08.044 Botschaft über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Kolumbien vom 21. Mai 2008

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des am 26. September 2007 unterzeichneten Abkommens mit Kolumbien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. Mai 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2007-2321

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Übersicht Am 26. September 2007 wurde mit Kolumbien ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen unterzeichnet.

Zwecks Verstärkung seiner wirtschaftlichen Öffnung ist Kolumbien kürzlich dazu übergegangen, mit Industriestaaten Doppelbesteuerungsabkommen abzuschliessen.

Diese Änderung der kolumbianischen Politik wurde schweizerischerseits genutzt, und nach zwei Verhandlungsrunden konnte ein Entwurf für ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen paraphiert werden.

Das Abkommen enthält Regeln, die einen wirksamen Schutz vor Doppelbesteuerungen bieten, und unterstützt den Ausbau der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen.

Damit dient es auch der Sicherung und der Förderung schweizerischer Direktinvestitionen in Kolumbien.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftsverbände haben den Abschluss dieses Abkommens begrüsst.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Grundzüge des Abkommens 1.1 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen 1.2 Würdigung

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2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

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3 Finanzielle Auswirkungen

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4 Verfassungsmässigkeit

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Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Kolumbien (Entwurf)

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Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Kolumbien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

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Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Zwecks Verstärkung seiner wirtschaftlichen Öffnung ist Kolumbien kürzlich dazu übergegangen, mit Industriestaaten Doppelbesteuerungsabkommen abzuschliessen.

Diese Änderung der kolumbianischen Politik wurde schweizerischerseits genutzt, und nach zwei Verhandlungsrunden konnte ein Entwurf für ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen paraphiert werden.

Kolumbien verfügt über eine diversifizierte Wirtschaft mit Bodenschätzen, einem bedeutenden Landwirtschaftssektor sowie einer gut ausgebauten Industrie. Die kolumbianische Wirtschaft ist geprägt von einem soliden Wachstum, und die gegenwärtige Regierung ist bestrebt, dieses Wachstum durch politische Massnahmen zur Stärkung der Attraktivität Kolumbiens als Investitionsstandort zu unterstützen. Das bestehende rechtliche und politische Umfeld für ausländische Investitionen ist als günstig zu bezeichnen. Ein bilaterales Investitionsschutzabkommen wurde am 17. Mai 2006 abgeschlossen. Nach Brasilien, Mexiko, Argentinien und Venezuela ist Kolumbien der bedeutendste schweizerische Investitionsstandort in Lateinamerika. Die Schweiz nimmt hinter den Vereinigten Staaten, Spanien, Frankreich und Grossbritannien unter den ausländischen Investoren den fünften Rang ein.

Nachdem sich die Kantone und die interessierten Wirtschaftsverbände in zustimmendem Sinne zu diesem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geäussert hatten, wurde das Abkommen am 26. September 2007 in Bern unterzeichnet.

1.2

Würdigung

Das vorliegende Abkommen enthält insgesamt Lösungen, die sich vorteilhaft auf die Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit einem wichtigen lateinamerikanischen Staat auswirken dürften. Die mit diesem Abkommen geschaffenen Rahmenbedingungen sind im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung beider Staaten geeignet, die gegenseitigen Direktinvestitionen zu verstärken. Es schliesst eine Lücke im Netz der schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen in Lateinamerika und kann als Muster für den Abschluss weiterer Abkommen mit Staaten dieser Region dienen.

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2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

Das Abkommen folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht weitgehend dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeiteten Musterabkommen sowie der schweizerischen Vertragspraxis auf diesem Gebiet. Wir beschränken uns deshalb im Folgenden darauf, bedeutende Abweichungen vom Musterabkommen oder von der schweizerischen Vertragspraxis zu erläutern.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Das Abkommen gilt sowohl für Steuern vom Einkommen als auch für Steuern vom Vermögen, dies weil Kolumbien zurzeit eine Vermögenssteuer («impuesto nacional sobre el patrimonio») kennt, deren Erhebung soeben bis 2010 verlängert worden ist.

In Übereinstimmung mit der schweizerischen Abkommenspraxis bleibt die Verrechnungssteuer auf Lotteriegewinnen vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgeschlossen. Dasselbe gilt gegebenenfalls auch für eine Steuer auf kolumbianischen Lotteriegewinnen.

Art. 5

Betriebstätten

Kolumbien wünschte ein weitgehendes Besteuerungsrecht des Quellenstaates und verlangte deshalb, dass Bauausführungen und Montagen sowie die damit zusammenhängenden Überwachungstätigkeiten ab einer Dauer von sechs Monaten ebenso eine Betriebstätte begründen wie das Erbringen von Dienstleistungen durch ein Unternehmen oder durch Selbständigerwerbende während 183 Tagen innerhalb einer Zwölfmonatsperiode. In einem Kompromiss, der auch die Artikel 12 (Lizenzgebühren) und 14 (Selbständige Arbeit) einschloss, konnte vereinbart werden, einerseits die Besteuerung von Einkünften aus technischer Betreuung, technischen Dienstleistungen und Beratungsdienstleistungen in Artikel 12 zu regeln und andrerseits Artikel 14 zu streichen und Einkünfte aus selbständiger Arbeit dem Artikel 7 zu unterstellen, so wie es im Übrigen auch das Musterabkommen der OECD vorsieht.

Im Rahmen dieses Kompromisses verzichtete Kolumbien auf seine Forderung, in Artikel 5 Absatz 4 die Auslieferung aus der Liste der Hilfstätigkeiten zu streichen.

Im Gegenzug war die Schweiz bereit, in Absatz 3 ­ entsprechend ihrer Abkommenspolitik gegenüber Staaten mit einem vergleichbaren Entwicklungsstand ­ für Bauausführungen und Montagen (nicht aber für damit zusammenhängende Überwachungstätigkeiten) bereits ab einer Dauer von sechs Monaten eine Betriebstätte vorzusehen.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Der im Musterabkommen der OECD verankerte Grundsatz, wonach die Gewinne einer Betriebstätte nur aufgrund der dieser Betriebstätte zurechenbaren Tätigkeiten berechnet werden darf, wird in Ziffer 2 des Protokolls ausdrücklich bestätigt. Wie in mehreren anderen schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen wird in dieser Protokollbestimmung im Weiteren festgehalten, dass einerseits nur die geschäftsmässig begründeten Aufwendungen vom Gewinn einer Betriebstätte abgezogen werden können und dass andrerseits bei rechtlich oder wirtschaftlich missbräuchlichen Gestaltungen Gewinne, die ein in einem Vertragsstaat ansässiges Unternehmen 4471

im anderen Vertragsstaat aus Direktverkäufen von Waren oder Gütern gleicher oder ähnlicher Art wie die Waren oder Güter, die in diesem anderen Vertragsstaat durch eine dort errichtete Betriebstätte verkauft werden, dieser Betriebstätte zugerechnet werden können.

Art. 9

Verbundene Unternehmen

Wie in den meisten in letzter Zeit abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen konnten die der schweizerischen Abkommenspraxis entsprechenden Absätze 2 und 3 aufgenommen werden. Absatz 2 hält fest, dass Gewinnaufrechnungen, die in einem Vertragsstaat vorgenommen werden, vom anderen Vertragsstaat nur dann zu berichtigen sind, wenn er die Aufrechnung als richtig anerkennt. Gewinnaufrechnungen können nach Absatz 3 nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres vorgenommen werden, in dem die Gewinne erzielt wurden, die Gegenstand einer Aufrechnung sind. Diese zeitliche Begrenzung gilt nicht in Fällen von Betrug und vorsätzlicher Unterlassung.

Art. 10

Dividenden

Gemäss der schweizerischen Abkommenspraxis sind Dividenden, die an eine Gesellschaft gezahlt werden, die an der ausschüttenden Gesellschaft eine Beteiligung von mindestens 20 % hält, von der Besteuerung im Quellenstaat ausgenommen. In den übrigen Fällen darf die Besteuerung durch den Quellenstaat 15 % des Bruttobetrags der Dividenden nicht übersteigen.

Art. 11

Zinsen

Nach Absatz 2 kann der Quellenstaat Zinsen mit höchstens 10 % besteuern. Absatz 3 sieht jedoch ein ausschliessliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats des Empfängers vor für Zinszahlungen an die öffentliche Hand sowie für Zinsen, die im Zusammenhang stehen mit dem Verkauf von Waren oder Ausrüstungen auf Kredit oder die für ein von einer Bank oder einem anderen Kreditinstitut gewährtes Darlehen gezahlt werden.

Eine Meistbegünstigungsklausel stellt sicher, dass eine von Kolumbien nach der Unterzeichnung des vorliegenden Abkommens in einem Doppelbesteuerungsabkommen mit einem anderen Staat vereinbarte günstigere Lösung automatisch auch für schweizerische Empfänger Anwendung findet (Ziffer 3 des Protokolls).

Art. 12

Lizenzgebühren

Lizenzgebühren können im Quellenstaat mit höchstens 10 % besteuert werden. Dies entspricht der Regelung in zahlreichen schweizerischen Abkommen mit weniger entwickelten Staaten. Der Begriff der Lizenzgebühren umfasst aufgrund des die Artikel 5 (Betriebstätte), 12 (Lizenzgebühren) und 14 (Selbständige Arbeit) einschliessenden Kompromisses auch Vergütungen für technische Betreuung, technische Dienstleistungen und Beratungsdienstleistungen. Eine derartige Lösung hat die Schweiz auch schon in einigen anderen Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart.

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Wie im Falle der Zinsen enthält Ziffer 4 des Protokolls eine Meistbegünstigungsklausel, wonach, sollte Kolumbien in einem künftigen Abkommen mit einem anderen Staat eine vorteilhaftere Lösung vereinbaren, diese günstigere Lösung automatisch auch für an schweizerische Empfänger gezahlte Lizenzgebühren gilt.

Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Nach Absatz 4 dieser Bestimmung können ­ wie in anderen schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen ­ Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Vermögen unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % aus in einem Vertragsstaat gelegenem unbeweglichem Vermögen besteht, in diesem Staat besteuert werden. Schweizerischerseits hält Artikel 23 (Vermeidung der Doppelbesteuerung) fest, dass die Schweiz solche Gewinne nur dann von den schweizerischen Steuern befreit, wenn deren Besteuerung in Kolumbien nachgewiesen wird.

Art. 16

Künstler und Sportler

Im Einklang mit der schweizerischen Abkommenspraxis werden Einkünfte aus der Tätigkeit eines Künstlers oder einer Künstlerin, eines Sportlers oder einer Sportlerin auch dann im Auftrittsstaat besteuert, wenn diese Einkünfte einer Drittperson zufliessen. Andrerseits wird eine Besteuerung im Auftrittsstaat ausgeschlossen, wenn diese Tätigkeit in diesem Staat ganz oder zu einem erheblichen Teil aus öffentlichen Mitteln, die aus Quellen des anderen Staates stammen, finanziert wird.

Art. 17 und 18 Pensionen Ziffer 5 des Protokolls bestätigt ausdrücklich die schweizerische Praxis, wonach diese Bestimmungen sowohl auf periodische Zahlungen als auch auf Kapitalleistungen Anwendung findet.

Art. 21

Missbrauchsbestimmung

Von kolumbianischer Seite wurde ursprünglich verlangt, eine sehr weitreichende Missbrauchsbestimmung in das Abkommen aufzunehmen. Es gelang, dieses Begehren auf eine Bestimmung zur Bekämpfung tatsächlicher Missbrauchsfälle zu begrenzen. Hierfür konnte, unter Berücksichtigung der breiten internationalen Beziehungen der Schweiz, eine angemessene Lösung gefunden werden. Diese sieht vor, dass keine Abkommensvorteile erhältlich sind für Einkünfte, die von einer im einem Vertragsstaat ansässigen Person unmittelbar oder mittelbar zu irgendeinem Zeitpunkt und in irgendeiner Form mindestens zur Hälfte an eine Person weitergeleitet werden, die nicht im anderen Vertragsstaat, aus dem diese Einkünfte stammen, ansässig ist. Dieser Ausschluss tritt nicht ein, wenn die in einem Vertragsstaat ansässige Person, die Abkommensvorteile beansprucht, nachweist, dass die betreffenden Geschäftsvorfälle nicht hauptsächlich auf die Erlangung dieser Abkommensvorteile gerichtet sind. Dieser Nachweis gilt als erbracht, wenn die betreffenden Einkünfte an eine nicht nahe stehende Person weitergeleitet werden oder wenn diese Einkünfte, wären sie direkt der Person zugeflossen, an die sie weitergeleitet werden, einer gleichen oder günstigeren abkommensrechtlichen Behandlung unterlegen wäre.

Erfüllt eine Gesellschaft keine dieser beiden vorstehenden Bedingungen, kann sie somit immer noch den Nachweis erbringen, dass der Hauptzweck der Geschäftsvorfälle nicht in der Beanspruchung von Abkommensvorteilen bestand.

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Diese Bestimmung trägt den Bedenken der Steuerbehörden beider Staaten Rechnung und bringt eine gewisse Rechtssicherheit. Sie entspricht den Entwicklungen der schweizerischen Abkommenspolitik auf dem Gebiet der Missbrauchsbekämpfung.

In Ziffer 6 des Protokolls wird ausserdem auf Begehren Kolumbiens festgehalten, dass die zuständigen Behörden sich verpflichten, notwendige Massnahmen zu prüfen und gegebenenfalls Beratungen über entsprechende Anpassungen des Abkommens aufzunehmen, wenn festgestellt wird, dass es zur Erlangung von darin nicht vorgesehenen und nicht beabsichtigten Vorteilen benutzt wird. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass diese Bestimmung zur Anwendung gelangen wird. Dennoch wurde sie im Hinblick auf die Erzielung eines Kompromisses als annehmbar betrachtet.

Art. 22

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Kolumbien vermeidet die Doppelbesteuerung durch Anrechnung der schweizerischen Steuern. Wird das ausschliessliche Besteuerungsrecht der Schweiz zugewiesen, gewährt Kolumbien eine Befreiung unter Progressionsvorbehalt.

Die Schweiz befolgt wie üblich die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt und gewährt für nicht rückforderbare Steuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren die pauschale Steueranrechnung.

Zwecks wirtschaftlicher Entwicklung des Landes befreit Kolumbien Unternehmen gewisser Wirtschaftszweige (z.B. der Hotellerie) von den Steuern auf den Unternehmensgewinnen. Sofern ein kolumbianisches Unternehmen Dividenden im Sinne von Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b aus solchermassen befreiten Gewinnen an schweizerische Empfänger ausschüttet, gewährt die Schweiz eine auf 10 % begrenzte fiktive Steueranrechnung.

Art. 26

Informationsaustausch

Kolumbien forderte anfänglich neben einer Bestimmung über die Vollstreckungshilfe auch eine auf die Anwendung des innerstaatlichen Rechts erweiterte Bestimmung über den Informationsaustausch, um insbesondere die Steuerflucht zu bekämpfen. Unter Berücksichtigung der Gesamtheit der vereinbarten Lösungen wurde schliesslich, um die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen, eine Bestimmung zugestanden, die auf Verlangen den Austausch derjenigen Informationen vorsieht, die erforderlich sind für die Anwendung des Abkommens und für die Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts in Fällen von Steuerbetrug. Als Steuerbetrug im Sinne dieser Bestimmung gilt ein mit Freiheitsstrafe bedrohtes betrügerisches Verhalten. Eine analoge Bestimmung hat die Schweiz bereits in Abkommen mit anderen Staaten vereinbart. Ziffer 7 des Protokolls bestätigt die von der Schweiz auf diesem Gebiet verfolgten Grundsätze der doppelten Strafbarkeit, des direkten Zusammenhangs zwischen dem betrügerischen Verhalten und der verlangten Amtshilfemassnahmen, der Reziprozität und der Beschränkung der Geltung für ab dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Abkommens begangene Straftaten.

Kolumbien kannte bisher den Begriff des Steuerbetrugs im Zusammenhang mit direkten Steuern nicht, beabsichtigte aber im Jahr 2007 im Rahmen einer Fiskalreform, diesen Begriff mit Straftaten, die mit Freiheitsstrafe bedroht sind, zu definieren. Dieser Vorschlag wurde jedoch vom Parlament abgelehnt. Die Gewährung von

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Amtshilfe in Fällen von Steuerbetrug wird deshalb von der Entwicklung des innerstaatlichen Rechts Kolumbiens abhängen.

Art. 28

Inkrafttreten

Das Abkommen tritt 60 Tage nach dem Eingang der späteren der beiden Notifikationen über den Abschluss des hierfür erforderlichen innerstaatlichen Verfahrens in Kraft. Seine Bestimmungen finden ab dem 1. Januar des Folgejahres Anwendung.

3

Finanzielle Auswirkungen

In einem Doppelbesteuerungsabkommen verzichten beide Vertragsstaaten auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die vollständige oder teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf Dividenden und Zinsen und durch die Anrechnung der von Kolumbien nach den Artikeln 10­12 auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren einbehaltenen Quellensteuern. Diese Einbussen, die mangels geeigneter Statistiken nicht beziffert werden können, werden jedoch teilweise ausgeglichen, weil wegen des Abkommens die Attraktivität des Standortes Schweiz verbessert wird, was sich mittelfristig in zusätzlichen Einnahmen bei den direkten Steuern auswirken dürfte.

Im vorliegenden Abkommen konnten mit Kolumbien Lösungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vereinbart werden, die für die Schweiz und für die schweizerische Wirtschaft im bilateralen Verhältnis eine tragfähige Grundlage abgeben und mögliche steuerliche Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Staaten beseitigen, die mit Kolumbien ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben. Das Abkommen verstärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, was sich wirtschaftlich und finanziell positiv auswirken wird. Insgesamt bringt es für die Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen wesentliche Vorteile und ist geeignet, zur Förderung schweizerischer Direktinvestitionen in Kolumbien beizutragen. Die Kantone und die interessierten Wirtschaftsverbände haben seinen Abschluss begrüsst. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und dass sie ganz allgemein der Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit dienen, was ein Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik ist.

4

Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das vorliegende Abkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Zuständig für die Genehmigung des Abkommens ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV die Bundesversammlung. Das Abkommen ist zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes gilt eine Bestimmung eines Staatesver4475

trages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generellabstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt.

Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. September 2003 über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel in Aussicht gestellt, dem Parlament künftig zu empfehlen, internationale Abkommen nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen, sofern sie für die Schweiz keine neuen Verpflichtungen enthalten. Das vorliegende Abkommen schafft in Bezug auf die Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren vorteilhafte Bedingungen. Die Amtshilfe für die Anwendung des innerstaatlichen Rechts in Fällen von Steuerbetrug wurde bereits gegenüber anderen Staaten (z.B.

Deutschland oder Südafrika) zugestanden und erstreckt sich nur auf Auskünfte, die bereits heute auf dem Rechtshilfeweg beschafft werden können. Eine solche Bestimmung stärkt die Schweizer Position auf diesem Gebiet im internationalen Umfeld.

Das Abkommen bringt für die Schweiz keine neuen, als wichtig zu bezeichnenden Verpflichtungen, die über die Verpflichtungen hinausgehen, die die Schweiz gegenüber anderen Staaten eingegangen ist. Der Bundesbeschluss über den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Kolumbien unterliegt daher nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.

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