschen, heisst leider soviel wie : da der Pakt nicht auf die Menschen zugeschnitten ist, muss er abgeändert werden. Man wird die Menschen nicht ändern können, wird aber die Institutionen umgestalten sowie der Geistesverfassung und den Möglichkeiten der gegenwärtigen Zeit angleichen können.» Der Völkerbund darf nicht mehr «der grosse Jahrmarkt der unerfüllbaren Versprechen» sein. Bescheidener geworden, wird der Pakt weniger versprechen; er wird mehr halten. «Es wäre viel gefährlicher, nach Ansicht Herrn Turbays (Kolumbien), dass der Völkerbund weiterhin auf Zweideutigkeiten beruhe, als kühl anzuerkennen, dass er sich auf undurchführbaren Grundlagen aufbaut, welche abgeändert werden müssen, damit das Eecht, den Krieg für vogelfrei zu erklären... nicht schliesslich dazu führe, dass Gewalttaten gutgeheissen werden, welche vor 1914 in der Furcht begangen wurden, die allgemeine Missbilligung auf sich zu lenken.» Der Vorsteher der schweizerischen Delegation hatte seinerseits hierüber folgendes erklärt : «Der Völkerbund hat eine gefährliche Erschütterung erfahren, er wird aber nicht untergehen, weil er für die Menschheit und für die Welt zwei Lebensnotwendigkeiten darstellt : nämlich die internationale Organisation und die Zusammenarbeit der Staaten. Der Völkerbund wird wieder in Gang kommen, vorausgesetzt, dass er aus den vergangenen Erfahrungen eine Lehre zieht.» Herr Motta vermied es zwar, sich bereits darüber auszusprechen, wie die Abänderung des Völkerbundsvertrages zu denken sei, unterstrich aber trotzdem kräftig die Wichtigkeit des Universalitätsgrundsatzes für den Völkerbund. «Was man auch sagen mag, führte er aus, diese Universalität ist unerlässlich. Die Erde ist kleiner geworden. Selbst die Kontinente
können sich selber nicht mehr ganz genügen. Wenn uns auch die nächste Zukunft die Universalität in ihrer wahren Gestalt nicht bringen kann, so darf man doch neue Formen der Zusammenarbeit zwischen dem Völkerbund und gewissen Grossstaaten, deren völlige Abwesenheit jenen für lange Zeit an der Verwirklichung seines Ideals hindern würde, nicht von der Hand weisen.» Nach Ansicht anderer Staaten -- und auch diese sind zahlreich -- wäre es ein Irrtum, den Völkerbundsvertrag Umständen anzupassen, die vielleicht nie wiederkehren werden. Diese Anpassung wäre eine Schwäche. Zweifellos, erklärte Herr Bluni (Frankreich), hat soeben der Völkerbund eine Niederlage erlitten, indem er sich «unfähig erwies, einem Angriff vorzubeugen und einem Krieg Einhalt zu gebieten». Die Ursache des Versagens liegt indessen «in der verspäteten, unsicheren und zweideutigen Anwendung des Völkerbundsvertrages». Die Folgerung, die aus der Niederlage zu ziehen ist, fährt der

475 Chef der französischen Eegierung fort, «ist nicht die Lockerung, sondern gerade die straffere Gestaltung der aus dem Pakt sich ergebenden Verpllichtungen».

Die französische Delegation «könnte sich keinem Abänderungsvorschlag anschliessen, der die Bolle des Volkerbunds auf die einer blossen akademischen Beratungsstelle herabminderte». Der sowjetistische Vertreter unterstutzte kräftig diese Ansicht. «Wir brauchen den Pakt nicht zu entwürdigen, rief Herr Litwinoff... man soll nicht sagen, der Pakt werde abgeändert, sondern er werde genauer umschrieben und verstärkt... Art. 16 muss unangetastet bleiben.

Die wirtschaftlichen Sanktionen müssen für jedes Mitglied des Völkerbundes obligatorisch sein.» Im Namen der französischen Delegation führte ferner Herr Delbos aus, «es sei zur Verhütung des Krieges vergeblich, auf die ausschliessliche Verwendung wirtschaftlicher und finanzieller Massnahmen zu zählen». «Wir wissen, sagte er, dass die abgestuften Sanktionen sich meistens als wirkungslos herausstellen werden; dass man den Krieg nicht genügend in Betracht zieht; dass man sich nicht auf die Langwierigkeit eines Konfliktes verlassen kann, um diesem ein Ende zu machen: die Gemeinschaft muss von Anfang an ihre Verantwortlichkeiten auf sich nehmen... ; sie muss von Anfang an die Gesamtheit ihrer Mittel einschliesslich der Gewaltmittel, die zu ihrer Verfügung stehen, in Bewegung setzen. Unsere dringliche Pflicht ist es also, die besten Mittel und Wege zu suchen, um in der Anwendung des Völkerbundsvertrages eine engere Beziehung zwischen den wirtschaftlichen und finanziellen Druckmassnahmen und die Inkraftsetzung der militärischen Massnahmen herzustellen. Unseres Brachtens kann die Lösung in der Schaffung neuer regionaler Verständigungen oder in der Befestigung der bereits bestehenden gefunden werden.» Nach Abschluss dieser Aussprache genehmigte die Versammlung auf Antrag ihres Bureaus am 4. Juli die beiden folgenden Eesolutionen : «Die Versammlung, 1. auf Anregung der Regierung der argentinischen Republik und im Anschluss an ihren Beschluss vom 11. Oktober 1935, sich zu vertagen, erneut einberufen, um die aus dem italienisch-abessinischen Konflikt sich ergebende Lage zu prüfen; 2. nimmt Kenntnis von den Mitteilungen und Erklärungen, die ihr diesbezüglich zugekommen sind; 3. stellt fest, dass verschiedene
Umstände die einwandfreie Anwendung des Völkerbundspaktes unmöglich gemacht haben; 4. bleibt den Grundsätzen des Völkerbundsvertrages, die auch in andern diplomatischen Urkunden, wie die Erklärung der amerikanischen Staaten vom 3. August 1932 betreffend den Ausschluss der Gewaltmittel zur Regelung territorialer Fragen, ihren Ausdruck finden, treu verbunden; 5. vom Wunsch beseelt, das Ansehen des Völkerbundes zu erhöhen, indem es die Anwendung dieser Grundsätze den aus den gemachten Erfahrungen sprechenden Lehren anpasst;

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6. überzeugt, dass die tatsächliche Wirksamkeit der vom Völkerbund seinen Mitgliedern gewährten Sicherheitsgarantien verstärkt werden müssen; spricht den Wunsch aus, der Bat möchte: a. die Begierungen der Völkerbundsmitglieder einladen, dem Generalsekretär wenn möglich vor dem 1. September 1936 alle Vorschläge zukommen zu lassen, die ihnen geeignet erscheinen, um im erwähnten Geiste und in den besagten Grenzen die Inkraftsetzung der Grundsätze des Völkerbundsvertrages zu vervollkommnen; b. den Generalsekretär beauftragen, diese Vorschläge einer ersten Prüfung zu unterziehen und vor allem sie zu ordnen; c. der Versammlung in ihrer nächsten Tagung über den Stand der Frage Bericht erstatten.» «Die Versammlung: nimmt die Mitteilungen und Erklärungen zur Kenntnis, die betreffend die aus dem italienisch-abessinischen Konflikt sich ergebende Lage an sie gerichtet worden sind; erinnert an die früher anlässlich dieses Konfliktes gemachten Feststellungen und gefassten Beschlüsse; spricht den Wunsch aus, der Koordinationsausschuss möchte den Begierungen alle Vorschläge unterbreiten, welche geeignet sind, die von ihnen in Ausführung des Artikels XVI des Völkerbunds ver träges ergriffenen Massnahmen zu beendigen.» Vor der Genehmigung dieser beiden Besolutionen hatte die abessinische Delegation, jedoch ohne Erfolg, einen letzten Versuch gemacht, um in Ermangelung wirtschaftlicher und finanzieller Sanktionen für Abessinien eine andere Form des Beistandes zu erwirken. Ein von ihr vorgelegter Besolutionsentwurf, der den Begierungen der Mitgliedstaaten empfahl, «der in Abessinien aufzunehmenden Anleihe von 10 Millionen Pfund Sterling ihre Garantie zu gewähren», erhielt nur ihre eigene Stimme. 25 Delegationen von 49 stimmenden hatten sich «enthalten».

Gemäss dem von der Versammlung ausgesprochenen Wunsch trat der Koordinationsausschuss zur Prüfung der Lage am 6. Juli zusammen. Einige Delegierte ergriffen das Wort, um darzulegen, die Sanktionen seien gegenstandslos geworden und müssten daher aufgehoben werden. Nachdem der polnische Delegierte bekanntgegeben hatte, seine Begierung habe bereits «in souveräner Auslegung der für sie aus Artikel 16 des Völkerbundsvertrages sich ergebenden Verpflichtungen» beschlossen, die Sanktionen gegen Italien aufzuheben, machte der Vertreter Spaniens einige Vorbehalte, denen sich
insbesondere der Vertreter Schwedens anschloss. Herr de Madariaga war der Ansicht, dass die Sanktionen, da sie durch gemeinsamen Beschluss in Kraft getreten waren, nicht durch eine einseitige Massnahme rückgängig gemacht werden konnten. Die Zusammenarbeit müsste bis zum Schluss eine restlose sein.

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Was den Zeitpunkt der Aufhebung der Sanktionen anbetrifft, schlug der Vertreter Grossbritanniens den 15. Juli vor. Der Delegierte Portugals, unterstützt vom Delegierten der Schweiz, sprach sich für den 10. Juli aus. Unser Vertreter bemerkte, die Sanktionen seien bereits virtuell abgeschafft und er sehe nicht ein, -warum eine IStägige Frist notwendig sein solle, um ein Ergebnis zu erreichen, das in Wirklichkeit bereits bestehe. Will man, fügte er bei. einen Wettlauf zur Abschaffung der Sanktionen verhüten, so muss man eine möglichst kurze Frist ansetzen. Nachdem die Vertreter der fernen Länder erklärt hatten, der 10. Juli erscheine ihnen verfrüht, beschloss der Ausschuss schliesslich, den englischen Vorschlag, anzunehmen und genehmigte zu diesem Zweck folgende Resolution: «Der Koordinationsausschuss, der in Ausführung der von der Versammlung am 10. Oktober 1935 betreffend den italienisch-ahessinischen Konflikt erlassenen Empfehlung eingesetzt worden ist, beantragt, dass die Eegierungen der Mitgliedstaaten auf den 15. Juli 1936 die Beschränkungsmassnahmen aufheben, die sie gemäss seinen Vorschlägen IA, II, ILI, III, IV und IVB ergriffen haben.» Angesichts dieses Entscheides genehmigte der Bundesrat am 8. Juli einen Beschluss 1), wonach vom 14. Juli von Mitternacht an die Bundesbeschlüsse vom 28. Oktober und 12. November 1935 betreffend die Sanktionsmassnahmen gegen Italien in Ausführung des Artikels 16 des Völkerbundspaktes ergriffenen Sanktionsmassnahmen aufgehoben sind 2).

Der Bundesrat hat diesen Schritt durchaus nicht bereut; er machte einer Situation ein Ende, die auf die Dauer die Interessen des Friedens unvermeidlich 1

) Dieser Beschluss hatte folgenden Wortlaut:

Der schweizerische Bundesrat, in Anbetracht des Vorschlages, den der zur Ausführung des Art. 16 des Völkerbundsvertrages gebildete Koordmationsausschuss am 6. Juli 1936 gefasst hat, beschliesst : Einziger Artikel.

Vom 14. Juli 1936 um Mitternacht an gerechnet sind die folgenden drei Bundesratsbeschlüsse aufgehoben : 1. Beschluss vom 28. Oktober 1935 betreffend die Ausfuhr, die Wiederausfuhr und die Durchfuhr von Waffen, Munition und Kriegsmaterial nach Abessinien und Italien ; 2. Beschluss vom 12. November 1935 über die in Ausführung des Art. 16 des Völkerbundsvertrages gegenüber Italien zu ergreifenden finanziellen Massnahmen; 3. Beschluss vom 12. Xovember 1935 über die in Ausführung des in Art. 16, des Völkerbundsvertrages gegenüber Italien zu ergreifenden wirtschaftlichen Massnahmen.

2 ) Siehe unsern Bericht an die Bundesversammlung betreffend die Anwendung des Artikels 16 des Völkerbundsvertrages auf den italienisoh-abessinischen Konflikt (Bundesbl. 1935, II, S. 921.

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ernst gefährdet und zugleich unsere Beziehungen zu einem befreundeten Nachbarlande heikler gestaltet hätte. Die Schweiz ist ihren Verpflichtungen treu geblieben; die Erfahrung hat gezeigt, dass es weise von ihr war, in der Erörterung eines örtlich beschränkten Streitfalles, der leicht in einen allgemeinen Krieg hätte ausarten können, einen ihren Überlieferungen und ihrer jahrhundertelangen Neutralitätspolitik angemessenen Geist der Mässigung zu wahren.

III. Tagesordnung der siebzehnten Tersammlung und Instruktionen der Schweizerischen Delegation.

Die Zusammensetzung der schweizerischen Delegation hatte eine Änderung erfahren müssen, da Herr Ständerat Eobert Schöpfer und Herr Nationalrat Albert Oeri umständehalber verhindert waren, eine Wiederwahl anzunehmen.

Der Bundesrat hat bedauert, auf die weitere Mitarbeit dieser beiden Parlamentarier verzichten zu müssen, deren Erfahrung und Gewandtheit unserer Delegation in Genf äusserst wertvoll gewesen waren. Es sei ihnen an dieser Stelle erneut der Ausdruck unseres Bedauerns und unserer Dankbarkeit ausgesprochen.

Die Herren Schöpfer und Oeri sind durch die Herren Ständerat Emil Klöti und Nationalrat Ludwig Schneller ersetzt worden l).

Einige Wochen nach Abschluss der Arbeiten der Versammlung hatten wir den Hinschied des Herrn Schneller zu bedauern. Der Bundesrat und die Mitglieder der schweizerischen Delegation waren tiefbetrübt über den vorzeitigen Verlust eines Mitarbeiters, dessen Charaktereigenschaften, Aufopferung und hohe Geistesbildung sie sehr geschätzt hatten. Sie werden diesen ausgezeichneten Mitbürger in bester Erinnerung halten.

Die Tagesordnung der Versammlung wies gegenüber frühern keine wesentlichen Unterschiede auf. Die Fragen der laufenden Geschäftsführung, die von den ständigen Organen des Völkerbunds behandelten technischen Angelegenheiten sowie verschiedene schwebende und vor demAbschluss stehende Geschäfte nahmen den grössten Teil der Besprechungen in Anspruch. Zum erstenmal 1

) Die Delegation war wie folgt zusammengesetzt: Delegierte: Herr Bundesrat Giuseppe Motta, Chef des Politischen Departements, Herr William Rappard, Direktor des Universitätsinstituts für höhere internationale Studien, in Genf, Herr Walter Stuoia, Nationalrat, bevollmächtigter Minister, Delegierter des Bundesrates für den Aussenhandel in Bern.

Stellvertretende Delegierte: Herr Ständerat Emil Klöti, in Zürich, Herr Nationalrat Ludwig Schneller, in Zürich, Herr Legationsrat riamili B Gorgé, Chef der Seidion für Völkerbund beim Politischen Departement. Herr Gorgé amtete zugleich als Generalsekretär der Delegation.

Sekretär: Herr Henri Voirier, juristischer Beamter beim Politischen. Departement, in Bern.

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stand die Frage des Terrors auf der Tagesordnung, die vom Eat nach lebhafter Besprechung über die aus dem Attentat in Marseille, dem König Alexander und Herr Barthou zum Opfer fielen, zu ziehenden Folgerungen der Versammlung unterbreitet -wurde. Eine andere Frage war auf Wunsch der Juliversammlung der Traktandenliste angefügt worden, nämlich die in Aussicht stehende Abänderung des Völkerbundsvertrages. Diese Frage hätte mit Eücksicht auf ihre grundlegende 'Wichtigkeit genügt, dieser Versammlung, die unter den schon genannten schwierigen Verhältnissen zusammengetreten war, ein besonderes Gepräge zu verleihen. Wie man jedoch weiter unten sehen wird, gab sie nur Anlass zu einem Verfahrensbeschluss, da die Frage zu weittragend und zu heikel war, um im Verlaufe dieser Versammlung irgendeine Lösung zu ermöglichen.

Die Mitglieder der schweizerischen Delegation hatten sich zur allgemeinen Prüfung dieser für uns so wichtigen Frage der Revision des Paktes in Bern versammelt. Nach, diesem Meinungsaustausch richtete der Bundesrat an den Völkerbund das Memorandum,, dessen Text im vorliegenden Bericht enthalten ist. Auf Grund der Vorschläge des Politischen Departements legte er die Instruktionen für seine Delegation in Genf wie folgt fest : 1. Allgemeine Haltung der Delegation. Die Delegation wird sich weiterhin von der bisher durch die Eidgenossenschaft beim Völkerbund befolgten Politik leiten lassen.

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2. Abänderung des Völkerbundsvertrages. Die Delegation wird sich an die allgemeinen Bichtlinien der diesbezüglich dem Sekretariat des Völkerbundes am 4. September 1936 gemachten Mitteilung halten. Sie wird, wenn möglich, zusätzliche Instruktionen einholen.

3. Zusammensetzung des Rates. Diese Frage steht im engen Zusammenhang mit derjenigen der Eeform des Paktes. Dabei scheint es angezeigt, die diesbezüglich in unsern Instruktionen vom Jahr 1933 gemachten Angaben in Erinnerung zu rufen: Der Bundesrat ist einer Vermehrung der Zahl der Ratsmitglieder nicht gewogen. Ein zu zahlreicher Rat würde erhebliche Nachteile bieten. Er gibt somit dem status quo den Vorzug, wobei eine Lösung gefunden werden sollte, die jedem Staat, der es wünscht, im Turnus Zugang zum Rat gewährt. Wenn aber eine geeignete Lösung zur Verhinderung der Ungleichheiten des gegenwärtigen Systems nicht gefunden werden könnte, würde sich der
Bundesrat mit einer Vermehrung besagten Eates abfinden. Wenn zwischen einem Eat, von dem die Staaten, die nicht einer bestimmten Gruppe angehören, für immer ausgeschlossen wären, und einem zahlreicheren Eat gewählt werden müsste, in welchem aber alle Staaten im Turnus zur Tagung einberufen würden, nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Staaten, würde sein Vorzug einem erweiterten Eate gelten.

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4. Staatszugehörigkeit der Frau. Die frühem Instruktionen werden bestätigt.

5. Rechtliche Stellung der Frau. Wie letztes Jahr, wird im Hinblick auf alle internationalen Verpflichtungen, die auf diesem Gebiete vorgeschlagen werden könnten, die grösste Zurückhaltung beobachtet werden müssen.

6. Flüchtlingshilfe. Die schweizerische Delegation kann allen Massnahmen zustimmen, die die Vollendung des zugunsten der Flüchtlinge unternommenen Werkes fördern.

7. Sklaverei. Wir haben den letztjährigen Instruktionen nichts beizufügen.

8. Technische Organisation. Die Delegation richtet sich nach den Angaben der interessierten Departemente.

9. Rechnung und Voranschlag. Die Delegation wird der geprüften Eechnung der Periode 1935 und dem Voranschlag für 1937 zustimmen können.

Sie wird aber allen Vorschlägen beipflichten, die eine Verminderung der Ausgaben erstreben, ohne die Haupttätigkeit des Völkerbundes zu beeinträchtigen.

10. Rückständige Beiträge. Die Delegation wird sich allen Massnahmen anschliessen, die eine beschleunigte und befriedigende Lösung dieser heiklen Frage gestatten.

11. Verteilung der Auslagen. Der neue vorgeschlagene Verteilungsmodus ist nur provisorisch. Die Delegation wird also damit vorlieb nehmen können.

Die Frage, ob es angezeigt ist, eine Herabsetzung unseres Beitrages zu verlangen, bleibt vorbehalten.

12. Wahlen in den Rat und in den Ständigen Internationalen Gerichtshof.

Die Delegation wird nötigenfalls die entsprechenden Instruktionen beim ·Bundesrate einholen.

IV. Eröffnung der Versammlung und allgemeine Aussprache.

Da die Versammlung im Juli getagt hatte, war damals beschlossen worden, sie zu ihrer ordentlichen Tagung nicht vor Montag den 21. September einzuberufen. Sie wurde somit an diesem Zeitpunkt eröffnet und berief zum Vorsitz H. Saavedra Lamas, den Minister des Auswärtigen der argentinischen Eepublik. Es waren mit Einschluss Abessiniens 52 Länder vertreten; ihrer 6 hatten keine Vertreter abgeordnet : Guatemala, Honduras, Italien, Nikaragua, Paraguay und Salvador. Was Abessinien betrifft, so behielt sich die seit der ersten Sitzung eingesetzte Kommission zur Prüfung der Vollmachten vor, die Frage der Gültigkeit der seinen Delegierten ausgestellten Vollmachten aufmerksam zu prüfen.

In der Tat nahm der Fall der abessinischen Delegation die Aufmerksamkeit lange in Anspruch. Es war eine ernste Frage, denn es stand fest, dass Italien

481 an den Arbeiten der Versammlung nicht teilnehmen würde, wenn die Vertreter des Negus zur Tagung zugelassen würden, und dass es dadurch -vielleicht veranlagst würde, dem Völkerbund gegenüber eine völlig verschiedene Haltung einzunehmen. Diese Aussicht lastete auf der Versammlung, und ein fieberhaftes Warten herrschte in den Delegationen, die die Zusammenkünfte der Kommission zur Prüfung der Vollmachten aufeinander folgen sahen. Am 23. September legte der Berichterstatter, H. Politis (Griechenland), der Versammlung die Schlussfolgerungen der Kommission vor. Der Bericht stellte unter anderni fest, dass die Vollmachten der abessinischen Delegierten von einem seines Landes enteigneten Staatsoberhaupte ausgestellt worden waren und dass sich die Frage erhob, «ob das Staatsoberhaupt, von dem die erörterten Vollmachten stammten, seinen gesetzlichen Titel genügend tatsächlich ausübte, um diesen Vollmachten volle Gültigkeit zu verleihen». Kein einziges Mitglied der Kommission machte indessen geltend, dass «die in Frage stehenden Vollmachten offenkundig ungültig waren». Es blieb jedoch hinsichtlich ihrer Gültigkeit ein Zweifel bestehen, und nach Ansicht einiger Delegierter hätte dieser Zweifel die Einholung eines Gutachtens beim ständigen internationalen Gerichtshof gerechtfertigt. Da nun aber der Hof sein Gutachten kaum vor Abschluss der Arbeiten der Versammlung hätte abgeben können, drang schliesslich die Ansicht durch, dass «die beste Lösung darin bestehe, der Versammlung vorzuschlagen, die von der abessinischen Delegation vorgelegten Vollmachten, obwohl Zweifel über deren Gültigkeit schwebten, als ausreichend anzusehen, um diese Delegation an der gegenwärtigen Tagung zuzulassen». Einmütig machte die Kommission geltend, «der erwähnte Zweifel müsse demjenigen zugute kommen, den er betrifft», und übrigens sei «die angeführte Lösung, die ausschliesslich für die gegenwärtige Tagung gültig war», für die Zukunft keineswegs bindend.

Nachdem die abessinische Delegation sich den Schlussfolgerungen des Berichtes angeschlossen hatte, beantragten die Delegierten Ungarns, Österreichs und Albaniens, dass die Abstimmung über diese Frage durch Namensaufruf erfolge. 39 Staaten stimmten den Schlussfolgerungen des Berichtes zu; ihrer 4 stimmten dagegen (Albanien, Österreich, Ekuador und Ungarn); ihrer 6 enthielten sich
der Stimme (Bulgarien, Panama, Portugal, Siam, die Schweiz und Venezuela). Die schweizerische Delegation entschied sich nicht leichten Herzens dazu, der Mehrheit der Delegationen nicht zu folgen. Sie hegte indessen Zweifel an der Triftigkeit der von der Kommission angeführten Gründe und hielt sich vor allem die verheerenden Folgen vor Augen, die nach dem Ausscheiden Deutschlands und Japans der Eücktritt einer dritten Grossmacht für den Völkerbund haben könnte. Der Grundsatz der Universalität war der Gefahr ausgesetzt, einen Schlag zu erhalten, von dem er sich nur mit Mühe erheben könnte. Auch erachtete es der Chef der schweizerischen Delegation als angezeigt, sein Votum zu begründen. Er tat es mit folgenden Worten: «Sie werden gewiss verstehen, dass ein Land wie die Schweiz sein Votum zu erläutern wünscht.

Der Ernst der Frage liegt auf der Hand. Jeder von uns fühlt und weiss, dass es sich nicht um eine einfache Verfahrensfrage handelt. Bis heute abend

482 glaubten wir, die Kommission würde vom internationalen Gerichtshof ein Gutachten einholen. Die Lage hat sich plötzlich verändert. Die schweizerische Delegation denkt, dass die Kommission zur Prüfung der Vollmachten weise gehandelt hat, indem sie den Gedanken an ein Gutachten aufgab. Es bleibt indessen die Frage der Gültigkeit der Vollmachten bestehen. Die Kommission ist der Ansicht, diese Frage sei äusserst heikel. Sicherlich birgt sie schwere politische Folgen in sich. Die schweizerische Delegation erachtete es unter diesen Umständen als ihre Pflicht, sich der Stimme zu enthalten.» Nachdem die Versammlungihr Bureau bestellt und die Präsidenten der Kommissionen bezeichnet hatte *), setzte die allgemeine Aussprache über die durch den Völkerbund im. Laufe des letzten Jahres geleistete Arbeit ein. Die Aussprache gestaltete sich ziemlich umfangreich. An die 30 Eedner bestiegen das Pult. Die Schwierigkeiten und Drohungen der gegenwärtigen Lage wurden reichlich erwähnt und besprochen. Auch über den Bürgerkrieg in Spanien wurden begreiflicherweise Betrachtungen und Erörterungen angestellt, die den Ernst der Ereignisse ins Licht setzten, die sich auf der iberischen Halbinsel abspielen, und zeigten, wie glücklich gewisse Grossmächte gehandelt hatten, indem sie eine Nichtinterventionspolitik befolgten in bezug auf einen Krieg, der Europa in die schlimmsten Abenteuer zu ziehen imstande wäre. Mehrere Delegierte beklagten sich offen «über den Kampf der politischen Lehren, der Europa in zwei feindliche Lager zu teilen droht, deren Bekehrungseifer, aufeinander stossend, die dunkle Wut der Eeligionskriege heraufbeschwören könnte». «Der Nationalismus, erklärte H. Eden (Grossbritannien), wütet und ruft heftige Gegensätze hervor. Die begeisterten Anhänger wetteifernder Eegierungsfomien fordern sich gegenseitig heraus.» Viele fanden es wichtig, was< H. Delbos (Frankreich) «die weltanschauliche Mobilmachung Europas» nannte, wenn immer möglich zu verhindern.

1 ) Das Bureau bestand übungsgemäss aus dem Präsidenten der Versammlung, dem Präsidenten der grossen Kommission und dem Präsidenten der Tagesordnungskommission, den Vertretern der 6 folgenden Staaten: Kanada, Italien, Frankreich, Vereinigtes Königreich. U. S. S. B. und Jugoslawien.

Was die Kommissionen anbetrifft, die anfänglich nur ihrer fünf waren, wurde in
der Folge beschlossen, die dritte Kommission (militärische Fragen), die seit der Abrüstungskonferenz nicht mehr getagt hatte, erneut zu bestellen; es wurde ebenfalls beschlossen, eine allgemeine Kommission einzusetzen, mit der Aufgabe, die Frage der Abänderung des Volkerbundsvertrages zu prüfen. Die Kommissionen wählten zu ihren Präsidenten: 1. Kommission (rechtliche Fragen): H. Limburg (Niederlande); 2. Kommission (technische Organisation): H. van Langenhove (Belgien); 3. Kommission (militärische Fragen): H. Lange (Norwegen); 4. Kommission (Voranschlag und Verwaltungsfragen): H. Guani (Uruguay); 5. Kommission (soziale und humanitäre Fragen): H. Schmidt (Estland); 6. Kommission (politische Fragen): H. Motta; Allgemeine Kommission (Inkraftsetzung der Grundsätze des Völkerbundsvertrages): H. Bruce (Australien).

483

Der Völkerbund hat ernste Niederlagen erlitten, doch muss die Verantwortlichkeit dafür zum grossen Teil dem Umstand zugesprochen werden, dass er nicht alle Staaten urnfasst und der Mitarbeit von Ländern entbehrt, deren Mitwirkung unerlässlich erscheint. Auch bedauerten die meisten Eedner diese bedenkliche Lücke in der Organisation des Friedens in, der Gesellschaft und beschworen die Mitgliedstaaten, alles zu tun. was von ihnen abhängt, wenn nicht um die abwesenden Staaten nach Genf zu bringen oder zurückzuführen, so doch um gemeinsam mit ihnen die Möglichkeit gewisser Formen der Zusammenarbeit zu suchen. Noch nie war die Frage der Universalität so dringend erhoben worden. Für die schwedische Delegation «kann eine tatsächliche Erstarkung des Völkerbunds nur aus einer Umgestaltung hervorgehen, welche die ständige und regelmäßige Mitarbeit sämtlicher Staaten im Bahmen des Bundes sichert. Wenn dieses Ziel nicht.auf dem Wege des Beitritts sämtlicher Staaten zum Völkerbundsvertrag erreicht werden könnte, so müsse man nach neuen Mitteln zur Verknüpfung der Nichtmitgliederstaaten mit der Tätigkeit des Völkerbunds trachten». «Der ständige Grundfehler des Völkerbunds, fügte ;die Delegation Chiles bei, ist das Fehlen der Universalität. Dieser Fehler ist es, der die Keime der Ohnmacht 'in unsere Institution gelegt und so ihre Tätigkeit gehemmt und letzten Endes sein mehrmaliges Versagen bewirkt hat.» Der Vertreter Kanadas sprach sich nicht minder entschieden aus. In seinen Augen muss «die Annahme der; Grundsätze des Völkerbundsvertrages durch alle Staaten das ständige Ziel derer sein, die die Hoffnung hegen, dass man auf den Krieg als Mittel der nationalen Politik verzichten wird... Jeder frei werdende Sitz in dieser Versammlung ist ein fehlendes Glied in der Kette der Organisation der kollektiven Sicherheit». Dieselbe Ansicht drücken in andern Worten mehrere andere Delegierte aus. «Das Ansehen des Völkerbunds, sagte H. Eden (Vereinigtes Königreich); hat zweifellos schwer unter dem Umstand gelitten, dass seine Beschlüsse nicht das Gewicht der universellen Meinung besitzen.» «Daher muss man seines .Erachtens die Notwendigkeit nicht aus dem Auge yerlieren, möglichst zahlreiche Stimmen zu vereinigen, um - dem Völkerbund diese L Universalität zu verleihen, die allein imstande ist, ihm volle Autorität und Wirksamkeit
zu verschaffen.» «Wenn zur Erreichung dieses Zieles,bemerkte H..Monteiro (Portugal), Opfer notwendig sind, so müssen diese ohne Bedenken gebracht werden.» : ; Hinsichtlich der Abänderung des Völkerbundsvertrages stimmten die Ansichten bei weitem nicht im selben Masse überein. Die einen zweifelten sogar an der Möglichkeit, Tatsächliches zu leisten. Die von zahlreichen Eegierungen auf Grund der vom Sekretariat unternommenen Eundfrage geäusserten Meinungen weichen ihrer Ansicht nach allzusehr voneinander ab. Für den, der die Antworten der Regierung liest, liegt es auf der Hand, : erklärte ohne Umschweife H. Munch (Dänemark), dass gegenwärtig die ! Umgestaltung des Systems des Völkerbundsvertrages ausgeschlossen ist. Auch die schwedische Eegierung erwartet auf diesem Gebiete keine Wunder mehr, und sie beklagt sich darüber nicht, denn «die Schwierigkeiten, auf welche die Tätigkeit des

484

Völkerbunds in den letzten Jahren gestossen ist, rühren sicherlich nicht von der Mangelhaftigkeit des Mechanismus des Yölkerbundspaktes her». «Dieser Mechanismus, erläuerte H. Unden, ist nicht schlecht gebaut, doch fehlt ihm die Kraft, die ihn in Bewegung setzt.» Welches aber auch die, übrigens unvermeidlichen Meinungsverschiedenheiten über die Mittel sein mochten, um dem Völkerbund das verlorene Vertrauen wieder zu geben, andere Delegierte hoben kraftvoll die Notwendigkeit hervor, Heilmittel für das Übel ausfindig zu machen.

«Ich will glauben, sagte der erste Delegierte Portugals, dass der Völkerbund imstande ist, eine beträchtliche Arbeit zu leisten, um den gegenwärtigen Anblick der Dinge zu ändern... Er ist das wirksamste Instrument, dessen sich unsere Hände bedienen können, doch müssen wir verschiedene Seiten seines Vorgehens und vielleicht seiner Organisation tiefgehend umgestalten.» Verschiedene Wünsche betreffend die anzustrebenden Fortschritte werden geäussert.

Der Völkerbund muss -- diese Ansicht der britischen Delegation wird von mehreren Delegationen geteilt -- imstande sein, zu Anfang einer Krise wirksam einzugreifen. Die Anwendung des Artikels 11 sollte erleichtert werden; das darin vorgesehene Verfahren sollte handgreiflichere Wirkungen zeitigen. Die kanadische Delegation wünscht, dass der Völkerbund «eher den Weg der Vermittlung und Versöhnung als denjenigen der Sanktionen beschreite». Dies ist auch unter anderm die Ansicht der norwegischen Delegation, die das Begehren stellt, «nicht in erster Linie die zwingenden Kräfte der Gesamtheit» der Gesellschaft «in den Vordergrund zu stellen», sondern «sich vor allem auf die Lösung der Frage zu verlegen, wie man die Gegensätze versöhnen kann, bevor sie in Konflikte ausarten». Der sowjetrussische Delegierte spricht sich im Gegenteil zugunsten einer Verschärfung des Artikels 16 aus. Nach der Ansicht Ungarns muss vor allem die Erörterung des Artikels 19 die Aufmerksamkeit beanspruchen, denn ihres Erachtens ist dieser «der festeste Pfeiler des Aufbauwerkes zugunsten des Friedens zwischen den Nationen». Für die Kleine Entente indessen, in deren Namen H. Krofta (Tschechoslowakei) spricht, ist eine Abänderung des Völkerbundsvertrages nicht erforderlich; es würde genügen, die Anwendungsmodalitäten seiner Grundbestimmungen näher zu umschreiben;
was den Artikel 19 betrifft, so würde sie sich mit keinen Gebietsveränderungen einverstanden erklären «ohne die freie und ausdrückliche Zustimmung der beteiligten Parteien». Ihrer Ansicht nach würde die Überweisung einer territorialen Streitfrage an die Versammlung, weit davon entfernt, der Sache des Friedens zu dienen, das gute Auskommen der Nationen unter sich, von dem der Friede abhängt, erheblich gefährden.

Im grossen ganzen verlangt jeder, dass der Völkerbund seine Anstrengungen fortsetze. «Der Friede Europas, wie auch der ganzen Welt, erklärt H. Schmidt (Österreich), könnte nur mit der Hilfe und dank der wirksamen Mitarbeit einer starken internationalen Organisation wie der Völkerbund gesichert werden.» «Was die Eegierung seiner Majestät im Vereinigten Königreich anbetrifft, erklärt H. Eden, so wird ihre Politik auf der Teilnahme am Völkerbund gegründet bleiben.» Einige Staaten Lateinamerikas glauben jedoch, dass die

485 Genfer Institution «aus einer vermehrten Unabhängigkeit in der Entwicklung der gleichlaufenden Tätigkeit der grossen regionalen Gruppen, aus denen sie zusammengesetzt ist, einen unbestreitbaren Vorteil» zöge. Auch machte der Delegierte Kolumbiens kein Hehl aus seiner Vorliebe für «eine Art Dezentralisation, die, ohne den Mechnismus des Paktes im geringsten zu schwächen, diesen im Gegenteil stärken würde, indem sie gewisse Verpflichtungen, welche grundsätzlich geographisch umgrenzt werden könnten, strenger gestalten würde, jedoch ohne auf die Mitwirkung sämtlicher Völkerbundsini tglieder zu verzichten und ohne weder berechnende Gleichgültigkeit noch selbstsüchtige Absonderung ins Leben zu rufen».

Mehrere Delegierte stellten mit Bitterkeit das erneute Wettrüsten fest.

Nach Ansicht des Delegierten Frankreichs sollten in beschränktem Eahmen die Arbeiten der Abrüstungskonferenz wieder aufgenommen werden. Er beantragte, das Bureau der Konferenz sollte unverzüglich mit dieser Frage betraut werden.

«Um zu einer gerechten, allen dieselben Garantien bietenden Lösung zu gelangen, erläuterte H. Delbos, muss zuerst das Gleichgewicht wiederhergestellt werden, und dies kann es nur dadurch, dass sich die Beteiligten zusammenfinden...» Die Hindernisse, welche «diesem Werk der internationalen Befriedung» im Wege stehen, entgehen uns nicht, fügte er hinzu, jedoch «glauben wir, dass es weiser und mutiger ist, den Kampf mit ihnen aufzunehmen als ihnen auszuweichen».

Andere Delegierte unterstrichen ihrerseits die Notwendigkeit einer moralischen Abänderung. «Nicht nur die Waffen, erklärte H. Eden, auch die kriegerische Geistesverfassung muss umgestossen werden.» Der türkische Delegierte bemerkte indessen, dass die Wiederaufnahme der Konferenzarbeiten kaum zweckmässig wäre, bevor «der geeignetste Zeitpunkt und die günstigsten Bedingungen zur erfolgreichen Durchführung der in Aussicht genommenen Verhandlungen festgelegt sind».

In einem Bericht wie dem vorliegenden ist es natürlich nicht möglich, sämtliche Fragen zu erwähnen, welche im Verlaufe einer Beratung, die sich mehr als eine Woche hinzog, zur Sprache kamen. Immerhin scheint es uns nicht unnötig daran zu erinnern, dass die wirtschaftlichen Probleme, wenn sie auch in den Gemütern nicht denselben Platz beanspruchen konnten wie diejenigen Probleme, die unmittelbar
das Schicksal unserer Zivilisation betreffen, doch von einigen Delegierten berührt wurden; diesen war daran gelegen, zu zeigen, dass der Völkerbund, trotz den Enttäuschungen, die er auf diesem Gebiet erlebt, zur Stunde in erspriesslicher Weise seine Tätigkeit zur Verbesserung des Güteraustausches wieder aufnehmen könnte. Für die britische Eegierung ist die Stunde gekommen, einige Massnahmen zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Lage zu treffen, und es ist um so notwendiger zu bandeln, als «die wirtschaftliche Gesundung und ganz besonders die Wiederbelebung des internationalen Handels zur Sicherung des Friedens beitrügen». Nach Ansicht des australischen Delegierten «bilden die wirtschaftlichen Bedingungen den Ausgangspunkt der ganzen Erregung, die wir feststellen»; es ist sehr gefährlich «die Feststellungen wirtschaftlicher Natur zu vernachlässigen». Auch ihm scheint Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

33

486

es an der Zeit zu handeln. Die begonnene Arbeit muss wieder aufgenommen werden, wo sie unterbrochen worden war. Heute sind die Bedingungen günstiger als im Jahre 1933, in welchem die wirtschaftliche und finanzielle Konferenz gescheitert war.

Um diesen bereits allzu langen Überblick über diese Beratungen abzuschliessen, fügen wir noch bei, dass im Verlaufe der Aussprache die spanische Delegation zweimal das Wort ergriffen hat, um die Zustände in ihrem Lande darzulegen und um sich gegen die Haltung der Grossmächte zu wenden, die der gesetzmässigen Begierung in Madrid und der Eegierung der Aufständischen in Burgos dieselbe Behandlung widerfahren lassen.

T. Tätigkeit der Kommissionen J).

Wir werden die Prüfungskommission für die europäische Union nicht mehr wie in den früheren Berichten unter einer besondern Überschrift behandeln, da der Auftrag dieser Kommission sich von Jahr zu Jahr von selbst erneuert, ohne dass ernstlich davon die Bede wäre, diese Körperschaft, deren Tätigkeit von so kurzer Dauer war, wieder einzuberufen.

A. Rechtliche Fragen.

Um die Übersicht zu erleichtern, werden wir die von der ersten Kommission erörterten Fragen sowie die Frage der Abänderung des Völkerbundspaktes, die von der Versammlung einer besondern Kommission übertragen worden war, getrennt behandeln.

1. Die Tätigkeit der ersten Kommission.

Folgende Fragen standen an der von der Kommission genehmigten Tagesordnung : Bestellung des Bates, Wahlen am ständigen internationalen Gerichtshof, internationale Unterdrückung des Terrorismus, Bestellung des Bureaus der Versammlung, Staatsangehörigkeit der Frau, vorzeitige Zusammenkunft der Finanzkommission (vierte Kommission). Die Tagesordnung war ziemlich beladen; sie wurde in zehn Sitzungen zu Ende geführt.

a. Bestellung des Bates. -- In einer Besolution der Versammlung von 1933 war vereinbart worden, gegen Ende der Amtsdauer 1933--1936 «die Frage der Mitgliederzahl des Bates zum Gegenstand einer erneuten Erörterung zu machen 1 ) Die Schweiz vertreten : 1. Kommission Herr 2.

» » 3.

» » 4.

» » 5.

'i »

war in den Kommissionen der Versammlung folgendermassen

Gorgé Stucki Motta Rappard Kloti Gorgé 6.

» » Schneller Generalkommission Herr Motta

(Stellvertreter: ( » ( » ( » ( » ( » ( » ( »

Herr » » » » » » »

Schneller), Klöti), Gorgé), Gorgé), Stucki), Voirier), Rappard), Gorgé).

487 und allen Mitgliedern des Völkerbundes freizustellen, jede ihnen günstig erscheinende endgültige Lösung vorzuschlagen». Gemäss dieser Eesolution hatte der Eat am 26. September 1935 einen Ausschuss eingesetzt mit der Aufgabe, die Frage in ihrer Gesamtheit zu prüfen, um so mehr, als China geltend machte, dass der ferne Osten seit dem Austritt Japans im Rat nicht mehr vertreten v ar und dass diese Situation «hinsichtlich der tatsächlichen Belange des Völkerbundes, dessen Kraft und Binfluss auf der Universalität seiner Organisation beruhen muss, bedenklich sei». Nach einer Untersuchung, die sich auf mehrere Sitzungen erstreckte, empfahl der Ausschuss «eine vorläufige Lösung, die möglichst wenig sofortige Veränderungen im status quo zur Folge hat und für die Zukunft dem Eat und der Versammlung das Höchstmass an Freiheit einräumt». Er beantragte, die Zahl der nicht ständigen Sitze im Eate von neun auf elf zu erhöhen, wobei die beiden neuen Sitze so verteilt würden, dass der eine «einer Anzahl europäischer Staaten, welche keiner Gruppe angehören», «der andere Asien» zufällt. Die Mehrheit des Ausschusses verlangte, diese beiden Sitze sollten für drei Jahre geschaffen werden.

Die erste Kommission hatte nun zu den Schlussfolgerungen des Ausschusses Stellung zu nehmen. Mit Ausnahme der Delegation Norwegens, die sich einer Vermehrung der Mitgliederzahl des Eates widersetzte, erklärten sich alle Delegationen unter gewissen Vorbehalten mit den Vorschlägen der Sachverständigen einverstanden. Die von unserm Vertreter hierüber gemäss den Instruktionen des Bundesrates vorgebrachten Ausführungen könnten folgender massen kurz zusammengefasst werden: Der Bundesrat ist nicht und war nie zugunsten eines allzu zahlreichen Eates. Um eine gefährliche Verzettelung der Verantwortlichkeiten zu vermeiden, sollte der Eat eine möglichst beschränkte Körperschaft sein. Zweifellos besitzt er rechtlich dieselben Vorrechte wie die Versammlung, hat aber in Wirklichkeit nichtsdestoweniger eine andere Aufgabe, und aus diesem Grunde wäre es bedauerlich, ihn so sehr auszudehnen, dass aus ihm eine kleine Versammlung würde. Es ist dagegen unerlässlich, eine Lösung zu finden, welche sämtlichen Staaten, die es wünschen, abwechslungsweise Zugang in den Eat verschafft. Dieser muss zwangsläufig die Grossmächte in sich vereinigen, doch ist
es in Anbetracht der rechtlichen Gleichstellung der Staaten unzulässig, einige Staaten auf immer auszuschliessen.

Die Schweiz darf sich frei über diese Fragen aussprechen, hat sie sich doch noch nie, auch diesmal nicht, um einen Sitz im Eat beworben. Wenn man also im Eahmen eines beschränkten Eates, den sie vorzieht, eine Lösung finden kann, die den Ungleichheiten des gegenwärtigen Systems vorbeugt, würde sich die Schweiz zugunsten einer Vermehrung der Mitgliederzahl des Eates erklären.

Vor die Wahl zwischen einem Eat, der für die Länder, die nicht gewissen Gruppen angehören, keinen Platz hat, und einem zahlreicheren, jedoch auf demokratischerer Grundlage aufgebauten Eate gestellt, würde trotz allem ihr Vorzug letzterem gelten. Da der Bericht des Ausschusses offensichtlich von der Sorge getragen war, einige stossende Ungleichheiten aufzuheben, schloss sich die schweizerische Delegation seinen Schlussfolgerungen an.

488

Die Stimme des belgischen Delegierten klang etwas anders. Nach Ansicht seines Vertreters H. Eolin legen die kleinen Länder oder einige darunter zu grossen Wert darauf, einen Sitz im Eat zu haben. Ein Auftrag zur Teilnahme am Völkerbundsrat ist «eine sehr schwere Bürde», und wenn die kleinen Länder zwar «zweifellos nicht das Eecht haben, sich zu entziehen, wenn ihre Mitwirkung begehrt wird», so wäre es indessen verfehlt von ihnen, sich «um einen Sitz im Eate zu reissen». H. Holm macht kein Hehl daraus, dass seiner Ansicht nach «der Einfluss der Kleinen im selben Masse abgenommen hat, als ihre Vertretung im Eate zugenommen hat». Die Grossmächte arbeiten unter sich hinter geschlossenen Türen, um weniger gestört zu werden. Dem belgischen Delegierten erscheint als das Wichtigste, dass jeder an einer besondern vom Eat behandelten Frage beteiligte Staat berechtigt sei, in demselben Platz zu nehmen. Die Lösung ist «in einer weitherzigen und freigiebigen Anwendung des Artikels 5 des Paktes des Völkerbundsvertrages zu suchen».

Nach einem Meinungsaustausch, an dem sich zahlreiche Delegationen beteiligten, schloss sich die Kommission den Schlussfolgerungen des Sonderausschusses an, indem sie die Eesolution genehmigte, deren Wortlaut im Anhang wiedergegeben ist1).

b. Wahlen im ständigen internationalen Gerichtshof. -- Es handelt sich einerseits um das für die Besetzung dreier durch den Tod H. Schückings und der Demission der HH. F. B. Kellogg und M. Wang-Hui anzuwendende Verfahren, und andererseits um die Teilnahme an den Wahlen von Staaten, die nicht Völkerbundsmitglieder, aber der Satzung des Gerichtshofes beigetreten sind (Brasilien, Deutschland und Japan). Der Eat hatte gemäss einem Bericht eines Juristenausschusses vorgeschlagen, zwei Wahlen vorzunehmen: einerseits Listenwahlen für die beiden durch den Tod H. Schückings und die Demission H. Kelloggs frei gewordenen Sitze, andererseits eine solche für den durch die Demission des H. Wang-Hui frei gewordenen Sitz. Die Trennung der beiden Wahlen rechtfertigte sich dadurch, dass die beiden ersten Sitze vor dem dritten frei geworden waren. Was die Teilnahme der Nichtmitgliederstaaten an den Wahlen angeht, schlug der Eat der Versammlung vor: 1. zu beschliessen, «dass, wenn ein Staat, der nicht Mitglied des Völkerbunds ist, aber dem Statut des Hofes angehört,
dem Generalsekretär seinen Wunsch mitteilt, an den Wahlen der Mitglieder des Gerichtshofes teilzunehmen, so wird dieser Staat von Eechts wegen zur Teilnahme an der Abstimmung in der Versammlung zugelassen»; 2. «vorläufig und ohne grundsätzlich Stellung zu nehmen», zu beschliessen, «dass Deutschland, Brasilien und Japan anlässlich jeder vor dem 1. Januar 1940 stattfindenden Wahl der Mitglieder des Gerichtshofes als Staaten, die nicht Mitglieder des Völkerbunds sind, jedoch dem Statut des Hofes angehören, !) Siehe S. 532.

489 zur Abstimmung im Eate zuzulassen, wenn sie ein solches Begehren dem Völkerbund mitteilen».

Einige Delegierte, vornehmlich der Delegierte Griechenlands, schlugen eine Listenwahl für die drei Sitze vor, um jede Verwicklung zu vermeiden.

ITTI Anschluss an mehrere Interventionen zugunsten der Empfehlungen des Eates gab schliesslich die Kommission den beiden getrennten Wahlen den Vorzug. Wie der Präsident bemerkt hatte, waren zuerst für die beiden ersten freien Sitze Bewerber gestellt und andere Bewerber für den dritten Sitz vorgeschlagen worden; es schien unzweckmässig, im letzten Moment die beiden Bewerberlisten zu vereinigen.

Die Teilnahme der Nichtmitgliedstaaten gab zu einigen Schwierigkeiten Anlass. Die Delegationen machten geltend, es entspräche nicht der Billigkeit, eine bevorzugte Lage zugunsten der Nichtmitgliedstaaten zu schaffen, vor allem, diese von Eechts wegen zum Bat und zur Versammlung zuzulassen.

Nach Ansicht der norwegischen Delegation sollte das Hecht, im Eate zu stimmen, nur auf Grund eines durch die Versammlung mit zwei Drittel Mehrheit gefassten Beschlusses zuerkannt werden. Die belgische Delegation glaubt nicht, dieses Eecht zulassen zu können. Andere Delegierte unterstützten den Antrag des Eates. Dasselbe tat unser Vertreter. Er erklärte, die Frage sei nicht mehr ganz ungelöst, da bereits ein ausdrücklicher Antrag des Eates vorliegt. Diesen Antrag wieder in Frage stellen, hiesse einen Beschluss fassen, der von den drei beteiligten Staaten sehr verschieden aufgenommen werden könnte. Die Schweiz aber hänge allzu sehr am Grundsatz der Universalität, um nicht alles zu unterstützen, was diesem zum Sieg verhelfen kann. Die vom Eat in Aussicht genommene Lösung ist vielleicht nicht die beste, aber es ist eine Zweckmässigkeitslösung, und wenn man diese verwirft, so besteht die Gefahr, dass man die Bückkehr der drei besagten Staaten in den Völkerbund erschwert.

Die Mehrheit der. Kommission vertrat denselben Standpunkt und genehmigte die Eesolutiou, die im Anhang dieses Berichtes wiedergegeben ist1).

c. Internationale Unterdrückung des Terrorismus, Wie man weiss, hat der Bat nach den tragischen Ereignissen von Marseille, die S. M. dem König von Jugoslawien und Herrn Barthou, dem französischen Minister des Auswärtigen, das Leben kosteten, beschlossen, einen Ausschuss einzusetzen
mit der Aufgabe, einen Vorentwurf zu einem internationalen Abkommen «zur Unterdrückung der im Hinblick auf politische Terrorakte geschürten Umtriebe und begangenen Morde» auszuarbeiten 2).

Der Ausschuss, in dem die Schweiz durch Herrn Professor Delaquis vertreten war, hatte zwei Abkommensentwürfe ausgearbeitet, den einen zur Verhütung und Unterdrückung des Terrorismus, den andern zur Schaffung eines internationalen Strafgerichtshofes. Diese beiden Entwürfe waren den Ee!) Siehe S. 533.

2 ) Siehe Geschäftsbericht von 1934, S. 96.

490

gierungen zur Prüfung vorgelegt worden, und zahlreiche Antworten waren dem Sekretariat des Völkerbunds zugekommen.

Die erste Kommission hatte sich darüber auszusprechen, ob es zweckmässig sei, diese beiden Entwürfe einer diplomatischen Konferenz vorzulegen. Über diese Frage fand eine lange Aussprache statt, und es kamen bald Meinungsverschiedenheiten zum Ausdruck. Mehrere Delegationen bestritten die Zweckmässigkeit dieses Vorgehens, während andere im Gegenteil die Dringlichkeit eines internationalen Abkommens auf diesem Gebiet unterstrichen. Die belgische Delegation erklärte u. a., es erscheine ihr nicht als zweckmässig, «vor allem in der gegenwärtigen Lage Europas, wo die traditionellen Institutionen so sehr durch Gewaltakte erschüttert worden sind, die zum grossen Teil mit Erfolg gekrönt waren und heute anerkannten Eegierungen zur Macht verholfen haben», ein Abkommen über Terrorakte abzuschliessen, es sei denn, sagte sie, dass denselben «eine Ausnahmebestimmung, wonach diese Terrorakte wohlverstanden nur dann verfolgt würden, wenn sie versagt hätten», beigefügt wurde. Die norwegische, dänische und schwedische Delegation teilten diese Ansicht. Norwegen lud zur Einsicht ein, und Schweden, in dessen Namen Herr Unden sprach, war der Meinung, man müsse «sich davor hüten, Gesetze zu genehmigen, die eine übermässige Einschränkung des Asylrechts, welches jedes Land mit freien politischen Grundsätzen sich eine Ehre macht, den politischen Flüchtlingen zu gewähren, zur Polge hat». Die Eegierung der Niederlande ist ihrerseits bereit, «den Terrorismus vom internationalen Standpunkte aus zu bekämpfen», doch denkt sie, der Abkornmensentwurf «sollte wesentlich abgeändert werden».

Unser Vertreter. Herr Gorgé, bezweifelt die Nützlichkeit einer Prüfung dieser Frage nicht, fragt sich aber, ob der Ausschuss in genügender Weise die Zahl der Möglichkeiten überblickt hat, die sich zu einem befriedigenden Ergebnis darbieten. Die Erörterung einer Erage muss nicht notwendigerweise zum Abschluss eines internationalen Abkommens führen. Er macht kein Hehl daraus, dass man auch in der Schweiz von der Notwendigkeit eines Abkommens über den Terrorismus nicht überzeugt ist, um so weniger, als man sich fragen kann, ob der Terrorismus, von dem die Rede ist, wirklich eine soziale Plage darstellt. Die schweizerische Delegation
fürchte, dass die Ausarbeitung eines neuen Abkommens auf diesem Gebiete denjenigen neue Argumente liefert, die dem Völkerbund vorwerfen, seine rechtlichen Eingriffe ohne unbedingte Notwendigkeit zu vermehren. Sie ist daher der Ansicht, dass es auf alle Fälle von Vorteil wäre, jede Entscheidung bis auf die nächste Versammlung zu vertagen.

Zum Schluss bemerkte Herr Gorgé, dass wir in der Schweiz unter allen Umständen zwei Grundsätzen treu bleiben: 1. Nichtauslieferung der Staatsangehörigen; 2. Nichtauslieferung für politische Vergehen. Er erinnerte schliesslich an unsere Auffassung des Asylrechtes, indem er kurz den Artikel 10 unseres Bundesgesetzes vom 22. Januar 1892 erläuterte.

Die Ansichten standen indessen fest. Zahlreiche Delegierte beharrten darauf, die Frage sei dringlich, und die Mehrheit der Kommission schloss sich

491 ihnen an, um so mehr, als Jugoslawien und Prankreich, welche terroristischen Umtrieben zum Opfer gefallen waren, auf das Abkommen besondern Wert legten. Herr Paul-Boncour (Frankreich) erklärte u. a., «es sei äusserst nützlich, unter den gegenwärtigen Umständen und in Anbetracht der Sitten, die sich in der Welt und besonders in Buropa eingebürgert haben, den Entschluss der Staaten stark zu unterstreichen, nicht nur die terroristischen Umtriebe zu unterdrücken, sondern auch die Staaten daran zu hindern, diese als Werkzeug nationaler Politik zu verwenden.» In einer Eesolution, deren Wortlaut im Anhang wiedergegeben ist, ersuchte die Kommission den Sachverständigenausschuss, die beiden Abkommensentwürfe im einzelnen zu überprüfen, so dass die in Aussicht genommene diplomatische Konferenz vom Bat im Jahre 1937 einberufen werden könne 1).

d. Bestellung des Bureaus der Versammlung. Wie in unserm letzten Bericht erwähnt 2), hatte diese Präge, die letztes Jahr erhoben worden war, von der Versammlung nicht gelöst werden können. Sie stellt sich also wieder vor der ersten Kommission mit den im Jahre 1935 vorgeschlagenen Abänderungen. Nach einer Darlegung des Generalsekretärs und einer ziemlich reichhaltigen Aussprache fasste die Kommission eine Anzahl Beschlüsse betreffend die Abänderung der Geschäftsordnung der Versammlung in folgenden Punkten: 1. die Kommission zur Prüfung der Vollmachten besteht aus neun von der Versammlung gewählten Mitgliedern; 2. das Bureau der Versammlung setzt sich aus dem Präsidenten, 8 Vizepräsidenten 3) sowie aus dem Präsidenten der allgemeinen Kommission, dem Präsidenten der Tagesordnungskommission und dem Präsidenten der Kommission zur Prüfung der Vollmachten zusammen; 3. die Tagesordnungskommission wird 7 von der Versammlung gewählte Mitglieder zählen; 4. die Versammlung bestellt zu Beginn jeder Tagung einen Ausschuss von elf Mitgliedern, «der damit betraut ist, Bewerber für jede Wahl zu solchen Posten vorzuschlagen, die einen Sitz im Bureau verschaffen» 4).

Letztere Neuerung, welche versuchsweise bis 1939 zur Anwendung gelangen wird, verdient hervorgehoben zu werden. Man ist davon ausgegangen, dass dank der von Norwegen vorgeschlagenen Einsetzung eines Bewerbungsausschusses die eher lästigen Mitbewerbungen verhütet werden könnten, die jedes Jahr für gewisse Sitze gestellt
werden. Die Zukunft wird zeigen, ob mit diesem neuen System den Nachteilen, die man vermeiden wollte, wird abgeholfen sein.

Einige Delegationen hätten gewünscht, die Grossmächte würden von Hechts wegen in das Bureau der Versammlung berufen. Ihre Ansicht ist nicht durchgedrungen. Unser Delegierter erklärte, die schweizerische Delegation !)

2 ) 8 ) «)

Siehe Kesolution S. 534.

Bundeabi. 1936, I, S. 45.

Bis anhin sechs.

Siehe Bçsolution S. 531,

492 messe der Frage keine übermässige Bedeutung zu und habe mit dem status quo vorlieb genommen, obwohl die gegenwärtige Eegelung nicht einwandfrei sei. Dieser Ansicht nach ist die Gegenwart aller Grossmächte im Bureau nicht unerlässlich, doch würde sich die Schweiz in Anbetracht des nunmehr eingebürgerten Gebrauches damit einverstanden erklären, dass sie von Eechts wegen in das Bureau berufen würden. Die schweizerische Delegation sah für ihren Teil die Zweckmässigkeit einer Art jährlicher Volksabstimmung über den Namen der Grossmächte nicht ein. Die Schweiz hängt den demokratischen Grundsätzen treu an, doch muss diese Treue vor dem wichtigen politischen Faktor, den die Grossmächte darstellen, zurücktreten. In den internationalen Beziehungen kann man die vorwiegende Eolle der Grossmächte nicht übergehen, sie kann auch in der Versammlung nicht übergangen werden.

Ebenfalls streitig war die Frage, ob die Bewerbungskommission zu Beginn oder am Schluss einer Versammlung bestellt werden Sollte. Mit andern Worten, sollte die Kommission einen bloss vorübergehenden Auftrag erhalten oder sollte sie für ein ganzes Jahr geschaffen werden? Es wäre bedauerlich gewesen -- und unser Vertreter hat nicht verfehlt, dies zu unterstreichen --, dass eine Kommission ein Jahr vor der Versammlung zur Vorbereitung der Bewerbungen bestellt würde. Sie könnte wenig erbaulichen Bittgesuchen ausgesetzt sein.

Das Übel, über das man sich beklagt, hätte sich noch verschlimmert. Die Mehrheit der Kommission teilte diese Ansicht. Die neue Kommission wird somit nur für einige Stunden, zu Beginn jeder Versammlung, in Tätigkeit treten.

e. Staatsangehörigkeit der Frau. Die Eegierung Chiles hatte im Namen der panamerikanischen Union die Initiative ergriffen, die Versammlung darum zu bitten, den Staaten, die das in Montevideo am 26. Dezember 1933 gezeichnete Abkommen über die Staatsangehörigkeit der Frau nicht unterzeichnet haben, zum Beitritt einzuladen. Diese Anregung widersprach der letztes Jahr von der Versammlung mühsam zustande gebrachten Eesolution 1). Sie wurde aber im letzten Augenblick zurückgezogen, denn der Delegierte Chiles hatte sich darauf beschränkt, eine Eesolution vorzuschlagen, welche «den Mitgliedern des Völkerbundes» bekanntgab, «dass das Abkommen von Montevideo dem Beitritt sämtlicher Staaten offen steht». Der Antrag
war allzu unbedeutend, um Gegenstand einer Aussprache zu werden. In der Tat brachte ihn niemand zur Sprache. Er wurde stillschweigend genehmigt a).

/. Vorzeitige Zusammenkunft der Finanzkommission (vierte Kommission).

Die Kommission genehmigte ohne Aussprache die Vorschrift, wonach die Finanzkommission gegebenenfalls acht Tage vor Eröffnung der Versammlung einberufen werden kann, für ein neues Jahr 3).

z

) Siehe ungern letzten Bericht, Bundesbl. 1936, I, S. 40 und 41.

) Siehe Resolution S. 534.

3 ) Siehe über diesen Punkt unsern letzten Bericht, Bundesbl. 1936,1, S. 38 und 39.

2

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2. Allgemeine Kommission.

Wie weiter oben hervorgehoben, hatten zahlreiche Eegierungen dem im Juli erfolgten Ersuchen der Versammlung entsprochen und ihren Standpunkt bekanntgegeben über das, was in Genf offiziell «die Inkraftsetzung der Grundsätze des Völkerbunds Vertrages» genannt wird. Eine auch nur gedrängte Erörterung der Eegierungsantworten wäre mit dem gebräuchlichen Eahmen dieses Berichtes kaum vereinbar. Es genügt daran zu erinnern, dass diese Antworten ausserordentlich voneinander abweichen. In gewissen Ländern hält man dafür, angesichts der erlittenen Niederlagen müssten die Bestimmungen des Völkerbundsvertrages noch verschärft werden, insbesondere Artikel 16 betreffend die Sanktionen; in andern würde mau im Gegenteil einen anspruchsloseren und dafür besser befolgten Völkerbundsvertrag vorziehen, um so mehr, sagte man, als die Entlastung gewisser Vorschriften wichtigen Staaten, deren Nichtmitwirkung als ein Mangel empfunden wird, den Weg oder die Bückkehr nach Genf erleichtern würde. Auch die Schweiz ist zugunsten eines bescheideneren Paktes, und als der Bundesrat seine Ansichten hierüber nach Genf mitteilte, gab er deutlich zu verstehen, dass die am Völkerbundsvertrag anzubringenden Abänderungen «den Staaten, die dem Völkerbund noch nicht oder nicht mehr angehören, den Eintritt oder die Bückkehr erleichtern» könnten.

Auch mit seiner Kritik an Artikel 16 hielt er nicht zurück; diese Bestimmung stellt seiner Ansicht nach kein ausreichendes Gleichgewicht her zwischen den Gefahren, denen die kleinen, und denjenigen, denen die grossen Länder ausgesetzt sind. Die Antwort des Bundesrates scheint uns einen derart grundsätzlichen Wert zu besitzen, dass uns dessen wörtliche Wiedergabe angebracht erscheint : «Bern, den 4. September 1936.

Herr Generalsekretär, Um dem Wunsche zu entsprechen, den die Versammlung am 4. Juli d. J.

gutgeheissen hat, haben wir die Ehre, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, dass die ersten Erklärungen, die über eine allfällige Reform des Völkerbundes in Genf abgegeben worden sind, unsere volle Aufmerksamkeit gefunden haben. Der Bundesrat hält dafür, dass eine Revision oder Umgestaltung des Völkerbundsvertrages auf Grund der gesammelten Erfahrungen geprüft werden müsste. Das ist um so notwendiger, als die gegenwärtigen Umstände sich wesentlich unterscheiden von jenen, unter
denen der Völkerbundsvertrag geschaffen worden ist. Der Abstand zwischen den Hoffnungen und der Wirklichkeit hat sich als beträchtlich erwiesen. Daher rührt zu einem guten Teil die Einbusse an Vertrauen, die der Völkerbund erleidet.

Es ist vorderhand nicht die Absicht der eidgenössischen Regierung, über diesen oder jenen Punkt, der ihr reformbedürftig erscheint, bestimmte Anträge vorzubringen, Sie wird alle Anregungen, die geeignet wären, das Ansehen des Völkerbundes zu stärken, mit Sorgfalt prüfen. Doch legt sie Wert darauf, als grundlegend zu erklären, dass die Reform selber vom Gesichtspunkt der Universalität aus in Betracht gezogen werde.

An das Sekretariat des Völkerbundes, GENF.

494 Trotz dem Eintritt mehrerer neuer Staaten sah sich der Völkerbund durch den Austritt früherer Mitglieder beeinträchtigt, und er hat nicht die Mitgliedschaft aller Staaten auf sich vereinigt, auf deren Mitwirkung er bei der Gründung gezählt hatte.

Die Universalität, die von Anfang an als eine wesentliche Voraussetzung seines Erfolgs gegolten hatte, scheint uns eines der Ziele der künftigen Neugestaltung sein zu müssen.

Die Änderungen, die zu treffen sind, solLen infolgedessen den Staaten, die dem Völkerbund noch nicht oder nicht mehr angehören, den Eintritt oder die Rückkehr erleichtern.

Dieses Ziel wäre für sich allein schon aller Anstrengungen wert und würde Änderungen rechtfertigen, die einigen als Opfer erscheinen mögen, die aber keine wirklichen Opfer wären. Was der Völkerbundsvertrag an juristischem Gehalt verlieren würde, gewönne er an moralischer Wirksamkeit. Solange übrigens mehrere grosse Länder dem Völkerbund fernbleiben, darf dieser kaum hoffen, auf wirtschaftlichem Gebiet die Aufgaben erfüllen zu können, die zu seinen wichtigsten gehören.

Auch darf nicht ausser acht gelassen werden, dass ein nicht universeller Völkerbund nicht nur weniger stark und weniger wirksam, sondern auch eine Einrichtung ist, die einen andern Sinn erhalten könnte. Aus einer universellen Gemeinschaft zur Entwicklung und Erhaltung des Völkerrechts, die er von Anfang an hätte sein sollen, könnte er sich leicht in eine Vereinigung von Staaten verwandeln, die durch die Macht der Verhältnisse der Gefahr ausgesetzt wären, in einen Antagonismus zu geraten zu den Staaten, die ihm nicht angehören.

Man gäbe sich einer Täuschung hin, wenn man annehmen wollte, dass der Völkerbund die zu geringe Zahl der Mitglieder durch die Zwangsmittel des Paktes kompensieren könnte. Die durch den Artikel 16 geschaffenen Sanktionen haben in vielen Ländern sehr begründeten Einwendungen gerufen. Sie sind in gewissen Fällen angewendet worden; in andern sind sie nicht angewendet worden, und es gibt offensichtlich Fälle, in denen sie niemals zur Anwendung gelangen könnten. Sie schaffen auch zu ausgesprochene Ungleichheiten. Sind zwar die allseits übernommenen Pf lichten theoretisch dieselben, so sind sie doch in ihren Wirkungen sehr verschieden, je nachdem es sich um eine Grossmacht oder um einen Staat mit beschränkteren Mitteln handelt.
Der Gedanke drängt sich, wie uns dünkt, auf, zwischen den Risiken der einen und denjenigen der andern einen gerechteren Ausgleich zu schaffen. Für ein kleines Land ist die Anwendung des Artikels 16 unter Umständen eine Frage von Sein oder Nichtsein.

Eine Umgestaltung dieses Artikels sollte deshalb in Erwägung gezogen werden; die Untersuchungen der internationalen Blockadekommission vom Jahre 1921 würden mit Nutzen wieder aufgenommen werden.

Der Völkerbundsvertrag sollte anderseits auch bezüglich der Kriegsverhütung verbessert werden. Das gilt namentlich für seine Methoden zur friedlichen Erledigung von Streitigkeiten, im besondern für diejenigen, die die Beilegung der politischen Konflikte bezwecken. Es werden, wie angekündigt worden ist, bestimmte Vorschläge eingereicht werden im Hinblick auf eine raschere und wirksamere Anwendung des Artikels 11, vielleicht auch der Artikel 12 und 15. Wir werden sie mit der grössten Bereitwilligkeit prüfen.

Sollte der Artikel 16, trotz der Kritik, die an ihm geübt wird, in der gegenwärtigen Fassung beibehalten oder sollten die Risiken, die er mit sich bringt, gar noch verschärft werden, so sähe sich die Schweiz veranlasst, erneut auf die ganz besondere läge hinzuweisen, in der sie sich befindet und die der Rat des Völkerbundes in der Londoner Erklärung vom 13. Februar 1920 als einzigartig gekennzeichnet hat. Der Bundesrat muss im übrigen bestätigen, dass die Schweiz keinesfalls zu Sanktionen verhalten sein könnte, die ihrem Wesen und ihren Wirkungen nach die Neutralität einer wirklichen Gefahr aussetzen würden. Diese immerwährende Neutralität beruht auf jahrhundertealter Überlieferung, und Europa hat schon vor mehr als hundert Jahren ihren hohen Wert verkündet.

Wir glauben, uns auf diese wenigen Betrachtungen beschränken zu können, und behalten uns vor, sie zu ergänzen oder neue vorzubringen, wenn die Haltung der andern Staaten besser bekannt sein wird. Es lag jedoch dem Bundesrat daran, die Richtung

495 zu bezeichnen, nach der sich seines Eraohtens die Reform orientieren sollte, um ein fruchtbares und dauerhaftes Werk zu schaffen. Als überzeugter Anhänger einer internationalen Zusammenarbeit im allgemeinen Rahmen des Völkerbundsvertrages lässt er sich ausschliesslich von der Sorge um die Erhaltung einer Einrichtung leiten, die im Interesse aller liegt und deren Verschwinden der Welt alle Hoffnung nähme, den Frieden unter den Nationen organisieren zu können.

Genehmigen Sie, Herr Generalsekretär, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Eidgenössisches Politisches Departement: (gez.) Motta.»

In den ersten Tagen der Versammlung war die Abänderungsfrage dem Bureau zur Prüfung überwiesen worden. Es handelte sich hauptsächlich darum, über das einzuschlagende Verfahren einen Beschluss zu fassen, denn man war sich im allgemeinen dessen bewusst, dass die gründliche Behandlung der Frage schon in der ersten Tagung soviel wie unmöglich sei. Weitere Antworten der Eegierungen treffen nämlich in Genf ein; andere Länder, wie Grossbritannien oder Kanada z. B., hatten es vorgezogen, ihre Wünsche am Rednerpult selbst im Saale des allgemeinen Eates darzulegen. Um diese Antworten im einzelnen zu prüfen, war eine gewisse Zeit und sogar ein gewisser Eückblick erforderlich. Fragen, die das Leben und die Entwicklung einer solchen Weltorganisation betreffen, können nicht in Eile und Hast gelöst werden. Überdies mussten voraussichtlich noch die Eegierungen befragt werden, da nicht alle Antworten bekannt waren und jede unter ihnen die Eegelung gewisser politischer Probleme unter einem neuen Gesichtspunkt, der erörtert zu werden verdiente, ins Auge fassen konnte. Andererseits verlangte man, der Abänderung im engen Sinn sollte die Erörterung der Frage beigefügt werden, wie der Pakt mit anderen, ebenfalls universell gedachten Abkommen, wie dem Kellogg- oder dem Saavedra-Lamas-Pakt, in Einklang zu bringen sei1). Eine gründliche Aussprache über diese äusserst verwickelte und heikle Angelegenheit hätte unvermeidlich die Arbeiten der Versammlung in die Länge gezogen, was nicht ohne ernste Nachteile gewesen wäre. Aus diesen verschiedenen Gründen beschloss die Versammlung auf Antrag des Bureaus die Vertagung der Frage; sie beschloss aber zugleich, eine ad hoc-Kommission (allgemeine Kommission genannt) mit der unverzüglichen Prüfung der Modalitäten der später vorzunehmenden Erörterung zu betrauen.

Die Kommission, die Herrn Bruce (Australien) zum Präsidenten ernannt hatte, erfüllte ihre Aufgabe in zwei Sitzungen. Zuerst hörte sie die Darlegungen des Delegierten Chiles, der den Eesolutionsentwurf, von dem er vorher der Versammlung Kenntnis gegeben hatte und der folgenden Inhalts war, befürwortete : «Um die Universalität zu erreichen, eine wesentliche Bedingung der Wirksamkeit und des Erfolgs des Völkerbunds, erachte es die Versammlung als notwendig, die Einstellung der Nichtmitgliedstaaten zu kennen, sei es^uf dem Wege *) Über die im Hinblick auf die' IneinHangsetzung des Paktes mit dem Kelloggpakt bereits erfolgten Erörterungen siehe unsere früheren Berichte.

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unmittelbarer Schritte, sei es durch die Einberufung einer diplomatischen Konferenz.» Der Delegierte Ungarns, der ebenfalls für den Grundsatz der Universalität eintrat, stützte sich darauf, um zu beantragen, dass der einzusetzende Ausschuss allen Staaten, «deren Mitwirkung notwendig ist», offenstehe. Die Kommission prüfte die Frage, welchem Organismus die Aufgabe überwiesen werden sollte, die Antworten der Eegierungen zu erörtern und daraufhin der Versammlung Vorschläge zu unterbreiten. Sollte man einen mehr oder weniger beschränkten Prüfungsausschuss errichten oder sollte man eher einen allgemeinen Ausschuss einsetzen, der sämtliche Mitgliedstaaten des Völkerbunds umfasste ? Der Vorsteher der schweizerischen Delegation sprach sich für seinen Teil zugunsten eines beschränkten Ausschusses aus, da dieser besser in der Lage zu sein scheint, nützliche Arbeit zu leisten, als eine aus mehr als 50 Mitgliedern bestehende Körperschaft. Herr Motta dachte an einen Ausschuss bestehend aus allen Batsmitgliedern und einer Anzahl anderer Völkerbundsmitglieder. Der Delegierte Südafrikas hingegen wollte nur einen ganz kleinen technischen Ausschuss, blieb aber allein dieser Ansicht. Der Vertreter Chiles, unterstützt von den Vertretern Irans und Haitis, bekämpfte den schweizerischen Vorschlag und machte geltend, er sei nicht imstande, die Wichtigkeit der zu prüfenden Frage mit der Bestellung eines beschränkten Ausschusses zu vereinbaren. Die grosse Mehrheit der Kommission schloss sich jedoch der Ansicht Herrn Mottas an (37 Stimmen gegen 7).

Was die Frage der Universalität anbetrifft, wurde im allgemeinen mit dem Delegierten Frankreichs anerkannt, dass diese Frage «unmöglich auf dem Umweg über das Verfahren behandelt werden könne». Es wäre übrigens voreilig gewesen, dieselbe in dieser Versammlung zu prüfen, da sie gerade in den Eahmen der mit der Umgestaltung des Völkerbundes zusammenhängenden Probleme gehört. Sie würde vom einzusetzenden Sachverständigenausschuss gleichzeitig mit andern Problemen behandelt werden. Die Ansicht wurde andererseits geäussert und im allgemeinen geteilt, die Nichtmitgliedstaaten sollten nicht zum Beitritt in den Ausschuss eingeladen werden. Diesen ständen andere Mittel zur Verfügung, wenn sie es wünschten, um ihre Ansicht betreffend die allfällige Umgestaltung des Völkerbundsvertrages
bekanntzugeben.

Auf Antrag des Präsidenten und gemäss den Anregungen Herrn Mottas beschloss schliesslich die Kommission, einen Ausschuss von 28 Mitgliedern zu bestellen, in welchem «die verschiedenen Tendenzen, welche zutage getreten sind», vertreten wären 1 ). Es stand fest, dass der Sonderausschuss «befugt sei, bei der Erörterung der Anträge jedes andere Völkerbundsmitglied, dessen An*) Der Ausschuss, der alle Mitgliederstaaten des Rates umfasst, setzt sich folgendennassen zusammen: Argentinien, Belgien. Bolivien, Bulgarien, Canada, Chile, China, Ekuador, Frankreich, Griechenland, Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Iran, Italien, Lettland, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Osterreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei, Türkei, Uruguay, U. S. S. R.

497 sieht wert erscheine, beigezogen zu werden, zur Teilnahme an seinen Beratungen einzuladen».

In einer dritten Sitzung offiziösen Charakters prüfte die allgemeine Kommission die Frage des Zeitpunktes, an welchem der Sachverständigenausschuss zusammentreten sollte. Die Ansichten gingen auseinander. Der sowjetrussiche Delegierte war für sofortigen Beginn der Arbeit. Unser Vertreter schlug als Datum den 15. Januar 1937 vor mit der Begründung, den Eegierungen müsse die erforderliche Zeit eingeräumt werden zur gründlichen Prüfung des Problems. Diese Ansicht fand im ' allgemeinen Anklang; um jedoch die beiden Eichtungen zu versöhnen, schlug die britische Delegation, unterstützt von der französischen, den 7. Dezember vor, welcher Zeitpunkt von der Kommission angenommen wurde.

B. Technische Fragen.

Diese Fragen fallen in die Tätigkeit der vier technischen Organisationen des Völkerbundes: Wirtschafts-'und Finanzorganisation, Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr, Hygieneorganisation und Organisation für geistige Zusammenarbeit. Wie in den frühern Jahren wurden sie von der zweiten Kommission behandelt, mit Ausnahme der Fragen über geistige Zusammenarbeit, welche wiederum der sechsten Kommission überwiesen wurden. Diesem Abschnitt gehören ebenfalls die Fragen der Bestellung der technischen Kommissionen des Völkerbundes, sowie die Ernährungsfrage an.

denen die Versammlung schon letztes Jahr ihre Aufmerksamkeit geschenkt hatte.

1. Wirtschafts- und Finanzorganisation.

a. Wirtschaftsfragen. Die Arbeiten der zweiten Kommission beschränkten sich nicht auf die im Laufe des verflossenen Amtsjahres erörterten Fragen; über dieselben lagen drei wichtige Schriftstücke vor: der Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Arbeiten seiner 44. Tagung (September 1986), der Bericht des Finanzausschusses über die Tätigkeit seiner 62. Tagung (September 1936), sowie eine Kote des Generalsekretärs über die wirtschaftliche Lage, welche dem Bericht über die vom Völkerbund geleistete Arbeit beigefügt war. Die Frage der Wahrungsangleichung, welche im Anschluss an die von verschiedenen Eegierungen vorgenommenen Abwertungsmassnahmen die brennende Tagesfrage darstellte, wurde rege besprochen, und da sie eher günstige Ausblicke auf die wirtschaftliche Zukunft eröffnete, waren diese Beratungen mehr als die andern von einer ausgesprochen zuversichtlichen Stimmung beherrscht.

In der vorerwähnten Note hob der Generalsekretär die Ansätze zur wirtschaftlichen Genesung hervor, die sich seit 1932 in der Industrie bemerkbar gemacht haben, unterstrich jedoch gleichzeitig die Wichtigkeit zweier Fragen, die, wie er sagte, sich nicht von selbst lösen lassen: diejenige des Gleichgewichts

498 der Preise und diejenige des freien Güteraustausches. In seinem Bericht erklärte der Wirtschaftsausschuss, es sei «zur Wiederbelebung des internationalen Güterverkehrs notwendig, die Kluft zu überbrücken, welche, mit Bezug auf den Preisstand, die meisten Länder mit -- reeller oder nomineller -- Goldwährung von der Mehrzahl der Länder mit abgewerteter "Währung trennt».

«Man darf nicht vergessen, fuhr er fort, indem er auf die Kontingentierungsund Devisenkontrollmassnahmen anspielte, dass eine ganze Eeihe einschränkender Eingriffe notwendig ist, wenn man trotz der entgegengesetzten internationalen Tendenzen eine überbewertete Währung oder einen allzu hohen Preisstand aufrechterhalten will. Die Erfahrung zeigt indessen, dass diese Massnahmen das Missverhältnis zwischen den Preisen verschärft, die Wirtschaft des Landes in zunehmender Weise schwächen und ihr den Anlauf zum Wiederaufstieg unmöglich machen.» Die Einberufung einer internationalen Konferenz erachtete er in den gegenwärtigen Verhältnissen als unzweckmässig, war aber der Ansicht, dass alle von den verschiedenen Ländern zur Wiederherstellung des freien Waren-, Kapital- und Menschenverkehrs gemachten Anstrengungen durch eine starke und entschlossene internationale Zusammenarbeit gefördert werden sollten. Der Pinanzausschuss billigte seinerseits die Schlussfolgerungen des Wirtschaftsausschusses.

Wie Herr Spinasse, der Delegierte Frankreichs und Berichterstatter der zweiten Kommission, hervorhob, konnte man den vom Wirtschafts- und vom Finanzausschuss vertretenen Ansichten nicht besser entsprechen, als dies die französisch-englisch-amerikanische Erklärung vom 26. September getan hatte, wo drei Eegierungen ihren gemeinsamen Wunsch versicherten, einesteils «im Mass des Möglichen zu verhüten, dass Störungen die neuen, sich aus der in Aussicht genommenen Anpassung ergebenden Währungsgrundlagen angreifen», und andererseits unverzüglich das Nötige zu veranlassen, «um die gegenwartigen Kontingentierungs- und Devisenkontrollmassnahmen allmählich, im Hinblick auf ihre völlige Aufhebung, abzuschwächen». In den darauffolgenden Tagen werteten ebenfalls die Schweiz, Holland, Lettland, die Tschechoslowakei und Italien ihre Währung ab, während Belgien, Griechenland und die Türkei in anderer Weise an der durch diese Erklärung in die Wege geleiteten Politik
ihren Beitrag leisteten.

Herr Morrison (Vereinigtes Königreich) einerseits, Herr Bastid (Frankreich) andererseits eröffneten dur^h wichtige Eeden die allgemeine Aussprache der zweiten Kommission. Der britische Delegierte erklärte zunächst, Grossbritannien werde alles aufbieten zur Wiederherstellung einer wirtschaftlichen Lage, in welcher, nach dem Ausspruch des Wirtschaftsausschusses, von einem Land zum andern der Käufer kaufen kann, was er will, der Schuldner zahlen, was er schuldet, und der Eeisende sich begeben kann, wohin er will, ohne auf Hindernisse zu stossen, die von den Eegierungen aufgestellt werden. Sein Land, führte er aus, habe viel guten Willen gezeigt, trotz der für seine Ausfuhr aus den Währungsabwertungen der Goldblockländer sich ergebenden Konkurrenzerhöhung und trotz der Eepressalien, zu denen verschiedene Länder

499 vor fünf Jahren, als das Pfund abgewertet wurde, ohne Bedenken gegriffen hatten. Er machte jedoch kein Hehl daraus, dass seine Eegierung dem Druck der Befürworter des Protektionismus nur unter der Bedingung werde widerstehen können, dass die Länder, deren Währung neulich abgewertet wurde, sich ihrerseits dazu entschliessen, die unmittelbaren oder mittelbaren Einfuhrbeschränkungen abzuschwächen. Die Durchschnittsziffer der englischen Einfuhr beträgt in der Tat 15 Pfund Sterling für jeden Einwohner, d. h. 2% mal diejenige Frankreichs, dreimal diejenige Deutschlands und beinahe fünfmal diejenige der Vereinigten Staaten, und die Handelsbilanz des Vereinigten Königreichs weist seit mehreren Jahren einen wachsenden Fehlbetrag auf. Er sprach den Wunsch aus, zahlreiche Länder möchten nach dem Beispiel der französischen, schweizerischen und holländischen Eegierung ihre Zollschranken herabsetzen und den grossen britischen Einfuhrmarkt nicht auf unvernünftige Weise ausnützen. Seines Erachtens sollte die wirksame, allgemeine wirtschaftliche Abrüstung auf dem Wege der zweiseitigen Verhandlungen im Eahmen der Meistbegünstigungsklausel angestrebt werden. Herr Morrison ging dann auf die Gründe über, welche nach seinem Dafürhalten den gegenwärtigen Moment zur Einsetzung einer Kommission günstig erscheinen lassen, die mit einer Untersuchung über die Frage des gleichen Zugangs für alle Nationen zu gewissen Eohstoffen betraut würde.

Herr Bastid hob in seiner Eede vor allem die günstigen Folgen hervor, die von der Abwertung erwartet werden dürfen; er unterstrich den wichtigen Schritt, den Frankreich soeben getan, indem es nahezu einen Viertel seiner Kontingente aufgehoben, die Zölle auf nichtkontingentierte Waren um 15--20% und die Bewilligungsgebühren auf kontingentierte Waren um 20 % herabgesetzt hat. Er schätzte sich glücklich, dass die Schweiz Frankreich auf seinem neuen Wege gefolgt sei und erwähnte die Handelsverhandlungen und den neuen Zolltarif ohne Kontingente, welche von der französischen Eegierung in Aussicht genommen werden, um das Kapital und die Waren von den Fesseln zu befreien, die ihren internationalen Verkehr hemmen. Man muss jedoch, fügte er hinzu, um jeden Preis vermeiden, dass die Eückkehr zur Währungsfreiheit die Möglichkeiten zur Steuerflucht vermehre, die dem Kapital geboten sind. Er sprach
sein Bedauern darüber aus, dass die im Jahre 1929 unter dem Schutze des Völkerbundes ausgearbeiteten Musterabkommen unberücksichtigt geblieben sind, und beantragte die erneute Prüfung dieser Frage.

Die meisten übrigen Delegierten schlössen sich den zuversichtlichen Erklärungen der beiden ersten Redner an. Herr van Lenschot (Holland) gab jedoch gewissen Zweifeln Ausdruck und bemerkte, die wirtschaftliche Stabilisation könne nur das Ergebnis langwieriger Anstrengungen sein. Auf jeden Fall erschien ihm die Einberufung einer internationalen Konferenz für den Augenblick ausgeschlossen. Die holländische Eegierung, sagte er, beschränkt nur 80 % ihrer Einfuhr; sie ist davon überzeugt, dass die Wiederherstellung der internationalen Goldwährung den internationalen Handel wieder beleben wird, und erklärt sich bereit, an der Abschaffung der Hindernisse, die ihm im

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Wege stehen, beizutragen; «die Zuneigung zum freien Güteraustausch», bemerkte er indessen, «kann kaum ein einseitiges Gefühl bleiben». Der Delegierte Polens, ein Land, dessen Einfuhr über die Hälfte aus Eohstoffen besteht, befürwortete vorbehaltlos die bezüglich derselben von der französischen Delegation beantragte Eesolution. Er hob ferner die Wichtigkeit der Frage der freien Auswanderung hervor und wies auf die dichte Landbevölkerung Polens hin, welche diejenige Dänemarks, ein ausgesprochenes Bauernland, Frankreichs und Deutschlands um mehr als das Doppelte übersteigt. Herr Euiz-Guinazu (Argentinien) unterstützte die Erklärung des polnischen Delegierten und erinnerte daran, Argentinien stehe der ganzen Welt offen, unter der Bedingung, dass die Einwanderung gewissen wesentlichen Voraussetzungen entspreche.

Er schätzte sich glücklich, dass der internationalen Arbeitskonferenz in ihrer nächsten Tagung ein gründlicher Bericht über die Aus- und Einwanderung der Arbeiter einerseits und über die ständigen sogenannten Ansiedlungsmigrationen vorgelegt wird.

Der schwedische Delegierte bezeichnete den Sterlingblock als festen Stützpunkt mitten in den unruhigen Wahrungszuständen der verflossenen Jahre und erinnerte daran, dass Schweden seit langem den allgemeinen Beitritt aller Länder zum Sterlingblock als das wirksamste Mittel zur Befestigung der Währungen und zur Abschaffung der Kontingente und der Devisenkontrolle betrachtet. Herr Antonesco (Eumänien), nachdem er das erste Beispiel eines internationalen Währungsübereinkommens seit dem Krieg, das «fünf der grössten Währungsmächte der Welt» jüngst gegeben, begrüsst hatte, legte dar -- ein Gedanke, der vom tschechoslowakischen Delegierten aufgegriffen wurde ·--, dass die Bückkehr zu einem natürlichen Zustand der Handels- und Währungsfreiheit ganz besondere Schwierigkeiten für diejenigen Länder zur Folge habe, in denen die Warenausfuhr den wichtigsten, wenn nicht den einzigen Posten der Zahlungsbilanz bildet. Er hob anderseits den Umstand hervor, vier Fünftel der Goldreserven der Notenbanken der Welt befänden sich in den Ländern, die der Erklärung vorn 26. September beigetreten sind. Bei einer Abwertung stellt die Neuschätzung der besagten Eeserven für diese Länder einen Gewinn dar, der die Bildung eines Währungsausgleichsfonds ermöglicht. Da dieser Gewinn
den Ländern ohne Gold abgeht, würde es sich empfehlen, fuhr er fort, denselben im Fall einer Abwertung die Bildung eines solchen Fonds vermittels internationaler Vorschüsse zu erleichtern. Der Vertreter Haitis machte seinerseits geltend, dass die Goldarmut manchen Ländern den einfachen Übergang vom Clearingsystem zur völligen Tauschfreiheit mit den klassischen Zahlungsmitteln verunmögliche, und empfahl als Übergangsmassnahme die Organisation der mehrseitigen Verrechnung mit Hilfe des Verrechnungsschecks, die im Bericht des Wirtschaftsausschusses im Anschluss an eine frühere Eesolution der Versammlung angeregt war. Diese Neuerung sollte, so scheint es, dazu führen, «die unerlässlichen Garantien der Wechselseitigkeit und des Gleichgewichts zwischen den Nationen zu stärken und zugleich ihren Tauschbeziehungen eine grosse Freiheit verleihen und zur Wiederherstellung der mehrseitigen, von selbst

501 sich vollziehenden Verrechnungen der normalen Verhältnisse führen». Indessen wurde der Resolutionsentwurf, den er hierüber vorlegte und der vom Delegierten Kolumbiens befürwortet und vornehmlich vom schweizerischen Delegierten bekämpft wurde, nicht angenommen. In Anbetracht des Unistandes, dass jedes Clearing zugleich mit den Verhältnissen, in denen es entstanden ist, verschwinden muss, betrachtete in der Tat die Kommission die Anwendung dieser zwar scharfsinnigen Vorkehren als gegenwärtig wenig empfehlenswert. Der Kommissionsbericht beschränkt sich darauf, die von der 16. Versammlung genehmigte Eesolution über den Kompensationscheck in Erinnerung zu rufen.

Herr Langenhove (Belgien), nachdem er die britische Eesolution betreffend die Eohstoffe befürwortet und den Erfolg der belgischen Abwertung erwähnt hatte, versicherte, seine Eegierung werde ihre Politik der Befestigung des belgischen Frankens verfolgen, und sprach die Hoffnung aus, die in zahlreichen Staaten errichteten Einfuhrbeschränkungen möchten abgeschafft werden.

Herr Bruce (Australien) befürwortete die Schaffung einer Kommission zur Zentralisierung der zahlreichen Probleme, die zu lösen sind. Der Delegierte der U. S. S. E. erklärte seinerseits, die sowjetistische Eegierung strebe, trotz dem gewaltigen^ Unterschied zwischen der Wirtschaft anderer Länder und derjenigen Eusslands, das ohne Ausfuhr und Einfuhr auskommen könnte und eine «geschlossene» Währung besitzt, nicht zur Autarkie und wünsche, ihre Beziehungen mit allen Landern, deren Waren für sie von Interesse sein können, auszubauen.

In einer sehr beachteten Eede legte unser Delegierter, Herr Stucki, die Gründe der schweizerischen Wirtschaftspolitik dar. Es ist natürlich, sagte er, dass ein so kleines Land, das keine Eohstoffe hat (mit Ausnahme der Wasserkraft) und das gegen das Ausland auf Schweizerfranken lautende Forderungen im Betrage von mehreren Milliarden besitzt, lange Zeit hindurch die Abwertung seiner Währung vermieden hat. Diese Massnahme konnte sich in der Schweiz weder durch rein finanzielle Erwägungen, wie in Grossbritannien, noch durch den Wunsch, die Preise im Inland zu erhöhen, wie in den Vereinigten Staaten, rechtfertigen. Wenn schliesslich die Abwertung trotz der « Währungswürde » und der technisch einwandfreien Festigkeit des Schweizerfrankens doch erfolgte,
so geschah dies vor allem mit Bücksicht auf die grosse internationale Kundgebung gegen den Währungskrieg und zugunsten der internationalen Zusammenarbeit, die kurz vorher stattgefunden hatte. Dazu kommt, wie Herr Christiani, der Delegierte Dänemarks, trefflich bemerkt hatte, dass eine massive Abbaupolitili in einer Demokratie unmöglich ist. Der schweizerische Eeiseverkehr und die Ausfuhr benötigten immer unerträglicher werdende Subventionen; endlich, erklärte Herr Stucki im Hinblick auf die Ausführungen des britischen Delegierten, war im Jahre 1935, in welchem die Einfuhrbeschränkungen das Höchstmass erreichten, der Fehlbetrag der Handelsbilanz im Verhältnis zur Einwohnerzahl in der Schweiz der beträchtlichste der Welt, und die durchschnittliche Einfuhr jedes Einwohners betrug nicht 15, sondern 20 Pfund Sterling. Wie in Frankreich und Italien war die schweizerische Abwertung von Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

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selbständig getroffenen Massnahmen zur Herabsetzung der Zolltarife und zur Anpassung der Kontingente begleitet. Letztere -waren auf Grund der Einfuhr von 1931 festgesetzt worden, und da in der Schweiz von 1933 bis 1936 die Kaufkraft um ungefähr 50 % gesunken war, mussten die Bundesbehörden die Erschöpfung der besagten Kontingente verbieten, unter Beobachtung starrer Anwendungsvorschriften; andernfalls wäre die Einfuhr für die schweizerische Wirtschaft erdrückend geworden. Die Abwertung hatte nun u. a. zur Folge, die Durchführung nachgiebigerer Massregeln zu ermöglichen, wonach die Erschöpfung der Kontingente zulässig war, um die Lebensverteuerung zu bekämpfen. Doch dürfe man von der schweizerischen Eegierung nicht verlangen, dass sie noch weitergehe und mit Bezug auf die Kontingente dieselben allgemeinen Erleichterungen gewähre wie mit Bezug auf die Zolltarife. Solche Erleichterungen, fuhr unser Delegierter fort, können nur solchen Ländern gegenüber zugestanden werden, die ihre Schulden an die Schweiz bezahlen und ihren Staatsangehörigen erlauben, zu bezahlen, was sie bei uns kauten, und ihre Ferien innerhalb unserer Grenzen zu verbringen. Herr Stucki bemerkte schliesslich, dass das grosse Hindernis, das noch zu überwinden bleibt, von den Ländern herrührt, die weder das erforderliche Gold noch die Devisen besitzen, um zu bezahlen, was sie geborgt oder gekauft haben, und beantragte, das Werk der wirtschaftlichen Abrüstung nicht durch eine grosse internationale Konferenz, sondern durch mehrere kleinere Konferenzen fortzuführen.

Nachdem noch andere Delegierte zu Worte gekommen, genehmigte die Kommission vier Eesolutionen, die im Anhang wiedergegeben sind 1). Der von Herrn Spinasse, dem französischen Minister der nationalen Wirtschaft, vorgelegte Kommissionsbericht enthielt eine Einleitung, worin die günstigen Auswirkungen zusammengefasst waren, die im Anschluss an die Initiative vom 26. September zu erwarten sind, und mit folgenden Worten schloss: «Ein neuer Weg öffnet sich dem Denken und Handeln der Menschen. Sache der Eegierungen ist es, ihn mit jener Kühnheit zu beschreiten, die in schwierigen Stunden der wahre Ausdruck der Weisheit ist.» b. Finanzielle Fragen. Wie in den verflossenen Jahren führte der Finanzausschuss seine wichtigste Aufgabe fort, welche darin besteht, die Entwicklung der
finanziellen und wirtschaftlichen Lage in Österreich, Bulgarien und Ungarn, sowie in andern Ländern, die unter dem Schutz des Völkerbundes Anleihen aufgenommen haben, zu verfolgen und gegebenenfalls den Eegierungen dieser Länder technische Eatschläge zu erteilen.

In Österreich wies der Ausschuss auf eine besonders merkliche Aufbesserung hin, nicht ohne daran zu erinnern, dass jeder neue Fortschritt von der Aufrechterhaltung des Budgetgleichgewichts abhängt. Der eine Zeitlang «eingefrorene» Teil der kurzfristigen Schuld ist liquidiert worden, und der öffentliche Schuldendienst ist immer pünktlich erfolgt. Das Schatzamt konnte stets auf dem Inlandsmarkt die Mittel, die es benötigte, vorfinden.

*) Siehe S. 536 ff.

503 Der Vertreter des Völkerbundes in Österreich andererseits hatte ein Schreiben an den Völkerbundsrat gerichtet, worin er denselben ersuchte, seineu Rücktritt vom 1. Oktober 1936 ab anzunehmen und ferner erklärte, dass die Gesundung der österreichischen Finanzen seines Erachtens von nun an die Überwachung durch den Völkerbund überflüssig macht. Der österreichische Finanzminister hatte seinerseits ein Gesuch um Aufhebung des Amtes des Vertreters des Völkerbundes in Österreich und des Beraters bei der Nationalbank gestellt.

In seiner Sitzung vom 25. September beschloss der Eat, diesem Gesuche zu entsprechen, und bezeichnete, in Ausführung des Artikels 10 des Lausanner Protokolls, einen Beamten des Sekretariats mit der Aufgabe, den Kontakt zwischen der österreichischen Regierung und der Finanzorganisatiou des Völkerbundes aufrechtzuerhalten.

Was Ungarn anbetrifft, so hob der Ausschuss hervor, dass die sofortige Wiederherstellung des Budgetgleichgewichts trotz den Anzeichen einer Besserung noch nicht in Aussicht genommen werden könne. Auf dem Gebiete der Währung sind tatsächliche Fortschritte erzielt ·« orden. Gegen Ende des Jahres 1935 ist ein System zur Vereinheitlichimg der Ausfuhrprämien und der zusätzlichen Einfuhrgebühren auf dem Wechselmarkt in Kraft gesetzt worden.

In Bulgarien sind verschiedene Neuerungen eingeführt worden, doch bleibt die Lage der öffentlichen Finanzen sehr heikel, und der Ausschuss sah sich veranlasst, den Rat um eine erneute Erhöhung des Ausgabebetrages der Tresorscheine zu ersuchen und den Aufschub der Amortisation der Tresorscheine von 1935 bis Ende 1936 zu gewährleisten.

Der Ausschuss hat festgestellt, dass die wirtschaftliche und finanzielle Lage in E s t l a n d , welches im Jahre 1927 unter dem Schutz des Volkerbundes eine Anleihe aufgenommen hatte, im Laufe der letzten zwei Jahre sehr befriedigend war.

Die zweite Kommission hat die finanziellen Fragen nicht besonders zur Aussprache gebracht.

2. Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr.

Diese Organisation hat ihre vielseitige Tätigkeit fortgesetzt und Fragen vornehmlich juristischer Natur, wie auch andere wirtschaftlichen Charakters und schliesslich eigentlich technische Fragen erörtert.

a. Der beratenden und technischen Kommission für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr war in
ihrer Eigenschaft als Aussöhnungsorgan ein Streitfall unterbreitet worden, der in der internationalen Donaukommission hinsichtlich der deutschen Vertretung in dieser Körperschaft entstanden war; in ihrer 19. Tagung (November 1935) gab sie ein Gutachten ab. Die Organisation hat andererseits einige Fragen geprüft, welche die Neugestaltung der auf dem Gebiete der ehemaligen österreichisch-imgarischen Monarchie befindlichen Eisenbahnen betreffen.

504 b. Der Berichterstatter der zweiten Kommission rief die Aufmerksamkeit auf das Hauptproblem des Verkehrswesens : die Koordination von Schiene und Strasse, welche Gegenstand eines den Eegierungen vom Sekretariat vorgelegten Fragebogens ist. Nach Ansicht verschiedener Delegierter scheint es, dass einige Bisenbahnen im Kampf gegen das Automobil und besonders gegen den Lastwagen geheime und nicht allen Nutzniessern zu gleichen Bedingungen zugängliche Tarifermässigungen gewähren. Da andererseits die Auflockerung der allzu straffen Bestimmungen der Artikel 9 und 10 des internationalen Abkommens betreffend den Eisenbahnfrachtverkehr vom 23. Oktober 1924 an der Kömer Konferenz von 1933 nicht unternommen worden war, betraute die zweite Kommission die Organisation für das Verkehrswesen und den Durchgangsverkehr mit der Prüfung dieser Frage, damit anlässlich der Eevision des Abkommens eine billige Lösung beantragt werden könnte.

Hinsichtlich der Frage der nationalen öffentlichen Arbeiten wurde der im Jahre 1935 gesammelte Stoff in einem Sachverständigenbericht, der den Eegierungen zugestellt wurde, vereinigt.

c. Was die eigentlich technischen Fragen anbelangt, wäre die vom ständigen Ausschuss für den Eisenbahnverkehr verfasste Arbeit über die rechtliche und administrative Eegelung der Grenzabschnitte der Eisenbahnlinien und der Verbindungsbahnhöfe zu erwähnen. Der ständige Ausschuss für den Strassenverkehr hatte andererseits die Genehmigung durch die Beratungskommission und die Mitteilung an die Eegierung verschiedener neuer Anträge veranlasst, welche vornehmlich die Leuchtsignale betreffen. Ein Sonderausschuss hat einen Aufsatz über die Vereinheitlichung der Strassenunfallstatistik veröffentlicht, welcher dem internationalen Eömer Institut zur Vereinheitlichung des Privatrechts den Anlass bot. sich mit der Frage der zivilrechtlichen Haftung der Automobilfahrer zu befassen. Die Regierungen sind ferner befragt worden, ob sie zur Teilnahme an einer internationalen Konferenz zur Vereinheitlichung der Bahnübergangssignale bereit wären. Auf dem Gebiete der Luftschiffahrt sind von den Eegierungen günstig lautende Antworten betreffend einen Abkommensentwurf über die Zollfreiheit für die im Luftverkehr verwendeten Brennstoffe eingegangen. Die zweite Kommission hat endlich den jährlichen Bericht über den Betrieb
der radioelektrischen Stationen für das Amtsjahr 1935 zur Kenntnis genommen.

Im Anhang sind die über die Tätigkeit der Organisation für das Verkehrswesen und den Durchgangsverkehr genehmigten Eesolutionen wiedergegeben x).

3. Hygieneorganisation.

Die Organisation hat ihre sogenannte dauernde Tätigkeit (epidemiologische Auskünfte, biologische Standardisation, Bureau von Singapore) fortgesetzt und sich besonders mit den neuen Heilmitteln gegen das Sumpffieber, mit der i) Siehe S. 536.

505 Behandlung der Syphilis, mit der Ernährungsfrage 1), mit der Wohnungsfrage und der Hygiene auf dem Land befasst.

Dank dem seit der letzten Versammlung über die Wohnungsprobleme gesammelten Stoff konnten den Eegierungen Arbeiten über die modernen Gesundheitsgrundsätze auf dem Gebiete der Gebäudehygiene, der Städtebautechnik und der Landbebauung zur Verfügung gestellt werden. In mehreren Ländern sind nationale Kommissionen eingesetzt worden, und die Delegierten Schwedens, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs veranlassten die Genehmigung eines Antrages betreffend die Zusammenarbeit zwischen der Hygieneorganisation, der Organisation für das Verkehrswesen und den Durchgangsverkehr und dem internationalen Arbeitsamt.

Hinsichtlich der internationalen Ausstellung des Landhauses, welche letztes Jahr in Aussicht genommen worden war, nahm die Kommission das Anerbieten der französischen Eegierung an, dieselbe im Eahmen der «Exposition Universelle» aufzunehmen, die sie in Paris im Jahre 1937 organisiert. Dem Beispiel der östlichen Länder folgend, welche nächstens in Java eine Konferenz über die Hygiene auf dem Land einberufen werden, verlangten dreizehn Delegationen Lateinamerikas, dass eine ähnliche Konferenz in Amerika vom Völkerbund vorbereitet und einberufen werde.

Die Versammlung billigte die Schlussfolgerungen des Berichterstatters, H. van Lanschots (Holland), und genehmigte drei Eesolutionen, deren Wortlaut sich im Anhang findet 2 ).

4. Organisation für geistige Zusammenarbeit.

Wie in den früheren Jahren haben zahlreiche Zusammenkünfte unter Mitwirkung der Organisation stattgefunden. Die internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit hat im Juli in Genf ihre Tagung abgehalten. Der ständige Ausschuss für Literatur und Kunst ist in Budapest zusammengetreten; er hat sich mit der Bedeutung der humanistischen Bildung für die Erziehung des modernen Menschen befasst. Die neunte Tagung der ständigen Konferenz für höhere internationale Studien hat i m Mai in Madrid stattgefunden. Sie hat die Frage der Mittel friedlicher Eegelung erörtert unter besonderer Berücksichtigung folgender Punkte: geographische Fragen, Eohstoffe, Märkte, koloniale Fragen. Das internationale Amt für Museumswesen und das Amt für die archäologischen und kunstgeschichtlichen Institute haben ihre Arbeiten fortgesetzt. Ersteres
Amt hat eine Eegelung angestrebt, welche die Gefahren vermindert, denen die für internationale Kunstausstellungen geliehenen Werke ausgesetzt sind. Einige diesbezügliche Empfehlungen werden den Eegierungen mitgeteilt. Ferner hat in Paris ein Sachverständigenausschuss getagt, um die Frage der internationalen Baukunstwettbewerbe zu prüfen.

In Ausführung einer Besohltion der Versammlung von 1935 hat ein Gelehrtenausschuss in Genf im Monat Juli ein Arbeitsprogramm betreffend die 1 ) 2

Siehe S. 507.

) Siehe S. 535.

506

exakten Wissenschaften und die Naturwissenschaften ausgearbeitet und die Grundlage zu einer Übereinkunft zwischen der Organisation und dem internationalen Eat der wissenschaftlichen Verbände. Die Zusammenarbeit zwischen den Hochschuldirektoren hat ihren Fortgang genommen. Der Ausschuss der internationalen Studentenorganisationen ist im Monat April in Genf zusammengetreten; er hat sich mit der Studentenfrage und mit der internationalen Zusammenarbeit befasst. Mehrere nationale Kommissionen haben die vom Völkerbund betreffend die Eevision der Schulbücher gefassten Eesolutionen zur Anwendung gebracht und ausländische Werke erörtert 1 ). Die Arbeitslosigkeit der Intellektuellen, die Überfüllung der Universitäten und die Umgestaltung des Unterrichts der zweiten Stufe haben ebenfalls die Aufmerksamkeit der Organisation beansprucht. Die Tätigkeit des Instituts für geistige Zusammenarbeit hat sich anderseits auf das Gebiet der Übersetzung erstreckt. Mehrere Bände der spanisch-amerikanischen Sammlung sind herausgekommen, sowie der erste Band einer Sammlung japanischer Schriftsteller, die mit der finanziellen Hilfe der Eegierung von Tokio veröffentlicht wird.

Was das Lehrfilminstitut in Eom betrifft, so hat es die Vorbereitung seiner Enzyklopädie des Films zu Ende geführt. Eine internationale Fernsehstelle ist dem Institut angegliedert worden.

Die Tätigkeit der Organisation wurde wie gewohnt von der sechsten Kommission der Versammlung geprüft. Die Aussprache war besonders reichhaltig.

Zahlreiche Delegierte legten die besondern Wünsche ihres Landes dar oder entwickelten bestimmte Fragen, welche für sie von besonderem Interesse sind.

Mehrere Abordnungen, vornehmlich die Vertreter der nordischen Länder, unterstrichen die Notwendigkeit, das Wirken des Völkerbundes in vermehrtem Masse, auch auf dem Wege des Unterrichts, zu verbreiten und zu diesem Zwecke die modernen Propagandamittel zu Hilfe zu ziehen. Die Kommission genehmigte diesbezüglich einen englisch-dänischen Eesolutionsentwurf, welcher das Sekretariat und die internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit damit betraut, an der nächsten Tagung der Versammlung ihre Bemerkungen über diese Frage vorzubringen. Man beglückwünschte sich ferner zum Ergebnis der diplomatischen Eundfunkkonferenz, welche kurz vorher stattgefunden hatte und ein Abkommen
über die Eegelung des Eundfunks im Interesse des Friedens genehmigt hatte 2).

1 ) Die italienische Kommission hat im besondern einige schweizerische, auf deutsch und italienisch verfasste Schulbücher durchgesehen. Ihre Schlussfolgerungen, die mit Ausnahme einiger Bemerkungen über Einzelfragen über unsere Schulbücher sehr günstig lauteten, sind der schweizerischen Kommission mitgeteilt worden.

2 ) Das Abkommen ist von der Schweiz unterzeichnet worden, welche an der Konferenz durch zwei Delegierte vertreten war, Herrn Legationsrat G. Gorgé, Chef der Völkerbundssektion im Politischen Departement, und Herrn J. Buser, Abteilungschef an der Generaldirektion der Post- und Telegraphenverwaltung, sowie durch einen Sachverständigen, Herrn M. Eambert, Delegierter des Verwaltungsrates der Schweizerischen Rundspruchgesellschaft. Ein Bericht zum Zwecke der Ratifikation des Abkommens wird den Räten vorgelegt werden.

507 Die Kommission bekundete ihr Interesse für einen von Herrn Levillier (Argentinien) ausgearbeiteten Entwurf betreffend die Veröffentlichung auf französisch und spanisch einer ethnographischen und historischen Sammlung über den Ursprung der amerikanischen Zivilisation, mit der Unterstützung verschiedener Eegierungen. Dieser Entwurf wurde gutgeheissen. Der Vertreter Boliviens beantragte seinerseits die Genehmigung technischer Massnahmen zum Schutze der spanischen Kunstschätze. Das internationale Amt für Museumswesen wird zur Verwirklichung des bolivianischen Vorschlages seine Dienste zur Verfügung stellen.

5. Die Ernährungsfrage in ihren Beziehungen zur öffentlichen Gesundheit.

Der gemischte, von Lord Astor präsidierte Ausschuss für Ernährungsfragen, welcher der 17. Versammlung einen Gesamtbericht vorlegen sollte, konnte derselben nur einen Vorbericht unterbreiten, worin er sich bemüht, den Einfluss einer guten Ernährung auf die öffentliche Gesundheit ins Licht zu setzen; sein Auftrag wurde erneuert.

Die vier vom gemischten Ausschuss im Anschluss an eine grossangelegte Untersuchung bei den Eegierungen und den Ortsbehörden veröffentlichten Bände bildeten nichtsdestoweniger eine ausgezeichnete Diskussionsgrundlage.

Die zweite Konnnission hörte zahlreiche und anregende Vorträge über die in den verschiedenen Ländern in Ausführung begriffenen Versuche an und stellte die glücklichen Wirkungen fest, welche die Verbreitung rationeller Ernährungsvorschriften wie auch die unentgeltliche oder billige Verteilung schützender Nahrungsmittel an bestimmte Gruppen der Gemeinschaft überall zur Folge gehabt hat. Die Präge der optimalen Milchmenge, die den Kindern der verschiedenen Altersstufen verabfolgt werden soll, nahm die Aufmerksamkeit besonders in Anspruch. Man ist sich in der Tat über die besondere Bedeutung dieses Lebensmittels in der Ernährung einig, verkennt jedoch nicht, dass es als Träger infektiöser Krankheiten, oder wenn seine Zusammensetzung verfälscht worden ist, schädlich sein kann.

Verschiedene Delegierte unterstrichen, wie unentbehrlich die Tätigkeit der nationalen Ernährungsausschüsse und -rate für die Durchführung der vom gemischten Ausschuss aufgestellten Grundsätze ist, vor allem, um den notwendigen wirtschaftlichen Anpassungen gerecht zu werden. Die Kommission nahm andererseits die
internationale Koordination der Tätigkeiten dieser nationalen Körperschaften in Aussicht. Sie beantragte endlich die besondere Erörterung des Problems der Unterernährung in Asien und in den verschiedenen Tropenländern.

Nachdem die Versammlung den von Herrn Queuille (Frankreich) vorgelegten Bericht gehört hatte, genehmigte die Versammlung drei Eesolutionen, die im Anhang wiedergegeben sind 1) und deren erste in fünfzehn Punkten ein !) Siehe S. 538 ff.

508 Ausführungsprogramm über die auf diesem Gebiet zu befolgende Politik enthält.

6. Bestellung und Tätigkeit der Völkerbundskommissionen.

Die Versammlung wurde um Genehmigung eines Entwurfes zu einem neuen Statut der Hygieneorganisation ersucht, der im Anschluss an zahlreiche, vornehmlich beim internationalen Amt für öffentliche Gesundheit in Paris eingeholte Gutachten ausgearbeitet und im September 1936 vom Völkerbundsrat gutgeheissen worden war. Er sieht die jährliche Zusammenkunft des allgemeinen beratenden Hygienerates vor, wo alle Eegierungen die auf dem Gebiete der Hygiene gemachten Erfahrungen miteinander vergleichen und die Tätigkeit der Organisation werden erörtern können.

Die Versammlung hat andererseits die Anregung des Eates und der zweiten Kommission betreffend die neue Satzung der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr genehmigt. In Anbetracht der Unmöglichkeit, in allen Punkten die in der Eesolution der Versammlung vom 26. September 1935 enthaltenen Eichtlinien zu befolgen, ersuchte die Versammlung den Eat, den Sonderausschuss erneut zu beauftragen, die besagte Satzung in ihrer Gesamtheit zu erörtern und dem Eat seine Vorschläge zu unterbreiten.

C. Sicherheit und Abrüstung.

Anschliessend an die im Verlauf der allgemeinen Aussprache abgegebene französische Erklärung, wonach gewisse Arbeiten der Abrüstungskonferenz in Bälde wieder aufgenommen werden sollten, beantragten die Delegationen Dänemarks, Pinnlands, Norwegens, der Niederlande und Schwedens, den Teil des Berichtes über die Tätigkeit des Völkerbundes betreffend die Beschränkung der Eüstungen der dritten Kommission zu überweisen. Die Versammlung entsprach diesem Wunsch ohne Diskussion und die Kommission, die seit 1931 nicht mehr zusammengetreten war. erörterte unter dem Vorsitz H. Langes (Norwegen) die aus dem Scheitern der Abrüstungskonferenz sich ergebende Lage.

Nachdem, er tief bewegt dem Andenken H. Hendersons, des ehemaligen Präsidenten dieser Kommission, seine Ehrfurcht bezeugt hatte, erinnerte H.

Lange unter anderem daran, dass die allgemeine Kommission der Konferenz durch Eesolution vom 8. Juni 1934 das Bureau ersucht hatte «durch Mittel, die ihm angemessen schienen, und zum Zwecke, die allgemeine Annahme eines Abrüstungsabkomrnens zu bewirken, eine Lösung der noch offen stehenden Fragen zu
suchen, unbeschadet allfälliger Einzelgespräche zwischen Eegierungen, die den endgültigen Erfolg durch die Eückkehr Deutschlands in die Konferenz zu erleichtern beabsichtigten». Am 20. November 1934 beschloss das Bureau, unter den von der Konferenz behandelten Eragen einige auszuwählen, «über welche in näherer Zukunft Einigkeit erzielt werden zu können schien». Es waren dies die Eegelung der Herstellung und des Handels mit Waffen, die Publizität

509 des Voranschlages und die Bestellung der ständigen Abrüstungskommission.

Die zuständigen Ausschüsse traten in den ersten Monaten des Jahres 1985 zusammen und arbeiteten eine Anzahl Bestimmungen aus, die indessen vom Bureau oder von der allgemeinen Kommission nicht mehr erörtert wurden.

Die Konferenz war in Schlaf verfallen. Der Eat hatte jedoch am 22. Januar 1986 beschlossen, er könne den Generalsekretär ermächtigen, das Bureau der Konferenz im Hinblick auf eine Wiederaufnahme der Arbeiten zu befragen, sobald ein dahinlautender Antrag, sei es vom Berichterstatter, sei es von einem oder mehreren ihrer Mitglieder, gestellt würde.

Nachdem ein Antrag zur Wiederaufnahme der Tätigkeit von der französischen Delegation dem Bat unterbreitet worden war, war der Präsident der Ansicht, die Beratung der dritten Kommission könnte «eine nützliche Einleitung zu den Arbeiten des Bureaus der Abrüstungskonferenz bilden». Seines Erachtens müsste man «die hohe Bühne der Versammlung dazu benützen, um die öffentliche Meinung auf die fachkundigeren Beratungen des Bureaus vorzubereiten».

Die Aussprache umfasste bloss zwei Sitzungen. Die dänische Delegation erklärte, dass sie die französische Anregung unterstütze ; wenn sie sich den Delegationen, welche die Bestellung der dritten Kommission verlangt, angeschlossen hatte, «so war dies zum Zwecke geschehen, den im Bureau der Konferenz nicht vertretenen Staaten Gelegenheit zu bieten, ihren Standpunkt bekanntzugeben».

Sie schlug vor, der Bat solle von sich aus eine ständige Abrüstungskommission bestellen, die aus sämtlichen Mitglied- und Nichtmitgliedstaaten bestünde und die Aufgabe hätte, einen Abrüstungsentwurf im Sinne des Artikels 8 des Völkerbundsvertrages auszuarbeiten. Das Bureau würde sich seinerseits mit den beiden Fragen befassen, die reif genug scheinen, um Gegenstand neuer Beratungen zu sein : die Frage der Herstellung und des Handels mit Waffen sowie die Frage der Publizität der militärischen Ausgaben. Auch die niederländische Delegation gibt sich über die Wiederaufnahme der Konferenzarbeiten keiner Täuschung hin. Doch ist sie der Ansicht, dass die erneute Erörterung der drei vom Präsidenten bezeichneten Fragen nicht zwecklos wäre. Der norwegische Delegierte hebt seinerseits hervor, «welch grosse Bedeutung der Genehmigung eines Protokolls über die Einsetzung
einer ständigen Abrüstungskommission zukommen könnte». Der Völkerbund «wäre für das Werk der Abrüstung mit einem Organismus versehen, der denjenigen entspräche, die er bereits für andere Seiten seiner ständigen Tätigkeit besitzt». Schweden halt dafür, dass ein Wiederaufbau angestrebt werden muss. Der Völkerbund könne einer Frage nicht ausweichen, deren Lösung vom Völkerbundsvertrag vorgeschrieben sei. Die finnländische Delegation legt auf die Notwendigkeit Gewicht, zugunsten kleiner Staaten, die es auf dem Gebiete der Eüstungen mit grossen Staaten nicht aufzunehmen imstande sind, das Abkommen über die finanzielle Unterstützung in Kraft zu setzen. Die französische Delegation legte die Gründe dar, die zu ihrer Anregung geführt hatten und die sowohl in der Besorgnis um ihre Sicherheit wie auch in ihrem Wunsch besteht, wenn immer möglich dem Wettrüsten

510 ein Ende zu machen. «Wenn das lange Schweigen der Abrüstungskonferenz bedauerlich war, erklärte Herr Paul-Boncour, wieviel gefährlicher noch wäre eine erfolglose Zusammenkunft.» Der Vertreter Grossbritanniens erklärte ohne Umschweife, sein Land werde von seinem Eüstungsplan nicht abgehen, «es sei denn, alle Nationen der Welt bringen ein internationales Abkommen zur Beschränkung und Herabsetzung der Eüstungen zustande». Er gab seinem Bedenken über die sofortige Schaffung einer ständigen Abrüstungskommission Ausdruck. Es ist nicht Sache dieser Kommission, Abrüstungsentwürfe auszuarbeiten, diese Aufgabe fällt der Konferenz selbst zu. «Die Einsetzung dieser Kommission wäre verfrüht, solange sie nicht mit Kontrollbefugnissen betraut werden kann.» Das Vereinigte Königreich wäre nichtsdestoweniger der Fortsetzung gewisser Arbeiten günstig gesinnt, vornehmlich auf dem Gebiete der Publizität des Voranschlags und der Herstellung und des Handels mit Waffen.

Was diesen letzten Punkt betrifft, so würde es sich mit einer «bescheidenen Vereinbarung» begnügen, die sämtliche Stimmen vereinigen könnte. «Eine bescheidene Vereinbarung, die nützliche Grundsätze und Verhaltungsmassregeln aufstellt, bemerkte Herr MacDonald, ist besser als keine Vereinbarung.» Die britische Eegierung bleibt indessen fest überzeugt, «dass der Abschluss eines Vertrages über die Beschränkung und Herabsetzung der Eüstungen zustande kommen muss, will man den Frieden sichern.» Sie wird, wenn sich eine günstige Gelegenheit bietet, bereit sein, «mit allen Mitteln, welche die Hoffnung auf Erfolg berechtigen, dieses Werk in Angriff nehmen».

Die chinesische, argentinische und sowjetistische Delegation begrüssten ebenfalls die französische Anregung, worauf die Kommission einen Bericht und eine Eesolution 1) genehmigte ; es scheint uns angebracht, folgende Stellen daraus hervorzuheben: 1. Die Frage der Beschränkung und Herabsetzung der Eüstungen muss an der Tagesordnung des Völkerbundes bleiben.

2. Die «Gesamtlösungen» sind «für eine, wie zu hoffen ist, möglichst nahe Zukunft» vorbehalten, doch muss die Erörterung einer Anzahl bestimmter Fragen mehr oder weniger bald wieder aufgenommen werden.

3. Ein handgreifliches Ergebnis auf dem Gebiete der Publizität des Voranschlages trüge «zur Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den Eegierungen» bei.
4. Die Völkerbundsversammlung soll keinen Plan für die künftigen Arbeiten entwerfen, diese Aufgabe fällt ausschliesslich der Konferenz selbst zu.

5. Die Kommission gibt der Hoffnung Ausdruck, dass das Bureau der Konferenz in nächster Zeit zusammentreten wird, doch sieht sie ein, dass der Zeitpunkt dieser Einberufung von den gegenwärtigen politischen Umständen abhängen wird.

l

) Siehe im Anhang, S. 542.

511

D. Budget- und Verwaltungsfragen.

Die Versammlung hatte sich, wie bis anhin, mit der geprüften Eechnung des vorangehenden Eechnungsjahres, dem Entwurf zum Voranschlag des nächsten Jahres, dem Bericht an die Kontrollkommission sowie mit einer Anzahl anderer, die finanzielle Verwaltung des Völkerbundes berührenden Dokumente zu befassen.

Wir werden in diesem Bericht nicht auf alle durch die IV. Kommission behandelten Geschäfte zurückkommen, die sich auf die Voranschlags- und Verwaltungsfragen beziehen. Wir werden uns, wie üblich, lediglich auf die Behandlung der hauptsächlichsten Punkte beschränken.

1. Rechnungsabschluss des siebzehnten Rechnungsjahres und Voranschlag für das neunzehnte Rechnungsjahr.

Die auf 31. Dezember 1935 abgeschlossene allgemeine Kasse wies einen Überschuss von Fr. 9,034,280.07 (1934 Fr. 3,878,641.73) auf. Dieses besonders günstige Ergebnis beruht auf folgenden Ursachen: In erster Linie waren für Fr. 8,780,551.24 Eückstände bezahlt worden (1934 Fr. 6,643,378.98). Von diesem Betrag wurden mehr als fünf Millionen von zwei Staaten bezahlt, die heute nicht mehr Mitglieder des Völkerbundes sind, Japan und Deutschland.

Die Ende 1935 noch ausstehenden Beiträge belaufen sich aber immer noch auf Fr. 11,639,119.25. Wenn man zu diesem Betrag die von verschiedenen Staaten annullierten Schulden von Fr. 11,639,930.75 zuzählen würde, ergäbe sich ein Betrag von Fr. 23,285,190.39, während sich Ende 1934 die rückständigen Beiträge auf Fr. 28.473,930.75 beliefen. Die Zahlungen wiesen somit eine merkliche Besserung auf, als eine Folge des Vergleichs zwischen dem Völkerbund und den Schuldnern. In zweiter Linie erfolgten die laufenden Beitragsleistungen regelmässiger. Das Verhältnis zwischen einbezahlten Beiträgen und Voranschlag war 88% % gegenüber 72 % im Jahre 1934. Auch in dieser Beziehung ist eine Besserung zu verzeichnen. Schliesslich war es den Organismen des Völkerbundes möglich, nennenswerte Einsparungen zu erzielen. Das Sekretariat hatte dazu mit einem Betrag von Fr. 4,066,717.75 beigetragen. Ein grosser Teil dieser Einsparungen rührte davon her, dass gewisse Kredite nicht oder doch nur zu einem kleinen Teil verwendet worden waren. So wurden nur Fr. 8699.50 vom Kredit von Fr. 315,000 für die Finanz- und Wirtschaftskonferenz, Fr. 37,715.76 von einem Kredit von Fr. 500,000 für die Abrüstungskonferenz verwendet, während die Kredite für die Konferenz für wirtschaftliche Beziehungen (Fr. 12.000), die Konferenz für die Unterdrückung des gesetzwidrigen Opiumhandels (Fr. 3000) und die Europa-Union (Fr. 94,000) überhaupt nicht benützt wurden. Die für die Drucklegung der Dokumente für den Zusammentritt dieser Konferenzen sowie für die vorbereitenden Nachforschungen und Untersuchungen zur Verfügung stehenden Kredite konnten ebenfalls fast unberührt bleiben. Ferner muss angeführt werden, dass eine nennenswerte Einsparung von Fr. 1,667,948.02 auf dem Konto «Besoldungen und allgemeine

512 Dienste» erzielt worden war; der grösste Teil davon entfiel auf die Kredite «Auslagen für Urlaubsreisen für die Beamten und ihre Familien». Die Ausgaben für amtliche Eeisen des Personals erreichten zudem nur 56,74 % des eingeräumten Kredits.

Der Anteil der Einsparungen des Ständigen Internationalen Gerichtshofs erreichte den Betrag von Fr. 549,027.37, von einem Voranschlag von 2,535,646 Franken. Diese Einsparung muss zur Hauptsache dem Umstände zugeschrieben werden, dass die Tätigkeit des Gerichtshofes im Jahre 1935 ziemlich eingeschränkt war.

Einzig das Internationale Arbeitsamt hatte mehr ausgegeben, als der Voranschlag vorsah. Bei einem Vergleich zwischen den veranschlagten Ausgaben mit den durch die Beiträge der Staaten einbezahlten Summen findet man einen Ausgabenüberschuss von Fr. 713,528.65.

In seinem Bericht warf der Kommissär des Eechnungsdienstes, Herr A.

Ceresa, die Frage der Bestimmung des Einnahmenüberschusses auf. Nach seiner Ansicht wäre es vorsichtiger, nicht den ganzen Betrag, um den es sich handelt, den Staaten zurückzubezahlen, sondern in einem noch zu bestimmenden Verhältnis die kürzlich geschaffene Eeserve zu äufnen. Die Kontrollkommission empfiehlt der Versammlung, die Eechnung in der vorgelegten Form zu genehmigen.

Der Entwurf des Voranschlages für 1937 erreichte, nach Abzug der zusätzlichen Einnahmen, den Betrag von Fr. 28,729,497. Er war somit gegenüber dem letzten Voranschlag um rund Fr. 500,000 höher (Fr. 28,279,901), allerdings immer noch mehr als zwei Millionen unter dem Voranschlag 1935 bleibend (Fr. 30,639,664). Eine Summe von Fr. 1,893,648.70 vom Überschuss von 1935 rnusste den Mitgliedstaaten zurückerstattet werden, womit die zu verteilende Summe nur noch Fr. 26,835,848.30 betrug.

Der erste vom Sekretariat vorgelegte Entwurf erreichte den Betrag von Fr. 29,522,025. Die Kontrollkommission hatte Abstriche von Fr. 1,084.55 gemacht, anderseits aber die Kredite für den Ständigen Internationalen Gerichtshof um Fr. 238,907, für das Internationale Flüchtlingsamt Nansen um Fr. 52,120 erhöht, Die Generaldiskussion über den Voranschlagsentwurf war auch diesmal ziemlich kurz. Die Stimmung in der IV. Kommission hat sich in der Tat in den letzten Jahren geändert. Die Verwaltung der Mittel des Völkerbundes gibt nicht mehr zu den gleichen Kritiken Anlass. Grössere
Anstrengungen zu Einsparungen wurden gemacht. Die Konimission hat trotzdem nicht weniger als 13 Sitzungen abgehalten, in denen sie die Einzelheiten des Voranschlags sowie eine ganze Eeihe anderer Fragen von mehr oder weniger grosser Bedeutung geprüft und besprochen hat.

Der Generalsekretär gab übrigens zum vornherein über die Finanzen des Völkerbundes zuversichtliche Erklärungen ab. Er mass den beträchtlichen Überschuss des Eechnungsjahres 1935 «der finanziellen und psychologischen Gesundung der rückständigen Beiträge» bei. Er stellte ebenfalls fest, dass «die

513 Beiträge der laufenden Periode mit einer bemerkenswerten Eegelmässigkeit entrichtet werden». Die für das Rechnungsjahr 1936 eingegangenen Beiträge betragen am 31. August 75% des Voranschlages. Der Generalsekretär zog daraus den Schluss, dass er ohne übertriebenen Optimismus die Vermutung aussprechen dürfe, die Eechnung des laufenden Geschäftsjahres werde ohne Verlust abschliessen.

Was den Entwurf des Voranschlages für 1937 betrifft, bemerkte Herr Avenol, dass dieser den Voranschlag für 1936 wohl um Fr. 450,000 übersteige, dass aber angesichts der beabsichtigten Ruckzahlung des Überschusses 1935 «der Gesamtbetrag, den die Mitgliedstaaten des Völkerbundes im Jahre 1937 zu entrichten haben, Fr. 26,835,000 ausmachen werde, gegenüber Fr. 26,791,000 für 1936, somit nur einen Mehrbetrag von Fr. 44,000». Was die rückständigen Beiträge anbetrifft, die bei Amtsantritt der Spezialkommission im Jahre 1934 23 Millionen betrugen, konnten diese, nach Verhandlung mit den Interessenten, auf rund 11 Millionen zurückgeführt werden. Herr Avenol äusserte sich wie folgt : «Ich glaube, dass Sie sich zum Stand dieser Angelegenheit beglückwünschen können ; auf Grund einer einfachen Buchung haben Sie... ein gesundes Finanzsystem, regelmässige Zahlungen, die Achtung der mit der Beitragsleistung übernommenen Verpflichtungen gewonnen.» Dieses Resultat ist weit besser, als die rückständigen Beiträge weiterhin als Forderung verbucht zu sehen.

Im Verlaufe der Beratung äusserten einige Delegierte ihre Befriedigung über die Gründung eines Garantiefonds im Jahre 1935, der gestattet, den grossen Unzulänglichkeiten der zu hohen Budgetierung wirksam zu begegnen, unter der das ganze Finanzsystem des Völkerbundes litt. Aus Furcht vor plötzlichem Mangel an Mitteln im Verlaufe einer Rechnungsperiode, als Folge ungenügender Beitragsleistung, erhöhten die Organismen des Völkerbundes gewisse Kredite oder hielten solche aufrecht, die zum vornherein bewusst nicht ihrer Bestimmung zugeführt werden sollten. Weitere Fortschritte müssen in dieser Richtung noch gemacht werden, es darf aber angenommen werden, dass dies nach und nach der Fall sein wird.

Wenn das Budget in seiner Gesamtheit zu keiner Kritik Anlass zu geben scheint, so glaubt doch jeder, dass er aus den dem Völkerbund geleisteten Beiträgen nicht genügend Vorteile zieht. So beklagt
sich der Vertreter Chiles, dass das Sekretariat nicht genügend Staatsangehörige der lateinamerikanischen Staaten beschäftigt. Der chinesische Vertreter würde ebenfalls wünschen, in Genf mehr chinesische Mitarbeiter zu sehen, während der Vertreter Indiens seinerseits findet, dass nicht genügend Hindus Aufnahme gefunden haben.

Unser Vertreter, Herr Eappard, warnt die Kommission vor der Gefahr, die derartige Forderungen mit sich brächten: «Wenn jede Delegation, führt er aus, sich einzig der Beamten ihres eigenen Landes annimmt, die im Sekretariat beschäftigt werden können, würde die Arbeit des Generalsekretärs ausserordentlich erschwert werden. Er könnte nicht zu gleicher Zeit den Wünschen jedes Landes gerecht werden und die Interessen des Bundes in seiner Gesamtheit wahren.»

514 Der Vertreter Norwegens wies andererseits auf die Notwendigkeit hin, dass die Beamten der Organismen des Völkerbundes ihren internationalen Charakter bewahren. Er verlangt, dass man sich an die im Jahre 1932 angenommene Begel hält, derzufolge der stellvertretende Generalsekretär Angehöriger eines Staates sein muss, der nicht ständig im Eate vertreten ist, wenn der Generalsekretär selbst Bürger eines Staates ist, der einen ständigen Sitz im Eate hat. Die Kommission schien einstimmig diesen Wunsch zu unterstützen, der übrigens einige Tage später erfüllt wurde.

Die Abwertung des Schweizer Frankens und des holländischen Guldens konnte nicht ohne Wirkung auf den Voranschlag des Völkerbundes bleiben, denn während die Ausgaben des Bundes seit seiner Gründung in Schweizer Franken und für den Gerichtshof im Haag in holländischen Gulden veranschlagt wurden, sind die Beiträge der Mitgliedstaaten immer in Goldfranken berechnet worden. Verschiedene Delegationen wären vielleicht dem Gedanken einer Lohnanpassung zugunsten der Beamten nicht im Wege gestanden. Aber andere Delegationen zeigten sich entschlossen, nicht ohne weiteres diesen Weg zu beschreiten. Die belgische Delegation hielt mit ihrer Ansicht in dieser Beziehung nicht zurück. Herr Eappard setzte sich im Namen der Schweiz für den gleichen Gedanken ein: «Die Abwertung, so führte er aus, die vom Bundesrat beschlossen worden ist, ist ein Teil einer grossen internationalen Operation und wird nur unter der Bedingung Vorteile in sich schliessen, dass die Preise in der Schweiz nicht sofort steigen. Für die schweizerische Eegierung stellt sich daher die Frage der Gehaltsanpassung. Ihre feste Absicht für das kommende Jahr ist, sich jeder Erhöhung der Gehälter ihrer Angestellten und Beamten zu widersetzen. Wenn daher Organisationen wie das Sekretariat oder das Internationale Arbeitsamt die Gehälter ihres Personals erhöhen, wäre diese Entscheidung geeignet, der Bundesregierung Schwierigkeiten zu bereiten, um so eher, als die schweizerischen Beamten schon jetzt ihre Kollegen vom Völkerbund um ihre Stellung beneiden.» Im Namen der Kontrollkommission erklärte ihr Präsident, Herr Osusky -- und seine Erklärung wurde von der D7. Kommission stillschweigend gutgeheißen --, dass man in dieser Angelegenheit «mit grösster Zurückhaltung und grösster Klugheit» vorgehen
müsse. Die Kontrollkommission «gibt sich über das Problem vollkommen Eechenschaft, das die schweizerische Eegierung im Auge behalten muss, und sie wird weder durch Gesten noch durch Worte etwas unternehmen, das geeignet sei, die Lohnpolitik der schweizerischen und holländischen Eegierung zu durchkreuzen.» Da die Kontrollkommission beauftragt worden war, die Frage in ihrer Gesamtheit zu prüfen, legte sie über die Abwertung einen Bericht vor, der die Zustimmung der IV. Kommission fand und von dem wir nachstehend einige Schlussfolgerungen geben : Die Kommission hielt das Thema für zu weit und zu umfassend, und sie glaubte, dass man über die direkten und indirekten Folgen der Währungsangleichung noch in ungenügender Weise unterrichtet sei, um ihr zu gestatten, der Versammlung einen Bericht vorzulegen, der das Problem in seiner ganzen

515 Ausdehnung behandelt. Sie wird jedoch fortfahren, diese Frage im Verlaufe ihrer nächsten Sitzung aufmerksam zu verfolgen.

Die Kommission hat daher ihre Aufmerksamkeit den Problemen zugewendet, die noch vor Beendigung der Versammlung gelöst werden müssen: nämlich demjenigen der Geldeinheit, in der die rückständigen Beiträge, und zwar die laufenden wie die zukünftigen, bezahlt werden müssen, und denjenigen Bückwirkungen der währungstechnischen Ereignisse auf den Voranschlag des Jahres 1987.

Hinsichtlich des ersten Punktes ist die Kommission der Ansicht, dass für den Augenblick nicht davon die Bede sein kann, die Begel zu ändern, nach welcher die Einnahmen des Völkerbundes in Goldfranken berechnet werden müssen.

Was zunächst die rückständigen Beiträge betrifft, die einen Bückstand der in Goldfranken geschuldeten Zahlungen darstellen, so würde jede Änderung dieser Begel einen neuen Verlust für den Völkerbund darstellen, welcher nach den Herabsetzungen, die von der Kommission für die rückständigen Beiträge gerade gewährt worden sind, in keiner Weise gerechtfertigt wäre.

Hinsichtlich der Beiträge für das Jahr 1936 kann es ebenfalls kein Zögern geben. Den Goldfranken im laufenden Jahre aufgeben, würde eine Uugerechtig.

keit denjenigen Mitgliedstaaten gegenüber bedeuten, die Zahlungen vor dem letzten Quartal des Bechnungsjahres geleistet haben.

Was die zweite Frage, diejenige über den Gesamtbetrag, betrifft, der unter die Staaten im Jahre 1937 aufzuteilen ist, so war die Kommission der Ansicht, dass sie über diesen Punkt noch nicht über die nötigen Unterlagen verfüge, um eine Umarbeitung der verschiedenen Voranschläge vorzunehmen, oder wenigstens der Posten dieser Voranschläge, die den Ausgaben in anderer Währung als in Schweizer Franken oder Gulden entsprechen.

Da es sich wohlbemerkt um die Bekämpfung aussergewöhnlicher Umstände handelt, schlägt somit die Kommission vor, die besondern Ausgabenvoranschläge für das Amtsjahr 1937 endgültig gutzuheissen, so wie sie von der vierten Kommission genehmigt, d. h. so wie sie vor der Abwertung aufgestellt worden waren, und dass der gesamte Einnahmenvoranschlag des Völkerbundes in angemessener Weise herabgesetzt werde... Die Kommission betrachtet als die beste Lösung die Schaffung eines besondern Fonds, der unter ihrer unmittelbaren Kontrolle stünde und
durch den Best der Beiträge nach Abzug der Ausrichtungen an die verschiedenen Organisationen gespeist würde...

Die Kommission beantragt, dass der Gesamtbetrag in Goldfranken, mit dem die Mitgliedstaaten belastet werden, um 20 Prozent tiefer angesetzt werde als der nach der alten Währung in Schweizer Franken festgesetzte Gesamtbetrag der Ausgaben. Die Differenz zwischen dem besagten Verhältnis von 20 Prozent und den Ausrichtungen an die besagten Organisationen, das heisst, praktisch gesprochen, zwischen den erwähnten 20 Prozenten und der tatsächlichen Abwertung des Schweizer Frankens wird zum oben bezeichneten Fonds geschlagen.

Auf Ende des Amtsjahres würde der Saldo dieser Bechnung den Mitgliedstaateu,

516 in der von der Kontrollkommission der Versammlung vorzuschlagenden Weise, zurückerstattet werden.

Nach Prüfung der verschiedenen Budgetposten und nach Zuweisung von Er. 4,500,000 an den Eeservefonds und von Fr. 1,200,000 an den Garantiefonds, stellte die Kommission in ihrem Bericht an die Versammlung für den Voranschlag für 1937 folgende Endzahlen auf : I. Ausgabenbudget.

1. Das ursprüngliche Budget belief sich auf 2. Das Zusatzbudget weist eine Nettoerhöhung auf von 3. Die Zusatzkredite betragen Total des Ausgabenbudgets

Schw. Fr.

Fr. 28,729,497.-- » 5,082.--- » 449,549.--- Fr. 29,184,128.--

II. Einnahmenbudget.

Das Einnahmenbudget betrüge in Goldfranken diese Goldfranken Summe, vermindert um 20%, also 29,184,128--5,836,826 Fr, 23,347,302.-- Abzüglich Verteilung des Überschusses » 2,062,479.70 Unter den Mitgliedern des Völkerbundes zu verteilender Betrag Fr. 21,284,822.80 Die Gesamtziffer des vorhergehenden Voranschlages hatte 28,279,901 Goldfranken betragen 1). Im Vergleich zum Vorjahr belief sich somit die aus der Abwertung sich ergebende Ersparnis auf nahezu 8 Millionen Goldfranken.

2. Rückständige Beiträge.

Die Versammlung von 1935 hatte den Sonderausschuss beauftragt, seine Verhandlungen mit den Schuldnerstaaten zur Begleichung ihres Eückstandes fortzuführen 2). Abzüglich des von der besagten Versammlung als Eückstand gestrichenen Betrages von Fr. 11,314,030 belief sich der Gesamtbetrag der Eückstände auf den 81. Dezember 1935 auf Fr. 11,646,070, die in folgende Posten zerfallen: Saldo der rückständigen Beiträge zahlbar in Jahresraten Fr. 8,066,126.-- Alte Eückstände » 737,923.-- Neue Eückstände » 2,842,021.-- Total Fr. 11,626,070.-- Der Sonderausschuss hatte sich nur noch mit der Begleichung der nichtkonsolidierten Eückstände von 1920 bis 1935 zu befassen; es gelang ihm, neue Vereinbarungen mit folgenden Staaten zu treffen: Bolivien, Bulgarien, Columbien, Liberia und Peru. Lediglich folgende Staaten: Dominikanische Eepublik, Guatemala, Nicaragua, Paraguay und Salvador haben keine Abreden !) Siehe vorhergehender Bericht, Bundesbl. 1936, I, S. 58.

') Siehe vorhergehender Bericht, Bundesbl. 1936, I, S. 59.

517 getroffen und schulden einen Gesamtbetrag von Fr. 1,325,895. Man einigte sich darüber, dass die mit den Schuldnern getroffenen Vereinbarungen nur unter der Bedingung als gültig betrachtet würden, dass die betreffenden Staaten sich bis zum 1. Januar 1937 teilweise von ihrer Verpflichtung befreit hätten.

Der Ausschuss beantragte, vorläufig vom Bezug von Zinsen auf rückständigen Beiträgen abzusehen.

Der Ausschuss wurde beauftragt, seine Tätigkeit fortzusetzen.

3. Verteilung der Ausgaben.

Die Spezialkommission, deren Auftrag im Jahre 1985 zur Aufstellung eines verbesserten Verteilungsschlüssels der Ausgaben erneuert worden war, legte der Versammlung einen Bericht mit einigen Abänderungen zum damals in Kraft stehenden Verteilungsschlüssel vor. Sie masste sich keineswegs an, «den Stein der Philosophen gefunden zu haben, der die Fülle der statistischen Gegebenheiten auf eine zugleich wissenschaftliche und für alle Mitgliedstaaten annehmbare Verteilungsformel zu bringen vermocht hätte». Sie schlug im besondern eine Erhöhung um 20 Einheiten für die U. S. S. E. vor, um 3 Einheiten für Belgien, um 2 Einheiten für Frankreich, Niederlande, Österreich, Portugal und um eine Einheit für Polen, Schweden, Südafrika und Lettland.

Für die meisten Staaten wurde der status quo aufrecht erhalten. Die Schweiz blieb bei 17 Einheiten, eine übrigens hohe Zahl im Vergleich zum Beitrag anderer Staaten, die sich in anderweitiger Hinsicht sehr darüber aufhalten würden, als kleine Länder betrachtet zu werden. Wie Herr Hambro (Norwegen) humorvoll bemerkte, «findet zuweilen das Werk des Völkerbundes einen Widerstand darin, dass gewisse Staaten grosses Gewicht auf ihr Ansehen legen ; die Aufgabe der Kommission zur Verteilung der Ausgaben hingegen wird durch die übertriebene Bescheidenheit der Staaten erschwert». Die meisten Staaten, deren Beitrag erhöht worden war, machten Einwendungen geltend. Ein schönes Beispiel des Verzichtes gab ihnen Grossbritannien, das sich freiwillig anerbot, seinen Beitrag, der schon bei weitem der höchste des Völkerbundes ist, um 3 Einheiten zu erhöhen.

Schliesslich genehmigte die Kommission für die Jahre 1937 bis 1939 die Verteilungstafel für die Ausgaben, die im Anhang wiedergegeben ist.

4. Pensions- und Personalkasse.

Die vierte Kommission hörte einen sehr ausführlichen Bericht Herrn Eappards,
des Präsidenten des Verwaltungsrates, über die Verwaltung der Kasse im verflossenen Jahr. Dieser Bericht behandelte im besondern die Anlageschwierigkeiten, welche die Finanzberater der Kasse veranlasst haben, «zu empfehlen, es solle ein immer beträchtlicherer Bruchteil der Aktiven der Kasse in Gold angelegt werden, was einen ernsten Zinsverlust zur Folge gehabt hat». Die Abwertung des Schweizer Frankens hat die Lage der Kasse indessen sehr verändert. «Würde man gegenwärtig die Aktiven der Kasse versilbern, Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd III.

35

518 bemerkt der Bericht an die Versammlung, so befände sich diese in einer finanziell gesunden Lage.» Die vierte Kommission sprach ihre Genugtuung aus über die Art. wie die Kasse verwaltet worden war, und bat die Kontrollkommission, einige Fragen, wie z. B. die Frage des Zinsfusses, noch gemeinsam mit dem Verwaltungsrat zu erörtern.

Der von Herrn Eappard präsidierte Verwaltungsrat ist für drei weitere Jahre wiedergewählt worden. Ein Mitglied war ausgetreten; es ist ersetzt worden.

5. Erneuerung der Kontrollkommission.

Man erinnert sich vielleicht daran, dass die Versammlung, auf Grund einer schweizerischen Anregung von 1929 1), im Jahre 1930 Art. 8 des Finanzreglementes durch Einfügung folgender Bestimmung abgeändert hatte: «Nach Ablauf ihrer Amtsdauer können die austretenden Mitglieder nur für eine einzige weitere Amtsdauer von drei Jahren wiedergewählt werden. Dieser Grundsatz steht jedoch einer spätem Neuwahl der nämlichen Mitglieder nicht entgegen, wenn seit dem Ablauf ihrer letzten Amtsdauer wenigstens drei Jahre verflossen sind.» Diese Bestimmung war insofern eine Neuerung, als von nun an das Wahlsystem auf dem Grundsatz des tatsächlichen Personenwechsels beruhte, eine glückliche Neuerung, da es den demokratischen Grundsätzen, die dem Völkerbund zugrundeliegen, widerspricht, dass dieselben Länder oder dieselben Personen ständig am gleichen Posten bleiben. Dieses Jahr sollte der Grundsatz der Nichtwiederwählbarkeit für zwei Mitglieder der Kontrollkommission zur Folge haben, sie zum Eücktritt von den Ämtern zu zwingen, die sie tatsächlich seit der Gründung des Völkerbundes innehatten. Der ungarische Delegierte beantragte indessen, die obenerwähnte Vorschrift bis 1987 aufzuheben, mit der Begründung, die Mitwirkung dieser beiden Mitglieder sei für die Erörterung schwebender Fragen betreffend das neue Völkerbundsgebäude notwendig.

Er schlug zugleich vor, «einen dreiköpfigen Ausschuss zu ernennen, der damit betraut würde, die an Art. l des Réglementes anzubringenden Abänderungen zu prüfen und hierüber der Versammlung an ihrer nächsten Tagung Bericht zu erstatten». Der Delegierte der U. S. S. B. verlangte seinerseits, dass die Zahl der Mitglieder der Kontrollkommission von 5 auf 6 erhöht werde, da sein Land, das im Sekretariat keinen Beamten mehr zählte, zum Ausgleich in der Kommission vertreten
zu sein wünsche. Seinen Instruktionen gemäss verlangte unser Vertreter in der vierten Kommission die uneingeschränkte Anwendung des Finanzreglementes. « Der schweizerische Antrag, führte unter anderem Herr Eappard aus, ist 1929 vertagt, 1930 abgeschwächt worden; er wurde 1983 nicht angewandt, und man möchte im Jahre 1936 erneut davon abweichen, wegen der schwebenden Gebäudefragen. Nun aber sind die Gebäude da, und es ist sehr wahrscheinlich, 1

) Siehe unsern Bericht über die 11. Versammlung vom 30. Januar 1931, BundesbL 1931, I, S. 163.

519 dass man im Jahr 1937 nicht zum letztenmal wieder davon reden wird. Es geht somit nicht an, diesen Grund anzuführen, um die blosse einjährige Verlängerung der Amtsdauer der gegenwärtigen Mitglieder der Kontrollkommission zu verlangen ... Die Kontrollkommission, fuhr Herr Eappard fort, muss im wesentlichen den Erfordernissen der Vertretung entsprechen. Sie muss ein Bindestrich sein zwischen Versammlung und Verwaltung... Man hat indessen aus ihr eine Art Sachverständigengremiums gemacht und so ihr eigentliches Merkmal völlig verändert.» Unser Delegierter erklärte, er könne aus Gründen der Vermittlung höchstens zulassen, «dass ein oder zwei austretende Mitglieder, deren Namen durch das Los zu bezeichnen wäre, im Amte blieben».

Leider stimmte die Kommission zugunsten des Antrages, der, wie Herr Eappard hervorhob, im Grunde genommen die «Versteinerung» der Kontrollkommission zum Ziel hatte. Unter diesen Umständen war das sowjetrussische Begehren nicht mehr erstaunlich, wünschte doch die U. S. S. E., wie das Britische Eeich und Frankreich, in einer Kommission ihren Sitz zu haben, die in Wirklichkeit andern Ländern keine Zugangsmöglichkeit mehr bot.

Der von Spanien und Schweden unterstützte schweizerische Antrag wurde von der Kommissionsmehrheit verworfen, und 5 Mitglieder enthielten sich der Stimme.

Was das Begehren der U. S. S. E. anbelangt, so drang es trotz zehn abweichenden Stimmen und vier Stimmenthaltungen durch. Somit wurde Herr Boris Stein zum Mitglied der Kommission bezeichnet.

Was die durch Ungarn beantragte Prüfungskommission anbelangt, so wurde sie aus den Herren Holma (Finnland), Morrison (Vereinigtes Königreich) und Eappard (Schweiz) gebildet.

E. Soziale und humanitäre Fragen.

Die fünfte Kommission hat sich wie im Vorjahr mit den Fragen des Kinderschutzes, der Unterstützung mittelloser Ausländer, des Frauen- und Kinderhandels, des Handels mit Betäubungsmitteln, des Strafrechts- und Gefängniswesens und des internationalen Hilfsverbandes befasst.

1. Kinderschutz.

Der ständige Ausschuss für den Kinderschutz hielt seine letzte Tagung vom 27. April bis zum 2. Mai. Dieser Ausschuss und der mit dem Frauenhandel betraute, aus welchen sich die beratende Kommission für Frauen- und Kinderschutz zusammensetzte, sind in Ausführung früherer Versammlungsbeschlüsse umgestaltet und zu einer
neuen Körperschaft vereinigt worden : die Kommission für soziale Fragen. Anstatt 15 werden 25 Eegierungen in diesem Organ vertreten sein. Die ständigen Beisitzer sind aufgehoben worden, doch wird es der Kommission freistehen, verbündete Mitglieder oder Korrespondenten beizuziehen und, so oft dies als notwendig erscheinen wird, die besonders beteiligten internationalen Organisationen zu Hilfe zu ziehen.

520 Unter den Fragen, mit denen sich der Ausschuss für den Kinderschutz ini Jahr 1936 befasst hat, heben wir die Stellenvermittlung in Familien hervor, welche zur Aufstellung einiger gemeinsam ausgearbeiteter allgemeiner Grundsätze Anlass gab, den erholenden Film für die Jugend, die verwahrlosten und in sittlicher Gefahr befindlichen Kinder. Die verschiedenen Anträge, die ihm für seine künftigen Arbeiten unterbreitet worden waren, nahmen die Aufmerksamkeit des Ausschusses in Anspruch, der Umstand aber, dass er sich in voller Umgestaltung befand, Hess eine gründliche Erörterung dieser Fragen nicht zu.

Die Darlegungen des Berichterstatters eröffneten die Aussprache der fünften Kommission. Herr Gajardo (Chile) rief in Erinnerung, dass gemäss dem letztes Jahr von der Versammlung wiederholten Wunsche die Kommission für soziale Fragen sich künftig hauptsächlich der normalen Kindheit zuwenden sollte, und hob diesbezüglich die Notwendigkeit hervor, die Zahl der zu erwägenden Fragen zu beschränken. Er zeigte ein besonderes Interesse für die Ausdehnung der Tätigkeit des Kinderschutzes auf dem Lande. Ferner wies der Delegierte Chiles auf die Wichtigkeit der vom gemischten Ausschuss für Ernährungsfragen vorgenommenen Untersuchung hin 1), die seines Erachtens auch vom Standpunkte des Schutzes des Kindes und der Mutter fortgesetzt werden sollte.

Wie gewohnt ergriffen mehrere Delegierte die Gelegenheit, vor der Kommission darzulegen, welche Fortschritte in ihrem Lande auf dem Gebiete des Kinderschutzes in letzter Zeit erzielt worden sind. Herr Apponyi (Ungarn) und Frau Malaterre-Sellier (Frankreich) sprachen sich aus zugunsten einer vergleichenden Untersuchung über die Organisation des Kinderschutzes, die Tätigkeit der Eegierungen und der privaten Organisationen. Die Vertreter Belgiens und der Niederlande hoben besonders die Nützlichkeit 'der letztern hervor.

Der rumänische Delegierte stellte andererseits fest, der Ausschuss scheine darauf verzichtet zu haben, seine Tätigkeit auf dem Gebiete der Familienpreisgabe und der misshandelten Kinder fortzusetzen, und beantragte, diese Fragen sollten im Gegenteil an der Tagesordnung beibehalten werden.

2. Unterstützung unbemittelter Ausländer.

Der Sachverständigenausschuss für die Unterstützung unbemittelter Ausländer war vom 27. Januar bis zum 1. Februar zusammengetreten,
um die von den Eegierungen über den Entwurf zu einem mehrseitigen Abkommen, das er ausgearbeitet hatte, eingesandten Antworten zu prüfen. Wir waren an dieser Zusammenkunft durch Herrn G. Gorgé, Legationsrat, Chef der Völkerbundssektion am Politischen Departement, und Herrn J. Scheim, Adjunkt der Polizeiabteilung, vertreten. Mehrere Einstellungen waren im Ausschuss laut geworden.

Einige Delegierte gaben ohne Umschweife dem elastischeren System der zweiseitigen Abkommen den Vorzug. Zu diesen gehörte insbesondere unser Vertreter. Herr Gorgé erläuerte die Lage unseres Landes, das jährlich sehr erheb!) Siehe oben Seite 507.

521 liehe Beträge fui die Unterstützung ausgibt, und zeigte, dass es für die Schweiz unmöglich sei, an einem Abkommen teilzunehmen, welches Verpflichtungen auferlegt, die noch schwerer sind, als diejenigen, die sich für uns schon aus dem zweiseitigen Abkommen ergeben. Er unterstrich andererseits, dass ein Kollektivabkommen, das auf dem Papier gleiche Verpflichtungen für alle enthält, in Wirklichkeit stossende Ungleichheiten zwischen den Parteien hervorrufen würde, denn einige Länder würden in grossem Mass aus der verallgemeinerten Wechselseitigkeit Vorteil ziehen, während andere wegen der verhältnismässig grossen Zahl der auf ihrem Gebiet wohnhaften Ausländer eine übermässige Last auf sich nehmen müssten. Die schweizerische Delegation anerbot sich indessen, einen Entwurf zu einem Musterabkommen auszuarbeiten, welches den Eegierungen als Vorbild für zweiseitige Verträge empfohlen werden könnte, doch wurde diesem Antrag nicht Folge gegeben. Die Mehrheit des Ausschusses gab nach wie vor einem mehrseitigen Abkommen den Vorzug und unternahm die Eevision des Abkommensentwurfes. Der neue Wortlaut ist den Regierungen mitgeteilt worden.

Als die fünfte Versammlung tagte, hatten bloss 5 Eegierungen dem Sekretariat ihre Bemerkungen zukommen lassen; zwei dieser Antworten waren übrigens blosse Empfangsbestätigungen. Die drei andern sprachen sich ablehnend aus. Vor diese Lage gestellt, genehmigte die fünfte Kommission einen Bericht des Herrn Künzel-Jizersky (Tschechoslowakei). Dieser stellte fest, die Einberufung einer diplomatischen Konferenz komme für den Augenblick nicht in Frage und ersuchte die Eegierungen, ihre Antworten bis Ende dieses Jahres einzureichen.

3. Frauen- und Einderhandel.

Der Ausschuss für Frauen- und Kinderhandel hatte in seiner Tagung vom 20. bis 27. April die Auskünfte zur Kenntnis genommen, die von 41 Ländern als Antwort auf die Eundfrage über die Eettung der erwachsenen Prostituierten eingegangen waren. Er hatte mit Genugtuung festgestellt, dass die Teilnahme an dem Abkommen über den Frauenhandel und über die unzüchtigen Veröffentlichungen immer zahlreicher geworden war und dass mehrere neue Länder Massnahmen zur Abschaffung der Lusthäuser getroffen hatten. Der von einem besondern Unterausschuss ausgearbeitete Abkommensentwurf zur Unterdrückung der Zuhälterei war genehmigt und den
Eegierungen zugestellt worden.

Der Ausschuss war schliesslich über das Ergebnis der Eundfrage über die Einberufung einer Konferenz der Zentralbehörden des Ostens unterrichtet worden.

Von 12 Eegierungen hatten sich 9 bereit erklärt, darin vertreten zu sein, und der Zeitpunkt der Konferenz war auf Anfang 1937 angesetzt worden. Auf ihrer Tagesordnung werden unter anderm die Frage der Schaffung engerer Beziehungen zwischen den Behörden der beteiligten Staaten sowie zwischen diesen Behörden und den Privatorganisationen, die Frage der Benützung weiblicher Beamten, die Abschaffung der Lusthäuser im Orient und die Lage der geflüchteten russischen Frauen im Fernen Osten stehen.

022 Diese Arbeiten wurden von der fünften Konimission von Frau Ciurlonis (Litauen) übersichtlich dargelegt ; sie hob die Notwendigkeit für den Völkerbund hervor, sich nicht auf den eigentlichen Kampf gegen den Frauen- und Kinderhandel zu beschränken, sondern seine Tätigkeit auf Hygienemassnahmen, auf die Kettung der Prostituierten und auf die Erziehung der Massen zu erstrecken.

Nach dem Bericht der Frau Ciurlonis folgte ein kurzer Meinungsaustausch.

Miss Graves (Vereinigtes Königreich) unterstrich die Bedeutung der sozialen Fürsorgeämter, die in den Heilanstalten für Geschlechtskrankheiten errichtet worden sind, und Frau Mala terre-Selli er hob die von den Polizeiassistentinnen der französischen Behörde geleisteten Dienste besonders hervor.

4. Handel mit Betäubungsmitteln und dessen Überwachung.

Seit der letzten Versammlung hatte die beratende Völkerbundskommission für den Handel mit Opium und andern schädlichen Drogen eine Tagung von Mai bis Juni abgebalten. Ihre Aufmerksamkeit hatte vornehmlich der Bekämpfung des unerlaubten Handels, der Lage im Fernen Osten und den Vorbereitungsarbeiten für eine Konferenz zur Beschränkung und Überwachung der Mohn- und Kokablattpflanzungen gegolten.

Der unerlaubte Handel ist noch bei weitem nicht ausgerottet. Nicht mehr in der Lage, seine Ware vom überwachten Markte zu beziehen, hatte er in der geheimen Herstellung neue Entfaltungsmöglichkeiten gesucht. Diese Herstellung blüht vor allem in China. Die Beratungskommission verfolgt aufmerksam die Entwicklung des neuen Übels und sucht mit allen Mitteln dagegen anzukämpfen. Sie hatte bereits den Staaten empfohlen, die Strafen gegen Bauschgifthändler sowie ganz allgemein gegen alle diejenigen, welche die Landesgesetze betreffend Bauschgifte übertreten, zu verschärfen. Auf Grund ihrer Anregung war im Juli in Genf eine internationale Konferenz zusammengetreten, die zum Abschluss eines Abkommens über die Unterdrückung des unerlaubten Handels mit schädlichen Drogen geführt hat x). Dieses Abkommen, das von der Schweiz und 24 andern Ländern unterzeichnet wurde, macht es den Staaten zur Pflicht, «die erforderlichen Gesetzesbestimmungen zu erlassen zur strengen Bestrafung» sämtlicher Tatbestände, die unter die Bezeichnung «unerlaubter Handel» fallen.

Ein besonderer Bericht wird hierüber den eidgenössischen Bäten vorgelegt
werden.

Die Lage in China bereitet nach wie vor all denen schwere Sorgen, denen an der Bekämpfung der Eauschgiftplage gelegen ist. Die chinesische Begierimg strengt sich in anerkennenswerter Weise an. um das Land von dieser verheerenden Krankheit zu befreien, erzielt jedoch nicht immer die gewünschten Ergebnisse. China ist gross, und in allen Provinzen stösst die Überwachung auf 1 ) Wir waren dort durch einen Delegierten, Herrn G. Gorgé, Legationsrat, Chef der Völkerbundssektion am Politischen Departement, und einen Experten, Herrn

E. Schelm, Adjunkt der Polizeiabteilung des Justiz- und Polizeidepartementes,

vertreten.

523 erhebliche Schwierigkeiten. Die beratende Kommission verfolgt mit Aufmerksamkeit und Teilnahme die Anstrengungen der chinesischen Eegierung. Sie hatte jüngst einen dringenden Euf an die japanische Eegierung gerichtet, sie möchte strengere Massnahmen in Kraft setzen gegen die Umtriebe ihrer Staatsangehörigen in China, welche das Eingreifen der Nankinger Eegierung zum Teil vereiteln sollen.

Nach der im Jahre 1925 unternommenen Überwachung, nach der im Jahre 1931 geregelten Beschränkung der Herstellung der fertigen Eauschg tte, hat die beratende Kommission die Bekämpfung einer der ersten Ursachen des Übels in Angriff genommen: der Überschuss an Eohstoffproduktion. Die Beschränkung der Herstellung von Eauschgiften lässt sich auf die Dauer nicht denken ohne eine gleichzeitige Beschränkung der Eohstoffherstellung. Die Beschränkung der Herstellung erweist sich als um so notwendiger, je mehr die Überwachung des erlaubten Handels und der erlaubten Verarbeitung die Bauschgifthändler in diejenigen Eegionen der Welt treibt, wo rohes Opium Verhältnismassig leicht erhältlich ist. Aus dem gesammelten Stoff geht hervor, dass die Weltproduktion, von China abgesehen, sich im Jahre 1935 auf 1000 Tonnen belief, während 540 Tonnen Opium zur Befriedigung der legitimen Bedürfnisse genügen. Die beratende Kommission hat sich bereits vorgenommen, das Problem durch die Einberufung zweier vorbereitender Konferenzen in Angriff zu nehmen, deren eine die Vertreter derjenigen Eohopium produzierenden Länder, die nach den verarbeitenden Ländern ausführen, und die Vertreter dieser Länder vereinigen soll, die andere die Vertreter derjenigen Länder, welche rohes Opium nach den Ländern mit Monopolsystem ausführen, und die Vertreter dieser Länder.

Die Darlegungen des Berichterstatters, H. Gorgés, eröffneten die Aussprache der fünften Kommission; letzterer hob die wesentlichen Merkmale hervor, welche heute den Kampf gegen den Eauschgifthandel kennzeichnen.

Er zeigte die Schwierigkeiten des unternommenen Werkes, nicht ohne die vom Völkerbund bereits erzielten erfreulichen Ergebnisse zu beleuchten. Die meisten Delegierten schlössen sich den zuversichtlichen Schlussfolgerungen des Berichterstatters an; es herrschte Einstimmigkeit über die erzielten Portschritte, und trotz dem Schatten, den der unerlaubte Handel auf das Bild wirft,
«bleiben die vom Völkerbund auf diesem Gebiet erreichten Ergebnisse unbestreitbar und unbestritten».

Was die Beschränkung der Eohopiumpflanzungen betrifft, so unterstrichen mehrere Delegierte die besonders grossen Schwierigkeiten dieses Problems in den vornehmlich landwirtschaftlichen Ländern, wo eine übermässige Beschränkung der Opiumpflanzungen geradezu einer wirtschaftlichen Eevolution gleichkäme. Der Delegierte Portugals erörterte die Frage in grossen Zügen und zeigte, wieviel schwieriger die Beschränkung der Herstellung eines landwirtschaftlichen Produktes ist, dessen Ernten auf gleicher Oberfläche oft um über 100 % verschieden sind und Hunderttausende von Bauern betreffen, als die Beschränkung eines Industrieproduktes, dessen Ertrag beständiger ist und dessen Pro-

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duzenten sich in einer beschränkten Zahl von Fabriken befinden. Die Lösung der Eohstofffrage erscheint hingegen als leichter als die der hergestellten Bauschgifte, sobald man sie vom Standpunkte des Verbrauchs betrachtet.

Während nämlich die Abnehmer verarbeiteter Bauschgifte die Millionen Kranken sind, d. h. isolierte Einzelpersonen, bilden die Abnehmer von Bohstoffen eine viel beschränktere Gruppe, nämlich die Bauschgiftfabriken und die Länder, die das Monopol des rauchbaren Opiums eingeführt haben. Nachdem andere Delegierte die Notwendigkeit einer baldigen Konferenz zur Beschränkung der Herstellung hervorgehoben hatten und niemand Einwendungen dagegen erhob, empfahl die fünfte Kommission die Einberufung der zwei oben erwähnten, vorbereitenden Konferenzen, damit die beabsichtigte allgemeine Konferenz in möglichst naher Zukunft zusammentreten könne. Sache der beratenden Kommission wird es sein, mit Zustimmung des Bates die Schlussentscheidungen zu treffen. Es wäre wünschenswert, die erwähnte Konferenz fände sehr bald statt; es geht um ein dringliches Problem.

In seinem Bericht an die Versammlung unterstrich Herr Gorgé die Wirksamkeit der Methoden des Völkerbunds auf diesem Gebiete, «wo die erfüllte Aufgabe... ein ermutigendes Beispiel für andere Tätigkeiten dieser Institution darstellt und zugleich zur Entwicklung einer immer wirksameren Technik der internationalen Zusammenarbeit beiträgt». Die Versammlung genehmigte die Schlussfolgerungen des Berichtes sowie zwei Besolutionen, deren Wortlaut im Anhang wiedergegeben ist1).

5. Fragen des Strafrechts- und Gefängniswesens.

Seit der letzten Tagung der Versammlung hatten 18 Begierungen dem Sekretariat Auskunft erteilt über das Strafrechts- und Gefängniswesen und über die Inkraftsetzung der Gesamtheit der früher von der Versammlung genehmigten Vorschriften zur Behandlung der Gefangenen. Mehrere internationale Organisationen hatten ferner einen Bericht über ihre Tätigkeit vorgelegt.

Herr Pella (Burnänien) beschrieb im Bericht, den er der Kommission vorlegte, die hauptsächlichen Neuerungen, die jüngst eingeführt worden waren.

Er sprach ferner die Ansicht aus, es wäre aufschlussreich, die Bedeutung der Freiheitsstrafen innerhalb der sozialen Verteidigungsmassnahmen zu erörtern, sowie eine Untersuchung über die Zahl der Gefangenen in den verschiedenen
Ländern der Welt anzustellen. Eine kurze Aussprache folgte auf diesen Bericht.

Der Vertreter Frankreichs gab den Beschluss seiner Begierung bekannt, das Bagno aufzuheben. Die internationale Kommission für Strafrechts- und Gefängniswesen wurde mit der von Herrn Pella angeregten Untersuchung über die Zahl der Gefangenen betraut.

6. Welthilfsverband.

Der Delegierte Venezuelas beschrieb vor der Kommission die von dieser Körperschaft seit der letzten Tagung geleistete Arbeit; der Welthilfsverband, *) Siehe Seite 549 ff.

525 sagte er, hat sein Bestehen gerechtfertigt und seine Nützlichkeit zur Genüge bewiesen. Herr Parra-Pérez erinnerte ferner daran, dass der Verband nicht zum Zweck habe, an die Stelle bestehender Organisationen zu treten, noch Geld zu sammeln, sondern eine Erkundigungs- und Koordinationsstelle zu sein.

Der Delegierte Indiens ergriff nach diesem Bericht als einziger das Wort, um dem Verband seinen Dank auszusprechen für die anlässlich der Katastrophe von Belutschistan seiner Eegierung geleistete Hilfe.

F. Politische Fragen.

Abgesehen von den Fragen der geistigen Zusammenarbeit1), hatte sich die sechste Kommission nur mit zwei Problemen zu befassen : die Mandate und die internationale Flüchtlingshilfe.

1. Mandate.

Die im Lauf der Herbsttagung von 1935 und der Frühlingstagung von 1936 von der ständigen Mandatskommission geleistete Arbeit wurde vor der sechsten Kommission von Herrn Lange (Norwegen) besprochen. Zu Beginn seiner Darlegungen behandelte dieser einige allgemeine Fragen, wie den Grundsatz der wirtschaftlichen Gleichberechtigung in den Mandatsgebieten -- deren Aufrechterhaltung, bemerkte er, als «einer der letzten Überreste des freien Güteraustausches» betrachtet werden kann --, den Handel mit Staaten, die, wie Deutschland und Japan, den Völkerbund verlassen haben, die administrative Vereinigung von Mandatsgebieten mit benachbarten Kolonien -- wovon die aus finanziellen Gründen erfolgte Verschmelzung der Verwaltung von Dahomey mit derjenigen des unter französischem Mandat befindlichen Togos ein neues Beispiel darstellte. Der Delegierte Norwegens ging dann zu zwei Problemen über, die alle Gemüter beschäftigten: die Lage in Palästina und in Syrien.

Was das erste dieser Geliete angeht, stellte er bedauernd fest, dass dessen vor kurzem noch wenigstens wirtschaftlich so günstige Lage sich tief verändert hatte und sprach seine Verwunderung darüber aus, dass die Mandatarmacht bis jetzt über die Unordnungen und Gewalttaten noch nicht hatte Meister werden können. Er beantragte, dass die Mandatkommission in einer ausserordentlichen Tagung zusammentrete und dass die britische Eegierung sich möglichst beeile, um ihr die erforderlichen Unterlagen zu unterbreiten. Was Syrien betrifft, zeigte sich Herr Lange sehr befriedigt über dessen jüngste politische Entwicklung, welche durch den Willen der
Mandatarmacht gekennzeichnet ist, die Wiederaufnahme des parlamentarischen Lebens zu sichern und den Ausgleich der politischen Strebungen eines wichtigen Bruchteiles der öffentlichen Meinung mit dem Schutz der Minoritäten und dem Abschluss eines Abkommens zur Eegelung des künftigen Statuts des Landes herbeizuführen.

Er erinnerte jedoch, dass es nach Ansicht der Mandatskommission im Zeit!) Siehe Seite 554.

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punkt, an dem das Mandat erlöscht, wichtig sei, wirksame Schutzbestimmungen zugunsten der syrischen Minderheiten zu treffen.

Mehrere Delegierte erklärten, sie zweifelten nicht daran, dass die Mandatarmacht in Palästina die Ordnung wieder herstellen werde, und beglückwünschten sie zur Entscheidung der britischen Eegierung, eine Untersuchungskommission in dieses Gebiet zu schicken. Herr Komarnicki (Polen) sprach sich ebenfalls in diesem Sinne aus, hob indessen den Wert hervor, den die polnische Eegierung auf die freie Entwicklung des jüdischen Heimes in Palästina legt angesichts der Überbevölkerung Polens, welches, sagte er, «für die jüdischen Massen, deren wirtschaftliche Struktur in der gegenwärtigen sozialen Entwicklung Polens schwerlich Platz nehmen kann, dazu zwingt, neue Auswanderungsmöglichkeiten zu suchen». Der polnische Delegierte schloss indem er den Völkerbund ersuchte, die Möglichkeit neuer Ansiedlungsgebiete für die Juden ernsthaft zu prüfen; seine Eegierung behalte sich vor, in dieser Hinsicht konkrete Vorschläge zu machen. Lord Oranborne (Vereinigtes Königreich) erklärte, eine ausserordentliche Tagung der Mandatskommission wäre verfrüht, denn man müsse die Ergebnisse der von der besondern nach Palästina abgesandten Kommission geführten Untersuchung abwarten. Er versicherte die Kommission, seine Eegierung sei dazu entschlossen, Ordnung und Achtung vor dem Gesetze wieder herzustellen, und fügte hinzu, sie habe bis jetzt deshalb keine energischeren Massnahmen getroffen, weil Grossbritannien vor allen Dingen einen dauernden Frieden zwischen den verschiedenen Teilen der Bevölkerung unter tunlichster Vermeidung von Leiden und Blutvergiessen herbeiführen möchte.

Bezüglich Syrien gab Herr Viennot (Prankreich) Aufschluss über den jüngst zwischen Frankreich und diesem Land abgeschlossenen Vertrag.

Dem Mandat, sagte er, lagen zwei sich widersprechende Tatsachen zugrunde, einerseits der Unabhängigkeitsdrang eines grossen arabischen Volkes, andererseits der französischer Überlieferung getreue Schutz der christlichen Minderheit. Diese schwer zu vereinbarenden Tatsachen bereiteten der Mandatarmacht grosse Schwierigkeiten. Herr Viennot sprach jedoch die Überzeugung aus, die Frage sei durch den neuen Vertrag restlos gelöst worden.

Dieser Vertrag, dem der englisch-irakische Vertrag als Vorbild gedient,
enthält nämlich besondere Bestimmungen sowohl zugunsten der in gewissen Gebieten eng zusammengeschlossenen wie auch zugunsten der auf dem ganzen Gebiet zerstreuten Minderheiten. Alle Delegationen bekundeten nicht denselben Optimismus wie die französische. Der Vertreter der Niederlande z. B. bemerkte, die anlässlich der Entmündigung eines Mandatsgebietes -- Irak -- gemachten Erfahrungen hätten klar gezeigt, dass in solchen Fällen mit der grössten Vorsicht gehandelt werden muss. Für Herrn Eüstü Aras hingegen besteht das beste Mittel zur Erziehung eines Volkes darin, ihm seine eigene Verwaltung anheimzustellen. Der türkische Aussenminister spricht, für seinen Teil, Syrien sein Vertrauen aus. Herrn te Water (Südafrika) wiederum lenkte zuerst die Aufmerksamkeit der Kommission auf die verfassungsmässige Organisation Westafrikas, ein Gebiet, in welchem die demokratische Staatsform nicht zu den ge-

527 wünschten Ergebnissen geführt hat, dann auf die Gefahr, welche daraus entstehen kann, dass man einige europäische Mächte die afrikanischen Eingeborenen bewaffnen lässt. Herr van Eappard (Niederlande) sprach den Wunsch aus, die Beamten der Mandatssektion des Sekretariates möchten Gelegenheit haben, die Mandatgebiete zu besuchen. Er kam ferner auf einige Fragen besonderer Art zu sprechen, wie die Einfuhr alkoholischer Getränke und den Schutz der Bergwerkarbeiter, vornehmlich in den Goldbergwerken.

Ein Bericht H. Munters (Lettland) fasste hiernach die Aussprache zusammen.

2. Flüchtlinge.

Gemäss dem Entscheid der Versammlung ') hatte der Eat einen aus fünf Mitgliedern bestehenden Sonderausschuss bezeichnet, um die Frage der internationalen Flüchtlingshilfe in ihrer Gesamtheit zu prüfen. Dieser Ausschuss hielt in Genf vom 28. November bis 7. Dezember eine Tagung ab, und nach gründlicher Prüfung legte er dem Eat verschiedene Anträge vor. Die einen betrafen vorläufige Massnahmen, wie die Wahl von Persönlichkeiten zur zeitweiligen Leitung des Nansenamtes und die Kontinuität der Tätigkeit des Oberkommissariats für die Flüchtlinge aus Deutschland. Die andern hatten die spätere Organisation der Unterstützung zum Gegenstand (Vorbereitung eines Planes zur Übertragung an die Eegierungen und an Privatorganisationen gewisser Aufgaben des Nansenamtes. Errichtung einer angemessenen Hilfsstelle für die deutschen Flüchtlinge usw.). Die vom Eat bezeichneten Personen waren, für das Nanseuauat, Herr Michael Hansson, gewesener Präsident des gemischten ägyptischen Appellhofes, iür die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge, General-Major Sir Neill Malcolm.

Unter Herrn Hanssons Leitung ist das Nansenamt wie in den früheren Jahren sehr zahlreichen Flüchtlingen zu Hilfe gekommen (mehr als 100,000), indem es unter anderm Subventionen im Betrag von über Fr. 119,000 gewährte.

Es hat sich besonders mit der Ansiedlung armenischer Flüchtlinge in Erivan (U. S. S. E.) und in Syrien befasst, der russischen Flüchtlinge in der Türkei -- die Eegierung von Ankara hat sich bereit erklärt, sie zum grossen Teil einzubürgern -- und der Saarflüchtlinge. Wir fügen noch bei, dass das Amt mehrere 10,000 Franken durch Ausgabe von Spezialbriefmarken in Norwegen und Frankreich seiner Kasse zugeführt hat.

Sir Neill Malcolm hat sich seinerseits
nach verschiedenen Hauptstädten begeben, um an Ort und Stelle die durch die Auswanderung der Flüchtlinge aus »Deutschland aufgeworfenen Fragen zu erörtern. Er hat ebenfalls eine Konferenz der Eegierungen vorbereitet, die im Juli in Genf zusammentrat 2 ) und eine vorläufige Vereinbarung genehmigte, wonach die Flüchtlinge aus Deutschland einen dem Nansenpass gleichenden Ausweis erhalten, vor Wegweisungs!)

Siehe unsern letzten Bericht, Bundesbl. 1936, I, S. 95.

2 ) Die Schweiz war darin durch Herrn H. Rothmund, Vorsteher der Polizeiabteilung, vertreten, begleitet von einem Sachverständigen, Herrn Prof. Emil Beck.

528 und Zurückstossungsmassnahmen geschützt werden (ausgenommen die Palle, in denen die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in Frage stehen) und ein geordnetes persönliches Statut erhalten (Bestimmung des anwendbaren Gesetzes, unter dem Gesetz des Heimatstaates erworbene Eechte, Prozessfähigkeit).

Das Flüchtlingsproblem wurde wie im Jahre 1935 1) durch einen aus denselben Ländern, zuzüglich Portugal, bestehenden Unterausschuss geprüft, der auch diesmal wieder von Herrn Motta präsidiert wurde. Die Aussprache dieses Unterausschusses zeigte wieder einmal die Meinungsverschiedenheiten, die zwischen den Delegationen bestehen. Die einen waren der Ansicht, die Flüchtlingshilfe müsse vom Völkerbund als eine Frage internationaler Ordnung und sowohl vom politischen wie auch vom humanitären Standpunkt betrachtet werden, nicht bloss vom einen oder vom andern dieser besondern Gesichtspunkte. Nach der Auffassung derselben Delegationen sollte das Wirken des Völkerbundes einerseits dahin zielen, die Aufgabe der Eegierungen zu erleichtern, andererseits dahin, die Lage der Flüchtlinge Selbst zu verbessern. Andere Delegationen vertraten hingegen den Standpunkt, der Völkerbund könne hinsichtlich der den Flüchtlingen zu leistenden eigentlichen Hilfe und ihrer Ansiedelung keinerlei Verantwortlichkeit übernehmen, sondern könne lediglich für die Wahrung eines juristischen Statuts der Flüchtlinge besorgt sein. Es wurde ferner daran erinnert, dass früher die Liquidation des Nansenamtes auf Ende 1938 angesetzt worden war. Es war immerhin möglich, in einigen Punkten Einstimmigkeit zu erzielen. So kam man z. B. über die Zweckmässigkeit der Vorbereitung eines Liquidationsplanes für das Nansenamt auf Ende 1938 überein. Man hob hingegen die Notwendigkeit hervor, feste rechtliche Schutzbestimmungen aufzustellen durch Verallgemeinerung der bestehenden internationalen Abkommen und durch den Abschluss eines internationalen Abkommens für die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge. Ferner wurde beschlossen, der Versammlung zu beantragen, Herrn Hansson mit der Leitung des Nansenamtes bis 1938 zu betrauen, sowie mit der Ausarbeitung eines Liquidationsplanes. Was die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge anbelangt, so kam man überein, die Ernennung, ebenfalls bis Ende 1938, eines Oberkommissars zu beantragen, dessen wesentliche
Aufgabe wie diejenige Herrn Hanssons in der Vorbereitung der endgültigen Eegelung des Problems für diesen Zeitpunkt bestünde.

Keine Übereinstimmung konnte hingegen erzielt werden hinsichtlich zweier Vorschussbegehren des Nansenamtes, das eine um Fr. 400,000 zur Ansiedlung von 200 Saarflüchtlingsfamilien in Paraguay, das andere um Fr. 15,000 für die Abordnung nach dem Fernen Osten einer Mission zur Prüfung der Lage der russischen Flüchtlinge.

Der Bericht des Unterausschusses wurde der sechsten Kommission von Lord Cranborne vorgelegt. Der Antrag auf finanzielle Unterstützung der Saar1

) Siehe unsern letzten Bericht, Bundesbl. 1936, I, S. 95.

529 flüchtlinge wurde vom französischen Vertreter stark unterstützt. Dieser bemerkte, der Völkerbund habe den Saarflüchtlingen gegenüber, deren Herkunftsgebiet er jahrelang verwaltet und deren Vertrauen er genossen hatte, besondere Verantwortlichkeiten. Er bemerkte, es sei überdies nicht gerecht, die Last der Unterstützung dieser Flüchtlinge Prankreich allein zu überlassen. Der Delegierte Grossbritanniens widersetzte sich dem Antrag aus der grundsätzlichen Erwägung, der Völkerbund solle keinerlei Verantwortlichkeit hinsichtlich der Ansiedlung der Flüchtlinge übernehmen, und weil seines Erachtens, wie er beifügte, eine von der Frage der Assyrier aus Irak, für welche letztes Jahr wichtige Kredite beschlossen worden waren, durchaus verschiedene Frage vorliege.

Bei der Abstimmung sprachen sich 12 Delegationen zugunsten des Begehrens des Nansenamtes aus, 7 Delegationen dagegen. Was die Absendung einer Mission nach dem Fernen Osten angeht, wurde der erforderliche Kredit von 12 Ländern gegen 2 angenommen. Diese beiden Fragen gingen danach zur vierten Kommission über, die den Kredit für die Saarflüchtlinge auf Fr. 200,000 herabsetzte und den andern verweigerte, um ihren Entschluss zu bekunden, jede neue Mission in der Flüchtlingsfrage auszuschliessen.

Y. Beschlüsse und Resolutionen der Versammlung.

Mit -wenigen Ausnahmen wurden die Anträge und Eesolutionsentwürfe der Kommissionen von der Versammlung ohne Diskussion gutgeheissen.

Inzwischen wählte die Versammlung drei neue nicht ständige Batsmitglieder. Es wurden Bolivien, Neuseeland und Schweden bezeichnet. Der eine der beiden andern Sitze, deren Schaffung beschlossen worden war, fiel China zu, dessen Wiederwählbarkeitsbegehren vorher angenommen worden war, der andere Lettland 1).

Die Versammlung bezeichnete hierauf gemeinsam mit dem Eat drei neue Eichter am Ständigen Internationalen Gerichtshof. Die Herren Hudson (Vereinigte Staaten von Amerika) und Hammarskjöld (Schweden) wurden im ersten Wahlgang von Versammlung und Eat gewählt. Was den dritten Sitz betrifft, so entschied sich zuerst die Versammlung für Herrn Cheng Tien-Hsi (China), während der Eat Herrn Munir Ertekin (Türkei) bezeichnete. In einem zweiten Wahlgang erreichte Herr Cheng im Eat und in der Versammlung die Mehrheit ; er wurde somit als gewählt verkündet. Für diese Wahl waren Japan und Brasilien im Eat und in der Versammlung vertreten gewesen.

*) Der Eat setzt sich von nun an folgendermassen zusammen: Ständige Mitglieder: Nichtständige Mitglieder: Frankreich Bolivien Neuseeland Grossbritannien Chile Polen Italien China Eumänien U. S. S. R.

Ekuador Schweden Lettland Spanien Türkei

530 Die Versammlung schloss ihre Arbeiten Samstag abend 10. Oktober ab, nachdem sie eine Bede ihres Präsidenten, Herr Saavedra Lamas, angehört hatte, der insbesondere den Wert der internationalen Zusammenarbeit unterstrich.

Tl. Schlnssfoemerkuiigen.

Wie im Anfang dieses Berichtes erwähnt, war diese Versammlung durch ein Ereignis gekennzeichnet, dessen Folgen schwer auf den Tagungsarbeiten gelastet haben. Indem sie vorläufig die Gültigkeit der von den abessinischen Delegierten vorgelegten Vollmachten anerkannte, hinderte die Versammlung Italien an der Teilnahme an ihren Arbeiten. Es erübrigt sich, auf diese als solche genug bedauerliche Tatsache näher einzutreten.

Mehr als je steht der Grundsatz der Universalität an der Tagesordnung des Völkerbundes. Er steht auf dem Arbeitsprogramm der Spezialkommission, welche die Frage der Abänderung des Völkerbundspaktes prüfen wird. Dieser Versammlung wird das Verdienst zugefallen sein, ein Verfahren in die Wege geleitet zu haben, welches die Behandlung sämtlicher Anblicke einer Frage erlauben wird, die -- man darf es ruhig sagen -- eine entscheidende Bedeutung für die Zukunft der internationalen Zusammenarbeit besitzt. Die letzte Versammlung scheint die Notwendigkeit eingesehen zu haben, wenn nicht den Pakt von Grund auf zu ändern, so doch den Ursachen gründlich nachzugehen, welche die Schwächen und zuweilen die Ohnmacht des Völkerbundes bewirkt haben. Möge diese Untersuchung, der zahlreiche Eegierungen, wie die unsrige, eine grosse Aufmerksamkeit schenken, praktische Ergebnisse zeitigen, dank welchen man mit mehr Vertrauen und Hoffnung wird in die Zukunft schauen können! Dies ist der Wunsch, den wir aussprechen zu müssen glauben am Ende des Berichtes über die Arbeiten einer Versammlung, die, ohne dass sie etwas besonders Hervorragendes geleistet oder verwirklicht hätte, immerhin einige Zukunftsmöglichkeiten eröffnet hat.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 18. Dezember 1936.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Meyer.

Der Bundeskanzler:

U. Bovet.

531

Resolutionen und Wünsche der Versammlung ').

A. Resolutionen zur Berichterstattung der ersten Kommission.

1. Verfahren in der Versammlung.

I.

Die Versammlung beschliesst, für die Tagung der Versammlung von 1937 die Vorschrift betreffend die Einberufung der Finanzkommission (vierte Kommission) aufrechtzuerhalten, die versuchsweise durch die Eesolution der Versammlung vom 11. Oktober 1933 aufgestellt worden war. Diese Vorschrift lautet : «Der Eatspräsident kann, nachdem er mit dem Präsidenten der Kontrollkommission Eücksprache genommen, die Finanzkommission auf einen Zeitpunkt einberufen, der höchstens acht Tage vor der ersten Sitzung der ordentlichen Tagung der Versammlung liegt. Sie wird aus Vertretern bestellt, die zu diesem Zwecke durch die Völkerbundsmitglieder beglaubigt werden. Sie bezeichnet ihren Präsidenten, der dadurch gemäss Art. 7 der Geschäftsordnung Mitglied des Bureaus der Versammlung wird. Die Bestellung der Kommission wird der Versammlung anlässlich ihrer ersten Vollsitzung bekanntgegeben.» 1

, II.

Die Versammlung beschliesst, ihre Geschäftsordnung folgendermassen abzuändern : 1. Paragraph 3 des Art. 5 wird wie folgt abgeändert: «3. Eine aus neun Mitgliedern bestehende Kommission zur Prüfung der Vollmachten wird auf Antrag des Vorsitzenden gewählt. Sie bezeichnet ihren Präsidenten und Vizepräsidenten und erstattet unverzüglich Bericht.» 2. Paragraph l des Art. 7 wird wie folgt abgeändert: «1. Das Bureau der Versammlung setzt sich zusammen aus dem Vorsitzenden der Versammlung, acht Vizepräsidenten sowie den Präsidenten der allgemeinen Kommissionen, dem Präsidenten der Geschäftsordnungskommission und dem Präsidenten der Kommission zur Prüfung der Vollmachten.

*) Übersetzung aus dem Französischen. Die Reihenfolge der Resolutionen und 'Wünsche ist hier dieselbe wie in den Veröffentlichungen des Völkerbundes.

532 Die Versammlung kann beschliessen, dem Bureau die Präsidenten anderer Versammlungskommissionen und ausnahmsweise andere Mitglieder zuzuteilen.» Die Paragraphen 2, 3 und 4 bleiben unverändert.

8. Ein neuer Artikel ist einzufügen, der die Ziffer 7 a trägt und folgenden Wortlaut hat: «1. Die Geschäftsordnungskommission wird zu Beginn jeder Tagung bestellt. Sie besteht aus sieben Mitgliedern, die von der Versammlung auf Antrag des Vorsitzenden ernannt werden.

2. Die Kommission wählt ihren Präsidenten und Vizepräsidenten.

8. Die Kommission prüft die Gesuche um Aufnahme neuer Fragen in die Geschäftsordnung. Sie legt hierüber der Versammlung Bericht ab.

4. Über Anträge, die einfach auf Überweisung durch die Versammlung an eine allgemeine Kommission von Teilen des Berichtes über die Tätigkeit des Völkerbundes lauten, entscheidet die Versammlung ohne vorherige Überweisung an die Geschäftsordnungskommission.»

III.

Die Versammlung genehmigt versuchsweise folgendes Verfahren, das, vorbehaltlich eines gegenteiligen Entscheides in der Zwischenzeit, bis zum Abschluss der ordentlichen Tagung von 1939 befolgt wird.

«Artikel 7 & : 1. Die Versammlung bestellt zu Beginn jeder Tagung einen Ausschuss von elf Mitgliedern, der damit betraut wird, Bewerbungen aufzustellen für die Ernennung zu Ämtern, die zu einem Sitz im Bureau berechtigen.

2. Der vorläufige Vorsitzende der Versammlung unterbreitet derselben Vorschläge über die Zusammensetzung dieses Ausschusses.

8. Die Versammlungs- und Kommissionsmitglieder bleiben frei, für andere als vom Ausschuss vorgeschlagene Personen zu stimmen.» (Resolutionen vom 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

2. Zusammensetzung des Rates. Vorläufige Errichtung zweier nicht ständiger neuer Ratssitze.

Die Versammlung, nach Einsicht in den Bericht des mit der Prüfung der Zusammensetzung des Eates beauftragten Ausschusses (Schriftstück A. 9. 1936. V.) : genehmigt die Empfehlung des Ausschusses, zwei neue, nicht ständige Batssitze vorläufig zu errichten, und erklärt daher als wünschenswert, dass für den anlässlich der Wahl nicht ständiger Eatsmitglieder an der Versammlung

533

von 1936 beginnenden und bis zur "Wahl der nicht ständigen Ratsmitglieder im Jahre 1939 dauernden Zeitabschnitt die Zahl der nicht ständigen Batssitze provisorisch auf elf erhöht werde; zieht in Erwägung, dass es gemäss Ansicht des mit der Zusammensetzung des Eates beauftragten Ausschusses bedauerlich wäre, eine endgültige Losung der mit der Zusammensetzung des Eates zusammenhängenden Fragen länger als unbedingt notwendig aufzuschieben und spricht den Wunsch aus, der Eat möchte, sobald es die Umstände zulassen.

einen beschränkten Sachverständigenausschuss einsetzen und einberufen, der beauftragt wäre, diesbezügliche Vorschläge zu formulieren.

Die Versammlung fordert den Generalsekretär auf, diese Eesolution dem Bäte zur Kenntnis zu bringen.

(Resolution vom 1. Oktober 1936 [Vormittag].)

3. Ständiger Internationaler Gerichtshof.

i. Vorgehen, nach welchem die Wahl der drei von H. Walther Schücking, H. Frank B. Kellogg und H. Wang Chung-Hui freigelassenen Batssitze zu erfolgen hat 1 ).

ii. Teilnahme eines Nichtmitgliedstaates, der jedoch Vertragspartei zur Satzung ist, an der Bichterwahl.

I.

Die Versammlung schliesst sich dem Vorschlag des Bates an und beschliesst : dass die durch das Ableben des H. Schücking und durch den Eücktritt des H. Kellogg freigewordenen Sitze durch Listenwahl besetzt werden sollen, wobei die für diese Sitze bezeichneten Anwärter allein wahlbar sind, und dass der durch den Bücktritt des H. Wang freigewordene Sitz durch eine besondere Wahl neu besetzt werden soll, wobei die für diesen Sitz bezeichneten Anwärter allein wählbar sind.

n.

Die Versammlung.

mit Bücksicht auf die Anordnungen des dritten Alineas des Artikels 4 der abgeänderten Satzung des Ständigen Internationalen Gerichtshofes, mit Bttcksicht auf die Vorschläge des Eates, beschliesst : Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

36

534 1. dass, wenn ein Staat, der nicht Mitglied des Bundes, jedoch Vertragspartei zur Satzung des Hofes ist, dem Generalsekretär den Wunsch ausspricht, an der Wahl der Mitglieder des Hofes teilzunehmen, mit vollem Eechte ermächtigt wird, an der Wahl im Schosse der Versammlung teilzunehmen; 2. dass vorderhand und ohne Verbindlichkeit bei allen Wahlen der Mitglieder des Hofes, die vor dem 1. Januar 1940 stattfinden, Deutschland, Japan und Brasilien als Staaten, die nicht Mitglieder des Bundes, aber Vertragspartei zur Satzung des Hofes sind, ermächtigt werden, an den Eatswahlen teilzunehmen, wenn sie dem Generalsekretär einen diesbezüglichen Wunsch aussprechen.

3. Der Generalsekretär ist beauftragt, alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um den Staaten, die nur die Satzung des Hofes angenommen haben, aber nicht Mitglieder des Völkerbundes sind, die Teilnahme an den Wahlen zu ermöglichen.

(Resolution vom 3. Oktober 1936 f Vormittag].)

4. Abkommen über die Staatsangehörigkeit vom 26. Dezember 1933, gezeichnet an der siebenten internationalen Konferenz der amerikanischen Staaten.

Die Versammlung, nach Prüfung ihres Traktandums betreffend das am 26. Dezember 1933 an der Konferenz der amerikanischen Staaten zu Montevideo gezeichnete Abkommen über die Staatsangehörigkeit: ist sich der Bedeutung der Frage der Einbürgerung in den Beziehungen von Staat zu Staat bewusst und gibt den Völkerbundsmitgliedern bekannt, dass das Abkommen von Montevideo dem Beitritt aller Staaten offen steht.

(Resolution vom 10. Oktober 1936 f Vormittag].)

5. Internationale Unterdrückung des Terrorismus.

Die Versammlung nimmt Kenntnis vom zweiten Bericht des Ausschusses für die Internationale Unterdrückung des Terrorismus und von den beiden demselben beigefügten Vertragsentwürfen, anerkennt das Interesse, das der Abschluss eines Vertrages bezüglich Verhütung und Unterdrückung des Terrorismus für die Festigung des Friedens darstellt, zieht jedoch in Erwägung, dass die Antworten der Eegierungen hinsichtlich des durch den Ausschuss ausgearbeiteten Entwurfes und der Aussprachen im Schosse der ersten Kommission für einige Eegierungen Unschlüssigkeiten haben aufkommen lassen, die beseitigt werden müssen, spricht die Ansicht aus, das ins Auge gefasste Abkommen müsse sich vom Grundsatz leiten lassen, dass es Pflicht eines jeden Staates ist, sich jeder Einmischung in das politische Leben eines fremden Staates zu enthalten, und müsse sich daher zum Ziel machen :

535 1. jedwelche Vorbereitung oder Ausführung terroristischer Attentate zu verbieten, die gegen das Leben oder die Freiheit von Personen gerichtet sind, die an Ausübung fremder Staatsgewalt oder fremder öffentlicher Ämter teilnehmen ; 2. für die wirksame Vorbeugung derartiger Attentate zu sorgen und insbesondere eine Zusammenarbeit herzustellen, um eine rasche Entdeckung vorbereitender Handlungen zu erleichtern; 3. für die Unterdrückung der Attentate zu sorgen, die ein eigentlich terroristisches Gepräge haben und die ein internationales Element enthalten, sei es infolge des Ortes der Vorbereitung oder Ausübung, sei es infolge der Staatsangehörigkeit ihrer Teilnehmer oder ihrer Opfer; stellt fest, dass einzelne Eegierungen die Zweckmässigkeit der Gründung eines internationalen Strafgerichtshofes in Abrede gestellt haben, dass aber die Verurteilung der Schuldigen durch eine derartige Gerichtsbarkeit von andern Eegierungen in einzelnen Fällen als vorteilhafter angesehen wurde als Auslieferung oder Aburteilung und dass demgemäss das zweite Abkommen von letzteren Eegierungen als nützlich angesehen wird, auch wenn er nicht allgemein angenommen werden sollte; spricht den Wunsch aus, der Ausschuss möchte seine Schlussfolgerungen betreffend die beiden von ihm vorbereiteten Abkommen erneut überprüfen unter Berücksichtigung der in den Antworten der Eegierungen enthaltenen oder im Laufe der Aussprachen geäusserten Bemerkungen, so dass eine diplomatische Konferenz durch den Bat im Jahre 1937 einberufen werden kann.

(Resolution vom 8. Oktober 1936 [Vormittag}.)

B. Resolutionen zur Berichterstattung der zweiten Kommission.

1. Tätigkeit der Hygieneorganisation.

Die Versammlung, nach Feststellung der Nützlichkeit der Arbeiten der Hygieneorganisation auf dem Gebiete der städtischen und ländlichen Wohnungen: ist der Ansicht, dass es vorteilhaft wäre, deren Tragweite auszudehnen, um die verschiedenen Seiten des Problems in ihrer Gesamtheit zu betrachten; ersucht den Eat, den Wirtschafts-, Finanz- und Hygieneausschuss sowie das internationale Arbeitsamt einzuladen, eine angemessene Zusammenarbeit in die Wege zu leiten, um der nächsten ordentlichen Völkerbundsversammlung einen zusammenfassenden Bericht zu unterbreiten. Dieser Bericht würde sich auf das Material stützen, über welches die Organisation verfügt, und würde gegebenenfalls die Vorschläge zu einem weitern Studienplan enthalten.

Die Versammlung, nach Prüfung des von den Delegationen Argentiniens, Boliviens, Chiles, Kolumbiens, Kubas, der Dominikanischen Eepublik, Ekuadors, Spaniens,

536 Haitis, Mexikos, Panamas, der Niederlande, Perus, Uruguays und Venezuelas unterbreiteten Vorschlages, eine Konferenz der ländlichen Hygiene für die Staaten Amerikas einzuberufen: ist der Ansicht, dass es infolge des universellen Charakters der technischen Tätigkeit des Völkerbundes Yon Nutzen wäre, dem Vorschlage Folge zu geben ; ersucht den Bat, im Einvernehmen mit den zuständigen technischen Organisationen und dem internationalen Arbeitsamt die Möglichkeit zu prüfen, denselben zu einer Zeit zu verwirklichen, die es ermöglicht, die Konferenz in angemessener Weise vorzubereiten.

III.

Die Versammlung stellt fest, dass die Tätigkeit der Hygieneorganisation von der Sorge getragen ist, an der Erhöhung des allgemeinen Gesundheitszustandes der Stadtund Landbevölkerung beizusteuern, und darauf ausgeht, an der Lösung der zeitgemässen Probleme der Hygiene und des sozialen Beistandes mitzuarbeiten: genehmigt die Arbeiten der Hygieneorganisation; genehmigt die Schlussfolgerungen des Berichterstatters und weist die in diesem Bericht gemachten Anregungen dem Hygieneausschuss zur Prüfung zurück.

(Resolution vom 8. Oktober 1936 [Nachmitag/.)

2. Tätigkeit der Organisation iür die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr, Die Versammlung nimmt Kenntnis von der Tätigkeit der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr im Jahre 1935/36; weiss den Wert der auf den verschiedenen Wirkungsgebieten dieser Organisation erzielten Ergebnisse hoch einzuschätzen und billigt ihre Tätigkeit; genehmigt die Schlussfolgerungen der zweiten Kommission und ersucht die Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr, die im Berichte des Berichterstatters enthaltenen Anregungen zu prüfen.

(Resolution vom 10. Oktober 1936 [Vormittag.])

3. Wirtschaftliche und finanzielle Fragen.

I.

Die Versammlung nimmt mit Genugtuung Kenntnis von der gemeinsamen Erklärung der Eegierungen Frankreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika und des Vereinigten Königreiches, vom 26. September 1936, und vom sofortigen Beitritt mehrerer Staaten zu dieser Erklärung; anerkennt, dass diese Erklärung mit den vom Wirtschaftsausschuss des Völkerbundes in seinem jüngsten Bericht über den gegenwärtigen Stand der

537 internationalen Wirtschaftsbeziehungen enthaltenen Empfehlungen im Einklang steht; von der Erwägung ausgehend, dass eine übereinstimmende Politik, welche die Wiederherstellung eines dauernden Gleichgewichts zwischen den Wirtschaften der verschiedenen Länder, die Errichtung festerer Grundlagen für die Beständigkeit der Wirtschaftsbeziehungen und die Förderung des internationalen Handels zum Gegenstand hat, wirksam dazu beitrüge, den Frieden zu befestigen, die internationale Ordnung wiederherzustellen, den Wohlstand in der Welt zu fördern und die Lebenshaltung der Völker zu verbessern: bestätigt den allgemeinen Wunsch der Mitgliederstaaten des Völkerbundes, die Verwirklichung dieser Ziele zu verfolgen, und lädt alle Staaten, ob Völkerbundsmitglieder oder nicht, ein, zu diesem Zweck ihre volle Mitwirkung zu geben; empfiehlt dringend allen Staaten als eine für den Enderfolg wesentliche Bedingung, sobald als möglich entscheidende und dauernde Massnahmen zur Verwirklichung der erwähnten Politik zu treffen, die übermässigen Hindernisse für den internationalen Handel und Verkehr zu vermindern und insbesondere die gegenwärtigen Kontingentierungs- und Devisenkontrollsysteme im Hinblick auf deren möglichst baldige Abschaffung einzuschränken.

II.

Die Versammlung, von der Erwägung ausgehend, dass die Zeit nunmehr gekommen ist. um eine Aussprache und eine Untersuchung über die Frage der Gleichstellung aller Nationen betreffend den kommerziellen Zugang zu gewissen Rohstoffen in zweckdienlicher Weise vorzunehmen, unter Mitwirkung der wichtigsten, diesbezüglich besonders interessierten Staaten, ob Mitglieder des Völkerbundes oder nicht: beschliesst, den Eat einzuladen, an dem ihm gutscheinenden Zeitpunkt, zum Zwecke, diese Frage zu prüfen und Bericht zu erstatten, eine Kommission zu schaffen, die sich in angemessenem Verhältnis aus Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses und des Finanzausschusses des Völkerbundes sowie aus andern, ohne Bücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit, dazu geeigneten Persönlichkeiten zusammensetzt ; anerkennt, dass die Auswahl der in Betracht zu ziehenden Eohstoffe diesem so bestellten Organismus anheimgestellt sein sollte; ist der Ansicht, dass bei den Arbeiten dieser Kommission die Mitwirkung von Staatsangehörigen besonders interessierter Staaten, ob Mitglieder des Völkerbundes oder
nicht, wünschbar wäre; regt an, der Eat möge diese Erwägung bei seinem Beschluss in Anschlag bringen ; und beauftragt den Generalsekretär, vorliegende Eesolution den Nicht mitgliedstaaten mitzuteilen.

538

III.

Die Versammlung zieht in Erwägung, dass die Anstrengungen, die auf eine Abschwächung der dem internationalen Kapitalumlauf im Weg stehenden Hindernisse hinzielen, nicht eine Begünstigung des Steuerbetruges zur Folge haben dürfen; stellt andererseits fest, dass die Doppelbesteuerung zugleich eine Ursache des Steuerbetruges und ein Hindernis für die Entwicklung der internationalen wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen darstellt; stellt fest, dass nur ein gemeinsames, auf klar gefasste Vereinbarungen zur internationalen Mitarbeit begründetes Vorgehen die genaue Veranlagung und gerechte Verteilung der Steuern sichern kann; ersucht daher den Steuerausschuss, seine Arbeiten betreffend die bestmögliche Verhütung der Doppelbesteuerung und diejenigen betreffend die internationale Rechtshilfe in Steuersachen fleissig fortzusetzen, um praktische Lösungen zur möglichst wirksamen Unterdrückung des Steuerbetrugs zutage zu fördern.

IV.

Die Versammlung zieht in Erwägung, dass der Austausch zwischen den Völkern eine wirkliche Belebung nur unter der Bedingung erfahren kann, dass er sich gleichzeitig auf allen Gebieten vollzieht, nämlich nicht bloss im internationalen Warenhandel, sondern auch im Geld- und Menschenverkehr; zieht in Erwägung, dass die Ein- und Auswanderung gegenwärtig eingestellt ist; und nimmt daher mit Genugtuung zur Kenntnis, dass eine im Eahmen der internationalen Arbeitsorganisation geschaffene Kommission für Ein- und Auswanderung (Commission des migrations) auf den Monat November einberufen worden ist, um gewisse Anblicke dieser ernsten Frage zu prüfen; spricht die Überzeugung aus, dass diese Kommission sowie das Internationale Arbeitsamt praktische Anregungen ausarbeiten werden, die unverzüglich zur Anwendung gebracht werden können, um die Lösung der oben erwähnten wirtschaftlichen und sozialen Fragen zu erleichtern; ersucht den Bat, die Arbeiten dieser Konferenz zu verfolgen und in dieser Hinsicht mit der internationalen Arbeitsorganisation in Fühlung zu bleiben, damit die zuständigen Organe des Völkerbundes gegebenenfalls zur Verwirklichung dieses Werkes beitragen können; beschliesst, die Frage der Ein- und Auswanderung in die Tagesordnung ihrer nächsten ordentlichen Tagung aufzunehmen.

(Resolutionen vom 10. Oktober 1936 [Nachmittag].)

4. Resolution zur Berichterstattung der zweiten Kommission. Ernährung.

Die Versammlung, nach Prüfung des Vorberichtes des gemischten Ausschusses für Ernährung, nach Kenntnisnahme der darin enthaltenen Anregungen,

539 in der Absicht, die Anstrengungen zu unterstützen, die eine angemessene Versorgung der Bevölkerungen mit notwendigen und vornehmlich schützenden Nahrungsmitteln anstreben, beschliesst, an die Eegierungen folgende Empfehlung zu richten: 1. Es sei das wissenschaftliche Studium der Ernährungsfragen zu unterstützen und mit allen Mitteln zu fördern, um für jedes einzelne Land die beste Ernährungsweise herauszufinden, unter Berücksichtigung der verschiedenen wirtschaftlichen Struktur, der Witterungsverhaltnisse und der Bezugsmöglichkeiten der betreffenden Staaten.

2. Es seien die nötigen Schritte zu unternehmen, damit die allerneusten Verfahren in Ernährungsfragen im Lehrplan der Medizinstudenten Aufnahme finden, und es seien die Praktiker und Hilfspersonen der hygienischen Abteilungen sowie Krankenschwestern und Besucherinnen fortwährend über die Portschritte der Wissenschaft auf dem laufenden zu halten.

8. Es sei eine energische Erziehungs- und Werbepolitik zu betreiben zur Belehrung der allgemeinen Öffentlichkeit in Ernährungsfragen.

4. Es sei die hygienische Organisation des Völkerbundes zu unterstützen, nicht nur was die Tätigkeit seines Fachausschusses anbetrifft, sondern ebenfalls dessen Anstrengungen auf dem Gebiete der Volksgesundheit und der sozialen Medizin, insbesondere, um die Anwendung der neuesten Entdeckungen der Wissenschaft zu fördern zugunsten gewisser Altersstufen und Gruppen der Bevölkerung.

5. Es sei die internationale Zusammenarbeit in Fragen der Erziehung, der Werbetätigkeit und des Austausches von Erfahrungen zu unterstützen und anzuspornen, indem ganz besonders die internationalen zuständigen Organisationen ermutigt werden, ihre Mithilfe zu sichern.

6. Es sei zu erwägen, welche Schritte unternommen werden müssten, um unter Aufwendung öffentlicher Mittel oder auf anderem Wege der Nahrungsmittelnot der Bevölkerungen mit wirklich sehr bescheidenem Einkommen abzuhelfen. Es seien ganz besonders Mittel und Wege zu finden, wodurch die Eegierungen eine angemessene Menge gewisser Nahrungsmittel, insbesondere Naturmilch, zu sichern in der Lage seien, welche schwangern und stillenden Frauen, Säuglingen, Kindern und jungen Leuten zur Verfügung gestellt würden.

7. Es sei zu untersuchen, welche weitern Schritte unternommen werden müssten, um den Nahrungsbedürfnissen der erwachsenen
Arbeitslosen nachzukommen oder solcher, welche sich aus andern Gründen in verzweifelter Lage befinden.

8. Um den nationalen Werbetätigkeiten und Erziehungsanstrengungen zur Erlangung einer bessern Volksernährung die grösste Auswirkung zu gewahrleisten, seien sämtliche in ihrer Macht stehenden Schritte zu unternehmen, welche, unter Wahrung der Interessen der Produzenten, der Gemeinschaft möglichst

540 angemessene Preise für die hauptsächlichsten Nahrungsmittel, insbesondere für Schutznahrungsmittel, gewährleisten; seien Schritte zu unternehmen, um den Verkauf durch den Handel und die Verteilung der Lebensmittel sowohl in den industriellen wie auch landwirtschaftlichen Gebieten zu verbessern wie auch zweckmässiger und wirtschaftlicher zu gestalten; sei die Zusammenarbeit zwischen Verbänden und andern herstellenden und abnehmenden Organisationen zu fördern.

9. Um die Eeinheit der Nahrungsmittel zu sichern und im Interesse der Volksgesundheit sei die internationale Vereinheitlichung der technischen Analyse und die Kontrolle eben dieser Nahrungsmittel nach bester Möglichkeit zu fördern.

Ebenso die Vereinheitlichung der Prüfung der vitaminhaltigen Waren, und zwar auf der Basis der in bezug auf die Standardisierung der biologischen Waren lautenden Untersuchungen.

10. Es seien Standardtypen zu bezeichnen zur Eingliederung der verschiedenen Arten von Nahrungsmittel, je nach deren Beschaffenheit.

11. Es sei zu untersuchen, ob eine Neuorientierung der allgemeinen Wirtschafts- und Handelspolitik wünschenswert sei, damit die notwendigen Nahrungsmittel in genügenden Mengen geliefert würden und insbesondere damit die Fortentwicklung der landwirtschaftlichen Produktion gefördert werde in der Absicht, den Bedurfnissen der zweckmässigen Ernährung zu genügen.

12. Um insbesondere die Verschiedenheit der einzelnen nationalen Ernährungsarten festzusetzen, sowie um die neuen Einheiten der zweckmässigen Ernährung festzulegen, seien Erkundigungen einzuziehen über den Verbrauch von Nahrungsmitteln pro Familie in verschiedenen Berufsgruppen und mit ungleichem Einkommen, sowie über die Verteilung der Volksmassen je nach deren Familieneinkonmien.

. " 13. Es sei zu untersuchen, in welchem Masse und durch welche Mittel die nationalen Statistiken über Herstellung und Verbrauch der einzelnen Nahrungsmittel verbessert werden können.

-- 14. Es seien dem internationalen Institut für Landwirtschaft Unterstützungen zu gewähren, um die erforderlichen Erkundigungen über die nationale Produktion, die Konsumation und die Preislage der einzelnen Nahrungsmittel einzuziehen.

15. Es seien die Arbeiten der verschiedenen in Nahrungsmittelfragen zuständigen Organe zusammenzustellen und es sei, in Ermangelung einer angemessenen Zentralisation, ein besonderes Gleichschaltungsorgan zu schaffen, welches die Vereinheitlichung der Politik und der Leitung durchzuführen hätte.

541 II.

Die Versammlung nimmt davon Kenntnis, dass der vom gemischten Ausschuss für Ernährungsfragen verfasste Bericht nur vorläufigen Charakter trägt, und beschliesst, das Mandat dieses Ausschusses für ein Jahr zu erneuern, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine Untersuchungen fortzusetzen und insbesondere die handelstechnischen Seiten der Eruährungsfrage näher zu erörtern.

Sie beauftragt den Ausschuss, ihr an der nächsten Versammlung einen endgültigen Bericht zu unterbreiten, wobei wohlverstanden bleibt, dass der Ausschuss auf diesem Gebiet seine Zusammenarbeit mit den internationalen Arbeitsorganisationen, mit dem Internationalen Institut in Eorn, sowie mit sämtlichen an diesen Prägen interessierten internationalen Organisationen fortsetzt.

III.

Die A7ersammlung nimmt zur Kenntnis, dass in verschiedenen Ländern nationale Ernährungsausschüsse geschaffen worden sind; anerkennt, dass eine Koordination der Arbeitskräfte dieser Ausschüsse sowie die Möglichkeit eines Austausches von Erfahrungen unter den Vorsitzenden auf internationalem "VTege von Nützlichkeit sein könnte, und schlägt daher vor, der Hat möchte nach Befragung des Präsidenten des gemischten Ausschusses für Emährungsfragen die nötigen Verfügungen treffen, um den Meinungsaustausch zwischen den Vertretern dieser Ausschüsse zu fördern zwecks Besprechung und Prüfung der gemeinsamen Fragen.

(Eesolution vom 8. Oktober 1936 [Nachmittag].)

5. Kommission des Völkerbundes.

I.

Die Versammlung billigt die neue Satzung der Hygieneorganisation, die vom Eat in der Sitzung vom 26. September 1936 gutgeheissen worden ist.

II.

In Anbetracht dessen, dass der Eat im Bericht vom 26. September 1936 betreffend die Verfassung einer neuen Satzung der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr festgestellt hat, dass die im Bericht des Sonderausschusses dargelegte Lage eine restlose Befolgung der in der Resolution der Versammlung vom 26. September 1936 enthaltenen Richtlinien nicht gestattet, jedoch vom. Wunsche getragen, die neue Satzung der Organisation möchte sich soweit tunlich an die besagten Richtlinien halten, schliesst sich die Versammlung den Anregimgen des vom Eate am 26. September genehmigten Berichts an;

542 sie bittet daher den Eat, den Sonderausschuss erneut einzuberufen, damit dieser die Prüfung des Statuts der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr in seiner Gesamtheit wieder aufnehme und dem Eat durch Vermittlung des Berichterstatters des Eats seine Anträge vorlege; sie überträgt dem Eat den Auftrag, in ihrem Namen, nach Prüfung des vom Ausschuss ausgearbeiteten Vorentwurfs, die neue Satzung der Organisation zu errichten und gutzuheissen.

(Besolution vom 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

C. Resolutionen zur Berichterstattung der dritten Kommission.

Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen.

Die Versammlung, fest überzeugt von der Notwendigkeit, die gemachten Anstrengungen zwecks Herabsetzung und Beschränkung der Eüstungen, wie sie in Artikel 8 des Paktes vorgesehen sind, fortzusetzen: beglückwünscht sich zu der von der französischen Eegierung ergriffenen Anregung zugunsten einer baldigen Einberufung des Bureaus der Abrüstungskonferenz ; ersucht den Eat, dem Bureau und den Eegierungen der an der Konferenz beteiligten Staaten den vorstehenden Bericht sowie das Protokoll der Beratungen zur Kenntnis zu bringen.

(Resolution vom 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

D. Resolutionen zur Berichterstattung der vierten Kommission.

1. Finanzielle Fragen.

1. Gestützt auf Artikel 88 des Eeglementes über die Finanzverwaltung des Völkerbundes erteilt die Versammlung den geprüften Abrechnungen des Völkerbundes für das am 31. Dezember 1935 abgelaufene sechzehnte Eechnungsjahr die endgültige Genehmigung.

2. Die Versammlung, auf Grund des Artikels 17 des Eeglementes über die Finanzverwaltung des Völkerbundes : genehmigt den Voranschlag des Völkerbundes für das neunzehnte, am 31. Dezember 1937 zu Ende gehende Eechnungsjahr im Betrage von 29,184,128 Schweizerfranken Auslagen und 21,284,823 Goldfranken Einnahmen, und beschliesst die Veröffentlichung des besagten Voranschlags im Journal Officiel.

3. Unter Vorbehalt der in diesem Bericht enthaltenen Anträge und Abänderungen genehmigt die Versammlung die Schlussfolgerungen der verschiedenen ihr zur Prüfung vorgelegten Berichte der Kontrollkommission.

543

4. Die Versammlung nimmt den Bericht des Verwaltungsrates der Pensionskasse des Personals für das Jahr 1936 und den Bericht des beratenden Aktuars über den dritten Kassenanschlag zur Kenntnis; ; beschliesst, dass die Kasse vorderhand jedes Jahr vom beratenden Aktuar veranschlagt wird: bittet den Verwaltungsrat, i die Anwendung des Artikels 19 des Eeglementes der Pensionskasse des Personals zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten; , ' lädt die Kontrollkommission ein, gemeinsam mit einer Abordnung des Verwaltungsrates die Abänderungen zu prüfen, die am Kassenreglement vorzunehmen sind, um den in diesem Bericht dargelegten Ansichten Beatmung zu tragen; ; genehmigt die Abrechnung der Kasse, so wie sie vom Eechnungsrevisor vorgelegt worden ist.

und beschliesst, gemäss Paragraph a des Artikels 7 des Réglementes der Pensionskasse des Personals, den Beitrag des Völkerbundes an die Pensionskasse für das Jahr 1937 auf 9 % des Betrages der dem Abzug unterworfenen Gehälter der Kassenmitglieder festzusetzen.

5. Die Versammlung ernennt in die Kontrollkommission für die am 81. Dezember 1939 ablaufende Amtsdauer zu ordentlichen Mitgliedern: H. Professor W. Rappard (Schweiz) ; H.Francis T. Cremins (Freistaat Irland); H. Professor Harold Gramer (Schweden) ; zu Ersatzmitgliedern : H. Jean de Modzelewski (Polen) ; H. C. Parra-Pérez (Venezuela); H. C. van Rappard (Niederlande}.

' Die Versammlung genehmigt den vorliegenden Bericht der vierten Kommission (Schriftstück A. 80. 1930. X).

, (Resolutionen vom 10. Oktober 1936 [Nachmittag].)

Anhang.

Die Schlussfolgerungen der Berichte der Kontrollkommission betreffen die Abrechnungen des Rechnungsjahres 1935, den Voranschlag und den zusätzlichen Voranschlag 1937, die Abänderungen am Finanzreglement (Art. 33 a und 33 6 neu und 16 a abgeändert); die Ruhegehälter der Mitglieder des Ständigen Internationalen Gerichtshofes ; die "\Verbung und Beförderung der Sekretariatsmitglieder ; den Übertrag auf die Rechnungsjahre 1936/37 gewisser Kredite für die Gebäude ; die von den Nichtmitgliedstaaten an die Kasse des Sekretariats geleisteten Zahlungen; die Pensionskasse des Personals; die zeitweiligen Korrespondenten und Mitarbeiter ; die Zuschusskredite ; die Ansiedlung der irakischen Assyrier.

Diese Scblussfolgerungen haben die Annahme folgender Bestimmungen zur Folge (neue Réglemente, Zufügungen zu alten Reglementen oder Abänderungen derselben) :

544 A. Reglement betreffend die Finanzverwaltung des Völkerbundes.

Abänderung des Artikels 16 a.

An Stelle der beiden letzten Sätze des ersten Absatzes des Artikels 16 a tritt folgender Wortlaut: «1. Wenn ein solcher Vorschlag weniger als einen Monat vor Tagungsbeginn eintrifft oder im Laufe der Tagung gemacht wird, kommt folgendes Verfahren zur Anwendung : a. Er wird unverzüglich vom Generalsekretär der Kontrollkommission überwiesen, die über die allgemeinen finanztechnischeD Folgen Bericht erstatten wird.

b. Der Vorschlag wird bis zur nächsten Völkerbundssession vertagt, es sei denn, dass die Versammlung oder die Finanzkommission, auf Grund des Berichtes der Kontrollkommission und durch besondere, mit 2/3 Mehrheit genehmigte Resolution beschliesst, ihn während der Tagung zu prüfen.

c. Wird beschlossen, den Vorschlag während der laufenden Tagung zu behandeln, so wird das gewöhnliche, für die Zusatzkredite vorgesehene Verfahren angewendet, wobei indessen die Gewährung eines Kredites durch die Finanzkommission eine Vs-Mehrheit voraussetzt.» Neuer Artikel 33 a.

«1. Unter der Bezeichnung ,,Garantiefonds" wird ein besonderer Fonds errichtet, dessen Verwaltung und Verwendung den Bestimmungen des vorliegenden Artikels unterliegen. Der Fonds darf zu keinem andern Zweck benützt werden.

2. a. Wenn die Versammlung auf Grund eines Berichtes der Kontrollkommission als wahrscheinlich erachtet, dass die tatsächlichen Ausgaben, die einen Posten eines Teils des Voranschlages für das Sekretariat oder eine selbständige Organisation betreffen, geringer sein werden als der Gesamtbetrag der Kredite, deren Abstimmung wünschbar wäre, um für alle Fälle gerüstet zu sein, so kann sie i. die betreffenden Kredite uneingeschränkt gewähren und ii. beschliessen, dass nur ein Bruchteil des für den besagten Posten vorgesehenen Gesamtbetrages erhoben wird, und zwar bei den Mitgliedstaaten auf dem Beitragswege, und dass der Saldo, wenn dessen Ausgabe notwendig wird, durch den Garantiefonds gedeckt wird.

b. Die gemäss obigem Paragraphen a vorgenommenen Herabsetzungen der Beiträge dürfen lediglich im Rahmen, der verfügbaren Beträge des Garantiefonds erfolgen.

S. Hinsichtlich des Sekretariates werden die erforderlichen Beträge unmittelbar vom Schatzmeister abgehoben. Hinsichtlich der selbständigen Organisationen werden die
zuständigen Beamten sich an den Generalsekretär wenden, der ihrem Ersuchen entsprechen wird.

4. Die Anwendimg der Bestimmungen des vorliegenden Artikels auf das Sekretariat und die selbständigen Organisationen unterliegt der im Kapitel X dieses Réglementes vorgesehenen Kontrolle.

5. Der Garantiefonds wird durch Beträge gespeist, die die Versammlung für denselben wird bestimmt haben. Er wird nicht Bestandteil des in Kapitel III dieses Réglementes erwähnten Voranschlages sein, sondern Gegenstand eines gesonderten Kontos bilden und als solches verwaltet werden. Den jährlichen, der Versammlung vorgelegten Rechnungen wird eine vom Rechnungskommissar geprüfte Übersicht über den Stand des Garantiefonds beigefügt werden.

6. a. Wenn aus dieser Übersicht hervorgeht, dass vorn Garantiefonds Beträge abgehoben worden sind, werden die betreffenden Beträge dem Fonds auf Kosten des Budgets im Lauf der zwei Jahre nach der vollzogenen Abhebung zurückerstattet, vorbehaltlich eines andern Beschlusses der Versammlung.

b. Wenn am Schluss des Rechnungsjahres diejenigen Beträge, die in der Übersicht dem Garantiefonds gutgeschrieben sind, sowie alle vom Garantiefonds ab-

'

.

·

545

gehobenen und noch nicht zurückbezahlten Beträge diejenigen Beträge übersteigen, welche die Versammlung von Zeit zu Zeit dem Fonds zusprechen wird, so wird der Betrag dieses Überschusses vom Garantiefonds zurückgezogen und als Einnahme für das betreffende Rechnungsjahr betrachtet.» .

. : · Neuer Artikel 33 b.

«1. Es wird ein Reservefonds errichtet zum Zwecke:, den regelmässigen Gang des Schatzamtes des Völkerbundes im Rahmen des von der Versammlung besolilossenen Voranschlages zu sichern.

2. Der Fonds wird bestehen aus : a. den von den Völkerbundsmitgliedern für Rechnungsjahre gezahlten Beträge, die zwei Jahre hinter dem gegenwärtigen Rechnungsjahr zurückliegen; b. allen andern Beträgen, die der Völkerbund diesem Fonds zusprechen wird; c. allen Zinsen aus Anlagen dieses Fonds.

3. Kein Vorschuss wird vom Fonds bezogen werden können ohne ausdrückliche Bewilligung der Kontrollkommission, die der Versammlung einen besondern Bericht vorlegen wird.

4. Der Fonds wird getrennt verwaltet. Jedes Jahr wird der Versammlung ein vom Rechnungskommissar geprüfter Auszug vorgelegt, aus dem der Stand des Fonds ersichtlich ist.» B. Reglement der ;Revisions- und Personalkasse.

i. Am Schluss des Artikels !,'§ l, folgenden Satz hinzufügen: «Für die Belange dieses Réglementes werden die Geriehtschreiber des Ständigen Gerichtshofes, mit Ausnahme des ersten Gerichtsschreibers, als Beamte der Gerichtsschreiberei betrachtet werden.» ii. Nach den Worten «sieben Jahre» des Artikels l, Absatz l, soll der gegenwärtige Wortlaut durch folgenden ersetzt werden: « . . . und nach einer ärztlichen Untersuchung, aus welcher hervorgeht, dass der Beamte gesund ist, dass keine Verletzung und keine Krankheit ihn an der angemessenen Ausführung seines Amtes hindern, und dass sich bei ihm keine Spuren pathologischer Krankheit oder pathologischer erblicher Belastung vorfinden, noch eine entschiedene Veranlagung zu Krankheiten, die vorzeitige Arbeitsunfähigkeit oder Tod zur Folge haben können.» iii.: Vor den Worten «der Nebengerichtsschreiber» des § 8, c einfügen: «der Gerichtsschreiber und».

·, .

C. Reglement betreffend die Zuerkennung von Pensionen an Mitglieder des Ständigen Internationalen Gerichtshofes oder an den Gerichtsschreiber (von der Versammlung am 14. September 1929 genehmigt).

i. Im ersten Absatz des Artikels 6 sind die
Worte «auf Antrag des Rates» zu entfernen.

ii.,Es ist ein neuer Artikel 7 hinzuzufügen, der folgenden Wortlaut hat: «Die Bestimmungen des vorliegenden Réglementes betreffend die Gewährung einer Pension an den Gerichtsschreiber werden nur so lange in Kraft bleiben, als der gegenwärtige Inhaber dieses Postens (am 3. Februar 1922 gewählt, am 16. August 1929 wiedergewählt) sein Amt beibehalten wird.

Was die Bedingungen anbelangt, unter welchen den künftigen. Inhabern dieses Postens eine Pension zuerkannt wird, wird auf das Reglement betreffend die Aufstellung eines Pensionensystems für das Personal des Völkerbundes, das am 3. Oktober 1930 von der Versammlung genehmigt worden ist, verwiesen, einschliesslich der bereits vorgenommenen oder noch anzubringenden Abänderungen.»

546 D. Verwaltung des Pensionenfonds der Mitglieder des Ständigen Internationalen Gerichtshofes, Reglement.

1. Um den Verpflichtungen zu entsprechen, die sich aus der von der Versammlung im Jahre 1929 genehmigten Resolution «über das Reglement betreffend die Gewährung von Pensionen für Mitglieder und den Gerichtsschreiber des Ständigen Internationalen Gerichtshofes» sich ergeben, wird vom 1. Januar 1937 an ein Pensionenfonds errichtet, dessen Verwaltung von denjenigen der andern Aktiven des Völkerbundes getrennt sein wird und der lediglich zu den in dieser Resolution vorgesehenen Zwecken verwendet werden kann.

2. Der Pensionenfonds wird gespiesen: a. durch ein Kapital von fl. 343,135, der vom allgemeinen Überschuss des Völkerbundes für das Rechnungsjahr 1935 abgehoben wird; b. durch einen Betrag von fl. 45,000, der bereits für die Pensionen der Richter vorbehalten ist; c. durch einen jährlichen Beitrag von fl. 80,766, der von 1937 bis 1951 auszuzahlen sein wird und dazu bestimmt ist, den zur Erfüllung der den amtenden oder seit dem 1. September 1936 zurückgetretenen Richtern gegenüber bestehenden Verpflichtungen erforderlichen Betrag zu vervollständigen; d. durch einen jährlichen Beitrag von fl. 6215 während der Amtsdauer jedes neuen, nach dem I.September 1936 erwählten neuen Richters; e. durch die Zinsen der Anlagen des Fonds.

3. Der Generalsekretär des Völkerbundes wird für die Verwaltung des Fonds verantwortlich sein. Die in den Voranschlag aufgenommenen Beträge werden vom Gerichtsschreiber, dem Generalsekretär zu dem von ihnen gemeinsam und unter Berücksichtigung der Entrichtung für laufende Pensionen festgesetzten Zeitpunkten des Jahres.

4. Die Anlagen des Fonds werden : vom Generalsekretär des Völkerbundes vorgenommen, nach Befragung des Anlageausschusses der Pensionen- und Personalkasse oder irgendeines andern von der Versammlung zu diesem Zwecke eingesetzten Ausschusses.

5. Der Fonds wird alle 5 Jahre oder in kürzeren Zeitabschnitten, je nach Entscheid des Generalsekretärs, Gegenstand einer Schätzung sein. Der Schätzungsbericht wird der Versammlung durch Vermittlung der Kontrollkommission vorgelegt werden.

6. a. Der Gerichtsschreiber wird sämtliche auf Pensionen auszubezahlende Beträge ausrechnen und sie durch Inanspruchnahme der gemäss Artikel 3 gewährten Kredite vollziehen.

b. Die
Berechnung durch den Gerichtsschreiber des Betrages der jährlichen Pension wird vom Generalsekretär bestätigt.

o. Der Generalsekretär wird für die Aufstellung und Kontrollierung alles dessen sorgen, wag die Aktuargeschäfte oder die Anlagen betrifft. Der Gerichtsschreiber hat ein Prüfungsrecht über sämtliche Belege.

7. a. Die Rechnung und die jährliche Bilanz werden jedes Jahr vom Generalsekretär vorbereitet und vom Rechnungskommissar des Völkerbundes, dessen Bericht der Kontrollkommission, dem Rat, dem Gerichtsschreiber und allen Völkerbundsmitgliedern mitgeteilt wird, überprüft.

6. Der Geriohtssohreiber wird beauftragt, für alle Pensionsauszahlungen eine besondere Buchhaltung zu führen. Diese Buchhaltung wird dem Generalsekretär mitgeteilt. Ferner wird der Gerichtsschreiber dem Generalsekretär eine monatliche Übersicht über die Ausgaben zustellen.

8. Der Generalsekretär wird gemeinsam mit dem Gerichtsschreiber die erforderlichen Verwaltungsvorschriften zur Verwaltung des Fonds ausarbeiten. Diese Regeln werden der Kontrollkommission unterbreitet.

547

2. Rückständige Mitgliederbeiträge.

Die Versammlung ; genehmigt den Bericht des Sonderausschusses für die Begleichung der rückständigen Beiträge, enthalten im Schriftstück A. 29. 1936. X, mit folgender Abänderung: Die letzte Keile in Paragraph 9: «Nichtigerklärung von Abreden wegen Verstoss» (Seite 3 des Berichtes) wird folgendermassen lauten:«Infolgedessen empfiehlt der Ausschuss, die Nichtigerklärungsklausel erst vom 1. Januar 1937 an in Kraft treten zu lassen»; in Betracht ziehend, dass es, wenn sich auch die Läge hinsichtlich der rückständigen Beiträge -wesentlich verbessert hat, nichtsdestoweniger notwendig ist, sich weiterhin umsichtig zu zeigen, nicht nur in bezug auf die Bückstände, sondern auch auf die Eintreibung der laufenden Beiträge; beschliesst, einen Sonderausschuss für Mitgliederbeiträge zu ernennen, der aus folgenden Mitgliedern bestehen und mit sämtlichen Prägen betraut sein wird, die sich anlässlich der Eintreibung der Beiträge erheben können, und an der achtzehnten ordentlichen Tagung der Versammlung: einen Bericht vorlegen wird: «Graf Garton de Wiart (Belgien); Sir Frederick Phillips (Grossbritannien) ; Herrn C. J. Hambro (Norwegen); Herrn Stefan Osusky (Tschechoslowakei); Herrn A. Guani (Uruguay).» (Resolution vom 10. Oktober 1936 [Nachmittag].)

3. Verteilung der Ausgaben der Versammlung.

Die Versammlung billigt für die Jahre 1937, 1938 und 1939 die dieser Resolution beigeschlossene Verteilungstafel der Ausgaben des Völkerbundes.

Verteilungstafel der Völkerbundsausgaben für 1937, 1938 und 1939: Staaten Einheiten Staaten Einheiten Abessinien . . . . . . . . .

2 Übertrag 165 Afghanistan .

l Cuba : . . . .

5 Albanien .

l Dänemark 12 Argentinien . . . . . . . .

23 Dominikanische Republik. .

l Australien 23 Ekuador . . . . '. . . . .

l Belgien 19 Estland 3 Bolivien ,2 Finnland . . . . . . . . .

10 Bulgarien 4 Frankreich . . . . . . . . 80 Canada 35 Griechenland . . . . . . .

7 Chile .

8 Vereinigtes Königreich GrossChina 42 britannien. .: .

. . . . 108 Columbien. . . . . . . . .

5 Guatemala Übertrag

16,5

Übertrag 393

548 Einheiten

Staaten

Übertrag Haiti Honduras . . .

Indien . . . .

Irak Iran Irischer Freistaat Italien . . . .

Jugoslawien Lettland Liberia Litauen Luxemburg Mexiko Nikaragua Niederlande Norwegen Neuseeland Österreich

893 l l 49 3 5 10 60 17 3 l 4 l 13 l 24 9 8 10

Staaten

Einheiten 613 1 1 5 32 8 19 1 19 17 6 40 . . .

16 25 10 8 4 94 4

Übertrag Panama Paraguay Peru Polen Portugal Eumänien Salvador Schweden Schweiz Siana Spanien Südafrikanische Union Tschechoslowakei Türkei Ungarn Uruguay U S. S. E Venezuela

Übertrag 613 Total 923 (Resolution vom 10. Oktober 1936 [Nachmittag].)

4. Bestellung der Kontrollkommission.

Die Versammlung, gestützt auf die Feststellung, dass laut Absatz 2 und 3 des ersten Artikels des Finanzreglementes die Ende 1936 austretenden Mitglieder der Kontrollkommission: H..0susky und H. Eéveillaud, nicht wiederwählbar sind ; dass H. Osusky und H. Eéveillaud in ihrer Eigenschaft als Präsident und Berichterstatter der Kontrollkommission der Kommission sowohl wie dem gesamten Völkerbund unschätzbare Dienste geleistet haben; dass die Kontrollkommission durch Beschluss vom 3. Oktober 1930 damit betraut worden ist, «inskünftig alle finanziellen Fragen zu prüfen, die sich im Zusammenhang mit den neuen Gebäuden erheben könnten»; dass die Errichtung der neuen Gebäude voraussichtlich erst im Jahre 1937 zum AbscMuss gelangt; dass es ausserordentlich wünschbar wäre, dass die Kontrollkommission, vorbehaltlich des Hinzutretens eines neuen Mitgliedes, in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung weiterhin die Aufgabe erfülle, die ihr von der Versammlung von 1930 erteilt worden ist; dass eine Abänderung des Artikels l des Eeglements über die Finanzverwaltung des Völkerbundes notwendig scheint, damit die Kommission jederzeit eine Anzahl Mitglieder zähle, die in der Verwaltung der Völkerbundsfinanzen Erfahrung besitzen und auf diese Weise die Kontinuität in der Tätig-

549

keit der Kommission, unbeschadet ihrer periodischen Neubesetzung, gewahrt bleibe und sie ihre Aufgabe gebührend zu erfüllen imstande sei; beschliesst : 1. die Anwendung des Artikels l, Absatz 8, des Eeglements über die Finanzverwaltung des Völkerbundes aufzuheben; 2. die gegenwärtige Bestellung der Kommission bis zu Ende des Bechnungsjahres 1937 beizubehalten und ihr ein im Verlauf der gegenwärtigen Tagung zu ernennendes Mitglied zuzuteilen; 3. einen aus drei Mitgliedern bestehenden Aussehuss zu bezeichnen mit dem Auftrag, die Abänderungen zu prüfen, die gegebenenfalls am Artikel l des Eeglements anzubringen wären, und darüber an der nächsten Tagung der Versammlung Bericht zu erstatten.

(Resolution vom 10. Oktober 1936 [Nachmittag].)

E. Resolution zur Berichterstattung der fünften Kommission.

1. Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln.

I Die Versammlung, nach Kenntnisnahme des durch die beratende Kommission für den Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln anlässlich der 21. Tagung (18. Mai bis 5. Juni 1936) angenommenen und durch den Eat am 19. September 1936 genehmigten Beschlusses, die Vorarbeiten und die Sammlung von Belegen über die Kontrolle der Mohnpflanzungen fortzusetzen im Hinblick auf die möglichst baldige Einberufung einer Konferenz, deren Aufgabe es wäre, ein Abkommen über die Beschränkung dieses Eohstoffes auszuarbeiten; in der Erwägung, dass die Beschränkung der Eohstoffe eine entscheidende Entwicklungsstufe im Kampfe des Völkerbundes gegen die missbräuchliche Verwendung der Betäubungsmittel und das logische und notwendige Miel ihrer Arbeiten ist: empfiehlt allen Eegierungen, der beratenden Kommission im Mass des Möglichen beizustehen in den Vorarbeiten der Konferenz und insbesondere der Zusammenstellung der erforderlichen Unterlagen; lädt die Eegierungen der Herstellerstaaten ein, bis 31. Januar 1937 die im Fragebogen, der ihnen durch die beratende Kommission zugestellt wird, nachgesuchten Aufschlüsse zukommen zu lassen; nimmt von dem durch die beratende Kommission in ihrem Bericht an den Eat ausgesprochenen Entschluss (Druckschrift C. 278. M. 168. 1936. XI) Kenntnis, anlässlich der nächsten Tagung die Frage der Gründung eines vorbereitenden Ausschusses zu prüfen, der damit beauftragt wäre, die Grundlinien festzusetzen, die als Grundlagen des Vertrages dienen könnten; spricht den Wunsch aus, dass die beratende Kommission die Möglichkeit prüfe, sobald als möglich vorbereitende Konferenzen zu veranstalten: wobei Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

37

550 die eine die Vertreter derjenigen Bohopiurn herstellenden Staaten, die diesen Eohstoff nach den Bauschgifte verarbeitenden Staaten ausführen, und die Vertreter dieser Staaten vereinigen würde; die andere die Vertreter der Bohopium herstellenden Staaten, welche in die Staaten mit Monopol für Bauchopium ausführen und die Vertreter dieser Staaten vereinigen würde; empfiehlt die Einberufung einer allgemeinen Konferenz möglichst bald nach diesen Vorbesprechungen; spricht den Wunsch aus, dass die Vorarbeiten der beratenden Kommission und des Sekretariats mit aller wünschbaren Schnelligkeit ausgeführt werden, ohne durch finanzielle Bücksichten gehemmt zu sein.

II.

Die Versammlung nimmt mit grosser Befriedigung vom Abschluss des Abkommens von 1936 über die Unterdrückung des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln Kenntnis ; in Erwägung, dass die universelle Anwendung des Abkommens die Grundbedingung seiner Wirksamkeit ist: empfiehlt allen Staaten, in kürzester Frist alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um die Konvention zu ratifizieren, damit sie möglichst bald ihre ganze Wirkung entfalte.

III.

Die Versammlung nimmt den ihr von der fünften Kommission unterbreiteten Bericht (Druckschrift A. 63. 1936. XI) zur Kenntnis" und billigt dessen Schlussfolgerungen.

(Resolution vom 8. Oktober 1936 [Nachmittag].)

2. Frauen- und Kinderhandel.

I.

Die Versammlung, nach Kenntnisnahme der derzeitigen Lage, soweit sie die Konferenz der Zentralbehörden im Orient anbetrifft, die gemäss früheren Beschlüssen des Bates und der Völkerbunds Versammlung einberufen wird, nach Feststellung, dass die Konferenz im Februar 1937 zusammentreten wird, und zwar auf Einladung der niederländischen Begierung hin, für welche die Versammlung bestens dankt, in Bandoeng (Java), nach Feststellung, dass die Begierungen nachfolgender Länder beschlossen haben, an der Konferenz teilzunehmen: Grossbritannien (Begierungen von Hongkong und Malaien), China, Frankreich, Indien, Japan, Niederlande, Portugal, Siam und Vereinigte Staaten von Amerika (letztere durch einen Beobachter vertreten) ; in Erwägung der Wichtigkeit, die folgenden Fragen, welche die Tagesordnung der Konferenz bilden, beizumessen ist: enge Zusammenarbeit der

551 Zentralbehörden des Orients; Ein- und Auswanderung, soweit sie den Frauenund Kinderhände! betrifft, enge Zusammenarbeit zwischen Behörden und Privatorganisationen : Verwendung von Frauen in den mit dem Schutz der Frauen und Kinder im Orient beauftragten Dienstzweigen; Abschaffung der Lusthäuser im Orient und Lage der geflüchteten Eussinnen in diesem Teil der Welt, die sich der Prostitution hingeben oder Gefahr laufen, derselben anheimzufallen : genehmigt die vorgeschlagene Tagesordnung, die sie als praktisch erachtet und übereinstimmend mit den im Bericht der Untersuchungskommission für Frauen- und Kinderhandel im Orient aufgeworfenen Fragen; spricht die Hoffnung aus, dass die Konferenz die wichtige Aufgabe zu einem guten Ende führen wird und dass die Beratungen zur Durchführung praktischer Massnahnien zur Bekämpfung des Frauen- und Kinderhandels führen werden; und richtet an die Konferenz die wärmsten Wünsche für den Erfolg ihrer Bemühungen.

II.

Die Versammlung nimmt den Bericht zur Kenntnis, den ihr die fünfte Kommission vorgelegt, und genehmigt dessen Schlussfolgerungen (Schriftstück A. 62. 1936. IV).

(Resolution vom 8. Oktober 1936 [Nachmittag].)

3 Kinderschutz.

I.

Die Versammlung dankt der beratenden Kommission für Kinder- und Jugendschutz für die Bemühungen, die sie unternommen hat, um das Los der Kinder und Jugendlichen zu bessern.

Sie schlägt vor, dass, zwecks besserer Zusammenarbeit zwischen der beratenden Kommission für soziale Fragen und anderen Organen, die die verschiedenen Seiten der sozialen Fragen behandeln, eine Verbindung mit andern Kommissionen und Ausschüssen hergestellt werde, wenn Fragen behandelt werden, die die beratende Kommission interessieren können.

II.

Die Versammlung legt besonderes Gewicht auf den Beschluss der beratenden Kommission für soziale Fragen, im Laufe der nächsten Tagung einen Studienplan, d. h. ein Arbeitsprogramm auszuarbeiten.

Sie ist der Ansicht, dass die ersten Punkte dieser Arbeit die Erörterung der wichtigsten, zur Frage der Gesamtorganisation des Kinder- und Jugendschutzes gebrachten Lösungen sein sollte.

552 l

III.

Die Versammlung anerkennt das Interesse und die Bemühungen, die die beratschlagende Kommission für soziale Fragen der sozialen Seite des Problems der Ernährung aufgebracht hat, und in Erwägung, dass der Schutz der Kinder sowohl in den Städten wie auf dem Lande in mancher Hinsicht mit der Frage der Ernährung verknüpft ist: erachtet es als notwendig, dass die beratende Kommission sich in eingehender Weise mit den sozialen Seiten dieser Frage beschäftigt, in Zusammenarbeit mit dem gemischten Ausschuss für Ernährung, insbesondere hinsichtlich des Kinderschutzes; sie empfiehlt der beratenden Kommission, das Studium dieser beiden sich ergänzenden Fragen fortzusetzen.

(Resolution vom 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

4. Fragen des Strafrechts- und des Geîangniswesens.

Die Versammlung hat vom Bericht des Generalsekretärs über die Fragen des Strafrechtsund Gefängniswesens (Dokument A. 25. 1936. IV) Kenntnis genommen; dankt den Eegierungen für die Berichte, die sie im Laufe des Jahres dem Völkerbund zugestellt haben (siehe Dokument A. 25. 1936. IV), und ersucht sie, auch weiterhin den Völkerbund über die Änderungen, die sie im Gefängniswesen durchgeführt haben, auf dem laufenden zu halten; dankt den internationalen technischen Organisationen für ihre jährlichen Mitteilungen über ihre Tätigkeit und ihre wertvolle Mitarbeit, um das Studium des Gefängniswesens auf internationaler Grundlage auszubauen; beauftragt den Generalsekretär, die guten Dienste der internationalen Kommission für Strafrechts- und Gefängniswesen anzurufen, um, wenn nötig, mit Hilfe des Völkerbundssekretariats eine Untersuchung zu veranlassen: «a. über die Zahl der in den verschiedenen Staaten sich befindenden Gefangenen, die das 18. Altersjahr überschritten haben (getrennte Zahlen für Männer und Frauen), und zwar an einem dem 31. Dezember 1936 möglichst nahen Zeitpunkt. Als Gefangene sind diejenigen Personen zu betrachten, die ihrer Freiheit beraubt sind (mit Ausnahme derjenigen, die infolge geistiger oder physischer Krankheit eingesperrt sind) und die unter nachfolgende Kategorien fallen 1. Personen in Untersuchungshaft, 2. Personen, die auf Grund gerichtlicher Beschlüsse verurteilt worden sind, 3. Personen, die infolge keiner der oben angegebenen Gründe eingekerkert sind.

553 Die Zahlen sollten wenn möglich die Anzahl der Gefangenen jeder der drei Kategorien angeben; b. über die in den verschiedenen Staaten in den letzten Jahren getroffenen Massnahmen, um die Zahl der Gefangenen zu vermindern.» (Resolution mm 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

5. Unterstützung unbemittelter Ausländer.

Die Versammlung, nach Kenntnisnahme der Arbeiten des Sachverständigenausschusses zur Unterstützung unbemittelter Ausländer und zur Erfüllung der Unterstützungspflichten im Auslande während seiner zweiten Tagung im Januar 1936: dankt dem Ausschuss für seine Mühe zur Verbesserung der Lage der unbemittelten Ausländer durch Ausarbeitung eines zweiten Entwurfes eines mehrseitigen Vertrags auf der Basis der durch die Eegierungen gemachten Beobachtungen ; ersucht die Eegierungen, dem Generalsekretär gemäss Bundschreiben 118. 1986 vorn 13. Juli 1936 ihre Beobachtungen über den zweiten Vertragsentwurf bis spätestens 1. Januar 1937 zukommen zu lassen; ersucht den Eat, von diesen Beobachtungen Kenntnis zu nehmen und gestützt auf dieselben zu entscheiden, ob es wünschenswert sei oder nicht, den Sachverständigenausschuss einzuberufen, um die durch die Eegierungen gemachten Beobachtungen zu prüfen und diesbezüglich Bericht zu erstatten sowie um alle andern Massnahmen zu treffen, die als angebracht erscheinen dürften.

(Resolution vom 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

6. Welthilîsverband.

Die Versammlung, nach Kenntnisnahme des Berichtes über die Tätigkeit des Exekutivausschusses des Welthilfsverbandes für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1935: spricht ihre Befriedigung aus über die durch diese Organisation geleistete nützliche Arbeit zur Förderung ihrer Wirksamkeit ; unterstreicht die Nützlichkeit der mit Organisationen privaten Charakters geschlossenen oder in Aussicht genommenen Vereinbarungen zum Zwecke, die Wirksamkeit ihrer Mittel zu verstärken; spricht die Hoffnung aus, dass der Exekutivausschuss des Verbandes in der Lage sein wird, dank der Macht, die dieselbe erworben hat, ihren wohltätigen Einfluss weiter auszuüben; spricht den Wunsch aus, dass die Eegierungen die Möglichkeit ins Auge fassen, die Tätigkeit der internationalen Unterstützungsaktion durch Heranziehung zweckentsprechender Beihilfe reger zu gestalten.

(Resolution vom 10. OTdober 1936 [ Vormittag].)

554

F. Resolution zur Berichterstattung der sechsten Kommission.

1. Mandate.

Die Versammlung, nachdem sie von der Tätigkeit der Mandatannächte, der ständigen Mandatskommission und des Eates im Hinblick auf die Durchführung der in Artikel 22 des Paktes und in den Mandatsurkunden enthaltenen Grundsätze Kenntnis genommen hat: a. erneuert diesbezüglich den Ausdruck ihres Vertrauens, das schon in den vorherigen Tagungen ausgesprochen wurde, und anerkennt die Ergebnisse, die dank einer engen und freien Zusammenarbeit, die unbedingt beibehalten werden muss, erzielt wurden; b. spricht ihr tiefes Bedauern über die seit April 1936 in Palästina ausgebrochenen Unruhen aus, hofft, dass die Ordnung möglichst bald wiederhergestellt werden kann, und hat absolutes Vertrauen in die Unparteilichkeit der durch die Mandatmacht angestellten Untersuchung; c. anerkennt die durch die Mandatarmächte gemachten Anstrengungen im Hinblick auf die Anbahnung der Unabhängigkeit Syriens und des Libans, hat volles Vertrauen in seine diesbezügliche Tätigkeit und hofft, dass die mit dem Problem der Unabhängigkeit zusammenhängenden Fragen in gerechter Weise gelost werden.

(Resolution vom 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

2. Tätigkeit der Internationalen Organisation für geistige Zusammenarbeit.

1. Allgemeine Resolution.

Die Versammlung ist erfreut, feststellen zu können, dass die Wirksamkeit der Organisation für geistige Zusammenarbeit während des Jahres 1935/36 sich aufrecht erhalten und entwickelt hat, trotz öfters sehr schwierigen Verhältnissen, und dass der Arbeitsplan, wie er wahrend des laufenden Jahres ausgeführt wurde und wie er für das Jahr 1936/37 vorgesehen ist, stets darauf ausgeht, ein dem Völkerbund, den Staaten, welche ihn bilden, und den Intellektuellen selbst nützliches Werk zu vollbringen; genehmigt die verschiedenen Berichte, welche ihr unterbreitet wurden, insbesondere denjenigen des Internationalen Ausschusses für geistige Zusammenarbeit (Druckschrift C. 328. M. 205.1936. XII) über die Tätigkeit der 18. Tagung und denjenigen des Verwaltungsrates des Internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit (Druckschrift 318. M. 199. 1936. XII) und dankt dem Ausschuss und dem Verwaltungsrat für ihre plannlässige und ständige Arbeit; fügt ihren Dank der Anerkennung bei, die der Internationale Ausschuss für geistige Zusammenarbeit und der Völkerbundsrat den Behörden und Einrichtungen Argentiniens, Spaniens und Ungarns gezollt haben für deren gross-

555 mutige Hilfe am Werk der geistigen Zusammenarbeit anlässlich der «Besprechungen» in Buenos Aires und Budapest sowie anlässlich der in Madrid stattgefundenen neunten ständigen Konferenz der internationalen Hochschulstudien ; dankt allgemein aufs wärmste denjenigen Staaten, welche Beiträge an das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit spenden und auf diese Art ihr Interesse und Zutrauen bekunden und dieser Organisation ermutigende und notwendige moralische und materielle Unterstützung zuteil werden lassen.

2. Ständiger Ausschuss für Wissenschaften und Künste.

Die Versammlung, nachdem sie die Entwicklung der vom ständigen Ausschuss für Wissenschaften und Künste oder unter dessen Einfluss durchgeführten «Besprechungen» festgestellt hat, sowie das Interesse, welche immer mehr Staaten diesen «Besprechungen» zollen, billigt sie ihrerseits den vom Eat am 25. September 1936 gemachten Vorschlag, die Zahl der Mitglieder des Ausschusses von 14 auf 18 zu erhöhen, und verleiht dem Voranschlag für das nächste Jahr einen Ergänzungskredit von Fr. 5050.

3. Exakte Wissenschaften und Natvrimssenschaften.

Die Versammlung billigt den vom Ausschuss der wissenschaftlichen Sachverständigen aufgestellten Arbeitsplan vom 9. und 10. Juli 1936 in Genf, erhofft dessen baldige Verwirklichung und beschliesst hierzu die Bestellung eines ständigen wissenschaftlichen Ausschusses, wie er von den Sachverständigen verlangt worden war.

Sie beschliesst daher, in den Voranschlag für das nächste Jahr einen Ergänzungskredit von 10,000 Schweizerfranken aufzunehmen.

4. Unterricht.

Die Versammlung, nach Kenntnisnahme des am 9. Juli 1936 vom Beratungsausschuss des Völkerbundes für den Unterricht aufgestellten Wunsches betreffend den Vorschlag der schwedischen Bundfunkgesellschaft, welcher von den auswärtigen Ämtern Dänemarks, Pinnlands, Norwegens und Schwedens empfohlen wurde, und welcher insbesondere dahin trachtete, eine regelmässige Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Abteilungen des Sekretariats einerseits und der Bundfunkgesellschaften und den Verbänden für den Unterricht Erwachsener anderseits einzuführen; spricht den Wunsch aus, dieser Vorschlag möge baldigst und in möglichst allgemeiner Weise verwirklicht werden.

556 5. Erklärung über den Geschichtsunterricht.

Die Versammlung spricht den Wunsch aus, die zahlreichen Staaten, welche bereits den Grundsätzen der Erklärung über den Geschichtsunterricht beigestimmt hatten, die von der Völkerbundsversammlung in ihrer 16. Sitzung angenommen und seither vom Völkerbundsrat den Staaten übermittelt worden war, möchten dieses Schriftstück unterschreiben.

6. Arbeitslosigkeit der Intellektuellen.

Die Versammlung, nach Kenntnisnahme des von dem Internationalen Ausschuss für geistige Zusammenarbeit zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit der Intellektuellen ausgearbeiteten Planes : ist der Ansicht, dass die Beteiligung des Ausschusses an diesen Fragen, wenn sie im Eahmen der vorgesehenen Zusammenarbeit mit dem Internationalen Arbeitsamt geschieht, den einzelnen Staaten die bedeutendsten Dienste leisten könnte; billigt die vorgesehenen Massnahmen und bittet die Eegierungen, deren Verwirklichung nach Massgabe ihrer Möglichkeit zu erleichtern.

7. Bundfunk und Friede.

Die Versammlung schätzt sich glücklich über den unter dem Einfluss des Völkerbundes kürzlich zustande gekommenen Abschluss bezüglich Verwendung des Rundfunkes im Interesse des Friedens; ist erfreut, feststellen zu können, dass diese Vereinbarung schon bei ihrem Abschluss die Unterschrift von zwanzig Staaten vereinigt hat; wünscht, die Zahl der dieser Vereinbarung beitretenden Eegierungen möchte möglichst rasch ansteigen, damit derselben die grösstmögliche Wirksamkeit gesichert sei.

8. Künste.

Die Versammlung bittet den Generalsekretär, den Eegierungen die Empfehlungen des Internationalen Amtes für Museen bezüglich internationaler Kunstausstellungen zukommen zu lassen, spricht diesbezüglich den Wunsch aus, die zuständigen nationalen Verwaltungen möchten sich in praktischen Fällen durch die in diesen Empfehlungen angeführten Formen leiten lassen.

557 9. Ethnographische und historische Sammlung über den Ursprung der amerikanischen Zivilisation.

Die Versammlung, indem sie den vom Internationalen Ausschuss für geistige Zusammenarbeit gefassten Beschluss betreffend die in Aussicht genommene ethnographische und historische Sammlung über den Ursprung der amerikanischen Zivilisation anlässlich ihrer 18. Tagung billigt: hat vom revidierten, vom Botschafter Levillier vorgelegten Plan Kenntnis genommen,' den sie unter Vorbehalt der Annahme durch den Internationalen Ausschuss für geistige Zusammenarbeit billigt, wurde in Kenntnis gesetzt, dass die Regierungen von Ekuador, Mexiko, Peru undVenezuela diesem Plan ihre materielle "Unterstützung versprochen haben, dass die argentinische Eegierung einen jährlichen Zuschuss von 25,000 Pesetas zur Errichtung dieser Sammlung anbietet nach den Plänen und Ausführungsbestimmungen, wie sie von ihr gebilligt wurden, und dass die philosophische Fakultät der Universität von Buenos Aires die spanische Auflage übernommen hat, dankt diesen Regierungen für deren grossmütigen Beiträge aufs wärmste und bittet die Organisation für geistige Zusammenarbeit und den ausführenden Ausschuss, diesen Plan, sowie dessen Ausführungsmöglichkeiten in möglichst kurzer Zeit zu prüfen. Eine ausserordentliche Sitzung des ausführenden Ausschusses begleitet von Sachverständigen müsste hiezu einberufen werden auf Grund der verfügbaren diesjährigen Kredite des Sekretariats der Organisation für geistige Zusammenarbeit.

Die Berichte würden in französischer und spanischer Sprache veröffentlicht, durch das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit für die französische Ausgabe und durch die philosophische Fakultät der Universität von Buenos Aires für die spanische Ausgabe.

Die Kosten dieser Sammlung, welche als geistiges Band zwischen Amerika und der alten Welt dienen sollte, müssten durch bereits versprochene Beiträge und durch weitere Spenden von Regierungen und Stiftungen gedeckt werden.

Die Versammlung richtet einen dringenden Aufruf an die interessierten Regierungen und Stiftungen, damit diese die nötigen Beträge dem Internationalen Institut für geistige Zusammenarbeit zur Verfügung stellen.

10. Intellektuelle Pechte.

Die Versammlung stellt fest, dass das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit sowie das Institut
für die Vereinheitlichung des Privatrechtes das ihnen von der 16. Versammlung aufgelegte Mandat bezüglich der Verträge von Bern und Havanna hinsichtlich Urheberrechte in vollem Masse erfüllt haben, und spricht den Wunsch aus, die unter Mitarbeit der Präsidenten des panamerikanischen Ausschusses für Urheberrechte, Herrn Senator Antufla,

558 ausgearbeiteten Texte möchten sowohl in Europa als auch in Amerika gebilligt ·werden, und die nächste Prüfung der Berner Konvention möchte Gelegenheit zum Abschluss eines allgemeinen Vertrages über Urheberrechte geben.

11. Der Monat der geistigen Zusammenarbeit an der Weltausstellung von 1937.

Die Versammlung ist über die Beschlüsse des Internationalen Ausschusses für geistige Zusammenarbeit über die Organisation verschiedener Kundgebungen geistiger Zusammenarbeit im Juli 1937 im Eahmen der Weltausstellung der Künste und der Technik des modernen Lebens unterrichtet worden, dankt der französischen Eegierung und dem Generalkommissar der Ausstellung für ihre grossmütige Mithilfe aufs wärmste, ist der Meinung, die vorgesehenen Zusammenkünfte würden nicht nur die geistige Zusammenarbeit in nutzbringender Weise bekannt machen, sondern könnten auch wichtige Ergebnisse zeitigen, und indem sie dem Wunsche des Eates gerne nachkommt, empfiehlt sie diese Kundgebung der wohlwollenden Aufmerksamkeit der Eegierungen, insbesondere die zweite allgemeine Konferenz der nationalen Ausschüsse für geistige Zusammenarbeit, an welcher es wichtig wäre, dass Vertreter dieser Ausschüsse in möglichst grosser Anzahl teilnähmen.

12. Internationales Institut fur den Lehrfilm.

Die Versammlung billigt die Eesolution des Ausschusses für geistige Zusammenarbeit über die Tätigkeit des internationalen Instituts für den Lehrfilm, hebt neuerdings besonders die diesem Institut in der Vereinbarung über den Vertrieb der Lehrfilme zugewiesene Aufgabe hervor und spricht den Wunsch aus, die Eegierungen möchten von derselben reichlich Gebrauch machen zur Förderung eines Austausches von Kulturfilmen, welche dazu angetan wären, an der gegenseitigen Verständigung der Völker beizutragen.

13. Der Volkerbund und die im Interesse des Friedens verwendeten modernen Vertriebsmittel.

Die Versammlung hebt neuerdings hervor, wie wichtig es sei, die internationale Zusammenarbeit und die gegenseitige Verständigung unter den Nationen zu fördern, trägt der heutigen raschen Fortentwicklung der technischen Möglichkeiten zur Verbreitung der Nachrichten Eechnung, zieht in Betracht, dass diese Fortentwicklung die Möglichkeiten zur Förderung eines Austausches zwischen Nationen von Auskünften über ihre Institutionen und betreffenden Kulturen vermehrt, und

559 1. ist daher der Meinung, diese Frage könnte in günstiger Weise den Mittelpunkt eines Meinungsaustausches anlässlich der nächsten ordentlichen Tagung der Versammlung bilden, 2. lädt den Internationalen Ausschuss für geistige Zusammenarbeit zu diesem Zwecke ein, nach den ihr notwendig erscheinenden Beratungen ausführliche Anregungen auszuarbeiten, welche als Basis der Verhandlungen der Versammlung zu dienen hätten, 3. und bittet ausserdem den Generalsekretär, einen Bericht über die obenerwähnten, technischen Erkundigungsmittel zu verfassen, die den zuständigen Sektionen des Sekretariats zur Verfügung stehen, damit die Versammlung anlasslich ihrer nächsten ordentlichen Tagung untersuchen könne, ob die in Frage stehenden Mittel ausreichen oder ob deren Erweiterung angebracht wäre.

(Resolution vom 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

3. Internationale Flüchtlingshüfe.

I.

Die Versammlung, nach Einsicht der durch mündliche Darlegungen erläuterten Berichte des vorläufigen Präsidenten des Verwaltungsrates des Internationalen Nansenamtes und des Oberkommissars für die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge; nach Berücksichtigung der des Ausschusses für die internationale Flüchtlingsfürsorge : spricht dem Ausschuss für seinen bemerkenswerten Bericht sowie Herrn Michael Hansson und Sir Neill Malcolm für die während der Dauer ihres Auftrages geleistete Arbeit ihren Dank aus.

II.

Die Versaramlung, nach Prüfung der zahlreichen Einzelfragen, die das Flüchtlingsproblem ausmachen, hat davon Vormerk genommen, dass die vom Völkerbund zugunsten der Flüchtlinge geschaffenen Organisationen in Ausführung früherer Versammlungsbeschlüsse und gemäss den Empfehlungen des Oberkommissars für die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge auf Ende 1938 liquidiert sein werden; hat ebenfalls berücksichtigt, dass diese Frage andauernd Schwierigkeiten schafft und dass die möglichst rasche Vornahme einheitlicher Schutzmassnahmen für die Flüchtlinge sehr wichtig wäre; empfiehlt daher den beteiligten Eegierungen, dem Abkommen betreffend das internationale Statut der Flüchtlinge sowie die vorläufige Abrede vom 4. Juli 1936 betreffend das Statut der aus Deutschland kommenden Flüchtlinge beizutreten;

560

empfiehlt ebenfalls den beteiligten Eegierungen, sich an der Ausarbeitung eines Abkommens für den Schutz der aus Deutschland kommenden Flüchtlinge zu beteiligen; erachtet es ferner als angebracht, dass die Versammlung spätestens bis zu ihrer nächsten ordentlichen Tagung von 1938 allgemeine Eichtlinien entwerfe, nach welchen der Völkerbund in den darauffolgenden Jahren sein Verhalten gegenüber der Frage der Flüchtlinge als Ganzes zu richten hätte.

III.

Die Versammlung schätzt sich glücklich, feststellen zu können, dass die Eegierungen in einigen Fällen den auf ihrem Gebiet weilenden Flüchtlingen gegenüber weitherzigere Massnahmen anwenden konnten als die in den einschlägigen internationalen Abkommen vorgesehenen Massnahmen, und nachdem sie mit Genugtuung die Erklärung der französischen Delegation betreffend die seit kurzem von der französischen Eegierung den Flüchtlingen gegenüber erlassenen Vorschriften (gesetzliches Statut, gemischte Kommissionen, Arbeitskarten) angehört hat; gibt dem Wunsch Ausdruck, alle Eegierungen möchten in bezug auf die Flüchtlinge, die sich auf ihrem Gebiet befinden, so weitherzig als möglich sein ; stellt andererseits fest, dass grosse Schwierigkeiten daraus entstehen, dass nach den Vorschriften gewisser Länder die im Ausland befindlichen Staatsangehörigen jeden Schutzes verlustig gehen; und spricht die bestimmte Hoffnung aus, dass es möglich sein wird, diesem Vorgehen ein Ende zu machen.

IV.

Die Versammlung fasst folgende Beschlüsse betreffend das Internationale Nansenamt und das Oberkommissariat für die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge: Internationales Nansenamt.

Die Versammlung hat den frühern Beschluss der Versammlung zur Kenntnis genommen, wonach das Nansenamt nach Ablauf einer bestimmten Frist gemäss im Voranschlag enthaltener Vorschriften liquidiert werden sollte und, in Ausführung dieses Beschlusses: 1. beauftragt, dass ein Präsident des Verwaltungsrates des Nansenamts von der gegenwärtigen Versammlung bis zum 81. Dezember 1938 mit folgenden Befugnissen ernannt wird: a. für die Verwaltung des Amtes gemäss dem bestehenden Statut zu sorgen, bis das Amt liquidiert sein wird, und während der Liquidationszeit die Tätigkeiten des Amtes unter Mitwirkung der technischen Organisationen des Völkerbundes zu regeln;

561

b. an einem nahen Zeitpunkt einen ins einzelne gehenden Entwurf für die Liquidation des Nansenamtes ausarbeiten und, wenn möglich, diesen dem Bat in seiner Maitagung unterbreiten. Der Entwurf muss auf alle Fälle vor dem 31. Juli 1937 den Regierungen zukommen, damit er im Laufe der nächsten ordentlichen Versammlungstagung geprüft werden kann; c. Empfehlungen vorbringen, so dass die Versammlung sie in ihrer ordentlichen Tagung von 1938 prüfen kann, betreffend die befriedigendste Art und Weise der Übertragung der vom Nansenamt bis zum Zeitpunkt seiner Liquidation unternommenen Aufgaben, unter Berücksichtigung der an diesem Zeitpunkt bestehenden Lage; 2. nimmt die Empfehlungen des vorläufigen Präsidenten betreffend die Ansiedlung der verschiedenen Flüchtlingsarten zur Kenntnis, vornehmlich diejenigen, die die Überweisung der armenischen Flüchtlinge nach der Republik von Eri van betreffen, und diejenigen, die sich auf dieLagederarmenischen, in Syrien angesiedelten Flüchtlinge beziehen: gibt einer zusätzlichen Subvention von 200,000 Schweizerfranken an das Internationale Nansenamt, um die Überweisung und Ansiedlung in Südamerika in Frankreich weilender Saarflüchtlinge zu erleichtern, seine Zustimmung, spricht jedoch dieselben Vorbehalte aus wie die vierte Kommission; 3. empfiehlt, dass folgende Anträge des vorläufigen Präsidenten den Regierungen vorgelegt werden und zum Gegenstand aufmerksamer Prüfung gemacht werden hinsichtlich der zu unternehmenden Schritte: a. Förderung, soweit es die Umstände zulassen, der Einbürgerung und der restlosen Aufnahme durch das Land, wo sie seit langen Jahren ansässig sind; b. Ausgabe von Briefmarken mit Zuschlag, um dem Nansenamt in Vollendung seiner Aufgabe beizustehen; c. Verallgemeinerung der in der französisch-belgischen Vereinbarung vom 30. Juni 1928 enthaltenen Grundsätze.

Aus D e u t s c h l a n d k o m m e n d e (israelitische oder nichtisraelitische) Flüchtlinge.

Die Versammlung empfiehlt, es sei ein Oberkoirrmissar bis zum31. Dezember 1938 zu bezeichnen, um die Frage der aus Deutschland kommenden Flüchtlinge soweit nur möglich zu Ende zu behandeln, und es sollen folgende Aufgaben zum Amte des Oberkommissars gehören: 1. Was die Verbesserung des rechtlichen Statuts der Flüchtlinge anbetrifft: Schritte bei den Regierungen, um ihren Beitritt zur vorläufigen Abrede
vom 4. Juli 1936 zu erwirken, und Vorbereitung einer Konferenz der Regierungen zum Zwecke der Genehmigung eines internationalen Abkommens betreffend das Statut der Flüchtlinge.

2. Was die Fragen der Auswanderung und der endgültigen Niederlassung angeht : das freiwillige Wirken privater Organisationen ermutigen ; dieses Wirken

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durch Verhandlungen mit dem Zufluchtslande unterstützen und gemeinsam mit der beteiligten Eegierung die Prüfung an Ort und Stelle der greifbaren Kolonisations- und Auswanderungsentwürfe veranlassen, sooft ein Bedürfnis danach auftaucht.

3. Fühlung behalten mit den verschiedenen Organisationen privater Natur, vornehmlich durch Vermittlung des bereits bestehenden, internationalen Verbindungsausschusses .

4. Der Versammlung an ihrer nächsten ordentlichen Tagung und an ihrer Tagung von 1938 einen Bericht über den Stand der Arbeiten unterbreiten; einen Bericht über die Lage der Flüchtlinge an diesem Zeitpunkt und über die zur Erledigung dieser Frage entfaltete Tätigkeit- vorlegen sowie greifbare Vorschläge für die Zukunft machen.

Die Versammlung empfiehlt, ausreichende Kredite zur Deckung der durch die Tätigkeit des Oberkonimissars bedingten Verwaltungskosten seien durch die zuständigen Völkerbundsorgane zu sichern; und nimmt davon Vormerk, dass der zu diesem Zweck für das Jahr 1937 erforderliche Betrag sich auf 82,500 Schweizerfranken beläuft.

V.

Die Versammlung, nach Einsicht des Berichtes des Verwaltunggrates des Internationalen Nansenamtes für das am 29. Juni 1936 abschliessende Jahr: stellt mit Genugtuung die glücklichen Ergebnisse der allgemeinen Anwendung des Nansenmarkensystems in Frankreich fest und hofft, dass ein entsprechendes System in den andern Ländern eingeführt wird; richtet erneut die dringende Bitte an die Begierungen, einen Flüchtling nur des Landes zu verweisen, wenn er im Besitz eines Einreisevisas für ein anderes Land ist; ersucht die Begierungen der Eurwanderungsländer, ihre Mitarbeit mit den Amte fortzusetzen und letzteres über die Ansiedlungsmöglichkeiten in ihrem Gebiete zu unterrichten; und empfiehlt den Begierungen, die Vorteile einer Kapitalisation der Beträge zu prüfen, die sie für die Flüchtlinge verwenden, und die so erhaltenen Kredite dem Amt zum Zweck der Ansiedlung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen.

VI.

Die Versammlung, behufs Ausführung der in dieser Eesolution enthaltenen Bestimmungen: 1. ernennt kraft Artikels 6 der Satzung des Internationalen Nansenamtes für die Flüchtlinge H. Michael Hansson zum Präsidenten des Verwaltungsrats

563 des Amtes bis zum 81. Dezember 1938 und gewährt ihm für Aufwandgelder im Jahre 1987 einen Kredit von 5000 Schweizerfranken; 2. ersucht den Bat, im Verlauf der gegenwärtigen Tagung die Ernennung bis zum 81. Dezember 1938 eines Oberkommissars für die aus Deutschland kommenden (israelitischen und nichtisraelitischen) Flüchtlinge vorzunehmen.

(Resolutionen und Wünsche vom 10. Oktober 1936 [Nachmittag].)

Gr. Resolutionen zur Berichterstattung der allgemeinen Sonderkommission der Versammlung 1).

l

Inkraftsetzung der Grundsätze des Völkerbundsvertrags und damit zusammenhängende Fragen.

Die Versammlung erinnert an den am 4. Juli 1986 von ihr geäusserten Wunsch sowie an ihre Eesolution vom 8. Oktober 1986, genehmigt obigen Bericht (Schriftstück A. 83.1936 VII) und beschliesst, den in diesem Bericht vorgesehenen Ausschuss zu schaffen zur Prüfung aller Vorschläge, die von den Begierungen hinsichtlich der Inkraftsetzung der Grundsätze des Völkerbundsvertrags und der damit zusammenhängenden Fragen gemacht wurden oder werden.

Auf Grund dieser Untersuchung wird der Ausschuss so rasch als möglich einen Bericht ausarbeiten mit Angabe der konkreten Bestimmungen, die er im Hinblick auf die praktische Verwirklichung des vorgenannten Wunsches vom 4. Juli 1936 zur Annahme empfiehlt.

Dieser Bericht wird den Begierungen der Mitgliedstaaten des Völkerbundes vorgelegt, um den Beschlüssen als Grundlage zu dienen, die auf diesem Gebiete gefasst werden.

Der Ausschuss wird ermächtigt, der Versammlung, wenn er es für zweckdienlich erachtet, die Einberufung der Versammlung zu einer besonderen Tagung vorzuschlagen.

(Eesolution vom 10. Oktober 1936 [Vormittag].)

H. Auf Grund der Anträge des Bureaus genehmigte Resolutionen.

1. Studienkommission für die europäische Union.

Die Versammlung, nach Befragung ihres Bureaus über das Vorgehen, das zur Behandlung der in der Tagesordnung der Session unter Nr. 6 a (Studienkommission für die europäische Union) stehende Frage einzuschlagen ist, stellt fest, dass die Umstände eine Zusammenkunft dieser Kommission seit der letzten Sitzung nicht zugelassen haben,

564 beschliesst somit, den Auftrag der Studienkommission für die europäische Union für das nächste Jahr zu erneuern und die Frage in die Tagesordnung der nächsten Versammlung aufzunehmen.

(Besolution vom 8. Oktober 1936 [Nachmittag].)

2. Einsetzung einer allgemeinen Sonderkommission für die Frage der Inkraftsetzung der Grundsätze des Völkerbundsvertrages und der damit zusammenhängenden Probleme.

Die Versammlung., dem von der Versammlung am 4. Juli 1936 gutgeheissenen Wunsche Folge gebend, in Anbetracht der Antworten der Eegierungen der Mitgliedstaaten auf die Einladung, die gestützt auf diesen Wunsch an Sie gerichtet wurden; in Anbetracht der Erklärungen, die über die Inkraftsetzung der Grundsätze des Paktes im Laufe der allgemeinen Aussprache gemacht wurden; in Erwägung, dass unter den Aufgaben, die mit der Frage der Anwendung der Grundsätze des Paktes zusammenhängen und die daher in der diesbezüglichen Erörterung miteinbezogen werden müssen, das vom Völkerbund bereits in Betracht gezogene Problem der Übereinstimmung und Koordination des Paktes mit andern Verträgen allgemeiner Natur erwähnt werden muss, die auf eine friedliche Lösung internationaler Streitigkeiten hinzielen, wie der Vertrag über den Verzicht auf den Krieg, unterzeichnet in Paris am 27. August 1928, und der Nichtangriffs- und Aussöhnungsvertrag, der auf Anregung Argentiniens am 10. Oktober 1932 in Eio de Janeiro unterzeichnet wurde, Verträge, die gleich wie der Völkerbundspakt und im Sinne seines Artikels 21 bezwecken, den Frieden zu erhalten; in Erwägung, dass eine andere bereits durch den Völkerbund in Betracht gezogene Aufgabe ebenfalls mit der Inkraftsetzung der Grundsätze des Bundes zusammenhängt, nämlich das auf den Bestimmungen des Paktes beruhende Verbot der Lieferung von Waffen und Kriegsmaterial an Kriegführende -- welches Problem vom Eat einem besondern Ausschuss anvertraut wurde, der seine Arbeiten eingestellt hat, nachdem anderseits die Verwendung der Grundsätze des Paktes bei der Versammlung anhängig gemacht wurde, beschliesst, im Sinne des Artikels 14 der Geschäftsordnung, eine allgemeine Sonderkommission ins Leben zu rufen betreffend die Anwendung der Grundsätze des Paktes und aller damit zusammenhängenden Aufgaben, welche der Versammlung Bericht erstatten und ihr gleichzeitig ihre Empfehlungen über die Bedingungen der Erörterung dieser Probleme vorlegen wird.

(Resolution vom 8. Oktaler 1936 [Nachmittag].)

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Abschluss der sechzehnten und über die siebzehnte Völkerbundsversammlung. (Vom 18. Dezember 1936.)

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Jahr

1936

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

52

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3505

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.12.1936

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469-564

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