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Bundesblatt

88. Jahrgang.

Bern, den 2. Dezember 1936

Band III.

Erscheint wöchentlich Preis HO Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, stigliglieli Nachnahme- and Postbestellangsgebuhr.

Einrüdangsgebühr : 50 Happen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate irauko an Stamnfli & Cie. m Bern-

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen.

(Vom 24. November 1936.)

Herr Präsir] ent!

Hochgeehrte Herren!

Die Schwierigkeiten, in denen sich die Schweizerischen Bundesbahnen zurzeit befinden, und die unbedingte Notwendigkeit, ihre Organisation und ihren finanziellen Aufbau mit tunlichster Beförderung in Einklang zu bringen mit den Bedingungen, unter denen sie gegenwärtig zu arbeiten haben und von denen sie voraussichtlich auf eine absehbare Zukunft hinaus abhängig sein werden, werden in unserem Lande allgemein in ihrer ganzen Schwere erkannt.

Dagegen gehen die Ansichten darüber auseinander, was zu tun ist, um diesen Schwierigkeiten abzuhelfen; die einen glauben das Heil von einer Entwicklung des Unternehmens von innen heraus erhoffen zu können, andere dagegen richten ihre Augen nach dem Bund, weil sie von seiner ausgiebigen Mithilfe allein die Gesundung erwarten, und stellen, wenn nicht ausschliesslich, so doch im grossen Umfange auf sein Einspringen ab. Einig ist man jedoch wieder darin, dass die gegenwärtige Gesetzgebung über die Bundesbahnen, die ihrer Tätigkeit zugrunde liegt, der Wandlung, welche die Lage des Unternehmens namentlich im Laufe der letzten Jahre erfahren hat, nicht mehr entspricht und dass diese Gesetzgebung in dem Sinne neu gestaltet werden muss, dass das Unternehmen einen strafferen Aufbau sowie Möglichkeit und Mittel zu einer grösseren Bewegungsfreiheit und Anpassungsfähigkeit in dem wirtschaftlichen Kampfe erhalte, in den es sich in der Gegenwart mehr als je zuvor hineingestellt sieht.

Das Problem, das die Bundesbahnen dem Lande zu lösen aufgegeben haben, ist damit ebenso schwierig wie vielgestaltig geworden.

Unter diesen Umständen war es unsere gegebene Pflicht, in Verbindung mit der Verwaltung der Bundesbahnen nach einer neuen zeitgemässen Lösung des Bundesbahnproblems zu suchen. Es waren dazu umfangreiche Studien und Vorbereitungsarbeiten notwendig, die, wollten sie gründlich gemacht werden, geraume Zeit erforderten. Trotzdem darüber die Dringlichkeit der Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

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214 Vorlage, die wir Ihnen zu erstatten hiermit die Ehre haben, nie vergessen wurde, konnte die Arbeit nicht mit derjenigen Easchheit beendigt werden, die hier und dort in Parlament und Öffentlichkeit vielleicht erwartet worden ist.

Wegen der bedeutenden Tragweite und Wichtigkeit der Frage, sowie in Anbetracht der grossen finanziellen Belastung, die infolge der Rekonstruktion der Bundesbahnen für die Eidgenossenschaft auf dem Spiele stehen wird, glaubten wir uns nicht darauf beschränken zu dürfen, unseren Entwurf zu einem neuen Gesetze nur mit denjenigen Erläuterungen zu versehen, die zum Verständnis und zur Begründung der bestehenden Absichten äusserstenfalls erforderlich sind. Wir mussten vielmehr weiter ausholen und die geplante Eeform einerseits im Lichte der Entwicklung und in Parallele mit den im Auslande zu beobachtenden Erscheinungen darstellen, anderseits aber auch als Glied des Transportproblems überhaupt, wie dieses sich bei uns so gut wie in anderen Ländern zeigt: ist doch die Eisenbahnnot eine allgemeine geworden und sind die Zeiten endgültig vorbei, in denen die Eisenbahnen allesamt durch ein faktisches Transportmonopol vor Einbrüchen in einen festen Besitzstand gesichert waren, ihre Tarifpolitik in reichlichem Masse nach den Erfordernissen ihrer Wirtschaft einrichten konnten und, gleichsam als Entgelt für ihre Vorzugsstellung, vom Staate mit Pflichten zugunsten der Allgemeinheit belastet werden konnten, die streng genommen mit der Eigenschaft selbständiger wirtschaftlicher Unternehmungen nicht recht in Einklang zu bringen waren.

Die Absicht, Ihnen das Problem in einem solchen, weiter gefassten Rahmen darzustellen, hat es mit sich gebracht, dass wir die Reorganisation der Bundesbahnen als solche und die Einzelheiten des Entwurfes zum neuen Gesetz erst im vierten und fünften Kapitel vorliegender Botschaft behandeln werden.

Zunächst sollen einige geschichtliche Ausführungen Platz finden, denen sich Erörterungen über das Eisenbahnproblem anschliessen werden, wie es sich heute allgemein und besonders mit Bezug auf die Schweizerischen Bundesbahnen stellt. Dann wird noch, bevor die Hauptfrage der Reorganisation angeschnitten werden kann, wenigstens in grossen Umrissen zu zeigen sein, wie sich die Wiederaufrichtung der Bundesbahnen in das Transportproblem als Ganzes einfügt. Ein kurzes Schlusskapitel endlich soll dartun, welches die Lage des Unternehmens nach der Reorganisation sein würde, sofern diese im Sinne unseres Entwurfes stattfindet.

I. Geschichtliches.

Mit dem Bundesgesetz vom 15. Oktober 1897 b e t r e f f e n d die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen, das in der Referendumsabstimmung vom 20. Februar 1898 vom Schweizervolke mit grossem Mehr angenommen wurde, hat sich in unserem Lande der grundsätzliche Übergang von dem seit den Gründungsjahren der Eisenbahnen bestehenden Privatbahnsystem zum Staatsbahnsystem vollzogen. Nachdem seine Befürworter schon vorher

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mehrere, allerdings vergebliche Anläufe in dieser Bichtung unternommen hatten, setzte sich damit ein wirtschaftliches Prinzip, für dessen Annahme ein starker Teil des Parlamentes schon in den entscheidenden Eisenbahndehatten der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts eingetreten war, endgültig durch.

Der Entschluss zur Verstaatlichung war die reife Frucht einer Entwicklung, die ihre Ursache ebensosehr in allgemeinen wirtschaftspolitischen Anschauungen und der Gebarung der grossen Privatbahngesellschaften hatte, die weiten Kreisen der Bevölkerung nicht mehr zusagte, als in der sicheren, übrigens durch weitgehende Versprechungen genährten Erwartung, die staatliche Verwaltung werde einen besseren und billigeren Betrieb als den bisherigen, sowie eine neue bauliche Entfaltung der Eisenbahnen bringen. Hätte es sich nur darum gehandelt, die Zersplitterung der Eisenbahnen in einzelne Netze, die man als Hauptmangel im damaligen Prn atbahnsystem empfunden hatte, durch die Herbeiführung eines einheitlichen Betriebes zu beseitigen, so hätte sich dieses Ziel auch auf privatwirtschaftlicheni Boden durch die Fusion der Netze zu einer einzigen Gesellschaft erreichen lassen. Doch warf man den bisherigen Gesellschaften zudem ihre Zurückhaltung in den baulichen Verbesserungen, in der Vervollkommnung der Fahrpläne, in der Herabsetzung der Tarife vor. Obwohl man anerkannte, dass auch eine Staatsverwaltung auf die Erhaltung und Hebung der Rentabilität der Unternehmung werde achten müssen, so erwartete man von ihr doch eine «weniger zögernde Vorsicht».

Ein Übermass von solcher «Vorsicht» glaubte man den Gesellschaften mit Eecht vorwerfen zu müssen. Dies um so mehr, als ein namhafter Aktienbesitz an spekulative Kreise übergegangen war. denen, wie man fand, weniger am Gedeihen der Unternehmung als an der Erzielung hoher Dividenden und an der Steigerung des Aktienkurses gelegen sei. Man hatte denn auch bei der Entscheidung zugunsten der Verstaatlichung neben der Möglichkeit, das Tarifwesen zu vervollkommnen, eine geordnete Amortisation des angelegten Kapitals einzuführen und die Lage des Personals der Bahnen zu verbessern, vor allem die Beseitigung der bei den grossen schweizerischen Privatbahnen wirkenden ausländischen Einflüsse im Auge. Wir erinnern uns heute nur mehr selten daran, dass sich vor der Verstaatlichung die
Aktienmehrheit der Centralbahn, der Nordostbahn und namentlich der Gotthardbahn in ausländischen Händen befunden hat. Trotz der Bundeskontrolle, die damals schon über die Privatbahnen bestand, hielt es der damalige Bundesrat mit Eecht für bedenklich, dass der Einfluss des Auslandes die Generalversammlungen schweizerischer Hauptbahnen beherrsche und dass die Interessen des fremden Grosskapitals bestimmend für deren Geschicke seien.

Vor derartigen Erwägungen konnten die Bedenken derer, die die finanzielle Basis des geplanten Bundesbahnunternehmens nicht als frei von Eisiken ansahen oder aus weltanschaulichen, politischen und anderen Gründen sich für die Idee nicht entflammen konnten, nicht aufkommen. Die Verstaatlichung kam zustande, und Art. l des Gesetzes bestimmte als Programmartikel, der Bund werde diejenigen schweizerischen Eisenbahnen, welche wegen ihrer volks-

216 wirtschaftlichen oder militärischen Bedeutung den Interessen der Eidgenossenschaft oder eines grösseren Teils derselben dienen und deren Erwerbung ohne uiiverhältnismässige Opfer erreichbar ist, für sich erwerben und unter dem Namen «Schweizerische Bundesbahnen» für seine Eechnung betreiben.

Wir können an dieser Stelle nur andeuten, in welcher Weise der Bund die ihm durch diesen Gesetzesartikel aufgetragene Bildung eines schweizerischen Staatsbahnnetzes durchgeführt hat. Es genüge die Feststellung, dass er in die Verstaatlichung zunächst die sogenannten fünf grossen Privatbahnen einbezogen hat, nämlich: die Jura-Simplon-Bahn, die Schweizerische Gentralbahn, die Schweizerische Nordostbahn, letztere beide mit- Inbegriff ihrer Anteile an Gemeinschaftsbahnen, die Bahnunternehmung Wohlen-Bremgarten bezüglich des Anteils der Einwohnergemeinde Bremgarten an derselben, die Vereinigten Schweizerbahnen -- zu diesen kam infolge der mit dem Bau der Eickenbahn zusammenhängenden Verträge die Toggenburgerbahn hinzu -- und die Gotthardbahn. Später vergrösserte sich das Bundesbahnnetz auf dem Wege des Bückkaufs durch den Jura-Neuchâtelois, die Linie Genf-La Plaine, samt dem Bahnhof Genf, die Tösstalbahn, mit Einschluss der Wald-Eüti-Bahn, und die Seetalbahn. Neu gebaut wurden von den Bundesbahnen die Simplonlinie, die Eickenbahn und die Brienzerseebahn. Wenn auch das heutige Bundesbahnnetz nicht alle diejenigen Linien umfasst, bezüglich deren man vor 40 Jahren annahm, sie würden früher oder später für die Verstaatlichung in Betracht kommen, und wenn auch tzotz des grundsätzlichen Übergangs der Schweiz zum Staatsbahnsystem in der Folge noch manche Eisenbahnlinien verschiedenster Bedeutung als Privatbahnen gebaut wurden, so ist im Bundesbahnnetz, wie es sich heute darstellt, Unbestreitbarermassen der weitaus wichtigste Pfeiler der schweizerischen Verkehrswirtschaft zu erblicken. Das Schweizervolk hat denn auch an der Entwicklung, der Geschäftsführung und den Betriebsergebnissen der Bundesbahnen von jeher das stärkste Interesse genommen, nicht nur im Hinblick auf die in ihnen angelegten Kapitalien, für deren Dienst hinter den Bundesbahnen die Eidgenossenschaft steht, sondern auch wegen der überragenden Wichtigkeit der Bundesbahnen für das ganze Wirtschaftsleben des Landes.

Die Hoffnungen, die die Behörden und
noch viel mehr das Volk im Jahre 1897 an den Übergang vom Privatbahnsystem zur Staatsbahn knüpften, waren sehr hoch gespannt und gingen sicherlich zu weit, als dass sie sich auch unter den günstigsten äusseren Bedingungen jemals hätten ganz erfüllen können.

Auch bildeten zweifellos die mannigfaltigen Versprechungen, die, zum Beispiel in tarifarischer Hinsicht, auf den Übergang zur Staatsbahn hin gemacht worden waren, eine allzu starke Belastung für das werdende Unternehmen. Ferner war der beim Eückkauf ausgerichtete Preis zu hoch ausgefallen: Man hatte gehofft, man werde für dieses Netz, auf dem bisher nichts amortisiert worden war und dessen Durchschnittserträge bis dahin kaum zu einer normalen Verzinsung des Anlagekapitals ausgereicht hatten, mit einer Vergütung auskommen, die unter diesem bleiben würde; statt dessen überstieg der Eückkaufspreis

217 die gesamten Anlagekosten um rund 114 Millionen Franken. So erwies sich die Kapitalverzinsung von Anfang an für das Unternehmen als eine unerwartete, schwere Last. Aber der Optimismus und das Vertrauen in die Zukunft vermochten ernste Sorgen zunächst nicht aufkommeij zu lassen. Man sah im Ausland, in erster Linie in den glänzend rentierenden Preussischen Staatseisenbahnen, staatliche Eisenbahnunternehmungen, deren Beispiel auch für die Schweiz das Beste erwarten liess, und irgendeine Ahnung, dass es einmal mit dem tatsächlichen Transportmonopol der Eisenbahn, das die Grundlage ihrer Existenz und ihrer Wirtschaft bildete, vorbei sein könnte, war zu jener Zeit nirgends vorhanden.

Die Enttäuschungen kleinerer und grösserer Art, die der anfänglichen Begeisterung für die Verstaatlichung unausweichlich folgen mussten, blieben nicht aus. In den ersten Jahren des Betriebes waren die Ergebnisse, ohne besondere Befriedigung auslösen zu können, noch nicht besorgniserregend.

Aber sie Hessen doch schon darauf schliessen, dass Reformen nötig seien. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren 1914 bis 1922 erfolgte ein erster, schwerer Einbruch in das finanzielle Gleichgewicht der Bundesbahnen. Es war begreiflich, dass man ihn unter dem Eindruck des Ausserordentlichen als etwas Einmaliges anzusehen geneigt war. Doch die Einsicht, dass der Aufbau der Bundesbahnen gegen Erschütterungen zu wenig gesichert sei, verstärkte sich, musste man doch bei gründlicher Würdigung die Schwere jenes Einbruches neben dem Mangel an Anpassungsfähigkeit vornehmlich den schwierigen Existenzbedingungen zuschreiben, unter denen die Bundesbahnen ihren Weg angetreten haben.

Unter diesen Umständen machte die anfängliche Begeisterung des Schweizervolkes für seine Bundesbahnen nach und nach einem wachsenden Unbehagen Platz. Aber trotz allem blieb im Laufe der Jahre die überwiegende Mehrheit unserer Volksgenossen bei der Ansicht, dass die Verstaatlichung von 1897 als solche ein richtiger Schritt gewesen sei, dass sie für die sich allmählich anbahnende Not der Bundesbahnen nicht verantwortlich gemacht werden könne und dass der Entschluss dazu nicht zu bereuen sei. Wenn man auch gelten liess, dass man bei der Durchführung der Verstaatlichung dieses und jenes anders und besser hätte machen können und sollen, so sehnte man doch die Zeiten des
Privatbahnsystems nicht mehr zurück. Indessen wurde die Einsicht immer allgemeiner, dass es bei dem in der Ausführung des Staatsbahngedankens gemachten, blossen Anfang nicht sein Bewenden haben dürfe.

Die Mängel des Gesetzes von 1897, die man alsbald als solche empfand, bezogen sich in erster Linie auf die Organisation der Schweizerischen Bundeshahnen. Immerhin blieben Versuche, die zum Ziele hatten, Verbesserungen des gesetzlichen Zustandes herbeizuführen, die man nach dieser Eichtung als dringlich erkannte, zunächst erfolglos, und die Kriegsjahre verursachten weitere Verzögerungen. Dann aber setzten energische Anstrengungen ein, die zum Erlass des noch geltenden Bundesgesetzes b e t r e f f e n d die Organisation und Verwaltung der Schweizerischen B u n d e s b a h n e n vom

218 1. Februar 1923 führten. Es handelte sich dabei um eine weitgehende Umgestaltung der die Organisation der Bundesbahnen betreffenden Bestimmungen des Eückkaufsgesetzes. Bei der Vorlage der Novelle bemerkte der Bundesrat in seiner Botschaft vom 16. Juni 1921 mit Recht, man habe beim Erlass des Verstaatlichungsgesetzes die Form gegenüber der Idee zurücksetzen müssen, um angesichts der damals bestandenen grossen Hindernisse die Verwirklichung des Staatsbahngedankens überhaupt nur möglich zu machen. Einer spätem Gelegenheit sei es vorbehalten gewesen, auch der Form eine grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden und sie den tatsächlichen Bedürfnissen anzupassen. Diese Gelegenheit sollte nunmehr wahrgenommen werden.

Auch das Gesetz von 1923 bildet ein eindeutiges Bekenntnis zur Staatsbahn. Der Bundesrat, der sich naturgemäss bei diesem Anlass mit den Grundfragen seiner Eisenbahnpolitik auseinandersetzen musste, lehnte den Gedanken an eine Verpachtung der Bundesbahnen, der an vereinzelten Orten aufgeworfen worden war, ab, in der Erkenntnis der Schwierigkeit der Durchführung einer solchen Lösung sowie der unverkennbaren Vorteile des Staatsbahnbetriebes für die gesamte Volkswirtschaft, Vorteile, welche die Verpachtung der Natur der Dinge nach ausgeschlossen haben würde. Vielmehr bestätigte der Bundesrat seine Ansicht, dass die Verstaatlichung für die Schweiz ein richtiger Schritt gewesen sei, so schwierig die Stellung auch sein möge, in der sich die Staatsbahn gegenüber der Kritik und den Begehren der Öffentlichkeit ihrem Wesen nach befinde. «Von der Korporation des öffentlichen Eechtes im allgemeinen und vom Bunde im speziellen», hiess es damals, «fordert man eine Berücksichtigung der allgemein volkswirtschaftlichen, den Grundsätzen der privaten Ökonomie vielfach widerstrebenden Interessen, in einem Ausmasse, welches die wirtschaftliche Gestaltung des Betriebes zum vornherein erschwert. Die Gefahr, die in solchen Zumutungen an die Staatsbahn liegt, wird leicht unterschätzt, weil der hinter dem Unternehmen stehende Staatskredit als genügendes Gegengewicht für mögliche Bückschläge und ihre Folgen betrachtet wird. Gerät dann aber die Staatsbahnverwaltung wirklich in eine kritische Lage, so wird eine Ökonomie in der Betriebsführung verlangt, die praktisch unmöglich ist.» Die schwerwiegenden organisatorischen
Mängel, denen das Gesetz von 1923 zu steuern hatte, erblickte man in der Direktorenhypertrophie mit einem zu grossen Beamtenstab, in der umständlichen und schleppenden Geschäftsführung, zum Schaden der Arbeitsfreudigkeit im Inneren der Verwaltung und zum Ärger der Bevölkerung, in unnötiger Kontrollarbeit, der Schwächung des Verantwortungsgefühls, der zu starken Einengung der Selbständigkeit der einzelnen Dienststellen, ferner in der zu grossen Zahl der Dienstvorschriften, die von Anfang an der Initiative zu wenig Spielraum Hessen, und nicht zum mindesten auch in Gegensätzen im Innern der Verwaltung infolge der Trennung der Geschäftsführung zwischen Generaldirektion und Kreisdirektionen. Das Hauptziel der Reorganisation bildete denn auch eine erhebliche Vereinfachung des schwerfälligen Verwaltungsapparates, um eine raschere

219 Geschäftsbehandlung und möglichst weitgehende Ersparnisse zu erzielen. «Es muss», so war in der Botschaft zu lesen, «danach getrachtet werden, jede unnötige Doppelarbeit zu vermeiden, die Kontrolle auf das unumgänglich Notwendige zu beschränken und jede überflüssige Berichterstattung zu beseitigen.

Die Verwaltung sollte schon in ihrem inneren Aufbau, ihrer Organisation, einfacher, natürlicher und sparsamer ausgebildet werden, damit sich diese bewährten Eigenschaften der ganzen Geschäftsführung der Verwaltung einprägen, ohne dass sie durch äusseren Zwang oder gar erst durch die Not der Zeit in sie hineingetragen werden müssen.» Bei diesem Anlass musste man sich auch darüber auseinandersetzen, ob für eine gute Verwaltung der Staatsbahn das Prinzip der Zentralis a tion oder dasjenige der Dezentralisation vorzuziehen sei und wie sich das Verhältnis der Bundesbahn Verwaltung zur allgemeinen Bundesverwaltung zu gestalten habe.

Botschaft und Gesetz haben sich dabei auf einen Standpunkt gesetzt, der auch heute noch Interesse beanspruchen darf.

Zur Frage, ob Zentralisation oder Dezentralisation, wurde bemerkt, man sollte sie nicht so beurteilen, als ob es sich um Schlagworte handle, sondern «vorurteilsfrei erwägen, inwieweit in der Verwaltung der Bundesbahnen im Interesse dieser Verwaltung und des Landes eine einheitliche Leitung unerlässlich ist und inwieweit den äusseren Organen der Verwaltung, zu denen auch die Kreisdirektionen zu rechnen sind, ohne Nachteil das freie Verfügungsrecht gelassen werden kann. Dabei sei, um Missverständnissen vorzubeugen, ausdrücklich erwähnt, dass uns eine möglichst weitgehende Selbständigkeit und Unabhängigkeit der äusseren Organe als zweckmässig und geboten erscheint».

Hinsichtlich der zweiten Frage blieb man sich darüber klar, dass verwaltungstechnische Erwägungen eine weitgehende Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Bundesbahnverwaltung von der allgemeinen Bundesverwaltung verlangen. «Ein Unternehmen von der Art, der Ausdehnung und der Bedeutung der Bundesbahnen bedarf grösserer Bewegungsfreiheit als die übrigen, den einzelnen Departementen des Bundesrates unmittelbar unterstellten Verwaltungszweige des Bundes, denen bei weitem nicht der gleiche kommerzielle und industrielle Charakter zukommt. Wir sind der Ansicht, dass auch von staatsrechtlichen und
verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkten aus betrachtet keine Veranlassung zu einer Änderung dieser Seite der Organisation vorliegt, sofern im übrigen dem Bundesrate die ihm nach der Verfassung zukommende Stellung auch der Verwaltung der Bundesbahnen gegenüber gewahrt bleibt.» Dabei war man sich jedoch dessen bewusst, dass von einer gänzlichen Selbständigkeit der Bundesbahnen, etwa nach dem Vorbild der Nationalbank oder der UnfallVersicherungsanstalt, nicht die Eede sein könne, da der Zusammenhang zwischen den Bundesbahnen und der Volkswirtschaft ein engerer und vielseitigerer sei. Wie weit diese Grundsätze heute noch Geltung beanspruchen dürfen, wird sich aus späteren Ausführungen herausstellen.

Im berechtigten Bewusstsein, mit dem Organisationsgesetz vom 1. Februar 1923 einen Schritt zur inneren Gesundung der Schweizerischen Bundesbahnen

220 getan zu haben, verabschiedete es das Parlament. Ohne dass das Eeferendum dagegen ergriffen worden wäre, trat das Gesetz am 1. Januar 1924 in Kraft.

Da es im Interesse einer baldigen Durchführung der Verwaltungsreform nur die die Organisation beschlagenden Bestimmungen des Eückkaufsgesetzes revidieren sollte und auf alle Erörterungen, die mit diesem Zweck nicht in unmittelbarem Zusammenhang standen, verzichtete, hat es nur einen Teil der Bestimmungen des Eückkaufsgesetzes ersetzt; der Eest desselben ist bis auf den heutigen Tag, soweit er nicht durch spätere gesetzliche Erlasse in weiteren Stücken aufgehoben worden ist, in Kraft geblieben.

Das Organisationsgesetz von 1923 hat, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird, als solches sicherlich seinen Zweck erreicht und gute Dienste geleistet. Es hat der Bundesbahnverwaltung den Boden geebnet, um die Organisation anpassungsfähiger zu gestalten und den Betrieb zu rationalisieren, so dass die Verwaltung gegenüber den schweren Erschütterungen, denen das Unternehmen in den letzten Jahren ausgesetzt war, bedeutend besser gewappnet erschien, als es unter der früheren Organisation der Fall gewesen wäre. Doch haben die Ereignisse einen derart raschen Verlauf genommen, dass diese Eeform nur eine E t a p p e zu t i e f e r greifenden Änderungen, auf dem Gebiet der Organisation wie in allgemeiner Hinsicht, bleiben konnte.

Immer mehr erweiterte sich nämlich das Bundesbahnproblem, zufolge der grundlegenden Veränderungen in den Bedingungen von Wirtschaft und Verkehr und der daraus hervorgehenden Erschütterungen des Gleichgewichtes der Unternehmung, aus einem Problem der blossen Organisation der Verwaltung in ein solches des vollständigen N e u a u f b a u e s . Insbesondere trat das finanzielle Verhältnis der Bundesbahnen zum Bund, das noch im Jahre 1923 im Lichte der durch das Eückkaufsgesetz geschaffenen Überlieferung geordnet und unantastbar schien und deshalb keine besondere kritische Aufmerksamkeit erfuhr, mit dem Erfordernis einer grundsätzlichen Neugestaltung gebieterisch in den Vordergrund. Aus diesem Grunde hat sich viel rascher, als man es beim Erlass des Organisationsgesetzes ahnen konnte, mit Macht das Bedürfnis nach einer Bundesbahnreform herausgestellt, die über die Änderungen von 1923 weit hinausgeht und in ihrer Bedeutung der
grundsätzlichen Entscheidung des Jahres 1897 an die Seite gestellt werden muss.

Die Vorarbeiten für ein neues Bundesbahngesetz haben schon vor einigen Jahren begonnen. Ein erster Entwurf vom 1. Juni 1934, den der Vorsteher des Post- und Eisenbahndepartementes zusammen mit dem Präsidenten der Generaldirektion der Bundesbahnen ausgearbeitet hatte, wurde dem Verwaltungsrat der letzteren zur Äusserung zugestellt und von ihm unterm 16. Oktober 1934 begutachtet. Dieser erste Entwurf wurde nicht unmittelbar weiter verfolgt, weil man zuwarten musste, bis einige Voraussetzungen für eine fruchtbare Weiterarbeit geschaffen waren.

Man wollte zunächst den Konflikt zwischen Schiene und Strasse entscheiden, in der Erkenntnis, dass jede dauerhafte Lösung des Eisenbahn-

221 problems unmöglich ist, solange das Verhältnis der beiden grossen Transportmittel zueinander nicht geregelt ist, eine Koordination ihrer Tätigkeit und eine Abgrenzung ihres Arbeitsfeldes nicht stattgefunden hat und sie fortfahren, einander eine vernichtende und schonungslose Konkurrenz zu bereiten. Ein Versuch zur Abklärung der Frage Schiene/Strasse, nämlich der Erlass eines Verkehrsteilungsgesetzes, fiel in der Volksabstimmung vom 5. Mai 1935 in die Brüche. Dieser Entscheid hat die Notwendigkeit einer positiven Lösung nicht beseitigt, sondern eine solche im Gegenteil nur erschwert und die Behörden zu neuen Entschlüssen gezwungen. Da diese auf die Lösung des Bundesbahnproblems zurückwirken werden, mussten die Vorbereitungsarbeiten auf beiden Gebieten parallel getroffen werden; ein weiteres Zuwarten in der Vorbereitung der Sanierung der Bundesbahnen, bis die andere Frage entschieden ist, ging hingegen nicht mehr an.

Gleichzeitig offenbarte das Vorgehen von Kantonen, die am Privatbahnnetz stärker als die andern interessiert sind, die Möglichkeit, dass die Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen ernsten Hindernissen begegnen könnte, wenn nicht auch eine Intervention des Bundes zugunsten gewisser notleidender Privatbahnen, an denen diese Kantone beteiligt sind, in Aussicht genommen werde. Nach der von den betreffenden Eegierungen kundgegebenen Meinung wollte man in diesen Kreisen wenigstens über die Absichten des Bundesrates in bezug auf die Privatbahnen unterrichtet sein, bevor man die BeOrganisation der Bundesbahnen unterstützen würde. Der Zusammenhang, der zwischen diesen beiden Fragenkomplexen sicherlich in gewissem Masse besteht, wurde damit unterstrichen. Wie wir später des nähern ausführen werden, glaubten wir, ihm dadurch Eechnung tragen zu sollen, dass wir zum Studieren des recht komplizierten Privatbahnproblems eine Expertenkommission einsetzten. Sie soll mit ihrer Arbeit innerhalb nützlicher Frist, wenigstens in grossen Zügen, ein Urteil darüber ermöglichen, was von Bundes wegen für die Privatbahnen geschehen kann und soll.

Inzwischen war eine Initiative zur «Entpolitisierung der Schweizerischen B u n d e s b a h n e n » eingereicht worden. Sie bezweckte, das reine Staatsbahnsystem preiszugeben, um es durch das einer gemeinwirtschaftlichen Unternehmung zu ersetzen. Könnte man ihr
zustimmen, so würden die zur Organisation der neuen Bundesbahnen erforderlichen Massnahmen wesentlich verschieden ausfallen von denjenigen, welche zur Keorganisation der heutigen Verwaltung angezeigt sind. Bevor man weiterging, musste man daher zur Initiative grundsätzlich Stellung beziehen und, sofern man sie nicht annehmen zu können glaubte, es sich überlegen, ob nicht gewisse, in ihr enthaltene Gedanken für die Weiterarbeit verwertet werden mussten. Es ist hier nicht der Ort, um sich mit dieser Initiative im einzelnen auseinanderzusetzen; dies soll bei anderer Gelegenheit geschehen. In grundsätzlicher Hinsicht kamen wir zum Schluss, die durch sie für die Bundesbahnen vorgeschlagene Eechtsform für unser Projekt nicht übernehmen zu können. Jedoch bildet sie einen nicht misszuverstehenden Fingerzeig dafür, dass das neue Gesetz alle auf eine Eatio-

222 nalisierung des Unternehmens hinzielenden Möglichkeiten auszuschöpfen suchen muss und dass in seiner Gestaltung dem Charakter der Bundesbahnen als einer kommerziellen Unternehmung in möglichst weitgehendem Masse Eechnung zu tragen ist.

Es stand ausser Zweifel, dass, wie auch die neue Organisation der Bundesbahnen ausfallen werde, ihre Sanierung grosse finanzielle Opfer erfordern würde.

Dass der Bund dafür aufzukommen haben werde, erschien unvermeidlich.

War dem so, so musste man vorher, wenigstens in der Hauptsache, die Aufbringung der dazu notwendigen Mittel prüfen, so dass die Weiterarbeit das Zustandekommen des zweiten Finanzprogramms der Eidgenossenschaft zur Voraussetzung hatte. Bekanntlich ist nun in diesem durch die Schaffung eines Tilgungsfonds für die Eisenbahnen ein erheblicher Betrag für deren Wiederaufrichtung in Eeserve gestellt worden.

Von diesen Umständen abgesehen, erschien es endlich zweckmässig, die Verwaltung der Bundesbahnen, so sehr und unablässig sie sich bisher um die Verbesserung der Finanzlage des Unternehmens bemüht hatte, noch eine Zeitlang unter dem schweren Druck der grossen Defizite zu lassen, um sie anzuspornen, unter diesem Drucke ihren Sparwillen bis zur äussersten Grenze zu betätigen. Damit konnte man auch auf die öffentliche Meinung einwirken und sie an den Gedanken gewöhnen, dass die vertretbaren Anforderungen, die sie für die Zukunft an die Bundesbahnen stellen dürfe, wohl oder übel zu beschränken seien.

Doch durfte man, da die Lage der Bundesbahnen immer unbefriedigender wurde, die Zwischenzeit bis zu endgültigen Schritten nicht mehr zu lange ausdehnen. Nachdem sich auch einige weitere, das Eeorganisationsproblem betreffende Fragen besser abgeklärt hatten, legte die Generaldirektion der Bundesbahnen einen ihren Anschauungen entsprechenden Entwurf zu einem neuen Bundesbahngesetz dem Verwaltungsrate des Unternehmens vor. Dieser Entwurf wurde nach eingehender Prüfung und Anbringung gewisser Änderungen durch den letzteren unterm 23. März 1936 dem Post- und Eisenbahndepartement unterbreitet, in einem Zeitpunkt, da auch die andern in Betracht fallenden Umstände die entscheidende Weiterverfolgung des Bundesbahnproblems erlaubten und nahelegten. Das gründliche Studium der Vorlage durch Departement und Bundesrat hat darauf zu dem beiliegenden, teilweise umgearbeiteten Gesetzesentwurfe geführt.

II. Das Eisenbahnproblem.

A. Die allgemeine Eisenbahnnot.

Die Schweizerischen Bundesbahnen leiden zurzeit an einem chronischen Defizit ihrer Gewinn- und Verlustrechnung. Wie es dazu gekommen ist und wie es sich entwickelt hat, werden spätere Ausführungen zeigen. Für den Augenblick genüge der Hinweis darauf, dass im Jahre 1935 der Ausfall 58,7

223 Millionen Franken betragen hat. Im laufenden Jahre ist die Lage noch ungünstiger geworden. Der Voranschlag für dasselbe schloss in der Gewinn- und Verlustrechnung mit einem Fehlbetrag von 66,7 Millionen ab, ohne Einrechnung allerdings der infolge des verstärkten Lohnabbaues, der auf den 1. Februar 1936 eingeführt worden ist, zu erwartenden Ausgabenverminderung von rund 8 Millionen Franken. Doch sind diese Voraussagen zu optimistisch gewesen, denn es werden die Betriebsüberschüsse, trotz des Personal- und Lohnabbaues, diejenigen der entprechenden Zeit des Vorjahres nicht einmal mehr erreichen.

Diese Entwicklung lässt auf eine regehechte Notlage schliessen und mahnt Schon seit längerer Zeit zum Aufsehen. Dabei wäre es jedoch ein Irrtum, zu glauben, die Bundesbahnen stünden mit ihren Ergebnissen alleine oder beinahe vereinzelt da und es brauche nur eine zielbewusste, gründliche Änderung ihrer Organisation und ihrer Wirtschaft, um die Bückschläge zum Verschwinden zu bringen. Die Eisenbahnnot ist vielmehr eine allgemeine geworden, und ihre Ursachen liegen tiefer. Sie besteht nicht nur bei den Schweizerischen Bundesbahnen, sondern in mindestens ebenso hohem Grade auch bei den schweizerischen Privatbahnen und bei den ausländischen Eisenbahnen, ob es sich bei diesen um Staats- oder um Privatbahnen handle. Wie die Dinge bei der Gesamtheit der schweizerischen Bahnen liegen, mag z. B. aus folgender Zusammenstellung erhellen, die auf Zahlen der jüngsten amtlichen allgemeinen Statistik, die das Jahr 1934 betrifft, beruht: 1) Überschuss der Betriebseinnahmen Über die Betriebsausgaben Fr.

Schweizerische Bundesbahnen .

Schweizerische Normalbahnen ausser den Bundesbahnen . .

Schweizerische Schmalspurbahnen

2) Nominelles Anlagekapital im Jahresmittel

1) in Prozent von 2)

Fr.

86,014,614

2,920,769,373

2,04

5,617,735 5,894,020

353,743.823 283,364,977

1,59 2,08

Entsprechende Zahlen über die ausländischen Bahnen würden kein günstigeres Bild ergeben. Es hat sich, wie die nachfolgenden Ausführungen noch näher zeigen werden, infolge der Eisenbahnnot allerorten ein eigentliches Eisenbahnproblem herausgebildet, das der Lösung harrt.

Die Ursachen der Eisenbahnnot sind in allen Ländern in der Hauptsache die gleichen.

Die erste Ursache liegt in der bei ihrem Auftreten und seither immer so bezeichneten Krise. Nach der Scheinblüte des Wirtschaftslebens gegen Ende der 20er Jahre dieses Jahrhunderts bildete sich in allen Ländern die bekannte Stockung des Absatzes und der Produktion mit ihren schweren Begleiterschei-

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nungen für das finanzielle Gleichgewicht der einzelnen Staaten sowie für die internationalen Beziehungen. Unser Land wurde als eines der letzten von der Krise ereilt, spürt sie aber noch immer in vollem Umfange, während in einer Anzahl anderer Länder aus verschiedenen Ursachen eine gewisse Eückbildung derselben eingetreten ist. Die grundlegende A'oraussetzung für die Blüte eines Bahnunternehmens ist jedoch Umsatz, Leben. Mit den Produktionseinschränkungen und der Verminderung des Verbrauchs hätte, selbst wenn in den internationalen Beziehungen keinerlei künstliche, auf staatlichem Willen beruhende Verkehrsbeschränkung geschaffen worden wäre, zwangsläufig ein Eückgang der Transportmengen im Personen- und Güterverkehr und damit eine Schrumpfung der Einnahmen eintreten müssen. Ein übriges taten aber die Einführung von Kontingentierungen und Einfuhrbewilligungen im Warenverkehr, die nur bedingte und beschränkte Öffnung der Grenzen für den fremdländischen Personenverkehr im Interesse des Schutzes der internationalen Zahlungsbilanz und Ähnliches. Es liegt auf der Hand, dass man nicht im höheren staatlichen Interesse solche Beschränkungen und Erschwernisse verschiedenster Art einführen und gleichzeitig verlangen konnte, dass sich die Verkehrsmengen der Eisenbahnen und damit deren Einnahmen auf der früheren Höhe halten oder zunehmen.

Würde die Eisenbahnnot allein von der Krise verursacht sein, so dürfte man noch hoffen, dass wenigstens ein Teil von den schweren Erschütterungen, die sie den Eisenbahnen aller Länder verursachte, nur vorübergehender Art sein und durch eine kommende Erholung des Wirtschaftslebens geheilt werden würde. Doch ist die Eisenbahnnot durch eine zweite Ursache hervorgerufen, die in einer für die Bahnen verhängnisvollen Weise wirkt, nämlich durch den Siegeszug des Automobils. Nachdem dieses Verkehrsmittel schon vor dem Weltkrieg eine Bedeutung erlangt hatte, die Beachtung verdiente, bewährte und vervollkommnete es sich während desselben in glänzender Weise, so dass es alsbald nachher nicht nur seine Konkurrenzierung der Bahnen im Personenverkehr namhaft verschärfen, sondern namentlich im Warenverkehr in ungeahntem Grade als ihr Nebenbuhler auftreten konnte. Dabei verstand es, sejne natürlichen Vorteile auszunützen und insbesondere den Bahnen, deren ganze Einnahmenwirtschaft auf dem
Werttarifsystem aufgebaut ist, viele von den wertvollen und gutzahlenden Transporten zu entziehen. Begünstigt wurde das Automobil in seiner Entwicklung durch die Einstellung von Gesetzgeber und Volk ihm gegenüber .und namentlich durch den Umstand, dass sein eingesessener Konkurrent, die Bahn, von jeher unter der Last grosser Kapitalaufwendungen, beengender Tarif- und Transportvorschriften und bis weit ins einzelne reglementierter Betriebsbedingungen zu arbeiten hatte.

So hatte es der Automobilverkehr, dessen Entfaltung sich sprunghaft vollzog, leicht, das bisherige faktische Transportmonopol der Bahnen ein für allemal zu durchbrechen und auf der Strasse als gewichtiger Mitbewerber um die Transporte auf kurze und weite Entfernungen aufzutreten. Dabei gelang es nicht, den Bahnen gegen die ihnen erwachsende Konkurrenz den-

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jenigen gesetzlichen Schutz zu verschaffen, den sie zur Erhaltung ihres finanziellen Gleichgewichtes zu benötigen glaubten. Wohl setzten sie sich aus eigenen Kräften zur Wehr, modernisierten ihren Betrieb zum Vorteil der Kunden und nahmen dort, wo es Erfolg versprach, den Kampf mit Taxanpassungen auf. Allein wenn infolgedessen auch der Verkehrsrückgang der Bahnen nicht dasjenige Ausmass erreichte, das er ohne solche Massnahmen angenommen haben würde, und immer wieder etwas aufgehalten werden konnte, so floss ein Teil der Transporte endgültig von ihnen weg in viele kleine Kanäle ab, die für die Öffentlichkeit nur schwer sichtbar und nicht leicht zu kontrollieren sind. Für die Bahnen aber blieben in allen Ländern grosse Einbussen an Verkehr übrig, die nicht wieder einzubringen sein werden. Solche Einbussen sind für eine individualistische Transportweise, wie sie bei der Automobilunternehmung vorliegt, in ihren finanziellen Euckwirkuugen weniger einschneidend als bei einem grossen Unternehmen wie den Bundesbahnen. Hier konnten die schwersten Folgen, und zwar auf die Dauer, nicht ausbleiben.

Die Krise mit ihren Begleiterscheinungen in den internationalen Beziehungen einerseits, die Konkurrenz des Automobils anderseits, sind die Ursachen, welche die Schwierigkeiten, unter denen heute die Bahnen leiden, verursacht haben. Die zweite unter diesen Ursachen wiegt um so schwerer, als das Transportmonopol der Eisenbahnen, wenn es auch nur ein faktisches war, das Fundament für ihre bauliche Gestaltung und Entwicklung so^ie die Unterlage ihrer betrieblichen Einrichtungen und Vorschriften und des gesamten Tarif- und Transportrechtes gebildet hatte. Im Vertrauen auf die Fortdauer dieses Transportmonopols hatten die Bahnen dem Verkehr Einrichtungen und betriebliche Vorteile geboten und gemeinwirtschaftliche Lasten sich aufbürden lassen, die zum Teil nur unter dieser Voraussetzung zu erklären und zu rechtfertigen sind. Dessen ungeachtet werden solche Errungenschaften von der Öffentlichkeit gleichsam als fester Besitz und dementsprechend als Selbstverständlichkeit gewertet. Schon darum würden die Eisenbahnen ausserordentlichen Widerständen begegnen, wenn sie etwa im Hinblick auf die nach und nach eingetretene Veränderung in den Grundbedingungen, unter denen sie zu arbeiten haben, in der Güte der Bedienung des Verkehrs
und im Entgegenkommen den Kunden gegenüber irgendwelche vermehrte Zurückhaltung zeigen wollten.

Es kann im einzelnen statistisch nicht auseinandergehalten werden, wieweit die Krise und wieweit die Automobilkonkurrenz den Verkehr der Bahnen und ihre Einnahmen beeinflusst haben. Bei Vergleichen mit der Vergangenheit zeigt sich übrigens dieser Einfluss, da das Leben namentlich seit dem Ende des Weltkrieges intensiver und das Volumen des Verkehrs im ganzen entsprechend stärker geworden ist, noch weniger in den beförderten Mengen als in den dafür erzielten Einnahmen. Doch reden die seit 1930 eingetretenen Eückgänge in den absoluten Zahlen eine sehr deutliche Sprache. Es wiesen unsere Bundesbahnen in einigen beliebig gewählten Jahren beispielsweise folgende Ergebnisse aus:

226 Personenverkehr beförderte Einnahmen Personen Fr.

1918 *) . . .

1924 1930 1934 1935

91,649,336 96,486,306 127,911,307 114,292,695 109,863,765

84,589,152 132,450,507 159,120,836 133,214,665 126,344,291

Güterverkehr beförderte Einnahmen Tonnen Fr.

14,218,784 16,278,350 18,225,647 14,706,905 14,237,621

107,787,173 229,718,643 213,321,760 173,503,356 162,898,512

*) Die Einnahmen von 1913 sind wegen der infolge des Krieges eingetretenen Anpassung der tarifarischen Grundlagen an die Veränderung des Geldwertes mit denen der andern Jahre nicht ohne weiteres vergleichbar.

Im ganzen ist zu sagen, dass die eben betrachteten allgemeinen Ursachen der Eisenbahnnot sich in den einzelnen Ländern nach verschiedenen Eichtungen und in verschiedenem Umfange ausgewirkt haben. Sie traten am einen Orte offener, am andern versteckter zutage, machten sich im einen Lande vielleicht weniger tief fühlbar als im andern. Doch überall besteht die Eisenbahnnot und überall ist sie beunruhigend, überall besteht das Eisenbahnproblem in seinem ganzen Umfang und in seiner ganzen Kompliziertheit.

Bevor wir im einzelnen betrachten, wie sich das Eisenbahnproblem hinsichtlich der Schweizerischen Bundesbahnen heute darstellt, lassen wir einige gedrängte Angaben folgen, die die Lage ausländischer Bahnen beleuchten.

B. Die Lage der ausländischen Bahnen.

Bei den ausländischen Bahnen ist überall, wie bei uns, in den letzten Jahren eine Verschlechterung der Lage zu beobachten, die meistenteils sehr bedeutend war.

Schon eine Vergleichung der B e t r i e b s k o e f f i z i e n t e n , also des Verhältnisses der Betriebsausgaben zu den Betriebseinnahmen, weist eine solche Verschlechterung einwandfrei nach, obwohl die betreffenden Zahlen einander nicht vorbehaltlos gegenübergestellt werden dürfen. Der Betriebskoeffizient verschlechterte sich beispielsweise von 1930 auf 1934 bei der Deutschen Beichsbahn von 89,50 auf 99,2S %, um sich 1935 auf 95,40 % zu erholen. Bei den Österreichischen Bundesbahnen betrugen die betreffenden Zahlen 98,64, 104,88 und 106,41 %, bei der Nationalen Gesellschaft der Belgischen Eisenbahnen 90,93, 102,18 und 96,44 %. Bei den grossen französischen Bahnen erhöhte sich der Betriebskoeffizient zwischen 1930 und 1934 von 88,40 auf 99,29 %, bei den englischen Hauptbahnen von 80.m auf 81,32 %, bei den Italienischen Staatsbahnen von 89,66 auf 107,59 %, bei den niederländischen Eisenbahnen von 73,40 auf 92,67 %. Bei den Schweizerischen Bundesbahnen stellte sich der Betriebskoeffizient im Jahre 1930 auf 69,30 %, im Jahre 1935 betrug er 76,35 %·

227 Die Gewinn- und Verlustrechnungen ergaben für das Jahr 1934 Passivsaldi in Schweizerfranken von: pro Betriebskm

bei der Deutschen Beiehsbahn 200,8 Millionen 3,727 bei den Österreichischen Bundesbahnen . . 41,6 » 7,165 bei der Nationalen Gesellschaft der Belgischen Bahnen 17,7 » 3,643 bei den grossen französischen Bahnen. . . 712,6 » 17,644 Die Verschlechterung gegenüber 1930 betrug, alles in Schweizerfranken umgerechnet, bei den französischen Bahnen rund 450 Millionen; am Ausfall von 1934 am meisten beteiligt sind die Staatsbahnen mit 178,6 und die PLM mit 170,a Millionen; der französische Staat musste im Jahre 1930 mit 362 Millionen, im Jahre 1934 mit 803 Millionen zu Hilfe kommen, um die Kapitalverzinsung sicherzustellen. Die englischen Privatbahnen allein erzielten in der Gewinn- und Verlustrechnung bescheidene Aktivsaldi, wobei allerdings von 1930 auf 1934 die Dividenden von 420 auf 304 Millionen Schweizerfranken zurückgegangen sind, während die bezahlten Anleihenszinse nahezu gleich blieben. Die sogenannten Eisenbahnen erster Ordnung der Vereinigten Staaten von Nordamerika haben im Jahre 1934 einen Passivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung von insgesamt 809 Millionen Schweizerfranken ausgewiesen; während alle Bahnen der Vereinigten Staaten zusammen im Jahre 1930 noch einen Aktivsaldo von 568 Millionen Schweizerfranken einbrachten, ergab sich für das Jahr 1934 ein Passivsaldo von 442 Millionen.

Solchen Zahlen ist, soweit es sich lediglich um die Vermittlung eines allgemeinen Bindrucks handelt, sicherlich eine gewisse Bedeutung beizumessen.

Dieser Eindruck kann nur bekräftigen, dass die finanzielle Lage der ausländischen Bahnen, absolut betrachtet, ganz überwiegend eine durchaus schlechte ist und dass, relativ betrachtet, die Lage sich seit dem Anfang dieses Jahrzehnts erheblich verschlimmert hat. Soweit über die allerjüngste Zeit Zahlen verfügbar sind, zeigen sie zwar an gewissen Orten Anzeichen einer geringen Besserung; von einer entschiedenen Wendung kann man dabei jedoch nicht reden.

, Für die Anstellung von Vergleichen auf internationaler Basis besitzen indessen absolute Zahlen wie die angeführten nur einen bedingten Wert: Es liegen jeweils bei den verglichenen Unternehmungen sehr erhebliche Verschiedenheiten in den grundlegenden Tatsachen vor, auf die es ankommt, zum Beispiel in bezug auf die Länge der Netze, auf die Verteilung des Kapitals auf fremdes und eigenes Geld, wie auch auf das Verhältnis
der heute noch auf den Unternehmungen lastenden Verbindlichkeiten zu den ursprünglichen Aufwendungen für die betreffenden Anlagen. Dass namentlich die finanzielle Struktur der Unternehmungen eine durchaus ungleiche ist und sich besonders dort, wo der Neuaufbau von Staaten, Währungsverluste etc. die Verhältnisse von Grund auf umgestaltet haben, ganz anders darstellt als beispielsweise bei unseren Bundesbahnen, wo solche Einflüsse nicht wirksam waren, liegt auf

228 der Hand. Daher muss man sich davor hüten, Ungleiches miteinander zu vergleichen und den aus diesen Vergleichen zu ziehenden Schlüssen allzugrosses Gewicht beizumessen.

Die Eisenbahnnot, welche sich auch im Ausland infolge der ungünstigen Entwicklung der Betriebsergebnisse der Bahnen in den letzten Jahren geltend gemacht hat, musste natürlich die interessierten Eegierungen und Verwaltungen, wie es infolge der entsprechenden Erscheinungen auch in unserm Lande der Fall war, zur Überzeugung bringen, dass man den Ereignissen nicht einfach tatenlos ihren Lauf lassen dürfe, sondern mit geeigneten Massnahmen einschreiten müsse, um im Eahmen des Möglichen eine Sanierung der betreffenden Unternehmungen herbeizuführen. In genau gleicher Weise und aus den gleichen Ursachen wie bei uns hat sich das Eisenbahnsanierungsproblem demnach auch im Auslande gestellt und entwickelt. Wir halten es für nützlich, im folgenden wenigstens einige Andeutungen darüber zu bringen, was in ausländischen Staaten in dieser Hinsicht getan worden ist ; mit ausführlicheren Angaben würden wir den uns gezogenen Eahmen allerdings überschreiten.

Wie sich herausstellen wird, beschlagen die im Auslande getroffenen Massnahmen nicht allein die Bahnen als solche, sondern sie greifen meistens auch auf das Verhältnis derselben zum Kraftwagen über, in der richtigen Voraussetzung, dass in der heutigen Zeit beide Gebiete parallel getroffen werden müssen, wenn man positive Erfolge erzielen will.

In D e u t s c h l a n d , über das zunächst einige Angaben folgen sollen, wurde die Eeichsbahngesellschaft bei ihrer Gründung finanziell auf sich selbst gestellt, und es ist auch in den Krisenjahren damit nicht anders geworden. Für die Gesellschaft sieht das Eeichsbahngesetz vom 13. März 1930 die Übernahme allfalliger Fehlbeträge durch das Eeich nicht vor. Allerdings ist infolge der bekannten, in den Nachkriegsjähren eingetretenen Ereignisse das Anlagekapital, mit dem dieses Unternehmen zu rechnen hat, nicht mehr das ursprüngliche, das die Bahnen der Länder belastete ; dies ist einer der Gründe, aus denen es im Mittel erheblich niedriger ist als dasjenige der Schweizerischen Bundesbahnen. Ende 1935 betrug es bei 54,832 km Eigentumslänge der Eeichsbahn 27,2 Milliarden Eeichsmark. An Zinsen und Dividenden, welch letztere übrigens nur an die Vorzugsaktien
zu leisten waren, waren von der Reichsbahngesellschaft im genannten Jahre nur 173 Millionen Eeichsmark zu bezahlen; nach Bestreitung der Abschreibungen reichte der Betriebsertrag, vermehrt um kleinere, vom Eeich gebotene Erleichterungen in der Höhe von 33 Millionen, zu deren Bezahlung aus, bis auf 26% Millionen, für die eine aus früheren Jahren bestandene Sonderrücklage aufkommen musste. Die viel geringere relative Inanspruchnahme der Deutschen Eeichsbahn für ihren Kapital dienst, mit unsern Bundesbahnen verglichen, zeigen diese Zahlen ohne weiteres.

Nur so ist es erklärlich, dass die Eeichsbahngesellschaft auch in der jüngsten Zeit, allerdings nicht ohne gewisse Schwierigkeiten, ihre finanziellen Verpflichtungen aus eigener Kraft zu erfüllen vermocht hat. Dabei ist allerdings nicht zu vergessen, dass ihr seit Jahren auch die Aufgabe obliegt, in anderer

229 Weise an die Lasten des Beiches beizutragen. An Stelle der Separationen, für die im Jahre 1929 noch 540 Millionen Mark aufgewendet werden mussten, ist heute die Arbeitsbeschaffung (Eeichsautobahnen und andere Arbeiten) getreten. Neben der Beförderungssteuer, die im Jahre 1935 die Höhe von 217 Millionen Mark erreichte, zahlt die Eeichsbahn einen «Beitrag an das Eeich» von 70 Millionen Mark jahrlich, der in den oben angeführten 173 Millionen eingeschlossen ist.

Zur Verbesserung ihrer Finanzlage hat die Deutsche Eeichsbahn am 20. Januar 1936 ihre Frachten durchgehend um 5 % erhöht. Diese, mit Zustimmung der Eeichsregierung erfolgte Erhöhung wird eine Mehreinnahme von schätzungsweise 100 Millionen Mark jährlich erbringen. Weitere Sanierungsmassnahmen, die Eeichsbahn betreffend, scheinen zurzeit nicht beabsichtigt zu sein.

Die Massnahmen der Eeichsregierung betreffend die Eeichsbahn und den Kraftwagen ver kehr gehen Hand in Hand. So steht mit der Erhöhung der Eisenbahnfrachten in unmittelbarem Zusammenhang die auf den 1. April 1936 erfolgte Inkraftsetzung des Güterfernverkehrsgesetzes vom 28. Juni 1935. Wie es sich auf den Verkehr der Eeichsbahn auswirken wird, lässt sich heute noch nicht sagen.

In ähnlicher Weise ist die wesentliche Erweiterung, die Mitte 1936 das Beförderungssteuergesetz erfahren hat, darauf abgestellt, gleichzeitig auf beide Verkehrsmittel Eücksicht zu nehmen. Die Verkehrssteuer mit dem für die Bahnen geltenden Satz von 7 % für den Güterverkehr und 12 % für den Personenverkehr ist nunmehr auf die gewerbsmässige Beförderung mit Kraftfahrzeugen ausgedehnt worden. Sie trifft damit einmal den gewerblichen Güterfernverkehr, und zwar in der Höhe von 5 %, da dieser von der Umsatzsteuer, die 2 % ausmachte, befreit wird. Da schon die durch die Tarifparität mit der Reichsbahn eingetretene Verteuerung der Kraftwagentransporte zu einer Abwanderung von Gütern zum privaten Werkverkehr geführt hat, ist durch Ausdehnung der Beförderungssteuer auch auf den Werkfernverkehr dafür Sorge getragen worden, dass ihr Ertrag nicht gefährdet werde. Wie sich diese Steuer auswirken wird, bleibt abzuwarten. Der Ertrag der Beförderungssteuer ist für den Zinsen- und Eückzahlungsdienst des für die Eeichsautobahnen erforderlichen Kapitals bestimmt.

Auch in Österreich ist das durch die Bundesbahnen effektiv
zu verzinsende Kapital im Vergleich zu den Anlagekosten, welche die in ihrem Betrieb stehenden Linien erforderten, ganz erheblich zusammengeschmolzen. Während auf Ende 1935 das Anlagekapital des Netzes gemäss angestellter neuer Schätzung rund 3,4 Milliarden Schillinge betrug, belaufen sich die Anlageschulden nur auf rund % Milliarden. Der gesamte Schuldendienst der Österreichischen Bundesbahnen für das Jahr 1935 erforderte nur 55 Millionen Schillinge. Grundsätzlich sind die Bundesbahnen von der allgemeinen österreichischen Staatsverwaltung losgelöst und als besondere Unternehmung eingerichtet. Das Bundesgesetz vom 19. Juli 1923 bestimmt, dass «insolange und insoweit die Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

16

230 Ausgaben in den Einnahmen ihre Deckung nicht finden, der Abgang vom Bund gedeckt» werde. «Der unter dieser Voraussetzung den Bundesbahnen zu leistende Bundeszuschuss ist im jeweiligen Bundesfinanzgesetz verfassungsgemäss sicherzustellen.» Danach hat man sich, was die laufende Gebarung der Bundesbahnen anbetrifft, in Österreich bisher damit begnügt, im Bahmen der dem Unternehmen verliehenen relativen Unabhängigkeit vom Staate möglichst sparsam zu wirtschaften, wobei man aber, trotz der relativ bescheidenen Höhe der Summe, mit der die Bahnen für den Schuldendienst zu rechnen hatten, um erhebliche staatliche Zuschüsse nicht herum kam. So bezifferte sich im Jahre 1935 der Fehlbetrag ihrer Gewinn- und Verlustrechnung, nach Einrechnung der vorgenommenen Abschreibungen, auf 69 Millionen Schillinge. Weitere Sanierungsmassnahmen sind bisher auf diesem Gebiete nicht ergriffen worden.

Dagegen ist Österreich auf dem Wege der Eegelung des Güterverkehrs auf der Strasse, in der Bichtung der Koordination der Transportmittel, aktiv vorgegangen. Dafür gilt das Gesetz vom 9. Juni 1934. Bemerkenswert darin ist, dass mit wenigen Ausnahmen Werktransporte nur bis auf eine Entfernung von 100 km zulässig sind. Darüber hinaus ist grundsätzlich der Werkverkehr verboten.

Italien hat sein im Jahre 1905 geschaffenes Staatsbahnnetz der Staatsbahnverwaltung ohne irgendwelche Zinsenlasten übergeben. Der Bau neuer Linien geht vollständig auf Bechnung des Staates, ohne Beteiligung der Staatsbahnverwaltung. Einzig die Ausgaben für Verbesserung und Erweiterung der Anlagen (Elektrifizierung, Bau zweiter Geleise, Bahnhoferweiterungen) müssen von der Staatsbahn übernommen werden. Schliesst die Staatsbahnrechnung mit einem Ausgabenüberschuss ab, so trägt die Staatskasse nicht nur die Kapitalkosten und Tilgungen, sondern deckt noch die Fehlbeträge. In den Jahren 1931--1934 sind zu Lasten der Staatskasse Fehlbeträge in der Höbe von über 2 Milliarden Lire gebucht worden; im Jahre 1934 allein waren es 867 Millionen.

Der Voranschlag für das Bechnungsjahr 1935/36 sah einen Fehlbetrag der Staatsbahnen in der Höhe von 900 Millionen Lire vor. Es ist daher zu verstehen, dass Italien zur Verminderung der Staatsbahnfehlbeträge die Eisenbahntarife erhöht, hat (bis zu 35 %).

Um zu verhindern, dass zufolge dieser Massnahme der Verkehr auf die
Strasse übergebe, sind dem gewerbsmässigen und dem Werkverkehr mit Lastwagen sehr hohe Sonderabgaben auferlegt worden, unter gleichzeitiger Erhöhung des Benzinverkaufspreises.

Besonders eng sind bekanntlich die finanziellen Beziehungen zwischen den Privatbahnen und dem Staate in Frankreich. Gemäss der Konvention von 1921 kommt der sogenannte Fonds commun für die Fehlbeträge der Eisenbahnen auf. Aus ihm sind nicht nur die Obligationenzinse, sondern auch die gesetzlich garantierten Dividenden zu decken. Wie bei den Schweizerischen Bundesbahnen, müssen auch dort die Fehlbeträge durch staatlich garantierte Obligationenemissionen eingebracht werden. Der in den Jahren 1921 bis

231 1984 entstandene Passivsaldo des Fonds commun erreichte 1934 die Höhe von 22,7 Milliarden französischer Franken. Davon gehen 17,4 Milliarden auf die ungünstigen Ergebnisse der letzten Jahre zurück. Für das Jahr 1935 betrug der Ausgabenüberschuss der grossen französischen Bahnen, unter Einrechnung aller Lasten, 5,4 Milliarden Franken, trotzdem durch Notverordnungen die Besoldungen und Obligationenzinse um 10 % herabgesetzt worden sind.

Während man sich also auch in Frankreich in den letzten Krisenjahren damit begnügte, den Bahnen staatlicherseits diejenigen Zuschüsse zukommen zu lassen, die sie zur Schaffung des finanziellen Gleichgewichts jeweils nötig hatten -- eine im Oktober 1935 bestimmte Erhöhung der Entschädigung für die Beförderung der Postsendungen fällt auch unter dieses Kapitel --, ist in diesem Lande hinsichtlich der Ordnung des Problems Schiene/Auto ein positiver Versuch zum Schutze der Bahnen unternommen worden. Durch staatliche Verordnung vom 19. April 1934 wurde eine einheitliche Konzessionspflicht für den Personen- und Güter-Kraftwagenverkehr eingeführt; die Ausführungsdekrete sind am 25. Februar und 13. Juli 1935 verabschiedet worden.

Entsprechend den für den gewerbsmässigen Güterverkehr nach der Transportentfernung gebildeten Kategorien werden besondere tonnenkilometrische Abgaben erhoben.

Bei der Nationalen Gesellschaft der Belgischen Eisenbahnen, die durch das Gesetz vom 23. Juli 1926 geschaffen worden ist, ist das Kapital, mit dessen Dienst sie faktisch zu rechnen hat, ebenfalls bedeutend geringer bemessen als die ursprünglichen Anlagekosten der Linien, die zu ihrem Netze gehören. Das Aktienkapital besteht aus Stammaktien im Betrage von einer Milliarde Franken und aus Prioritätsaktien in der Höhe von 10 Milliarden, von denen bis jetzt nur rund 5 Milliarden begeben worden sind. Für die feste Dividende der Vorzugsaktien (6 %) kommt der Staat auf. Die Übernahme allfälliger Fehlbeträge der belgischen Eisenbahnen durch den Staat ist im Gesetze vom Jahre 1926 nicht vorgesehen. Das Jahr 1934 verzeichnete einen Fehlbetrag von 151,2 Millionen belgischen Franken. Dessen Deckung aus Eücklagen früherer Jahre war nur noch zu einem kleinen Teil möglich; 127,9 Millionen mussten auf neue Bechnung vorgetragen werden. Im Jahre 1935 entstand ein Verlust von 92,4 Millionen belgischen
Franken. Zugunsten der belgischen Bahnen ist also, abgesehen von der bei der Schaffung der Gesellschaft durchgeführten grossen Kapitalentlastung, staatlicherseits während der Krisenjahre nichts mehr unternommen worden. Man wird wohl abwarten wollen, wie die Situation, die trotz der früheren weitgehenden Erleichterungen auch hier sehr kritisch geworden ist, sich weiter entwickelt.

Dagegen hat man im Strassentransportwesen zum Schutze der Bahnen neuerdings legiferiert. Seit dem 1. Oktober 1933 zahlen gewerbsmässige Strassentransporte über 20 km eine Beförderungssteuer von 20 % des Frachtpreises. Auf den 1. Januar 1934 ist diese Sondersteuer ermässigt worden, dafür wird sie aber auch im Werkverkehr erhoben.

232 Seit dem Weltkriege ist in den N i e d e r l a n d e n die Verbindung zwischen den beiden grossen Banngesellschaften und dem Staat stets enger geworden.

Die Mehrheit ihrer Aktien befindet sich in den Händen des Staates. Beim Zustandekommen der Interessengemeinschaft zwischen den beiden Gesellschaften ist von ihm den Aktionären eine Mindestdividende, die gegenwärtig 4 % beträgt, garantiert worden, und es besteht infolgedessen auch eine tatsächliche staatliche Garantie für den Zinsendienst der Eisenbahnobligationen.

Diese Garantie hat den Staat für das Jahr 1935 rund 80 Millionen Gulden gekostet. In den Jahren 1931 bis 1935 bezifferte sich die entsprechende Last auf über 110 Millionen Gulden.

Angesichts dieser schweren, dem Staate zufallenden Belastung hat die Eegierung vor kurzem einen Gesetzesentwurf mit einem umfassenden Sanierungsprogramm für die niederländischen Bahnen eingebracht. Danach sollen die beiden bestehenden Gesellschaften liquidiert und eine neue Gesellschaft errichtet werden. Voraussetzung dafür ist auch da eine gründliche Eeform der Kapitalstruktur (90 % des Kapitals besteht heute aus fremdem Kapital) und eine Entlastung von Schulden.

In diesem Projekt hat die Eegierung nach einer Lösung gesucht, die den Interessen der Obligationäre so weit als möglich entgegenkommt. Es wird daher Gelegenheit geboten, die Bahnobligationen gegen neue 3 %-Staatsobligationen einzutauschen, was je nach der Emission ein Zinsopfer zwischen % und 2 % bedeutet. Auch die Ablösungsfristen dieser Obligationen werden verlängert. Für die damit gebrachten Opfer werden die Obligationäre durch die Erhöhung des Nominalbetrages ihrer Forderungen um insgesamt 10 Millionen Gulden teilweise entschädigt. Als Eigenleistung an die Sanierung der Bahnen will der Staat einmal von der gesamten Obligationenschuld, die auf Ende 1935 412 Millionen Gulden betrug und die sich durch die erwähnte Erhöhung des Nominalbetrages noch etwas steigern wird, 130 Millionen für Zinsen und Ablösung auf eigene Eechnung nehmen. Ferner will er den Bahnbetrieb, der ohne die Schuldenverzinsung ein erhebliches Aktivum darstellt, in die neue Gesellschaft gegen Übergabe von nur 10 Millionen Aktien derselben einbringen (es wäre dies das gesamte neue Aktienkapital) und schliesslich 5 Millionen früher einbezahlten eigenen Kapitales verloren
geben. Auf Grund dieser Opfer des Staates würden 225 Millionen Gulden zu Abschreibungen frei, was ungefähr dem mutmasslichen Betrag der nach der Auffassung der rnassgebenden Kreise dann noch verbleibenden Überschuldung der Bahnen entspricht. Der in privaten Händen befindliche Betrag des Aktienkapitals würde ebenfalls in Obligationen umgetauscht.

Die Niederländische Eegierung ist sich jedoch dessen bewusst, dass mit diesen Massnahmen, so einschneidend sie sein mögen, die Deckung des gegenwärtigen Eisenbahndefizites noch nicht erreicht sein wird. Sie strebt daher weitergehende Einsparungen durch Aufhebung der verlustbringenden Linien in grösserem Umfang als bisher an, durch Rationalisierung der Betriebsorganisation usw.

233 In den Niederlanden stehen die Bahnen nicht nur unter dem scharfen Wettbewerb des Automobils wie anderswo, sondern es hat die Binnenschiffahrt auf den unzähligen Kanälen und anderen Wasserläufen, die das Land durchziehen, von jeher einen namhaften Anteil namentlich an dem vorhandenen Güterverkehr behalten. Es ist daher verständlich, dass auch die dortigen Bahnen im Eahnien der Möglichkeit auf Massnahmen der Abwehr angewiesen waren, um das von ihnen investierte, grosse Kapital wenigstens nach Möglichkeit vor der Entwertung zu bewahren. Dabei hat die individualistische Transport weise, in der sich die Binnenschiffahrt an der Abwicklung des Verkehrs betätigt, handelt es sich doch bei ihr in den meisten Fällen um Betriebe kleinen und kleinsten Umfanges, auf die Art der Ordnung des Wettbewerbes unter den Verkehrsmitteln offenbar eingewirkt.

Um nur die Schutzmassnahmen für die Eisenbahn dem Kraftwagenverkehr gegenüber kurz zu streifen, so ist in dieser Hinsicht die schon seit dem Jahre 1933 bestehende kostenlose Zufuhr von Stuckgütern durch die Eisenbahnen bemerkenswert. Seit August 1936 wird versuchsweise in der Provinz Gelderland der kostenlose Zustellungsdienst auch auf Wagenladungsgüter ausgedehnt, in dem Sinne, dass Wagenladungen bahnseitig kostenlos zur Wohnung geliefert und von dort abgeholt werden. Für den Kraftwagenverkehr besteht ein Konzessionssystem, das sich jedoch erst in der Ausbreitung befindet. Beschränkte es sich zunächst auf den Fall der Beförderung von Personen mit Autobussen, so erfasst es neuerdings auch den Personen- und Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen aus oder nach bestimmten Ländern. Zu derartigen Massnahmen kommen die Erhebung eines Benzinzolles und die Besteuerung der Automobile hinzu.

In England, wo sich, wie oben bemerkt, die Eisenbahnnot bisher am wenigsten geltend gemacht hat und den Bahnen ein ausgesprochen privatwirtschaftlicher Grundzug eigen ist, da fast % des Kapitals der vier grossen Gesellschaften aus Aktienkapital bestehen, ist eine Garantie der Dividenden seitens des Staates, die Kriegs- und Nachkriegsjahre ausgenommen, bis anhin nicht in Frage gekommen. Wohl aber hat sich das britische Schatzamt neulich veranlagst gesehen, für eine zu Bauten und Anschaffungen bestimmte Anleihe der vier grossen Gesellschaften im Betrage von 26% Millionen Pfund die Staatsgarantie
für Kapital und Zinsen auszusprechen.

Hingegen hat auch in England der Staat zum Schutze der Eisenbahnen gegen den Strassengüterverkehr eingegriffen. Dieser ist seit dem 1. Januar 1934 geregelt. Ausser nicht unbeträchtlichen steuerlichen Mehrbelastungen des Lastkraftwagenverkehrs, vor allem durch erhöhte Lizenzabgaben, wurde für den gesamten über die Ortsbereiche hinausgehenden Lastkraftwagenverkehr, einschliesslich des Werkverkehrs, die Konzessionspflicht eingeführt.

Der Ausschluss eines ungesunden Wettbewerbes gegen die Eisenbahnen ist der erklärte Hauptzweck des Gesetzes; er soll zum Teil mit der durch die neue Konzessionsgesetzgebung verfolgten Beschränkung der Zahl der Unter-

234 nehmungen und Fahrzeuge erreicht werden, hauptsächlich aber mit der finanziellen Mehrbelastung des Lastkraftwagenverkehrs.

Diese Ausführungen, die noch verlängert werden könnten, erhärten unsere eingangs vorliegenden Abschnittes gemachte Peststellung, dass auch im Auslande bei den Eisenbahnen durchweg eine scharfe Dauerkrise herrscht. Sie weisen jedoch auch nach, dass dieser Dauerkrise gegenüber die Eegierungen nicht untätig geblieben sind, sondern dass sie den Bahnen in grosszügiger Weise aus staatlichen Mitteln und durch Schutz gegen die Konkurrenz zu Hilfe kamen, in Erwartung des Augenblickes, den sie für die Durchführung umfassender Sanierungsmassnahmen wählen zu sollen glaubten.

C. Die Lage der Schweizerischen Bundesbahnen.

1. Allgemeines.

Die Finanzlage der Schweizerischen Bundesbahnen hat sich im Jahr 1935 in ihren wesentlichen Erscheinungen wie folgt dargestellt, wobei wir zum Vergleich die entsprechenden Zahlen von 1930 beifügen: 1930

Fr.

420,546,000 291,420,000 129,126,000 69,30% 114,826,000 11,930,000 21,528,000

Betriebseinnahmen Betriebsausgaben Überschuss der Betriebseinnahmen Betriebskoeffizient Verzinsung der festen Anleihen Tilgungen und Abschreibungen Einlagen in die Spezialfonds*) Bestand des Anlagekontos, des Kontos «Unvollendete Bauobjekte» und des Kontos «Verwendungen auf Nebengeschäfte» 2,731,899,000 Konto «Zu tilgende Verwendungen» 177,000,000 Bestand der festen Anleihen 2,705,194,000 Konto «Getilgtes Schuldkapital» 71,369,000 Bestand der Spezialfonds 126,035,000 Passivsaldo der Gewinn-und Verlustrechnung**) --

1935

Fr.

314,776,000 240,337,000 74,439,000 76,35% 114,957,000 9,502,000 24,469,000

2,895,897,000 212,498,000 2,925,028,000 93,710,000 189,405,000 183,815,000

Bei der Beurteilung der allgemeinen Lage der Bundesbahnen werden wir in den folgenden Ausführungen auf einige Posten ihrer Bilanz, die von besonderer Wichtigkeit sind, zurückkommen.

*) Erneuerungsfonds, Feuer- und Unfall Versicherungsfonds, Fonds zur Deckung von Unfallrenten.

**) Im Jahre 1930 ergab sich ein Aktivsaldo von Fr. 1,595,000, der von den «Zu tilgenden Verwendungen» abgezogen wurde. Der Ende 1935 ausgewiesene PassivSaldo umfasst auch den grössten Teil der Passivsaldi der Vorjahre.

235 2. Oie Anlagekosten.

Die Anlagekosten der Bundesbahnen haben folgende Entwicklung genommen: Stand Ende 1903

Stand Ende 1909

Stand Ende 1935

Länge der Bahn 2395 km 2682 km 2877 km Anlagekosten im gesamten, inbegriffen die noch im Gange beFrFr.

Fr.

findlichen Arbeiten 915,163,257 1,279,232,085 2,787,381,532 Hiervon für die Elektrifizierung aufgewendet -- 1,701,370 717,284,445 In Prozent der gesamten Anlagekosten -- 0,is% 25,73°/o Die gesamten Anlagekosten der Bundesbahnen, ohne die Brünigbahn, belaufen sich nach der amtlichen schweizerischen Eisenbahnstatistik, die auf Ende 1934 abgestellt ist, auf Fr. 936 für den Meter Baulänge. Sie stehen damit absolut und im Vergleich zu denjenigen der ausländischen Eisenbahnen sehr hoch. In der Schweiz werden jedoch diese Anlagekosten, was die Norrnalbahnen anbelangt, noch von denjenigen der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn übertroffen, die Fr. 1676 je Meter Baulange betragen haben. Am nächsten kommen dem für die Bundesbahnen ausgerechneten Betrag unter den Anlagekosten der schweizerischen Normalbahnen diejenigen der Bodensee-Toggenburgbahn (Fr. 696 auf den Meter Baulänge). Unter den Schmalspurbahnen wird er nur von einigen Bahnen mit besondern technischen Schwierigkeiten erreicht oder sogar übertroffen. Nicht sehr weit unter den durchschnittlichen kilometrischen Anlagekosten der Bundesbahnen, in denen unter anderem auch die elektrischen Anlagen und das Rollmaterial Inbegriffen sind, stehen, nebenbei gesagt, die mittleren Anlagekosten für gewisse neue Strassen, um deren Ausführung durch die öffentliche Hand man sich in verschiedenen Gegenden unseres Landes bemüht. Die eben vollendete neue Gandriastrasse wird ungefähr 900,000 Franken je Kilometer erfordert haben, wenn man die zirka Bn km Neubaustrecke und die 1,4 km Umbaustrecke einander hinsichtlich des Kostenpunktes gleichstellt.

Die heutige Höhe der Anlagekosten der Bundesbahnen ist zunächst von dem oben erwähnten beträchtlichen Aufwand für die Elektrifizierung bedingt, der nahezu die Hälfte des zwischen den Zahlen von 1909 und denjenigen von 1935 bestehenden Unterschiedes ausmacht. Dieser Teil der Anlagekosten belastet indessen das Unternehmen vom Standpunkt des Ertrages aus nicht, da jenen Aufwendungen entsprechende Ersparnisse an Betriebskosten gegenüberstehen. Bei der Würdigung des zwischen den Zahlen von 1909 und denen von 1935 bestehenden Unterschiedes muss man sich ferner daran erinnern, dass die Bundesbahnen in der Anlage zweiter Geleise und in der Erweiterung von Bahnhöfen grosse Eückstände nachzuholen gehabt haben, die aus der

236

,

Zeit der Privatbahnen stammten. Im weitern lagen ihnen sehr teure Neubauten ob, -wie Simplondurchstioh, Eickenbahn, Hauensteinbasistunnel, die ihrerseits das Anlagekonto beträchtlich belasteten.

In der Hauptsache ist jedoch die besondere Höhe der Anlagekosten der Bisenbahnen unseres Landes seiner ungünstigen Bodengestaltung zuzuschreiben. Ihretwegen wurden sowohl die erste Anlage wie der spätere Umbau des Eisenbahnnetzes ausserordentlich teuer. Bahnlinien, die nur einen ganz einfachen Unterbau erforderten, wie dies im Machlande der Fall ist, besitzen die Bundesbahnen sozusagen keine. Hohe Dämme, tiefe Einschnitte, zahlreiche Brücken und lange Tunnels, Verbauungen von Wildbächen, Berglehnen und Lawinen sind eine spezifische Eigentümlichkeit ihres Netzes. Die Tunnels erreichen bei den Schweizerischen Bundeshahnen die Länge von 165;1 km, das sind 5,74 % der gesamten Bahnlänge. Bei den Österreichischen Bundesbahnen dagegen machen sie 1,49 %, bei der Deutschen Eeichsbahn 0,42 %, bei den Ungarischen Staatsbahnen gar nur 0,04 % der Bahnlänge aus. Verteuernd für die Bahnanlage wirkte bei uns ausserdem die, abgesehen von den unbewohnten Gebieten der Hochalpen, sehr enge Siedelung, so dass sehr viele Eisenbahnstationen erstellt werden mussten. Ausser den Österreichischen Bundesbahnen zeigen die Schweizerischen Bundesbahnen die kürzesten Stationsentfernungen unter den grossen Bahnen Europas. Es kommen bei ihnen 27 Stationen auf 100 km Bahnlänge, bei der Deutschen Eeichsbahn 22, bei den Ungarischen Staatsbahnen 20, bei den Schwedischen Staatsbahnen gar nur 17. Diese grosse Anzahl von Bahnhöfen und Stationen, deren viele zudem Berührungspunkte mit den privaten Eisenbahnen sind, beeinflusste die Anlagekosten der Bundesbahnen ungünstig wegen der Notwendigkeit, nicht nur die erforderlichen Gebäude, sondern auch Sicherungsanlagen und Nebengeleise, oft in grossem Umfange, zu errichten.

Bei der Beurteilung des Baukontos der Schweizerischen Bundesbahnen darf man schliesslich auch nicht übersehen, dass die Engmaschigkeit des Strassen- und Wegenetzes unseres Landes das Vorhandensein einer sehr grossen Anzahl von Kreuzungen der Bahn mit solch andern Kommunikationen bedingt. Auf dem Netz der Bundesbahnen bestanden Ende 1934 im ganzen 6772 Wegkreuzungen, davon 4141 auf Bahnhöhe, 2001 Unterführungen und 630 Überführungen. Obwohl
die Ersetzung von Niveaukreuzungen durch Unter- oder Überführungen sich gewöhnlich mit Eücksicht auf die stark angewachsenen Bedürfnisse des Strassenverkehrs aufdrängt, geht bei der Finanzierung jeweils regelmässig mindestens ein beträchtlicher Teil der Ausgaben zu Lasten der Bahn. Gewöhnlich sind zudem infolge der örtlichen Verhältnisse die notwendigen Gesamtaufwendungen recht teuer, so dass, absolut betrachtet, der Anteil der Bahn recht hoch wird und Ausgaben dieser Art die Baurechnung der Bundesbahnen zusammengenommen in sehr nennenswertem Masse belastet haben.

Da derartige Umstände unausweichlich darauf hinwirkten, dass die Anlagekosten der Bundesbahnen beträchtlich wurden, lag die Pflicht der Ver-

237 waltung auf der Hand, in ihren Entschlüssen über bauliche Aufwendungen besonders vorsichtig und zurückhaltend zu sein. Nun sind im Laufe der Jahre, da es dem Unternehmen schlechter zu gehen anfing, öfters Vorwürfe aus dem Volk heraus zu hören gewesen, dahingehend, man habe in dieser Hinsicht nicht immer und nicht genügend zum Rechten gesehen. Solchen Vorwürfen ist von vornherein entgegenzuhalten, dass die gleichen Kreise, die heute damit hervortreten, zu gegebener Zeit gerne dabei waren, um bezügliche Ansprüche zu stellen, und dass die Kantone wie das Volk in der Beurteilung von Bauprojekten der Bundesbahnen, zu denen sie mitzureden hatten, selten oder nie in der Eichtung wirkten, dass sie eine Einschränkung derselben beantragten. Im Gegenteil wurden von der Verwaltung, so entgegenkommend sie schon in ihren Entwürfen gewesen sein mochte, gewöhnlich noch Erweiterungen verlangt, die die Kosten erhöhten. Wohl mag jene, urn den guten Willen zu zeigen, solchen Ansprüchen gegenüber ab und zu ein allzu geneigtes Ohr gezeigt haben ; doch ist es nicht ganz gerecht, wenn Nutzniesser eines solchen Entgegenkommens ihr jetzt hinterher deswegen Vorwürfe machen.

Was die sachliche Berechtigung solcher Aussetzungen anbelangt, so lässt sich allerdings kaum bestreiten, dass man in den guten Jahren in derGestaltung namentlich der Hochbauten der Bundesbahnen weit gegangen ist. Ferner wurde, im Vertrauen auf eine sicher scheinende, bedeutende weitere Steigerung der Verkehrsbedürfnisse und ohne daran zu denken, dass die Bahnen das Transportmonopol jemals in einem solchen Grade verlieren würden, wie es heute der Fall ist, bei der Bemessung des Umfanges gewisser Bahnhofneubauten und -erweiterungen sicherlich ein Masstab angelegt, den wir heute als zu weitgehend betrachten müssen. Auch mag es sein, dass man bei der Verwaltimg, im Bestreben, jeweils in der Qualität der Ausführung nur das Beste zu bieten, mitunter über diejenigen Bedürfnisse hinausging, welche sich bei rein kaufmännischer Einstellung als unumgänglich erwiesen hätten. Wie dem auch sei, muss man sich jedoch bei einer solchen Kritik vor unberechtigten Schlagwörtern und Übertreibungen hüten: denn das «Zuviel», das man hinterher, wo es dem Unternehmen schlechter geht und die Bedürfnisse sich gewandelt haben, in der Baupolitik der Schweizerischen Bundesbahnen
bei objektiver Würdigung beanstanden könnte, macht in seinen Auswirkungen auf die Hohe des heute zu verzinsenden Anlagekapitals nur einen kleinen Bruchteil aus und hat die gegenwärtige Notlage des Unternehmens in entscheidender Weise nicht verursacht.

Bei der Kritik der Höhe der bisherigen Bauausgaben der Bnndp.sba.hnsn vergisst man im übrigen gerne folgendes wichtige Moment: Mag man der Verwaltung auch in gewissen, dem Laien am ehesten auffallenden Beziehungen hie und da ein Übermass vorwerfen und behaupten können, es waren bei zurückhaltenderer Einstellung von Verwaltung und Öffentlichkeit Kosten einzusparen gewesen, so sind auf dem Netze der Bundesbahnen, so erfreulich ihre technische Ausgestaltung im ganzen ist, andere, für eine glatte, betriebssichere Dienstabwicklung wichtige Gebiete noch keineswegs bis zu einem Grade der Vollkommenheit ausgebildet, der im Verhältnis zur Bedeutung des ab-

238 zuwickelnden Verkehrs als übertrieben bezeichnet werden könnte; vielmehr werden in dieser Hinsicht die Bundesbahnen von anderen Netzen zum Teil übertroffen. So ist es sicher, dass unsere Bundesbahnen in der Ausdehnung ihrer zweiten Geleise nicht so fortgeschritten sind wie beispielsweise die Deutsche Eeichsbahn oder die französischen Bahnen und dass sie auch in ihren Stellwerken, in der Verbesserung der Sicherungsanlagen und dergleichen, soviel in der letzten Zeit gerade dafür ausgegeben wurde, noch nicht auf einer Stufe angelangt sind, auf der man angesichts der stets wachsenden, berechtigten Anforderungen, die an die Betriebssicherheit gestellt werden, weitere Aufwendungen als vermeidbar bezeichnen dürfte.

Wir wollen diese Ausführungen nicht schliessen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Bundesbahnen bei ihren baulichen Aufwendungen in einem weitgehenden und jedenfalls grösseren Masse, als es ein Privatunternehmen je getan haben würde, im Sinne der Erfüllung einer selbstverständlichen Pflicht, die einheimischen Fabriken und Produzenten bevorzugt haben. Die eingehende Untersuchung der Bedeutung der Arbeitsbeschaffung der Bundesbahnen für die schweizerische Volkswirtschaft und den inländischen Arbeitsmarkt für die Jahre 1924--1931 hat ergeben, dass von Aufträgen in der Höhe von 1273 Millionen Franken 981 Millionen oder 77 % im Inlande geblieben sind. Von letzteren Ausgaben fielen 530 Millionen Franken auf Löhne für die in der schweizerischen Industrie, im Gewerbe und Handwerk tätigen Arbeiter.

Der jährlichen Ausgabe von 66,4 Millionen Franken für Arbeitslöhne entsprach ein Bestand von rund 20,000 vollbeschäftigten Arbeitskräften. So darf man bei der Kritik des Umfanges und der Höhe der baulichen Aufwendungen der Bundesbahnen nicht vergessen, wie viele Vorteile dadurch der allgemeinen schweizerischen Wirtschaft zugekommen sind, und zwar manchmal auch in Fällen, in denen ein Bezug im Ausland oder die Verwendung ausländischer Baustoffe statt einheimischer für das Unternehmen rein rechnerisch betrachtet von Vorteil gewesen wäre. Von dieser, durch die Bundesbahnen im Interesse des allgemeinen schweizerischen Wirtschaftslebens übernommenen Belastung gibt man sich meistens nicht genügend Eechenschaft.

Die Schwere der Last, welche die aus dem Bau und der Vervollkommnung des Netzes der Bundesbahnen
herrührenden Verpflichtungen für jene bedeuten, beurteilt sich nach dem Mass der Abschreibungen, welche diese Aufwendungen im Gefolge gehabt haben. Es liegt daher nahe, anschliessend an die Betrachtung der Bauausgaben der Ordnung der Abschreibungen die nötigen Ausführungen zu widmen.

3. Die Tilgungen und Abschreibungen.

Am 31. Dezember 1935 war das Netz der Bundesbahnen mit festen Anleihen und schwebenden Schulden im Gesamtbetrage von Fr. 3,144,411,960 belastet. Es stellt sich die Frage, nach welchen Grundsätzen und in welcher Höhe dieser hohen Belastung gegenüber im Laufe der Jahre Tilgungen und

239

Abschreibungen stattgefunden haben. Dabei ist es notwendig, scharf zu unterscheiden zwischen: a. den Tilgungen, d. h. den planmässigen Tilgungen des Anlagekapitals innerhalb einer bestimmten Zeitdauer ; 6. den Abschreibungen, d. h. den Kosten für den Ausgleich des mit der Zeit eintretenden Minderwertes der Anlagen, Einrichtungen und Betriebsmittel, wobei die Abschreibungsquote sich nach der mutmasslichen Gebrauchsdauer der betreffenden Anlageteile bemisst.

Im Jahre 1935 wurden durch die Bundesbahnen folgende Tilgungen und Abschreibungen vorgenommen : Tilgung des Anlagekapitals Fr. 6,536,157 Tilgung von Anleihenskosten » 2,917,447 Abschreibungen *) : Anlagen und Einrichtungen Materialvorräte Wertschriften

Fr. 25,341,875 » 393,617 » 918,002 » 26,653,494 Zusammen

Fr. 36.107,098

Die gesamte Höhe dieser Abschreibungen für das Jahr 1935 entspricht dem Betrag von 1,16 % des Anlagekontos (ohne die in Ausführung begriffenen Arbeiten) und von 1,06 % der Schulden auf Ende des genannten Jahres.

Vom Kapital der Bundesbahnen waren Ende 1935 Fr. 101,102,660 getilgt.

Die Abschreibungen auf Ende 1935 betrugen Fr. 352,049,256.

Bei der Würdigung dieser Sachlage drängen sich folgende Bemerkungen auf: a. Die Tilgungen.

Im Jahre 1897 wurde es als ein wesentlicher Grund für die Vornahme des Bückkaufes bezeichnet, dass nur auf dem Wege des Staatsbetriebes die planmässige Amortisation des gesamten Anlagekapitals der zu erwerbenden Bahnen in die Wege geleitet werden könne. Man hielt mit vollem Eecht diese Amortisation tur unumgänglich, weil auf den Zeitpunkt, da die grossen schweizerischen Hauptbahnen nach den Konzessionen an den Bund zurückgefallen wären, die grossen Bahnen der Nachbarländer sich sozusagen unentgeltlich im Eigentum des Staates befinden würden. So schien es unerlässlich, das Unternehmen beizeiten von der Kapitallast allmählich zu befreien, um die Tarife *) Über den Erneuerungsfonds und auf anderen Wegen.

240

herabsetzen und die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Auslande gewährleisten zu können. Dies war der Zweck des Art. 7, Abs. 2, des Eückkaufsgesetzes, wonach die für den Bau und den Betrieb der Bundesbahnen zu emittierenden Anleihen aus den Erträgnissen des Unternehmens nach einem festen Amortisationsplan binnen 60 Jahren zu amortisieren seien.

An Stelle dieser vom Gesetz verlangten, rein finanziellen Amortisation führte man aus Zweckmässigkeitsgründen alsbald eine andere ein: Man stellte in die Ausgaben der Gewinn- und Verlustrechnung eine derart berechnete Amortisationsquote ein, dass innerhalb 60 Jahren das Anlagekapital vollständig amortisiert würde. Der so gestaltete Amortisationsplan erforderte in den ersten Jahren des Bundesbahnbetriebes nur geringe Amortisationsquoten, und die Hauptlasten wurden in die zweite Hälfte der Amortisationsdauer verlegt. So betrug nach diesem Amortisationsplan die Amortisationsquote für das Jahr 1903 bei einem zu tilgenden Anlagekapital von Fr. 862,000,000 nur 4,2 Millionen, im Jahre 1919 bei Fr. 1,530,000,000 zu tilgendem Kapital erst 11,3 Millionen.

Im Zeitraum von 1903 bis 1920 wurden gemäss dem Amortisationsplan auf Grund der sechzigjährigen Amortisationsfrist rund 188 Millionen Franken in die Ausgaben der Gewinn- und Verlustrechnung sowie in das Konto «Getilgtes Schuldkapital» der Bilanz eingestellt. Für den gleichen Zeitraum schlössen aber die Gewinn- und Verlustrechnungen mit einem Überschuss der Fehlbeträge über die Aktivsaldi im Betrage von rund 176 Millionen Franken ab. Die Zinsersparnis, die nach dem Amortisationsplan der Berechnung der jährlichen Tilgungsquote zugrunde lag, war somit in Wirklichkeit nicht herausgewirtschaftet worden, und es ergab sich bei dieser Berechnungsweise, dass Beträge in der Bilanz als getilgtes Schuldkapital erschienen, die das Unternehmen gar nicht erwirtschaftet hatte. Das Unvermögen zu ausreichenden Abschreibungen wurde natürlich auch durch die überaus ungünstigen Abschlüsse der Kriegsjahre herbeigeführt. Doch hätte man, davon ganz abgesehen, schon damals aus den gemachten Erfahrungen den untrüglichen Schluss ziehen müssen, dass die Ergebnisse des Bundesbahn Unternehmens zur Bestreitung der gesetzlichen Tilgung mindestens auf die Länge nicht ausreichen würden. Man hätte also wegen dieses Ungenügens die
finanzielle Basis des Unternehmens in ihrer Gesamtheit schon damals überprüfen und ihm aufhelfen sollen. Statt dessen griff man zu einer Verlegenheitslösung, die sich auf die Länge unmöglich günstig auswirken konnte.

Diese Lösung bestand darin, dass man im Jahre 1920 auf dem Weg einer Teilrevision des Eückkaufsgesetzes die Amortisationsdauer für das Anlagekapital von 60 auf 100 Jahre ausdehnte, und zwar noch unter Bückwirkung auf die schon abgeschlossenen Geschäftsjahre des Unternehmens. Auf diese Weise reduzierte sich das auf Ende 1920 getilgte Kapital auf blosse 30,5 Millionen Franken, bei 1684 Millionen Anlagekapital. Für das erste Betriebsjahr 1908 wurde nach diesem Plane mit einer Tilgung von ganzen 0,9 Millionen begonnen, und 1920 hatte die Tilgungsrate erst 2,7 Millionen erreicht.

241 Art. 28 des Organisationsgesetzes vom 1. Februar 1923 hat sodann die Pflicht zur finanziellen Amortisation des Anlagekapitals innerhalb 100 Jahren bestätigt.

Bei der im Jahre 1920 getroffenen Ordnung vergass man allzurasch, dass zum finanziellen Aufbau des Bundesbahnunternehmens, wie er im Jahre 1897 ausgedacht worden war, eine rasche und starke Amortisation als integrierender Bestandteil gehörte und dass keine ausreichenden sachlichen Gründe dafür bestanden, um einen solchen Einbruch in den Plan zu rechtfertigen.

Die zur Eechtfertigung dieses Schrittes in den Vordergrund gerückte Annahme,, die internationalen Wettbewerbsverhältnisse hätten sich infolge des Krieges zuungunsten der ausländischen Bahnen geändert, erwies sich in der Folge als ganz unrichtig, und die Hoffnung auf eine Verbesserung der Vermögenslage der Bundesbahnen in einem Grade, der ihnen in der Zukunft gelegentlich wieder höhere Rücklagen zu Amortisationszwecken erlauben würde, war in Ansehung der während der ersten Bundesbahnjahre gemachten finanziellen Erfahrungen reichlich optimistisch. Wie die Verwaltung ausrechnet, wäre, sofern man im Jahre 1920 die sechzigjährige Tilgungsdauer beibehalten hätte, Ende 1931 ein getilgtes Schuldkapital von 298 Millionen Pranken vorhanden gewesen.

Das auf Ende 1935 in der Bilanz ausgewiesene getilgte Schuldkapital macht nicht ganz 3% der gegenwärtigen Gesamtbelastung des Unternehmens mit Obligationen und schwebenden Schulden aus. Es liegt auf der Hand, dass dieser Betrag ganz und gar ungenügend ist. Hätte man die im Jahre 1897 beschlossenen gesetzlichen Tilgungen richtig eingeleitet und zielbewusst durchgeführt bzw. (was dann voraussichtlich notwendig geworden wäre) dem Unternehmen rechtzeitig eine entsprechende Entlastung verschafft, um ihm diese Weiterfuhrung zu ermöglichen, dann wären Gegenwart und Zukunft von dem Zwange verschont geblieben, nachträglich für Lasten aufzukommen, die von Rechts wegen die Vergangenheit hätte tragen sollen.

b. Die Abschreibungen.

Abschreibungen finden bei den Schweizerischen Bundesbahnen wie auch bei allen übrigen Bahnen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen statt für Anlagen und Einrichtungen, die einer wesentlichen Abnützung unterworfen sind. Nach Art. 29 des Organisationsgesetzes vom 1. Februar 1923 ist für solche Anlagen ein Erneuerungsfonds anzulegen. Die
eingangs dieses Abschnittes stehende Tabelle zeigt, wie hoch sich in der Gestalt von Einlagen des Unternehmens in den Erneuerungsfonds die Abschreibungen belaufen. Vom Anlagevermögen des Bahnbetriebes wurde bisher, und zwar auf Grund von Prozentsätzen, die gattungsweise je nach der Abnützung der betreffenden Objekte festgestellt wurden, abgeschrieben: beim Oberbau, bei den Fahrleitungen, bei den Fahrzeugen, beim Mobiliar und den Gerätschaften, ferner auch bei den Kraft- und Unterwerken, den Übertragungsleitungen, sowie dem Mo-

242 biliar und den Maschinen der Werkstätten. Die Erfahrung hat gelehrt, dass die gegenwärtig praktizierten Abschreibungen dieser Art nicht nur bei den Privatbahnen, sondern auch bei den Bundesbahnen, trotzdem ihre Abschreibungsquoten diejenigen der Privatbahnen im ganzen wesentlich übersteigen, rein zahlenmässig nicht genügen und revisionsbedürftig sind. Zudem ist der Kreis der Anlagen, bei denen abgeschrieben wird, zu eng : Hinzukommen sollten noch die Brücken, das Schotterbett, der Hochbau, die technischen Einrichtungen, die Schwachstrom- und Sicherungsanlagen, ebenso gewisse heute nicht berücksichtigte Anlagen bei den Kraftwerken.

Es ist somit auch hinsichtlich der Abschreibungen die Vergangenheit auf Kosten der Zukunft zu wenig belastet worden, und es hat auch die bisherige Ordnung sowohl der Tilgungen als auch der Abschreibungen zu den heute vorhandenen und durch eine gesetzliche Eeform zu beseitigenden finanziellen Schwierigkeiten der Bundesbahnen in wesentlichem Masse beigetragen.

In diesem Zusammenhange mag noch anhangsweise betont werden, dass Eeserven anderer Art aus den guten Jahren des Unternehmens nicht zur Verfügung stehen. Wohl hatte Art. 8 des Eückkaufsgesetzes vorgesehen, dass nach der Verzinsung und Amortisation der Eisenbahnschuld aus den «weiteren Überschüssen» der Bundesbahnen 20 % so lange in einen von ihren übrigen Aktiven sondiert zu verwaltenden Eeservefonds zu legen seien, bis derselbe, Zinsaufrechnung Inbegriffen, 50 Millionen Pranken erreicht haben werde. Es ist unnötig zu sagen, dass schon die Bemessung des Maximalbetrages eines solchen Eeservefonds mit 50 Millionen Franken für ein Unternehmen von der Grosse der Bundesbahnen als durchaus ungenügend zu betrachten war.

Davon abgesehen konnte man jedoch nie auch nur zu einem bescheidenen Versuche gelangen, mit der Äufnung dieses Fonds zu beginnen. Die Überschüsse der Gewinn- und Verlustrechnungen einer Anzahl Jahre vor dem Kriege waren eben nur gerade hoch genug, um auf neue Eechnung vorgetragen zu werden und eine gewisse Sicherheit dafür zu geben, Passivsaldi anderer Jahre, die nicht ausgeblieben sind, decken zu können. Ein Beweis dafür, dass bei einer kritischen Einstellung, die schon damals wünschbar gewesen wäre, die Lage der Bundesbahnen als ungenügend hätte befunden und die Notwendigkeit von Massnahmen zur Abhilfe
erkannt werden müssen. Kurz vor dem Weltkriege kam allerdings der Verwaltungsrat des Unternehmens zur Überzeugung, dass diese Vorschrift des Art. 8 den Minimalbedürfnissen der Bundesbahnen nicht gerecht werde, und beantragte dem Bundesrat eine Neufassung der Bestimmung, wonach das Zustandekommen eines Eeservefonds erleichtert worden wäre. Zu einer Änderung des Artikels ist es jedoch wegen des bald nachher eingetretenen Kriegsausbruches nicht mehr gekommen.

Wie wenig man beim Erlass des Eückkaufsgesetzes für die Möglichkeit der Bildung kräftiger Eeserven vorsorgte, mag auch daraus erhellen, dass man «weitere Überschüsse» der oben erwähnten Art, deren Erwirtschaftung sowieso fraglich war, von vornherein zu 80 % für die Gewährung von Verkehrs-

243 erleichterungen, besonders auch zur Erweiterung des schweizerischen Eisenbahnnetzes verwenden wollte. Abgesehen von der vollständigen Verkennung des Ausmasses der Beträge, die zur wirksamen Erfüllung einer derartigen Kombination von Aufgaben nötig sind, was von Anfang an jede nennenswerte, praktische Bedeutung dieses Artikels 8 zunichte machte, war es bedauerlich, dass man sich nicht einmal dazu entschliessen konnte, mit dieser Bestimmung dem viel näher liegenden eingeschränkteren Zweck der Bildung von Reserven zu dienen, und in der Folge nicht sein Möglichstes tat, um wenigstens diesem Zweck unter allen Umständen, und wäre es auch um den Preis von Opfern gewesen, Geltung zu verschaffen.

4. Die Betriebswirtschaft der Schweizerischen Bundesbahnen.

Wenn man von den «Betriebsdefiziten» der Schweizerischen Bundesbahnen oder gar von ihrer «chronischen Defizitwirtschaft» spricht, so laufen dabei etwa Missverständnisse unter, und man meint oft unter derartigen unbestimmten Begriffen ganz verschiedene Dinge. Der eigentliche «Betrieb» der Schweizerischen Bundesbahnen hat noch nie Bückschläge ergeben, auch im ungünstigsten Jahre 1921 nicht, sofern man darunter, wie üblich, das Ergebnis der Betriebsrechnung versteht, die einerseits die für die Betriebsbesorgung nötigen Ausgaben (Personal- und Sachausgaben), anderseits die hierbei erzielten Einnahmen (Transporteinnahmen und verschiedene EinnaTimen, wie Miet- und Pachtzinse und dergleichen) in sich schliesst. Teilweise aktiv, teilweise passiv, letzteres namentlich in der jüngsten Zeit, war dagegen die Gewinn- und Verlustrechnung, die zunächst den Saldo der Betriebsrechnung enthält, dann aber namentlich die Ausgaben für die Kapitalverzinsung, die Tilgungen und Abschreibungen, ferner die aus dem Dienste der Spezialfonds sich ergebenden Rechnungsoperationen umfasst. Für die Beurteilung des finanziellen Standes des Unternehmens, absolut und relativ betrachtet, ist natürlich dieses letztere Ergebnis das Wesentliche.

Ein Blick auf die Gewinn- und Verlustrechnungen der Schweizerischen Bundesbahnen zeigt, dass im Zeitraum von 1903 bis 1935 deren 14 mit Überschüssen abgeschlossen haben, die sich zusammen auf Fr. 80,408,672 beliefen, die übrigen 19 dagegen mit Fehlbeträgen von zusammen Fr. 547,652,665.

Von 1903 bis 1913 wiesen vier Jahre einen Passivsaldo aus,
der im Jahre 1909 den höchsten Betrag (6,6 Millionen) erreichte; die übrigen Jahre ergaben Überschüsse, die im Mittel höher waren als die Eückschläge der anderen und im Jahre 1912 im Höchstbetrage von 9,2 Millionen Franken gipfelten. Ganz anders gestaltete sich jedoch die Entwicklung während der Kriegs- und Nachkriegsjahre 1914 bis 1922, in denen sich zusammen Defizite der Gewinn- und Verlustrechnungen von Fr. 317,224,418 ergaben. Die folgenden Jahre brachten, mit Ausnahme des Jahres 1926, neuerdings Überschüsse, die in den Jahren 1924 und 1929 im Betrage von je rund 15 Millionen Franken kulminierten.

Eine unerfreuliche Wendung trat wieder mit dem Jahre 1931 ein: die Krisen-

244

jähre bis 1935 ergaben neuerdings Kückschläge im Gesamtbetrag von Fr. 210,407,436. Unter den Komponenten der Gewinn- und Verlustrechnungen waren diese Euckschläge irn wesentlichen dem starken Schwund des Saldos der Betriebsrechnung zuzuschreiben. Die jeweiligen Kapitalkosten sind sich dagegen in den letzten Jahren bis auf weniges gleich geblieben, indem die Senkung des durchschnittlichen Zinses die Wirkung der Zunahme der Schulden auszugleichen vermochte. Der mittlere Zinsfuss der konsolidierten Anleihen der Schweizerischen Bundesbahnen ist von 1930 bis 1935 von 4,23 auf 3,91 % zurückgegangen. Schliesst man die Anleihenskosten mit ein, so sind die Zahlen 4,64 bzw. 4,17 %.

Soweit Zahlen zu sprechen vermögen, bedarf es nur dieser knappen Angaben, um die ganze Schwere der gegenwärtigen Lage der Schweizerischen Bundesbahnen zu beleuchten. In welcher Weise die bisherigen Bauaufwendungen und die Abschreibungspolitik des Unternehmens diese Lage beeinflusst haben, wurde in den vorangegangenen Abschnitten beleuchtet. Das Bild wäre jedoch sehr unvollständig, wenn wir nicht an dieser Stelle einige charakteristische Angaben folgen Hessen, die sich auf die eigentliche Bet r i e b s r e c h n u n g beziehen.

Folgender Darstellung sind für eine Anzahl Jahre zunächst die Ergebnisse dieser Betriebsrechnung, mit Beifügung des Betriebskoeffizienten, zu entnehmen.

Jahr

1903 1906 1910 1913 1918 1921 1924 1929 1932 1934 1935

Übcrscliuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben

Fr.

38,318,912 45,429,667 70,473,383 70,315,599 21,574,069 12,054,185 132,478,812 150,975.841 69,651,559 86,014,614 74,438,653

Betriebskoeffizient

% 65,53 67,49 65,48 64,26 90,98 96.59 67,25 65,00 79,63 74,22 76,35

Hinsichtlich der B e t r i e b s a u s g a b e n zeigt es sich, dass die Verwaltung des Unternehmens sich in zielbewusster Weise bemüht hat, durch Vereinfachungen ihres Betriebsapparates und Eeduktionen ihrer Ausgaben, der Last der Defizite, die sich aus den Gewinn- und Verlustrechnungen immer wieder ergaben, zu steuern. Die darin im Laufe der Jahre verwirklichten Einsparungen sind beträchtlich. Die dabei erzielten Erfolge fallen um so mehr ins Gewicht, als hinsichtlich der Gestaltung des gróssten Teils der Betriebsausgaben (man denke namentlich an die Belohnung des Personals, an die Kohlenpreise etc.)

245 die Verwaltung an bestimmte, ihr von aussen gegebene Normen gebunden ist, die ihr keine Anpassung aus eigener Macht erlauben. Sie musste ihre Ziele durch fortgesetzte Eationalisierung der Betriebsmethoden und durch Kleinarbeit auf allen Gebieten zu erreichen suchen. Die Betriebsausgaben der Bundesbahnen je Betriebskilometer sind von 1920 auf 1935 zurückgegangen von Fr. 124,833 auf Fr. 81,942, diejenigen je Zugskilometer von Fr. 15.93 auf Fr. 5. 92, diejenigen je Wagenachskilometer von 46,6 auf'18, 2 Eappen.

Vergleicht man die Betriebsausgaben des Jahres 1935 mit denjenigen des Jahres 1930, des letzten, in dem es dem Unternehmen noch -- anscheinend -- gut ging, so zeigt sich darin ein Eückgang von über 51 Millionen Franken, nämlich von Fr. 291,419,950 auf Fr. 240,337,181, also von 18 %. Er verteilt sich auf die verschiedenen Ausgabenkategorien, sowohl die Sach- wie die Personalausgaben. Die Besoldungen und Löhne zum Beispiel betrugen 1930 ohne Orts- und Kinderzulagen noch Fr. 168,891,976 und mit diesen Zulagen Fr. 177,889,627. Im Jahre 1935 waren es nur noch Fr. 145,161,938 bzw.

Fr. 152,737,540. Die gesamten Personalausgabea, einschliesslich Leistungen an die Versicherungskasse, erreichten 1930 bis auf einige tausend Franken 223 Millionen. Sie sind im Jahre 1935 auf rund 199 Millionen zurückgegangen.

Dieser Unterschied von 24 Millionen rührt nicht allein von der im Herbst 1933 beschlossenen Anpassung der Besoldungen her; zu wenigstens 2/3 ist er auf die zur Einschränkung gemachten Anstrengungen, die Eationalisierung des Betriebes und den Personalabbau zurückzufuhren.

Die Entwicklung des Personalbestandes war, im Jahresmittel, die folgende: 1913 37,683 1920 39,410 1923 35,308 1926 35,171 1929 33,532 1932. .

33,185 1934 30,861 1935 29,834 Der Personalbestand, der am 1. Januar 1930 noch 34,024 Bedienstete erreicht hatte, war am 31. Dezember 1935 auf 29,061 Köpfe gesunken. In sechs Jahren ist also eine Verminderung von rund 5000 eingetreten. Mit diesem Abbau des Personals befinden sich die Schweizerischen Bundesbahnen im Vergleich zu allen grossen Hauptbahnen unserer Nachbarländer, seien diese Staats- oder Privatbahnen, in einer vorteilhaften, für die ökonomische Betriebsführung zeugenden Stellung.

Man nimmt vielleicht an, diese starke Verminderung des Personalbestandes der Bundesbahnen sei
eine blosse Folge des Verkehrsrückganges. Tatsächlich hat dieser die Verwirklichung der angestrebten Ersparnisse erleichtert. Allein er erklärt sie bei weitem nicht vollständig. Denn die Bundesbahnen haben ihre Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

17

246 Tätigkeit nicht der Verkehrsabnahme entsprechend einstellen können. Eine der Ursachen der schwierigen Lage, in der sich gegenwärtig alle Eisenbahnen befinden, besteht gerade darin, dass sie weder ihre Einrichtungen noch ihren Betrieb von heute auf morgen den Verkehrsschwankungen anpassen können.

Wenn der Verkehr zunimmt, so steigen ihre Kosten nicht in gleichem Verhältnis ; nimmt er aber ab, so sinken auch ihre Ausgaben nicht in entsprechendem Masse. Die Fixkosten spielen eine sehr bedeutende Eolle und lasten gerade in Krisenzeiten schwer auf den Unternehmungen.

Der Personalabbau der Bundesbahnen ist auch nicht auf Kosten der Betriebsleistungen, also der Güte der Bedienung der Kundschaft, vor sich gegangen. Der Fahrplan ist nicht reduziert worden, vielmehr haben die Umstände und namentlich der Kampf gegen das Automobil noch wesentlichen Verbesserungen desselben gerufen. Von 1930 auf 1935 haben sich die Zugskilometer von 40,615,721 auf 41,184,469 vermehrt, dank einer Vermehrung der Personenzüge von 28,060,328 auf 30,171,188 Zugskilometer, während allerdings die Güterzugskilometer infolge der Verkehrsschrumpfung von 50,589,752 auf 49,499,559, die Tonnenkilometer von 2,066 auf 1,707 Milliarden zurückgegangen sind.

Die erzielten Einsparungen sind also hauptsächlich das Ergebnis der im Betriebe verwirklichten Fortschritte. Sie können zum grossen Teil als endgültig gewonnen betrachtet werden, auch für die Zeit, da der Verkehr wieder zunehmen sollte.

Die Anstrengungen zur Einschränkung, von denen soeben die Bede war, konnten sich nicht auf den eigentlichen «Betrieb» beschränken, sondern mussten vor allem auch die Bautätigkeit der Schweizerischen Bundesbahnen umfassen, die, wie oben dargestellt, ganz besonders zu Kritik Anlass gegeben hatte. Die Verwaltung richtete, als sie die Krise ihres Unternehmens sich verstärken und verlängern sah, ihr Augenmerk auf eine einschneidende Verlangsamung jener Tätigkeit und dementsprechend des Anwachsens der Bauausgaben, um die steigende Belastung der Gewinn- und Verlustrechnung durch Obligationenzinse nach Möglichkeit hintanzuhalten. 1930 bezifferten sich die gesamten Bauausgaben noch auf FT. 90,676,536, wovon Fr. 74,382,137 zu Lasten der Baurechnung (Baukonto) fielen. Nach den in den Jahren 1932/33 gefassten Beschlüssen sollten sie für das Jahr 1934 auf 50
Millionen Franken angesetzt und bis 1937 auf 25 Millionen ermässigt werden, in der Meinung, dass man, wenn die Verhältnisse sich inzwischen nicht bessern sollten, von 1938 an eine noch weitere Senkung ins Auge fassen werde. Tatsächlich hat man schon im Jahre 1935 die Bauausgaben auf Fr. 27.140,560 heruntergebracht, wovon Fr. 18,692,500 zu Lasten des Baukontos. Gegenüber 1930 betragen sie mithin nur noch ungefähr 25 %. Auch im endgültigen Voranschlag für das Jahr 1936 ist man auf einer Bausumme von 26,9 Millionen stehen geblieben. Der Wille, zur Schonung der Finanzen des Unternehmens in dieser Bahn der Einschränkungen zu verharren, hat sich bei der Verwaltung fest eingewurzelt, so stark die Wünsche sein mögen, die im Hinblick auf die Notwendigkeit der

247

Beschaffung von Arbeit für das darniederliegende Baugewerbe an das Unternehmen gerichtet werden.

Nachstehende Übersicht zeigt genauer, in welchem Grade die Bauausgaben der Schweizerischen Bundesbahnen in den letzten sechs Jahren eingeschränkt worden sind. Die Tragweite des erzielten Fortschrittes ergibt sich daraus, dass im Jahre 1935 zum ersten Male die Bauausgaben um 9 Millionen geringer waren als die aus Abschreibungen und Bücklagen verfügbaren Mittel.

Im Jahre 1980 hatten umgekehrt die Bauausgaben die verfügbaren Mittel noch um beinahe 54 Millionen übertroffen.

to *00

Bauausgaben der S.B.B, und verfügbare Mittel (1930--1935).

1930

1931

1932

1933

1934

1935

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

1. Anlagekonto 2. JJauausgaben zu Lasten des Betriebes S. Bauausgaben zu Lasten des Erneuerungsfonds

74,382,137

88,501,687

66,926,949

38,240,367

29,514,179

18,692,500

3,974,606

4,376,944

3,898,967

2,823,908

3,022,447

1,587,690

12,319,793

11,933,985

9,799,274

9,150,124

8,412,960

6,860,370

Im ganzen

90,676,536

104,812,616

80,625,190

50,214,399

40,949,586

27,140,560

266,867

137,968

142,652

108,945

119,836

163,745

8,974,006 32,743,474

4,376,944 32,110,406

3,898,967 33,992,791

2,823,908 33,385,854

3,022,447 34,021,631

1,587,690 34,795,479

36,984,947

36,625,318

38,034,410

36,318,707

37,163,914

36,546,914

53,691,589

68,187,298

42,590,780

13,895,692

3,785,672

I, Bauausgaben.

II. Verfügbare Mittel.

1. Verkauf von Altmaterial . . .

2. Bauatisgaben auf Betriebsrechnung . . .

3 . Tilgungen und Abs ohreibungen * ) Im ganzen III. Ergebnis.

Mehrbetrag der Bauausgaben . .

Mehrbetrag der verfügbaren Mittel

*) Ohne die Abschreibungen aiif Materialvorr äte und Wertschriften.

9,406,354

249

Was die Entwicklung der Schuld der Bundesbahnen anbelangt, so schwillt sie heute, im. Gegensatz zur allgemeinen Annahme, trotz der Defizite weniger stark an als in den besseren Zeiten während der starken Bautätigkeit. Von 1930, in welchem Jahre die Bundesbahnen mit einem kleinen Gewinn abschlössen, auf 1931 vermehrten sich ihre konsolidierten Anleihen und schwebenden Schulden um Fr. 96.400,333; von 1934 auf 1935 dagegen betrug diese Zunahme trotz des beträchtlichen Defizites Fr 65,385,214.

Diese Hinweise auf die Ausgabenwirtschaft der Bundesbahnen sollen nicht nur zeigen, was bisher getan wurde ; die stets vertiefte Einsicht in die Bedeutung der Einsparungen in Verwaltung und Betrieb bestätigt die Notwendigkeit, diesen Weg beharrlich fortzusetzen, so beschwerlich er auch sein mag. In jedem Fall darf die von den Bundesbahnen bereits vollbrachte Leistung als verdienstvoll bezeichnet werden und gereicht der Verwaltung zur Ehre. Sie hat von allen, vom Personal wie von den leitenden Organen, einen Willen und ein Verständnis der Lage verlangt, denen man billigerweise Anerkennung zollen muss. Diese Leistung gestattet auch die Hoffnung, dass in Zukunft weitere Einsparungen verwirklicht werden. Sie sind möglich und müssen zustande kommen. Aber ebensowenig wie die früheren wird man sie von heute auf morgen erreichen können. Sie bilden die Frucht täglichen Fleisses und beständiger Wachsamkeit und werden im Laufe der Jahre fortschreiten, wenn man jede sich bietende Gelegenheit zielbewusst benutzt, um den Eisenbahnapparat zu vereinfachen und weniger kostspielig zu gestalten.

Die Ausgabenwirtschaft der Bundesbahnen erfordert bis ins einzelne eine um so grössere, nie erlahmende Aufmerksamkeit, als das genannte Unternehmen, so gut wie jede andere Eisenbahnverwaltung, in der Möglichkeit, seine Betriebseinnahmen dem wechselnden Umfang des anfallenden Verkehrs anzupassen, gleich stark beschnitten ist wie bezüglich eines grossen Prozentsatzes seiner Betriebsausgaben.

Eine allgemeine Anpassung der Tarifsätze an den Eückgang der Nettoergebnisse durch entsprechende Preiserhöhungen war und ist natürlich nicht möglich. Auch wenn das faktische Transportmonopol der Bahn noch bestünde, wäre die Belastungsfähigkeit des Verkehrs keine unbeschränkte. Der Verlust dieses Transportmonopols aber und die Notwendigkeit, angesichts
jenes Verlustes sowie der Automobilkonkurrenz immer wieder Ermässigungen zu gewähren, bewirkte einen ständigen Eückgang der Einnahme auf die beförderte Einheit. Die Notwendigkeit, sich immer mehr mit den Taxen nach unten anzupassen, ergab sich zudem aus der wachsenden Intensität des ausländischen Wettbewerbs im internationalen Konkurrenz ver kehr, der für die Schweizerischen Bundesbahnen eine grosse Bolle spielt. Im Jahre 1920 hatte man noch gemeint, der Weltkrieg habe die Stellung der ausländischen Bahnen im Vergleich zu derjenigen der Schweizerischen Bundesbahnen irn Konkurrenzkampf verschlechtert, und sich auf diese Ansicht berufen, um die Entlastung des Unternehmens von dem bisherigen Ausmass der Tilgungen zu rechtfertigen. Das Gegenteil trat bald genug ein: Die grossen WährungsVerluste,

250 die in den Nachbarländern eingetreten sind, haben eine starke Ermässigung der Lasten der Bahnen dieser Länder für die Verzinsung ihrer Anlagen mit sich gebracht. Und damit nicht genug, betrachten ausländische Eegierungen ihre Bahnen vielfach als Instrument ihrer unmittelbaren staatlichen Wirtschaftspolitik und bewilligen ihnen erhebliche Zuschüsse aus staatlichen Mitteln, um sie ausgesprochenermassen in den Stand zu stellen, zum Teil sehr weitgehende Preisnachlässe und Vergünstigungen aller Art, an denen die allgemeine Staatswirtschaft ein Interesse zu haben glaubt, zu gewähren. Im Gegensatz dazu sind unsere Bundesbahnen ein Unternehmen geblieben, das rechnungsmässig vollständig auf eigenen Füssen gelassen wurde. War es ihnen infolgedessen von vorneherein unmöglich, mit ihren Taxen in ähnlicher Weise eine aggressive Politik zu betreiben, so blieb es mit Eücksicht auf ihre Selbsterhaltung unbedingte Pflicht, sich der verschärften ausländischen Konkurrenz wenigstens anzupassen und, zum Beispiel für den Transit wichtiger Massengüter, ihre Taxen auf einen zum Teil sehr tiefen Stand zu senken. Dass infolge dieses Umstandes die mittlere Einnahme auf eine Transporteinheit immer mehr sinken musste, ist klar. In welchem Umfange diese Schrumpfung eintrat, ergibt sich ohne weiteres schon aus folgenden kurzen Zahlenangaben, in denen jeweils die Ergebnisse der Jahre 1930 und 1935 einander gegenübergestellt sind: Das Einnahmebetreffnis auf einen Eeisenden und Kilometer, im Durchschnitt aller Klassen, ist von 5,25 auf 4,67 Eappen, also um 11,x % zurückgegangen.

Die durchschnittliche Einnahme auf einen Tonnenkilometer (Gepäck und Tiere Inbegriffen) stellte sich 1930 noch auf 11,23 Eappen; im Jahre 1935 war sie 10,35 Eappen. Hier beträgt der Eückgang 7,8 %.

Die Bundesbahnen litten demnach, was ihre Betriebseinnahmen anbetrifft, immer mehr unter einer doppelten Beeinträchtigung: ihre Verkehrsmengen gingen zurück, und ebenso die mittleren Erträgnisse. Und der Einfluss dieser kombinierten beiden Paktoren war so nachteilig, dass er die in der Ausgabenwirtschaft erzielten Einsparungen nicht bloss neutralisierte, sondern bei weitem übertraf.

Es erübrigt sich zu betonen, dass unter solchen Umständen die Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes der Schweizerischen Bundesbahnen durch eigene Kraft ausgeschlossen
ist. Dazu war die Wucht der von aussen einwirkenden, störenden Faktoren zu stark. Die chronisch gewordenen Defizite der Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten Jahre enthüllen eine im Laufe der Zeit eingetretene, dauernde E n t w e r t u n g des Bundesbahnu n t e r n e h m e n s , der die gegenwärtige buchmässige Höhe des Anlagevermögens und die vorhandene Schuldenlast nicht mehr entsprechen.

Schon mehr als einmal, besonders aber angesichts der Erfahrungen der letzten Krisenjahre, hat es sich gezeigt, wie schwer der beim finanziellen Aufbau der Bundesbahnen im Jahre 1897 gemachte Fehler gewesen ist, ihr gesamtes Kapital aus Obligationen, also aus Fremdkapital zu bilden und ihnen

251 kein eigenes Geld in der Form eines Dotationskapitals zur Verfügung zu stellen.

Das Vorhandensein eines solchen Dotationskapitals würde der Verwaltung gestattet haben, über schlechte Jahre leichter hinwegzukommen als es jeweils der Fall war. Statt dessen musste man ausser den Baubedürfnissen auch die in solchen Jahren entstandenen Fehlbeträge durch Anleihen decken, die mit ihren Zinsen die Gewinn- und Verlustrechnungen der folgenden Jahre neuerdings beschwerten. Der Saldo der auf diese Weise gedeckten ' Defizite beträgt auf Ende 1935 Fr. 467,243,993; die im Jahre 1935 allein hieraus für die Bundesbahnen entstandene Zinsbelastung beläuft sich, zu 4% % berechnet, auf Fr. 21,025,980.

Die Lage der Schweizerischen Bundesbahnen weist noch zwei besonders bemerkenswerte Seiten auf, die gewürdigt werden müssen, wenn man sich über Entstehung und Bedeutung der gegenwärtigen finanziellen Not des Unternehmens ein objektives Urteil verschaffen will. Wir meinen die ausserordentlichen Leistungen des Unternehmens in den Kriegs- und Nachkriegsjahren, sowie seine, durch die Pensions- und Hilfskasse entstandene schwere Belastung.

Wir betrachten diese beiden Punkte in den folgenden Abschnitten getrennt.

5. Die ausserordentlichen Leistungen in der Kriegs- und Nachkriegszeit.

In der Botschaft vom 1. Juni 1923 betreffend Gewährung eines Bundesbeitrages für die Beschleunigung der Elektrifikation der Bundesbahnen ist vom Bundesrat grundsätzlich anerkannt worden, dass die Bundesbahnen während des Krieges und seither im Interesse der Allgemeinheit ganz ausserordentliche Leistungen zu übernehmen und dafür Aufwendungen zu machen hatten, die heute schwer auf ihnen lasten. Die Botschaft enthält darüber folgende Ausführungen: «Das starke Anwachsen der Schuldenlast der Bundesbahnen ist zu einem beträchtlichen Teile Aufwendungen zuzuschreiben, die nicht durch die Bedürfnisse und Verhältnisse des Eisenbahnbetriebes diktiert wurden, sondern bezweckten, der Allgemeinheit auf einem dem "Verkehrswesen zum Teil fremden Gebiete zu nützen.

Gewiss waren diese Aufwendungen im allgemeinen Landesinteresse geboten. Je grössere Lasten aber die Bundesbahnen für derartige Zwecke zu übernehmen haben, um so weniger vermögen sie ihrer eigentlichen Aufgabe, als Verkehrsanstalt den Interessen der nationalen Volkswirtschaft zu dienen, gerecht zu werden.»

Bekanntlich haben Generaldirektion und Verwaltungsrat der Bundesbahnen in ihren Berichten vom 14./27. April 1927 die einzelnen ausserordentlichen Leistungen, die die Bundesbahnen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren zu übernehmen hatten, näher umschrieben und auf insgesamt 459 Millionen Franken bewertet. Dieser Betrag entsprach bei 5 % einer jährlichen Zinsenlast von rund 23 Millionen. Es ist nicht notwendig, an dieser Stelle die Einzelheiten, aus denen sich die Kechnung der Bundesbahnen zusammensetzte, zu wiederholen. Das Gesuch ihrer Behörden an den Bund, ihnen diese Last abzunehmen, hatte für das Unternehmen nur einen bescheidenen Erfolg, indem durch Bundesbeschluss vom 6. Juni 1929 den Bundesbahnen aus diesem

252

Titel auf den 15. Januar 1930 eine Vergütung von 35 Millionen Pranken ausgerichtet wurde, die zur Tilgung des Kriegsdefizites zu verwenden war.

Die Gründe, die zu dieser geringen Abgeltung ausserordentlicher Leistungen geführt haben, sind in den relativ günstigen Wirtschafts- und Verkehrsverhältnissen der Jahre 1928 und 1929 zu suchen. Die Verhandlungen in den eidgenössischen Eäten lassen hierüber keine Zweifel aufkommen. Auch für den Bundesrat war bei der Bemessung der Summe von 35 Millionen Franken der Verkehrsaufschwung des Jahres 1928 entscheidend. Es geht dies aus folgender Stelle der Botschaft hervor: «Das Jahr 1928 hat glücklicherweise eine neue Verkehrsvermebrung gebracht, so dass die Gewinn- und Verlustrechnung dieses Jahr noch günstiger abschliessen wird als im Vorjahre. Nach Vornahme der ordentlichen Tilgungen und Abschreibungen sowie der Einlagen in die Spezialfonds wird die Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1928 vermutlich noch mit einem Aktivsaldo von 18--19 Millionen Franken « abschliessen... Für das Ausmass der Eückerstattung muss aber vor allem die Leistungsfähigkeit der Bundeskasse auf Grund der gegenwärtigen Einnahmenquellen bestimmend sein.» Der Bundesrat vertrat in seiner Botschaft damals noch die Meinung, dass mit dieser einmaligen Entschädigung von 35 Millionen Pranken die Auseinandersetzung zwischen den beiden Verwaltungen als endgültig vollzogen zu betrachten sei.

Das von den Bundesbahnbehörden damals eingereichte Begehren ist also zunächst auf Grund der Erwartungen und Hoffnungen beurteilt worden, die man für das Unternehmen hegte. Wie schon manches Mal seit dem Jahre 1897, musste dieser unverwüstliche Optimismus über Güte und Ertragsfähigkeit des Bundesbahnunternehmens für die zu findende Lösung massgebend sein. Dabei liess man nicht nur die Tatsache unbeachtet, dass die Bundesbahnen ein selbständiges Bechnungssubjekt darstellen, sondern ging auch über die Bückschläge hinweg, die noch kurz vorher daä Unternehmen durchgemacht hatte, sowie über die Erfahrungen, die man hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit seines finanziellen Aufbaues schon gemacht hatte. Bei dieser Einstellung hatte man auch das geringste Mass von Schwierigkeiten zu erwarten, denn es genügte, den zu leistenden Betrag darnach zu bemessen, was beim damaligen Stand der eidgenössischen Staatsrechnung
von dieser ohne besondere Umstände übernommen werden könne.

Mit dieser rein empirischen Lösung der Frage war natürlich den Bundesbahnen nur ungenügend geholfen, und es blieb ihnen für Kriegs- und Nachkriegsleistungen ein erheblicher Betrag aufgebürdet, den, wenn man auf die Natur der einzelnen Leistungen abgestellt hätte, billigerweise, die Allgemeinheit hätte auf sich nehmen sollen. So sehr einzelne Posten der Eechnung der Verwaltung auf ihre Berechtigung angezweifelt werden konnten, so hat jedenfalls die Vergütung von 35 Millionen Pranken das, was eigentlich hätte erwartet werden dürfen, nicht gebracht. Es wäre nutzlos, heute darüber zu Streiten, wieviel dieser Betrag etwa ausmachen könnte, sofern er sich hinterher zahlenmässig überhaupt noch feststellen lassen sollte. Nimmt man rein willkürlich an, es hätte der Verwaltung die Hälfte der von ihr geltend gemachten

253

Schäden vergütet werden sollen, so würden sich die Gewinn- und Verlustrechnungen der Bundesbahnen seit mindestens sieben Jahren jährlich um etwa 10 Millionen Pranken besser gestellt haben, als es tatsächlich der Fall war.

Bei der Würdigung der gegenwärtigen Lage der Bundesbahnen dürfen die mit der ungenügenden Vergütung der Kriegs- und Naohkriegsschäden entstandenen Zusammenhänge schon darum nicht übersehen werden, weil sie, wie eben gezeigt wurde, jene Lage mitveranlasst haben. Die Frage ist aber auch deswegen von Bedeutung, weil die auslandischen Staats- und Privatbahnunternehmungen, die man etwa mit den Bundesbahnen vergleicht, für die Eückwirkungen der Kriegsereignisse auf ihre Finanzlage von ihren Eegierungen in bedeutend weitergehendem Masse entschädigt worden sind, als es mit Bezug auf die Bundesbahnen seitens des eidgenössischen Fiskus der Fall war.

In Italien z.B. sind die Kriegsfehlbeträge der Bahnen vollständig zu Lasten des Staates gegangen. In F r a n k r e i c h wurde der bei den Chemins de fer de l'Etat in den Jahren 1914--1920 entstandene Fehlbetrag von 1,6 Milliarden Franken ohne weiteres von der Staatskasse übernommen. Den Privatbahngesellschaften kam der Staat dadurch entgegen, dass er die während der Jahre 1914--1920 aufgelaufenen Fehlbetrage im Betrieb und im Dienst des Aktien- und Obligationenkapitals auf seine Bechnung übernahm. Dabei wurde ihnen eine Nach Vergütung für ungenügend entschädigte Militärtransporte gutgebracht. Der Staat leistete unter dem Titel der Übernahme der reinen Fehlbeträge der Privatbahnen über 4 Milliarden Franken, Zudem wurde der Vorkriegszustand ihrer Bahnanlage und Betriebsmittel auf Staatskosten wieder hergestellt. In Deutschi and hatten die damaligen Bahnen der Einzelstaaten noch bis 1917, freilich um den Preis der äussersten Ausnützung der vorhandenen Anlagen und Betriebsmittel sowie der starken Einschränkung der Unterhaltsarbeiten, mit Überschüssen abgeschlossen. In der Abfindungssumme des Reichs an die Länder beim Übergang der Staatsbahnen an das Eeich im Jahre 1920 wurden die Kriegsfehlbeträge in der Hohe von 6,4 Milliarden Mark mitberücksichtigt. Die Wiederherstellung der Anlagen und Einrichtungen blieb dagegen Sache der Reichsbahn. Die Frage, ob diese auch dafür vom Eeich eine Entschädigung erhalten solle, erledigte sich von selbst infolge
der inzwischen eingetretenen Inflation und der Neuordnung des Eisenbahnwesens durch den Dawes-Plan.

Aber auch in Ländern, die durch die Operationen des Krieges nicht direkt heimgesucht worden sind und deren Währung infolge desselben keine unmittelbare weitgehende Entwertung erlitten hat, finden wir, dass der Staat die durch die Ereignisse mitgenommenen Eisenbahnen in weitgehendem Umfange schadlos gehalten hat.

So gewährleistete in England der Staat, der vom August 1914 bis zum August 1921 die Eisenbahnen betrieb, den Gesellschaften eine Dividende in der Höhe derjenigen des Jahres 1913, die 3,64 % des investierten Kapitals betragen'hatte. Um den hieraus erwachsenen Verpflichtungen nachzukommen,

254 musste er in den sieben Jahren 109 Millionen Pfund, also beim damaligen Umrechnungsverhältnis, gegen 3 Milliarden Schweizer Franken aus allgemeinen Staatsmitteln aufwenden. Ferner gewährte die Eegierung den Bahnen für ungewöhnliche Abnützung und zurückgestellte Unterhaltsarbeiten während des Staatsbetriebes eine Entschädigung von 60 Millionen Pfund, also rund iy2 Milliarden Schweizer Franken, und nahm ohne weiteres den Ausfall der Steuern auf sich, die im Falle des Privatbetriebes die Gesellschaften zu leisten gehabt haben würden.

In den Vereinigten Staaten von Nordamerika wurde der Bundesbetrieb des grössten Teils der Eisenbahnen von Ende 1917 bis zum 1. März 1920 durchgeführt. Die Eegierung übernahm für 26 Monate die Kosten des Betriebes und bürgte zudem noch für sechs weitere Monate den Eigentümern für ein bestimmtes Einkommen. Die durch die Einnahmen nicht gedeckten, zu Lasten des Bundes verbliebenen Beträge haben sich für diese Zeit auf 1674 Millionen Dollars, also gegen 9 Milliarden Schweizer Franken, belaufen.

In den N i e d e r l a n d e n garantierte der Staat, der während der Kriegszeit die Hand auf die Eisenbahnen gelegt hatte, den Gesellschaften eine Einnahme, die ihnen die Ausschüttung einer Dividende von 4 % ermöglichte. Bis 1916 war diese Garantie für den Staat nicht nachteilig, denn es flössen ihm aus den Bahnerträgnissen noch mehr Einnahmen zu. Nachher hatte er aber, und zwar auch in der Nachkriegszeit, den Gesellschaften aus dieser Garantie namhafte Beträge zu leisten, die sich für die Jahre 1917 bis 1924 auf über 122 Millionen Gulden, also rund % Milliarde Schweizer Franken, beliefen.

Diese Beispiele könnten vermehrt werden. Sie zeigen, dass wohl nirgends wie gegenüber den Schweizerischen Bundesbahnen, trotz des ausserordentlichen Charakters vieler Aufgaben, die die Kriegs- und Nachkriegszeit auch an diese Eisenbahnunternehmung gestellt hat, der Staat von dem Grundsatz, dass die Bahnen sich unter allen Umständen aus eigenen Kräften zu erhalten haben, so wenig abgewichen ist.

6. Die Pensions- und Hilfskasse.

Die Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen Bundesbahnen hat den Zweck, die Beamten, Angestellten und Arbeiter dieser Verwaltung gegen die wirtschaftlichen Folgen der Krankheit, der Invalidität, des Alters, der unverschuldeten Nichtwiederwahl, der unverschuldeten
Entlassung und des Todes zu versichern. Sie erfüllt diesen ihren Zweck auf Grund besonderer Statuten und ist eine Einrichtung mit besonderem Eechnungswesen. Die Kasse bildet ein wichtiges Glied in der Ökonomie der Verwaltung.

Bei der Verstaatlichung gingen die Hilfskassen der Privatbahnen an die Bundesbahnen über. Diese sahen sich veranlasst, die in ihren Statuten ziemlich voneinander abweichenden Versicherungskassen im Jahre 1907 zu einer einheitlichen Kasse zu verschmelzen. In jenem Zeitpunkt belief sich die Zahl der Versicherten auf 17,721 und die versicherte Besoldungssumme auf rund 39 Millionen Franken. Die jährlichen Leistungen der Verwaltung betrugen

255 4,2 Millionen und die Leistungen der Versicherten 2,4 Millionen Franken.

Für die Deckung der Verpflichtungen der Kasse fehlten damals schon rund 23 Millionen. In der Folge stieg der Fehlbetrag von Jahr zu Jahr stetig, aber verhältnismässig langsam an. Im Jahre 1919 waren es 23,926 Versicherte bei einer Gehaltssumme von 78,5 Millionen Franken. Der Fehlbetrag der Kasse, der wie bisher und auch später nach dem sogenannten Deckungsverfahren ermittelt wurde, stellte sich damals auf rund 52 Millionen Franken.

Waren bis dahin die Abschlüsse der Pensions- und Hilfskasse nicht eigentlich besorgniserregend gewesen, so verschlechterte sich von nun an ihre Lage rapid, weil als Folge von Beschlüssen der Bundesversammlung neue Verpflichtungen an sie herantraten, ohne dass man gleichzeitig für genügende Deckung sorgte. So wurden im Jahre 1920 die gesamten Grundteuerungszulagen, die infolge der höheren Lebenshaltungskosten dem Personal ausgerichtet wurden, in die Versicherung einbezogen, ohne dass man die Leistungen der Verwaltung und des Personals an die Kasse den neuen Verhältnissen angepasst hätte.

Damals betrug die Zahl der Versicherten 24,820 und die versicherte Lohnsumme 113 Millionen. Die Einlagen in die Kasse beliefen sich auf 8,4 Millionen lür die Verwaltung und 4,9 Millionen für die Versicherten. Der Fehlbetrag am Deckungskapital erhöhte sich aber auf 144,4 Millionen Franken.

Im Jahre 1921 folgte, als Bückwirkung von viel weitergehenden Bestimmungen der Statuten der eben geschaffenen Versicherungskasse für das Personal des Bundes, eine Eevision der Kassenstatuten der Bundesbahnen, durch die alle Arbeiter in die Kasse aufgenommen wurden. Doch wurden dieser plötzlichen Neubelastung entsprechende Einlagen nicht gemacht. Die Zahl der Versicherten stieg damit auf 30,451 und die versicherte Besoldung auf 162,6 Millionen. Dabei wuchsen die Leistungen der Verwaltung auf 16,6 Millionen und diejenigen der Versicherten auf 10,7 Millionen an.

Anderseits schnellte aber der Fehlbetrag am Deckungskapital auf 336,3 Millionen Franken empor, obgleich man bei diesem Anlass den versicherungstechnischen Zinsfuss von 3% auf 5 % erhöhen zu dürfen glaubte. Wäre man beim alten Zinsfuss geblieben, so wäre der Fehlbetrag am Deckungskapital noch wesentlich höher ausgefallen.

Da dieser Fehlbetrag in den folgenden Jahren
nicht verzinst wurde, nahm er von Jahr zu Jahr weiter zu und erreichte im Jahre 1927 den Betrag von 400 Millionen Franken. Durch eine neue Statutenrevision wurden hierauf im Jahre 1928, um den Fehlbetrag herunterzubringen und wenn immer möglich ein neuerliches Ansteigen desselben zu verhüten, die Beiträge der Verwaltung und der Versicherten erhöht, die Versicherungsskala geändert und der Zeitpunkt, von welchem an die Versicherungsjahre frühestens zu zählen beginnen, auf das zurückgelegte 22. Altersjahr festgesetzt. Wegen der durch die Bestimmungen der Statuten vom 21. August 1921 geschaffenen Lage liess sich aber diese Neuerung nur auf diejenigen Versicherten ausdehnen, die entweder nach dem Inkrafttreten der Statuten in die Kasse aufgenommen worden waren oder die sich freiwillig für die neuen Bestimmungen der Statuten ent-

256

schieden. Infolgedessen vermochten sich diese nur sehr langsam zugunsten der Kasse auszuwirken.

Nachdem infolge der Statutenrevision des Jahres 1928 der Fehlbetrag am Deckungskapital auf 321,6 Millionen gefallen war, stieg er in der Folge wieder an und erreichte Ende 1935 den Betrag von 377;1 Millionen. Dieses erneute Ansteigen des Fehlbetrages ist teils darauf zurückzuführen, dass er nicht verzinst wurde, teils auf den Umstand, dass infolge des Personalabbaues die Zahl der Pensionierten zunahm, ohne dass sich der der Kasse gewinnbringende Nachwuchs einstellte. Ausserdem wirkte mit den Jahren in der Eichtung der Zunahme des Fehlbetrages der Umstand, dass die Lebensdauer der Menschen allgemein zugenommen hat und den Annahmen nicht mehr entspricht, auf denen sich die Einlagen in die Kasse bei gegebenen Pensionsleistungen gründen. Im Jahre 1935 betrug die Zahl der Versicherten 28,829, die versicherte Besoldungssumme 147,8 Millionen Franken, die Leistung der Verwaltung 32,9 Millionen und diejenige der Versicherten 9 Millionen Franken.

Aus diesen Angaben erhellt, dass die finanzielle Lage der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen Bundesbahnen ausserordentlich ungünstig geworden ist, obwohl ihr Deckungskapital unter Zugrundelegung des allzu günstigen Zinsfusses von 5% berechnet ist und die Verwaltung sich an der Speisung der Kasse in einem immer steigendem Umfange beteiligt hat. Während der Versicherte normalerweise 5 bzw. 6%% des anrechenbaren Jahresverdienstes zuzüglich 4 bzw. 5 Monatsbetreffnisse von jeder Erhöbung desselben in die Kasse einzahlt, beläuft sich die ordentliche Einlage der Verwaltung gegenwärtig auf 15% des anrechenbaren Jahresverdienstes zuzüglich 5 Monatsbetreffnisse von jeder Erhöhung. Dazu kommen die ausserordentlichen Einlagen. Diese Belastung der Verwaltung ist nicht mehr zu ertragen. Die Gesamtleistungen der Verwaltung stellen in der Tat mehr als 22 % der'Besoldungen und Löhne dar, während diejenigen der Versicherten nicht einmal 7 % entsprechen. Gemäss dem. Voranschlag für das Jahr 1936 belaufen sich die Beiträge der Verwaltung an die Pensions- und Hilfskasse und an die zahlenmässig nur unbedeutend in Betracht fallenden Krankenkassen zusammen auf Fr. 33,435,000, also durchschnittlich auf etwa Fr. 1150 je Kopf des Personals.

Der Hauptgrund für die Verschlechterung der
Lage der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen bestand ohne Zweifel darin, dass man, als ihr vor Jahren grosse neue Aufgaben aufgebürdet wurden, es kurzerhand unter liess, schon in jenem Zeitpunkt auf der unumgänglichen Deckung zu bestehen.

So sicher diese damalige Unterlassung einen Fehler bedeutete, so gewiss war es aber, dass die eigenen Kräfte der Bundesbahnen schon damals nicht dazu ausgereicht haben würden, ihn zu vermeiden, dass ihnen also schon damals zu diesem Zwecke eigentlich hätte aus allgemeinen Staatsmitteln geholfen werden müssen. Dieser Fehler rächt sich nun heute deshalb besonders schwer, weil die aus der Pensions- und Hilfskasse erwachsenden Verpflichtungen der Bundesbahnen auch ohne ihn schon bedeutende gewesen sind.

257

Die Aufgabe, die Finanzwirtschaft des Unternehmens für die Zukunft auf einen gesicherten Boden zu stellen, urnfasst also grundsätzlich auch eine dauernde Sanierung der Pensions- und Hilfskasse desselben. Die Notwendigkeit, auch mit Bezug auf diese Kasse Unterlassungen der Vergangenheit gutzumachen, erschwert jedoch die dem Bund obliegende G-esamtaufgabe, so bedeutend diese ohnehin schon ist, in sehr erheblichem Grade. Wenn auch, wie wir später ausführen werden, die Sanierung der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen aus besonderen Gründen im Zusammenhang mit derjenigen der Versicherungskasse für die eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter stattfinden nauss, so ändert dies an der Aufgabe als solcher sowie an ihrer vollen Zugehörigkeit zum Bundesbahnproblem nichts.

Wie vorstehende Ausführungen zeigen, stellt sich das Eisenbahnproblem hinsichtlich der Schweizerischen Bundesbahnen nicht deshalb in ausserordentlich schwieriger Gestalt dar, weil der Betrieb dieses Unternehmens ungünstigere Eeinergebnisse aufweisen würde als derjenige aller anderen grossen Eisenbahnnetze; im Gegenteil steht es in dieser Hinsicht trotz aller Rückschläge der letzten Jahre vergleichsweise noch besser da als die meisten fremden Bahnen. Doch nimmt das Problem für die Bundesbahnen und damit für den hinter ihnen stehenden Bund deshalb einen besonderen Umfang an, weil sie von ihren guten Jahren her keine genügenden Eeserven besitzen. Die Bundesbahnen leiden daran, dass sie von Anfang an auf einer zu optimistischen finanziellen Basis aufgezogen worden sind. Ihre Lage ist stets günstiger beurteilt worden, als es hätte der Fall sein dürfen. Nur dann hätten sie erstarken können und die günstige Meinung, die über ihre Finanzlage immer wieder aufkam, gerechtfertigt, wenn sie regelmässig kräftige Beberven hätten bilden können und müssen und wenn man bei den verschiedenen Gelegenheiten, wo ihr Haushalt mit dauernden Lasten neu beschwert wurde, sofort, wo nötig durch ein Einspringen des Bundes, das unumgängliche Gegengewicht in der Form einer entsprechenden finanziellen Sicherung geschaffen hätte. So aber, wie das Unternehmen im Laufe der Jahre gebettet wurde, sowie unter dem Einfluss des Verlustes des faktischen Transportmonopols, musste um so rascher und sicherer der Zeitpunkt kommen, in dem es seine hohe Schuldenlast,
die den innern Wert beträchtlich übersteigt, nicht mehr voll ertragen kann. Als die Dauerkrise ausbrach und gleichzeitig der Wettbewerb des Automobils den Finanzhaushalt der Bundesbahnen immer fühlbarer untergrub, trafen diese beiden Faktoren ein Unternehmen, das in seinem überlieferten Aufbau nicht dafür geschaffen war, derartigen Erschütterungen ernstlich standzuhalten.

So verlangt, gleich wie es in allen andern Ländern der Fall ist, das Eisenbahnproblem hinsichtlich der Schweizerischen Bundesbahnen eine Lösung, die, so schwer es fallen mag, nur in einer erheblichen Entlastung zu finden ist. Nach welchen Richtungen und in welchem Sinne diese Entlastung stattfinden Sollte, wird in den folgenden Ausführungen darzustellen sein.

258

III. Die Wiederaufrichtung der Bundesbahnen im Rahmen des gesamten schweizerischen Transportproblems.

Wie wir am Anfang dieser Ausführungen bemerkt haben, bildet die Wiederaufrichtung der Bundesbahnen ein Glied des im Flusse befindlichen schweizerischen Transportproblems in seiner Gesamtheit, und sie muss deshalb in ihrem Zusammenhange mit ihm gewürdigt und dargestellt werden. Allerdings würde es weit über den, für die gegenwärtige Botschaft zu ziehenden Eahmen hinausgehen, wollten wir alle Gesichtspunkte, die hinsichtlich dieses Zusammenhanges in Betracht fallen, und die Lösungen, die, im Hinblick auf ihn, auf den anderen Gebieten Platz greifen sollen, hier eingehend behandeln. Dazu wird sich bei der Einbringung der auf diesen anderen Gebieten zu machenden Vorschläge in reichlichem Masse noch die gegebene Gelegenheit bieten. Pur dieses Mal müssen wir uns mit den unentbehrlichen allgemeinen Hinweisen begnügen.

Im Vordergrunde steht das Problem Schiene/Strasse mit seinen Auswirkungen auf die notwendige Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen.

Die bestehenden Zusammenhänge sind in der vorliegenden Botschaft mehrfach angetönt und in ihrer ausschlaggebenden Wichtigkeit unterstrichen: Die Lösung des Problems Schiene/Strasse bildet die unerlässliche Voraussetzung einer dauerhaften Bundesbahnreform und es bleibt, solange in dieser Hinsicht nichts Bestimmtes geschieht, alles übrige provisorisch und fraglich.

MUSS es nicht in die Augen springen, dass, wenn die heutige erbitterte Konkurrenz zwischen Eisenbahn und Automobil andauert, wenn diese beiden Verkehrsmittel fortfahren, einander die Transporte streitig «u machen, und dieser Wettbewerb in ein Dumping ausarten kann, das beide zusammen ruiniert, jede Voraussicht über die Entwicklung des Verkehrs der Eisenbahnen unmöglich ist, jede Stabilität fehlt, jede Tätigkeit dem Zufall anheimgegeben ist und jede Massnahme zur Wiederaufrichtung von hypothetischer Wirksamkeit bleibt? Das Problem Eisenbahn/Automobil ist es denn auch, das alle andern beherrscht und ihnen gewissermassen gebietet. Soll es nach dem Gesichtspunkt des allgemeinen Interesses gelöst werden, anstatt dass man Anarchie und Chaos einreissen lässt, so muss eine Ordnung des Verkehrs eingeführt werden. Wie wir in früheren Ausführungen dargetan haben, haben auch die ausländischen Staaten diese
Notwendigkeit erkannt und sich bestrebt, durch gesetzgeberische Erlasse einer Koordination von Bahn und Kraftwagen, so schwierig sie ist, näher zu kommen. Die Versuche sind von verschiedenartigen Tendenzen beeinflusst und nach verschiedenen Richtungen vorgetrieben worden. Mag man auch kaum behaupten wollen, dass irgendwo schon das gefunden worden sei, was für eine künftige Regelung einen allgemein brauchbaren, festen Halt gibt, so sind deswegen Wert und Bedeutung dieser Versuche nicht zu verkennen.

Eine Koordination ist in erster Linie erforderlich auf dem Gebiete des Güterverkehrs, wo gegenwärtig die Unordnung und die Zerfahrenheit

259 am grössten sind. Der Güterverkehr hat namentlich in der Zeit der guten Konjunkturen stets die Grundlage und Stütze der Finanzwirtschaft der grossen Bahnen gebildet und für die schlechtere Eentabilitàt, die von jeher beim Personenverkehr vorlag, das notwendige Gegengewicht geschaffen, damit die Bahnen ihr Kapital verzinsen und ihre Anlagen den erforderlichen Erneuerungen unterwerfen konnten. Diese ausschlaggebende Eolle des Güterverkehrs in der Wirtschaft der Eisenbahnen ergab sich ebensosehr aus der Menge der zu besorgenden Transporte als infolge der Anwendung des Werttarifsystenis, unter dem diese standen. In letzterer Hinsicht war es möglich, die Beförderung billiger Massengüter, die für die Volkswirtschaft von oberster Bedeutung ist, zu entgegenkommenden Bestimmungen zu übernehmen, indem sich die Eisenbahnen dafür an den höheren Taxen erholten, welche sie für die Beförderung wertvollerer Transporte, die die entsprechende Frachtbelastung ertragen konnten, bezogen. Das alles war ohne weiteres möglich unter der Herrschaft des Transportmonopols der Eisenbahnen. Heute aber, da dieses verloren gegangen ist, sind die Gütertransporte der Bahnen, sowohl hinsichtlich der zu befördernden Mengen wie bezüglich der Möglichkeit der Anwendung des Werttarifsystems, soweit wenigstens dessen konsequente Ausbildung wie , früher in Frage kommt, gefährdet. Schwere Einbrüche in den bisherigen Besitzstand der Bahnen haben die Grundlage ihrer wirtschaftlichen Existenz untergraben.

Einen grossen Teil der in dieser Hinsicht erlittenen Verluste müssen die Bahnen als endgültig betrachten. Um ihnen jedoch noch das zu erhalten, was ihnen gebührt, und um ihnen nach Möglichkeit das zurückzugeben, was sie, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gemessen, gar nicht hätten verlieren dürfen, ist, und zwar dringender als je, eine Ordnung nötig. Der Zweck einer Verkehrsordnung ist, den Weg dafür zu ebnen, dass jedem Transportmittel derjenige Verkehr zufliesst, für dessen Bewältigung es, unter Berücksichtigung aller Umstände, wirtschaftlich prädestiniert erscheint. Bleibt eine solche Ordnung aus, so zieht die Schleuderwirtschaft im Automobilverkehr, über die sich die seriösen Automobilinteressenten heute fast am lautesten beklagen, wie unter anderm die Eingabe des Verbandes schweizerischer Motorlastwagenbesitzer vom 30. März 1936
an den Bundesrat nachweist, nicht nur das gesamte Lastwagentransportgewerbe, sondern auch die Eisenbahnen unfehlbar mit in den Abgrund.

Durch die Verkehrsordnung, die herbeizuführen ist, muss insbesondere den Eisenbahnen ein ihrer allgemeinen Bedeutung im Eahmen der Volkswirtschaft und den in ihr investierten Kapitalien entsprechender, angemessener Anteil am künftigen Verkehr garantiert werden. Diese Garantie haben sie schon deshalb unbedingt nötig, weil der Verkehr sich nicht ins Ungemessene entfalten, also auch nicht einer unbegrenzten Menge von Transportmitteln nutzbringende Beschäftigung bringen kann. Es braucht also eine Eationalisierung der Transportmittel. Innerhalb des Arbeitsfeldes, das sich dann durch das Spiel der Verkehrsordnung für die Eisenbahnen ergibt, sollen diese eine Tarifpolitik betreiben können, die ihre eigenen Interessen und damit diejenigen der All-

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gemeinheit als ihrer Kapitalgeber, mit den berechtigten Forderungen und Wünschen der Verkehrstreibenden nach Möglichkeit in Einklang bringt. Zu diesem Behufe müssen die Bisenbahnen davor bewahrt bleiben, immer wieder, wie es heute der Fall ist, in ihren Kalkulationen durch das Auftreten unkaufmännisch rechnender Automobilunternebmer gestört zu werden. Garantien hinsichtlich der Person dieser Konkurrenten, aber auch in der Eichtung einer Tarifordnung, sind zur Wiederherstellung der Ordnung im Verkehr unerlässlich.

Nur dann ist eine Wiederaufrichtung nicht nur der Bundesbahnen, sondern der schweizerischen Bahnen überhaupt, möglich. Nur dann werden sie den ihnen zufallenden Verkehr in einer Weise zu pflegen vermögen, die, wenn er zunimmt, die von der Allgemeinheit dringend gewünschte Anpassung der Preise nach unten nach und nach gestattet. Nicht deutlich genug kann gesagt werden, dass ohne eine derartige Ordnung, an die sich auch die Verkehrsinteressenten zu halten haben, jede Hoffnung auf eine wirkliche Erholung der Eisenbahnen vergeblich ist. So abgedroschen diese Wahrheit sein mag, so klar liegt sie immer wieder auf der Hand.

Die Koordination, die wir wünschen müssen, kann auch am Personenverkehr nicht vorbeigehen. Hier stellt sich indessen das Problem in einer Beziehung anders als beim Güterverkehr, indem das Fahren selbst den Gegenstand individueller Wünsche bildet und in weitgehendem Masse Selbstzweck desjenigen ist, der eine Beförderungsleistung verlangt. So spielt die persönliche Konvenienz in der Entscheidung über die Wahl des Transportmittels, ob Eisenbahn oder Kraftwagen, in vielen Fällen eine ausschlaggebende Eolle.

Eine Verkehrsordnung, wie sie sich beim Güterverkehr aufdrängt, kann demnach beim Personenverkehr in planmässiger Durchbildung, allgemein gesprochen, nicht in Betracht kommen. Das hindert jedoch nicht, dass man sich der schweren, unwiederbringlichen Beeinträchtigung, die das Automobil auch dem Personenverkehr der Bahnen verursacht hat, bewusst bleiben muss; hat es ihnen doch besonders die einträglicheren Transporte zum grossen Teil entrissen, ohne dass sich die Bahnen auf anderen Gebieten, z. B. im Berufsverkehr und in den Massentransporten, durch eine Anpassung der Preisbedingungen nach oben irgendwie dafür schadlos halten könnten. Da zu einer richtigen, fortschrittlich
eingestellten Bedienung des Personenverkehrs die Eisenbahn, trotz der Beteiligung des Kraftwagens an derselben, ebenfalls in erster Linie berufen und dafür unentbehrlich und in hohem Grade unersetzbar ist, so muss sie auch zur Erfüllung dieser Pflicht durch einen angemessenen Schutz gestärkt werden, in dem Masse, als er sich aus allgemeinen wirtschaftlichen Gesichtspunkten heraus verantworten lässt. Von diesem Gesichtspunkt aus erscheint ein solcher Schutz, wie bei uns die Dinge liegen, auf dem Gebiet der Abwicklung der Transporte von Gesellschaften durch Automobilunternehmungen unerlässlich. Hier hat sich ein Dumping entwickelt, das diese selbst zugrunde richtet und zugleich die Eisenbahnen schwer schädigt. Das wirtschaftlich nicht zu rechtfertigende Massenangebot von Transportleistungen, das lediglich durch eine rein privatwirtschaftliche Einstellung der betreffenden

261 Unternehmer veranlagst ist, so falsch diese auch als solche mitunter sein mag, hat Auswüchse gezeitigt, die dringend einer Koordination dieser Unternehmungen mit den Bahnen auf dem Wege des Gesetzes rufen. Um ein System von Transportbewilligungen, deren Erteilung namentlich vom Vorliegen eines Bedürfnisses abhängig zu machen ist, wird man auch hier nicht herumkommen. Auch hier handelt es sich, neben einer Schonung des seriösen Automobilgewerbes, um den berechtigten Schute der Eisenbahnen gegen wirtschaftlich ungerechtfertigte Schleuderpreise.

Bei der Koordination, die wir anstreben, wollen wir selbstverständlich weder die Eisenbahnen ihrem Schicksal überlassen, noch das Automobil ausschalten. Dieses besitzt als bewegliches, geschmeidiges und oft billiges Transportmittel seine unverkennbaren Vorzüge, welche sich das Verkehrsleben zunutze machen muss. Aber eine Koordination, so wertvoll sie selbst für das Automobil ist, ist für die Eisenbahn unentbehrlich, um ihr, die mit einem gegebenen, von der Allgemeinheit getragenen, hohen Kapitalaufwand und relativ teuren festen Betriebskosten rechnen muss, einigermassen sichere Grundlagen zu geben hinsichtlich der Art und der Menge ihrer Transporte.

Früher bildete das Transportmonopol den Weg dazu. Jetzt, da es dahingeschwunden ist, muss auf andere Weise Abhilfe geschaffen werden. Das allgemeine Interesse gebietet sie.

Das Verkehrsteilungsgesetz, das in der Eeferendumsabstimmung vom 5. Mai 1935 verworfen wurde, bildete einen bezüglichen Versuch. Mag es noch so unvollkommen gewesen sein und noch so viele Wünsche unerfüllt gelassen haben, so war dessen Ablehnung im Interesse der Wirtschaft unseres Landes deswegen zu bedauern, weil sie die längst nötige Eegelung, die das Ausland in zum Teil weitgehendem Masse schon besitzt, um Jahre hinauszog, manche neuen Einbrüche des Automobils in die Domäne der Bahnen, die wirtschaftlich ungerechtfertigt waren und sich hätten vermeiden lassen, verschuldete oder begünstigte und die Schleuderwirtschaft im Automobilwesen förderte. Das Problem der Verkehrsordnung ist an sich so schwierig, dass eine vollkommene Lösung auf keinen Fall auf den ersten Anlauf gelingen wird. Es wird zunächst immer bei Versuchen bleiben und getastet werden müssen, um nach und nach Besseres zu finden. Doch ist die Gefahr im Verzüge viel zu gross
geworden, als dass man, nur weil das Vollkommene noch nicht zu finden ist, heute ernstgemeinte, wohlfundierte Versuche einfach ablehnen darf.

Das Problem Automobil/Eisenbahn, brennend wie es immer mehr geworden ist, verlangt und rechtfertigt wie kein anderes die Anwendung des dringlichen Bundesbeschlusses. Es ist notwendig, auf diesem Wege wenigstens für eine beschränkte .Zeit eine Koordination der Transporte zu erzielen, und zwar muss sie so rasch wie möglich herbeigeführt werden. Wir hoffen bestimmt, Ihnen noch im Laufe dieses Jahres eine bezügliche Vorlage erstatten zu können.

Im allgemeinen schweizerischen Transportproblem spielen auch die L u f t f a h r t und die Binnenschiffahrt ihre gegebene Eolle. Wir können uns darauf beschränken, sie im Vorbeigehen zu erwähnen, ohne dass Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

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·wir uns zurzeit mit ihnen von diesem Gesichtspunkte aus näher abgeben müssten. Wohl ist das Flugzeug als neuestes Verkehrsmittel, das um seinen berechtigten Platz an der Sonne ringt, auch bei uns immer mehr als Konkurrent der Eisenbahn aufgetreten und greift seinerseits mit Erfolg namentlich den gut zahlenden Personenverkehr an. Aber der Umfang dieser Konkurrenz und die Umstände, unter denen das Flugzeug im Verkebrsleben unseres Landes auftritt, liegen noch nicht so, dass -es in der Eichtung der Koordination der Transportmittel besondere Massnahmen nötig machen würde. Doch ist die Entwicklung der Luftfahrt immerhin auch von dieser Seite aus im Auge zu behalten. Was die Binnenschiffahrt anbelangt, so ist sie bei uns zum Teil gewissen Eisenbahnunternehmungen angegliedert, zum andern handelt es sich um eigene Unternehmungen mit selbständigem Aufgabenkreis. Wo diese Unternehmungen Bahnen konkurrenzieren, ist der Wettbewerb nach den Umständen , des Einzelfalles so gut wie möglich geordnet. In der Konkurrenz mit dem Automobil dagegen stehen solche Schiffahrtsbetriebe als konzessionierte Transport-Unternehmungen auf der gleichen Linie wie die Eisenbahnen. Soweit es sich indessen bei der Binnenschiffahrt um die Grosschiffahrt handelt, so beschränkt sich diese heute auf diejenige auf dem Ehein nach Basel. Die Schiffahrt ist hier Zubringerin für die übrigen Verkehrsmittel und infolgedessen in deren Koordination nicht einzubeziehen. Im Falle der Ausdehnung dieser Grosschiffahrt rheinaufwärts würde sich dagegen das Problem der Koordination im schweizerischen Transportwesen vermutlich auch auf dieses Verkehrsmitte] ausdehnen und ähnliche, für alle Teile lebenswichtige Fragen aufwerfen, wie sie in manchen fremden Ländern schon längst auf der Tagesordnung stehen.

Die Erfahrungen der Krisenzeit, parallel mit denjenigen, die wir während der Kriegszeit machen müssten, haben eindringlich die Notwendigkeit einer nationalen schweizerischen Transportwirtschaft ergeben. Eine solche kann aber nur verwirklicht werden, wenn man auch über eine nationale Transp o r t p o l i t i k verfügt. Das Ziel der letzteren muss sein, genügende, sichere, wirtschaftlich arbeitende und dennoch billige Transportmittel zu besitzen.

Sicherlich haben wir in der Schweiz genug Eisenbahnen, eigentlich deren zuviele. Wir haben genug, ja übergenug
andere Transportmittel. Wir brauchen, allgemein gesprochen, weder eine Vermehrung noch eine Ausdehnung unserer Transportmittel anzustreben. Was aber not tut, ist die Sicherung der bestehenden Transportmittel, um die Voraussetzungen zu schaffen, die ihren guten Unterhalt und ihren vernünftigen wirtscr aftlichen Gebrauch ermöglichen.

Man muss auf technischen Überschwang verzichten, die Einrichtungen nach den normalen und regelmässigen Bedürfnissen bemessen und davon absehen, beträchtliche Summen für Ausnahme- und seltene Bedürfnisse mit der Aussicht auf nur sehr unsichere Rendite zu opfern. In den Dienst einer solchen nationalen Transportpolitik müssen sich nicht nur die Eisenbahnen, sondern ebensosehr, was mitunter übersehen wird, auch die übrigen, sie konkurrenzierenden Verkehrsmittel stellen.

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In eine nationale Transportpolitik müssen sich unter den Eisenbahnen unseres Landes auch die P r i v a t b a h n e n einschalten. Infolge der allgemeinen Eisenbahngesetzgebung, unter der sie, so gut wie die Bundesbahnen, stehen, sowie infolge der Konzessionen, deren Erteilung durch den Bund Voraussetzung für ihr Werden und ihre Arbeit im Dienste des Verkehrs ist. ergab sich von jeher auch für sie eine gewisse Verbundenheit mit dem Bund, dessen Aufsicht übrigens ihre Tätigkeit unterworfen ist. Auch sie besitzen den Charakter eines öffentlichen Dienstes. Auch sie befinden sich aber zurzeit weitgehend in einer unbestreitbaren Notlage. An ihrem Kapital ist der Bund nur in wenigen Fällen beteiligt. Sie sind finanziell in ihrer grossen Mehrheit von Kantonen, Bezirken, Gemeinden getragen und gehören infolgedessen, trotz ihres privatwirtschaftlichen Aufbaues, im wesentlichen der öffentlichen Hand. So stellte sich in unserem Lande parallel zum Bundesbabnproblem das Privatbahnproblem, und es wurde von gewissen Kantonen, die die bezügliche Belastung besonders schwer empfinden, verlangt, der Bund dürfe zur Wiederaufrichtung der Bundesbahnen nicht Hand bieten, ohne den notleidenden Privatbahnen ebenfalls eine angemessene Hilfe zu leisten.

Es kann sich, auch was das Privatbahnproblem anbelangt, nicht darum handeln, an dieser Stelle, wo in der Hauptsache von der Wiederaufrichtung der Bundesbahnen die Rede sein soll, eingehend zu ihm Stellung zu beziehen, sondern wir werden dies bei späterer besonderer Gelegenheit zu tun in den Fall kommen. Auch die Begründungen, die die interessierten Kantonsregierungen für die Hilfeleistung des Bundes ins Feld führen, können wir jetzt ebensowenig würdigen, darunter ihr Hauptargument, der Bund habe die ihm im Eückkaufsgesetze von 1897 gestellte Aufgabe, neue Bahnen zu bauen und weitere Bahnen zu verstaatlichen, nur mangelhaft erfüllt, so dass er jetzt aus rechtlichen, zum mindesten aus moralischen Gründen verpflichtet sei, denjenigen Kantonen beizustehen, die ihm solche Aufgaben abgenommen und dabei über ihre eigenen Kräfte derart hätten hinausgehen müssen, dass sie deswegen zurzeit in Schwierigkeiten stünden. Für einmal muss uns die Feststellung genügen, dass sicherlich manche Privatbahnen, und zwar zum Teil solche, die am allermeisten Not leiden, in der schweizerischen
Volkswirtschaft eine Eolle von solcher Bedeutung spielen, dass man sie nicht oder nur ungern entbehren möchte. Beschränkt sich auch die Eolle eines wesentlichen Teils der Privatbahnen neben der Bedienung des Lokalverkehrs auf diejenige einer Zubringerin für die Bundesbahnen oder eine andere grössere Privatbahn, so erfüllt ein anderer Teil von ihnen Unbestrittenermassen im Interesse grösserer Landesteile auch selbständige wichtigere volkswirtschaftliche Aufgaben, ob er sich dabei in Konkurrenz zu den Bundesbahnen befinde oder abseits von ihrer unmittelbaren Einflusssphäre stehe. Jedenfalls ist die Bedeutung mancher Privatbahnunternehmung eine solche, dass der Bund, wenn er einmal den Bundesbahnen helfen muss, auch der Notlage jener Unternehmungen nicht untätig zusehen darf. Anderseits ist es aber ebenso gewiss, dass lange nicht alle notleidenden Privatbahnen derart wichtig sind, dass der Bund jemals an ihre

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Verstaatlichung oder an ihren Bau hätte denken können, dass vielmehr unter allen Umständen die Erstellung solcher Bahnen Sache der näheren Interessenten hätte bleiben müssen. Ebenso bildet auch bei einer Privatbahn die Tatsache, dass sie überhaupt gebaut worden ist. noch nicht einen untrüglichen Beweis für deren volkswirtschaftliche Notwendigkeit, so dass für den Bund nicht schon allein aus ihrem Bestehen heraus ein berechtigter Grund abzuleiten ist, um sich heute für sie zu interessieren. Dies wäre selbst dann nicht der Fall, wenn die Mittel, die für solche Zwecke flüssig gemacht werden können, nicht derart beschränkt wären, wie sie es in der Tat sind.

Es wird also der Kreis derjenigen Privatbahnen, die angesichts ihrer Notlage für eine allfällige Bundeshilfe in Betracht kommen können, eng gezogen werden müssen, und es kann namentlich keine Eede davon sein, dass bei diesem Anlass eine Art Verteilung von Bundesunterstiitzungen auf allgemeiner Grundlage stattfinde. Ebensowenig kann es sich um eine Unterstützung der beteiligten Kantone durch den Bund handeln, würde man sich doch damit auf das Gebiet des allgemeinen Finanzausgleiches zwischen Bund und Kantonen begeben. In Betracht kommt allenfalls nur die Gewahrung angemessener Erleichterungen an dafür besonders bestimmte Privatbahnunternehmungen, sofern bei ihnen eine Notlage besteht. Unternehmungen, die sich als nicht mehr lebensfähig erweisen, werden sowieso auszuscheiden sein. Jeder sich bietende Fall muss zu diesem Behufe selbständig untersucht und gelost werden, denn der finanzielle Aufbau, die gegenwärtige finanzielle Lage, wie auch die Betriebsbedingungen der betreffenden Gesellschaften sind allzu vielgestaltig. Nach irgendwelchen bloss empirischen Gesichtspunkten lassen sich keine brauchbaren Eichtlinien aufstellen. Für die umfangreichen Vorbereitungsarbeiten, die die Lösung dieses Privatbahnproblems erfordert, ist seitens unseres Postund Eisenbahndepartements eine vorbereitende Kommission bestellt worden, die mitten in der Arbeit steht und ihre umfangreiche, schwierige Aufgabe mit möglichster Beförderung zu bewältigen sucht. Sie steht unter dem Vorsitz des Herrn Dr. Herold, ehemaligen Direktors der Bodensee-Toggenburgbahn, der Eisenbahnabteilung des Eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartements und des Kreises III der Schweizerischen
Bundesbahnen, und ist ausser ihm zusammengesetzt aus den Herren Privatbahndirektoren Prof. Volmar, Kesselring und Eemy sowie Herrn Prof. Marbach. Wir hoffen, die aus der Arbeit und den Anträgen der Kommission zu ziehenden Folgerungen dem Parlamente in absehbarer Zeit, jedenfalls noch im Laufe der Verhandlungen über das neue Bundesbahngesetz, unterbreiten zu können.

Unter diesen Umständen wäre es verfrüht, wollten wir uns hinsichtlich der Gesichtspunkte, nach welchen die allenfalls vom Bunde zum Zweck ihrer Wiederaufrichtung zu stützenden Privatbahnen bestimmt werden sollen, irgendwie festlegen, und ebenso bezüglich der Pdchtlinien, die dabei zu befolgen sein werden. Das wird Sache einer gesonderten späteren Vorlage sein. Einige Andeutungen darüber, wie sich die Lösung etwa gestalten könnte, müssen vorderhand, und zwar in ganz unverbindlichem Sinne, genügen.

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Wir stellen uns vor, dass der Grundsatz der Unterstützung selbst, in Verbindung mit gewissen Richtlinien und Bedingungen hiefür, in einem Spezialgesetze verankert werden müsste. Sache des Bundesrates wäre es hingegen, auf Grund dieser Eichtlinien und im Eahmen der gegebenen und bestimmten finanziellen Möglichkeiten jeweils darüber zu entscheiden, ob einer Transportunternehmung, die sich um Bundeshilfe bewirbt, eine solche gewährt werden kann, gegebenenfalls in welcher Art, in welcher Höhe und unter welchen Bedingungen, oder ob sie. verweigert werden muss. Zur Unterstützung der einzelnen Fälle und zu ihrer Begutachtung zuhanden des Bundesrates könnte man an die Bildung einer ständigen.Expertenkommission denken: durch Art. 10 des Bundesgesetzes vom 2. Oktober 1919 über die Unterstützimg von privaten Eisenbahn- und Dampfschiffsunternehniungen zum Zwecke der Einführung des elektrischen Betriebes ist auf diesem Gebiete eine ähnliche Institution geschaffen worden, die sich als nützlich erwiesen hat.

.Es wird zu entscheiden sein, ob und in welchen Fällen das Einschreiten des Bundes von einer aktiven Teilnahme der interessierten Kantone abhängig gemacht werden soll. Die Hilfeleistung muss namentlich auch den Anlass zu der im einzelnen Falle angezeigten finanziellen Rekonstruktion des betreffenden Unternehmens bilden, wobei man, um ganze und sichere Arbeit zu leisten, die Anforderungen wird eher hochspannen müssen und sich unter Umständen nicht wird davor scheuen dürfen, bei der Gelegenheit die vollständige Entlastung einer notleidenden Gesellschaft von ihren alten Verbindlichkeiten zu verlangen; letzteres könnte, wenn andere Mittel fehlen, schon dami notwendig werden, um auf dem Wege der Rekonstruktion von Grund auf wenigstens das Fundament für eine bestimmt zu erwartende, bisher aber ungenügend vorbereitete technische Erneuerung des Unternehmens zu schaffen. Stellen wird sich im einzelnen Falle auch die Frage, was den notleidenden Unternehmen in der Richtung der Selbsthilfe noch zu tun möglich ist, sowie im Zusammenhang damit diejenige der Möglichkeit von administrativen Vereinfachungen, Betriebszusammenlegungeri und eigentlichen Fusionen. Um solche Massnahmen zu unterstützen, die sich, allgemein wirtschaftlich betrachtet, nur günstig auswirken können, dürfte die Hilfe des Bundes sich besonders eignen.
Auch wird es sich fragen, ob überhaupt und gegebenenfalls in welcher Weise der Bund, nachdem er bestimmten Privatbahngesellschaften bei ihrer Wiederaufrichtung geholfen haben wird, in deren leitenden Organen ständig vertreten sein und mitreden soll.

Die möglichst gleichzeitige Behandlung des Privatbahnproblems mit dein Bundesbahngesetz im Parlament : dürfte nicht nur zur Beruhigung der Volkskreise beitragen, die an,jenem Problem besonders interessiert sind, sondern es wird auch der innere Zusammenhang, der unter den beiden Fragenkomplexen besteht, damit nach Gebühr berücksichtigt werden. Die Privatbahnfrage wird auf diese Weise in den Rahmen einer vernünftigen und angemessenen Lösung des gesamten schweizerischen Transportproblems hineingestellt sein.

266 Das Transportproblem als Ganzes stellt sich jedoch noch in einer weiteren Bichtung, nämlich auf dem Gebiete der Eevision der allgemeinen schweizerischen Eisenbahngesetzgebung. Auch hier ist eine umfassende Wiederaufbauarbeit zu leisten. Die allgemeine schweizerische Eisenbahngesetzgebung geht in ihrer heute gültigen Gestalt im wesentlichen auf mehrere Jahrzehnte zurück und ist in vielen Beziehungen durchaus veraltet. Ihre Bevisionsbedürftigkeit ist denn auch schon lange erkannt worden, doch glaubte man immer wieder, die Arbeit noch zurückstellen zu sollen, da alles zu sehr im Flusse war. Die Wandlung in der Struktur des Verkehrswesens ist auch heute noch lange nicht abgeschlossen oder auch nur verlangsamt. Aber die Anhandnahme der Revision lässt sich trotzdem nicht länger verschieben. Viele gesetzliche Vorschriften, die mit den modernen Anschauungen und Bedürfnissen nicht mehr vereinbar sind, belasten heute noch die Eisenbahnen. Insbesondere passt eine Gesetzgebung, die bewusst auf das überlebte faktische Transportmonopol der Eisenbahnen abgestellt ist, nicht mehr in die Gegenwart hinein.

Es ist nicht langer haltbar, die Eisenbahnen, die immer tiefer und stärker in den wirtschaftlichen Kampf um ihre eigene Existenz hineingezogen worden sind, nach wie vor durch Bindungen technischer oder wirtschaftlicher Art zu belasten, welche als entbehrlich oder ungerecht empfunden werden müssen.

Das Gesetz muss vielmehr den Bahnen helfen, sich in Umfang und Art ihrer Dienste den modernen Anschauungen der Wirtschaft nach Möglichkeit anzupassen und dabei ihren Betrieb fortschrittlich führen zu können, in einer Weise, die ihnen, soweit objektiv zulässig, zugleich Vereinfachungen und Verbilligungen erlaubt gegenüber den überlieferten starren Vorschriften. Wie man zu diesem Behüte für die Schweizerischen Bundesbahnen auf gesetzlichem Wege anlässlich ihrer Eeorganisation vermehrte Elastizität und Anpassungsmöglichkeit in der Betriebsführung beansprucht, so muss gleichfalls die allgemeine Gesetzgebung allen schweizerischen Eisenbahnen dasjenige Mass von Freiheit verschaffen, das mit der Bücksicht auf eine unbedingte Betriebssicherheit und eine gute Bedienung des Verkehrs vereinbar ist. Dem gesteckten Ziele wird man namentlich dadurch näher zu kommen suchen müssen, dass man die Gesetzgebung von vielen Einzelbestimmungen
befreit, die ihren natürlichen Platz in Verordnungen und Eeglementen, welche sich ohne Schwierigkeiten auf der Höhe der Zeit halten lassen, finden. Dafür wird man einen um so grösseren Nachdruck auf die wesentlichen Gesichtspunkte legen können.

Die Eevision der allgemeinen Eisenbahngesetzgebung, wie wir sie planen, wird längere Zeit benötigen, auch wenn man, wie es beabsichtigt ist, diese Arbeit möglichst in einem Zuge durchführen will. Letztere hat sich auf rechtliche, finanzielle, wirtschaftliche und technische Fragen zu erstrecken; schon deren Abklärung beansprucht zum Teil weitläufige Vorbereitungen. Die Arbeit wird auch darum gross sein, weil kaum eines unter den zurzeit gültigen Gesetzen in ihrem Verlaufe von einer gründlichen Umarbeitung wird verschont bleiben dürfen. Die Einleitung dieser Eevisionsarbeiten ist der gleichen Kommission übertragen, die die Prüfung der Hilfeleistung an die Privatbahnen

267 besorgt, unter Zuzug von Herrn Dr. Hess, Generalsekretär der Schweizerischen Bundesbahnen. Um zunächst das Fundament neu zu bauen, hat die Kommission ihre bezügliche Tätigkeit, die parallel mit der der Privatbahnfrage gewidmeten Arbeit einhergeht, mit der Aufstellung des Entwurfes zu einem neuen Eisenbahngesetze begonnen, das das durchwegs veraltete Gesetz vom 28. Dezember 1872 ersetzen soll. Die bezüglichen Arbeiten sind schon weit gediehen, so dass wir Ihnen in absehbarer Zeit auch hierüber eine Vorlage erstatten zu können hoffen. Andere Gesetze werden nachher an die Eeihe kommen, und zwar nach Massgabe ihrer Dringlichkeit; einen bestimmten Plan dafür schon heute aufzustellen, wäre verfrüht, doch dürften wahrscheinlich die Erlasse kommerzieller Art, wie Transportgesetz, Eechnungsgesetz etc. den Vorrang beanspruchen.

Die Eevision der allgemeinen Eisenbahngesetzgebung gehört in einem besondern Sinn ebenfalls zum Eeorganisationswerk der Schweizerischen Bundesbahnen, denn die allgemeine Eisenbahngesetzgebung findet in sehr weitem Umfang auch auf diese Anwendung. Aufgabe der nächsten Zukunft ist es, bei den Privatbahnen wie bei ihnen, zugleich mit einer modernisierten Eisenbahnpolitik einer modernisierten Verwaltung den Weg zu ebnen. Dies zu erleichtern und damit zur Wiederaufrichtung auch der Bundesbahnen ihren Teil beizutragen, ist das allerdings weitgesteckte und nur allmählich erreichbare Ziel der Eevision der allgemeinen Eisenbahngesetzgebung. Es würden bei der kommenden Wiederaufbauarbeit immer wieder unnötige und schädliche Erschwerungen aller Art auftauchen, wenn nicht auch die Gesetzgebung um einen wesentlichen Schritt vorwärts gebracht würde, bildet diese doch den Untergrund für die wirtschaftliche und technische Tätigkeit jeder Eisenbahn.

Diese Zusammenhänge lassen das allgemeine Transportproblem und die Notwendigkeit einer von modernen Auffassungen durchdrungenen Lösung desselben in seiner ganzen Schwere und Weite erscheinen, beleuchten aber auch, warum die Lösung des Bundesbahnproblems in diesen allgemeineren Eahmen hineingestellt werden muss.

IY. Die Reorganisation.

A. Allgemeines.

Die vorstehenden Ausführungen, mit denen in grossen Zügen dargetan wurde, in welcher Gestalt sich das Eisenbahnproblem insbesondere hinsichtlich der Schweizerischen Bundesbahnen darstellt, lassen ohne
weiteres auch die Eiçhtlinien erkennen, in denen sich die unabwendbar gewordene Eeorganisation zu bewegen hat. Die Eeorganisation der Schweizerischen Bundesbahnen ist einerseits ein finanzielles Problem, insofern als es unvermeidlich geworden ist, das Unternehmen durch Hilfe von aussen von der Last einer aus der Ver-

268

gangeiiheit übernommenen Überschuldung zu befreien, die sich mit den heutigen Bedingungen seiner Existenz nicht mehr vertragt. Angesichts der Anforderungen, welche die Zukunft an die Bundesbahnen stellt, ist die Eeorganisation zudem aber auch ein organisatorisches Problem. Das Organisationsgesetz von 1923 hat zwar, wie wir in früherem Zusammenhange gesehen haben, den Aufbau der Schweizerischen Bundesbahnen, den das Eückkaufsgesetz von 1897 noch nicht in befriedigender Weise zu gestalten vermocht hatte, im Sinne der Vereinfachung und der Erhöhung der Anpassungsfähigkeit in nennenswertem Grade verbessert. Doch bildete dieses Gesetz nur eine Etappe zu einem weiteren Fortschritt, der die Einordnung in die neuen Verhältnisse in sich schliessen muss, unter denen die Eisenbahn zu arbeiten hat, wenn man die Zukunft sichern will. Die Aufgabe stellt sich also neuerdings, die administrative, finanzielle und funktioneile Organisation der Bundesbahnen nachzuprüfen, zu vereinfachen und durch Lockerung ihrer Starrheit und Beseitigung ihrer Mängel geschmeidiger zu gestalten und zu verbessern.

Im folgenden soll gezeigt werden, nach welchen Gesichtspunkten diese Eeorganisation ins Auge gefasst ist. Vor einem Pehlschluss muss man sich bei der Beurteilung der Sachlage jedoch vor allem hüten, nämlich vor einer Überschätzung der finanziellen Tragweite der organisatorischen Seite der Eeorganisation, wie wenn die Möglichkeit, das Unternehmen auf eine gesicherte finanzielle Grundlage zu bringen, nur von einer durchgreifenden administrativen Umgestaltung desselben abhinge, in dieser also der einzige Schlüssel für die Lösung des Problems zu finden wäre. Man könnte sich glücklich schätzen, wenn dem so wäre. Wohl haben die administrativen Vereinfachungen und Eeorganisationsmassnahmen, die die Verwaltung namentlich in den letzten Jahren immer wieder durchgeführt hat, bewiesen, dass auf diesem Wege erhebliche Erfolge zu erzielen waren, und es zweifelt niemand daran, dass man damit noch nicht am Ende ist, ja dass es nach dieser Eichtung bei genügender Geschmeidigkeit der grundlegenden organisatorischen Bestimmungen überhaupt nie ein Ende geben kann. Doch handelt es sich bei solchen organisatorischen Massnahmen oft nur um Kleinarbeit, die sich, so nützlich und unentbehrlich sie ist, im einzelnen naturgemass nur in verhältnismässig
kleineren Beträgen auswirkt. Soweit noch organisatorische Massnahmen von grösserer Tragweite in Betracht kommen, lässt sich ihre volle Fruktifizierung nicht mit einem Schlag, sondern nur nach und nach erzielen. Und endlich gibt es bei jeder organisatorischen Eeform einen Punkt, bei dem die ausgiebigen Mittel erschöpft sind: dort wo, wie bei den Bundesbahnen, in dieser Hinsicht schon viel getan wurde, ist er rascher erreicht als in anderen Fällen. So wird bei den Bundesbahnen auch die beste Lösung der organisatorischen Seite der Sanierung bei weitem nicht dazu ausreichen können, um die gewaltigen Erschütterungen, die die Vergangenheit dem Gleichgewicht des Unternehmens verursacht hat, auszugleichen. Die finanzielle Seite des Problems, mit andern Worten die Frage einer dauernden Entlastung, wird also leider auch bei bester Lösung seiner organisatorischen Seite ihre volle Bedeutung beibehalten.

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B. Staats- oder Privatbetrieb?

In den einleitenden Ausführungen vorliegender Botschaft haben wir mit knappen Strichen ausgeführt, wie im Jahre 1897 der Staatsbahngedanke in der Schweiz zum Durchbruch gekommen und wie er durch das Organisationsgesetz von 1923 bestätigt worden ist. Wir haben unterstrichen, dass der Übergang zum Staatsbahnsystem zwar auf einer ansehnlichen befürwortenden Mehrheit, nicht aber auf einer einstimmigen oder nahezu einstimmigen Kundgebung des Willens des Schweizervolkes beruhte und dass die Gegner mit ihren Anschauungen als ansehnliche Minderheit sich zwar geschlagen gaben, dass aber diese Anschauungen auch in der Folge, selbst in den guten Jahren der Bundesbahnen, fortlebten. Viele ursprüngliche Zweifler anerkannten zwar gerne, dass während der Schwierigkeiten der Kriegsjahre die Bundesbahnen unserem Lande Dienste geleistet haben, die man in gleicher Güte von den Privatbahnen, falls sie damals noch bestanden hätten, nicht hätte erwarten dürfen. Aber es brauchte trotzdem nur eine neue Welle der Unzufriedenheit, wie sie die schlechten Ergebnisse des Unternehmens in den letzten Jahren auslösten, um die Meinung wieder kräftiger hervortreten zu lassen, diese ungünstige Entwicklung sei ganz oder zum grössten Teil dem « System», also dem staatlichen Charakter der Bundesbahnen, zuzuschreiben, und es bedürfe lediglich eines mutigen Entschlusses in der Richtung der «Entstaatlichung», um das Unternehmen wieder über Wasser zu bringen und den hinter ihm stehenden Bund von den Lasten, die es ihm verursacht, zu befreien.

Die erste Frage, die sich auch heute wieder erhebt, ist in der Tat die, ob die dem Staate gehörenden und für seine Rechnung arbeitenden EisenbahnUnternehmungen gegenüber der Konjunktur weniger empfindlich sind und die Krise sowie die Automobilkonkurrenz besser ertragen als diejenigen, die der Form nach noch Privatunternehmen sind. Je nachdem man diese Frage beantwortet, ist man geneigt, sich für die eine oder andere Ordnung auszusprechen.

Wenn wir soeben von Eisenbahnen gesprochen haben, die «der Form nach» noch Privatunternehmen sind, so war es darum, weil es sich bei solchen mehr um eine Form als um Wirklichkeit handelt. Die Eisenbahnen leisten alle in erster Linie öffentliche Dienste. Die Volkswirtschaft hat sie nötig. Sie können nur unter Berücksichtigung der
Interessen der letzteren arbeiten und dürfen diese nicht ihren unmittelbaren Interessen opfern. Deshalb haben sie nirgends und niemals die Gründungs- und Betriebsfreiheit gekannt, wie gewöhnliche Privatunternehmungen sie besitzen. Überall sind sie an zahlreiche, im allgemeinen Interesse liegende Dienstbarkeiten gebunden. Diese werden ihnen je nach Fall und Land durch Gesetz oder Konzessionen, oftmals durch beide gleichzeitig, auferlegt. So unterstehen, um nur wenige Beispiele anzuführen, die Privatbahnen der Schweiz so gut wie die Staatsbahnen den Bestimmungen über die Arbeitszeit des Betriebspersonals, sie unterliegen einem Tarif- und Transportzwang, haben sich dem gleichen Haftpflichtrecht zu unterziehen, hinsichtlich des Personenzugfahrplans Minimalanforderungen zu erfüllen, ihr

270 Eollmaterial durch die staatliche Aufsichtsbehörde kontrollieren zu lassen usw.

Die Eisenbahngesellschaften sind alle mehr oder weniger eng mit dem Staate verbunden, auch wenn sie nicht sein Eigentum sind. Die Unterschiede sind mehr gradueller als grundsätzlicher Art. In der Schweiz kommt übrigens als besondere Erscheinung hinzu, dass die noch bestehenden Privatbahnen in wesentlichem Grade Unternehmungen sind, bei denen zufolge ihres finanziellen Aufbaues nicht das private Unternehmertum den ausschlaggebenden Einfluss besitzt, sondern Gemeinwesen wie Kantone, Bezirke, Gemeinden, also auch wieder die öffentliche Hand. Dass auch von dieser Seite der Gesichtspunkt des «öffentlichen Dienstes» in deren Verwaltung hineingetragen wird, ergibt sich somit ganz zwangsläufig im Sinne einer Annäherung der bei ihnen beachteten Verwaltungsgrundsätze an diejenigen der Bundesbahnen.

Die Eigenschaft der Eisenbahnen als eines «öffentlichen Dienstes» erklärt denn auch, warum die nichtstaatlichen Unternehmungen sich gegenwärtig kaum in einer besseren Lage befinden als die Staatsbahnen. Alle haben mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen. Hätte die «private» Betriebsform unserer Privatbahnen ihnen vor der staatlichen Betriebsform der Bundesbahnen einen grundlegenden Vorsprung verschafft, so hätte es jenen möglich werden sollen, bessere Ergebnisse zu erzielen, als es tatsächlich der Fall war, haben doch auch die meisten von ihnen eine weitgehende Rationalisierung des Betriebes durchgeführt und werden von ihren nächsten Interessenten vielfach geringere Ansprüche an sie gestellt, als es unter ähnlichen Verhältnissen gegenüber den Bundesbahnen der Fall ist. Die Betriebsform ist also sicherlich nicht die Grundursache der heutigen Schwierigkeiten der Eisenbahnen. Diese Schwierigkeiten mögen nicht überall die gleichen noch gleich stark sein. Doch liegt ihre tiefe Ausdehnung vor allem in der Wirtschaft des betreffenden Landes begründet und viel mehr in der finanziellen Organisation der Unternehmungen als in ihrer juristischen Form.

Ein Blick auf die wichtigsten europäischen Eisenbahnen ist auch in dieser Eichtung lehrreich. Wir haben, als wir in früherem Zusammenhange die Lage der ausländischen Bahnen streiften, die hohen Passivsaldi erwähnt, mit denen ihre Gewinn- und Verlustrechnungen z. B. im letzten oder vorletzten
Jahre abschlössen, handle es sich dabei um staatliche oder um private Unternehmungen.

Wenn bei den wichtigsten englischen Bahnen eine Ausnahme zu beobachten war, so ist dieses Ergebnis auf deren finanzielle Verfassung zurückzuführen.

Sie arbeiten mehr mit eigenen als mit fremden Kapitalien. Mit anderen Worten, ihr Aktienkapital übersteigt ihre Obligationenschulden um ein beträchtliches.

Sie können daher, um Defizite zu vermeiden und keine Verluste ausweisen zu müssen, lediglich die Dividenden herabsetzen.

Das Beispiel Belgiens ist ganz besonders interessant. Nach dem Kriege wies sein Eisenbahnnetz grosse Defizite auf. Diese bedeuteten für das Land eine schwere Last. In der Hoffnung, der private Betrieb werde günstigere Ergebnisse zeitigen, verzichtete die öffentliche Gewalt auf den Betrieb durch den Staat und übergab ihn einer Privatgesellschaft. Bei dieser Gelegenheit

271 brachte sie sehr grosse Opfer. Die Nationale Gesellschaft der Belgischen Bahnen ist nun ebenfalls in die Ära der Defizite eingetreten und bezahlt keine Dividenden mehr. Das beweist, dass man das Heil nicht einfach in einer Entstaatlichung erblicken darf. Wenn hierüber noch der geringste Zweifel obwaltet, so braucht man nur an die grossen französischen Bahnen zu denken, die 1935 ebenfalls einen viel höheren Betriebskoeffizienten aufwiesen als die Schweizerischen Bundesbahnen und ein Defizit erzielten, das sich, wie in früherem Zusammenhang angegeben, auf über eine Milliarde Schweizerfranken beziffert.

Sicherlich würde in unserem Lande eine Entstaatlichung auf unüberwindliche Hindernisse stossen. Ein grosser Teil unseres Volkes wäre aus Gründen derWeltanschauung oder aus solchen der blossen Opportunität für eine derartige Massnahme nicht zu haben, selbst unter dem Eindruck der gegenwärtigen Ausfälle der Gewinn- und Verlustrechnungen der Bundesbahnen, weil er nicht überzeugt wäre, dass eine derartige grundsätzliche Umstellung eine Besserung herbeiführen würde. Das Schweizervolk hat vor 40 Jahren mit grosser Mehrheit den Willen bekundet, der Privatbahnwirtschaft, der Konkurrenz der grossen Privatbahnen untereinander und ihrer Eigenbrödelei ein Ende zu machen und die Bahnen in den Dienst des Landes zu stellen. Ohne absolut zwingende Gründe würde es sich nicht auf den Eückweg zu dem seinerzeit Verlassenen begeben.

Solche Gründe sind, wie eben gezeigt wurde, nicht vorhanden, zum mindesten bestehen sie nicht in einem Masse, das die zur Änderung des Systems unerlässlichen Anstrengungen und Kämpfe rechtfertigen würde.

Im weiteren wäre die Gründung einer Privatunternehmung als Nachfolgerin der Bundesbahnen nur dann von Nutzen, wenn sie das erforderliche Kapital aufbrächte, um jene wieder aufzurichten, und ihnen die neuen Geldmittel zur Verfügung stellte, die sie nötig haben. Dieses Kapital müsste in die Hunderte von Millionen gehen. Wo sie aber heute finden ? Weder die Kantone noch die Gemeinden wären imstande, sie aufzubringen. Wer würde sich überhaupt für ein Geschäft interessieren wollen, das heute als ausgesprochenes Defizitgeschäft dasteht ? Niemand wäre dafür zu haben, bevor eine Sanierung auf Kosten des heutigen Besitzers, d. h. des Bundes, stattgefunden hätte.

Also könnte der Bund das Opfer
der Sanierung doch nicht umgehen: bevor er sein Eisenbahnnetz einer gemeinwirtschaftlichen oder privaten Gesellschaft übergeben könnte, müsste er einen grossen Teil der darin festgelegten Kapitalien über Gewinn- und Verlustrechnung abschreiben. Würde er dies ablehnen, so käme eine neue Gesellschaft in Ermangelung von Interessenten nicht zustande, oder sie würde nicht über den zu einem normalen Betrieb notwendigen Kredit verfügen, was kaum besser herauskäme. Würde der Bund aber das Opfer dieser Abschreibung bringen, so geschähe es nur zum Vorteil der neuen Gesellschaft und nicht zum Nutzen des eigenen Netzes. Eine derartige Lösung wäre nicht annehmbar.

Man könnte sich auch vorstellen, dass lediglich eine gemeinwirtschaftliche oder private Gesellschaft mit einem geringen Aktien- oder Dotationskapital,

272 von 50 oder 100 Millionen zum Beispiel, gegründet würde, um die Bundesbahnen zu übernehmen, dass aber trotzdem die Schulden dem Bunde verblieben, in dem Sinne, dass er nach wie vor Schuldner für alle für das Netz Dritten gegenüber eingegangenen Verpflichtungen wäre. Dann wäre er aber dafür in Zukunft in gleicher Weise haftbar wie in der Vergangenheit und würde so keine Entlastung erzielen. Er würde zudem gleichsam zum Solidarbürgen der Unternehmung werden und könnte sich infolge dieser Verbundenheit an ihrem Schicksal nicht desinteressieren, sondern müsste nach wie vor deren Verwaltung und Betrieb beaufsichtigen. Die Vorteile, die man sich aus einer solchen Umgestaltung versprechen könnte, wären mithin mehr scheinbar als wirklich, mehr fiktiv als echt. Es ergäbe sich überdies eine Kombination, die gekünstelt wäre und gerade darum den Keim neuer Schwierigkeiten in sich tragen würde.

Eine reine Lösung wäre auch dies nicht, so dass von ihr keine Rede sein kann.

Wie man sich auch eine allfällige «Entstaatlichung» denken mag, so ist es doch vorteilhafter, das Staatsbahnsystem beizubehalten und, anstatt zu «entstaatlichen», es überall dort zu verbessern zu suchen, wo es sich als mangelhaft herausstellt. Dem Bunde eine Stellung zuzumuten, bei der er in Tat und Wahrheit nach wie vor für das Netz und die Schulden verantwortlich wäre, ohne dass er wirklicher Herr des Unternehmens bliebe, hiesse, ihn in eine unannehmbare und seiner unwürdige Eolle versetzen zu wollen. Es ist nicht zu erwarten, dass eine derartige Lösung eine Volksmehrheit finden würde.

C. Die Umgestaltung der Verwaltungsorganisation.

Wie wir eingangs dieses Kapitals erwähnt haben, ist die gegenwärtige Organisation der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen, trotz der Eeorganisation von 1923. noch immer zu starr. Sie ist in einem Gesetze verankert, das viele Einzelheiten der Verwaltung regelt, als ob diese Verwaltung ewig gleich bleiben könnte. Dieser Umstand ist der fortgesetzten Anpassung an die neuen Anforderungen hinderlich gewesen.

In erster Linie gilt es daher, die gesetzliche Ordnung anpassungsfähiger zu gestalten. Das Gesetz soll sich, wie wir bei der Besprechung seiner einzelnen Bestimmungen des näheren zeigen werden, darauf beschränken, die allgemeinen Grundsätze der Verwaltung und des Betriebes der Schweizerischen
Bundesbahnen, gewissermassen ihr Gerippe, aufzustellen. Alles übrige soll den Verordnungen und Beglernenten vorbehalten bleiben, die nach und nach, entsprechend der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung, zu erlassen und zu ändern sind. In der gleichen Eichtung soll bestimmt werden, dass für die Bundesbahnen Ausnahmen von den Vorschriften der Eisenbahngesetzgebung zulässig sein sollen, sofern dadurch nur das innere Verhältnis zwischen Bund und Bundesbahnen berührt wird. Es soll damit ermöglicht werden, wenigstens in Fällen, in denen die Interessen Dritter nicht mitbetroffen werden, diese Vorschriften, sofern sie sich als zu starr erweisen, zu durchbrechen. Ähnliche

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Überlegungen müssen dazu führen, im Gesetze die Möglichkeit vorzusehen, zur Anpassung an die Entwicklung des Verkehrs Änderungen an der Betriebsweise vorzunehmen, sofern solche Änderungen mit dem Interesse der Volkswirtschaft vereinbar erscheinen.

Bin weiterer Fehler der heutigen Organisation ist die Z e r s p l i t t e r u n g der Verantwortlichkeiten. Die Autorität über die Bundesbahnen ist in niemandes Hand konzentriert.

Ein gut Teil dieser Autorität steht den eidgenössischen Eäten zu, die es aber nicht mit Nutzen ausüben können, da sie dem Betrieb zu entfernt sind, mit dem täglichen Getriebe der Unternehmung nicht in Berührung stehen und daher weder ihre Bedürfnisse noch die Defizite, ebensowenig aber die Verdienste und Fehlgriffe der Verwaltung in genügendem Umfange kennen.

Ein anderer Teil dieser Autorität über die Bundesbahnen kommt dem Bundesrate zu. Er beschränkt sich übrigens auf M eniges : der Bundesrat wählt die Direktoren und die Verwaltungsratsmitglieder der Bundesbahnen, übt die Oberaufsicht aus und übermittelt die Eechnungen und Voranschläge -- denn er erstellt sie nicht selbst -- den Eäten. Er nimmt die Anleihen auf; das ist vielleicht seine Hauptaufgabe; doch ist es unnötig, zu betonen, dass sie nicht genügt, um die ihm zukommende Verantwortung auszugleichen.

Weit tiefer in den Betrieb greift der Verwaltungsrat ein. Doch auch ihm gehen entscheidende Befugnisse ab. Wohl steht ihm die Begutachtung aller wichtigen, die Schweizerischen Bundesbahnen betreffenden Geschäfte zu, die vom Bundesrat oder der Bundesversammlung zu behandeln sind. Wohl ist er z. B. zur Beschlussfassung über generelle Projekte für grössere Bauten zuständig oder zur Genehmigung wichtiger Verträge. Wohl übt er nach dem Gesetz die Aufsicht über die gesamte Verwaltung aus und hat er die Aufstellung der allgemeinen Verwaltungsorganisation in der Hand, ebenso die Festsetzung der Befugnisse und Obliegenheiten der einzelnen Dienststellen, sowie der Grundsätze über die Fürsorge für das Personal. Doch die entscheidende Beeinflussung des Unternehmens auf den wichtigsten Gebieten wie dem Tarifwesen, der Finanzgebarung, dem Beamtenstatut, geht nicht von ihm aus.

Endlich ist eine Geschäftsleitung vorhanden, bestehend aus einer Generaldirektion und den Kreisdirektionen, deren gegenseitige Beziehungen mit peinlichster
Genauigkeit umschrieben sind.

Was in dieser Organisation ausserdem am meisten auf fällt, ist die Trennung der Kompetenzen und der finanziellen Verantwortlichkeiten.

Die Bundesbahnverwaltung stellt einerseits ihr Budget, den Bauvoranschlag wie den Betriebsvoranschlag, selbst auf, aber andererseits ist der Bund unmittelbarer und alleiniger Schuldner für die durch den Bundesbahnbetrieb entstehenden Verpflichtungen. Wohl hat sich das Parlament das Eecht vorbehalten, den Voranschlag zu genehmigen und auf diese Weise eine Kontrolle auszuüben.

Aber abgesehen davon, dass sich diese Kontrolle nur in globo vollzieht und vollziehen kann, ist sie zu allgemein,und zu fern, um genügend wirksam zu sein.

274 Die Tatsachen haben dies einwandfrei dargetan. Zahlreich sind die Abgeordneten, die im Laufe der Verhandlungen, in der Kommission oder in öffentlicher Sitzung zu verstehen gegeben haben, sie erachten diese Kontrolle als überflüssig, wenn nicht sogar gefährlich, weil unnütz.

Was den Bundesrat betrifft, so besass er bisher wohl das Oberaufsichtsrecht über die Geschäftsführung der Bundesbahnen. Er konnte ihnen die im Interesse des Landes gut scheinenden Weisungen erteilen. Das hiess aber noch nicht, dass er auf die Gestaltung des Voranschlages wirksamen Einfluss zu nehmen vermochte. Bis vor Jahresfrist konnte er gesetzlich nur in dem Sinne eingreifen, dass er seine Meinung in der den Voranschlag an die Eäte weiterleitenden Botschaft und den Erläuterungen dazu zum Ausdruck brachte. Man wird zugeben müssen, dass das nur ein sehr beschränktes und ungenügendes Mittel war, es sei denn, es werde als brutales und gefährliches Oppositionsinstrument gebraucht. Ob man es wolle oder nicht, ob das Gesetz es vorsehe oder nicht, ist es aber der Bundesrat, der dem Lande gegenüber die Verantwortung für die öffentlichen Finanzen trägt ; an diesen sind die Bundesbahnen mit ihren Obligationenschulden mit über drei Milliarden Franken beteiligt und ebenso mit mehr als 300 Millionen in ihrer jährlichen Gebarung. Eine solche Verantwortung rechtfertigt sich nur, wenn ihr entsprechende Kompetenzen zur Seite stehen. Der Bundesrat muss daher unmittelbarer und beständiger auf die Ausgaben der Bundesbahnen einwirken können, als es bis jetzt der Fall war.

Die Organe der Verwaltung sind die ersten gewesen, die dies verstanden, zugegeben und gewünscht haben. Sie beantragen eine derartige Neuordnung ausdrücklich. Der Beorganisationsentwurf sieht vor, dass es künftig der Bundesrat sein wird, der sowohl den Betriebs- wie den Bauvoranschlag genehmigt.

Auf diese Weise wird er in die Lage versetzt werden, gegebenenfalls frühzeitig genug deren Abänderung zu veranlassen oder deren Genehmigung an Bedingungen zu knüpfen.

Dem Parlament wird wie bisher die Genehmigung der Jahresrechnungen und des Geschäftsberichtes des Unternehmens vorbehalten sein. Nach wie vor wird es auf diese Weise Gelegenheit erhalten, sich einmal im Jahr in seiner Eigenschaft als Vertretung des Volkes in freier Weise regelmässig über Angelegenheiten der Staatsbahn
auszusprechen und Wünsche geltend zu machen.

Andererseits wird sich durch die neue Ordnung eine Zusammenziehung und Klarstellung der finanziellen Verantwortlichkeiten ergeben, wonach die leitenden Organe der Bundesbahnen für ihre Geschäftsführung dem Bundesrate verantwortlich sind und diesem wirklich die Oberaufsicht sowohl über die Geschäftsführung wie über den Finanzhaushalt der Bundesbahnen obliegt.

D. Die Stellung des Personals.

Wie wir soeben auseinandergesetzt haben, liegt eine Hauptaufgabe der Eeorganisation der Schweizerischen Bundesbahnen darin, es dem Bundesrate zu

275 ermöglichen, dem Lande gegenüber seine Verantwortung für die öffentlichen Finanzen auch mit Bezug auf dieses Unternehmen zu tragen. In der Ausgabenwirtschaft der Bundesbahnen wie derjenigen jeder anderen Eisenbahnunternehmung machen nun die Personalausgaben einen sehr wesentlichen Bruchteil aus. So machen die Personalausgaben mehr als die Hälfte der gesamten jährlichen Aufwendungen des Unternehmens aus. Im Jahre 1938 betrugen die Aufwendungen für das Personal 215,2 Millionen Franken; im Jahre 1935 (nach der ersten Anpassung der Besoldungen und Löhne und einem weitern Personalabbau) belaufen sie sich noch auf 199,45 Millionen Franken. Verglichen mit den Transporteinnahmen dieser beiden Jahre betrugen die Personalausgaben 66,39 bzw.65,81%. Es liegt daher nahe, zu untersuchen, ob die heutige Eegelung dieses wichtigen Ausgabenzweiges in einer Weise getroffen ist, die dem erstrebten Grundziel entspricht.

Die heute für das Besoldungswesen der Bundesbahnbeamten bestehende gesetzliche Eegelung, die durch das Gesetz über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten vom 30. Juni 1927 gegeben ist, ist von der früheren darin verschieden, dass bis1 dahin für dieses Besoldungswesen ein besonderes, nicht auch auf das übrige Bundespersonal anwendbares Gesetz galt. Bei der früheren gesetzlichen Eegelung war man vom Wesen der Bundesbahnen als eines grossen technischen Betriebes ausgegangen, der auch hinsichtlich der Verwendung des Personals und in den Anforderungen an dasselbe Besonderheiten zeigt, die bei den andern Zweigen der Bundesverwaltung nicht vorliegen und die Ordnung der Besoldungen zu beeinflussen imstande sind. Die neue gesetzliche Eegelung wollte dagegen die Einheit des Arbeitgebers von Bundesbahnpersonal und übrigem Bundespersonal in den Vordergrund rücken, sowie das Bestreben, dementsprechend das ganze Beamtenverhältnis und die daraus entspringenden Eechte und Pflichten in einem einheitlichen Eahmen zu ordnen; das Besoldungswesen, das die früheren Gesetze zum alleinigen Gegenstand gehabt hatten, wurde nunmehr zu einem blossen Teil der neuen gesetzlichen Ordnung.

In seiner den Entwurf zum Beamtengesetz begleitenden Botschaft vom 18. Juli 1924 erklärte der Bundesrat, was speziell das Besoldungswesen anbetraf, der Entwurf wolle die Beseitigung der bisher bestehenden ungleichen Bewertung gleicher
Arbeitsleistungen herbeiführen. Es dürfe nicht mehr vorkommen, dass Dienstpflichtige der einen Verwaltungsabteilung bei gleichen Voraussetzungen gehaltlich günstiger behandelt werden als diejenigen einer anderen Verwaltungsabteilung, nur weil bei der einen Verwaltungsabteilung zufällig Begünstigungen gewährt oder Vorteile eingeräumt worden seien, die die andere nicht zugestehen konnte. Die Zusammenfassung der massgebenden Grundsätze für die allgemeine Bundesverwaltung und die Bundesbahnen in einem und demselben Gesetze verstehe sich jedoch in der Meinung, dass ihm von vornherein jede ungesunde Schabionisierung fernliege. Wo immer die besondern Verhältnisse es erheischten, solle den Verwaltungen ihre volle Unabhängigkeit gewahrt bleiben, womit insbesondere das Personal gemeint war, das nicht unter das Beamtenverhältnis fallen sollte.

276 Prüft man die Wirksamkeit der durch das Beamtengesetz für das Besoldungswesen der Bundesbahnen getroffenen Ordnung nach der eingangs gezeichneten Eichtung, so zeigt es sich, dass dieser Hauptposten der Ausgaben so starr und wenig anpassungsfähig gestaltet worden ist, dass die für das Unternehmen verantwortlichen Behörden, an oberster Stelle der Bundesrat, in der tatsächlichen Möglichkeit der Übernahme dieser Verantwortung in hohem Grade gehemmt- sind. Trotz der grossen Bedeutung der Personalausgabert für die Gestaltung der Betriebsergebnisse der Bundesbahnen besitzen heute weder die Bundesbahnverwaltung, die technisch für den reibungslosen Geschäftsgang des Staatsnetzes verantwortlich ist, noch die Bundesregierung, die politisch dem Lande gegenüber für die Lasten, die dieses Netz dem Volk aufbürdet, die Verantwortung trägt, einen dieser Verantwortung entsprechenden Einfluss auf die Besoldungen und Löhne. Bundesbahnverwaltung und Bundesregierung sind vielmehr durch das Gesetz in weitem Umfange gebunden. Dieses regelt für alle der Dienstgewalt des Bundes unterstellten Beamten, also auch für diejenigen der Bundesbahnen, verbindlich nicht nur die Besoldungsklassen, die Mindest- und Höchstansätze für jede Klasse und die Ortszulagen, sondern, was nicht zu übersehen ist, auch das Verhältnis zwischen den Ortszulagen und den Besoldungen, also die Unterschiede, die sich infolge der ungleichen Lebensbedingungen in den verschiedenen Gegenden des Landes, in den grossen Zentren, in den Städten und auf dem Lande, hinsichtlich der Besoldungen rechtfertigen.

Das Beamtengesetz beeinflusst ebenfalls in hohem Grade die Einkommensbedingungen des Personals, das nicht zu den Beamten gehört.

Eine derartige Sachlage hätte schliesslich noch nicht so viel zu bedeuten, wenn es sich bei den Bundesbahnen um reine Verwaltungstätigkeit im engsten Sinne des Wortes handeln würde, deren Umfang und Grosse, und daher auch deren Kosten, das Parlament frei bestimmen könnte.

Bei einer industriellen Eegieanstalt wie den Bundesbahnen liegen jedoch die Dinge anders. Ihre Tätigkeit hängt von Umständen ab, die dem Willen des Gesetzgebers entzogen sind; sie hängt ganz besonders auch von der Konjunktur ab, der man sich bis zu einem gewissen Grade muss anpassen können.

Eine Eegieanstalt wie die Bundesbahnen kann mit Bezug auf Tätigkeit
und Ertrag nicht unberührt bleiben von Gedeihen und Stagnation der Wirtschaft, vom guten oder schlechten Gang der Geschäfte, von der Entwicklung oder dem Eückgang des Verkehrs, aber auch nicht von der Konkurrenz, unter der sie leidet, oder vom Schutz, den sie geniesst. Diese Tatsachen, die gegeben sind, machen die Ermöglichung einer entscheidenden Einflussnahme der verantwortlichen Stellen auf die Anstellungsbedingungen des Personals der Bundesbahnen notwendig.

Bei einem Unternehmen wie dem genannten erweckt es Bedenken, wenn die Stellung des Personals in ihrer Gesamtheit auf dem politischen Gebiete ausgetragen wird, wo nicht nur die sachliche Beurteilung der Erfordernisse des Unternehmens massgebend ist, sondern nebenher, in grösserem oder geringerem Grade, auch allgemeine Erwägungen mitspielen, die von zufälligen, dem Wechsel

277 unterworfenen Konstellationen abhängen und deshalb gefährlich sind. Auf die fachliche Tüchtigkeit und die Arbeit des Personals, in Verbindung mit der Konjunktur und der finanziellen Lage der Unternehmung, rauss abgestellt werden können. Wohl rechtfertigen die technischen Besonderheiten und Anforderungen des Betriebes eine weitgehende Stabilität und Bindung des Grundstocks des Personals an das Unternehmen, die auch für jenes nur von Vorteil ist. Deshalb vermag ein Teil der Anstellungsbedingungen auch die starre Form eines Bundesgesetzes zu ertragen. Dies ist jedoch nicht der Fall hinsichtlich des Besoldungswesens, das eine gewisse Elastizität und Anpassungsfähigkeit nicht entbehren kann. Hier drängt sich der Verzicht auf eine solche gesetzliche Eegelung auf.

Ein solcher Verzicht bedeutet die Abkehr von einer seit der Schaffung der Bundesbahnen bestehenden Überlieferung. Soll man sich für ihn entscheiden^ so müssen dafür, wie bereits angetönt, entscheidende sachliche Gründe angeführt werden können, die im folgenden noch etwas naher zu beleuchten sein werden.

Man könnte zwar darauf hinweisen, dass diese Überlieferung durch die Macht der tatsächlichen Bedürfnisse im Laufe der Jahre schon in erheblichem Masse durchbrochen worden ist: Die gesetzliche Ordnung des Besoldungswesens des Bundesbahnpersonals konnte seit 1916 nur während der sechs auf das Inkrafttreten des Beamtengesetzes folgenden Jahre unverändert durchgeführt werden. Die ihr anhaftenden Nachteile waren so stark, dass allen Hindernissen zum Trotz eine den Bedürfnissen angepasste, andere Lösung sich durchsetzte : Vor dem Inkrafttreten des Beamtengesetzes galten Teuerungszulagen, die die Bundesversammlung unter Ausschaltung des Beferendums bestimmte, und seit 1934 sind die im Bahmen des ersten und des zweiten Finanzprogrammes gefassten dringlichen Bundesbeschlüsse über die Herabsetzung der Besoldungen massgebend gewesen. Spricht diese Tatsache zweifellos dafür, dass auf solchen Gebieten eine gesetzliche Ordnung etwas zu Starres und grundsätzlich Ungeeignetes ist, so Hesse sie sich ebensogut auch zum Beweis dafür heranziehen, dass trotz der Herrschaft einer gesetzlichen Ordnung dringliche Korrekturen und damit eine gewisse Anpassung an die Wandlung der Verhältnisse schliesslich doch erreichbar sind. Indessen kommen derartige Entscheidungen,
wenn überhaupt, nur auf einem mühsamen Wege und erst in letzter Stunde zustande und werden von einem Organe getroffen, das nicht die eigentliche Verantwortung für das Unternehmen trägt -- abgesehen davon, dass gegen die Zulässigkeit solcher Entscheidungen auf die Länge Einwendungen konstitutioneller Art nahe genug liegen.

Um zu beurteilen, ob es grundsätzlich richtig ist, die Ordnung des Besoldungswesens eines Unternehmens wie der Schweizerischen Bundesbahnen auf dem Wege eines Gesetzes, das dem Beferendum untersteht, zu treffen, muss man auf das eigentliche Wesen dieses Unternehmens abstellen. Die Bundesbahnen haben ihre ganz besondern Bedürfnisse. Sie sind ein abgeschlossener, grosser, technischer und wirtschaftlicher Betrieb, und seine Notwendigkeiten wachsen in viel ausgeprägterem Grade aus der objektiven Natur dieses Betriebes Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

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278 heraus als aus seiner juristischen Konstruktion und insbesondere aus der Person seines Eigentümers, des Arbeitgebers seines Personals. Die Bundesbahnen stehen, so gut -wie beispielsweise die auf privatem Boden aufgebauten französischen Eisenbahnen oder Privatbahnen unseres Landes, wie die Lötschbergbahn oder die Ubatisene Bahn, trotz des staatlichen Eigentums mitten im allgemeinen Wirtschaftskampf, und sie müssen deshalb nach kommerziellen Grundsätzen verwaltet werden. Gewiss sind sie wie die andern Eisenbahnen in dem Sinne eine Monopolanstalt, dass für Beförderungsleistungen auf einer gegebenen Strecke nur sie als einziger Unternehmer zuständig sind. Würden sich die Vorteile dieser formellen Monopolstellung nach der wirtschaftlichen Seite hin heute noch voll auswirken können, so liesse sich bei den Bundesbahnen noch eher ein Verwaltungssystem denken und rechtfertigen, bei dem auch die Gehalte durch das Gesetz gebunden wären. In den letzten zwei bis drei Jahrzehnten haben sich jedoch die Dinge in dieser Hinsicht von Grund auf geändert : Das faktische Transportmonopol der Eisenbahnen ist für immer verloren, der lebhafte Wettbewerb auf der Strasse ist da, und infolge dieser grundlegenden Wandlung in der ganzen Struktur des Verkehrswesens bat der kommerzielle Gesichtspunkt eine viel grössere Bedeutung erlangt als früher und beansprucht eine ausschlaggebende Beachtung, wenn ein Bahnunternehmen nicht wirtschaftlich vernichtet werden soll. Auch für die Ordnung der Ausgabenwirtschaft unserer Staatsbahn ist er ein Hauptfaktor geworden, und er muss die Ordnung des Hauptteils dieser Ausgaben, nämlich der Besoldungen und Löhne, ebenfalls massgebend beeinflussen können. Will man auch in dieser Beziehung zum Rechten sehen, so müssen die verantwortlichen Stellen von hemmenden gesetzlichen Bindungen befreit werden und handeln können. Man mag dies bedauern, doch hiesse es an den Bedürfnissen der Gegenwart mit geschlossenen Augen vorbeigehen, wollte man diese Wahrheit nicht erkennen.

Unter diesen Umständen kann die Tatsache, dass das Besoldungswesen der Bundesbahnen von jeher durch ein Gesetz geordnet war, einer anderen, zukünftigen Eegelung nicht im Wege stehen. Die Bundesbahnen von 1902, für die das Besoldungsgesetz vom 29. Juni 1900 erlassen wurde und die den Charakter einer Monopolanstalt hatten, welche
das Transportmonopol noch wirklich besass, sind, wirtschaftlich betrachtet, etwas durchaus Verschiedenes gewesen von den Bundesbahnen von 1936, die schwer um die Erhaltung ihrer Transporte kämpfen müssen. Da man auch in den auf den Erlass des ersten Besoldungsgesetzes folgenden Jahren von einer Durchlöcherung des Transportmonopols noch nichts wusste, war es ferner nicht verwunderlich, dass die den Entwurf zum zweiten Besoldungsgesetz für die Bundesbahnen begleitende Botschaft des Bundesrates vom 25. Oktober 1909 die abermalige Ordnung in Form eines Gesetzes stillschweigend als etwas Gegebenes betrachtete und ihre Notwendigkeit lediglich als eine Folge der seit 1902 eingetretenen Verteuerung der Lebensverhältnisse darlegte. In den Jahren 1924 bis 1927, als das geltende Beamtengesetz vorbereitet wurde, stand man allerdings vor neuen Verhältnissen, denn die Erschütterung des Transportmonopols der Eisenbahnen hatte sich

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bereits in hohem Grade fühlbar gemacht. Hätte diese Erscheinung nicht dazu führen sollen, es sich bei diesem Anlasse zu überlegen, ob denn überhaupt die Regelung des Besoldungswesens für ein kommerzielles Unternehmen wie die Bundesbahnen auf dem Wege des Gesetzes im Grunde nicht etwas Widerspruchsvolles sei ? Dann hätte man schwerlich an der Einsicht vorbeigehen können, dass zwischen der Geschäftsführung der Bundesbahnen und der Yerwaltungstätigkeit der übrigen staatlichen Departemente und Betriebe ein grundlegender Unterschied besteht, der auch für die Ordnung der Besoldungen des Personals eine entscheidende Bedeutung beanspruchen muss. Dann hätte sich der Schluss aufgedrängt, es sei besser, dem Besoldungswesen der Bundesbahnen dadurch die erforderliche Anpassungsfähigkeit zu verleihen, dass man es überhaupt nicht in einem Gesetze ordne. Die damalige Regelung müssen wir heute als grundsätzlichen Fehler bezeichnen. Doch erklärt sich dieser leicht: man stand in jenen Jahren nicht nur unter dem Eindruck der Überlieferung, sondern es war zudem noch die Zeit der Hochkonjunktur, wobei niemand ahnte, dass nach wenigen Jahren das anscheinend blühende staatliche Bahnunternehmen, zu einem guten Teil auch wegen dieser staatlichen Besoldungsregelung, in eine derartige Notlage wie die heutige geraten würde, die eine Überprüfung aller seiner Existenzgrundlagen erfordert. Die Tatsache aber, dass damals unter allgemeiner stillschweigender Zustimmung dieser Fehler begangen worden ist, enthebt uns nicht der Pflicht, ihn bei dem sich dafür nunmehr bietenden Anlasse gutzumachen.

Die Notwendigkeit, die durch die gesetzliche Ordnung hervorgerufene Starrheit im Besoldungswesen der Bundesbahnen zu lockern, zeigt sich übrigens gerade an dem Unistande, dass bei ihnen, wo doch das Bedürfnis nach einer grösseren Anpassungsfähigkeit sich aus der Natur der Dinge am unmittelbarsten ergibt, diese Starrheit in weit höherem Ausmasse verwirklicht ist als bei den übrigen eidgenössischen Verwaltungen. Bei den Bundesbahnen ist nämlich ein ausserordentlich hoher Prozentsatz des Personals in das Beamtenverhältnis überführt worden, und sie müssen, obschon sie nicht mehr mit dem Transportmonopol ausgerüstet sind, zum grössten Teil mit Personal arbeiten, welches der durch das Beamtengesetz vorgesehenen und vom Parlament, das die Verantwortung
für ihr finanzielles Gedeihen nicht trägt, festgelegten Besoldungsordnung untersteht. Im Jahre 1903 hatte die gesetzliche Besoldungsordnung zwar erst 57,35 % des Personals der Bundesbahnen erfasst. Die seit der A7erstaatlichung bestehende gesetzliche Verpflichtung der Bundesbahnen, Arbeiter in vermehrtem Masse ins Beamtenverhältnis überzuführen, hat jedoch ein stetes Steigen dieses Prozentsatzes bewirkt. Im Jahresdurchschnitt von 1935 standen bei den Bundesbahnen 25,314 Bedienstete im Beamtenverhältnis, das waren 84,8ä % des ganzen Personalbestandes. Dieses Übermass von Beamten hat zu einer Mehrbelastung des Unternehmens geführt, die sachlich nicht begründet ist. Umgekehrt wird bei den eidgenössischen Monopolanstalten der Post, des Telegraphen und des Telephons gegen die Hälfte des Personals, weil es nicht die Beamteneigenschaft besitzt, unabhängig von der Bundes-

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Versammlung belöhnt. So standen im Jahre 1935 vom Personalkörper der Postverwaltung nur 58,5 % im Beamtenverhältnis ; das war nicht der Pali bei den Landstelleninhabern und Landbrieftrâgern (30,4 %) und den Hilfskräften (11,t %). Vom Personal der Telegraphen- und Telephonverwaltung standen die Landstelleninhaber (2,8 %) und die Angestellten und Arbeiter (29,9 %) ausserhalb der Lohnbestimmungen des Beamtengesetzes.

Dass es auch andere Departemente des Bundes gibt, denen technische Betriebe angegliedert sind, und dass man nicht daran denkt, für sie eine dem Gesetze entrückte Ordnung des Besoldungswesens zu verlangen, spricht nicht gegen vorstehende Argumentation. Bei diesen Betrieben handelt es sich, wie beispielsweise bei den Militärwerkstätten, um Anhängsel der Verwaltung mit einer eng umschriebenen Zweckbestimmung. Oder sie sind noch eigentliche Monopolbetriebe. Auf keinen Fall stehen sie in einem Grade wie die Bundesbahnen im wirtschaftlichen Kampfe. Ein Bedürfnis nach einer grösseren Freiheit in der Ordnung der Besoldung für die Beamten besteht also bei ihnen kaum; und für die nicht unter das Beamtenverhältnis fallenden Bediensteten, die wie gesagt dort verhältnismässig zahlreicher sind als bei den Bundesbahnen, gibt das Beamtengesetz den betreffenden Verwaltungen genügende Freiheit.

Aus Gründen, die sich objektiv aus der heutigen Natur der Schweizerischen Bundesbahnen ergeben, ist es also notwendig geworden, ihr Besoldungswesen der gesetzlichen Ordnung zu entziehen. Wir sehen deshalb vor, dass der Verwaltungsrat, als oberstes Organ des Unternehmens, das Eecht zur Aufstellung der Besoldungs- und Lohnordnung für das Personal erhalten soll, unter Vorbehalt der Genehmigung seiner Erlasse durch den Bundesrat, der damit im Sinne der ihm obliegenden obersten finanziellen Verantwortung für die Bundesbahnen handeln kann.

Auch die Verwaltung der Bundesbahnen kommt zum Schlüsse, dass die gesetzliche Ordnung des Besoldungswesens nicht mehr beibehalten werden kann. Sie weist jedoch darauf hin, dass, wenn man die geplante Änderung nur für das Bundesbahnpersonal trifft und für das andere unter das Beamtengesetz fallende eidgenössische Personal die gesetzliche Ordnung des Besoldungswesens beibehält, eine Ungleichheit zwischen diesen zwei Kategorien von Bundespersonal entstehen würde. Da die Verwaltung diese
Ungleichheit für ungerechtfertigt hält, aber dennoch die bisherige Eegelung der Besoldungen des Bundesbahnpersonals durch Gesetz nicht beibehalten wissen möchte, sieht ihr Gesetzesentwurf als integrierenden Bestandteil des neuen Bundesbahngesetzes eine Änderung der Art. 37, 38, 40 und 43 des Beamtengesetzes vor. Nach dem vorgeschlagenen Gesetzestexte würde es künftig der Bundesrat sein, der die Besoldungsordnung für alles Personal des Bundes und der Bundesbahnen erlässt.

Diese Besoldungsordnung wäre der Bundesversammlung zur Genehmigung zu unterbreiten. Die Besoldungsordnung würde im besondern die Zahl der Besoldungsklassen bestimmen, die Mindest- und Höchstbeträge der einzelnen Besoldungsklassen, die Ortszuschläge, die ordentlichen Besoldungserhöhungen

281 und die Kinderzulagen; die Einreibung der Ämter fiele in die Zuständigkeit, des Bundesrates. Bei der Aufstellung ihrer Vorlage ging die Verwaltung der Bundesbahnen vom Gedanken aus, dass sachliche Erwägungen eine derartige Ordnung nicht nur für das Personal der Bundesbahnen, sondern überhaupt für das ganze Bundespersonal richtig erscheinen Hessen; ganz allgemein habe sich die Besoldungsregelung durch Gesetz infolge ihrer Starrheit praktisch nicht bewährt, und die im Verlaufe der letzten 20 Jahre erfolgten Korrekturen der gesetzlichen Ordnung seien für das übrige Bundespersonal so gut notwendig geworden wie für dasjenige der Bundesbahnen. Selbst in den Kantonen, wo die Verhältnisse viel leichter überblickt werden können und wo die reine Demokratie noch stärker ausgebildet ist als im Bunde, ist, wie die Bundesbahnverwaltung ergänzend erwähnt, die Pestsetzung der Besoldungen der Staatsbeamten schon heute in weitgehendem Umfange dem Volksentscheid entzogen.

So werden zum Beispiel die Besoldungsordnungen für die kantonalen Beamten und Angestellten in den Kantonen Bern, Luzern, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau und Wallis endgültig vom Grossen Eate erlassen, desgleichen im Kanton Solothurn für das mittlere und untere Staatspersonal. Im Kanton Zürich werden die Besoldungsverhaltnisse des Personals der kantonalen Verwaltung und der Gerichte durch Verordnungen des Begierungsrates und des Obergerichtes geregelt, die lediglich der Genehmigung durch den Kantonsrat bedürfen.

Gewiss lassen sich auch für den Vorschlag der Verwaltung der Bundesbahnen gute Gründe anführen. Wenn man aber auf die sachlich entscheidenden Gesichtspunkte abstellt, die im ureigenen Wesen der Bundesbahnen selbst liegen, so kann die von der Verwaltung vorgeschlagene Lösung nicht den Vorzug beanspruchen. Vielmehr muss man sich bei der Wahl zwischen den beiden dargestellten, möglichen Varianten für die andere entscheiden. Wohl wird man dann den Nachteil in Kauf nehmen müssen, dass in der Höhe der Besoldungen der Bundesbahnbeamten Ungleichheiten entstehen können im Vergleich zu denjenigen mehr oder weniger entsprechender Kategorien der übrigen Bundesverwaltung. Doch kann diese Möglichkeit nicht als entscheidendes Argument gegen die andere Lösung geltend gemacht werden, zumal da eine vollständige Gleichstellung auch bisher nicht
herbeizuführen gewesen ist : besondere, bei den Bundesbahnen vorliegende Verhältnisse, wie die Verabfolgung von Freifahrtscheinen und die Gewährung der Fahrt zu ermässigter Taxe, die Abgabe von Dienstkleidern und die Stellung von Dienstwohnungen an einen Teil des Personals etc., haben immer gewisse Ungleichheiten unter dem Bundesbahnpersonal als solchem sowie zwischen ihm und anderem Bundespersonal entstehen lassen. Die Gefahr vermehrter Ungleichheiten, die die Neuordnung des Besoldungswesens für die Bundesbahnen mit sich bringen kann, betrachten wir als das kleinere Übel im Vergleich zu der von der Bundesbahnverwaltung vorgeschlagenen Lösung, schon darum, weil sich die Beschränkung einer Neuordnung auf die Bundesbahnen durch deren besondere objektive Verhältnisse und Bedürfnisse erklären und rechtfertigen lässt.

282 Hievon abgesehen, riefe es, rein gesetzestechnisch betrachtet, zu Bedenken, wenn man in einem die Schweizerischen Bundesbahnen allein betreffenden Gesetze gleichsam nebenher wichtige Bestimmungen eines anderen Gesetzes aufheben wollte, welches zwar für das Personal der Bundesbahnen gilt, gleichzeitig aber auch auf einen grösseren, ausserhalb dieser Verwaltung stehenden Personenkreis Anwendung findet. Wollte man einzelne Bestimmungen des Beamtengesetzes mit Bezug auf sein ganzes Geltungsgebiet abändern oder aufheben, so wäre dafür eine Revision dieses Gesetzes selbst der natürliche und gegebene Weg. Dass man umgekehrt in einem Spezialgesetz über die Bundesbahnen die Anwendung gewisser Artikel des Beamtengesetzes, die als solche weiter gelten, auf das Bundesbahnpersonal ausschliessen kann, geht ohne weiteres an.

Im allgemeinen betrachtet gehen wir jedoch mit der Verwaltung der Bundesbahnen darin vollständig einig, dass es schon aus dem einfachen Grunde unabwendbar geworden ist, den verantwortlichen Stellen die Einflussnahme auf die Entlöhnung des Bundesbahnpersonals zu ermöglichen, weil der Verwaltung kein geeignetes Mittel vorenthalten werden darf, um sich der Not der Zeit und der Lage ihres Unternehmens entsprechend nach der Decke strecken zu können. Das soll nicht hindern, dass der Verwaltungsrat wie der Bundesrat sich der Pflicht bewusst bleiben werden, jede Willkür zu vermeiden und im Eahmen der objektiven Möglichkeit in der zu erlassenden Besoldungsordnung als fortschrittliche und sozial denkende Arbeitgeber zu erscheinen. Es wird dabei auf der Hand liegen, dass die für die engere Bundesverwaltung geltenden Ansätze ihren Einfluss auch auf diejenigen der Bundesbahnen ausüben werden.

Es lässt sich denn auch weniger die absolute Höhe der Gehalte und Löhne beanstanden als das Verhältnis zwischen Besoldungen und Ortszulagen, mit anderen Worten die Tatsache, dass die Entlöhnung des in Ortschaften mit teurerer Lebenshaltung beschäftigten und des in Orten mit billigeren Lebenskosten arbeitenden Personals zu gleichmässig ist. Wenn nicht behauptet werden kann, das erstere sei überall und immer reichlich bezahlt, so ist dagegen unbestreitbar, dass das letztere eine Vorzugsstellung geniesst, für die das Unternehmen, mit andern Worten die Allgemeinheit, zu Unrecht aufzukommen hat. Die Verwaltung wird
auch grössere Freiheit beanspruchen und erhalten müssen hinsichtlich der Einreihung der Ämter, sowie der Verleihung der Beamteneigenschaft an Bedienstete, deren Stellung und Aufgaben nach Massgabe der allgemeinen Anschauungen die Überführung ins Beamtenverhältnis nicht rechtfertigen. Man ist in dieser Hinsicht bisher sicherlich zu weit gegangen.

Anderseits soll darauf gesehen werden, die überlieferten Eechte des bisherigen Personals nach Tunlichkeit zu schonen. Für neu einzustellendes Personal jedoch muss der Verwaltung unbedingt eine grössere Freiheit als bisher eingeräumt werden. Nachdem die Eidgenossenschaft dazu gezwungen ist, zugunsten der Bundesbahnen ein sehr grosses Opfer auf sich zu nehmen, dürfte es keine Unbilligkeit sein, wenn man auch dem Personal, namentlich dem neu eintretenden, eine Beteiligung zumutet. Bei allem sozialen Verständnis, das

283 auch weiterhin bei der Ordnung des Besoldungswesens der Bundesbahnen wegleitend sein soll, wird man für die Zukunft die Verwaltung in den Stand zu stellen haben, in der Belohnung des Personals sich mehr als bisher nach der Leistungsfähigkeit des eigenen Unternehmens, sowie den Erfordernissen der Wirtschaftlichkeit und der Konkurrenzfähigkeit richten zu können. Diese beiden Gesichtspunkte miteinander zu versöhnen, wird keine leichte Aufgabe werden, doch muss man sie an die Hand nehmen. Der finanzielle Erfolg der angestrebten elastischeren Neuordnung wird sich erst nach und nach einstellen. Doch rechnen wir mit der Möglichkeit, auf diesem Gebiete in absehbarer Zeit, im Vergleich zur Ordnung nach dein Beamtengesetz, nicht unbedeutende Einsparungen zu verwirklichen, die das Unternehmen nötig hat.

In diesem Zusammenhange dürfte es von Interesse sein, einen Blick auf ausländische Staatsbahnen nach der Eichtung zu werfen, wie dort die Kompetenz zur Ordnung des Besoldungswesens des Personals geregelt ist.

In Deutschland ist es die Eeichsbahngesellschaft, die, als Bestandteil der Personalordnung, auch die Besoldungsordnung für das Personal erlässt.

Obwohl, rein äusserlich betrachtet, privatwirtschaftlich aufgebaut, ist sie in ihren Verwaltungsgrundsätzen auf eine ähnliche Grundlage wie unsere Staatsbahnen gestellt, hat sie doch, nach fast übereinstimmendem Wortlaut, «ihren Betrieb unter Wahrung der Interessen der deutschen Volkswirtschaft nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen». Nach dem Gesetz vom 19. März 1930 sind in der Personalordnung unter anderem die Besoldungsverhältnisse der Eeichsbahnbeamten zwar «in Anlehnung» an die für Eeichsbeamte geltenden Vorschriften zu regeln, doch hat in den Fällen, wo nach dem Ermessen der Gesellschaft eine abweichende Ordnung durch die besondern Verhältnisse der Eeichsbahn erforderlich gemacht ist, eine Erörterung ihrer Absichten mit der Beichsregierung stattzufinden. Im Falle der Nichteinigung entscheidet das Eeichsbahngericht. Jegliche Starrheit der Besoldungsregelung ist auf diese Weise ausgeschaltet, und es entscheidet darüber, unter gewissen Kautelen, die für die Finanzgebarung der Bahn in letzter Linie verantwortliche Instanz.

Auch dort hat man, wie wir es auch tun, die Loslösung des Besoldungswesens der Eeichsbahnbeamten von denjenigen der Eeichsbeamten
als Erfordernis einer richtigen Betriebswirtschaft erkannt.

In Italien brachte die königliche Verordnung vom 30. Dezember 1923 Vorschriften über die rechtliche Stellung der Zivilbeamten der Staatsverwaltung.

Die Staatsbahnen waren darin eingeschlossen. Auf dem Wege eines Gesetzes vom 27. Juni 1929 wurde sodann eine wesentliche Verbesserung der Lage der Beamten herbeigeführt; für das Staatsbahnpersonal enthält die Anlage VI zu diesem Gesetz die Gehaltsskalen und die Einreihung in die 15 Besoldungsklassen. Der im Jahre 1931 wiederum durch Gesetz, durchgeführte Abbau betraf auch die Staatsbahnbeamten. Wenn also in Italien auch die Begelung der Besoldungen des Staatsbahnpersonals in die allgemeine Besoldungsregelung der Staatsbeamten einbezogen ist und in Gesetzesform stattfindet, so stellt

284 sich die Lage deswegen anders dar als bei uns, weil in diesem Lande die Gesetze von der Regierung beschlossen werden.

In Frankreich werden im allgemeinen die Besoldungen der Staatsbeamten von der Eegierung festgesetzt, und es bestimmt das Parlament einzig die Mindest- und Höchstbesoldungen (beispielsweise das Finanzgesetz vom 13. Juli 1925). Was die Staatsbahn anbelangt, so richten sich, im Unterschied zu der Ordnung, die für die Besoldungen des Staatspersonals im engeren Sinne sowie des Personals der Post- und Telephonverwaltung gilt, die Besoldungen ihres Personals nach den für alle französischen Bahnen geltenden Normen. Im Direktionsausschuss, dem Comité de Direction des grands réseaux, in dessen Hand die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses bei den französischen Bahnen gelegt ist, ist auch die Staatsbahn vertreten. Im Gegensatz zu den Tarifen bedürfen die Besoldungen des Personals der französischen Bahnen der Genehmigung durch die Eegierung nicht. Das hindert nicht, dass das Comité de Direction sich in seiner Besoldungspolitik jeweilen von den Eichtlinien leiten lässt, die die Eegierung für das Staatspersonal befolgt hat. Auch in Frankreich ist also von einer Starrheit des Besoldungswesens, wie sie bei unsern Bundesbahnen vorliegt, nichts zu finden.

Die Beispiele könnten vermehrt werden. Auch bei den Schwedischen Staatsbahnen z. B. erfolgt die Festsetzung der Besoldungen nicht durch den Eeichstag, sondern durch die Eegierung. Eine derartige Bindung im Besoldungswesen eines Eisenbahnbetriebes wie diejenige, die das Beamtengesetz für die Bundesbahnen schafft, in Verbindung mit der Loslösung dieses Ausgabengebietes von der Beeinflussung durch die für die betreffende Unternehmung verantwortliche Leitung, dürfte in keinem anderen Lande zu finden sein.

Bei der Würdigung der Eechtslage, die für das Bundesbahnpersonal infolge der Loslösung der Ordnung seiner Besoldung vom Bereich des Beamtengesetzes entstehen würde, bleibt zu beachten, dass wir bei dieser Neuordnung lediglich die Aufstellung des Verzeichnisses der Ämter, deren Träger die Eigenschaft von Beamten besitzen, die Einreihung der Ämter sowie die Bestimmungen über die eigentliche Belohnung im Auge haben. Im übrigen soll das Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 in jeder Hinsicht weiter gelten, und es bleiben die Eechte und Pflichten der Beamten,
die Obliegenheiten, die ihnen ihre Tätigkeit auferlegt, sowie auch die Garantien, unter denen sie sich vollzieht, unangetastet. Bei der Beurteilung des Sachverhaltes darf das Personal auch nicht vergessen, dass die Herstellung einer grösseren Elastizität im Besoldungswesen dazu beitragen kann und wird, die Selbsterhaltung des Unternehmens, von der auch wieder die Lohnhöhe abhängen wird, durch Entlastung zu erleichtern und damit die angestrebte dauernde Entschuldung zu sichern.

Die Wiederaufrichtung der Schweizerischen Bundesbahnen und die Stabilisierung des Unternehmens auf einer nach möglicher Voraussicht sicheren Grundlage lässt sich ohne beträchtliche Opfer und Verzichte verschiedenster Art nicht erzielen. Wir sind uns dessen wohl bewusst, dass die hinsichtlich des

285

Besoldungswesens des Personals geplante Neuordnung eine von denjenigen Seiten des Problems ist, die Kritik und Unzufriedenheit auslösen werden.

So bedauerlich dies ist, so wäre es nur eine ungenügende und halbe Lösung, wollte man in diesem Kapitel auf die durchaus gebotene Korrektur verzichten.

Wir könnten die Verantwortung dafür nicht übernehmen. Die Verwaltung der Bundesbahnen erklärt in den Ausführungen zu ihrem Gesetzesentwurfe, sie müsse an der Meinung festhalten, dass eine Sanierung der Bundesbahnen als eines wirtschaftlichen Unternehmens bei der heute bestehenden starren Besoldungsordnung in zweckmässiger und erfolgversprechender Weise nicht möglich ist. Dies ist auch unsere Ansicht. Wir hoffen, dass das Personal, so Schwer es ihm fallen mag, sowie das übrige Schweizervolk sich von der Eichtigkeit dieser Ansicht überzeugen und daraus die nötigen Folgerungen ziehen werden.

E. Die für die Verhütung weiterer Verschuldung der Bundesbahnen und ihre Entlastung vorgesehenen Massnahmen.

Vorbemerkungen.

Eine Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen, die diesen Namen verdient, ist nur denkbar, sofern auf gesetzlichem Wege dafür Vorsorge getroffen wird, dass eine Verschuldung über die bisherige hinaus nicht mehr eintreten kann, und wenn im Zusammenhang damit auch eine einmalige, starke Entlastung des Unternehmens von bisherigen Schulden erfolgt. Der Gesetzesentwurf der Verwaltung hat in diesen beiden Eichtungen eine Eeihe mehr oder weniger einschneidender Massnahmen ins Auge gefasst, die wir im folgenden nacheinander in Kürze betrachten müssen. Erst nachher wird es möglich sein, dem Finanzplan, nach dem die Bundesbahnen in Zukunft zu arbeiten haben werden, näherzutreten.

Die Bestrebungen der Verwaltung, eine weitere Verschuldung des Unternehmens zu verhindern, liegen durchaus im Interesse des Bundesbahnunternehmens, und ihre Verwirklichung wird sicherlich in hohem Grade zu seiner Konsolidierung beitragen. Ein Heilmittel gegen die sich stets noch verschlechternden Betriebsergebnisse bietet allerdings auch sie nicht, aber sie unterstreicht, und zwar auf anderen als den bereits betrachteten Gebieten, die Pflicht und den Willen der Verwaltung, alle Anstrengungen zu machen und alle Zurückhaltung zu üben, die notwendig sind, um die Ausgaben jeder Art auf das unentbehrliche Minimum herabzudrücken. Darum
müssen die betreffenden Vorschläge der Verwaltung unsere volle Zustimmung finden.

In Verbindung mit der Begrenzung der Schuldenlast steht nach dem Vorschlage der Verwaltung eine namhafte E n t s c h u l d u n g des Unternehmens.

Was diese anbelangt, übersieht sie in dem einen Bestreben, die finanzielle Lage der Bundesbahnen nach Möglichkeit zu konsolidieren, einigermassen die Tatsache, dass die Bundesfinanzen gegenwärtig und in Zukunft für andere Aufgaben als die Bundesbahnen in ausserordentlichem Masse einstehen müssen und dass deshalb die Entlastung des Bahnunternehmens, für das als Helfer nur der Bund

286 in Frage kommt, eine bestimmte Grenze nicht übersteigen kann. Da diese bei unveränderter Befolgung der Anträge der Verwaltung zweifellos überschritten würde, muss man suchen, ihr Programm im Sinne einer Verminderung der Inanspruchnahme des Bundes abzuändern, ohne sich dabei zu Einschränkungen verleiten zu lassen, die nur einer Verkennung der wirklichen Lage gleichkommen würden. Die Betriebsergebnisse der Bundesbahnen schwanken übrigens noch derart, und die Struktur des schweizerischen Verkehrswesens befindet sich zurzeit noch in einem solchen Grade der Umwandlung -- beides leider vorderhand noch immer im Sinne der Verschlechterung der Lage der Bundesbahnen und der Eisenbahnen überhaupt --, dass es auf jeden Fall eine heikle Aufgabe bedeutet, jetzt eine Lösung der finanziellen Seite des Bundesbahnproblems zu versuchen, die auf lange Zeit hinaus ausreichen und Bestand haben müsste.

Um so nötiger ist es darum, dass der Bund bei aller sich durch die Umstände aufdrängenden Zurückhaltung gegenüber dem Aufbauprogramm der Verwaltung das Höchstmass an Entgegenkommen zeigt, das mit seinen anderweitigen Verpflichtungen irgendwie vereinbar ist.

Wir werden im folgenden der Reihe nach ausführen, nach welchen Hauptgesichtspunkten die Verwaltung der Bundesbahnen für die finanzielle Sanierung ihres Unternehmens die Hilfe des Bundes beanspruchen möchte und inwieweit wir ihre Vorschläge berücksichtigen zu können glauben.

1. Die Beschränkung der Bauausgaben.

Schon in einem früheren Zusammenhange wurde dargetan, in welcher Weise die Verwaltung der Bundesbahnen sich bemüht hat, in den letzten Jahren die Bauausgaben in wesentlichem Umfange zu kürzen, um das weitere Anwachsen der Schuldenlast des Unternehmens nach Möglichkeit zu verlangsamen. Desgleichen wurde erwähnt, dass auch für die kommenden Jahre ohnehin eine noch stärkere Einschränkung der Bauausgaben geplant war. Diese Haltung ist ohne Nachteile möglich und vertretbar, weil das Bundesbahnnetz jetzt im wesentlichen ausgebaut ist; wenn insbesondere der Bau einiger zweiter Geleise, die Erstellung neuer Sicherungsanlagen und die Erweiterung einiger Bahnhöfe und Stationen noch als nötig oder sehr wünschbar bezeichnet werden müssen, so handelt es sich dabei immerhin um Aufgaben, deren Anhandnahme von der allgemeinen finanziellen Situation des Unternehmens abhängig
gemacht und deren Durchführung je nach Umständen auf eine mehr oder weniger grosse Anzahl von Jahren verteilt werden kann. Der allgemeinen Vorschrift unseres Gesetzesentwurfes, dass die Bundesbahnen ihre Anlagen den Bedürfnissen des Verkehrs und den Fortschritten der Technik im Bahmen der verfügbaren Mittel anzupassen haben, können sie auf diese Weise immer noch Genüge leisten.

Für die Zukunft kann man deshalb zu einer gesetzlichen Stabilisierung der Schuldenlast der Schweizerischen Bundesbahnen auf den heutigen Betrag übergehen. Die Verwaltung schlägt darüber Einzelbestimmungen vor, die unseren Wünschen vollständig entsprechen und die wir deshalb ohne weiteres

287 in unseren Gesetzesentwurf (Art. 21) aufnehmen konnten. Wenn sie nach jenen Vorschlägen etwas verschieden lauteten, weil im Finanzplan der Verwaltung die Stellung des Bundes und der Bundesbahnen zu den Schulden der letzteren anders gedacht war als in unserem Entwurfe, so ist die Tragweite der Texte nach beiden Passungen die gleiche.

Neue bauliche Aufwendungen sollen künftig seitens der Bundesbahnen nur noch in dem Ausmasse erfolgen dürfen, das die Verwaltung herauszuwirtschaften in der Lage ist. Pur Anschaffungen und Bauten stehen ihnen deshalb höchstens die aus den Abschreibungen und Eücklagen gewonnenen Mittel zur Verfügung. Müssen die Schulden für solche Zwecke weiter erhöht werden, so soll dies nur durch einen dem Keferendum unterstellten Bundesbeschluss möglich sein. Dasselbe wäre der Fall bezüglich der Erwerbung weiterer Eisenbahnen, sowie des Baues neuer Linien durch den Bund ; derartige Massnahmen dürfen zudem nur eine dem kommerziellen Wert, den die neue Erwerbung für die Bundesbahnen hat, entsprechende Neubelastung des Unternehmens zur Folge haben.

Auf solche Weise soll erreicht werden, dass für Neu- und Erweiterungsbauten der Bundesbahnen nicht mehr der Anleihensweg beschritten werden muss. Damit ist nicht verstanden, dass Anlagen und Einrichtungen, deren Kosten in dem gezogenen Eahmen nicht unterzubringen waren, unter keinen Umständen mehr zur Ausführung kommen dürfen. Doch darf dies gegebenenfalls nur der Fall sein auf Grund besonderer, mit einem Bundesbeschluss eröffneter Kredite. Da das Volk in Wirklichkeit Schuldner für die Anlagen der Bundesbahnen ist und gegebenenfalls die Folgen solcher neuer Aufwendungen zu tragen berufen sein wird, wird es richtig sein, wenn es zu den neuen Verpflichtungen, die für die Bundesbahnen eingegangen werden wollen, sein Wort mitzureden hat. Das Zustandekommen des hiezu notigen Bundesbeschlusses bringt naturgemäss Umstände und Weiterungen mit sich, die auch von der Verwaltung der Bundesbahnen als Hemmung empfunden werden dürften ; gerade zufolge solcher Erschwernisse wird die Verwaltung dazu geführt werden, einen derartigen Schritt nur dann anzuregen, wenn es sich um eine unzweifelhaft notwendige Massnahme handelt.

Auch der umgekehrte Fall ist denkbar, nämlich dass die Bundesbahnen keine Bedürfnisse für Neubauten geltend zu machen haben, deren
Umfang die durch Abschreibungen und Eücklagen gewonnenen Mittel überschreitet.

Dann steht ihnen der nicht verbrauchte Teil als Eeserve zur Verfügung, die im Bedarfsfall später in Anspruch genommen werden kann.

Eine solche gesetzliche Beschränkung der Bauaufwendungen, die, wie aus früheren Ausführungen hervorgeht, bei den Bundesbahnen im Vergleich zu denjenigen anderer Netze aus besonderen Gründen eine sehr grosse Höhe erreicht haben, ist eine wesentliche Voraussetzung für jede finanzielle Wiederaufrichtung des Unternehmens.

288 2. Die Verstärkung der Abschreibungen.

Frühere Ausführungen haben gezeigt, dass sowohl die Bemessung der Tilgungen wie der Abschreibungen eine durchaus unzureichende war und dass aus diesem Grunde Gegenwart und Zukunft für entsprechende Lasten aufzukommen haben, die von Rechts wegen die Vergangenheit hatte tragen müssen. Nach der durch das neue Gesetz herbeizuführenden Stabilisierung der Schuldenlast ist es deshalb unumgänglich, dass die Abschreibungen auf einen neuen Boden gestellt und verstärkt werden. Darum schreibt unser Gesetzesentwurf, wie es die Bundesbahn Verwaltung beantragt hatte, in Art. 20 vor, dass die Bundesbahnen an ihrem Anlage- und Betriebsvermögen die erforderlichen und den Umständen angemessenen Abschreibungen gemäss einem vom Bundesrat zu genehmigenden Eeglement vorzunehmen haben.

Damit soll Vorsorge getroffen werden für die ungeschmälerte Erhaltung des Vermögens der Unternehmung. Abschreibungen und Vermögensverlust sollten sich decken, und zwar bestimmen sich Gesamtzeitraum und Höhe der Abschreibungen nach Benutzungsdauer und Kosten der Anlagen, Einrichtungen und Betriebsmittel.

Wie wir bereits dargetan haben, bestanden die bisherigen rechnungsmässigen Belastungen einerseits aus der viel zu schwachen sogenannten gesetzlichen Tilgung des Anlagekapitals. Ferner wurden für die einer wesentlichen regelmässigen Abnützung unterliegenden Anlagen und Einrichtungen Einlagen in den Erneuerungsfonds geleistet, die jedoch, wie die Erfahrungen lehrten, den Fehler hatten, dass sie ungenügend bemessen waren und sich nicht auf alle streng genommen dafür in Betracht kommenden Anlageteile erstreckten.

Für die Zukunft schlägt nun die Verwaltung der Bundesbahnen vor, das Abschreibungswesen auf eine neue Grundlage zu stellen. Sie will alles, was rechnungsmässig vorgekehrt werden muss, um das von den Bundesbahnen verwaltete Bundesverrnògen in seinem Werte zu erhalten, als Abschreibung bezeichnet wissen. Zugleich soll, da aus den bisherigen Rechnungen der Bundesbahnen das, was darin als Abschreibung anzusehen war, als solche nicht immer in klarer und einwandfreier Weise hervorging, für die Zukunft auf eine einfache und einheitliche Durchführung der Abschreibungen Bedacht genommen werden.

In diesem Sinne hat die Verwaltung über die wünschbare Ordnung der letzteren eingehende Untersuchungen
und Berechnungen angestellt, die in den Einzelheiten wiederzugeben zu weit führen würde. Sie will, auf Grund der Nachprüfung der Verhältnisse im einzelnen, einerseits die Abschreibungssätze den tatsächlichen Bedürfnissen anpassen, zumeist im Sinne der Erhöhung, anderseits die Abschreibungen auf bisher nicht erfasste Anlageteile ausdehnen, bezüglich welcher ihrer Meinung nach eine solche ebenfalls erforderlich ist. Diesen Absichten ist durchaus beizupflichten, und sie werden in dem zu erlassenden Reglement über die Abschreibungen zu verwirklichen sein.

Nach dem Voranschlag der Bundesbahnen für das Jahr 1986 waren auf Grund der bis anhin geltenden Vorschriften Belastungen in der Gewinn-

289 und Verlustrechnung und in den Eechnungen der Nebenbetriebe im Betrage von im ganzen Fr. 81.306,600 vorgesehen. Sie verteilen sich auf die Einlagen in den Erneuerungsfonds, die jeweils den Hauptteil ausmachen, und auf die gesetzliche Tilgung. Nach den neuen Vorschlägen der Verwaltung sollen einer Abschreibung unterworfen werden Anlagen und Einrichtungen im "Wert (auf Ende 1935) von Fr. 1,980,874,509. Hierauf sollten unter normalen Verhältnissen auf Grund der für jeden einzelnen Posten geschätzten, vorsorglich bemessenen Ansätze Fr. 53,885,086 im Jahre abgeschrieben werden. Die bisherigen und die von der Verwaltung geplanten neuen Abschreibungen stellen sich im Vergleich zueinander wie folgt :

Betrieb

A . Bahnbetrieb . . . .

B. Nebenbetriebe: I. Materialverwaltuns. . .

II. Werkstätten . .

III. Kraftwerke. . .

IV. Schiffsbetrieb. .

V. Werfte. .

. .

Zusammen

Der Abschreibung zu unterwerfende Werte Fr.

Künftige Abschreibungen

Belastungen nach Voranschlag 1936

Fr.

Fr.

46,710,572

26,883,300

549,657

12,079 1,245,466 5,316,241 81,031 19,697

15,500 644,200 3,658,200 91,200 14,200

1,980,874,509

53,385,086

31,306,600

1,702,294,319

522 913 36,354,623 237,656,245 3,496,752

Der Mehrbetrag an Abschreibungen, den die künftigen Bundesbahnrechnungen gegenüber den bisherigen aufweisen müssten, würde sich danach auf rund 22 Millionen Franken belaufen, nachdem im übrigen die Bilanz von allen Non-valeurs, die die jetzige aufweist, entlastet wäre. Auf die nach den neuen Absichten einer Abschreibung zu unterwerfenden Werte bezogen, machen die von der Verwaltung geplanten jährlichen Abschreibungen 2,69 % aus, während sie bisher 1,58 % betrugen. Die künftigen Abschreibungen würden rund 2% des gesamten Anlagevermögens gleichkommen. Die Verzinsung des dem Anlagevermögen entsprechenden Kapitals wurde nach den Annahmen der Verwaltung dem Bahnunternehmen weiterhin obliegen.

Es wäre sehr erwünscht, wenn die Finanzlage des Bundes es erlauben würde, den neuen Finanzplan der Bundesbahnen so zu gestalten, dass sie sofort nach Durchführung der Sanierung in den Stand gesetzt wären, die Abschreibungen in der von ihnen geplanten Höhe durchzuführen, die betreffende Begel also mühelos befolgen könnten. Es ist unbedingt richtig, das von der Verwaltung vorgeschlagene Ausmass der Abschreibungen als Norm zu betrachten, die sie

290 unter normalen finanziellen Verhältnissen einzuhalten haben wird. Da indessen der Finanzplan für die Wiederaufrichtung des Unternehmens auf den ungünstigen Betriebsergebnissen der Krisenzeit basiert und die heute dem Bund für die Bundesbahnen zur Verfügung stehenden Mittel nicht unerschöpflich sind, reichen diese, auch beim besten Willen, für die Bundesbahnen das Äusserste zu tun, nicht dazu hin, um im Finanzplan selbst die Abschreibungen in dem neu vorgesehenen, normalen Ausmasse vorzusehen. Die Bestreitung der Abschreibungen nach der Norm oder darüber wird erst möglich sein, wenn die Gewinnund Verlustrechnung sich im Vergleich zu der entsprechenden Annahme im Pinanzplan gebessert haben wird. In diesem selbst können wir jedoch -- die Verhältnisse zwingen uns dazu -- nur mit einem beschränkten Betrag von Abschreibungen rechnen, nämlich mit rund 41 Millionen Franken, anstatt der von der Verwaltung ins Auge gefassten 53 Millionen. So bedauerlich dies ist, so werden die alsdann durchgeführten Abschreibungen immerhin um rund 10 Millionen höher stehen als im Jahr 1936. Eine stärkere, die künftige Norm erreichende oder ihr angenäherte Belastung des Finanzplanes mit Abschreibungen ist mit Bücksicht auf die derzeitige Finanzlage des Bundes leider nicht möglich : wie wir später noch nachweisen werden, ergibt sich auch bei dieser Einschränkung aus der Neufinanzierung der Bundesbahnen für den Bund ein noch zu deckender Betrag von ansehnlicher Höhe.

Diese vorläufige Beschränkung der Abschreibungen, der Norm gegenüber, in unserem Finanzplan hat selbstverständlich zur Voraussetzung, dass sobald wie möglich das Fehlende aus den Erträgnissen des Unternehmens, wenn sie sich wieder bessern werden, nachgeholt, die Norm also als Mittel der Abschreibungen auf eine längere Dauer betrachtet wird. Denn es wäre ebenso unvorsichtig wie unverantwortlich, die Abschreibungen auf die Länge so gering zu gestalten, dass sie sich in der Zukunft ein weiteres Mal als unzureichend erweisen sollten. Die Nachwelt, die die unter Umständen bedenklichen Folgen eines solchen Vorgehens zu spüren hätte, würde dann der Gegenwart mit Eecht den Vorwurf machen, sie habe aus ihren eigenen Erfahrungen aus der Vergangenheit nichts gelernt. Als Eichtschnur für die Zukunft muss stets gelten, die Abschreibungen möglichst reichlich zu bemessen,
als beste Gewähr dafür, dass später nicht noch einmal saniert werden muss.

3. Die Sicherung gegen spätere Rückschläge.

In früheren Ausführungen haben wir hervorgehoben, dass die heutigen Defizite der Gewinn- und Verlustrechnung der Schweizerischen Bundesbahnen ihre Ursache zum Teil darin finden, dass die Eückschläge, die sich aus der Geschäftsführung einer ganzen Anzahl früherer Jahre ergaben, jeweils angehäuft wurden, durch Anleihen gedeckt und in den folgenden Jahren wieder verzinst werden mussten, anstatt dass man sie durch geeignete Massnahmen hätte sofort verschwinden lassen. Für die Zukunft muss man derartige chronische Belastungen der Bundesbahnrechnung nach Möglichkeit ausschliessen.

291 Um für diesen Zweck so gut wie möglich vorzusorgen, beantragt die Verwaltung, dass aus den jeweiligen Jahreserträgnisäen, nach Vornahme der vorschriftsmässigen Abschreibungen und nach der Schuldenverzinsung, ein Ausgleichsfonds für die Deckung von Fehlbetragen in Jahren mit ungenügenden Betriebsergebnissen gespeist würde, nach besonderen, hierüber vom Bundesrat zu erlassenden Vorschriften. Es liegt tatsächlich im Interesse der Bundesbahnen und des Bundes, dass ein derartiger Ausgleichsfonds möglichst rasch gebildet werden kann; die mit dem Eückkaufsgesetz in dieser Bichtung gemachten Erfahrungen sind nicht misszuverstehen. Wir halten es deshalb, selbst unter Berücksichtigung der Zurückhaltung, welche die allgemeine finanzielle Lage des Bundes ihm in seinen Leistungen zugunsten der Wiederaufrichtung der Bundesbahnen auferlegt, für unentbehrlich, beim finanziellen Neuaufbau des Unternehmens dafür zu sorgen, dass für die Speisung eines solchen Fonds von Anfang an noch etwas verfügbar'bleibt. Auch die vorübergehende Bemessung der Abschreibungen unter der dafür angenommenen Norm darf dieser Massnahme nicht im Wege stehen. Mit der Verwaltung der Bundesbahnen haben wir daher bei der Bestimmung des Finanzbedarfs mit einer Einlage von 3 Millionen Franken im Jahr in einen Ausgleichsfonds gerechnet.

Einen wirksamen Damm gegen die Entstehung späterer Rückschläge erblicken wir übrigens auch in Art. 22 des Gesetzesentwurfes. Im Einklang mit der Bundesbahnverwaltung haben wir darin vorgesehen, dass über die Deckung von Fehlbeträgen die Bundesversammlung bei Genehmigung der Jahresrechnung entscheidet. Sie wird es somit in der Hand haben, dafür zu sorgen, dass auf keinen Fall mehr wieder eine Anhäufung der Defizite entstehe wie die gegenwärtige.

4. Die Verbesserung des grundlegenden finanziellen Aufbaues des ITnternenrnens.

Wir haben in früheren Ausführungen gezeigt, wie nachteilig für die Bundesbahnen der Fehler gewesen ist, der darin bestand, dass man sie von Anfang an nur mit fremdem Kapital finanzierte, statt ihnen durch die Ausrüstung mit eigenen Mitteln eine grössere finanzielle Elastizität zu verleihen. Auch dieser Fehler soll im kommenden Gesetze beseitigt werden. Die Verwaltung schlägt die Umwandlung eines Teils der Schuld -- 500 Millionen Franken ·-- in ein Dotationskapital vor, das nur verzinst
würde, wenn das Ergebnis des Betriebes es gestattet. Der Höchstsatz der Verzinsung dieses Kapitals würde sich auf 8% % belaufen. Es hat überdies nach dem Vorschlag der Verwaltung die Meinung, dass, wenn die Erträgnisse des Unternehmens während drei aufeinanderfolgender Jahre eine Verzinsung des Dotationskapitals mit 2 % oder mehr erlauben sollten, Tarifsenkungen oder andere Verkehrserleichterungen durchzuführen wären.

Im Grundsatz ist die Schaffung eines solchen Dotationskapitals ohne Zweifel richtig, und wir stimmen dem bezüglichen Vorschlag zu. Es spielt die

292 Eolle des Aktienkapitals in einer Aktiengesellschaft und füllt für das Bundesbahnunternehmen die Lücke aus, die von Anfang an in dessen finanziellem Aufbau bestanden hat. Das Vorhandensein eines derartigen Kapitals wird gestatten, in den schlechten Betriebsjahren die Verzinsung der entsprechenden Summe einzuschränken oder ganz zu unterlassen, ohne dass das Bahnunternehmen deswegen einen entsprechenden Verlust ausweisen muss.

Hinsichtlich der Höhe dieses Dotationskapitals sind wir gezwungen, von dem Antrage der Verwaltung abzuweichen und vorzuschlagen, es auf 700 Millionen Franken zu bemessen. Diese Erhöhung ist nicht für sich allein zu beurteilen, sondern nur im Zusammenhang mit der Bemessung der endgültigen Kapitalentlastung, die der Bund nach unsern Intentionen gewähren soll, zum Zwecke entsprechender Abstriche an den Aktiven der Bilanz. Wie wir unten ausführen werden, können wir in letzterer Hinsicht nicht so weit gehen, wie es die Verwaltung gewünscht hat, müssen also einen Teil des von ihr geltend gemachten Bedarfes, den sie auf diesem Wege decken will, unberücksichtigt lassen.

Anderseits sind aber auch die Zahlen der Gewinn- und Verlustrechnung, von denen wir bei der Aufstellung des Finanzplanes für die Eekonstruktion der Bundesbahnen ausgehen müssen, noch ungünstiger geworden, als es die Verwaltung im letzten Frühjahr annehmen konnte ·--· wir werden dies noch begründen --, so dass auch in dieser Hinsicht gegenüber den Aufstellungen der Verwaltung ein Fehlbetrag im Finanzplan entstanden ist. Angesichts dieses doppelten Ausfalles konnte man sich nicht darauf beschränken, die zu bestreitenden Abschreibungen vorderhand zu ermässigen und den Anteil, den man im Eekonstruktionsplane den Sparmassnahmen der Verwaltung zuweisen kann, zu erhöhen. Der Finanzplan wäre in diesem Falle allzu gespannt geblieben und hätte nicht genügen können. Wir waren vielmehr gezwungen, auch jenen Teil der Beteiligung des Bundes an der Sanierung der Bundesbahnen zu erhöhen, den wir in deren Bilanz als Dotationskapital sichtbar ausgewiesen behalten wollen, der zwar vorläufig keine Erträgnisse verspricht, von dem wir aber eine gewisse Ertragsfähigkeit in einer Zukunft erhoffen, in der für die Bundesbahnen ausgesprochen bessere Zeiten wiedergekehrt sein werden.

Mit der Erhöhung des Dotationskapitals auf 700 Millionen
Franken verfolgen wir auch den Zweck, die Gefahr herabzumindern, dass unter unglücklichen Umstanden die Bundesversammlung nach wenigen Jahren neuerdings mit einer Sanierungsvorlage für die Bundesbahnen befasst werden muss. Sowenig man ihn herbeiwünscht, ist immerhin der Fall denkbar, dass künftige Erfahrungen die geplante Entlastung der Bundesbahnen unzureichend erscheinen lassen. Das braucht durchaus nicht mit Handlungen oder Unterlassungen der Organe der Verwaltung zusammenzuhängen -- es können Ereignisse eintreten, denen gegenüber diese durchaus machtlos sind. Es lag darum eine Zeitlang der Gedanke zur Erörterung, ob man nicht im neuen Gesetze die Bundesversammlung ermächtigen solle, die vom Bunde den Bundesbahnen zu gewährende Entlastung zu erhöhen, falls es sich später zeigen sollte, dass die gegenwärtig beabsichtigte Entlastung den tatsächlichen Bedürfnissen nicht

293 gerecht wird. Auch wenn dabei verstanden gewesen wäre, dass man eine solche Erhöhung nur im äussersten Notfalle und nach gewissenhaftester Prüfung aller andern in Betracht kommenden Möglichkeiten vorgeschlagen hätte, so glaubten wir, das Mögliche tun zu müssen, um auf die Öffnung eines solchen Ausweges im Gesetze verzichten zu können. Denn er ist an sich nicht sympathisch, und jedermann empfindet den berechtigten Wunsch hinsichtlich der Eeorganisation der Bundesbahnen, jetzt wenn immer möglich ganze Arbeit zu leisten. Die Erhöhung des Dotationskapitals erleichtert es uns, diesem Wunsche Rechnung zu tragen. Würde sie nicht belieben, so würde man um einen vorsorglichen Vorbehalt der erwähnten Art leider wohl nicht herumkommen.

Während, was die Zinspflicht für das Dotationskapital anbetrifft, die Verwaltung dieselbe, wie vorhin erwähnt, in eine Beziehung zu anderen Obliegenheiten des Unternehmens gebracht wissen wollte, haben wir einfach die Verzinsung des Dotationskapitals mit höchstens 3% % stipuliert. Seine Stellung im finanziellen Aufbau des Unternehmens wird auf diese Weise konsequenter gewahrt. Freilich wird nach der heute möglichen Beurteilung diese Änderung die tatsächlichen Ertragsaussichten für das Dotationskapital in den nächsten Jahren nicht beeinflussen, da vorher begründete Erwartungen auf eine minimale Verzinsung desselben vorhanden sein müssten, die zurzeit nicht vorliegen.

Die Fähigkeit der Bundesbahnen zu den Tarifanpassungen, deren Durchführung die Verwaltung in einen Zusammenhang mit der Verzinsung des Dotationskapitals gebracht hat. wird vorderhand tatsächlich die gleiche bleiben, ob die Bestimmung so oder anders laute. Soweit Tarifanpassungen jeweils durch die Konkurrenz anderer Verkehrswege bedingt sind, können sie als eine Massnahme zur Selbsterhaltung der Bahnen sowieso nicht umgangen werden und müssen von Fall zu Fall ihre Verwirklichung finden. Die Möglichkeit anderer derartiger Anpassungen von allgemeinerer Tragweite hängt dagegen in erster Linie von Umständen ab, die ausserhalb der Finanzwirtschaft der Bundesbahnen liegen, namentlich vom Eintritt einer Neubelebung des Verkehrs und von einer für die Eisenbahnen genügenden Lösung des Problems Schiene/Strasse.

5. Die Beschränkung der Schuldenlast.

Die eingehende Analyse der heutigen Lage der Bundesbahnen hat zum
Schluss geführt, dass, wie es auch die chronisch gewordenen Defizite der Gewinnund Verlustrechnungen der letzten Jahre bestätigen, im Laufe der Zeit eine dauernde Entwertung des Bundesbahnunternehmens eingetreten ist, der die gegenwärtige buchmässige Höhe des Anlagevermögens und die vorhandene Schuldenlast nicht mehr entsprechen. Da somit das Obligationenkapital der Bundesbahnen nicht mehr im richtigen Verhältnis zu ihrem innern Werte steht, muss man von einer Eeorganisation, die ihrem Zwecke genügen soll, auch verlangen, dass das Unternehmen von dem Übermass der gegenwärtigen Schulden entlastet werde. Dies ist auch die Ansicht der Verwaltung der BundesBundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

20

294 bahnen, und es ist darüber kaum eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit denkbar.

Schwieriger ist die Ausführung des Gedankens.

Die Verwaltung beantragt, die Schuldenlast des Unternehmens dadurch zu begrenzen, dass der Bund vom Inkrafttreten des Gesetzes an unmittelbar (mit geringen Ausnahmen) die Verzinsung und Bückzahlung aller für die Bundesbahnen oder von ihnen eingegangenen festen und schwebenden Schulden übernimmt, wogegen das Unternehmen ihm gegenüber Schuldner eines Zinses von 2 Milliarden Franken zu 3% %, also eines festen Betrages von 70 Millionen Franken jährlich werden würde. In der Meinung, diese den Bundesbahnen verbleibende Belastung werde, soweit sich die Umstände voraussehen lassen, für sie tragbar sein, wird erwartet, dass sich bei ihnen nach einer solchen Erleichterung Defizite aus dem Grund des Vorhandenseins einer Überlast von Schulden nicht mehr sollten neu bilden oder anhäufen können. In diesem Sinne ist der Finanzplan der Verwaltung aufgestellt. Soweit die gegenwärtige Obligationenlast die erwähnte feste Summe von 2 Milliarden Franken übersteigt, müsste sie danach durch den Bund amortisiert werden.

Bei allem schon mehrfach betonten Willen, für die Bundesbahnen alles zu tun, was dem Bundesfiskus unter den heutigen schwierigen Verhältnissen möglich ist, konnten wir diesem Plan nicht zustimmen, weil er, im Verein mit den andern aus den Vorschlägen der Verwaltung sich ergebenden Belastungen der Bundeskasse, der Eidgenossenschaft eine zu grosse Last aufgebürdet hätte.

So waren wir genötigt, die durch den Bund den Bundesbahnen im Schuldendienste zu gewährende Erleichterung auf einen geringeren Betrag zu bemessen, als die Verwaltung es gewünscht hatte. Davon abgesehen, möchten wir auch grundsätzlich die Bundesbahnschulden anders behandelt wissen, als es die Verwaltung vorschlägt. Wir halten es für richtig, dass die für die Bundesbahnen seitens des Bundes bisher aufgenommenen und später aufzunehmenden Anleihen wie bisher ausgesprochene Bundesbahnanleihen bleiben und sich von den übrigen eidgenössischen Anleihen nach wie vor äusserlich unterscheiden sollen.

An der rechtlichen Natur der BundesbahnanleiLen, für die, wie für die andern eidgenössischen Anleihen, letzten Endes der Bund einzustehen hat, soll sich gleichfalls im Verhältnis zu heute nichts ändern. An dieser
Verselbständigung der Bundesbahnanleihen und ihrer Ausscheidung von den übrigen Bundesanleihen möchten wir deshalb festhalten, weil damit der Natur des Unternehmens als einer selbständigen eidgenössischen Verwaltung besser entsprochen wird.

Damit wird auch die jeweilige Prüfung und Beurteilung der Lage des Unternehmens erleichtert, ganz abgesehen davon, dass das Verantwortungsgefühl und der Sparsinn seiner Organe gestärkt werden, wenn sie sich stets vor die Verpflichtung gestellt fühlen, für die Verzinsung eigener Bundesbahnanleihen aufzukommen, die ausschliesslich das Unternehmen berührt. Geht man von diesem prinzipiellen Standpunkt aus, so ist zu bestimmen, welcher Betrag der heutigen Bundesbahnanleihen unverändert Bundesbahnanleihen bleiben soll und von welchem Betrag heutiger Bundesbahnanleihen der Bund

295

das Unternehmen entlasten kann durch Übernahme derselben auf seine eigene Rechnung. In letzterer Hinsicht ' stellen wir uns vor, dass einerseits der Bund die Bundesbahnen von einem Anleihensbetrag von 700 Millionen Franken entlasten würde, der, wie oben bemerkt, als Dotationskapital in der Bilanz des Unternehmens stehen zu bleiben hätte. Ferner beabsichtigen wir, durch eine weitere Schuldenübernahme das Unternehmen instand zu stellen, aus den Aktiven seiner Bilanz Non-Valeurs zu tilgen, die mit ihrem Wert auf 31. Dezember 1935 wie folgt angegeben werden: Überschuss des Eückkaufspreises über die Anlagekosten . Fr. 113,900,000 Noch nicht getilgte Emissions- und Konversionskosten auf Anleihen » 47,800,000 Kriegsdefizite » 164,700,000 Passivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung » 183,800,000 Zusammen Fr. 510,200,000 Dabei ist verstanden, dass die Passivsaldi der Gewinn- und Verlustrechnungen der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vergehenden Jahre dem Unternehmen vom Bund ebenfalls abgenommen -würden. Mangels anderer Einkünfte müsste es sonst auf dem Wege neuer Schulden dafür Deckung suchen. Eechnet man mit dem baldmöglichsten für das Inkrafttreten des Gesetzes in Betracht kommenden Zeitpunkt, nämlich dem 1. Januar 1938, so fallen dafür die Passivsaldi der Jahre 1936 und 1937 in Betracht, die sich zusammen auf 140--150 Millionen belaufen könnten. Tritt das Gesetz erst später in Kraft, so würde sich diese Summe noch erhöhen. Dieser Belastung des Bundes stehen indessen, was wohl zu beachten ist, die im II.Finanzprogramni vorgesehene Einlage in den Eisenbahnfonds und die seit dem Jahre 1935 für die Sanierung der Bundesbahnen gemachten Bücklagen gegenüber.

Gegenüber der Absicht, die feste und dauernde Entlastung der Bundesbahnen nur im Betrag der oben auf Fr. 510,200,000 angegebenen Non-Valeurs, zuzüglich der Fehlbeträge der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vergehenden Jahre, zu suchen, könnte man einwenden, sie trage der wirklichen Entwertung des Netzes, wie diese sich im Laufe der Zeit entwickelt hat, nur ungenügend Eechnung, und diese Entwertung gelte es gerade auf dem Wege einer dauernden Entlastung auszugleichen. Hiezu wäre zu bemerken, dass, sowenig bestritten werden kann, dass eine Entwertung der Bundesbahnen in einem gewissen Umfange eingetreten ist, ihr Grad sich auch nur annähernd unmöglich
feststellen lässt. Massgebend dafür sind die Grosse des Verkehrs und der Umfang der Erholungsmöglichkeit des Unternehmens. Man weiss nicht, ob der gegenwärtige Verkehr der Bundesbahnen das Minimum darstellt, mit dem man auf die Dauer rechnen kann, oder ob er sich noch weiter vermindern wird. Und hinsichtlich der Erholungsmöglichkeit der Bundesbahnen weiss man heute so wenig wie bezüglich derjenigen irgendeines andern grossen Eisenbahnnetzes.

Man glaubt nur zur bestimmten Hoffnung und Erwartung berechtigt zu sein,

296 dass der Verkehr sich aus seiner heutigen Lethargie wieder auf ein gewisses Niveau heben wird. Wann dies aber eintreten wird und wie weit es reichen könnte, das zu beurteilen fehlen jegliche Anhaltspunkte. Deshalb empfiehlt es sich um so mehr, im Bekonstruktionsplane ein nicht zu gering bemessenes Dotationskapital vorzusehen; solange es dem Unternehmen schlecht geht, so wirkt das Dotationskapital zu seinen Gunsten genau gleich wie seine völlige Entlastung von der betreffenden Schuldensumme; geht es dem Unternehmen aber wieder besser, so erweist es sich für den Geldgeber als eine produktive Anlage. Diese Lösung bewahrt den Bund vor der Gefahr, unter dem Eindruck der gegenwärtigen Not für die Bundesbahnen, deren Entwertung er nicht abschätzen kann, ein grösseres Opfer zu bringen, als im Hinblick auf ihre Ertragsmöglichkeit unbedingt nötig ist. Die feste Entlastung der Bundesbahnen an Schulden würde auf diese Weise, auf Ende 1937 geschätzt, rund 650 Millionen Franken betragen. Dazu käme die Entlastung um 700 Millionen auf dem Wege der Umwandlung derselben in Dotationskapital. Verbunden mit den übrigen Leistungen des Bundes zugunsten der Bundesbahnen, die ihm infolge der Mitwirkung an der Sanierung der Pensions- und Hilfskasse aufgebürdet werden, entsteht auf diese Weise das Maximum der Belastung, die wir ihm zugunsten seiner Staatsbahn zumuten zu dürfen glauben.

Zwischen den Auswirkungen der von uns geplanten Entlastung der Bundesbahnen und derjenigen, welche die Verwaltung vorschlägt, einerseits auf den Bund, anderseits auf deren künftigen Finanzhaushalt, ergeben sich nicht unerhebliche Unterschiede. Die folgenden Ausführungen sollen zeigen, worin sie bestehen und welche Last dem Unternehmen aus eigenen Kräften zu tragen übrig bleiben wird.

6. Die Sanierung der Pensions- und Hilfskasse.

Wir haben in einem früheren Zusammenhang in grossen Strichen die Lage der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen Bundesbahnen dargestellt und darauf hingewiesen, dass zu einem finanziellen Neuaufbau des Unternehmens unbedingt auch die Sairerung dieser Kasse gehört, so schwerwiegend die Bedeutung dieser zusatzlichen Aufgabe angesichts des sehr erheblichen Fehlbetrages der Kasse auch sein mag.

Wie bei jener Gelegenheit festgestellt wurde, ist, auf Ende des Jahres 1935 berechnet, der von der Verwaltung auf
Grund des Kapitaldeckungsverfahrens ermittelte Fehlbetrag am Deckungskapital der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen auf 377,! Millionen Franken angestiegen. Darin ist berücksichtigt, dass auf Grund des Art. 29 des zweiten Finanzprogramms die Kasse dadurch entlastet worden ist, dass man die vom 1. Januar 1936 bis 31. Dezember 1937 fällig werdenden Kassenleistungen um durchschnittlich 5 % herabsetzte, was für die beiden Jahre zusammen einer Minderausgabe an Pensionen von rund 5 Millionen Franken gleichkommt. Diese Summe von 377,! Millionen beruht, wie auch schon angedeutet wurde, auf zu günstigen Voraussetzungen, indem der angenommene Kapitalisierungszinsfuss von 5 %

297

für eine Kasse, die sich jeweils auf sehr lange Fristen hinaus verpflichtet, zu hoch erscheint. Auch bisher blieh der Ertrag der Anlagen der Kasse unter 5 % ; die allgemeine Eechnung der Bundesbahnen musste ihr beispielsweise im Jahre 1935 einen Betrag von 2,630.203 Franken gutschreiben, um die Garantie eines 5 %igen Ertrages ihrer Wertbestände zu erfüllen. Wurde man mit der durch das zweite Finanzprogramm verwirklichten Herabsetzung der Eenten auch für die Zukunft rechnen können, so wäre eine Verminderung des erforderlichen Deckungskapitals der Kasse um rund 50 Millionen Franken die Folge.

Die ausserordentliche Wichtigkeit des Pensionskassenproblems für die Sanierung der Schweizerischen Bundesbahnen und die nach den Anträgen der Verwaltung aus dieser hervorgehende Beanspruchung des Bundes hat unser Post- und Eisenbahndepartement veranlasst. diesen ganzen Fragenkomplex begutachten zu lassen. Es erschien notwendig, den Aufbau und die WirtSchaft der Kasse einer kritischen Dtirchleuchtung zu unterziehen, um beurteilen zu können, wie sich die künftigen Anforderungen an die Kasse stellen werden, wie sie diesen wird standhalten können und wie gross die Hilfe sein muss, die ihr von aussen gebracht wird. Mit der Erstattung des Gutachtens wurden drei Versicherungsspezialisten, die Herren alt Direktor Schaertlin in Zürich, alt Nationalrat de Gerenville in Lausanne und Professor Dumas in Bern betraut.

Wir werden, soweit erforderlich, im Verlaufe der folgenden Ausführungen auf die Ergebnisse des Gutachtens zurückkommen.

Die Experten haben gleichzeitig auch die Versicherungbkasse für die eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter untersucht, da ihre Bilanz die gleiche Entwicklung zeigt, wie diejenige der Pensionskasse der Bundesbahnen, und jene Kasse auf ähnlichen Grundsätzen aufgebaut ist. Aus den gleichen Gründen, wie sie bei der Kasse der Bundesbahnen vorliegen, ist auch eine Sanierung der Versicherungskasse des Bundes notwendig.

Die Verwaltimg der Bundesbahnen vertrat die Ansicht, es sollte im Zusammenhang mit der Sanierung des Unternehmens, zu der auch diejenige der Pensionskasse gehört, auch diese Sanierung erfolgen, und zwar gleichzeitig und im gleichen Gesetz, und sie stellte darüber bestimmte Anträge, die wir im folgenden kurz erwähnen werden. Unser Post- und Eisenbahndepartement beantragte,
diesem Vorgehen grundsätzlich zuzustimmen, wenn auch mit einigen die Ausführung betreffenden Abänderungen. Wir fanden dagegen, es sei zweckentsprechender, wenn das vorliegende, die Bundesbahnsanierung betreffende Gesetz hinsichtlich des Problems der Pensionskasse nur das Notwendigste berühre, soweit es nämlich für die künftige Finanzgebarung der Bundesbahnen von Interesse ist, dagegen das Weitere besonderen Massnahmen des Bundes vorbehalte, die dann zu treffen sein werden, wenn er auch die Sanierung seiner Versicherungskasse durchführen wird. Da wir Ihnen jedoch in Art. 23 unseres Gesetzentwurfes eine in diesem Sinne abgeänderte Bestimmung vorschlagen, müssen darüber im gegenwärtigen Zusammenhang einige nähere Erläuterungen gegeben werden.

298 Es ist schon etwa die Frage aufgeworfen worden, ob man nicht das Kapitaldeckungsverfahren, auf dem die Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen aufgebaut ist, aufgeben und zum Umlageverfahren übergehen solle. Die Verwaltung rät entschieden davon ab. Auch die Experten sind dieser Meinung.

Sie weisen darauf hin, dass die aus dem Umlageverfahren mit der Zeit erwachsende Belastung der einzelnen Jahresrechnungen unerträglich gross zu werden pflegt. Die von den Bundesbahnen gemachten Erfahrungen gehen nach der gleichen Eichtung: Zwar sind im Jahre 1934 noch rund 7 Millionen Franken mehr in die Kasse eingelegt worden, als zur Deckung ihrer Ausgaben nötig war, aber dieser Überschuss nimmt rasch ab, und schon in wenig Jahren würde das Umlageverfahren anstatt eine Entlastung der Betriebsrechnung gegenüber heute eine beträchtliche Mehrbelastung derselben zur Folge haben. Mit Eecht machen die Experten sodann darauf aufmerksam, dass die sich aus den Pensionen und Beriten ergebende Belastung das Unternehmen logischerweise in denjenigen Jahren treffen muss, in denen der Bedienstete gearbeitet hat und nicht in den unter Umständen viel späteren Jahren, wo jene Pensionen und Eenten zur Zahlung fällig werden. Gerade in letzterem Sinn wirkt sich aber das Umlageverfahren aus, und zwar werden dabei seine Folgen in starkem Grade von Zufälligkeiten beeinflusst und können sich deshalb in erheblichen, durchaus unerwünschten Schwankungen in der Belastung der einzelnen Jahre äussern. Das Deckungsverfahren stellt für die Kasse zweifellos die sicherere Grundlage dar. Wir halten es mit den Experten für angezeigt, auf die Einführung des Umlageverfahrens zu verzichten und für die Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen das Kapitaldeckungsverfahren beizubehalten.

Unter dieser Voraussetzung war es von Interesse, zu wissen, ob das oben erwähnte, von der Verwaltung auf Ende 1935 ermittelte Kassendefizit von 377;1 Millionen Franken dasjenige ist, das für die Zukunft als massgebend und grundlegend zu betrachten oder ob der Betrag nach irgendwelchen Eichtungen zu ändern ist. In dieser Beziehung ergibt sich nun, dass aus zwei Gründen eine neue Berechnung des Defizites notwendig wird.

a. Es hat sich bestätigt, dass, wie es auch die Bundesbahnverwaltung festgestellt hat, der bisherige Kapitalisierungszinsfuss von 5% zu hoch ist.
Der Übergang vom seinerzeitigen Zinsfuss von 3%% zu letzterem bedeutete eine Selbsttäuschung und damit einen Fehler, der berichtigt werden muss. Die Verwaltung schlägt als neuen Zinsfuss 4% vor, indem man, nach dem Durchschnitt vieler Jahre gemessen, einen höheren Ertrag der Kassengelder mit Bücksicht auf die Verhältnisse des Geldmarktes nicht erwarten könne. Auch die Experten betrachten einen solchen Zinsfuss für angemessen, jedoch im Sinne eines Maximums und nicht ohne zu betonen, dass die Versicherungstechniker in einem tiefen Zinsfuss eine ihrer wesentlichen Sicherheitsmargen suchen ; wenn man dieses Mehr an Sicherheit im konkreten Falle aufgebe, so müsse man dafür in der Bestimmung der übrigen technischen Grundlagen um so vorsichtiger sein. Auch wir sind vorläufig der Ansicht, dass das massgebende Defizit der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen auf Grund dieses Zinssatzes von

299 4% zu ermitteln ist; die endgültige Festsetzung bleibt späterer Entscheidung vorbehalten.

b. Die Experten haben festgestellt, dass die überlieferten Grundlagen, auf denen sich im übrigen die Rechnung der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen aufbaut, nach den in den Jahren 1924--1935 gemachten Erfahrungen wesentliche Veränderungen erlitten haben, so dass sie nachgeprüft und entsprechend geändert werden müssen, wenn sie für die künftige Wirtschaft der Kasse eine sichere Basis abgeben sollen. So zeigt die Invaliditätserwartung, dass sie zwar für die jüngeren Lebensjahre geringer ist, als bisher angenommen, dafür aber für die späteren Lebensjahre erheblich grösser, namentlich bei einem Betrieb wie den Bundesbahnen, wo schon Gesichts- oder Gehörschädigungen zur Pensionierung von Bediensteten zwingen können, die unter anderen Verhältnissen noch weiter im Dienste zu bleiben vermöchten.

Ferner hat sich nach den Feststellungen der Experten gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit des Todes von aktiven Kassenmitgliedern eine bedeutend geringere ist als diejenige, mit der man bisher rechnete. Auch für die Pensionierten besteht im Vergleich zu den bisherigen Annahmen eine Verminderung der Mortalität und endlich wird die Kasse durch den Tod oder die Wiederverheiratung von Witwen in geringerem Umfange von ihren Verpflichtungen befreit, als bisher geglaubt wurde. Diese Beobachtungen machen eine Eevision der Rechnungsgrundlagen nötig. Dazu braucht es eine lange Arbeit der Spezialisten.

Wir sind mit den Experten einig, dass diese Berechnungen abzuwarten sind, um das endgültig massgebende Defizit der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen bestimmen zu können. Im Sinne einer vorläufigen Angabe müssen wir uns mit einer angenäherten Schätzung dieser Einflüsse begnügen.

Die Verwaltung schlägt nun vor, das zu tilgende, als massgebend zu betrachtende Defizit der Pensions- und Hilfskasse solle ausserdem unter der Voraussetzung bestimmt werden, dass sich ihre künftigen Einlagen auf 8% der Versicherungssumme und die bisherigen 5 Monatsbetreffnisse für Gehaltserhöhung beschränken. Der unter dieser Voraussetzung bei einem massgebenden Zinsfuss von 4% berechnete Fehlbetrag wäre 590,6 Millionen Franken. Die Verwaltung glaubt, dass von diesem Fehlbetrag der Bund 2 / 3 übernehmen sollte, während der Rest auf dem Wege
einer Revision der Kassenstatuten zu gleichen Teilen von der Verwaltung der Bundesbahnen einerseits und von den Versicherten und Rentenbezügern anderseits zu tragen wäre.

Die Wirkung des Sanierungsvorschlages der Verwaltung auf die Finanzen des Bundes und der Bundesbahnen wären folgende gewesen: a. Annahmen: Massgebendes Defizit: 590,6 Millionen Franken. Tilgungsdauer 60 Jahre.

Verteilung: Bund 2/3, Verwaltung und Personal je Ve-

300

b. Verteilung des Défaites: Millionen Franken

Bund 2/3 Bundesbahnen 1/6 Versicherte und Kentenbezüger %

393)8 98,4 98,4

c. Jährliches Erfordernis während der Tilgungsdauer: Bund Bundesbahnen Personal

17,4 4,3 4 )3 :

Zusammen

26,0

d. Gesamte jährliche Anforderung an die Bundesbahnen für die Pensions- und Hilfskasse: Millionen Franken Einlagen für das aktive Personal 11,0 Beteiligung an der Tilgung des Defizites, wie oben . .

4,3 Zusammen

15,3

Die Bundesbahnen wenden für die Pensionskasse heute jährlich 34>:l Millionen Franken auf. Die Ersparnis, die ihnen aus der Sanierung erwüchse, beliefe sich also auf 18,8 Millionen Franken.

Wir haben keinen Anlass, uns mit diesem Sanierungsvorschlag, den wir nur zur Information wiedergeben, näher auseinanderzusetzen, da, wie schon erwähnt, in unserer Gesetzesvorlage die nähere Durchführung der Sanierung der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen einer späteren Beordnung überlassen ist.

Wesentlich für die Beurteilung des Problems im heutigen Stadium ist es jedoch, dass wir in Art. 23 unseres Entwurfes den künftigen Jahresbeitrag der Bundesbahnen an ihre Pensions- und Hilfskasse auf 15 % der versicherten Gehalts- und Lohnsumme, sowie auf 5 Monatsbetreiinisse jeder Erhöhung des für den einzelnen Versicherten anrechenbaren Jahresverdienstes begrenzt wissen möchten, um den künftigen Beatmungen unerwartete Lasten aus der Pensions- und Hilfskasse zu ersparen. Diese Leistung soll einerseits für die Deckung der laufenden Bedürfnisse der Kasse dienen, anderseits einen Beitrag an die Tilgung ihres bestehenden Defizites umfassen. Wir schlagen den letztern Anteil auf 7 % an, während der erstere die 8 % beträgt, die auch die Verwaltung in ihrem Projekte in Aussicht genommen hat. In absoluten Zahlen ausgedrückt, würde die künftige Jahresleistung der Verwaltung an ihre Pensions- und Hilfskasse rund 20 Millionen Franken ausmachen. Von diesem Betrage wären 11 Millionen Franken als ordentliche Einlage und 9 Millionen als Beitrag an die Tilgung des Defizites zu betrachten. Da die Bundesbahnen

301 gegenwärtig rund 34 Millionen Franken jährlich für die Pensions- und Hilfskasse aufwenden, betrüge die jährliche Entlastung rund 14 Millionen.

Das Defizit der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen, mit dem unter solchen Voraussetzungen endgültig zu rechnen sein wird, ist höher anzuschlagen als auf die 590.6 Millionen Franken, Wert Ende 1935, mit denen die Verwaltung rechnet. Aus den oben erwähnten Erwägungen und in Berücksichtigung der von den Experten Schaertlin und Konsorten entwickelten Gedankengänge muss es auf rund 640 Millionen Franken geschätzt werden. Wir tragen dabei auch der Veränderung der Berechnungsgrundlagen, deren Einfluss noch genau wird ausgerechnet werden müssen, vorsorglich Rechnung. Dabei dürfen wir von der Berücksichtigung der Einwirkung der veränderten Invaliditätserwartung unter der bestimmten Voraussetzung absehen, dass die bestehende und im Gesetzesentwurf verankerte Absicht, für administrative Pensionierungen die Pensionskasse aus der Betriebsrechnung in vollem Ausmasse schadlos zu halten, in Zukunft konsequent befolgt werde.

Die Frage, wie die Tilgung dieses Defizites künftig durchgeführt werden soll, wird später zu lösen sein. Hier ist lediglich festzuhalten, dass für diese, zufolge der für die Ermittlung des Kassendefizites angenommenen Grundlagen, 7 /i5 der künftigen Jahreseinlage der Verwaltung bestimmt sind. Damit ist grundsätzlich gesagt, dass diese Tilgung nicht ohne eine gebührende Beteiligung der letzteren stattfinden soll. Es kann keine Eede davon sein, dass sie etwa vom Bunde, den die betreffende Last ohnehin schwer treffen wird, auf seine alleinigen Schultern genommen werde. Unerlässlich für die durchgreifende Sanierung der Kasse -- und dies gilt auch für die Versicherungskasse des Personals der allgemeinen Bundesverwaltung -- ist es zudem, insbesondere als Gegengewicht für die ausserordentliche Last, die daraus für die öffentliche Hand erwächst, dass auch das Personal an der Tilgung des Defizites in einem angemessenen Umfange teilnehme. In dieser Beziehung ist grundsätzlich der Ansicht der Bundesbahnvervraltung durchaus beizustimmen. Ohne eine solche Beteiligung erscheint uns eine Sanierung der beiden Pensions- und Hilfskassen überhaupt unerreichbar zu sein. Grundsätzlich betrachtet, ist die Belastung des Personals mit einem Teil des Fehlbetrages
billig. Abgesehen davon, dass es die Versicherten und Eentenbezüger sind, die das grösste Interesse daran haben, dass die Kassen bald auf eine einwandfreie finanzielle Grundlage gestellt werden, darf man betonen, dass ein grösserer Teil der Versicherten bisher zu wenig an die Kassen geleistet hat. Schon von Anfang an wurde der Beitrag des Personals zu niedrig angesetzt im Hinblick auf die Sterblichkeit, die sich als günstiger erwies denn angenommen. Im Zeitraum von 1921--1935 erreichten bei den Bundesbahnen die Beiträge des Personals 29 % der gesamten, der Kasse zugeflossenen Beiträge, diejenigen der Verwaltung dagegen 71 %. Zahlreiche Bedienstete sind in die Kasse aufgenommen worden, ohne dass sie dabei die der anrechenbaren Dienstzeit entsprechende Nachzahlung gemacht haben.

Im Jahre 1918 sind die Grundteuerungszulagen zu 15 % für versichert erklärt worden, und zwei Jahre später wurden sie voll in den anrechenbaren Jahres-

302 verdienst einbezogen, ohne dass das Personal für die Jahre 1918--1920 etwas nachzuzahlen gehabt hätte.

Da der Gesetzesentwurf, wie auseinandergesetzt, nicht dazu bestimmt ist, die Sanierung der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen durchzuführen, können weitere Erörterungen über dieses schwierige und finanziell weittragende Problem in diesem Zusammenhang unterbleiben. Zu betonen ist lediglich noch einmal, dass die im Entwurf vorgesehene Belastung der Verwaltung das Maximum dessen darstellt, was für sie erträglich ist und mit dem sie im äussersten Falle belastet werden soll. Die im 8. Absatz des Art. 28 vorgesehenen besonderen weiteren Massnahmen des Bundes werden das höchstmögliche Mass von Sicherheit dafür zu schaffen haben, dass es bei dieser einen durchgreifenden Sanierung der Kasse bleiben kann.

F. Die neue finanzielle Organisation der Schweizerischen Bundesbahnen.

Die Ausführungen des vorausgehenden Abschnittes haben gezeigt, nach welchen Hauptgesichtspunkten die Verwaltung der Bundesbahnen deren finanziellen Neuaufbau mit Hilfe der Eidgenossenschaft durchführen möchte.

Im weitern haben wir die teilweise davon abweichende Methode dargelegt, nach welcher im Sinne unseres Gesetzesentwurfes vorzugehen wäre. Es erscheint nunmehr angebracht, in kurzen Zügen und im Zusammenhang darzulegen, wie sich der geplante Neuaufbau im einen und im andern Fall darstellen würde.

1. Das Projekt der Bundesbahnverwaltung.

Wie ausgeführt wurde, beruht dieses Projekt auf dem Gedanken, dass der in der Bilanz der Bundesbahnen ausgewiesene Gesamtbetrag an festen und schwebenden Schulden, nach Abzug bestimmter Vermögenswerte, die nicht unmittelbar mit dem Aufgabenbereich der Bundesbahnen zusammenhängen, auf den Bund übergehen würde. Die sich auf diese Weise ergebende sogenannte Übergangsschuld erreichte nach den Berechnungen der Verwaltung auf Ende 1935 die Höhe von 3073,7 Millionen Franken; sie würde bis Ende 1937 voraussichtlich auf 3200 Millionen anwachsen. An ihre Stelle würde eine neue feste Schuld der Bundesbahnen gegenüber dem Bunde treten im Betrage von 2 Milliarden Franken. Der Bund würde daneben das Unternehmen mit dem ebenfalls schon besprochenen Dotationskapital von 500 Millionen Franken ausrüsten.

Dem Betrage dieser festen Schuld entspricht die neu berechnete, seitens der Bundesbahnen an den Bund geschuldete Zinsleistung. Es sind dies 3% % der erwähnten 2 Milliarden, also 70 Millionen Franken im Jahr. Diese Zinszahlung würde erfolgen, nachdem die Bundesbahnen ihre Personal- und Sachausgaben gedeckt und die vorschriftsgemässen Abschreibungen vorgenommen hätten. Nach Vornahme dieser Verzinsung hatten sie Eücklagen zu bilden, insbesondere den Ausgleichsfonds zur Deckung von Fehlbeträgen in Jahren

303

mit ungenügenden Betriebsergebnissen zu speisen. Aus dem übrigen Ertragsüberschuss wäre das Dotationskapital zu verzinsen; hiefür wurden die Bundesbahnen dem Bund einen weitern, von den Betriebsergebnissen abhängigen, wechselnden Betrag bis zu 17,5 Millionen Franken (8% % von 500 Millionen) leisten. Ein auf alliger Best würde auf neue Eechnung vorgetragen.

Für die Deckung eines eventuellen Fehlbetrages stünde zunächst der Ausgleichsfonds zur Verfügung. Sollte er nicht ausreichen, so müsste der Bundes rat dem Parlament die zur Deckung des Ausfalles nötigen Massnahmen vorschlagen, und dieses hätte zu entscheiden.

Nach diesem Plane hat die Verwaltung die künftige Entlastung des Unternehmens berechnet. Nach ihr würde sich im ganzen ein Finanzbedarf von 95,0 Millionen Franken im Jahr herausstellen, der sich zusammensetzt wie folgt : Millionen Franken Deckung des Fehlbetrages der Gewinn- und Verlustrechnung (nach Voranschlag 1936) 70,,, Mehrabschreibungen 22,0 Einlage in den Ausgleichsfonds 3,,, Zusammen

95,0

Für die Deckung dieses Finanzbedarfs wäre zu unterscheiden zwischen den Massnahmen, die ausserhalb des neuen Bundesbahngesetzes getroff en werden sollen, und den Einwirkungen des letzteren.

a. Massnahmen ausserhalb des neuen Bundesbahngesetzes: Millionen Franken Einsparungen nach dem zweiten Finanzprogramm desBundes '.

13,3 Einsparungen infolge weiterer Einschränkungen der Betriebsausgaben von 1938 an 6,0 Zusammen b. Einwirkungen des neuen Bundesbahngesetzes: aa. Verminderung der Kapitalkosten: Gegenwärtige Kapitalkosten Künftige Kapitalkosten (Beitrag an den Zinsendienst des Bundes 70,0 und Verzinsung der schwebenden Schulden 0,3).

19,3

127,2 70,3 Kß OU,9

bb. Verminderung der Wohlfahrtsausgaben : Minderausgaben bei der Pensions- und Hilfskasse infolge ihres Neuaufbaues

18,8

Zusammen

75,-

304

Die 19,3 Millionen unter a und die 75,7 Millionen unter & hiervor ergeben zusammen die 95,0 Millionen Franken, auf die der künftige jährliche Finanzbedarf der Bundesbahnen berechnet ist. Auf diese Weise würde volle Deckung geschaffen.

Vorstehende Art der Deckung versteht sich für den Fall, dass es den Bundesbahnen nicht gelingt, auch den Betrag herauszuwirtschaften, der für die Verzinsung des von ihnen vorgesehenen Dotationskapitals nötig wird.

Er beläuft sich bekanntlich bei voller Verzinsung auf 8% % von 500 Millionen Franken, also auf 17,5 Millionen. Kann auch diese Verzinsung geleistet werden, so geht der oben ausgewiesene Finanzbedarf des Unternehmens entsprechend zurück. Dazu wäre nötig, dass das Nettoergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung sich nicht nur um die ausserhalb des Bundesbahngesetzes zu erzielenden Einsparungen von 19,3, sondern auch um die eben erwähnten weitern 17,5 Millionen Franken verbessere, der veranschlagte Passivsaldo sich also von 70,0 auf 33,2 Millionen vermindere. Dann würde sich die den Bundesbahnen aus dem Bundesbahngesetz erwachsende jährliche Entlastung von 75,7 auf 58,2 Millionen Franken ermässigen.

Die durch die Vorlage der Bundesbahnen dem Bunde z u g e m u t e t e jährliche Belastung ergibt sich aus folgender Eechnung (in Millionen Franken) : a. Als Kapitalkosten für die auf seine Bilanz übertragenen festen und schwebenden Schulden der Schweizerischen Bundesbahnen hat der Bund zu rechnen mit 122,8 &. Der Überschuss der Übergangsschuld der Bundesbahnen über die 2000 Millionen Franken, die die Bundesbahnen dem Bunde verzinsen werden, also 1200 Millionen Franken, ist vom Bund innerhalb 60 Jahren zu tilgen. Hiefür hat er aufzuwenden .

5,,, c. Die Verzinsung und Tilgung des dem Bunde zugemuteten Anteils am Fehlbetrag des Deckungsfcapitals der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen Bundesbahnen erfordert 17,4 Der so entstehenden Bruttobelastung von 145,2 Millionen Franken stünde gegenüber eine Zinsleistung der Bundesbahnen von 70 Millionen für den Fall, dass sie das Dotationskapital nicht verzinsen, und eine solche von 87,5 Millionen, sofern das Dotationskapital verzinst werden kann. Die Nettoaufwendung des Bundes für die Bundesbahnen würde sich also nach der vorliegenden Bechnung zwischen 57,7 und 75,2 Millionen Franken im Jahre bewegen.

Hinsichtlich der
Mittel, welche dem Bund zur Deckung der ihm damit zugemuteten Belastung zur Verfügung stehen, ist daran zu erinnern, dass sie aus zwei Quellen fHessen: einmal aus den Bücklagen für die Sanierung der Bundesbahnen, welche seit dem Jahre 1935 ini Betrage von je 8 Millionen Franken in der eidgenössischen Staatsrechnung erfolgen, sodann aus dem Eisenbahnfonds, der durch das zweite Finanzprogramm gebildet wurde und

305 nach den bisherigen Erfahrungen jährlich 82 Millionen abwerfen wird. Abzu^ ziehen von letzterem Betrag wäre jedoch der Anteil, der den Privatbahnen für ihre Wiederaufrichtung zugedacht ist. Nimmt man an, dieser Betrag werde 5 Millionen auf das Jahr nicht übersteigen dürfen, so bleiben für die Bundesbahnen je 27 Millionen Franken verfügbar. Auf Ende 1937 stellt sich somit die Gesamtheit der Bückstellungen aus den Jahren 1935--1937 auf 78 Millionen Franken.

Auf das Jahr gerechnet, stellen sich die Mittel, die unter der Voraussetzung, dass sich gegenüber den bezüglichen Bestimmungen von 1938 ab nichts ändere, für die Bundesbahnsanierung verfügbar sein werden, auf 35 Millionen Franken.

Die bei der Durchführung des Vorschlages der Bundesbahnverwaltung für den Bund erwachsende Belastung wäre bei dieser Sachlage so gross, dass eine Summe von 22,7 Millionen im günstigsten und von 40,2 Millionen im ungünstigsten Falle ungedeckt bliebe. Da man die Lage leider nicht zu optimistisch beurteilen darf und schon die Erfahrungen des Jahres 1936 dazu zwingen würden, eine weitere Verschlechterung ins Auge zu fassen, könnte man nicht einmal die ungünstigere von beiden Zahlen als richtig betrachten, sondern inüsste, um Selbsttäuschungen zu vermeiden, eine Erhöhung dieser Zahl nicht für ausgeschlossen erachten.

Dann stünde man aber vor einer derartigen Mehrbelastung des Bundes im Vergleiche zu den beim Erlass des zweiten Finanzprogrammes angenommenen Beträgen, dass man sich unmöglich bei diesem Finanzplan beruhigen darf, sondern eine Lösung suchen muss, die die Beanspruchung des Bundes in bescheideneren Grenzen hält.

2. Der finanzielle Neuaufbau nach dem Gesetzesentwurf.

Der Gesetzesentwurf stimmt mit, der Vorlage der Bundesbahnen, wie aus früheren Ausführungen erinnerlich ist, grundsätzlich darin überein, dass ein bedingt verzinsliches Dotationskapital vorgesehen ist, das auf der Habenseite der Bilanz der Bundesbahnen an die Stelle eines entsprechenden Betrages von verzinslichen Schuldverschreibungen treten wird. Nach unserem Vorschlage würde es 700 Millionen Franken betragen. Eine weitere Erleichterung würde im Gegenwert der aus der Bilanz zu löschenden non-valeurs der Aktivseite eintreten, indem die Passivseite der Bilanz von einem Betrag verzinslicher Schuldverschreibungen in entsprechender Höhe zu entlasten
wäre. Eine darüber hinausgehende Entlastung durch den Bund soll jedoch, im Gegensatz zum Vorschlag der Verwaltung, im Kapitaldienste des Unternehmens nicht stattfinden. Wir haben im Sinne dieser Ausführungen mit einer Gesamtentlastung von rund 1350 Millionen Franken gerechnet, wenn man auf das Ende des Jahres 1937 abstellt und die Passivsaldi des Unternehmens bis und mit 1937 in Bechnung setzt, in der Annahme, dass diese Defizite die Bundesbahnen nicht belasten sollen.

Nach unserer Meinung hätten die Bundesbahnen auch künftig die Zinsen ihrer Anleihen und schwebenden Schulden selber zu bezahlen. Doch würde sich

306

deren Betrag im Vergleich zu heute vermindern um den Zins desjenigen Schuldkapitals, um welches der Bund sie entlastet haben wird. Es wird Sache des Bundesrates sein, im einzelnen festzustellen, wie diese Entlastung vor sich gehen i soll. Für unsere Eechnung nehmen wir an, der von den Bundesbahnen eingesparte Zins sei zum Durchschnitt der heute im Umlauf befindlichen Bundesbahnanleihen zu berechnen, der fast genau 4 % (3,91 %) beträgt. Auf 1850 Millionen bezogen, macht dies jährlich 54 Millionen Pranken ans. Da bei der Sanierung der Bundesbahnen die gesamten Konversionskosten auf Anleihen getilgt werden, vermindern sich die jährlichen Anleihenskosten um rund 3,5 Millionen Pranken.

Gemäss dem G-esetzesentwurf würde für den Haushalt der Bundesbahnen als Eegel gelten, dass nach der Deckung der Personal- und Sachausgaben zunächst die vorschriftsgemässen Abschreibungen zu bestreiten wären, für die wir aus den in früherem Zusammenhang entwickelten Gründen vorderhand nur 10 Millionen Franken mehr in Aussicht nehmen als gegenwärtig, statt der normalen 22, ferner die Kapitalkosten. Nachher käme der Aufwand für die Bildung des Ausgleichsfonds und die Verzinsung des Dotationskapitals an die Beihe. Was mit allfälligen weiteren Überschüssen geschehen soll, deckt sich materiell mit dem Vorschlage der Verwaltung. Ebenso ist die Pflicht der Bundesversammlung aufgestellt, für den Fall des Vorhandenseins von Fehlbeträgen über deren Deckung bei Genehmigung der Jahresrechnung zu entscheiden.

Bei der Berechnung des F i n a n z b e d a r f e s auf Grund ihres Gesetzesentwurfes vom 23. März 1936 ist die Bundesbahn Verwaltung davon ausgegangen, der zu deckende Fehlbetrag der Gewinn- und Verlustrechnung müsse entsprechend dem Voranschlag für das Jahr 1936 mit rund 70 Millionen Franken angenommen werden. Diese Annahme hat sich nach den Erfahrungen dieses Jahres als zu optimistisch erwiesen. Trotz namhafter Senkung der Betriebsausgaben in seinem Verlaufe ist es nicht möglich gewesen, damit den Einnahmenschwund, der sich in beängstigender Weise fortsetzte, einzuholen.

Die Verwaltung rechnet damit, dass die Transporteinnahmen im laufenden Jahre annähernd um 10 %, nämlich um rund 28 Millionen Pranken, hinter dem Voranschlag zurückbleiben werden. Demgegenüber werden die Betriebsausgaben, zum Teil infolge der Auswirkungen des
II. Pinanzprogrammes, um mindestens 15 Millionen niedriger sein als veranschlagt. Diese Erfahrungen haben die Bundesbahnverwaltung veranlasst, als voraussichtliches Defizit der Gewinnund Verlustrechnung 1937 einen Betrag von 79,2 Millionen Franken in ihren Voranschlag einzusetzen. Doch sind darin die voraussichtlich günstigen Auswirkungen der Abwertung auf den Verkehr der Bundesbahnen mit nur 4,2 Millionen Franken berücksichtigt. Wir glauben aber, dass sehr wohl ein wesentlich höherer Betrag eingesetzt werden durfte. Für den Finanzplan der vorliegenden Botschaft sehen wir deshalb eine Mehreinnahme von 10 Millionen Franken vor. Danach konnte in unserer Aufstellung über den kommenden

307

Finanzbedarf von einer Summe von rund 70 Millionen Franken ausgegangen werden. Dann stellt sich die Eechnung wie folgt: Millionen Franken

Deckung des Fehlbetrages der Gewinn- und Verlustrechnung Mehrabschreibungen (vorläufig beschränkt) Einlage in den Ausgleichsfonds 1 Zusammen

70,0 10,,, 3,,, 83,0

Für die Deckung dieses Finanzbedarfes wäre wiederum zu unterscheiden zwischen den Massnahmen, die ausserhalb des neuen Bundesbahngesetzes getroffen werden sollen, und den Einwirkungen des letzteren.

Millionen

a. Massnahmen ausserhalb des neuen Bundesbahngesetzes: Einsparungen, die durch weitere Einschränkungen der Betriebsausgaben nach und nach noch erzielt werden b. Einwirkungen des neuen Bundesbahngesetzes: aa. Verminderung der Kapitalkosten Vb. Minderausgaben bei der Pensions-und Hilfskasse Ausgaben nach Voranschlag 1937 . . . 34,7 -- künftige Ausgaben 20,2

Pranken 11,,,

57,5

14,5 Zusammen

72,0 83.0

Nach dieser Zusammenstellung wäre somit das Gleichgewicht im Finanzhaushalt der Bundesbahnen erreicht. Doch ist dabei zu beachten, dass die in Aussicht genommenen Mehrabschreibungen um 12 Millionen Franken niedriger sind als die von der Verwaltung vorgesehenen.

Die Bundesbahnen haben seit dem Jahre 1980 ihre Betriebsausgaben um rund 65 Millionen Franken gesenkt. Nach Durchführung der in Aussicht genommenen weiteren Einsparungen werden die Minderausgaben ·--· mehr als 75 Millionen -- die Hälfte des im gleichen Zeitraum eingetretenen Einnahmenrückganges wesentlich überschreiten. Sie werden damit einen Betrag erreichen, der zeigt, dass die Bundesbahnen gewillt sind, mit ihren Anstrengungen für die Sanierung des Unternehmens nicht hinter denen des Bundes zurückzustehen.

Unter diesen Voraussetzungen stellt sich die dem Bunde zugunsten der Bundesbahnen zugemutete jährliche Belastung (ohne die Auslagen für die Pensions- und Hilfskasse) wie folgt: Bis Ende 1937 werden die für die Bundesbahnsanierung gebundenen Mittel des Eisenbahnfonds, Inbegriffen die seit 1935 vorgenommenen Eücklagen, in der Bilanz der Eidgenossenschaft voraussichtlich mit einem Betrage von

308 78 Millionen Franken ausgewiesen sein. Ihrem Zweck entsprechend wären diese Mittel in erster Linie zur Tilgung der vom Bunde übernommenen NonValeurs zu verwenden. Vom Betrag der letzteren von 650 Millionen Franken würden in diesem Falle innerhalb 60 Jahren noch 572 Millionen zu tilgen bleiben.

Millionen Franken a. Annuität für Verzinsung zu 4 % und Amortisation in 60 Jahren von 572 Millionen Franken 25,3 fe. Zinsausfall zu 4 % vom Dotationskapital von 700 Millionen (unter der Annahme, dass die Bundesbahnen daran nichts leisten können) 28,0 ~8BT*

Gemäss den bei der Besprechung des Entlastungsprojektes der Verwaltung gemachten Ausführungen ist die dem Bunde zugunsten der Bundesbahnen zur Verfügung stehende Summe schon jetzt, d. h. nach Voranschlag und Finanzprogramm II und unter der Voraussetzung, dass diese Mittel auch nach 1937 weiterhin zur Verfügung stehen werden, auf rund 85 Millionen Franken zu bemessen. Da sich der Bedarf nach vorstehender Eechnung auf 53,s Millionen beläuft, ergibt sich hinsichtlich der Belastung des Bundes ein ungedecktes Betreffnis von 18,3 Millionen. Dieses Ergebnis hat zur Voraussetzung, dass das Dotationskapital nicht verzinst werden kann. Würde dagegen die Verzinsung dieses Kapitals im Maximum von 24.5 Millionen (700 Millionen zu 3% %) möglich sein, so würde die dem Bunde zugunsten der Bundesbahnen zugemutete jährliche Belastung auf 28,8 Millionen zurückgehen, es stünde also damit der Betrag, der jährlich aufzuwenden wäre, noch um 6,2 Millionen unter den eben erwähnten zur Verfügung stehenden 35 Millionen.

Die 18,3 Millionen Franken, die sich nach unserem Vorschlag für den Bund als maximales ungedecktes Betreffnis aus der ihm zugemuteten Entlastung der Bundesbahnen ergeben, bleiben mit 21,9 Millionen unter dem ungedeckten Betrag, der sich nach dem Saniernngsvorschlag der Bundesbahnen als Maximum herausstellen würde. Doch darf man beim Vergleich der beiden Zahlen nicht übersehen, dass, wie schon angedeutet, die Eechnung der Bundesbahnverwaltung mit einer grösseren Vermehrung der Abschreibungen und für das Jahr 1936 höheren Verkehrseinnahmen operiert, als sie in Wirklichkeit sein werden, und auch die Leistungen des Bundes an die Sanierung der Pensionsund Hilfskasse mitberücksichtigt hat. Es stellt indessen die von uns vorgesehene Lösung doch eine wesentlich geringere Inanspruchnahme des Bundes zugunsten der Bundesbahnen dar. Diese Beanspruchung ist auch dann noch hoch genug.

Wie die Dinge liegen und schon hervorgehoben wurde, muss man leider für die erste Zeit damit rechnen, dass das Dotationskapital nicht wird verzinst werden können. Ob und wie bald es nach erfolgter Eekonstruktion der Bundesbahnen mit ihren Erträgnissen wieder aufwärts gehen wird, lässt sich nicht bestimmt voraussagen. Vieles hängt davon ab, dies muss immer wieder betont

309 werden, wie weit es infolge der Koordination mit dem Automobil möglich werden wird, verlorenen Verkehr auf die Bahn zurückzuführen. Zur Besserung der Eeinerträgnisse wird, wie es selbstverständlich ist, auch die Drosselung der Ausgaben soweit gehen müssen, als es überhaupt tunlich ist. Steigen die BetriebsüberSchüsse wieder, so wird die erste Pflicht der Bundesbahnen darin bestehen, die vorläufig noch nicht in der notwendigen Höhe möglichen Abschreibungen auf die neue Norm zu bringen, was den Beginn 'der Verzinsung des Dotationskapitals entsprechend hinausschieben wird.

Abgesehen von den Anforderungen, die die endgültige Sanierung der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen an ihn stellen wird, wird der Bund daher nicht um die Notwendigkeit herumkommen, zugunsten der Bundesbahnen weitere 18,3 Millionen Franken als neue Einnahme zu suchen. Es wird infolgedessen nicht zu vermeiden sein, im Interesse der Ermöglichung einer Sanierung der Bundesbahnen auf dem Wege des III. Finanzprogramms einen solchen Betrag flüssig zu machen. Wir hoffen, die Flüssigkeit des Kapitalmarktes werde günstige Konversionen gestatten, was die obgenannte Belastung des Bundes in einem wesentlichen Umfange vermindern wird.

T. Das neue Gesetz.

Vorbemerkungen.

Für die Schweizerischen Bundesbahnen gelten heute neben der allgemeinen Eisenbahngesetzgebung zwei Grundgesetze, nämlich das Bundesgesetz vom 1. Februar 1923 über die Organisation und Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen, sowie das alte Eückkaufsgesetz (Bundesgesetz betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Eechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen) vom 15. Oktober 1897, soweit es durch das erstgenannte Gesetz nicht aufgehoben worden ist. Es ist nunmehr vorgesehen, alle diese Bestimmungen durch ein einziges Bundesbahngesetz zu ersetzen.

Die Bestimmungen über Organisation und Verwaltung waren im Eückkaufsgesetz noch sehr ausführlich ; im Organisationsgesetz von 1923 fielen sie schon wesentlich kürzer aus. Diesmal sind sie noch knapper gehalten. Wie bei der Betrachtung der einzelnen Artikel zu zeigen sein wird, beschränkt sich der neue Entwurf darauf, den unentbehrlichen Eahmen zu ziehen, und überlässt sozusagen alle Einzelheiten der Begelung durch bundesrätliche Verordnungen, damit die jeweilige
Anpassung an die Bedürfnisse ungestört erfolgen könne.

Sein besonderes Gepräge erhält der neue Entwurf durch den zweiten Teil, der sich auf den Finanzhaushalt und die Eechnungsführung bezieht und dazu bestimmt ist, die Grundlage für die finanzielle Wiederaufrichtung des Bundesbahnunternehmens abzugeben.

Im folgenden sollen die einzelnen Bestimmungen des Gesetzesentwurfes beleuchtet und dem bisherigen Eechte gegenübergestellt werden.

Bundesblatt.

88. Jahrg.

Bd. III.

21

310

Titel und Ingress.

Im Gegensatz zu den bisherigen Gesetzen ist die Überschrift «Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen (Bundesbahngesetz)» möglichst kurz und zugleich allgemein gehalten. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass das vorliegende Gesetz das einzige auf die Bundesbahnen anwendbare Bundesgesetz sein will, wohl aber wird es unter den Gesetzen, die für die Bundesbahnen in Betracht kommen, das wichtigste sein.

Erster Teil.

Terwaltung und Betrieb.

I. Allgemeine Bestimmungen.

Zu Art. 1.

Dieser Artikel, der die Stellung der Bundesbahnen innerhalb der staatlichen Verwaltung allgemein umschreiben soll, deckt sich fast wörtlich mit dem zweiten Absatz des Art. l des Organisationsgesetzes von 1923. Danach sollen Verwaltung und Betrieb der Bundesbahnen auch nach dem neuen Entwurf Sache einer besonderen eidgenössischen Verwaltung sein, die innerhalb der Schranken der B u n d e s g e s e t z g e b u n g s e l b s t ä n d i g (autonom) ist. Eine Änderung im Vergleich zum heutigen Eechtszustande ist demnach nicht vorgesehen.

Es stand eine Zeitlang der Gedanke im Vordergrund, den Bundesbahnen im neuen Gesetze durch Verleihung der eigenen Rechtspersönlichkeit auch eine rechtlich betonte Selbstverwaltung zu geben. Man sagte sich, eine durch die Verleihung der Eechtspersönlichkeit verselbständigte Bundesbahnverwaltung würde am besten der Pflicht, zugleich Treuhänderin eines wichtigen Vermögensteiles des Bundes und Hüterin der Interessen der Bahnbenützer gegenüber den Strassenbenützern zu sein, nachkommen können. -Doch würde eine solche Lösung nach anderen Eichtungen ernste Schwierigkeiten und Nachteile mit sich gebracht haben. Zu denken ist dabei zunächst an die Schulden der Schweizerischen Bundesbahnen, die bis heute Schulden des Bundes gewesen sind.

Das staatliche Unternehmen fand bei der überlieferten Eegelung jeweils den billigen Kredit, den der Bund selber für seine Geldbedürfnisse genoss, und die Gläubiger der Bundesbahnobligationen hatten für ihre Forderung die gleiche weitgehende Sicherheit, welche der Bund seinen anderen Gläubigern gewährt.

Beiden Teilen war damit gedient. Müssten die Bundesbahnen ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit werden, so wäre es schwierig, das heutige Verhältnis von Eidgenossenschaft und Bundesbahngläubigern aufrecht zu erhalten.

Dabei würde sich die notwendige Änderung zum Nachteil der Bundesbahnen auswirken, würden doch diese als eigene Eechtspersönlichkeit nicht mehr des

311 gleichen Kredites teilhaftig sein, von dem sie unter der gegenwärtigen Ordnung Nutzen ziehen. Ahnliche Schwierigkeiten würden sich irn Falle der Ausstattung des Unternehmens mit der eigenen Eechtspersönlichkeit hinsichtlich der rechtlichen Stellung des Bundesbahnpersouals ergeben. Die Bundesbahnbeamten sind heute Bundesbeamte. Würde die erwähnte rechtliche Umgestaltung getroffen, so wäre für das dafür in Betracht kommende Personal die Aufrechterhaltung des Beamtenverhältnisses nicht mehr möglich. Wir halten eine solche Lösung nicht für empfehlenswert. Da somit die Ausstattung der Bundesbahnen mit der eigenen Eechtspersönlichkeit, an deren Folgen gemessen, ihre zwei Seiten hätte, so ist es besser, darauf zu verzichten. Man kann sich um so eher dazu entschliessen, als auch ohne dies eine befriedigende Lösung der Organisation der Bundesbahnen durchaus möglich ist. In der Tat kommt es für den Erfolg nicht so sehr auf die Eechtsform an als auf die tatsächliche Ordnung, welche Verwaltung, Betrieb und Finanzgebarung annehmen, sowie auf die Art, wie die Verantwortung festgelegt wird. In letzterer Hinsicht halten wir es, wie schon aus früheren Ausführungen hervorgeht, für wesentlich, dass hinsichtlich des Verfügungsrechtes über die Bundesbahnen und der finanziellen Verantwortung für sie der Bundesrat ausdrucklich als die gegebene Spitze bezeichnet werde.

In diesem Zusammenhang muss man sich darüber klar sein, dass die Beibehaltung des Staatsbahnsystems, über die eine Meinungsverschiedenheit im Ernste nicht aufkommen sollte, logischer« eise zur Voraussetzung hat, dass die Landesregierung auf die Bundesbahnen einen massgebenden Einfluss auszuüben wenigstens berechtigt sei, womit noch nicht gesagt sein soll, wo und in welchen Fällen sie um wirklich auszuüben hat. Ist sie aber zu diesem Einfluss berufen, dann muss sie notwendigerweise die oberste Verantwortung übernehmen und tragen können. Die Finanzwirtschaft des Unternehmens ist es, auf die sich dieser vermehrte Einfluss des Bundesrates erstrecken sollte. Das schliesst natürlich nicht aus, dass im Interesse des Unternehmens seiner fachtechnischen Leitung weitgehende Befugnisse, überhaupt und besonders hinsichtlich des Betriebes, abgetreten bzw. belassen werden können und müssen.

Im Gegenteil; die Gelegenheit, selbst einzugreifen, soll vom Bundesrate
nur dann wahrgenommen werden, wenn es sich um wichtige Interessen des Landes handelt. Die Befürchtung, dass zum Schaden der Bundesbahnen politischen Einflüssen dort Tür und Tor geöffnet wären, wo nur sachliche Gesichtspunkte massgebend sein dürfen, wird dann unbegründet sein. In diesem Sinne ist auch Art. 8 unseres Entwurfes, der die Stellung des Bundesrates zu den Bundesbahnen umschreibt, verstanden.

Gegen die Eichtigkeit der durch Art. l abgesteckten Stellung der Bundesbahnen im Eahnien des Gesamtaufbaues der staatlichen Tätigkeit ist gelegentlich auf die Nationalbank und auf die Kantonalbanken hingewiesen w-orden, die man, obwohl sie Staatsinstitutionen sind, von den Eegierungen möglichst unabhängig gemacht hat. Doch sind Tätigkeit und Aufgabe dieser beiden Staats-

312 Institutionen von denen der Bundesbahnen grundverschieden. Die Tätigkeit der Bahnen, als Transportanstalten, wickelt sich stets vor der breitesten Öffentlichkeit ab, während sich die Operationen der Banken als Vertrauensgeschäft darstellen, bei dem das Geschäftsgeheimnis eine grosse Eolle spielt. Ferner ist, im Gegensatz zu den Banken, der Kunde der Transportanstalt für eine bestimmte Leistung mehr oder weniger auf ein bestimmtes Unternehmen angewiesen. Die Banktätigkeit kann nur von Fachleuten ausgeübt werden, während bei der Eisenbahn sich jeder mehr oder weniger berechtigt fühlt, mitzureden und sein Urteil abzugeben. Bei einem Unternehmen wie der Staatsbahn, das unter den Augen aller und unter der Teilnahme aller sich abwickelt, wäre es unnatürlich, wenn nicht die Landesregierung das entscheidende Wort zu sprechen berechtigt wäre.

Anderseits kann nicht die Eede davon sein, mit den Bundesbahnen in dem Sinne eine eidgenössische Verwaltung zu schaffen, dass sie, ähnlich wie die Post, in das unmittelbare Tätigkeitsgebiet eines eidgenössischen Departementes einverleibt und von diesem unmittelbar geführt würden. Das Wesen der Bundesbahnen als eines mitten im wirtschaftlichen Kampfe stehenden technischen Betriebes, das wir bei anderen Gelegenheiten immer wieder betont haben, schliesst eine derartige Lösung aus: die Bundesbahnen sind keine Monopolanstalt mehr. Anders läge die Sache, wenn das Schweizervolk bereit wäre, auf dem Wege der Verfassungsrevision ein allgemeines Transportmonopol zu schaffen, das sich auch auf andere Verkehrsarten erstrecken würde. Dass ein solcher Versuch aussichtlos wäre, unterliegt wohl keinem Zweifel. Dann kann man aber auch nicht die Bundesbahnen mit den monopolisierten Verkehrsanstalten des Bundes, wie Post, Telegraph und Telephon, in eine grosse Bundesanstalt unter einheitlicher Leitung zusammenfassen. Die Zusammenarbeit unter allen diesen Institutionen besteht trotzdem und wird im allgemeinen Interesse weitergefördert werden; die getrennte Verwaltung der Bundesbahnen bildet dafür kein Hindernis. Auch steht in der Person des Vorstehers des Postund Eisenbahndepartementes ein zusammenfassendes staatliches Organ über allen diesen Institutionen.

Zu Art. 2.

Wir halten es für zweckmässig, an dieser Stelle des Gesetzes eine allgemeine Bestimmung einzufügen, die die allfällige Erweiterung des Bundesbahnnetzes durch den Bau neuer Linien oder durch weitere Verstaatlichungen zum Gegenstand hat. Im Entwurf der Verwaltung der Bundesbahnen war sie am Schluss unter die finanziellen Bestimmungen eingeflochten; da indessen die bezügliche Wirksamkeit der Verwaltung nicht nur eine finanzielle Seite hat, sondern einen Bestandteil der allgemeinen Eisenbahnpolitik bildet, muss sie auch unter den allgemeinen Bestimmungen berührt werden.

Im historischen Teil vorliegender Botschaft haben wir auf den programmatischen Artikel l des Rückkaufsgesetzes, der die Bildung des Staatsbahn-

313 netzes betraf, hingewiesen und auf die Folge, die ihm im Laufe der Jahre gegeben worden war. Die Aufgabe des heutigen Gesetzgebers betreffend die weitere Neubau- und Verstaatlichungspolitik des Bundes kann nur noch darin bestehen, den Weg anzugeben, auf dem derartige Operationen zustande kommen sollen, nämlich denjenigen eines Bundesbeschlusses mit Beferendumsvorbehalt. Das übrige muss der Zukunft und der Entscheidung im einzelnen sich bietenden Pali überlassen werden. Neben staatspolitischen Erwägungen treten auf diesem Gebiete solche finanzieller Art in den Vordergrund, die es dem Bunde unmöglich machen, sich nach irgend einer Eichtung auf ein Programm und bestimmte Versprechungen festzulegen.

Zu Art. 3.

Dieser grundlegende Artikel des Entwurfes umsehreibt, in teilweiser Anlehnung an den geltenden Art. l, Absatz l, des Organisationsgesetzes, das Verwaltungsprinzip der Bundesbahnen.

Als erstes Gebot ist die Forderung aufgestellt, dass die Bundesbahnen nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu verwalten und zu betreiben sind.

Das Ziel soll demnach sein, dem Aufwand den höchsten Nutzeffekt zu geben, also haushälterisch und elastisch zu verwalten, im Gegensatz zu einer verschwenderischen und bürokratisch-schematischen Gebarung. Etwas Neues gegenüber der Vorschrift des geltenden Gesetzes, «nach kaufmännischen Grundsätzen» zu arbeiten, will man damit nicht sagen. Doch könnte der Ausdruck «kaufmännisch» dahin missdeutet werden, dass die Bundesbahnen ihr Geschäft wie ein rein fiskalisches Unternehmen und ohne Bücksicht auf das öffentliche Wohl, lediglich zur Erzielung von Gewinnen, betreiben sollten ; das würde sich mit dem Charakter einer öffentlichen Anstalt, wie wir sie verstehen müssen, nicht vertragen.

Mit der Forderung, nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu arbeiten, ist die andere, die Anlagen und Einrichtungen der Bundesbahnen dauernd in befriedigendem Zustand zu erhalten, durchaus vereinbar. Sie gehören zu den gesunden und unentbehrlichen Verwaltungsprinzipien auch einer Staatsbahn, die, ohne sich zu Übertreibungen verleiten zu lassen, unter allen Umständen denjenigen Erhaltungszustand bewahren muss, den die Betriebssicherheit erfordert. Weiter geht das dritte Erfordernis, die Bundesbahnen den Bedürfnissen des Verkehrs und den Fortschritten der Technik anzupassen. Die Verwaltung des Unternehmens legt Wert darauf, und wir mit ihr, dies im Gesetze ausdrücklich vorzuschreiben, zugleich aber zu bestimmen, dass diese Anpassung nur im Eahmen der verfügbaren Mittel erfolgen kann. Zu der sparsamen Verwaltung, die man im Auge hat, gehört eben auch, bei der Entscheidung über wünschenswerte Anpassungen an Fortschritte der Technik sich jeweilen zu fragen, ob die Mittel dazu vorhanden sind. Sofern eine nicht zu umgehende Anpassung mit den verfügbaren Mitteln nicht möglich sein sollte, wird sich die

314 Unternehmung an die Bundesbehörden zu wenden und sich mit ihnen über das einzuschlagende Verfahren zu verständigen haben.

In Gegenüberstellung zu dem im ersten Absatz des Artikels umschriebenen Verwaltungsprinzip der Bundesbahnen bestimmt dessen zweiter Absatz den Zweck ihrer Arbeit, nämlich der schweizerischen Volkswirtschaft zu d i e n e n .

Die Bundesbahnen sollen danach ein Instrument der allgemeinen Wohlfahrt sein, ein öffentlicher Dienst im wahren Sinne des Wortes. Damit ist die in Art. l des Organisationsgesetzes von 1923 aufgestellte Vorschrift, die Bundesbahnen seien «unter Wahrung der Interessen der nationalen Volkswirtschaft» zu verwalten und zu betreiben, etwas deutlicher zum Ausdruck gebracht.

Nicht überflüssig war es vorzuschreiben, dass besonders bei der Tarif- und Fahrplangestaltung auf die Bedürfnisse der schweizerischen Volkswirtschaft Bücksicht zu nehmen sei. Doch kann dies alles ebenfalls nur im Bahmen der den Bundesbahnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel geschehen, die beschränkt sind. Dies besonders zu betonen, war notwendig, weil auf die dauernde Erhaltung des finanziellen Gleichgewichtes des Unternehmens gesehen werden muss und man von ihm weder verlangen noch ihm gestatten kann, dass es in seinen Dienstleistungen gegenüber der Volkswirtschaft über die eigene Leistungsfähigkeit hinaus gehe. Aus dieser Bestimmung kann hinsichtlich der Gewährung von Transporterleichterungen zugunsten der Volkswirtschaft eine Lastenabgrenzung gegenüber dem Bunde hervorgehen. Ergeben sich solche Erleichterungen nicht aus dem Wettbewerb anderer Verkehrsmittel von selbst, so sollen sie von den Bundesbahnen gewährt werden, wenn es mit dem Grundsatz ihrer finanziellen Selbsterhaltung vereinbar ist. Ist letzteres nicht der Fall, so wird der Bund zu prüfen haben, ob die allgemeine Bundeskasse bei ihrer Gewährung mithelfen oder sie ganz übernehmen soll. Durch eine solche Abgrenzung wird vermieden, dass die Bahnbenützer allein durch entsprechend höhere Tarife für Dienste aufkommen müssen, die der Allgemeinheit in besonderem Masse nützen.

Zu Art. 4.

Dieser Artikel bestätigt den auch im Organisationsgesetz von 1923 enthaltenen Grundsatz, dass im allgemeinen die Bundesgesetzgebung in Eisenbahnsachen auch auf die Bundesbahnen Anwendung findet. Dabei ist verstanden, dass den andern «Gesetzen in Eisenbahnsachen » das vorliegende Gesetz hinsichtlich der Gegenstände, über die es Bestimmungen enthält, für die Bundesbahnen vorgeht. Im Entwurf zum neuen Eisenbahngesetz, das das Bundesgesetz über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 23. Dezember 1872 zu ersetzen haben wird, ist dieser Gesichtspunkt ausdrücklich erwähnt.

In dem Artikel ist weiter vorgesehen, dass der Bundesrat Ausnahmen von den Bestimmungen der Eisenbahngesetzgebung für die Bundesbahnen zulassen kann. Man beschränkt jedoch dieses Becht ausdrücklich auf Fälle, bei denen

315 nur das innere Verhältnis zwischen Bund und Bundesbahnen in Frage kommt.

Die Freiheit, Ausnahmen zuzulassen, soll nicht so weit gehen, dass dadurch berechtigte Interessen Dritter getroffen werden könnten. Insbesondere will man die Befürchtung ausschliessen, der Bundesrat könnte eines Tages den Bundesbahnen gesetzliche Erleichterungen gewähren, die den Privatbahnen nicht zugute kamen. Klar ist im übrigen, dass man mit dieser Bestimmung Vereinfachungen rechtfertigen will, die sich aus der Natur der Dinge aufdrängen : beispielsweise muss man hinsichtlich der technischen und administrativen Kontrolle der Bundesbahnen durch die Aufsichtsbehörde nach wie vor die Anwendung anderer Grundsatze ermöglichen, als sie sich gegenüber den privaten Eisenbahn- oder Schiffahrtsunternehmungen als angebracht erweisen.

Wenn endlich in Artikel 4 ausdrücklich von der Gesetzgebung «in Eisenbahnsachen» gesprochen wird, so fällt darunter diejenige nicht, die zwar auch auf die Eisenbahnen Anwendung findet, deren Geltungsgebiet jedoch über diese hinausgeht ; so hat man dabei nicht das Arbeitszeitgesetz im Auge, das ebenfalls für andere Verkehrsbetriebe gilt, auch nicht das Fabrikgesetz. Die Anwendung solcher Gesetze auf die Bundesbahnen regelt sich also kraft ihres eigenen Inhaltes, und die Befugnis des Bundesrates, gemäss dem Artikel des Bundesbahngesetzes, dem vorliegende Ausführungen gelten, Ausnahmen zuzulassen, erstreckt sich nicht auf sie.

In einer Zeit, die einem so raschen Wandel unterworfen ist wie die unsrige und in der infolge des Verlustes des Transportmonopols der Eisenbahn die Struktur des Verkehrs sich noch immer in einer Umbildung befindet, deren Ende man nicht abzusehen vermag, kann weder die allgemeine Eisenbahngesetzgebung noch ein neues Bundesbahngesetz von der Voraussetzung ausgehen, die für eine bestimmte Verkehrsverbindung heute gegebene Betriebsweise werde bis in alle Zukunft hinein unverändert die gleiche sein. Es muss vielmehr die Möglichkeit vorliegen, nötigenfalls eine veraltete Schablone zu sprengen und sich veränderten Anforderungen anzupassen. Daher soll dem Bundesrate die Befugnis gewährt werden, wenn bestimmte Verkehrsverhältnisse es erheischen, neben der Bedienung durch die Eisenbahnen auch diejenige durch andere Transportmittel, in erster Linie Automobile, vielleicht auch einmal
Flugzeuge, zu gestatten, mit andern Worten den Gebrauch derjenigen Transportmittel zu ermöglichen, die sie am besten dazu gebrauchen können, um in einem bestimmten Fall ihre Aufgabe durchzuführen. In diesem Sinne wurde in den Gesetzesentwurf eine Bestimmung aufgenommen, wonach Änderungen an der «Betriebsweise» mit dem Einverständnis des Bundesrates statthaft sein sollen. Der entsprechende Gedanke ist schon im dringlichen Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1984 zum Ausdruck gekommen. Solche Änderungen an der Betriebsweise können selbstverständlich auch in weniger einschneidenden Massnahmen bestehen als den erwähnten, z. B. in der Umstellung der Verkehrsbedienung auf leichte Fahrzeuge, in der Einschränkung der Pflichten der Bahn auf unrentablen Linien, in der Aufhebung der Besetzung gewisser

316 Stationen. Denken lässt sich auch an den teilweisen Ersatz der Personenzüge durch Automobilkurse, wobei die starre gesetzliche Pflicht der Bahn zur Führung einer täglichen Mindestzahl von Eisenbahnzügen gelockert würde.

Die Hauptsache ist dabei, dass die Änderungen wirtschaftlich und im Sinne einer fortschrittlichen Geschäftsgebarung gerechtfertigt sind.

Die Wandlung in den Anforderungen des Verkehrs kann unter Umständen so weit gehen, dass eine vorhandene Eisenbahnlinie überhaupt keine Daseinberechtigung mehr besitzt. In diesem Palle sollen die Bundesbahnen die Möglichkeit erhalten, sie stillzulegen. Diese Stillegung kann sich zunächst als eine befristete Massnahme aufdrängen. Dann sollte sie mit dem Einverständnis des Bundesrates möglich sein, der abzuwägen haben wird, ob der den Bundesbahnen aus der Massnahme erwachsende Nutzen in einem richtigen Verhältnis zu dem den vorhandenen Interessenten zuzumutenden Opfer steht. Handelt es sich dagegen um eine dauernde Stillegung, so ist der Eingriff doch ein derartiger, dass die Zustimmung der Bundesversammlung vorbehalten werden muss. Wir halten, in etwelcher Abweichung vom bezüglichen Vorschlag der Bundesbahnverwaltung, eine solche Ordnung für angemessen.

Zu Alt. 5.

Diese den Sitz und den Gerichtsstand der Bundesbahnen betreffende Bestimmung ist die überlieferte, auch im Organisationsgesetz von 1923 stehende.

Sie wird im entsprechenden Sinne auch im revidierten Eisenbahngesetz zu finden sein müssen. Wir schlagen indessen vor, an Stelle der im wörtlichen Sinne nie befolgten Vorschrift, an jedem Kantonshauptort ein Domizil zu verzeigen, den gesetzlichen Gerichtsstand am Kantonshauptort für die Kantonseinwohner vorzusehen. Damit wird das, was man anstrebt, in deutlicherer Form gesagt.

Zu Art. 6.

Die Steuerbefreiung, um die es sich in diesem Artikel handelt, soll auch in Zukunft für die Bundesbahnen in gleichem Masse gelten wie bisher.

Zu beachten ist, dass nur von der Besteuerung durch die Kantone und Gemeinden die Eede ist. Die Befreiung erstreckte sich bisher nur auf diese Steuern, und es soll auch in Zukunft so bleiben. Wollte man generell die Befreiung der Bundesbahnen von der Bundesbesteuerung vorsehen, so könnten das Bundesgesetz über die Stempelabgaben und das Couponsteuergesetz auf sie nicht mehr angewendet werden, was offenbar zu weit
ginge. Die Befreiung der Bundesbahnen allein vom Frachturkundenstempel wäre ebenfalls nicht durchführbar. Dagegen bleibt verstanden, dass die Bundesbahnen von der eidgenössischen Krisenabgabe, wie es im Bundesratsbeschluss vom 19. Juni 1934 schon bestimmt ist, befreit bleiben sollen. Für allfällige künftige eidgenössische Steuern wird von Fall zu Fall zu entscheiden sein, ob die Bundesbahnen steuerfrei zu erklären seien oder nicht.

317 Im Entwurf ist klargestellt, dass sich die Steuerbefreiung auf die Bundesbahnen «mit Einschluss ihrer Nebenbetriebe» erstreckt. Diese Klarstellung ist notwendig angesichts der in der Praxis etwa vorgekommenen Meinungsverschiedenheiten. Solche Meinungsverschiedenheiten beziehen sich nicht auf die Hilfsbetriebe und Nebengeschäfte des Bahnunternehmens, wie Materialverwaltung, Kraftwerke, Werkstätten, Schiffbetrieb auf dem Bodensee, von denen nie bestritten worden ist, dass sie zum integrierenden Bestandteil desselben gehören. Unter den Nebenbetrieben hat man jedoch auch die Lagerhäuser, die Lagerplätze für Bahnkunden, Kiosks, Bahnhofwirtschaften, Verkaufsgeschäfte für die notwendigen Bedürfnisse der Eeisenden, Coiffeurgeschäfte, Badeanstalten etc. im Auge. Soweit sie sich als gewerbliche Unternehmungen Dritter oder als Bestandteile solcher Unternehmungen darstellen, unterliegen sie zu Lasten dieser Dritten der Besteuerung. Was jedoch die Beziehungen solcher Unternehmungen zur Bahn, auf deren Gebiet und in unmittelbarem Zusammenhang mit welcher diese geführt werden, anbetrifft, so sind sie unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, dass die Unternehmungen Aufgaben erfüllen, die infolge der Vergrösserung und Verfeinerung der Bedürfnisse des Verkehrs an die Bahn herangetreten sind und von ihr übernommen werden müssen, wenn sie auf der Höhe der Zeit bleiben will. Die Konkurrenz anderer Verkehrsmittel verlangt von der Bahn im Interesse ihrer Selbsterhaltung und in demjenigen ihrer Kunden eine wachsende Anpassung an derartige Bedürfnisse. Ihre Befriedigung darf durch die Steuerpolitik von Kantonen und Gemeinden nicht erschwert werden.

Unverändert gegenüber den bisherigen Vorschriften ist die Bestimmung hinsichtlich der Steuerbefreiung von Liegenschaften.

II. Befugnisse der Bundesversammlung und des Bundesrates.

Zu Art. 7.

Die Befugnisse der Bundesversammlung, wie sie im neuen Gesetz geordnet werden wollen, ergeben sich aus den dem Aufbau des Unternehmens zugrunde zu legenden Gedanken, die wir in früherem Zusammenhang eingehend besprochen haben, und bedürfen von dieser Seite aus keiner eingehenden Erläuterungen mehr.

Betonen möchten wir nochmals, dass entsprechend der Konzentration der obersten finanziellen Verantwortung für die Bundesbahnen im Bundesrate das bisherige Eecht der Bundesversammlung, den Voranschlag zu genehmigen, wegfallen soll, so dass sich die Bundesversammlung künftig nur noch einmal im Jahre, nämlich anlässlich der Genehmigung von Geschäftsbericht und Jahresrechnung, regelmässig mit den Bundesbahnen zu beschäftigen haben wird. Durch diese Einschränkung werden materielle Eechte der Bundesversammlung im Vergleich zu heute nicht in nennenswertem Masse beschnitten.

Hinsichtlich der Tarifbildung besass die Bundesversammlung bisher das Eecht der Gesetzgebung über die dafür massgebenden Grundsätze. Für das Tarifwesen der Bundesbahnen gilt bis heute das Tarifgesetz vom 27. Juni

318 1901. Wir sind mit der Verwaltung der Bundesbahnen der Ansicht, dass das Tarifwesen grundsätzlich kein Gegenstand ist, der sich für die Bearbeitung in einem grossen Gremium wie der Bundesversammlung und auf dem Wege eines Gesetzes eignet. Deshalb sehen wir für die Zukunft vor, dass der Bundesrat die allgemeinen Grundsätze für die Tarifbildung aufstellen werde, wobei, in Anbetracht der besondern Wichtigkeit dieser Materie für alle Zweige der schweizerischen Volkswirtschaft, der Bundesversammlung das Eecht vorbehalten sein soll, diese Grundsätze zu genehmigen. Angesichts der Konzentration der Verantwortung für die Finanzen der Bundesbahnen beim Bundesrate wäre es auch schwer verständlich, wenn er nicht dieses wichtige Gebiet in massgebender Weise ebenfalls sollte beeinflussen können. Solange das Tarifgesetz von, 1901, das übrigens in mannigfacher Hinsicht veraltet ist, nicht aufgehoben ist, bedürfte es im Bundesbahngesetz keiner besonderen Bestimmung betreffend die Tarif auf Stellung. Sollte aber der Bundesrat dazu kommen, die Grundsätze für die Tarifbildung einmal ändern zu müssen, so wäre es diese Behörde, die die Änderungen auszuarbeiten und um deren Genehmigung bei der Bundesversammlung einzukommen hätte. Bei dieser Gelegenheit könnte das alte Tarifgesetz aufgehoben werden.

Um eine dauernde Stillegung von Eisenbahnlinien zu bewirken, haben wir die Genehmigung der Bundesversammlung vorgesehen, während für die Erwerbung bestehender Eisenbahnen durch den Bund oder für den Neubau . von Eisenbahnlinien ein Bundesgesetz mit Eeferendumsvorbehalt notwendig ist." Es Hesse sich die Meinung vertreten, dass für diese beiden Vorgänge die gleiche rechtliche Grundlage angezeigt wäre, doch erweist sich bei näherem Zusehen diese Meinung als unbegründet. Man darf nicht übersehen, dass es sich bei der endgültigen Stillegung von Eisenbahnlinien nur um das letzte Glied von jeweils durch ökonomische Erwägungen bestimmten Veränderungen in der Betriebsweise handelt, die vorher schon sehr weit haben gehen können.

MUSS man, was in der Natur der Dinge liegt, solche andere Veränderungen dem Bundesrate zu verfügen überlassen, so besteht kein sachlicher Grund, den Schritt zur vollständigen Stillegung über Gebühr zu erschweren.1 Die Notwendigkeit der Einholung der Zustimmung der Bundesversammlung genügt durchaus, um ein
voreiliges, unberechtigtes oder gar willkürliches Vorgehen auszuschliessen. Anders liegen die Dinge bei weiteren Erwerbungen oder dem Bau neuer Linien: hier handelt es sich um neue, finanziell schwerwiegende Entschlüsse, die nur unter den strengsten Kautelen gefasst werden dürfen.

Die übrigen Kompetenzen der Bundesversammlung ergeben sich als Folge der für die künftige Finanzwirtschaft der Bundesbahnen in Aussicht genommenen Ordnung. Die einschlägigen Gesetzesartikel werden weiter unten besprochen. An dieser Stelle möchten wir. als wichtigste Bestimmung, nur das Bechi und die Pflicht der Bundesversammlung hervorheben, über die zur Deckung eines allfälligen Fehlbetrages der Jahresrechnung zu treffenden Massnahmen jeweils zu entscheiden, womit die blosse Akkumulierung solcher Defizite auf spätere Eechnungen ausgeschlossen werden soll.

319 Zu Art. 8.

Die Befugnisse des Bundesrates, von denen in diesem Artikel die Eede ist, sind im Gegensatz zum geltenden Gesetze nicht mehr einzeln aufgezählt.

Das wesentliche an ihnen ist, dass im Bundesrat die schon mehrfach hervorgehobene Konzentration der obersten Macht und finanzielle Verantwortung verwirklicht werden soll. Dieses Bestreben, sowie das andere, dass er in der Abgrenzung der Befugnisse möglichst grossen Spielraum erhalten soll, führen zur Ablehnung der Enumeration. Freilich ist dieser Spielraum im Interesse der Klarheit des Aufbaues der Organisation und eines guten Funktionierens derselben in einigen Beziehungen generell abzuzeichnen. Ausdrücklich vorzubehalten sind die Kompetenzen des Verwaltungsrates. Anderseits muss verstanden sein, dass die durch den Bundesrat im Eahmen des Gesetzes zu treffende Ordnung seiner eigenen Befugnisse, derjenigen des Post- und Eisenbahndepartementes, sowie der Befugnisse der leitenden Organe der Bundesbahnen, im Sinne einer weitgehenden Delegation der Kompetenzen erfolgen muss, damit eine einfache, rasche und unabhängige Geschäftsbehandlung gewährleistet sei. Von dieser allgemeinen Umgrenzung der Befugnisse des Bundesrates abgesehen, sind in einigen andern Artikeln des Entwurfes bestimmte Befugnisse desselben ausdrücklich genannt, nämlich die Wahl des Verwaltungsrates (Art. 10), diejenige der Mitglieder der Geschäftsleitung (Art. 11), ferner die Genehmigung der vom Verwaltungsrat ausgehenden Erlasse betreffend das Dienstverhältnis des Personals (Art. 14).

Schon nach dem geltenden Organisationsgesetz steht dem Bundesrate das Eecht zu, den Bundesbahnen die im Interesse des Landes gutscheinenden Weisungen zu erteilen. Um allfällige Missverständnisse auszuschliessen, möchten wir dieses Eecht auf den Fall der Wahrung wichtiger Interessen des Landes beschränken; damit soll festgelegt sein, dass sich das Oberaufsichtsrecht des Bundesrates nicht etwa in einer Einmischung in Einzelheiten der Betriebsführung und Verwaltung äussern soll, die für das Landesinteresse nicht von wesentlicher Bedeutung sind.

III. Organe der Schweizerischen Bundesbahnen.

Zu Art. 9.

Im Gegensatz zum geltenden Gesetz sieht der Entwurf an leitenden Organen der Bundesbahnen nur noch den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung vor. Die Kreiseisenbahnräte sind aus dem Gefüge der Schweizerischen
Bundesbahnen, nachdem sie schon beim Ablauf ihrer letzten Amtsdauer am 31. Dezember 1935 im Sinne des dringlichen Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1934 nicht mehr neu bestellt worden sind, auch formell verschwunden.

Die mit dem Eückkaufsgesetz von 1897 eingeführten Kreiseisenbahnräte wurden im Organisationsgesetz von 1923 grundsätzlich beibehalten. Es geschah dies in der Erwartung, dass sie berufen sein würden, «als Bindeglied zwischen der Bahnverwaltung einerseits und den Behörden und der Bevölkerung der von ihnen vertretenen Kantone anderseits eine Tätigkeit zu entfalten, die

320 für alle Teile nur erspriesslich sein kann». Ihre Stellung war indessen schon damals nur als diejenige einer konsultativen Behörde gedacht. Demgemäss sollte ihnen die Aufgabe vorbehalten sein, «den Kreisdirektionen als Berater zur Seite zu stehen, sie über die Verkehrsbedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung aufzuklären und auf diese Weise den kantonalen und lokalen Interessen die ihnen zukommende Würdigung bei der Entscheidung über wichtigere Eisenbahnfragen zu sichern». Obschon die Kreiseisenbahnräte im Gesetze als «Organe der Verwaltung» bezeichnet waren, so waren sie dies eigentlich nicht, denn irgendeine Mitverantwortung für den Gang des Unternehmens fiel ihnen nicht zu. Doch auch ihre konsultative Mitwirkung in der Verwaltung erwies sich auf Grund der gemachten Erfahrungen als entbehrlich, denn die Interessen, die sie zu vertreten hatten, werden auf den Gebieten, die für ihre Tätigkeit besonders in Betracht kamen, bereits von andern Stellen in durchaus genügender Weise wahrgenommen. So ist für die Fahrplanangelegenheiten ein besonderes Verfahren festgelegt, bei dem die beteiligten Volkskreise auf dem Weg über die Kantonsregierungen ein weitgehendes Mitspracherecht besitzen. Ähnlich liegen die Dinge in Bauangelegenheiten, deren Bedeutung übrigens im Laufe der Jahre immer mehr zurückgegangen ist und angesichts der Finanzlage der Bundesbahnen in absehbarer Zeit kaum mehr in nennenswertem Masse aufleben wird. Für die Begutachtung kommerzieller und tarifarischer Fragen, an denen weitere Volkskreise stark interessiert sind, besteht die kommerzielle Konferenz, in der die Kreise der Bahnbenützer angemessen vertreten sind. Unter diesen Umständen lässt sich die Aufrechterhaltung der Kreiseisenbahnräte mit dem dringenden Gebot der Vereinfachung der Verwaltung und der Beseitigung aller nicht unbedingt notwendigen Einrichtungen nicht mehr in Einklang bringen. Ihr Verschwinden mit dem Beginn des Jahres 1936 hat denn auch kaum einer ernsten Eeaktion aus der Öffentlichkeit gerufen, so dass anzunehmen ist, es bestehe dafür das richtige Verständnis.

Mit der Verwaltung der Bundesbahnen sind wir der Meinung, dass die Beseitigung dieser Institutionen eine endgültige sein soll.

Im zweiten Absatz des Art. 9 wird ausdrücklich festgelegt, dass die leitenden Organe der Bundesbahnen dem Bundesrate für ihre
Geschäftsführung verantwortlich sein sollen. Immerhin kann diese Verantwortung über den Eahmen des eigenen Geschäftsbereiches nicht hinausgehen. Die Betonung der gesetzlichen Verantwortlichkeit ist notwendig, um die Zusammenfassung der gesamten Geschäftsführung des Unternehmens unter einen einheitlichen obersten Willen, sowie die Pflicht zur unbedingten Zusammenarbeit aller Beteiligten zum Wohle des Ganzen einwandfrei hervortreten zu lassen.

Zu Art. 10.

Wie erinnerlich ist, hat das Organisationsgesetz von 1923 eine grundlegende Umgestaltung des Verwaltungsrates gebracht, indem es den grossen Verwaltungsrat, der im Eückkaufsgesetz geschaffen worden war, beseitigte und an seiner Stelle die damalige ständige Kommission desselben zum Ver-

321 waltungsrate des Unternehmens werden Hess. Man gedachte, den Verwaltungsrat aus einer kleineren Zahl besonders geeigneter Männer zu bilden, die stets in enger Fühlung mit dem Unternehmen bleiben, und ihnen die Überwachung des Ganges der Dinge und die höchste Entscheidungskompetenz vorzubehalten.

Ähnliche Überlegungen sind es, die auch heute wieder für die Bundesbahnen die Schaffung eines Verwaltungsrates nahelegen. Allerdings muss durch genaue Umschreibung von Eechten und Pflichten zum Ausdruck kommen, dass der Verwaltungsrat im Aufbau des ganzen, im Bundesrate kulminierenden Unternehmens ein zwischen diesem und der Generaldirektion stehendes Glied ist, mit Aufsichtskompetenzen gegenüber der letztern und dem gesamten Unternehmen, sowie mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen, dass aber anderseits die Eechte und die Verantwortung des Bundesrates hinsichtlich des ganzen Unternehmens durch die Anwesenheit und die Stellung des Verwaltungsrates nicht beeinträchtigt werden sollen. Von diesem Gesichtspunkte aus empfiehlt es sich in der Tat, um keine Zweifel aufkommen zu lassen, die Befugnisse des Verwaltungsrates im Gesetze nicht nur mit einer allgemeinen Wendung zum Ausdruck zu bringen, wie es ursprünglich beabsichtigt war, sondern sie einzeln aufzuzählen. Aus einer solchen Präzisierung tritt dann klar hervor, dass der Verwaltungsrat, so sehr ein Teil seiner Kompetenzen nur konsultativen Charakters ist, auch wichtige Entscheidungsrechte besitzt, die ihn zu dem obersten leitenden Organ der Bundesbahnen stempeln.

Dann beantwortet sich die gelegentlich zu hörende Frage, ob denn für die Bundesbahnen ein Verwaltungsrat überhaupt notwendig und erwünscht sei, von selbst in bejahendem Sinne. Es ist von Vorteil, dass die dem Verwaltungsrate vorbehaltenen Befugnisse weder vom Bundesrate noch von der Generaldirektion ausgeübt werden, sondern dass zwischen diesen beiden Behörden noch ein drittes, qualifiziertes Kollegium stehe, das zwar aus Kreisen hervorgeht, die als Benutzer der Bundesbahnen in Frage kommen, aber trotzdem die Verantwortung für ihr Gedeihen im Eahmen seiner Befugnisse mitzutragen bereit ist.

Die Umschreibung der Befugnisse des Verwaltungsrates im neuen Gesetze ändert sich im Vergleich zu der bestehenden Ordnung einigermassen, entsprechend der vorgesehenen Veränderung im Aufbau des Unternehmens.
Nach wie vor ist dem Verwaltungsrate die Beschlussfassung über generelle Projekte für grössere Bauten vorbehalten, und die Genehmigung wichtiger Verträge, ebenso die Aufstellung der allgemeinen Verwaltungsorganisatiou und die Festsetzung der Befugnisse und Obliegenheiten der einzelnen Dienststellen und seine Kompetenzen hinsichtlich der Vornahme von Wahlen und der Aufstellung von Wahlvorschlägen sind die überlieferten. Die veränderte Stellung von Bundesrat und Bundesversammlung in bezug auf die mit dem Voranschlag zusammenhängenden Eechte bringt es jedoch mit sich, dass künftig der Verwaltungsrat den Voranschlag zuhanden des abschliessend über ihn befindenden Bundesrates aufzustellen hat. Die Jahresrechnung und den Geschäftsbericht dagegen wird er nach wie vor zuhanden des Bundesrates

322 prüfen, der sie seinerseits der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreiten wird. Eine wichtige Erweiterung erfahren die Eechte des Verwaltungsrates, verglichen mit dem heutigen Zustande, im Personalwesen, indem er, unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Bundesrat, künftig dazu berufen sein soll, das Ämterverzeichnis und die Besoldungsordnung für die Beamten der Bundesbahnen aufzustellen sowie das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter zu ordnen. Die Überlegungen, die zu diesem Vorschlage geführt haben, finden sich in einem früheren Zusammenhang.

Zu Art. 11.

Die Z u s a m m e n s e t z u n g der G e s c h ä f t s l e i t u n g , die dieser Artikel regelt, soll grundsätzlich die bisherige bleiben, indem die bezügliche Aufgabe zwischen der Generaldirektion und den Kreisdirektoren geteilt wird. Auch in der Bestellung der Geschäftsleitung durch den Bundesrat, auf unverbindlichen Vorschlag des Verwaltungsrates hin, tritt keine Änderung ein.

Dieser Dualismus in der Geschäftsleitung der Bundesbahnen hat schon viel zu reden gegeben, und es ist immer wieder die Meinung vertreten worden, für die Leitung eines Unternehmens wie der Bundesbahnen, deren gesamter Umfang knapp an die durchschnittliche 'Grosse einer deutschen Eeichsbahndirektion heranreicht und wesentlich unter der Grosse der französischen Hauptnetze steht, würde eine Generaldirektion genügen; die Kreisdirektionen seien überflüssig und ihre Abschaffung würde den Betrieb vereinfachen und verbilligen. Man ist soweit gegangen, in einer derartigen Reform der Organisation einen Hauptpunkt der anzustrebenden Neuerungen sehen zu wollen, von dessen Durchführung sehr -viele Vorteile zu erwarten seien. Dabei ist sogar zu hören gewesen, dass die Generaldirektion in Bern die Arbeit der Kreisdirektionen ohne Vermehrung ihres Personalbestandes übernehmen könnte, was eine entsprechende, bedeutende Ansgabenverminderung zur Folge hätte.

Die Verwaltung der Bundesbahnen und wir mit ihr haben selbstverständlich bei Anlass der Aufstellung des neuen Gesetzesentwurfes dieser Frage neuerdings die verdiente Aufmerksamkeit geschenkt, sind jedoch zur Überzeugung gelangt, es sollte an der überlieferten Ordnung grundsätzlich nichts geändert werden.

Die Einteilung des Bundesbahnnetzes in drei Kreise empfiehlt sich schon mit Bücksicht auf die eigenartigen
verkehrsgeographischen und ethnographischen Verhältnisse unseres Landes. Davon abgesehen darf man ferner nicht übersehen, dass die Kreisdirektionen mit den Behörden und der Bevölkerung der von ihnen bedienten Gebiete in viel engerem Kontakt stehen als die General-* direktion und ihre Organe es sein können; jene vermögen schon darum ein wesentliches Mass von Arbeit leichter und rascher zu besorgen als es von Bern aus der Fall wäre. Die in den Kreisen geleistete Arbeit ist eine beträchtliche und sie muss getan werden. Worin sie besteht, mögen folgende Andeutungen zeigen: Das unmittelbar der Generaldirektion unterstellte Personal mit Einschluss der Werkstätten (gegen 3500 Mann) zählt annähernd 4500 Bedienstete.

323 Die übrigen rund 24,000 Mann sind Personal der Kreisdirektionen. Jede von diesen hat demnach die Personalgeschäfte für rund 8000 Bedienstete zu besorgen.

Dazu gehören unter anderem die Diensteinteilungen für die einzelnen Bediensteten, die sorgfältig ausgearbeitet werden müssen und viel Zeit erfordein. sowie die Ausbildung und Prüfung des Personals. Unter den Aufgaben der Kreisdirektionen befinden sich ferner die Aufstellung der Dienstpläne der Lokomotiven und des übrigen Eollmaterials, die Kontrolle der Fahrgeschwindigkeit und der Belastung der Züge, die Untersuchung von Störungen, Unfällen und Unregelmässigkeiten, die Handhabung der Bahnpolizei, die Ausarbeitung und Anpassung der Fahrpläne an die regionalen Bedürfnisse und Wünsche, die Leitung und Überwachung des Dienstes auf den Stationen und in den Zugsund Lokomotivdepots, ebenso diejenige des Bahnbaues und Unterhaltes, die Behandlung von Reklamationen über Verluste und Beschädigungen von Gütern, ferner die Verwaltung des sehr ausgedehnten Grundbesitzes mit allen nachbarrechtlichen Auseinandersetzungen usw. Die dezentralisierte Besorgung aller dieser Arbeiten rechtfertigt sich durchaus. Wollte man die drei Kreise aufheben und die betreffenden Geschäfte zentralisieren, so würde dies nur eine, dem heutigen Personalbestand annähernd entsprechende Verstärkung des Personals in Bein erfordern, wobei noch eine Vermehrung der notwendigen Dienstreisen und damit eine umständlichere, zeitraubendere und bureaukratischere Geschäftsabwicklung zu befurchten wäre. Es würde sich übrigens alsbald die Notwendigkeit einstellen, einen Teil der bisher in den Kreisen besorgten Verwaltungsarbeit auf neu zu bildende, regional zu verteilende Verwaltungseinheiten zu übertragen. Personaleinsparungen von Belang wären in keinem Falle zu erzielen. Die auch schon angeregte Verteilung der nicht in Bern zu konzentrierenden Arbeit auf die grösseren Bahnhöfe ginge nicht an, denn die Vorstände dieser Bahnhöfe dürfen nicht zum Nachteil des Betriebes ihrer Hauptaufgabe, für die sie ihre volle Arbeitskraft aufbieten müssen, entfremdet werden.

MUSS man somit der Beibehaltung der Kreisdirektionen das Wort reden, so erscheint es natürlich, ihnen nach wie vor in den Kreisdirektoren eine Spitze zu geben. Kreisdirektionen ohne einen Kreisdirektor zu bilden, wie auch schon vorgeschlagen
worden ist, würde schon ihrem Wesen nach eine unzweckmässige Lösung sein. In diesem Falle müsste übrigens die Arbeit, die heute der Kreisdirektor ohne Mitwirkung seiner Dienstabteilungen verrichtet, sowie die andere, welche die Dienste des Kreises zu seinen Händen vorbereiten und die er in eigener Kompetenz abschliessend zu besorgen hat, worunter beispielsweise viele Personalgeschäfte, wie Wahlen, Pensionierungen, Disziplinarverfügungen usw., fallen, am Zentralsitz durch die Generaldirektion erledigt werden. Damit ergäbe sich nur eine Komplikation, der kein Vorteil gegenüberstehen würde.

Und der wesentliche Vorteil für das Unternehmen, dass an drei regionalen Mittelpunkten des Landes in der Person des Kreisdirektors ein Statthalter der Generaldirektion wirkt und als engeres Bindeglied mit Behörden und Bevölkerung zur Verfügung steht, ginge verloren.

324 Die grundsätzliche Beibehaltung der Kreisdirektionen und ihrer Spitze im neuen Gesetze bildet dagegen kein Hindernis, um darin auf die Umschreibung des Tätigkeitsgebietes der Kreisdirektionen zu verzichten. Man wird bei einer solchen elastischen Eegelung überall da, wo es sich im Interesse der Verwaltung als zweckmässig erweist, Verschiebungen und Organisationsänderungen vornehmen können.

Weder in den eben besprochenen noch in einem andern Artikel des neuen Entwurfes sind Vorschriften über weitere organisatorische Einzelheiten enthalten, entsprechend den Bestimmungen, auf Grund deren unter der Herrschaft des Organisationsgesetzes der Sitz der Materialverwaltung und derjenige der Verkehrskontrolle für den Güterverkehr ausserhalb des Sitzes der Zentralverwaltung, zu welcher diese Dienste gehören, verlegt worden sind. Wie die Verwaltung richtig bemerkt, hat die Erfahrung gezeigt, dass solche Einzelheiten grundsätzlich nicht in einem Gesetze festgelegt werden sollen. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass man daran denke, an der in dieser Hinsicht bestehenden Ordnung eine Änderung vorzunehmen.

Man darf schliesslich, um die Beibehaltung der überlieferten Ordnung der Geschäftsleitung des Unternehmens zu rechtfertigen, darauf hinweisen, dass diese es schon bisher den Bundesbahnen erlaubt hat, den Prozentsatz des Personals ihrer allgemeinen Verwaltung im Verhältnis zu der Gesamtzahl des Personals und zu dem zu bewältigenden Umfang der Fahrleistungen in bescheidenen Grenzen zu halten, verglichen mit den bei andern grossen Eisenbahnnetzen bestehenden Verhältnissen mit anderer Eegelung der Geschäftsleitung. Dies deutet darauf hin, dass die Beibehaltung der gegenwärtigen Ordnung der Erzielung weiterer Vereinfachungen und Ersparnisse und damit einem guten Wirtschaften auch in Zukunft nicht im Wege stehen wird.

Zu Art. 12.

Im Gegensatz zum bestehenden Gesetz ist über die Zusammensetzung der Generaldirektion, die heute aus dem Präsidenten und zwei Generaldirektoren besteht, im Entwurfe nichts Genaueres mehr bestimmt, sondern es wird auch in dieser Beziehung dem Bundesrate volle Freiheit gelassen. Damit will man sich grundsätzlich die Möglichkeit offen halten, Änderungen, die sich im Laufe der Zeit als empfehlenswert herausstellen könnten und deren Durchführung durch eine starre Vorschrift verhindert würde,
zu verwirklichen. Wie sich die Bedürfnisse heute übersehen lassen, ist die Verwaltung der Bundesbahnen gestützt auf ihre Erfahrungen und in Anbetracht der Zusammensetzung des Landes der Meinung, dass die Generaldirektion zweckmässigerweise aus einem Dreierkollegium zusammengesetzt sein soll.

Nach Art. 12 liegt der Generaldirektion die oberste Leitung und Geschäftsführung ob, gemäss der vom Verwaltungsrate zu erlassenden Geschäftsordnung.

Nach unten ist diese Stellung der Generaldirektion, im Verhältnis zur Gesamtheit der Geschäftsleitung, aber auch in demjenigen zur gesamten Dienst-

325

organisation verstanden. Nach oben sind selbstverständlich die Befugnisse des Verwaltungsrates vorbehalten, dem die Aufsicht über die Verwaltung zukommen soll, sowie die Stellung des Bundesrates als der Behörde, in der sich die Oberaufsicht über Geschäftsführung und Finanzhaushalt der Bundesbahnen konzentriert.

Zu Art. 13.

Die notwendigen Bemerkungen über die Stellung der Kreise im gesamten Aufbau der Bundesbahnen haben wir bei Art. 11 angebracht. An der Anzahl und dem Sitz der Kreisdirektoren wird gegenüber der geltenden Ordnung nichts geändert.

IV. Dienstverhältnis des Personals.

Zu Art. 14.

Dieser Artikel umschreibt in allgemeinen Zügen die künftige Stellung des Personals d«r Bundesbahnen, sein Dienstverhältnis betreffend, im Eahmen der Gesetzgebung, wie sie ini Entwurfe zum Ausdruck kommt und in den darüber angebrachten grundsätzlichen Ausführungen motiviert wird. Das Wesentliche, worauf es unseres Erachtens ankommt, ist in jenem Zusammenhange gesagt worden. Wir halten es für berechtigt, dass entsprechend der Einheit des Arbeitgebers das Bundesbahnpersonal überall dort, wo es die Umstände gestatten, in seinem Dienstverhältnis wie bisher dem übrigen Bundespersonal gleichgestellt werde, dass also die über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten bestehenden bundesrechtlichen Bestimmungen auch auf das Bundesbahnpersonal weiterhin Anwendung finden. Warum dies aber hinsichtlich des Besoldungswesens auf die Länge nicht angeht, haben wir oben angeführt : eine starre gesetzliche Begelung desselben verträgt sich mit der Natur der Bundesbahnen als eines abgeschlossenen technischen Betriebes, der mitten im Kampfe des Wirtschaftslebens steht, nicht.

Demnach drängen sich gegenüber dem heutigen Zustande die Abweichungen auf, dass die Aufstellung des Verzeichnisses der Ämter, deren Träger die Eigenschaft von Beamten haben, und der Erlass der Besoldungsordnung für die Beamten der Begelung durch das Gesetz entzogen und denjenigen Instanzen übertragen werden sollen, die die wirkliche oberste Verantwortung für das Gedeihen der Bundesbahnen tragen. Infolgedessen wird es der Verwaltungsrat sein müssen, der die betreffenden Erlasse aufstellt, während dafür dem Bundesrate die Genehmigung vorbehalten ist. In welchem Sinne wir glauben, dass Bundesrat und Verwaltungsrat von ihren Befugnissen werden Gebrauch machen müssen, haben wir weiter oben bereits ausgeführt, so dass sich eine Wiederholung an dieser Stelle erübrigt.

Im Art. 14 des Entwurfes ist von der Ordnung des Dienstverhältnisses der Angestellten und Arbeiter nichts Besonderes gesagt. Dies war deswegen nicht nötig, weil, von gewissen Ausnahmen abgesehen, auf die wir bei Art. 16 zu sprechen kommen werden, das Beamtengesetz auf diejenigen Arbeitskräfte des Bundes, die nicht Beamte sind, nicht anwendbar ist, und weil schon Art. 62 Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

22

326 des gleichen Gesetzes den Bundesrat für die Ordnung des Dienstverhältnisses dieser Bediensteten zuständig erklärte. Es genügte demnach, bei der Aufzählung der Befugnisse des Verwaltungsrates in Art. 10 festzulegen, dass dieser es ist, der zur Ordnung des Dienstverhältnisses der Angestellten und Arbeiter zuständig sein soll, unter Vorbehalt der Genehmigung des Bundesrates.

Zu Art. 15.

Es erschien notwendig, im Gesetze die Eichtlinien festzuhalten, nach denen die Besoldungsordnung für die Beamten der Bundesbahnen aufzustellen ist.

Es handelt sich dabei um die für das übrige Bundespersonal in den Art. 37, 88, 40 und 43 des Beamtengesetzes geordneten Gegenstände, also die Bestimmung der Zahl der Besoldungsklassen, der auf das Jahr berechneten Mindestund Höchstbeträge der Besoldungen in den einzelnen Klassen, um die Begelung der Besoldungserhöhungen sowie der Ortszuschläge und der Kinderzulagen.

Wie wir hinsichtlich der Bestimmung der Zahl der BesoldWgsklassen sowie der Besoldungsgrenzen vorzugehen gedenken, wurde schon in früherem Zusammenhange umschrieben. Wenn man auch einerseits die für das übrige Bundespersonal, von dem gewisse Kategorien auch hei den Bundesbahnen vertreten sind, getroffene Begelung wird berücksichtigen müssen, so wird man anderseits die Unterschiede nicht übersehen dürfen, die in den Lebensverhältnissen von Stadt und Land und von einzelnen Landesgegenden gegenüber anderen bestehen, ebensowenig die Gleichartigkeit der Tätigkeit gewisser Kategorien des Bundesbahnpersonals mit Personal der Privatwirtschaft. Zu dem allem wird man auch in angemessener Weise auf die finanzielle Lage des Unternehmens abzustellen haben, die nicht ohne den gebührenden Einfluss auf das Besoldungswesen bleiben kann.

Über die Gestaltung der Besoldungserhöhungen haben wir im Gesetzesentwurf nichts Näheres gesagt. Es ist dabei verstanden, dass auf Beginn jedes Kalenderjahres der Beamte ordentlicherweise bis zur Erreichung des Höchstbetrages seiner Gehaltsklasse auf eine derartige Erhöhung Anspruch erhalten soll; vorzubehalten wird sein, dass man in Fallen, in denen das Verhalten des Beamten solche Erhöhungen nicht rechtfertigt, von diesem Grundsatz wird abweichen dürfen. Was die ausserordentlichen Besoldungserhohungen bei Beförderungen oder auch ohne Beförderung anbelangt, so gedenken wir ähnlich
vorzugehen wie bisher; Art. 41 des Beamtengesetzes kann deshalb auch für die Bundesbahnbeamten weiter gelten.

Auch die Ortszuschläge und die Kinderzulagen sind in unserem Entwurfe nur generell erwähnt.

Was die Ortszuschläge anbelangt, so sollen sie grundsätzlich wie bisher nach dem Zivilstande verschieden bemessen sein und zum Ausgleich der verschiedenen Kosten der Lebenshaltung in den einzelnen Landesgegenden dienen.

In dem Ausmass dieser Zuschläge und in der Zahl der Zuschlagsstufen gedenken wir allerdings von der Ordnung nach Art. 37 des Beamtengesetzes nach Bedarf abzuweichen, indem wir in Verbindung mit der Bemessung der Be-

327 soldungen die Anzahl der Zuschlagsstufen zu vermehren wünschen, um den mannigfachen Unterschieden in den Kosten der Lebenshaltung, wie sie in unserem Lande bestehen, besser Eechnung tragen zu können als es zum Nachteil der Bundesbahnen heute nach der Ordnung des Beamtengesetzes der Fall ist.

Die Kinderzulagen sollen grundsätzlich jedem Beamten zukommen für jedes nichterwerbende Kinder unter 18 Jahren. Über ihre zahlenrnässige Gestaltung wird imBahmens des übrigen Besoldungswesens zu entscheiden sein.

Art. 42 des Beamtengesetzes betreffend die Auslandszulagen wird unverändert auch für das Personal der Bundesbahnen gelten. Dies erscheint ohne weiteres gegeben, da er nur programmatische Bedeutung besitzt, dem Bundesrate für die Ausführung des Grundgesetzes freie Hand lässt und die Frage für die Bundesbahnen sowieso nur geringe Bedeutung besitzt.

Das gleiche ist der Pali betreffend Art. 44 des Beamtengesetzes, der den Ersatz von Auslagen und die Vergütungen regelt für Dienstreisen, Umzug, Nachtdienst etc. Man kann sich damit zufrieden geben, dass im Gesetze der Bundesrat als die zur Ordnung dieser Dinge massgebende Instanz bezeichnet wird und dass er die betreffenden Befugnisse nachgeordneten Dienststellen übertragen kann. Die für die Verwaltung der Bundesbahnen wie für das Personal in dieser Hinsicht sich ergebende Lage wird also im grossen und ganzen die bisherige bleiben.

Die Schlussbestimmung des Art. 15 des Gesetzesentwurfes, wonach bei der Berechnung von Versicherungsrenten oder Buhegehältern die Ortszuschläge und Kinderzulagen ausser Betracht fallen, entspricht dem geltenden Eechte.

Zu Art. 16.

Dieser Artikel enthält zunächst im Sinne des Art. 62 des Beamtengesetzes den Hinweis auf diejenigen Bestimmungen des letzteren, welche zurzeit auch für Bedienstete der Bundesbahnen gelten, denen die Eigenschaft von Beamten abgeht. Es soll damit also lediglich der geltende Bechtszustand bestätigt werden. Dabei handelt es sich um die Art. 18 des Beamtengesetzes (Vereinsrecht), 23 (Streikverbot), 53, Absätze 2 und 3 (Erschwerung der Auflösung des Dienstverhältnisses auf Verlangen des Bediensteten in Zeiten von Krieg, Kriegsgefahr oder im Falle bevorstehenden Aktivdienstes, ebenso Vorbehalt der Militärorganisation). Auch die Anwendung des Art. 60 des Beamtengesetzes auf die Angestellten und Arbeiter, soweit es sich um die Zuständigkeit des Bundesgerichtes als einziger Gerichtsinstanz zur Beurteilung von Ansprüchen auf Leistungen der Pensions und Hilfskasse handelt, ist nichts Neues Art. 62 des Beamtengesetzes behält ferner zugunsten der Arbeitskräfte, die nicht als Beamte gelten, die Bundesgesetzgebung über die Arbeitszeit beim Betrieb der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten ausdrücklich vor. Wir halten die Aufnahme eines derartigen Vorbehaltes in das neue Gesetz nicht für notwendig, da es am Anwendungsbereich der erwähnten Gesetzgebung nichts ändern will.

328

In Art. 16 des Entwurfes wird ferner die Anwendung der Art. 88 bis 48 des Bundesgesetzes über die eidgenössische Verwaitungs- und Disziplinarrechtspflege vom 11. Juni 1928 auf die Angestellten vorbehalten. Zur Zeit findet von diesen Artikeln nur Art. 43 über die Disziplinarkommissionen auf standig beschäftigte, aber nicht auf Amtsdauer gewählte Bedienstete Anwendung. Dagegen ist ausdrucklich bestimmt, dass der Angestellte bei disziplinarischer Entlassung kein Beschwerderecht an das Bundesgericht hat, sondern nur ein solches innerhalb der Verwaltung.

Wenn wir nunmehr befürworten, die Art. 83--42 betreffend die Disziplinarrechtspflege durch das Bundesgericht als oberste Instanz auf Disziplinarfälle von Angestellten ebenfalls anzuwenden, so geschieht es in Anbetracht des Umstandes, dass schon seit dem Erlass des dringlichen Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1934 der Kreis der Bediensteten, die statt ins Beamtenverhältnis in das Angestelltenverhältnis kommen sollen, gegenüber früher erweitert worden ist und dass die gleiche Tendenz auch unter dem neuen Bundesbahngesetze befolgt werden soll, die Angestellten also bei den Bundesbahnen gegenüber bisher eine verhältnismässig grössere zahlenmässige Bedeutung erhalten würden.

Für die Bediensteten, die bisher schon regelmässig im Angestelltenverhältnis standen, z. B. die Schrankenwärterinnen, ergibt sich damit ein Ausdehnung ihrer Eechte.

Es liegt im Interesse eines guten Einvernehmens zwischen der Leitung und dem Personal, wenn dieses die G-ewissheit hat, dass es bei Verhängung wenigstens der schwersten Disziplinarstrafen den Entscheid einer ausserhalb der Verwaltung stehenden und von ihr unabhängigen Behörde anrufen kann in den Fällen, in denen es die erfolgte Massregelung als ungerecht oder zum mindesten als zu scharf empfindet, und dass es die Begutachtung auch von solchen Disziplinarfällen, die endgültig innerhalb der Verwaltung erledigt werden, durch eine Disziplinarkommission verlangen kann, die wenigstens von einem ausserhalb der Verwaltung stehenden Präsidenten geleitet wird. Eine Verwaltung, die ihre Disziplinarbefugnisse besonnen und gerecht auszuüben sich bestrebt, hat keinen Grund, sich der Mitwirkung dieser Institutionen zu widersetzen.

Gegen den Wert einer derartigen Erweiterung des Schutzes der Angestellten könnte zwar eingewendet werden,
für diese komme nur die disziplinarische Entlassung in Betracht, die demnach auf dem Beschwerdeweg an die Beamtenkammer des Bundesgerichtes weitergezogen werden könnte, und nicht schon wie bei den Beamten die Versetzung ins provisorische Dienstverhältnis, die es als Disziplinarstrafe für die Angestellten gar nicht gibt. Der Wert des Beschwerderechtes gegen die disziplinarische Entlassung für die Angestellten könnte also deshalb angezweifelt werden, weil der Verwaltung sowieso das Eecht zusteht, deren Dienstverhältnis jederzeit unter Beobachtung einer Kündigungsfrist von drei Monaten aufzulösen, sie also, selbst wenn die disziplinarische Entlassung eines Angestellten auf dem Beschwerdeweg aufgehoben würde, ihm nachher auf drei Monate kündigen könnte. Diesem Einwand wäre jedoch entgegenzuhalten, dass es für die Berufsehre und das wirtschaftliche

329 Weiterkommen des Angestellten von grosser Bedeutung sein kann, ob das Dienstverhältnis durch disziplinarische Entlassung oder durch ordentliche Kündigung aufgelöst wird.

Umgekehrt könnte der vorgeschlagenen Ordnung entgegengehalten werden, sie fördere eine zu starke Bindung der Verwaltung an solches Personal, dessen Dienstverhältnis nach den bestehenden Absichten lockerer gehalten werden soll als es hinsichtlich des Dienstverhältnisses der Beamten der Fall ist, und sie werde Kündigungen, die sich aufdrängen, erschweren. Wir halten diese Bedenken nicht für schwerwiegend genug, um den Angestellten die genannte Erweiterung ihrer Eechte nicht zuzugestehen, unter der Voraussetzung allerdings, dass, sofern die Verwaltung aus Gründen der Arbeitsabnahme Angestellten gegenüber von ihrem Kündigungsrechte Gebrauch zu machen gezwungen sein sollte, sie mit Bezug auf dessen Ausübung durchaus frei bleiben soll und dass sich aus der besprochenen Bestimmung nicht etwa gar ein Zwang zur Begünstigung der schlechten Angestellten ergeben darf.

Zu Art. 17.

Wir halten es für zweckmässig, dass, wie es für die zum Beamtengesetz ergangenen Erlasse seinerzeit der Fall gewesen ist, eine paritätische Kommission Gelegenheit erhalte, die Entwürfe zu den vom Verwaltungsrate ausgehenden Erlassen zum vorliegenden Gesetze zu begutachten. Die sinngemässe Anwendung des Art. 65 des Beamtengesetzes für die Zusammensetzung einer solchen paritätischen Kommission ist gegeben. Die Vollziehungsverordnung wird darüber das Nähere zu bestimmen haben.

Zweiter Teil.

Finaiizhanshalt und Rechnungsführung.

Dieser Teil des Gesetzesentwurfes enthält namentlich diejenigen Bestimmungen, welche mit der finanziellen Eekonstruktion des Bundesbahnunternehmens in Beziehung stehen. Da die bestehenden Absichten in einem früheren Abschnitt vorliegender Botschaft im Zusammenhange erörtert worden sind, kann, um Wiederholungen zu vermeiden, zunächst und im allgemeinen auf diese Ausführungen verwiesen werden. Bei der nachfolgenden Besprechung der einschlägigen Artikel beschränken wir uns auf die Erwähnung dessen, was ausserdem der Hervorhebung wert ist.

Zu Art. 18.

In der Botschaft zum geltenden Organisationsgdsetz wurde ausgeführt, dass das Eechnungswesen der Bundesbahnen in Zukunft ausschliesslich durch einen besondern Abschnitt des genannten Gesetzes sowie durch die Vollziehungsverordnung zu demselben geordnet werden solle, womit die Anwendung des

330

Bundesgesetzes über das Eechnungswesen der Eisenbahnen vom 27. März 1896 in dem durch Bundesbeschluss vom 13. November 1906 beschränkten Umfange auf die Bundesbahnen ganz dahingefallen war. Es soll auch nach dem neuen Bundesbahngesetze entsprechend gehalten werden: zu dem knappen Artikel 18 desselben, der sich auf das Bechnungswesen bezieht, wird auf diesem Gebiete nur noch die in Art. 24 erwähnte Vollziehungsverordnung kommen.

Materiell ist zu vorliegendem Artikel lediglich zu bemerken, dass sein Inhalt dem Art. 27 des Organisationsgesetzes von 1923 entspricht. Im Gegensatz zu diesem ist jedoch im zweiten Absatz nur noch erwähnt, dass die Verzinsung der Eisenbahnschuld zu Lasten der Bechnung der Bundesbahnen erfolgt, während bisher in diesem Zusammenhang ausser von der Verzinsung auch von der Amortisation die Bede war. Wenn diese jetzt weggelassen wurde, so geschah es im Zusammenhang mit der Neuordnung der Abschreibungen (siehe Art. 20).

Zu Art. 19.

Die hier vorgesehene finanzielle Entlastung des Haushalts der Bundesbahnen wurde im frühern Zusammenhang sowohl nach ihrem Wesen als nach ihren Auswirkungen eingehend erörtert. Das Wesentliche ist, dass der Bund von der heutigen Obligationenschuld der Bundesbahnen einen Betrag übernimmt, der sich aus zwei Bestandteilen zusammensetzt, nämlich dem auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes berechneten Bestand gewisser NonValeurs der Aktiven sowie dem künftigen Dotationskapital von 700 Millionen Franken. Uni diese Beträge wird das gegenwärtige Obligationenkapital der Bundesbahnen errnàsbigt werden. Doch werden die zu Dotationskapital umgewandelten 700 ^Millionen unter neuer Bezeichnung in der Bilanz der Bundesbahnen stehen bleiben, während der andere Teil aus ihr gestrichen wird, entsprechend dem auf der Aktivseite stehenden Gegenposten, mit dem das Gleiche erfolgen soll. Den letzteren Betrag soll der Bund amortisieren.

Zu Art. 20.

Art. 29 des Organisationsgesetzes von 1923 behielt für die Bundesbahnen aus dem Buckkaufogesetze die Pflicht zur Anlage eines Erneuerungsfonds bei.

Die Speisung eines solchen fusst bekanntlich auf dem Gedanken, dass es unumgänglich ist, der natürlichen Abnützung der Anlagen und Einrichtungen der Bahn Bechnung zu tragen. Dieser Gedanke ist zweifellos richtig und soll nicht aufgegeben werden.

Anderseits bestand,
wie oben auseinandergesetzt wurde, bisher bei den Bundesbahnen die allerdings sehr beschränkte gesetzliche Tilgung des Anlagekapitals.

Für die Zukunft ist nun, wie bekannt, grundsätzlich vorgesehen, alles, was rechnungsmässig getan werden muss, um das von den Bundesbahnen verwaltete Bundesvermögen in seinem Werte zu erhalten, auf dem Wege einer einfachen und einheitlichen Durchführung von Abschreibungen zu verwirklichen. Wir

331 haben in einem frühem Zusammenhange darüber nähere Angaben gemacht.

Die Durchführung dieser Absicht hat zur Voraussetzung, dass im Gesetze lediglich die Abschreibungspflicht als solche in möglichst; allgemeiner und doch zweckentsprechender Form festgelegt werde, wobei es |der Ausführung überlassen werden muss, dieser Pflicht im erforderlichen Masse und in einer den Umständen angemessenen und dem Willen des Gesetzgebers entsprechenden Weise nachzukommen. Für letzteres genügt der Hinweis auf ein zu erlassendes Eeglement.

Zu Art. 21.

Der Inhalt dieses Artikels ist bei der Erörterung des jBekonstruktionsplanes eingehend besprochen worden. Er bezweckt bekanntlich, der Vermehrung der Schulden des Unternehmens einen Damm entgegenzusetzen, und ist einer der wichtigsten des ganzen Gesetzes. Grundsatz soll in Zukunft sein, dass von den Bundesbahnen nur soweit Bauten ausgeführt und Abschaffungen gemacht werden dürfen, als dafür aus Abschreibungen und Bücklagen Mittel vorhanden sind. Kann aus irgendeinem Grunde, im Hinblick auf eine Baute oder Anschaffung, dieser Grundsatz nicht befolgt und müssen dafür neue Schulden gemacht werden, so muss vorher die zu erwartende Erhöhung der Schulden durch einen dem Beferendum unterstellten Bundesjbeschluss sanktioniert werden. Wir betrachten diese Bestimmung als geeignet!, die Bauausgaben der Bundesbahnen möglichst tief zu halten, ohne dass ihnen dadurch unmöglich gemacht wird, neuen unabwendbaren Bedürfnissen zu entsprechen.

Bei der Besprechung des Artikels 2 des Gesetzesentwurfes haben wir einige Ausführungen über die künftige Politik des Bundes hinsichtlich der Erwerbung weiterer Eisenbahnen und des Baues neuer Linien eingeflochten. An der vorliegenden Stelle des Gesetzes, wo es sich darum handelt, dafür zu sorgen, dass das Anlagekapital der Bundesbahnen nicht über Gebühr anwachse, muss auch entschieden werden, wie es sich künftig mit der Deckung der Kosten solcher Neubauten und Verstaatlichungen verhalten soll. Es entspricht lediglich dem übrigen Inhalt des Artikels, wenn auch in diesem Falle der Kredit, mit dem die Bundesbahnrechnung zu belasten ist, auf gesetzlichem Wege bestimmt wird.

Nachdem die geplante Bekonstruktion zum Zwecke hat, dass die Bundesbahnen nach erhaltener Entlastung in Zukunft wieder mit einem .ausgeglichenen Budget arbeiten können, muss
man natürlich die Gefahr ausschliessen, dass ihr Gleichgewicht durch den Zuwachs aus verstaatlichten oder neu erstellten Linien, deren kommerzielle Bedeutung für die Bundesbahnen die Erwerbungs- beziehungsweise die Erstellungskosten nicht erreicht, wieder erschüttert werde. Eine solche Vorsorge ist um so mehr am Platze, als die Wahrscheinlichkeit, dass ein allfälliger Zuwachs aus «guten» Linien bestehen werde, erheblich kleiner ist als das Gegenteil, indem der Entschluss zu derartigen Erwerbungen oder Neubauten weniger durch betriebswirtschaftliche Interessen der Bundesbahnen als durch andere Gründe veranlasst sein kann. Es ist darum vorgesehen, dass die Belastung der

332 Bundesbahnrechnung in solchen Fällen den kommerziellen Wert nicht überschreiten darf, den die neue Linie für die Bundesbahnen hat. Die Verwaltung der Bundesbahnen hat grossen Wert darauf gelegt, dass eine derartige Bestimmung in das neue Gesetz hinein komme, und wir haben ihrem Vorschlag, der verständlich und billig ist, entsprochen. Es hatte die Meinung, dass die in die Bundesbahnrechnung nicht unterzubringenden Kosten solcher Operationen die allgemeine Eechnung der Eidgenossenschaft belasten müssten.

Zu Art. 22.

Auch von der durch diesen Artikel getroffenen Ordnung ist bei der Besprechung des Bekonstruktionsplanes für das Unternehmen schon die Bede gewesen. Er führt an, in welcher Weise und in welcher Beihenfolge die jährlichen Erträgnisse der Bundesbahnen zu verwenden sind. Es ist angezeigt, darauf im Zusammenhang zurückzukommen.

Die besondere Wichtigkeit ausreichender Abschreibungen geht daraus hervor, dass in der für die Verwendung der Betriebsüberschüsse gesetzten Beihenfolge deren Bestreitung als erste Pflicht bezeichnet wird. An zweiter Stelle kommen die Kapitalkosten. Unter diesen verstehen wir die von den Bundesbahnen weiterhin zu tragenden und selbständig zu bestreitenden Obligationenzinse, dann aber auch die jeweiligen Finanzunkosten, Kursverluste, Gebühren etc., die mit dem Anleihensdienst zusammenhängen, ebenso die auf das betreffende Jahr fallende Tilgung der Anleihenskosten. Eine Häufung von neuen non-valeurs aus solchen Gründen heraus darf natürlich in Zukunft nicht entstehen. Es folgt sodann die Bildung von Bücklagen. Unter diesen soll, wie in früherem Zusammenhange ausgeführt wurde, der Ausgleichsfonds, der zur Deckung von Fehlbeträgen in Jahren mit ungenügenden Betriebsergebnissen bestimmt ist, eine besondere Bolle spielen. Wir halten dessen Äufnung für derart wesentlich, dass sie wenn irgend möglich vom Anfang der Wirksamkeit des neuen Gesetzes an stattfinden sollte; wir haben bei der Ermittlung des jährlichen Finanzbedaiies eine Einlage von drei Millionen Franken in diesen Ausgleichsfonds berücksichtigt.

Ein weiterer Ertragsüberschuss soll der Verzinsung des Dotationskapitals dienen, dessen Maximalzinsfuss auf 3% % beschränkt wurde, um aus diesem Titel die Belastung der Bundesbahnen nicht zu gross werden zu lassen und die Gefahr, dass die Erträgnisse vollständig absorbiert werden, bevor an die Gewährung von Tarifsenkungen oder anderen Verkehrserleichterungen zu denken ist, einigermassen herabzumindern; macht doch l % Zins für das Dotationskapital in der vorgesehenen Höhe 7 Millionen Franken aus. Die Pflicht der Verwaltung, bei einigermassen befriedigendem Stand der Überschüsse der Gewinn- und Verlustrechnung Verkehrserleichterungen durchzuführen, war schon in Art. 30 des geltenden Organisationsgesetzes stipuliert, das damit seinerseits der erheblichen Wichtigkeit dieses Punktes für das ganze schweizerische Erwerbsleben Bechnung trug, beklagt sich doch dieses sehr oft mit

333

Eecht über die allgemeine Höhe der schweizerischen Bahntaxen. Die Erträgnisse der Bundesbahnen, die über ihre eigenen Kräfte hinaus nicht angespannt werden konnten, haben es bisher leider nicht gestattet, in wesentlichem Masse Verkehrserleichterungeh in der Form durchgreifender Taxermässigungen durchzuführen, .so sehr man sich bemüht hat, solche in anderer Weise zu bieten, wie durch .Verbesserungen des Fährplanes, Beschleunigung der Personen- und Güterzüge, Erleichterungen in der Abfertigung und vieles! andere. Das hinderte aber bekanntlich nicht, dass auf dem Wege von Einzelmassnahmen im Laufe der Jahre sehr erhebliche Taxermässigungen gewährt wurden, zum Teil unter dem Einfluss der Konkurrenz anderer Transportmittel , zum andern im Sinne einer tätigen Verkehrswerbung. Wir hoffen, dass trotz der trüben Aussichten, die die Gegenwart den Eisenbahnen übrig lässt, doch noch.einmal die Zeit kommen werde, wo sie ausser derartigen Spezialmassnahmen, die sich selbstverständlich immer wieder gebieterisch aufdrängen werden und weitergeführt werden, müssen, auch solche Taxermässigungen allgemeinerer ' Art werden erwägen^ können, auf die die Bestimmung des neuen Entwurfes in erster Linie anspielt. Es ist indessen nicht überflüssig daran zu erinnern, dass die Folgen, welche die Abwertung des Schweizerfrankens hinsichtlich; der Preisbildung in unserem Lande zeitigen wird, ihren Einfluss auch in diesen Fragen ausüben werden und dass insbesondere die endgültige Ordnung des Wettbewerbes von Bahnen und Automobil von ausschlaggebender Bede- itung dafür sein wird, ob und wie weit die eben besprochene Ziff. 4 des Art. 22 des Entwurfes praktische Bedeutung erlangen kann.

Auf die besondere Wichtigkeit der Schlussbestimmung dieses Artikels, wonach über die Deckung der Fehlbeträge die Bundesversammlung bei Genehmigung der betreffenden Jahresrechnung entscheidet, haben wir schon hingewiesen. Wir erachten sie als ein durchaus unentbehrliches Ventil gegen die Anhäufung von Defiziten, welche sich aus der laufenden Gebarung des Unternehmens ergeben sollten.

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Zu Art. 23.

Dieser Artikel behandelt die Sanierung der Pensions- und Hilfskasse, soweit auf sie im Sinne der im vorhergehenden Kapitel gebotenen Ausführungen im Eahmen des Gesetzes überhaupt eingetreten werden soll. .Ohne schon Gesagtes wiederholen zu wollen, betonen wir noch einmal, dass die endgültige Sanierung der Kasse im Zusammenhang mit derjenigen der Versicherungskasse für die eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter stattfinden muss.

Dies ist der Sinn des 3. Absatzes des Artikels. Dagegen war es notwendig, im Interesse der Abgrenzung der künftigen Lasten der Bundesbahnen deren künftigen Anteil an den Einnahmen der Kasse, wie es in Absatz l erfolgt ist, im Sinne einer Höchstbegrenzung festzulegen. Dabei hat es die Meinung, dass ein Betrag .von 7/15 dieses Anteils für die Tilgung des jDefizites zu reservieren ist, an der sich ausser dem Bunde auch das Personal in ; angemessenem Umfange beteiligen soll.

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334

Der zweite Absatz des Artikels, wonach die Bundesbahnen, wenn sie Versicherte pensionieren wollen, bevor diese wegen Invalidität oder wegen ihres Lebens- oder Dienstalters einen Anspruch darauf besitzen, der Kasse die ihr dadurch erwachsende Mehrbelastung zu vergüten haben, will dem Grundsatz gesetzliche Geltung verschaffen, wonach sogenannte administrative Pensionierungen die Kassenrechnung nicht mehr belasten dürfen, sondern von der Betriebsrechnung zu tragen sind, der sie im Effekt auch zugute kommen.

Zu Art. 24.

In diesen Artikel haben wir den zweiten Absatz des Artikels 21 des Projektes der Verwaltung unverändert aufgenommen, nachdem dessen erster Absatz ein Bestandteil unseres Artikels 18 geworden ist.

Wir haben schon in unseren Bemerkungen zu Artikel 18 angeführt, dass es im Interesse einer guten, anpassungsfähigen Wirtschaft liegt, wenn die Bundesbahnen ini Eechnungswesen möglichste Freiheit erhalten. Damit werden sie es, wo nötig in Abweichung von den für die übrigen schweizerischen Bahnen geltenden Normen, nach ihren besonderen Bedürfnissen gestalten und so die finanzielle Lage des Unternehmens in den Geschäftsberichten klarer und übersichtlicher zum Ausdruck bringen können, als es bisher möglich war. Unter diesen Umständen ist es gegeben, dass das Gesetz lediglich auf die Vollziehungsverordnung abstellt, in der sich solche Dinge erschöpfend ordnen lassen und die jeweils nach Bedürfnis wieder geändert werden kann. Es ist übrigens auch deshalb angezeigt, das künftige Eechnungswesen der Bundesbahnen von den für alle schweizerischen Bahnen heute geltenden überlieferten Normen unabhängig zu machen, weil auch letztere im Zusammenhang mit der kommenden Revision des Eechnungsgesetzes werden neu aufgestellt und modernisiert werden müssen.

Dritter Teil.

Übergangs- und Schiassbestimmungen.

Zu Art. 25.

Diese Übergangsbestimmung, die selbstverständlich erscheinen möchte, halten wir doch für nützlich, um dem Personal, das zurzeit bei den Bundesbahnen in der Eigenschaft von Beamten Dienst tut, die Gewissheit zu geben, dass es in dieser Hinsicht keine Veränderungen seines Dienstverhältnisses zu befürchten hat.

Zu Art. 26.

Eine solche Übergangsbestimmung ist notwendig als Ersatz des Art. l, Ziff. 8, des auf das Inkrafttreten des neuen Bundesbahngesetzes dahinfallenden

335 Bundesbeschlusses über vorübergehende Massnahmen zur Vorbereitung der Eeorganisation und Sanierung der Schweizerischen ! Bundesbahnen, vom 20. Dezember 1934. Danach war die Bundesbahnverwaltung ermächtigt, die nach dem 1. Januar 1935 neu in ihren Dienst tretenden Bediensteten auf Grund des Art. 62 des Beamtengesetzes anzustellen, soweit auf die betreffenden Posten nicht bereits im Beamtenverhältnis stehende Personen gewählt wurden.

Nach dem Aufbau des Gesetzesentwurfes ist die neue Begelung in dem Sinne zu suchen, dass solche seit 1935 neu eingetretene oder künftig eintretende Bedienstete auf Grund der vom Verwaltungsrat zu erlassenden Vorschriften über das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter eingestellt werden können.

Dabei soll es die Meinung haben, dass ihre Wahl zu Beamten in dem Umfange stattfinden darf, der mit den wechselnden Bedurfnissen des Verkehrs vereinbar erscheint.

Zu Art. 27.

Wir haben bereits erwähnt, dass das vorliegende Gesetz neben der allgemeinen Eisenbahngesetzgebung das einzige Grundgesetz bezüglich der Schweizerischen Bundesbahnen werden soll. Darum soll durch dasselbe nicht nur das Organisationsgesetz vom 1. Februar 1923 aufgehoben werden, sondern auch der noch in Kraft stehende Torso des Eückkaufsgesetzes vom 15. Oktober 1897.

Darüber, dass das Organisationsgesetz durch den neuen Erlass vollständig ersetzt würde, brauchen wir keine Worte mehr zu verlieren: es gibt sich das daraus, dass samtliche Bestimmungen desselben, wie bei der Besprechung der einzelnen Gesichtspunkte der Eeform, sowie der Artikel des Entwurfes ausführlich dargelegt wurde, durch neue Bestimmungen ersetzt sind.

Vom Eückkaufsgesetze stehen heute noch die Artikel l bis 4, 6, 9, 49 und 50 in Kraft. Die ersten vier Artikel, die sich auf das Verstaatlichungsprogramm beziehen, sind zum Teil als erfüllt gegenstandslos geworden, zum andern durch Art. 2 des Entwurfes ersetzt. Die Art. 6 und 9, die den Eigentumsübergang für den Fall einer Verstaatlichung ordnen und mit dem Übergang einer Bahn an den Bund die Konzessionsbestimmungen als erloschen erklaren, sind als allgemeine Grundsatze für spätere Verstaatlichungen entbehrlich; soweit man es in Zukunft überhaupt für nötig halten wird, bei solchen Gelegenheiten nach diesen Eichtungen irgendeine über das allgemeine Eisenbahnrecht hinausgehende besondere Bestimmung zu treffen, kann es in dem eine spätere Verstaatlichung jeweils einleitenden Spezialgesetze erfolgen. Art. 50 des Eückkaufsgesetzes besitzt keine sachliche Bedeutung und fällt mit dem übrigen Inhalt desselben automatisch dahin.

Bleibt Art. 49, zu dem an dieser Stelle noch einige Ausführungen notwendig sind. Seine Absätze l und 3, die sich auf den Bau der Simplonbahn, die Erwerbung der Toggenburgerbahn und den Bau der Bickenbahn beziehen, sind längst gegenstandslos geworden. Dagegen besteht noch Absatz 2, wonach der Bund «in gleicher Weise», wie er es bezüglich der Simplonbahn getan hat, «die

336

Bestrebungen für Eealisierung einer dem Art. 3 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 entsprechenden Alpenbahn im Osten der Schweiz» fördern wird. Damit war gemeint, dass die Verstaatlichung der Hauptbahnen für die an einem östlichen Alpenübergang beteiligten Kantone keine ungünstigere Stellung schaffen soll, als sie bisher hatten. Mit dieser Gesetzesbestimmung wollte man also lediglich, und zwar in gleichem Ausmasse, eine Verpflichtung bestätigen, die sich aus einem früheren, noch rechtskräftigen Gesetzeserlass des Bundes schon ergab. Aus diesem Gründe hätte man auf die betreffende Bestimmung, als überflüssig, eigentlich schon im Eückkaufsgesetz verzichten können. Dann erscheint aber auch die Bestätigung der bestehenden Verpflichtung im neuen Bundesbahngesetz entbehrlich. Niemand bezweifelt sie, und es ist die Materie erschöpfend in dem noch geltenden Bundesgesetz vom 22. August 1878 betreffend Gewährung von Subsidien für Alpenbahnen geordnet. Dieser Umstand hat auch dazu geführt, im Entwurf für ein neues Eisenbahngesetz, das an Stelle desjenigen von 1872 treten soll, auf die Erwähnung dieses Gegenstandes ebenfalls zu verzichten. Diese Überlegungen berühren die materielle Bedeutung, die man heute der Ostalpenbahnfrage überhaupt noch beizumessen vermag, natürlich nicht, ebensowenig die eisenbahnpolitischen Erwägungen, vor die sich der Bund gestellt sehen sollte, falls die Frage der Ostalpenbahn noch einmal ernstlich auf die Tagesordnung käme, und die Entschlüsse, die er von diesem Gesichtspunkt aus zu fassen berufen sein könnte.

Die Ostalpenbahnfrage nach diesen Eichtungen gegenwärtig und besonders in der vorliegenden Botschaft zu erörtern, fehlt jeder Anlass.

Wie die Dinge liegen, bestehen also keine Bedenken, durch das vorgesehene neue Bundesbahngesetz auch das Eückkaufsgesetz ganz aufzuheben.

In lit. c des Art. 27 unseres Entwurfes wird endlich erwähnt, dass die Anwendung gewisser Artikel des Bundesgesetzes über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten vom 80. Juni 1927 auf das Personal der Bundesbahnen aufhören soll. Grund und Zweck dieser Bestimmung sind aus unseren früheren, dem Dienstverhältnis des Personals gewidmeten Ausführungen ersichtlich, so dass wir an dieser Stelle zur Sache nichts beizufügen brauchen.

VI. Die Lage der Bundesbahnen nach dem finanziellen Neuaufbau.

Der Eekonstruktionsplan, den wir in den vorangehenden Kapiteln entwickelt haben, wird, was seine organisatorische Seite anbetrifft, sicherlich dazu beitragen, den Bundesbahnen die gewünschte grössere Elastizität und Anpassungsfähigkeit in ihrer Geschäftsführung zu verschaffen und es ihnen erleichtern, in der Erfüllung ihrer Aufgaben unter den im Vergleich zu früher stark veränderten Grundbedingungen, denen sie gegenüberstehen, auf der Höhe der Zeit zu bleiben und mit dieser zu marschieren. Soweit es von einem Gesetze verlangt werden kann, sollte unsere Vorlage nach dieser Eichtung das Erforderliche vorgesehen haben. Das übrige zu tun, wird Sache derjenigen bleiben, denen die Handhabung des Gesetzes obliegt.

337

Aus der Lösung, die der Rekonstruktionsplan nach der finanziellen Seite hin bringt, drängt sich der dominierende Eindruck auf, dass es sich um eine Aktion von ausserordentlicher Tragweite handelt, die der Allgemeinheit sehr schwere, beinahe unerschwingliche Opfer auferlegt. Dass diese Opfer gebracht werden müssen, lässt sich nicht ivermeiden, sofern man nicht etwa die Notwendigkeit der Erhaltung der Bundesbahnen als eines der wichtigsten Instrumente unserer nationalen Wirtschaft auf ihrer heutigen Höhe anzweifelt, was im Ernste kaum versucht werden wird. Die den Bundesbahnen zugedachte Entlastung durch die Allgemeinheit hat den Zweck, es ihnen möglich zu machen, fortan wieder auf eigenen Füssen zu arbeiten. Die Frage liegt jedoch nahe, ob diese Entlastung dafür ausreicht.

Bei der Beurteilung dieser Frage wird man sich aus unseren früheren Ausführungen daran erinnern, dass in unserer Rechnung das Gleichgewicht sich nur unter einer Eeihe von Voraussetzungen herausgestellt hat, deren jede für sich auf ihre Standhaftigkeit hin kritisch beurteilt werden könnte. Wir haben zwar das Defizit der Gewinn- und Verlustrechnung, von dem wir ausgegangen sind, in einer Hohe angenommen, die als sehr vorsichtig, wenn nicht pessimistisch, bezeichnet werden könnte. Verschafft dieser Umstand auch einige Beruhigung, so wird die schliessliche Richtigkeit dieser Zahl, abgesehen von der Sparsamkeit der Verwaltung, von Umständen abhängen, die diese nicht in der Hand hat: Die Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftslage, die sich noch heute als durchaus ungewiss darstellt, wird sie beeinflussen, aber auch die noch nicht völlig übersehbaren Folgen der Abwertung des Schweizerfrankens auf unsere allgemeine Wirtschaftslage sowohl wie auch auf die Wirtschaft der Bundesbahnen im besondern. Gespannt geblieben ist unser Finanzplan in der Richtung der Abschreibungen : Gegenüber der Xorru, nach der diese in Zukunft stattfinden sollten, besteht ein Abstand von 12 Millionen Franken, haben wir sie doch, weil sonst die nötigen Opfer einfach zu gross geworden wären, nur um 10 Millionen höher angenommen, als sie heute betragen, anstatt um 22 Millionen.

Wir sind die ersten, die es bedauern, dass man in dieser Hinsicht vorderhand nicht weitergehen konnte. Man wird sich jedoch dessen bewusst bleiben müssen, dass hier der Punkt ist, hinsichtlich
dessen zu allererst eine Korrektur erfolgen muss, sobald die Zeiten bessere geworden sein ·«erden. Was endlich das hohe Dotationskapital anbetrifft, mit dem unser Finanzplan rechnet, so wäre auch uns nichts lieber gewesen, als einen Plan vorzusehen, der dafür von Anfang an eine wenigstens bescheidene Verzinsung hätte erwarten lassen dürfen. Doch ist auch in dieser Hinsicht nichts anderes denkbar, als auf die Möglichkeiten abzustellen, die sich nach der Rückkehr besserer Zeiten ergeben werden. Dem Rekonstruktionsplan könnte ebenfalls in der Hinsicht vorgeworfen werden, er stelle keine Reserven ein, dass auch für die kommenden Zeiten mit der gegenwärtigen Zinsbelastung der Bundesbahnen, die mit dem durchschnittlichen Anleihenszinsfuss von knapp 4 % eine günstige ist, gerechnet wird. Zwar hat sich in der allerletzten Zeit infolge der Abwertung des Schweizerfrankens der Kapitalmarkt in wesentlichem Masse erleichtert. Wir wollen wünschen, die Eid-

338

genossenschaft werde als eine der ersten davon profitieren, was ihre schweren Lasten, die sie zu übernehmen hat, entsprechend vermindern wird.

Solchen Einwendungen gegenüber, die man verstehen könnte, ist entgegenzuhalten, dass man sich tatsächlich darauf beschränkt hat, die von der Allgemeinheit zugunsten der Bundesbahnen aufzubringende Anstrengung in dem M i n d e s t a u s m a s s zu verlangen, das unbedingt nötig ist. Sie ist auch so noch stark genug. Nicht zum wenigsten soll durch diese Einstellung einmal mehr betont werden, dass man von der Verwaltung erwartet, sie werde von ihrer Seite aus alles hinzutun, was ihr möglich ist, um diese Anstrengung der Allgemeinheit ausreichend sein zu lassen. Je mehr man sich darauf eingelassen hätte, im Finanzplan noch einen Spielraum für unvorhergesehene Eventualitäten offen zu behalten, desto geringer wäre der Druck geworden, unter den sich die Verwaltung nach dieser Eichtung gestellt gesehen hätte. Für die Bemessung eines derartigen Spielraumes wäre man gegebenenfalls übrigens aufs neue auf blosse Annahmen und mehr oder weniger willkürliche Vermutungen angewiesen gewesen, die ihrerseits auf ihre Eichtigkeit hätten angezweifelt werden können.

Zieht somit unsere Eechnung nur das unbedingt Notwendige in Betracht, so darf sie andererseits den Anspruch erheben, in diesem Bahmen mit allem Ernste und aller Vorsicht aufgestellt worden zu sein. Darum ist die Hoffnung berechtigt, die vorgesehene Entlastung der Bundesbahnen werde sich als genügend erweisen, und es werde der Zukunft eine nochmalige Operation gleicher Art erspart bleiben.

Soll es beim vorgesehenen Wiederaufrichtungsplan bleiben können, so ist dafür die erste Voraussetzung, dass der Schwund der Betriebseinnahmen endlich durch eine Zunahme derselben abgelöst werde. Dazu wird nicht nur erforderlich sein, dass die Konjunktur sich bessere, sondern es muss namentlich eine glückliche, für die Bahnen annehmbare Lösung der Zusammenarbeit zwischen Eisenbahn und Automobil zustande kommen. Wir haben schon mehrmals im Verlaufe unserer Ausführungen diesem Gedanken Ausdruck gegeben; man kann ihn gar nicht genug unterstreichen. In unserem Lande ist man sich noch viel zu wenig bewusst, in welcher Abhängigkeit eine befriedigende Auswirkung der Bundesbahnsanierung von der Lösung des Problems SchieneStrasse steht. Letztere
Erage bildet für die Zukunft der Eisenbahn ein Zentralproblem und ist wegen der engen Verknüpfung der Bundesbahnen mit der Finanzwirtschaft der Eidgenossenschaft von höchster allgemeiner Bedeutung.

Wird dieses Zentralproblem nicht oder nicht befriedigend gelöst, so besteht für die Eisenbahn bis in alle Zukunft hinaus eine grosse Unbekannte weiterhin fort, die sie ständig bedroht.

Zur Verbesserung der Betriebseinnahmen der Bundesbahnen ist auch an die Möglichkeit zu denken, dass die Post ihnen für die Posttransporte eine höhere Entschädigung ausrichten könne als bisher. Über die angemessene Höhe der den Bundesbahnen durch die Post für die dafür in Betracht kommen-

339 den Posttransporte zu bezahlenden Entschädigung bestanden seit Jahren Meinungsverschiedenheiten unter den interessierten Verwaltungen. Eine Verständigung ist nunmehr in dem Sinne erfolgt, dass von 1937 ab die Post ihre Leistungen zugunsten der Hauptbahnen erhöhen wird, indem sie Grundsätze, die für die Ausrichtung der Postentschädigungen an die Nebenbahnen massgebend sind, in gewissem Sinne auch den Bundesbahnen zugute kommen lässt.

Die Besserstellung der Bundesbahnen, die sich bei diesem Anlasse ergeben wird, ist auf 2--2% Millionen Franken jährlich angeschlagen; zum wesentlichen Teil ist sie bei der Ermittlung des zum Ausgangspunkt unserer Eechnung angenommenen Defizites der Gewinn- und Verlustrechnung bereits berücksichtigt. Mehr als das, was sie jetzt übernommen hat, könnte die Post zugunsten der Bundesbahnen nicht leisten, ohne die Lage des eigenen Unternehmens, das seinerseits nachteiligen Einwirkungen der Krise ausgesetzt ist, zu gefährden.

Für den Bund ändert übrigens die Aufbesserung der Finanzlage der Bundesbahnen auf Kosten der Post deswegen nichts, weil sich gegebenenfalls nur die durch die Post an die Bundeskasse abzuführenden Gewinne entsprechend der durch die Erhöhung der Postentschädigung den Bundesbahnen zufallenden Hilfe vermindern.

Äusserst zweifelhaft ist es, wenn nicht überhaupt unmöglich, die Einnahmen der Bundesbahnen durch Tariferhöhungen zu steigern, die die inländische "Wirtschaft zu bezahlen hätte. Abgesehen davon, dass man von den Bundesbahnen, im Sinne eine» Entgegenkommens an die notleidende Wirtschaft, allgemein das Gegenteil verlangen zu dürfen glaubt und infolgedessen solche Massnahmen die bestehende Unzufriedenheit nur noch vergrössern würden, ist, zumal im Zeitalter des Automobils, als deren Folge jeweils nur eine vermehrte Abwanderung von der Eisenbahn zu befürchten. Diese Einsicht wird jedoch die Verwaltung daran nicht hindern dürfen, mit erneutem Eifer zu untersuchen, wie sich durch angepasste Tarifmassnahmen irgendwelcher Art der Verkehr steigern liesse. Darunter fällt auch das schwierige Problem, ob nicht eine agressive Tarifpolitik im Sinne von ausgiebigen Ermässigungen auf allgemeinerer Grundlage die Situation bessern könnte. So einfach liegt indessen das Problem nicht, wie, diejenigen es sich vorstellen, die meinen, man habe durch die Unterlassung
einer kräftigen Taxherabsetzung auf der ganzen Linie schon vieles versäumt und es bedürfe nur eines entsprechenden kühnen Entschlusses nach dieser Eichtung, um den Verkehr und damit die Einnahmen sofort in günstigem Sinne zu beeinflussen. Denn die Gefahr, dass in diesem Falle trotz einer gewissen Verkehrszunahme beträchtliche weitere Einbussen entstehen, liegt so nahe, dass ein solcher Schritt, der nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, nur nach gewissenhaftester Überlegung und im vollen Bewusstsein seiner möglichen ernsten Folgen getan werden dürfte.

Ferner wird die Fahrplanpolitik des Unternehmens, die sich namentlich auf die laufende Fahrplanperiode hin durch Umstellungen und Neuerungen zu modernisieren suchte, fortfahren müssen, den Wegen nachzugehen, die zu einer Verkehrszunahme führen können.

340

Die im günstigsten Falle zu erzielende Steigerung der Betriebseinnahmen der Bundesbahnen wird indessen nicht genügen, um nicht nur die Sicherheit dafür zu bieten, dass unser Wiederaufrichtungsplan als solcher ausreiche, sondern um noch diejenige Verbesserung der Eeinerträgnisse herauszuwirtschaften, die zur baldigen Verstärkung der Abschreibungen auf die Norm und allenfalls darüber hinaus, sowie zur Verzinsung des Dotationskapitals und zur Gewährung von Verkehrserleichterungen notwendig ist. Vielmehr müssen die Bundesbahnen in der Zukunft auch hinsichtlich ihrer B e t r i e b s a u s g a b e n eine zunehmende Entlastung erfahren. Wir haben zwar im Laufe unserer Ausführungen schon die Gelegenheit wahrgenommen, die grossen Anstrengungen hervorzuheben, welche die Verwaltung bisher in dieser Eichtung gemacht hat, und die Erfolge anzuerkennen, die sie erzielte. Wer sich die Mühe nimmt, eine internationale Statistik anzusehen, wird sich sofort davon überzeugen müssen, dass die Bundesbahnen hinsichtlich ihrer Ausgabenwirtschaft im Vergleich zu den ausländischen Staats- und Privatbahnen günstig dastehen. Doch wäre ihre Verwaltung die letzte, die selber nicht zugeben würde, dass sie auf dem Wege der weiteren Eationalisierung des Betriebes, durch sparsames Arbeiten bis ins Kleinste und durch Vereinfachungen der Organisation im grossen wie im kleinen stets wieder Neueinsparungen wird erzielen können und müssen.

Mit solchen rechnet schon unser Finanzplan in ansehnlichem Ausmasse, doch soll durch ihn in dieser Eichtung keine Grenze gezogen sein. Das neue Bundesbahngesetz kann für eine solche sparsame Wirtschaft nur den Eahmen und die allgemeine Wegleitung geben und dürfte nach dieser Eichtung nichts unterlassen haben. Einzelheiten gehören nicht hinein und sind von ihm nicht zu erwarten. Ihre Anordnung und Verwirklichung muss jeweils Sache einer anpassungsfähigen Verwaltung bleiben. Am Vorhandensein des festen Willens, in diesem Sinne nach festen Kräften weiter tätig zu sein, ist nicht zu zweifeln.

Selbstverständlich kann es sich nicht darum handeln, wie gewisse Kreise es behaupten zu sollen glauben, dass sich die ganze künftige Eationalisierungstätigkeit der Bundesbahnen -- sei sie neu einzuleiten oder fortzusetzen -- darin erschöpfen soll, an den Personalausgaben zu rütteln, um die notwendige Verbesserung
der Finanzlage der Bundesbahnen lediglich auf dem Eücken ihres Personals zu erzielen. Die Bedeutung der Opfer, die von der Allgemeinheit verlangt werden, beweist das Gegenteil mit einer Klarheit, der sich ein Unbefangener nicht verschliessen darf. Wir sind übrigens, und die Bundesbahnverwaltung mit uns, die ersten, anzuerkennen und zu versichern, dass die Bundesbahnen ein vorbildlicher, sozial fortschrittlicher Arbeitgeber sein und bleiben müssen. Das heisst aber nicht, dass das ganze Dienstverhältnis des Personals, wie es heute geordnet ist und mit seinen unbestreitbaren, für ein kommerzielles Unternehmen wie die Bundesbahnen nicht erträglichen Schattenseiten, als sakrosankt und unantastbar betrachtet werden darf. Auch in dieser Hinsicht müssen also Verwaltung und Bundesrat, bei aller Behutsamkeit im Vorgehen und bei aller Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen, das tun können und dürfen, was die schwere Verantwortung, die sie für einen grossen

341 Teil des schweizerischen Volksvermögens zu tragen haben, von ihnen erheischt.

Das kann aber immer nur ein Teil dessen bleiben, was man infolge des Erlasses des neuen Gesetzes von ihnen erwarten muss.

Zu einer erfolgreichen Wiederaufrichtung bedürfen die Bundesbahnen schliesslich aber auch, selbst wenn die vorstehend angedeuteten Vorbedingungen sich alle einstellen, des wohlwollenden Interesses des Schweizervolkes ihnen gegenüber. Es hiesse die Wahrheit verkennen, wenn man nicht mit Bedauern feststellen müsste, dass es daran heute in weiten Kreisen fehlt: Eine gewisse Misstimmung den Eisenbahnen, besonders den Bundesbahnen, gegenüber ist da, eine Gesinnung, an deren Erzeugung, neben anderen Gründen, übertriebene Ansprüche oder auch vorgefasste Meinungen, unberechenbare Stimmungen sowie Schlagwörter jedenfalls nicht ganz unschuldig waren. Es scheint, dass wir gegenwärtig das Gegenstück der zur Zeit des Kückkaufs von 1897 geweckten, wohl ebenfalls übertriebenen Begeisterung für die Bundesbahnen erleben müssen, an die wir eingangs vorliegender Botschaft erinnerten.

Inwieweit diese Misstimmung ihren berechtigten Grund in Fehlern findet, die die Bundesbahnverwaltung im Laufe der Jahre gemacht hat, oder auch in solchen, die Dritte begangen haben und deren Polgen jetzt auf dem Unternehmen lasten, das eingehender untersuchen zu wollen als es aus den vorstehenden Ausführungen schon hervorgeht, wäre müssig. Es wäre ebenso müssig, sich nochmals bei der Frage aufzuhalten, in welchem Grade die Kriegsund Nachkriegsereignisse die Schuld an der gegenwärtigen Lage der Bundesbahnen tragen, sowie zu wiederholen, dass die Bundesbahnen aus eigenen Kräften die schweren Folgen dieser Jahre zu bestehen hatten und dabei teilweise noch solche, die billigerweise auf andere Schultern hätten abgewälzt werden müssen. Wegleitend für künftige Entschlüsse kann nur die leider schwere Tatsache sein, dass die Notlage der Bundesbahnen besteht, und die Einsicht, dass ihnen vom Bunde soweit geholfen werden muss, als er es im Sinne eidgenössischer Solidarität zu tun vermag.

Bei der Würdigung dieser Sachlage möge dann aber das Schweizervolk nie vergessen, dass die Bundesbahnen ein grosses, unentbehrliches nationales Unternehmen darstellen, von dem das Land auch in Zukunft unschätzbare Dienste zu erwarten hat. Besteht diese Erkenntnis,
so dürfte es jedem Volksgenossen leichter werden, nicht nur die gegenwärtig angebahnte Wiederaufrichtung der Bundesbahnen gutzuheissen, sondern es auch als seine Pflicht zu empfinden, sie in Zukunft im grossen und im kleinen zu unterstützen, wie und wo er es vermag. Ein solches Wohlwollen von Seiten des ganzen Schweizervolkes haben die Bundesbahnen zu ihrem weiteren Wohlergehen unbedingt nötig: es darf ihnen nicht nur gleichgültig oder gar feindlich gegenüberstehen. Die Verwaltung aber wird sich der Erkenntnis nicht entziehen dürfen, dass sie das Ihrige tun muss, um dem Schweizervolke eine derartige, auf Zusammenarbeit mit ihr gerichtete Einstellung zu erleichtern.

Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. HL

23

342 Wir empfehlen Ihnen, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den Gesetzes- · entwarf, den Ihnen vorzulegen wir hiemit die Ehre haben, anzunehmen und benützen die Gelegenheit, Sie aufs neue unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 24. November 1986.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Meyer.

Der Vizekanzler: Leimgruber.

343 (Entwurf.)

Bundesgesetz über die

Schweizerischen

Bundesbahnen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 26 sowie Art. 85, Ziffern l und 3, der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 24. November 1936, beschliesst :

Erster Teil.

Verwaltung und Betrieb.

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

Verwaltung und Betrieb der dem Bunde gehörenden Eisenbahnen sind Sache einer innerhalb der Schranken der Bundesgesetzgebung selbständigen eidgenössischen Verwaltung, die den Namen «Schweizerische Bundesbahnen» führt.

Art. 2.

Die Erwerbung weiterer Eisenbahnen oder der Bau neuer Linien durch den Bund kann nur gestützt auf einen dem Eeferendum unterstellten Bundesbeschluss erfolgen.

Art. 3.

1 Die Bundesbahnen sind nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu verwalten und zu betreiben, dauernd in befriedigendem Zustande zu erhalten und haben sich im Eahmen der verfügbaren Mittel den Bedürfnissen des Verkehrs und den Fortschritten der Technik anzupassen.

z Sie haben der schweizerischen Volkswirtschaft zu dienen und im besondern bei der Tarif- und Fahrplangestaltung auf deren Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, soweit ihre finanziellen Mittel dies gestatten.

344

Art. 4.

Die jeweilige Gesetzgebung des Bundes in Eisenbahnsachen findet auch auf die Bundesbahnen Anwendung. Der Bundesrat kann jedoch Ausnahmen zulassen, sofern dadurch nur das innere Verhältnis zwischen Bund und Bundesbahnen berührt wird.

2 Der Bundesrat kann ferner die Bundesbahnen zu denjenigen Änderungen der Betriebsweise ermächtigen, die ihm zur Anpassung an die Entwicklung des Verkehrs zweckmässig und mit den Interessen der Volkswirtschaft vereinbar erscheinen. Die endgültige Stillegung von Eisenbahnlinien bedarf der Zustimmung der Bundesversammlung.

1

Art. 5.

Die .Bundesbahnen haben ihren Sitz in Bern.

2 Sie können ausser an ihrem Sitz am Hauptorte jedes Kantons von den Kantons einwohnern belangt werden.

3 Für dingliche Klagen gilt der Gerichtsstand der gelegenen Sache.

4 Auf die gegen die Bundesbahnen gerichteten Klagen finden die Bestimmungen von Art. 48, Ziff. 2, des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1921 über die Organisation der Bundesrechtspflege keine Anwendung.

1

Art. 6.

Die Bundesbahnen sind mit Einschluss ihrer Nebenbetriebe von jeder Besteuerung durch die Kantone und Gemeinden befreit. Die Befreiung erstreckt sich nicht auf Liegenschaften, die keine notwendige Beziehung zum Betrieb des Unternehmens haben.

2 Die vom Bunde den Kantonen auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte zu leistende Entschädigung wird durch dieses Gesetz nicht berührt.

3 Für das Kollmaterial, das Mobiliar und die Transportgegenstände sind die Bundesbahnen den kantonalen Vorschriften über die Versicherungspflicht gegen Feuerschaden nicht unterworfen.

1

II. Befugnisse der Bundesversammlung und des Bundesrates.

Art. 7.

Der Bundesversammlung steht zu: a. die Genehmigung der vom Bundesrat aufzustellenden allgemeinen Grundsätze für die Tarifbildung ; b. die Genehmigung der Jahresrechnung und des Geschäftsberichtes; c. die Beschlussfassung über die Erhöhung der für Anschaffungen und Bauten aufzuwendenden Mittel (Art. 21, Abs. 2);

345

d. die Beschlussfassung über Massnahmen zur Deckung von Fehlbeträgen (Art. 22, Abs. 5); e. die Beschlussfassung über die Erwerbung weiterer Eisenbahnen sowie den Bau neuer Linien durch den Bund (Art. 2) ; /. die Genehmigung der endgültigen Stillegung von Eisenbahnlinien (Art. 4, Abs. 2).

Art. 8.

1 Der Bundesrat übt die Oberaufsicht über die Geschäftsführung und den Finanzhaushalt der Bundesbahnen aus. Er kann ihnen zur Wahrung wichtiger Interessen des Landes die ihm gutscheinenden Weisungen erteilen.

2 Er regelt, unter Vorbehalt des Art. 10, seine eigenen Befugnisse sowie diejenigen des Post- und Eisenbahndepartementes und der leitenden Organe der Bundesbahnen. Dabei soll durch weitgehende Abtretung von Befugnissen an diese Organe für eine einfache, rasche und unabhängige Geschäftsbehandlung gesorgt werden.

m. Organe der Schweizerischen Bundesbahnen.

Art. 9.

Die leitenden Organe der Bundesbahnen sind: a. der Verwaltungsrat.; b. die Geschäftsleitung.

2 Sie sind für ihre Geschäftsführung dem Bundesrate verantwortlich.

1

Art. 10.

Der Verwaltungsrat besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und dreizehn Mitgliedern. Er wird vom Bundesrat auf eine Amtsdauer von drei Jahren gewählt.

2 Ihm steht zu: a. die Aufsicht über die Verwaltung; b. die Aufstellung der von der Geschäftsleitung zu befolgenden allgemeinen Eichtlinien, soweit sie nicht durch das Gesetz oder Anordnungen des Bundesrates bestimmt sind; c. die Begutachtung aller wichtigen, die Bundesbahnen betreffenden Geschäfte, die vom Bundesrat oder von der Bundesversammlung zu behandeln sind; d. die Aufstellung des Voranschlages zuhanden des Bundesrates; e. die Prüfung der Jahresrechnung und des Geschäftsberichtes zuhanden des Bundesrates; /. die Aufstellung der Wahlvorschläge für die Mitglieder der Geschäftsleitung zuhanden des Bundesrates, sowie die Wahl der Abteilungsvorstände der Generaldirektion; 1

346

g. die Aufstellung der allgemeinen Verwaltungsorganisation, die Festsetzung der Befugnisse und Obliegenheiten der einzelnen Dienststellen; h. die Beschlussfassung über generelle Projekte für grössere Bauten; i. die Genehmigung wichtiger Verträge; ferner unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Bundesrat: fe. die Aufstellung des Verzeichnisses der Ämter, deren Träger die Eigenschaft von Beamten haben; l. der Erlass der Besoldungsordnung für die Beamten; m. die Ordnung des Dienstverhältnisses der Angestellten und Arbeiter.

3 Die nähere Umschreibung der Obliegenheiten und Befugnisse des Verwaltungsrates erfolgt durch die Vollziehungsverordnung.

Art. 11.

Die Geschäftsleitung besteht aus der Generaldirektion und den Kreisdirektoren. Sie wird vom Bundesrat auf unverbindlichen Vorschlag des Verwaltungsrates bestellt.

Art. 12.

Die Generaldirektion hat ihren Sitz in Bern. Ihre Zusammensetzung wird vom Bundesrat auf unverbindlichen Vorschlag des Verwaltungsrates bestimmt.

Sie besorgt gemäss der vom Verwaltungsrat zu erlassenden Geschäftsordnung die oberste Leitung und Geschäftsführung.

Art. 18.

Für die Verwaltung und den Betrieb ist das Bundesbahnnetz in drei Kreise einzuteilen, an deren Spitze je ein Kreisdirektor steht. Sitze der Kreisdirektoren sind Lausanne, Luzern und Zürich.

IV. Dienstverhältnis des Personals.

Art. 14.

Für die Ordnung des Dienstverhältnisses der Beamten der Bundesbahnen finden die über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten bestehenden bundesrechtlichen Bestimmungen Anwendung. Die Aufstellung des Verzeichnisses der Ämter, deren Träger die Eigenschaft von Beamten haben, sowie der Erlass der Besoldungsordnung für die Beamten erfolgen jedoch durch den Verwaltung» rat unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Bundesrat.

Art. 15.

Die Besoldungsordnung für die Beamten bestimmt insbesondere: a. die Zahl der Besoldungsklassen, sowie die auf das Jahr berechneten Mindest- und Höchstbeträge der Besoldungen in den einzelnen Klassen; b. die Besoldungserhöhungen; c. die Ortszuschläge und die Kinderzulagen.

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Bei der Berechnung von Versicherungsrenten oder Kuhegehältern fallen die Ortszuschläge und Kinderzulagen ausser Betracht.

Art. 16.

Vom Bundesgesetz über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten vom 80. Juni 1927 finden die Bestimmtingen der Art. 13, 23, 53, Abs. 2 und 3, und des Art. 60, soweit er Ansprüche auf Leistungen der Pensions- und Hilfskasse für das Personal der Bundesbahnen betrifft, auch auf die Angestellten und Arbeiter Anwendung, ebenso die Art. 33 bis 43 des Bundesgesetzes über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege vom 11. Juni 1928 auf die Angestellten.

Art. 17.

Zur Begutachtung der Entwürfe der vom Verwaltungsrat gemäss Art. 10, lit. k bis m, ausgehenden Erlasse zu diesem Gesetz wird eine paritätische Kommission für die Bundesbahnen geschaffen. Sie besteht aus dem Präsidenten, 10 Mitgliedern und ebensoviel Ersatzmännern. Die Wahlen erfolgen in sinngemässer Anwendung von Art. 65 des Beamtengesetzes.

Zweiter Teil.

Finanzhaashalt und Rechnungsführung.

Art. 18.

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Das Rechnungswesen der Bundesbahnen ist vom übrigen Rechnungswesen des Bundes getrennt zu halten und so zu gestalten, dass die Finanzlage des Unternehmens jederzeit mit Sicherheit festgestellt werden kann.

8 Die Verzinsung der Eisenbahnschuld erfolgt, soweit das Gesetz keine Ausnahme vorsieht, zu Lasten der Eechnung der Bundesbahnen.

Art. 19.

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgt eine finanzielle Entlastung des Haushaltes der Bundesbahnen in der Weise, dass der Bund a. den Bundesbahnen die Abschreibung des Überschusses des Rückkaufspreises über die Anlagekosten, der in der Bilanz ausgewiesenen zu tilgenden Verwendungen und des Passivsaldos der Gewinn- und Verlustrechnung, wie er im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vorhanden sein wird, ermöglicht und b. das Unternehmen mit einem Dotationskapital von 700 Millionen Franken ausstattet.

2 Die für die Leistungen gemäss Abs. l, lit. o, notwendigen Aufwendungen sind vom Bunde in längstens 60 Jahren zu tilgen.

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348 3

Der Bundesrat trifft die nötigen Anordnungen über die Art und Weise der Durchführung dieser Entlastung.

Art. 20.

Die Bundesbahnen haben an ihrem Anlage- und Betriebsvermögen die erforderlichen und den Umständen angemessenen Abschreibungen gemäss einem vom Bundesrate zu genehmigenden Eeglement durchzuführen.

Art. 21.

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Für Anschaffungen und Bauten, welche die Bundesbahnen gestützt auf Art. 3 auszuführen haben, sowie für Beteiligungen, die im Interesse des Unternehmens liegen, dürfen nur die aus Abschreibungen und Eücklagen gewonnenen Mittel verwendet werden.

2

Sollten diese Mittel für die in Abs. l genannten Zwecke nicht ausreichen und aus diesem Grunde eine Erhöhung der festen und schwebenden Schulden der Bundesbahnen notwendig werden, so bedarf es zu dieser Erhöhung eines dem Eeferendum unterstellten Bundesbeschlusses.

3

Im Falle der Erwerbung weiterer Eisenbahnen oder des Baues neuer Linien durch den Bund ist im grundlegenden Bundesbeschluss neben der Kreditbewilligung gleichzeitig zu bestimmen, mit welchem Betrage die Bundesbahnrechnung zu belasten ist. Diese Belastung soll den kommerziellen Wert, den die neue Linie für die Bundesbahnen hat, nicht überschreiten.

Art. 22.

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Aus ihren Erträgnissen haben die Bundesbahnen nach der Deckung der Personal- und Sachausgaben zu bestreiten: a. die vorschriftsgemässen Abschreibungen; 6. die Kapitalisten ; c. die Bildung von Eücklagen mit Einschluss eines Ausgleichsfonds für die Deckung von Fehlbeträgen in Jahren mit ungenügenden Betriebsergebnissen, gemäss den hiefür vom Bundesrat erlassenen Vorschriften.

2 Aus dem übrigen Ertragsüberschuss wird das Dotationskapital mit höchstens 3% Prozent verzinst.

3 Ein allfälliger weiterer Überschuss ist auf neue Eechnung vorzutragen.

4 Soweit es die Höhe dieses Bestes und die allgemeine Lage des Unternehmens gestattet, sind Tarifsenkungen oder andere Verkehrserleichterungen durchzuführen.

6 Über die Deckung von Fehlbeträgen entscheidet die Bundesversammlung bei Genehmigung der Jahresrechnung.

349 Art. 28.

Die Schweizerischen Bundesbahnen leisten an die Pensions- und Hilfskasse ihres Personals für die laufenden Bedürfnisse dieser Kasse und an die Tilgung ihres Fehlbetrages einen Jahresbeitrag von 15 % der versicherten Gehalts- und Lohnsumme sowie fünf Monatsbetreffnisse jeder Erhöhung des für den einzelnen Versicherten anrechenbaren Jahresverdienstes.

2 Wollen die Bundesbahnen Versicherte pensionieren, bevor diese wegen Invalidität oder wegen ihres Lebens- oder Dienstalters einen Anspruch darauf besitzen, so haben sie der Kasse die ihr dadurch erwachsende Mehrbelastung zu vergüten.

8 Im übrigen bleibt die Sanierung der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen Bundesbahnen besonderen Massnahmen des Bundes vorbehalten.

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Art. 24.

Die nähern Vorschriften über den Finanzhaushalt, die Eechnungsführung sowie die Vorlage der Voranschläge und der Jahresrechnung bleiben der Vollziehungsverordnung vorbehalten.

Dritter Teil.

Übergangs- und Schiassbestimmungen.

Art. 25.

Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Dienste der Schweizerischen Bundesbahnen stehenden Beamten behalten diese Eigenschaft auch unter der neuen Ordnung.

Art. 26.

Die Bmidesbahnen sind ermächtigt, die seit dem 1. Januar 1935 in ihren Dienst eingetretenen oder künftig eintretenden Bediensteten anzustellen auf Grund der vom Verwaltungsrate zu erlassenden Vorschriften über das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter und sie nur soweit als Beamte zu wählen, als es mit Eücksicht auf die wechselnden Bedürfnisse des Verkehrs angezeigt erscheint.

Art. 27.

1 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

2 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden aufgehoben: a. die nicht bereits aufgehobenen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen;

350 b. das Bundesgesetz vom 1. Februar 1928 betreffend die Organisation und Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen samt der Vollziehungsverordnung vom 9. Oktober 1928; c. die Artikel l, Abs. 2, 87, 88, 40, 43 und 62 des Bundesgesetzes über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten vom 80. Juni 1927, soweit sie das Personal der Schweizerischen Bundesbahnen betreffen; d. alle übrigen mit dem neuen Gesetz im Widerspruch stehenden Bestimmungen anderer Gesetze, Bundesbeschlüsse und Verordnungen.

3 Der Bundesrat erlässt die zum Vollzuge dieses Gesetzes erforderlichen Verordnungen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen. (Vom 24. November 1936.)

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