07.098 Botschaft zum Patentanwaltsgesetz vom 7. Dezember 2007

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zum Bundesgesetz über die Patentanwältinnen und Patentanwälte (Patentanwaltsgesetz, PAG) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

7. Dezember 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2007-1759

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Übersicht Eine qualifizierte Beratung in Patentsachen ist für den Innovationsstandort Schweiz wichtig. Das Patentanwaltsgesetz gestattet daher nur Personen mit nachgewiesener Berufsqualifikation das Führen bestimmter Berufsbezeichnungen.

Dieser Titelschutz stellt die fachliche Befähigung der Dienstleistungserbringerinnen und Dienstleistungserbringer sicher, schafft Transparenz beim Dienstleistungsangebot und schützt innovative Personen und Unternehmen vor unqualifizierter Beratung.

Ausgangslage Innovative Personen und Unternehmen sind wegen der Komplexität des Erfindungsschutzes auf professionelle und kompetente Beratung angewiesen. Die internationalen Verflechtungen und die Besonderheiten in der Schweiz stellen zunehmend hohe fachliche Anforderungen an die Beratung in Patentsachen. Weil der Patentanwaltsberuf in der Schweiz nicht reglementiert ist, können heute auch Personen in Patentsachen beratend tätig werden, die den hohen Anforderungen an diese Dienstleistung nicht genügen. Der regelungsfreie Zustand macht die Schweiz zum Anziehungspunkt für Personen, welche die Qualifikationen für die im Ausland meist reglementierte Berufsausübung nicht erfüllen. Der Schaden einer unsachgemässen Beratung ist für die Betroffenen gross und kann existenziell sein: Patente sind vielfach das entscheidende wirtschaftliche Startguthaben für Einzelerfinderinnen bzw. -erfinder und innovative Unternehmen, insbesondere KMU. Eine mangelhafte Beratung zeigt sich allerdings in der Regel erst in einem Zeitpunkt, in dem eine Korrektur kaum mehr möglich ist. Das Informationsgefälle erschwert dem Laien die Wahl einer Dienstleistungserbringerin bzw. eines Dienstleistungserbringers: Er kann die Angebote nicht hinsichtlich ihrer Qualität und der Kompetenz der anbietenden Person beurteilen. Die mangelnde Transparenz und fehlende Qualitätssicherung wirken sich negativ auf die Schweiz als Innovationsstandort aus.

Inhalt der Vorlage Das Patentanwaltsgesetz bezweckt, eine qualifizierte Beratung in Patentsachen zu gewährleisten. Dies wird über einen Titelschutz erreicht: Bestimmte Berufsbezeichnungen dürfen nur von Personen mit ausgewiesenen Berufsqualifikationen geführt werden. Vor Aufnahme der Berufstätigkeit haben sie sich in ein Patentanwaltsregister eintragen zu lassen. Dabei müssen sie die geforderten Berufsqualifikationen
(Hochschulabschluss, Patentanwaltsprüfung und praktische Tätigkeit) nachweisen.

Die gewerbsmässige Beratung und Vertretung in Patentsachen steht zwar nach wie vor allen Personen offen. Der Titelschutz in Verbindung mit dem Patentanwaltsregister ermöglicht jedoch dem Publikum die Wahl einer fachlich kompetenten Dienstleistungserbringerin bzw. eines fachlich kompetenten Dienstleistungserbringers. Die vorgeschlagene Lösung schafft zudem eine bessere Ausgangslage für Patentanwältinnen und Patentanwälte, die im Rahmen der Personenfreizügigkeit ihren Beruf auch in der Europäischen Union ausüben wollen.

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Das Patentanwaltsgesetz trägt dem Geheimhaltungsinteresse der Beratenen Rechnung, indem es eine Verschwiegenheitspflicht für Patentanwältinnen und Patentanwälte statuiert.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

408

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Parlamentarische Initiative 1.3 Beantragte Neuregelung 1.4 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.4.1 Begründung 1.4.2 Untersuchte Lösungsmöglichkeiten 1.4.3 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.5 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.6 Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht

411 411 414 415 416 416 417 418 419 420

2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 2.1 Gegenstand und Geltungsbereich 2.2 Titelschutz 2.3 Berufsgeheimnis 2.4 Patentanwaltsregister 2.5 Strafbestimmungen 2.6 Schlussbestimmungen

422 422 423 429 431 433 434

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund und auf Kantone und Gemeinden 3.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.2.1 Notwendigkeit und Möglichkeit staatlichen Handelns 3.2.2 Auswirkungen auf einzelne gesellschaftliche Gruppen 3.2.3 Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft 3.2.4 Alternative Regelungen 3.2.5 Zweckmässigkeit im Vollzug

436 436 437 437 438 439 439 440

4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zum Finanzplan

440

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.1.1 Rechtsgrundlage 5.1.2 Vereinbarkeit mit den Grundrechten 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.2.1 Personenfreizügigkeit 5.2.2 Patentrechtsvertrag 5.3 Erlassform 5.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

440 440 440 440 441 441 442 442 442

Bundesgesetz über die Patentanwältinnen und Patentanwälte (Entwurf)

445

410

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Qualität der Beratung und Vertretung in Patentsachen Patentanwältinnen und Patentanwälte nehmen beim Erfindungsschutz eine vorbereitende und bei der Durchsetzung von Patenten eine beratende Funktion wahr; ihnen kommt damit eine zentrale und verantwortungsvolle Stellung innerhalb des Innovationsprozesses zu.

Die Anforderungen an die Qualität der Beratung und Vertretung in Patentsachen sind insbesondere mit Blick auf die internationale Verflechtung des Patentwesens in den letzten Jahren massiv angestiegen. Aber auch das rudimentäre nationale Erteilungsverfahren, das keine Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit kennt, stellt hohe Anforderungen an die Beratung. Die beschränkte Prüfung bietet nämlich keine Gewähr dafür, dass ein erteiltes Schutzrecht auch wirklich rechtsbeständig ist.

Die Revision des Patentgesetzes vom 25. Juni 19541 (PatG) hält trotz eines massvollen Ausbaus des Prüfungsverfahrens an der eingeschränkten Prüfung fest.2 Patentanwältinnen bzw. Patentanwälte tragen daher auch die Verantwortung für die Gültigkeit eines ausgestellten Schutztitels; das Vertrauen ihrer Klientschaft muss deshalb geschützt werden.

Heute liegt die Aus- und Weiterbildung der Patentanwältinnen und Patentanwälte in erster Linie in deren eigener Verantwortung. Sie wird teilweise durch die verschiedenen Patentanwaltsverbände sichergestellt, indem diese fachliche Anforderungen an ihre Mitglieder stellen. Eine Verbandszugehörigkeit ist allerdings nicht zwingend.

Daher können heute auch unqualifizierte Personen die Tätigkeit einer Patentanwältin oder eines Patentanwalts ausüben und den entsprechenden Titel führen.

Die Situation ist anders bei den vor dem Europäischen Patentamt (EPA) zugelassenen Vertreterinnen und Vertretern. Der Eintrag in die beim EPA geführte Liste der zugelassenen Vertreter setzt das erfolgreiche Bestehen einer anspruchsvollen Eignungsprüfung voraus, zu der wiederum nur zugelassen wird, wer den Abschluss einer postsekundären Ausbildung von mindestens drei Jahren und mehrere Jahre Berufserfahrung nachweisen kann. Mit dem Eintrag in die Liste sind sodann das ausschliessliche Vertretungsrecht vor dem EPA sowie eine Mitgliedschaft beim Institut der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter verbunden.

Für die Belange der Schweiz kann nicht allein auf diesen europäischen Fachtitel
abgestellt werden. Denn obschon zu dessen Erlangung sehr hohe Anforderungen zu erfüllen sind, weist die fachliche Qualifikation Lücken auf: Die Eignungsprüfung deckt namentlich nicht das zivilprozessuale Verletzungsverfahren oder die Besonderheiten des schweizerischen Verwaltungsverfahrens ab.

1 2

SR 232.14 Botschaft vom 23. Nov. 2005 zur Änderung des Patentgesetzes und zum Bundesbeschluss über die Genehmigung des Patentrechtsvertrags und der Ausführungsordnung, BBl 2006 1, Ziff. 2.1.7.

411

Angesichts des fehlenden Bezeichnungsschutzes im Angebotsbereich der Beratung in Patentsachen ist es den Anmelderinnen und Inhaberinnen bzw. Anmeldern und Inhabern von Patenten kaum möglich, inkompetente Angebote von professionellen zu unterscheiden. Sie laufen Gefahr, ungenügend beraten zu werden, was mit erheblichen finanziellen oder gar existenziellen Folgen verbunden sein kann (siehe auch Ziff. 1.4). Die Interessen von Anmelderinnen und Inhaberinnen bzw. Anmeldern und Inhabern von Patenten werden heute folglich nicht ausreichend geschützt.

Europäisches Umfeld In den umliegenden Ländern (namentlich in Frankreich, Deutschland, Österreich und Liechtenstein) ist der Patentanwaltsberuf bereits seit längerer Zeit geregelt.

Die Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschliessen3, enthält ein allgemeines System zur Anerkennung der Hochschuldiplome (siehe im Einzelnen Ziff. 1.6). Aufgrund des Freizügigkeitsabkommens4 können sich Schweizer Bürger auf diese Richtlinie berufen: Schweizer Patentanwältinnen und Patentanwälte, die ihren Beruf in einem EU/EFTA-Staat, der diesen Beruf reglementiert hat, ausüben wollen, müssen in diesem Staat nach Massgabe der Richtlinie 89/48/EWG um Anerkennung ihrer Ausbildung und Berufserfahrung ersuchen. Der jeweilige Aufnahmestaat hat das Recht, die im Herkunftsstaat erworbene Ausbildung und allfällige Berufserfahrung mit den in seinem Land gültigen Anforderungen zu vergleichen. Werden wesentliche Unterschiede in Bezug auf Dauer oder Inhalt festgestellt, so muss die Bewerberin oder der Bewerber diesen Mangel ausgleichen (mit einem Anpassungslehrgang oder einer Eignungsprüfung), um den Zugang zum Beruf zu erhalten.

Die aktuelle rechtliche Situation führt dazu, dass Schweizer Patentanwältinnen und Patentanwälte, die in einem EU/EFTA-Land tätig sein wollen, nebst ihrer Ausbildung als Patentanwältin oder Patentanwalt mindestens zwei Jahre Berufserfahrung nachweisen müssen. Wird ihre Qualifikation vom Aufnahmestaat nicht als gleichwertig anerkannt, so tritt der Ausgleichsmechanismus in Kraft. Mangels nationaler Vorschriften, welche die fachliche Qualifikation von Patentanwältinnen und Patentanwälten in der Schweiz gewährleisten, befinden sich
diese in Bezug auf den Zugang zum Beruf in Europa faktisch in einer weniger vorteilhaften Ausgangslage.

Eine Regelung, welche die Aufnahme oder Ausübung des Patentanwaltsberufs in der Schweiz an den Besitz bestimmter beruflicher Befähigungsnachweise bindet, könnte bezüglich der vorliegenden Problematik eine gewisse Abhilfe schaffen. Eine Anerkennung der beruflichen Qualifikationen schweizerischer Patentanwältinnen und Patentanwälte in Europa als gleichwertig kann damit allerdings nicht gewährleistet werden. Wie die Bewertung der fachlichen Qualifikation durch die einzelnen Drittstaaten erfolgt, lässt sich letztlich nicht beeinflussen. Gerade der Aspekt der Kenntnis des nationalen (Patent-)Rechts im Aufnahmestaat erschwert eine direkte Anerkennung von Patentanwältinnen und Patentanwälten aus anderen Mitgliedstaaten.

3 4

412

ABl. L 19 vom 24.1.1989, S. 16, in der Fassung der Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001, ABl. L 206 vom 31.7.2001, S. 1.

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, SR 0.142.112.681.

Der Umstand, dass der Zugang zum Patentanwaltsberuf in den EU/EFTA-Staaten für Schweizer Patentanwältinnen und Patentanwälte mit Hürden verbunden ist, führt dazu, dass zusätzlich zur inländischen Vertretung oft ausländische Patent- oder Rechtsanwältinnen bzw. Patent- oder Rechtsanwälte beigezogen werden. Die Zusatzkosten gehen zu Lasten der Vertretenen. Die resultierende Verteuerung der Dienstleistung bedeutet eine zusätzliche finanzielle Hürde für Einzelerfinderinnen bzw. Einzelerfinder und KMU.

Attorney-Client Privilege Im Rahmen der Beratung und Vertretung in Patentsachen erhalten Patentanwältinnen und Patentanwälte Kenntnis von vertraulichen Informationen ihrer Klientschaft oder ­ im Falle einer Unternehmenspatentanwältin oder eines Unternehmenspatentanwalts ­ von Personen innerhalb des Unternehmens. Diese Informationen sind häufig von grosser wirtschaftlicher Bedeutung, sodass die Klientschaft bzw. das Unternehmen darauf angewiesen ist, dass Dritte keine Kenntnis davon erhalten.

Im Ausland wird dem Interesse an der Geheimhaltung der vertraulichen Informationen materiell durch die Statuierung einer Geheimhaltungspflicht für die Patentanwaltschaft Rechnung getragen, die verfahrensrechtlich durch Zeugnisverweigerungsrechte verstärkt wird.

Die Situation insbesondere in den Vereinigten Staaten von Amerika ist in dieser Hinsicht besonders: Der Schutz vertraulicher Informationen besteht dort im Zivilprozess auf der Grundlage verschiedener Privilegien, insbesondere des «AttorneyClient Privilege». Es schützt die Kommunikation zwischen einer Anwältin bzw.

einem Anwalt und der Mandantin bzw. dem Mandanten, die eine Rechtsberatung zum Inhalt hat. Es versteht sich prozessual als Schranke gegenüber der Möglichkeit von Beteiligten an einem Zivilprozess, eine Zeugenaussage oder die Vorlage von Unterlagen zu erwirken. Das Privileg beruht im Wesentlichen auf der Praxis der erstinstanzlichen Gerichte, die allerdings nicht konsistent und uneinheitlich ist.

Übereinstimmung besteht nur in Bezug auf die elementaren Grundzüge des Privilegs.

Das Attorney-Client Privilege gilt sowohl für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die bei einem US-amerikanischen Gericht zugelassen sind, als auch für Patentspezialistinnen und Patentspezialisten, die zugleich Rechtsanwältinnen bzw.

Rechtsanwälte sind («Patent Attorneys»). Für
Patentspezialistinnen und Patentspezialisten, die zwar beim US-amerikanischen Patentamt zugelassen, jedoch keine Rechtsanwältinnen bzw. Rechtsanwälte sind («Patent Agents»), ist die Anwendbarkeit des Attorney-Client Privilege in der Rechtsprechung nicht restlos geklärt; die Gerichte nehmen unterschiedliche Standpunkte ein. Uneinheitlich ist auch die Handhabung bezüglich der Kommunikationsinhalte, die von der Offenlegung befreit sind. Tendenziell wird nicht jede Kommunikation im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung in Patentsachen privilegiert und sind nur vertrauliche Informationen zwischen Patentspezialistin bzw. Patentspezialist und Klientschaft, die im Hinblick auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ausgetauscht werden, geschützt.

Eine Mehrheit der erstinstanzlichen Gerichte erkennt an, dass auch im Falle einer Beratung in Patentsachen im Ausland die betroffene Kommunikation Schutz vor der Offenlegung im amerikanischen Zivilprozess geniessen kann. Die Spruchpraxis lässt allerdings in Bezug auf die Umstände und Modalitäten kein einheitliches Prinzip erkennen. Einige Gerichte wenden unter Berufung auf das völkerrechtliche Prinzip 413

der Höflichkeit nationale Regelungen an, sofern der Inhalt der Kommunikation nur die jeweiligen Länder und nicht auch die Belange der USA berührt. Nach einem anderen, funktionalen Ansatz gewähren Gerichte das Attorney-Client Privilege, sofern die ausländische Patentspezialistin bzw. der ausländische Patentspezialist eine funktional äquivalente Aufgabe zu derjenigen eines amerikanischen Patent Attorney wahrnimmt. Dabei stellen die Gerichte tendenziell auf die Art der Tätigkeit der betreffenden Personen ab und weniger auf die Berufsbezeichnung. Andere Gerichte wiederum knüpfen die Anwendung des Attorney-Client Privilege an die Gleichwertigkeit des Schutzes im Referenzland mit dem Schutz in den Vereinigten Staaten.

In Verletzungsverfahren in den USA (und anderen Ländern gleicher Rechtstradition) besteht für Einzelpersonen oder Unternehmen in der Schweiz aufgrund der dargelegten Rechtslage die Gefahr, dass die Korrespondenz mit ihren schweizerischen Patentanwältinnen und Patentanwälten der Gegenpartei zugänglich gemacht werden muss. Der regelungsfreie Zustand begünstigt dies. Ausländische Konkurrenzunternehmen bzw. deren Patentanwältinnen oder Patentanwälte, für die das nationale Recht ein Berufsgeheimnis und ein Zeugnisverweigerungsrecht vorsieht, können sich demgegenüber gegebenenfalls auf das nationale Berufs- und Prozessrecht berufen. Ihre Ausgangslage ist damit günstiger, obschon auch sie keine Gewähr dafür haben, dass sie von einer Pflicht zur Aussage oder zur Vorlage von Unterlagen befreit sind. Diese Situation hat für die schweizerischen Patentanwältinnen und Patentanwälte einen Wettbewerbsnachteil zur Folge: Klientinnen und Klienten, die befürchten, in Rechtsstreitigkeiten in den USA verwickelt zu werden, sehen zuweilen davon ab, schweizerische Patentanwältinnen und Patentanwälte mit der Wahrung ihrer Interessen zu beauftragen. Vor diesem Hintergrund bemühen sich die interessierten Kreise um die Statuierung einer Geheimhaltungspflicht verbunden mit einem Zeugnisverweigerungsrecht. Auch wenn eine solche Lösung die Gewährung eines dem Attorney-Client Privilege entsprechenden Schutzes ihrer Beratungstätigkeit durch die US-amerikanischen Gerichte nicht garantieren kann, so verbessert sie doch die Ausgangslage der schweizerischen Patentanwältinnen und Patentanwälte und führt zu einer Gleichstellung gegenüber dem europäischen Ausland.

1.2

Parlamentarische Initiative

Die parlamentarische Initiative von Ständerätin Helen Leumann-Würsch vom 17. Juni 2005 «Patentgesetz. Schaffung einer Berufsregelung für Patentanwälte und eines Bundespatentgerichtes»5 fordert u.a. eine Ergänzung von Artikel 13 PatG mit einer Berufsregelung für Patentanwälte und einer Regelung für die berufsmässige Vertretung in einem Verwaltungsverfahren nach dem PatG.

Ständerätin Helen Leumann-Würsch macht insbesondere geltend, die Komplexität der Materie führe vor allem bei KMU zu einer Überforderung. Eine Beratung durch Spezialisten sei für die Wirtschaft heute unabdingbar. In der Schweiz sei ein qualifizierter Berufsstand nicht garantiert. In sämtlichen umliegenden Ländern dagegen seien die Qualitätsanforderungen an den Patentanwaltsberuf geregelt. Die wichtigsten Gründe für die Schaffung eines Patentanwaltsgesetzes seien die Sicherstellung der beruflichen Qualifikation und der Qualität der Berufsausübung sowie die gegenseitige Anerkennung und das Vermeiden einer Benachteiligung im internationalen 5

414

05.418

Kontext. Mit Blick auf das Attorney-Client Privilege verlangt die Initiative zudem, dass ein Berufsgeheimnis gesetzlich verankert wird.

An ihrer Sitzung vom 24. April 2006 hat die Rechtskommission des Ständerats der Initiative Folge gegeben. Diesem Beschluss stimmte die Rechtskommission des Nationalrats an ihrer Sitzung vom 14. September 2007 einstimmig zu.

Mit der Vorlage zu einem Patentanwaltsgesetz wird dem zentralen Anliegen der parlamentarischen Initiative Rechnung getragen. Persönliche Anforderungen für die Ausübung des Patentanwaltsberufs sowie Berufsregeln sieht der Gesetzesentwurf zwar nicht vor (Ziff. 1.3). Die beantragte Regelung bleibt daher hinsichtlich der «Berufsethik» hinter den Forderungen der parlamentarischen Initiative zurück.

Gleichwohl ist dadurch das Regelungsziel nicht in Frage gestellt, da Disziplinar- und Berufsregeln der Selbstregulierung ohne weiteres zugänglich sind, wie es das Beispiel des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter zeigt.

Die parlamentarische Initiative kann durch den vorliegenden Erlassentwurf als erfüllt angesehen werden, weshalb eine Abschreibung nach Artikel 113 Absatz 2 Buchstabe a des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20026 (ParlG) in Betracht kommt.

1.3

Beantragte Neuregelung

Die Neuregelung trägt dem oben dargestellten Regelungsbedarf (Ziff. 1.1) angemessen Rechnung. Die fachliche Qualität der Beratung und Vertretung in Patentsachen wird über einen Titelschutz gewährleistet. Die Berechtigung zum Führen bestimmter Berufsbezeichnungen hängt demnach von der Erfüllung gesetzlich festgelegter Voraussetzungen (natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Hochschulabschluss, bestandene Patentanwaltsprüfung, Berufserfahrung) ab. Diese stellen eine hohe fachliche Befähigung derjenigen Personen sicher, welche die geschützten Berufsbezeichnungen führen. So wird erreicht, dass diese Personen qualitativ hochstehende Dienstleistungen anbieten.

Für innovative Personen und Unternehmen, die Leistungen auf dem Gebiet der Beratung und Vertretung in Patentsachen in Anspruch nehmen, ist es wichtig, dass die fachliche Qualifikation von Patentanwältinnen und Patentanwälten in der Schweiz transparent ist. Sie müssen auf einfache und verlässliche Art und Weise prüfen können, ob eine die Dienstleistung anbietende Person die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Dies stellt ein vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) geführtes Patentanwaltsregister sicher. Das IGE trägt darin eine Bewerberin oder einen Bewerber ein, sobald es festgestellt hat, dass die fachlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ein Zustellungsdomizil in der Schweiz vorhanden ist. Der Registerinhalt wird dem Publikum in geeigneter Weise zugänglich gemacht.

Der Gesetzesentwurf behält die Vertretung und Beratung in Patentsachen nicht ausschliesslich den im Patentanwaltsregister eingetragenen Personen vor. Weiterhin können auch Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer, welche die Voraussetzungen für den Eintrag in das Patentanwaltsregister nicht erfüllen, ihre Dienstleistungen anbieten. Sie dürfen dies allerdings nicht unter Verwendung einer der geschützten Berufsbezeichnungen tun. Der Eintrag in das Patentanwaltsregister durch das IGE 6

SR 171.10

415

stellt in hinreichender Weise sicher, dass innovative Personen und Unternehmen eine fachlich qualifizierte Dienstleistungserbringerin oder einen fachlich qualifizierten Dienstleistungserbringer einfach ermitteln können. Ein ausschliessliches Recht zur gewerbsmässigen Vertretung der im Patentanwaltsregister eingetragenen Patentanwältinnen und Patentanwälte bringt keine zusätzlichen Vorteile, die den weitgehenden Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit aufzuwiegen vermögen.

Der Gesetzesentwurf sieht keine persönlichen Anforderungen für die Ausübung des Patentanwaltsberufs vor und stellt keine Berufsregeln auf. Die Statuierung einer Berufsethik sowie deren Durchsetzung bleiben den Patentanwaltsverbänden bzw.

dem Institut der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter überlassen.

Heute wird die überwiegende Mehrheit der für die Schweiz wirksamen Patente über das Europäische Patentübereinkommen erteilt. Die vor dem Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreterinnen und Vertreter sind Mitglieder des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter (epi) und unterstehen den entsprechenden Standes- und Disziplinarregeln. Sorgfaltspflichten im Rahmen der Beratung und Vertretung in Patentsachen ergeben sich daneben aus dem Auftragsrecht. Die Aufsicht über die Vertreterinnen und Vertreter (darunter fallen nicht nur die Trägerinnen und Träger des geschützten Titels) wird vom EJPD wahrgenommen (vgl.

Art. 48b PatG; Ziff. 2.6).

Der Gesetzesentwurf sieht ein Berufsgeheimnis vor: Die im Patentanwaltsregister eingetragenen Patentanwältinnen und Patentanwälte sind zur Verschwiegenheit über alles verpflichtet, was ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden ist oder was sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben. Diese Verschwiegenheitspflicht trägt in erster Linie dem Umstand Rechnung, dass die Patentanwältinnen und Patentanwälte im Rahmen der Beratung und Vertretung in Patentsachen Kenntnis von regelmässig höchst vertraulichen Informationen erhalten. Die Geheimnisherren werden durch das Berufsgeheimnis in ihrem Vertrauen auf Wahrung der Verschwiegenheit geschützt.

Zugleich wird die Ausgangslage für die Patentanwältinnen und Patentanwälte mit Bezug auf den Schutz ihrer Beratungstätigkeit in Verletzungsverfahren insbesondere in den USA verbessert (siehe Ziff. 1.1).

Den wohlerworbenen Rechten
von Personen, die bereits vor dem Inkrafttreten des Patentanwaltsgesetzes eine patentanwaltliche Tätigkeit ausgeübt haben, wird im Rahmen einer Übergangsregelung Rechnung getragen, die auch sicherstellt, dass die Qualitätssicherung als Ziel der Vorlage nicht in Frage gestellt wird.

1.4

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.4.1

Begründung

Erfindungspatente sind vielfach das entscheidende wirtschaftliche Startguthaben für Einzelerfinderinnen bzw. -erfinder und innovative Unternehmen. Allerdings sind insbesondere Einzelerfinderinnen bzw. -erfinder sowie KMU mit der Komplexität des Patentrechts häufig überfordert. Sie sind auf professionelle Hilfe angewiesen, wenn sie ihre Erfindungen durch Patente schützen und den Schutz anschliessend auch durchsetzen wollen.

416

Eine unqualifizierte Beratung oder Vertretung kann zu kostspieligen Verletzungsprozessen bzw. zur Abweisung oder zum Verlust eines Patents führen. Aufgrund der internationalen Verflechtung des Patentwesens kann sie den Verlust des Patentschutzes weltweit bedeuten. Eine ungenügende Qualität der Vertretung wird oft erst Jahre nach der Anmeldung der Erfindung manifest, namentlich wenn das Patent bereits endgültig feststeht und nicht mehr korrigiert werden kann. Betroffen sind sämtliche innovativ tätigen Personen oder Unternehmen, die auf externe Fachkunde angewiesen sind. Der Verlust eines einzelnen Schutzrechts kann über deren Fortkommen bzw. Existenz entscheiden. Eine inkompetente Beratung wirkt sich folglich nicht nur auf die betroffenen Unternehmen, sondern letztlich auch auf die Gesamtwirtschaft negativ aus.

Wegen der verantwortungsvollen Stellung von Patentanwältinnen und Patentanwälten im Innovationsprozess kommt einem qualifizierten Berufsstand, der die Wirtschaft in diesem komplexen Gebiet unterstützen kann, eine wesentliche Bedeutung für den Innovationsstandort Schweiz zu. Der Gesetzesentwurf will daher in erster Linie eine hohe fachliche Eignung bei der Beratung und Vertretung in Patentsachen sicherstellen. Er stellt zu diesem Zweck fachliche Anforderungen als Voraussetzung für die Ausübung des Patentanwaltsberufs unter einer geschützten Berufsbezeichnung auf, die bei Aufnahme der Berufstätigkeit geprüft werden. Ein Patentanwaltsregister schafft Publizität und Transparenz (siehe im Einzelnen Ziff. 1.3). Der mit dem Titelschutz verbundene Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit rechtfertigt sich durch das überwiegende Interesse am Schutz der Anmelderinnen und Inhaberinnen bzw. Anmelder und Inhaber von Patenten vor unqualifizierter Vertretung. Die Statuierung eines Berufsgeheimnisses für die im Patentanwaltsregister eingetragenen Patentanwältinnen und Patentanwälte stärkt das Vertrauensverhältnis zwischen diesen und ihrer Klientschaft.

Für die Erreichung einer hohen Berufsqualifikation ist es nicht erforderlich, die Vertretungsberechtigung für den Bereich der Patente als ausschliessliche auszugestalten (analog dem Anwaltsmonopol in Gerichtssachen). Die Vertretung und Beratung in Patentsachen kann als Dienstleistung folglich auch von Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmern angeboten werden,
welche die fachlichen Anforderungen nicht erfüllen. Da ihnen allerdings nicht erlaubt ist, im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit die geschützten Berufsbezeichnungen zu verwenden, ist der Schutz des Publikums vor unqualifizierten Anbieterinnen und Anbietern dennoch gewährleistet.

Durch eine Bewerbung der geschützten Berufsbezeichnungen haben es die Patentanwaltsverbände zudem in der Hand, diese im Bewusstsein der Ratsuchenden noch stärker zu positionieren.

1.4.2

Untersuchte Lösungsmöglichkeiten

Eine Alternative zur vorgeschlagenen Lösung wäre eine Selbstregulierung des Berufsstandes durch die Berufsverbände: Die Patentanwaltsverbände stellen in ihren Statuten Anforderungen an die Verbandsmitglieder insbesondere bezüglich Ausbildung und Berufserfahrung, statuieren Standesregeln und wachen über deren Einhaltung. Der Staat sieht aus ordnungspolitischen Erwägungen von einem regulierenden Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit ab und überlässt den interessierten Berufsverbänden, in Eigenverantwortung für eine hohe Qualität der Beratung und Vertretung in Patentsachen zu sorgen. Eine Pflicht zur Verschwiegenheit ergibt sich aus Auftrags417

recht. Diese Lösung hat gewichtige Nachteile: Die Durchsetzung eines hohen Qualitätsstandards ist mangels Zwangsmitgliedschaft und wegen der Mehrzahl bestehender Berufsverbände fraglich. Die Transparenz bei der Suche nach kompetenter Beratung ist jedenfalls dann nicht garantiert, wenn jeder Verband eigene Normen und Titel schafft. Auch lässt sich auf diese Weise keine Verbesserung beim Zugang zum Patentanwaltsberuf in Europa erreichen. Ein Zeugnisverweigerungsrecht bleibt fraglich. Im Ergebnis bringt diese Lösung keine substanzielle Verbesserung gegenüber dem gegenwärtigen Zustand.

Eine weitere Möglichkeit wäre, ein Bewilligungssystem mit ausschliesslicher Vertretungsbefugnis vorzusehen: Die gewerbsmässige Vertretung im patentrechtlichen Verwaltungsverfahren wird einer Bewilligungspflicht unterstellt und ist ­ ebenso wie bestimmte Berufsbezeichnungen ­ den Bewilligungsinhaberinnen und -inhabern vorbehalten. Wer die Voraussetzungen für die Bewilligung nicht erfüllt, kann höchstens beratend und unter einer anderen Berufsbezeichnung tätig werden. Bewilligungsinhaberinnen und -inhaber unterstehen einem Berufsgeheimnis und haben ein Zeugnisverweigerungsrecht. Die Unzulänglichkeiten des gegenwärtigen Zustands werden durch diese Lösung behoben. Die ausschliessliche Vertretungsbefugnis greift andererseits in stärkerem Ausmass als der Gesetzesentwurf in die Wirtschaftsfreiheit ein. Der Vorteil des besseren Schutzes des Publikums vor unqualifizierten Anbieterinnen und Anbietern vermag diesen Eingriff nicht als verhältnismässig zu rechtfertigen.

Schliesslich gäbe auch ein Bewilligungssystem mit ausschliesslicher Vertretungsbefugnis sowie Berufsregeln und Disziplinaraufsicht Anlass zu Bedenken: Die gewerbsmässige Vertretung im patentrechtlichen Verwaltungsverfahren ist Patentanwältinnen und Patentanwälten mit einer Bewilligung vorbehalten (siehe vorstehend). Bei der Ausübung ihres Berufes unterstehen sie einer Disziplinaraufsicht, die an Berufsregeln gekoppelt ist. Die Aufsicht wird vom EJPD oder vorzugsweise von einer vom Bund eingesetzten Aufsichtskommission wahrgenommen. Berufsregeln und Disziplinaraufsicht gewährleisten beste Praktiken bei der Berufsausübung und stärken dadurch das Vertrauen der Klientschaft zu ihrer Patentanwältin oder ihrem Patentanwalt. Dies führt allerdings zu einem weitreichenden
Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit und zu einer hohen Regelungsdichte. Eine neu zu schaffende Aufsichtskommission zieht zudem zusätzliche Vollzugskosten nach sich.

1.4.3

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Der Bundesrat gab am 29. November 2006 den Vorentwurf zum Patentanwaltsgesetz in Vernehmlassung. Diese dauerte bis zum 30. März 2007.

Die Reaktionen auf den Vorentwurf waren positiv: Er wird von allen Vernehmlassungsteilnehmern grundsätzlich unterstützt. Einige halten die Reglementierung von Berufen allgemein für problematisch, erachten den Entwurf an sich jedoch als gelungen, andere hätten eine weitergehende Regelung des Patentanwaltsberufs mit ausschliesslichem Vertretungsrecht oder Standes- und Disziplinarregeln befürwortet.

Berufsgeheimnis Ein Kanton, eine politische Partei, vier Fachrechts- und fünf Wirtschafts- bzw.

Industrieorganisationen fordern eine Regelung des Berufsgeheimnisses bzw. eine Befreiung von prozessualen Mitwirkungs- und Zeugnispflichten wie bei den Rechts418

anwältinnen bzw. Rechtsanwälten. Die Ausgangslage der schweizerischen Patentanwältinnen und Patentanwälte im Zusammenhang mit dem Attorney-Client Privilege (Ziff. 1.1) verbessere sich mit jeder Stärkung des Geheimnisschutzes.

Die Vorlage sieht in Bezug auf das Berufsgeheimnis bzw. die prozessualen Mitwirkungs- und Zeugnispflichten eine Angleichung der Rechtsstellung der Patentanwältinnen und Patentanwälte an diejenige der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vor. Die Chancen der Patentanwältinnen und -anwälte auf Zuerkennung eines Attorney-Client Privilege werden damit erhöht Allerdings kann in der Schweiz keine Regelung geschaffen werden, die ein derartiges Privileg insbesondere in den USA garantiert, da letztlich immer die dortigen Gerichte entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen sie ein solches gewähren.

Eidgenössische Patentanwaltsprüfung Mehrere Vernehmlassungsteilnehmer weisen darauf hin, dass in der Schweiz zurzeit keine Weiterbildungslehrgänge zur Verfügung stehen, die den Anforderungen nach dem Gesetzesvorentwurf gerecht würden. Fach- und Wirtschaftsorganisationen betonen die Wichtigkeit der Überprüfung des tatsächlichen Vorhandenseins der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten; auf welchem Weg die Kenntnisse erworben wurden, sei weniger zentral.

Diesem Anliegen wurde Rechnung getragen: An die Stelle des im Rahmen der Vernehmlassung vorgeschlagenen anerkannten Weiterbildungsabschlusses auf dem Gebiet des Immaterialgüterrechts tritt daher die eidgenössische Patentanwaltsprüfung: Das Vorhandensein einer ausreichenden fachlichen Qualifikation kann im Rahmen einer Fachprüfung zielgerichtet festgestellt werden, und allenfalls bereits vorhandener Aus- und Weiterbildung der Kandidatinnen und Kandidaten wird automatisch Rechnung getragen. Es wird beabsichtigt, die Organisation und Durchführung der eidgenössischen Patentanwaltsprüfung Organisationen des öffentlichen oder des privaten Rechts zu übertragen (vgl. Art. 8) und dabei auf das grosse Knowhow der Hochschulen oder Fachhochschulen, allenfalls der spezialisierten Berufsverbände oder privater Anbieter ausserhalb der Berufsverbände zurückzugreifen.

1.5

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Der Gesetzesentwurf schafft neue Aufgaben im Bereich der Prüfung der Voraussetzungen zur Führung der geschützten Berufsbezeichnungen nach Artikel 2 im Zusammenhang mit einem Gesuch um Eintragung im Patentanwaltsregister sowie aus der Führung des Patentanwaltsregisters selbst. Diese Aufgaben werden vom IGE übernommen. Das IGE wird sich bei der Prüfung der Voraussetzungen nach Artikel 2 auf Akkreditierungs- und Anerkennungsentscheide der dafür zuständigen Stellen stützen können. Diesen dürfte aufgrund der vorgeschlagenen Regelung kein zusätzlicher Aufwand erwachsen, der sich nicht im Rahmen der bestehenden Aufgaben bewältigen und mit den verfügbaren Mitteln finanzieren liesse.

Der Aufwand, der dem IGE erwächst, kann durch Gebühren und im Bedarfsfall aus anderen Einnahmen des Instituts finanziert werden. Angesichts der Bedeutung einer qualifizierten Vertretung und Beratung in Patentsachen für den Innovationsstandort Schweiz stehen das Regelungsziel und der zu seiner Erreichung erforderliche Aufwand in einem vertretbaren, wenn nicht sogar günstigen Verhältnis zueinander.

419

Neue Aufgaben entstehen zudem im Zusammenhang mit der Patentanwaltsprüfung (Organisation und Durchführung, Aufsicht, Rechtsmittelverfahren). Der zu erwartende zusätzliche Aufwand im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Prüfung sowie mit allfälligen Beschwerdeverfahren dürfte sich ebenfalls im Rahmen der bestehenden Aufgaben bewältigen und mit den verfügbaren Mitteln finanzieren lassen. Die Finanzierung der Patentanwaltsprüfung soll in erster Linie aus den erhobenen Prüfungsgebühren erfolgen (zu Einzelheiten bezüglich der Patentanwaltsprüfung siehe die Ausführungen zu Art. 6 und Art. 8).

1.6

Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht

Berufsqualifikationen und Berufsgeheimnis für Patentanwältinnen und Patentanwälte Der Beruf der Patentanwältin oder des Patentanwalts ist im europäischen Recht nicht gemeinschaftsweit geregelt. Die Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten hat jedoch eine Berufsregelung. Eine Übersicht des Instituts der beim EPA zugelassenen Vertreter7 zeigt auf, dass der Zugang zum Beruf der Patentanwältin oder des Patentanwalts in Abhängigkeit von nationalen Gegebenheiten und Bedürfnissen von Land zu Land unterschiedlich weitgehend geregelt ist. Die Mehrheit der europäischen Staaten knüpft die Ausübung des Patentanwaltsberufs an fachliche Qualifikationen: Meist ist ein Abschluss einer postsekundären Ausbildung von mindestens drei Jahren und ein mehrjähriges Berufspraktikum gefordert. In vielen Ländern müssen Bewerberinnen und Bewerber zusätzlich auch eine besondere Fachprüfung bestehen.

Dieses uneinheitliche Bild widerspiegelt die national unterschiedliche Ausgangslage. Es macht dennoch deutlich, dass der vorliegende Gesetzesentwurf mit der Sicherung eines qualifizierten Berufsstands der Patentanwältinnen und Patentanwälte ein Anliegen aufgreift, dem in weiten Teilen Europas bereits entsprochen wurde. Der im Unterschied zu den Nachbarländern regelungsfreie Zustand in der Schweiz verschärft sogar den Regelungsbedarf: Es ist zu befürchten, dass der hiesige Dienstleistungsmarkt zum Anziehungspunkt für Personen wird, welche die Qualifikationen für die Berufsausübung im Ausland nicht erfüllen. Europäische Staaten mit einer Berufsregelung statuieren vielfach auch eine Verschwiegenheitspflicht für Patentanwältinnen und Patentanwälte. Insbesondere die Nachbarländer Frankreich, Deutschland, Österreich und Liechtenstein kennen ein Berufsgeheimnis.

Auch die Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter verpflichten die vor dem EPA zugelassenen Vertreterinnen und Vertreter zur Verschwiegenheit über Geheimnisse, die ihnen bei Ausübung des Berufs anvertraut wurden. Regel 153 der künftigen, revidierten Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen8 statuiert ein entsprechendes Zeugnisverweigerungsrecht im Verfahren vor dem EPA. Soweit ersichtlich, steht bei all diesen Regelungen der Vertrauensschutz der Klientin bzw. des Klienten als Regelungszweck im Vordergrund. Das Attorney-Client Privilege war allerdings Anlass für die Revision von Artikel L 422-11 des französischen Code de la propriété 7 8

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http://216.92.57.242/patentepi/deutsch/300/390/index.php In der Fassung des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 7. Dez. 2006, ABl. EPA Sonderausgabe Nr. 1 2007, S. 103 ff. Voraussichtliches Inkrafttreten per 13.12.2007.

intellectuelle sowie für die neue Regel 153 der revidierten Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen. Der Gesetzesentwurf entspricht dem Rechtsstand in Europa.

Erleichterung der Personenfreizügigkeit Vorschriften eines Vertragsstaates, welche die Ausübung oder den Zugang zu einem Beruf von nationalen Qualifikationserfordernissen (Diplomen usw.) abhängig machen (reglementierte Berufe), können sich als wesentliche Hindernisse für die Verwirklichung der Personenfreizügigkeit erweisen. Zur Erleichterung der Personenfreizügigkeit sieht das Gemeinschaftsrecht (und mit ihm das Freizügigkeitsabkommen9) verschiedene gemeinschaftliche Rechtsakte zur Anerkennung von beruflichen Fähigkeitsnachweisen vor. Die gemeinschaftlichen Rechtsakte umschreiben die Voraussetzungen, welche Staatsangehörige einer Vertragspartei erfüllen müssen, um in einem anderen Vertragsstaat eine dort reglementierte (d.h. den Inhaberinnen und Inhabern eines bestimmten nationalen Ausbildungsnachweises vorbehaltene) Tätigkeit auszuüben. Damit sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass in anderen Vertragsstaaten ausgebildete Personen nicht mit dem Hinweis auf ihre mangelhafte fachliche Qualifikation an der Ausübung ihres Berufs gehindert werden.

Für einzelne Berufe (z.B. für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen, Rechtsanwälte usw.) gibt es sektorielle Richtlinien, welche die quasi autonome Anerkennung von Diplomen regeln und die anzuerkennenden Diplome in abschliessenden Listen festhalten. Für die nicht durch sektorielle Richtlinien erfassten universitären Berufe gilt (derzeit) die Richtlinie 89/48/EWG10. Diese Richtlinie beinhaltet eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome. Sie bezweckt die Anerkennung der Diplome nicht auf der Grundlage einer vorgängigen Koordinierung der Studiengänge, sondern nach dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Ausbildung. Die Richtlinie 89/48/EWG geht davon aus, dass die Ausbildung in den Vertragsstaaten sowie die von ihnen anerkannten Drittstaatendiplome grundsätzlich gleichwertig sind. Verfügen Angehörige eines Vertragsstaates über ein Diplom, das in einem anderen Vertragsstaat zur Ausübung dieses Berufs berechtigt, so ist grundsätzlich von der Gleichwertigkeit der Ausbildung auszugehen. Sofern der betreffende Beruf im Herkunftsland nicht reglementiert
wird, ist die grundsätzliche Gleichwertigkeit auch dann gegeben, wenn die Angehörigen des Vertragsstaates über einen Ausbildungsnachweis verfügen, aus dem hervorgeht, dass diese ein mindestens dreijähriges Studium absolviert und in den vergangenen zehn Jahren diesen Beruf zwei Jahre vollzeitlich ausgeübt haben. Die Anerkennung nach der Richtlinie 89/48/EWG erfolgt im Gegensatz zu derjenigen nach den sektoriellen Richtlinien nicht automatisch. Es besteht zwar eine Pflicht, die beruflichen Befähigungsnachweise anzuerkennen, soweit die antragstellende Person die in ihrem Heimatstaat notwendigen Qualifikationen besitzt. Da die Ausbildung in diesen Bereichen nicht koordiniert ist, steht es den Vertragsstaaten jedoch frei, bei wesent9

10

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, SR 0.142.112.681.

Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dez. 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsbildung abschliessen (ABl. L 19 vom 24.1.1989, S. 16, in der Fassung der Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001, ABl. L 206 vom 31.7.2001, S. 1).

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lichen Unterschieden in der Ausbildungsdauer oder im Ausbildungsinhalt sogenannte Ausgleichsmassnahmen vorzusehen. Dazu gehören z.B. der Nachweis von Berufserfahrung oder ein Anpassungslehrgang bzw. eine Eignungsprüfung.

Für den Patentanwaltsberuf besteht keine sektorielle Richtlinie. Die Anerkennung von Berufsqualifikationen richtet sich folglich nach der Richtlinie 89/48/EWG. Aus dem Vorstehenden folgt, dass Diplome und Ausbildungsnachweise von Patentanwältinnen und Patentanwälten, die ihnen in ihrem Herkunftsstaat das Recht zur Berufsausübung geben, von den Vertragsstaaten grundsätzlich als gleichwertig anzuerkennen sind. Bestehen jedoch wesentliche Unterschiede in den Anforderungen, die zur Berufsausübung berechtigen, so können die Vertragsstaaten die erwähnten Ausgleichsmassnahmen verlangen.

Die Richtlinie 89/48/EWG wird mit Wirkung vom 20. Oktober 2007 aufgehoben und von der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen11 abgelöst. Das Inkrafttreten der neuen Richtlinie für die Schweiz setzt allerdings voraus, dass der Gemischte Ausschuss EG-Schweiz gestützt auf die Artikel 14 und 18 des Freizügigkeitsabkommens eine entsprechende Änderung des Anhangs III zum Abkommen beschliesst. Die neue Richtlinie findet auf alle reglementierten Berufe Anwendung und soll die geltenden Grundsätze vereinheitlichen, neu ordnen und straffen. Das europäische System der Anerkennung bleibt im Grundsatz allerdings gleich.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

2.1

Gegenstand und Geltungsbereich

Art. 1 Nach Absatz 2 ist das Gesetz anwendbar auf Personen, die in der Schweiz unter Verwendung einer Berufsbezeichnung nach Absatz 1 Buchstabe a oder c die Beratung oder Vertretung in Patentsachen wahrnehmen. Wer die Voraussetzungen zum Führen der dort genannten Berufsbezeichnungen nicht erfüllt, darf in der Schweiz weiterhin in Patentsachen beratend oder vertretend tätig sein, allerdings nur unter Verwendung einer anderen Berufsbezeichnung.

Absatz 3: Nach Artikel 8 des Patentschutzvertrags vom 22. Dezember 197812 mit dem Fürstentum Liechtenstein können natürliche und juristische Personen, die im Fürstentum Liechtenstein ihren Wohnsitz oder Sitz haben, in den Verfahren vor dem IGE als Vertreter bestellt werden, sofern sie nach liechtensteinischem Recht zur geschäftsmässigen Vertretung in Patentsachen befugt sind. Ihre Rechtsstellung ergibt sich unmittelbar aus dem Patentschutzvertrag, weshalb sie nicht unter den Geltungsbereich des vorliegenden Gesetzes fallen. Nach dem liechtensteinischen Recht zur Ausübung des Patentanwaltsberufs zugelassene Personen sind folglich befugt, sich in Verfahren vor dem IGE als Vertreterinnen oder Vertreter bestellen zu lassen und die in Artikel 9 des liechtensteinischen Gesetzes vom 9. Dezember 1992 über die Patentanwälte13 vorgesehene Berufsbezeichnung «Patentanwalt» auch in 11 12 13

422

ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.

SR 0.232.149.514 Liechtensteinisches Landesgesetzblatt 1993 Nr. 43

der Schweiz zu führen, selbst wenn sie die Voraussetzungen von Artikel 2 nicht erfüllen (vgl. Art. 15 Abs. 2).

2.2

Titelschutz

Art. 2

Patentanwältin oder Patentanwalt

Artikel 2 ist eine Schlüsselbestimmung für die Gewährleistung einer fachlich hochwertigen Beratung und Vertretung in Patentsachen. Nur wer einen anerkannten natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Hochschulabschluss erworben, eine praktische Tätigkeit absolviert und die Patentanwaltsprüfung bestanden hat, kann sich im Patentanwaltsregister eintragen lassen (vgl. Art. 12) und darf unter Verwendung einer der geschützten Berufsbezeichnungen in der Schweiz die Beratung und Vertretung in Patentsachen wahrnehmen. Diese Berufsbezeichnungen garantieren innovativ tätigen Personen oder Unternehmen eine qualifizierte Fachperson als Dienstleistungserbringerin bzw. Dienstleistungserbringer. Personen, die nicht über die nötigen Qualifikationen verfügen, müssen ihre Dienstleistungen unter einer anderen Berufsbezeichnung anbieten. Die Verwendung geschützter Berufsbezeichnungen für eine Geschäftsfirma richtet sich nach den Bestimmungen der Firmenbildung (Art. 944 ff.

OR14). Die unbefugte Verwendung einer der geschützten Berufsbezeichnungen ist unter Strafe gestellt (vgl. Art. 15).

Absatz 1 führt die geschützten Berufsbezeichnungen abschliessend auf. Es sind dies die in den Amtssprachen und im Englischen gängigen Berufsbezeichnungen für Personen, die in Patentsachen beratend oder vertretend tätig sind. Die Verwendung einer dieser Berufsbezeichnungen setzt voraus, dass die fachlichen Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind und ein Eintrag in das Patentanwaltsregister erfolgt ist.

Absatz 2 stellt die fachlichen Anforderungen auf, die zum Eintrag in das Patentanwaltsregister und zum Führen der geschützten Berufsbezeichnungen berechtigen. Sie werden in den Artikeln 4­9 näher ausgeführt. Die geforderten fachlichen Qualifikationen widerspiegeln die Anforderungen, die an eine kompetente Beratung durch Patentanwältinnen und Patentanwälte gestellt werden: Letztere wirken als Mittlerinnen bzw. Mittler zwischen den technisch-naturwissenschaftlich ausgebildeten Erfinderinnen oder Entwicklerinnen bzw. Erfindern oder Entwicklern einerseits und der Rechtswissenschaft andererseits. Ein vertieftes Verständnis der naturwissenschaftlichen Zusammenhänge einer Erfindung ist unumgänglich, um den Kerngedanken für eine Patentanmeldung in meist verallgemeinernde Worte fassen und damit einen effektiven Schutz über Patente gewährleisten
zu können. Wollen Patentanwältinnen und Patentanwälte ihre Klientschaft kompetent und umfassend beraten, so müssen sie neben einer fundierten technischen Grundausbildung auch über spezialisierte und detaillierte Rechtskenntnisse verfügen: Eine ganzheitliche Beratung setzt Kenntnisse im Patentrecht, aber auch solche im übrigen Immaterialgüterrecht sowie in jenen Rechtsgebieten voraus, die bei der Verwertung und Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum zur Anwendung gelangen (insbesondere Verwaltungs- und Zivilverfahrensrecht, Vertragsrecht sowie schweizerisches Wettbewerbsrecht).

Sodann ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit der Patentanwältinnen und Patent14

Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht), SR 220.

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anwälte zunehmend international ausgerichtet ist: Die überwiegende Mehrheit der für die Schweiz wirksamen Patente wird heute über das Europäische Patentübereinkommen erteilt. Vor diesem Hintergrund haben die Schweizer Unternehmen, auch in Bezug auf europäische und internationale Patentverfahren, ein vitales Interesse an einer kompetenten Beratung sowie an einer qualitativ hochstehenden Vertretung vor den nationalen und internationalen Behörden.

Absatz 2 Buchstabe d verlangt zusätzlich zu den fachlichen Anforderungen ein Zustellungsdomizil in der Schweiz. Diese Bestimmung stützt sich auf Artikel 7 des Patentrechtsvertrags, der vom Parlament genehmigt wurde15. Demnach kann jede Vertragspartei verlangen, dass der Vertreter für ein Verfahren vor dem Amt eine Adresse in dem von der Vertragspartei bezeichneten Gebiet hat. Mit dem Patentrechtsvertrag nicht vereinbar sind demgegenüber nationale Rechtsvorschriften, wonach die Vertreterin oder der Vertreter im betreffenden Vertragsstaat niedergelassen sein muss.

Art. 3

Europäische Patentanwältin oder europäischer Patentanwalt

Der Eintrag in die beim EPA geführte Liste der zugelassenen Vertreter setzt das erfolgreiche Bestehen einer Eignungsprüfung beim EPA voraus, zu der wiederum nur zugelassen wird, wer einen Hochschulabschluss und mehrere Jahre Berufserfahrung nachweisen kann.

Artikel 3 führt die Titel auf, deren Verwendung in der Schweiz denjenigen Personen vorbehalten ist, die in der beim EPA geführten Liste der zugelassenen Vertreter eingetragen sind. Die Titel stellen das sprachliche Äquivalent zur englischen Bezeichnung («european patent attorney») dar, die sich in der Praxis durchgesetzt hat. Im Europäischen Patentübereinkommen16 fehlt eine Regelung bezüglich der Berufsbezeichnung. Auch der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation hat bislang davon abgesehen, die Berufsbezeichnung für die zugelassenen Vertreterinnen und Vertreter verbindlich zu regeln.

Die Patentanwältinnen und Patentanwälte aus der Schweiz, die vor dem Europäischen Patentamt als Vertreterinnen bzw. Vertreter zugelassen sind, verwenden zurzeit ausschliesslich die Bezeichnung «european patent attorney». Die Berufsbezeichnungen «zugelassener Vertreter vor dem EPA» bzw. «europäischer Patentvertreter» werden gemieden, da diese Bezeichnungen den Berufsstand in die Nähe von kommerziellen Produktvertretern rückten. Mit Hilfe von Artikel 3 streben die schweizerischen Patentanwältinnen und Patentanwälte den Gebrauch insbesondere der mit der englischsprachigen äquivalenten Berufsbezeichnung «europäischer Patentanwalt» auch im durch das Europäische Patentübereinkommen geschaffenen Verfahren an.

Ein Titel nach Artikel 3 kann neben oder anstelle einer Berufsbezeichnung nach Artikel 2 verwendet werden. Es ist daher auch denkbar, dass die Beratung oder Vertretung in Patentsachen nur unter dem europäischen Fachtitel angeboten wird.

Zwar weist die fachliche Qualifikation der Personen, die in der vom EPA geführten Liste der Vertreterinnen und Vertreter eingetragen sind, bezogen auf die Schweiz Lücken auf: Die Eignungsprüfung deckt namentlich nicht das zivilprozessuale Verletzungsverfahren oder die Besonderheiten des schweizerischen Verwaltungsver15 16

424

BBl 2007 4701 SR 0.232.142.2

fahrens ab. Angesichts der zentralen Bedeutung, die das europäische Erteilungsverfahren für den Patentschutz in der Schweiz hat, erscheint es indessen unangemessen, den Schutz des europäischen Titels generell an die Voraussetzungen von Artikel 2 Absatz 2 zu knüpfen. Der damit verbundene Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit liesse sich nicht durch die Täuschungsgefahr für die Ratsuchenden aufwiegen.

Art. 4

Anerkannte inländische Hochschulabschlüsse

Artikel 4 konkretisiert in Verbindung mit Artikel 5 die Voraussetzung eines abgeschlossenen Hochschulstudiums nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a. Erforderlich ist der Abschluss einer natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung von mindestens drei Jahren auf Vollzeitbasis oder der Abschluss einer gleichwertigen Teilzeitausbildung. Die Medizinwissenschaft fällt ebenfalls unter den Begriff des naturwissenschaftlichen Hochschulabschlusses.

In der öffentlichen Diskussion wurde mehrmals vorgebracht, der BachelorAbschluss solle nicht in die Auflistung von Artikel 4 aufgenommen werden, da er aufgrund der kürzeren Studienzeit für die Sicherstellung des nötigen technischen Fachwissens als ungenügend erscheine. Die Gleichstellung von Bachelor- mit Master-Abschlüssen entspreche auch nicht den Regeln des EPA, nach denen Inhaber eines Bachelor- oder Fachhochschuldiploms eine längere Praxis nachweisen müssen.

Im Übrigen sei der Zugang zum Rechtsanwaltsberuf auch nur mit einem MasterAbschluss möglich. Diesen Anliegen wird Rechnung getragen, indem die erforderliche Praktikumszeit einer Person mit Bachelor-Abschluss analog der Regelung des EPA sechs Jahre dauern soll (vgl. Art. 9).

Beim inländischen Hochschulabschluss handelt es sich um eine Ausbildung der Tertiärstufe an einer Hochschule im Sinne des künftigen Bundesgesetzes über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich (also einer Fachhochschule, einer technischen Hochschule oder einer Universität; ISCED17 5A oder 5A/6). Die Hochschule muss als solche nach Artikel 4 Absatz 2 akkreditiert sein. Damit ist die hohe Qualität der Ausbildung gewährleistet.

Der Gesetzestext führt die möglichen Abschlüsse auf, die dem IGE als Grundlage für den Eintrag ins Patentanwaltsregister vorgelegt werden können.

Absatz 2 ermächtigt den Bundesrat, die Akkreditierung der schweizerischen Hochschulen zu regeln. Geplant ist, dass sich die institutionelle Akkreditierung der schweizerischen Hochschulen nach dem künftigen Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich richten wird. Zuständige Akkreditierungsinstanz wird der geplante Akkreditierungsrat sein. Als Akkreditierungsorgan wird das Organ für die Akkreditierung und Qualitätssicherung die Akkreditierungsgesuche für
den Akkreditierungsrat prüfen. Das Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich wird auch das Verfahren regeln.

Art. 5

Anerkennung ausländischer Hochschulabschlüsse

Zur Sicherstellung der internationalen Mobilität werden ausländische natur- oder ingenieurwissenschaftliche Hochschulabschlüsse für den Zweck von Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a anerkannt, sofern ihre Gleichwertigkeit mit einem anerkannten 17

International Standard Classification of Education

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inländischen Hochschulabschluss in einem Vertrag über die gegenseitige Anerkennung mit dem betreffenden Staat oder mit einer überstaatlichen Organisation (z.B. in den sektoriellen Verträgen mit der EG, dem EFTA-Übereinkommen oder künftig möglicherweise dem General Agreement on Trades and Services [GATS]) vorgesehen ist oder im Einzelfall nachgewiesen wird.

Ein anerkannter ausländischer Hochschulabschluss hat grundsätzlich dieselben Rechtswirkungen wie ein anerkannter inländischer Hochschulabschluss.

Wird ein ausländischer Hochschulabschluss nicht anerkannt, so liegt es in der Entscheidungskompetenz der zuständigen Stellen, nach Massgabe des anwendbaren Rechts gegebenenfalls Ausgleichsmassnahmen zu bestimmen, damit die Anforderung von Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a erfüllt werden kann (Abs. 2).

Der Bundesrat bestimmt die Stellen, die für den Entscheid über die Gleichwertigkeit eines ausländischen Hochschulabschlusses mit einem schweizerischen zuständig sind (Abs. 3). Diese Delegation trägt dem Umstand Rechnung, dass nach Annahme der Neuordnung der Verfassungsbestimmungen zur Bildung18 am 21. Mai 2006 die institutionellen Strukturen und Zuständigkeiten für den derzeitigen Fachhochschulbereich und den universitären Bereich mit dem Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich angepasst werden. Dabei sollen auch die bestehenden Zuständigkeiten zusammengefasst werden. Die Neuordnung steht heute allerdings noch nicht fest.

Derzeit ist die Zuständigkeit für die Anerkennung wie folgt geregelt: Bei Hochschulabschlüssen, die von Institutionen verliehen wurden, die mit einer technischen Hochschule oder Fachhochschule vergleichbar sind, ist das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie zuständig; bei Hochschulabschlüssen, die von Institutionen verliehen wurden, die mit einer Universität vergleichbar sind, sind es die Kantone, die auf der Grundlage einer Empfehlung der (zentralen) Informationsstelle für akademische Anerkennungsfragen (Swiss ENIC) entscheiden.

Art. 6

Eidgenössische Patentanwaltsprüfung

Artikel 6 konkretisiert in Verbindung mit Artikel 7 die Voraussetzung der Patentanwaltsprüfung nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b. Die Bewerberin oder der Bewerber muss dem IGE für die Eintragung in das Patentanwaltsregister einen Nachweis über eine bestandene Patentanwaltsprüfung vorlegen. Die im Rahmen der Vernehmlassung aufgeworfenen Argumente im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen Weiterbildungsabschluss auf dem Gebiet des Immaterialgüterrechts (vgl. Ziff. 1.4.3) haben den Ausschlag für ein Umschwenken auf eine Patentanwaltsprüfung gegeben.

Zurzeit stehen in der Schweiz keine Weiterbildungsgänge zur Verfügung, die den Anforderungen des Gesetzesvorentwurfs gerecht würden. Ausserdem wird die Wichtigkeit der Überprüfung des tatsächlichen Vorhandenseins der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten unterstrichen. Die Variante mit dem geforderten Weiterbildungsabschluss birgt das Risiko, dass ein solcher Lehrgang mangels ausreichender Nachfrage nie angeboten würde. Mit einer bestandenen Patentanwaltsprüfung kann spezifisch und effizient nachgewiesen werden, dass die Kandidatin bzw.

der Kandidat die berufliche Praxis beherrscht und über fundierte Fachkenntnisse verfügt. Dem Umstand, dass sie oder er über unterschiedliche Vorkenntnisse verfügt, kann automatisch Rechnung getragen werden und es braucht nicht zu interes18

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BBl 2005 7273

sieren, auf welchem Weg diese erworben wurden. Zudem ist eine Anpassung an den tatsächlichen Bedarf möglich.

Nach Absatz 2 regelt der Bundesrat die Zulassungsbedingungen zur Prüfung, die Prüfungsinhalte sowie das Prüfungsverfahren. Er bestimmt namentlich die Fachbereiche, in denen die Kandidatinnen und Kandidaten geprüft werden sollen. Neben dem nationalen und internationalen Patentrecht (einschliesslich des Verfahrensrechts) werden allgemeine Grundlagen anderer Schutzrechtsgebiete des geistigen Eigentums (einschliesslich des Wettbewerbsrechts) zum Prüfungsinhalt gehören.

Daneben werden aber auch die für die Durchsetzung von Patenten relevanten Rechtsgebiete (namentlich das Verwaltungs- und Zivilverfahrensrecht sowie das Vertrags- und Haftpflichtrecht) zum Prüfungsstoff zählen. Der Bundesrat wird diese Inhalte in Abstimmung mit den interessierten Kreisen festlegen und auch berücksichtigen, dass die Kandidatinnen und Kandidaten allenfalls bereits Prüfungen zu einzelnen Rechtsgebieten absolviert haben.

Gemäss Absatz 3 bezeichnet der Bundesrat die für die Durchführung der Prüfung (vgl. die Erläuterungen zu Art. 8) und für die Aufsicht über die Prüfung zuständigen Stellen. Werden ­ wie in Artikel 8 ausgeführt ­ Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts mit der Durchführung der Patentanwaltsprüfung betraut, so wird es zweckmässig sein, die Aufsicht über die eidgenössische Patentanwaltsprüfung dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie, das auch nach dem Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 200219 (BBG) die Aufsicht über die höhere Berufsbildung wahrnimmt, zu übertragen.

Art. 7

Anerkennung ausländischer Patentanwaltsprüfungen

Artikel 7 regelt, entsprechend Artikel 5, die Anerkennung ausländischer Patentanwaltsprüfungen. Zur Sicherstellung der internationalen Mobilität werden ausländische Patentanwaltsprüfungen für den Zweck von Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b anerkannt, sofern ihre Gleichwertigkeit mit der eidgenössischen Patentanwaltsprüfung nachgewiesen wird (Abs. 1).

Falls der Nachweis nicht gelingt, entscheidet die zuständige Stelle gegebenenfalls über Ausgleichsmassnahmen, damit den Voraussetzungen von Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b entsprochen werden kann (Abs. 2).

In Bezug auf die für die Anerkennung ausländischer Patentanwaltsprüfungen zuständige Stelle (Abs. 3) wird auf die Erläuterungen zu Artikel 8 verwiesen.

Art. 8

Übertragung von Aufgaben an Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts

Der Vollzug der eidgenössischen Patentanwaltsprüfung kann Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts übertragen werden (Art. 8 Abs. 1 Bst. a). Der Bundesrat beabsichtigt, das ausserhalb der Bundesverwaltung vorhandene Fachwissen zu nutzen und dabei von bestehenden Synergien zu profitieren. Es liegt nahe, die Organisation und die Durchführung der Patentanwaltsprüfung den Hochschulen oder Fachhochschulen, allenfalls den spezialisierten Berufsverbänden oder privaten Anbietern ausserhalb der Berufsverbände zu übertragen.

19

SR 412.10

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Nach Ansicht des Bundesrates können aus fachlichen Überlegungen die Aufgaben im Zusammenhang mit der eidgenössischen Patentanwaltsprüfung nicht von bestehenden Bundesstellen übernommen werden. Zudem sollen die mit der Einsetzung einer eigenen Prüfungskommission verbundenen personellen, finanziellen oder organisatorischen Auswirkungen von den Verursachern getragen werden. Ein Inkrafttreten dieses Gesetzes kommt demnach nur in Frage, wenn zu diesem Zeitpunkt die Übertragung der Organisation und Durchführung der eidgenössischen Patentanwaltsprüfung an Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts gesichert ist.

Der Bundesrat kann die Aufgabe der Anerkennung ausländischer Patentanwaltsprüfungen ebenfalls an Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts übertragen (Art. 8 Abs. 1 Bst. b). Sinnvollerweise sollten die mit der Prüfung betrauten Organe auch diese Aufgabe übernehmen.

Aufgabenübertragungen bedürfen in ihrer Eigenschaft als Ausnahme von der ordentlichen Behördenorganisation einer speziellen Ermächtigung durch den Gesetzgeber.

Der vorliegende Artikel schafft die gesetzliche Grundlage für die Auslagerung der genannten Vollzugsaufgaben.

Art. 9

Praktische Tätigkeit

Die Bewerberinnen und Bewerber sollen unter der Aufsicht einer eingetragenen Patentanwältin oder eines eingetragenen Patentanwalts bzw. einer Person mit gleichwertiger fachlicher Qualifikation Praxiserfahrung sammeln (Abs. 1 i.V.m.

Art. 2 Abs. 2 Bst. c). Diese Erfahrung ist unerlässlich, weil ein grosser Teil des Wissens, über das eine Patentanwältin oder ein Patentanwalt verfügen muss, ausschliesslich bei der praktischen Tätigkeit erworben wird.

Die in der öffentlichen Diskussion aufgeworfenen Argumente gegen eine Gleichstellung von Bachelor- mit Master-Abschlüssen (vgl. die Ausführungen zu Art. 4) werden insofern berücksichtigt, als die Dauer der erforderlichen praktischen Tätigkeit für Personen mit einem Bachelor-Abschluss verlängert wird (Abs. 2). Zwischen einem Bachelor- und einem Master-Abschluss bestehen erhebliche Differenzen in Bezug auf den Inhalt und den Tiefgang der Studien: Während Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen Allgemeinbildung und Grundlagenwissen vermittelt wird, eignen sich Master-Absolventinnen und -Absolventen ein vertieftes, spezialisiertes und forschungsgestütztes Wissen an. Eine Ausdehnung der erforderlichen praktischen Tätigkeit auf 6 Jahre für Personen mit Bachelor-Abschluss erscheint in der gegebenen Situation als verhältnismässig und entspricht zudem der Regelung des EPA, welche in diesem Zusammenhang einen europäischen Standard darstellt.

An dieser Stelle sei wiederholt, dass Personen, welche die geforderte Berufsqualifikation nicht nachweisen können, ihre Dienstleistungen trotzdem anbieten dürfen, allerdings nicht unter Verwendung der geschützten Berufsbezeichnungen.

Es besteht die Möglichkeit, die praktische Tätigkeit auf Teilzeitbasis zu absolvieren und deren Dauer entsprechend anzupassen. Im Hinblick auf die zunehmend international ausgerichtete Tätigkeit der Patentanwältinnen und Patentanwälte kann die Berufserfahrung grundsätzlich auch im Ausland gesammelt werden. Allerdings muss gewährleistet sein, dass mindestens ein Jahr der praktischen Tätigkeit einen ausreichenden fachlichen Bezug zur Schweiz aufweist.

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Die Einzelheiten der praktischen Tätigkeit (insbesondere die Ziele und die Inhalte, die Anforderungen an eine nicht im Patentanwaltsregister eingetragene Aufsichtsperson oder die Anforderungen an den Bezug zur Schweiz) wird der Bundesrat in Abstimmung mit den interessierten Kreisen in den Ausführungsbestimmungen regeln (Abs. 3). Was namentlich den fachlichen Bezug des Berufspraktikums zur Schweiz anbelangt, wird ein Mindestmass an Beratungs- und Vertretungsaktivität in nationalen Verfahren gefordert werden müssen. Allerdings kann nicht schematisch auf eine einjährige praktische Tätigkeit bei einer Patentanwältin oder einem Patentanwalt in der Schweiz abgestellt werden. Der Bezug zu den schweizerischen Verfahren ist damit noch nicht hinreichend gewährleistet: Die Patentanwältin oder der Patentanwalt könnte beispielsweise praktisch ausschliesslich vor dem EPA vertretend oder im internationalen Anmeldeverfahren beratend tätig sein. Umgekehrt ist auch denkbar, dass eine Patentanwältin oder ein Patentanwalt im angrenzenden Ausland angesichts der Abschaffung des Niederlassungserfordernisses in Artikel 13 PatG häufig in nationalen Verfahren beratend tätig ist und daher die erforderliche Erfahrung besitzt. Weiter wird der Bundesrat zu beachten haben, dass die vor dem EPA zugelassenen Vertreterinnen und Vertreter im Rahmen der europäischen Eignungsprüfung bereits ein drei- bzw. sechsjähriges Praktikum absolviert haben.

Die Person, unter deren Aufsicht das Berufspraktikum durchgeführt wird, hat im Hinblick auf den Eintrag der Bewerberin oder des Bewerbers in das Patentanwaltsregister das Erfüllen der inhaltlichen Anforderungen zuhanden des IGE zu bestätigen.

2.3

Berufsgeheimnis

Art. 10 Im Rahmen der Beratung und Vertretung in Patentsachen werden den Patentanwältinnen und Patentanwälten von ihren Auftraggeberinnen und Auftraggebern regelmässig höchst vertrauliche Informationen (betreffend eine noch nicht angemeldete Erfindung oder Geschäftsgeheimnisse, die im Zusammenhang mit der Erfindung stehen) zugänglich gemacht. Ebenso oft erarbeitet die Patentanwältin oder der Patentanwalt bei der Ausführung des Auftrags selbst vertrauliche Informationen (z.B. bei der Abklärung der Neuheit einer Erfindung oder bei der Beurteilung möglicher Kollisionen mit bestehenden Patenten Dritter). Dabei ist es für die auftraggebende Person von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung, dass Dritte (zumindest bis zu einem bestimmten Verfahrenszeitpunkt) keine Kenntnis von diesen Informationen erhalten. Sie muss deshalb vorbehaltlos auf die Verschwiegenheit der Patentanwältin oder des Patentanwalts vertrauen und alle erheblichen Umstände offenlegen können. Nur dann kann auch die Patentanwältin oder der Patentanwalt die Auftraggeberin oder den Auftraggeber richtig beraten und wirksam vertreten.

Entsprechend verpflichtet Artikel 10 die Patentanwältinnen und Patentanwälte zur Verschwiegenheit über Geheimnisse, die ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden sind oder die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben. Zwischen der Kenntnis des Geheimnisses und der patentanwaltlichen Tätigkeit muss ein Zusammenhang bestehen, wobei in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob die betroffene Information aufgrund einer berufsspezifischen Tätigkeit anvertraut bzw. wahrgenommen

429

wurde20. Von der Pflicht zur Geheimhaltung ausgeschlossen bleibt, was die Patentanwältin oder der Patentanwalt als Privatperson wahrgenommen hat oder was allgemein bekannt ist.

Das Berufsgeheimnis der Patentanwältinnen und Patentanwälte gilt zeitlich unbegrenzt und grundsätzlich gegenüber jedermann. Eine Ausnahme besteht für angestellte Patentanwältinnen oder Patentanwälte gegenüber ihrem Arbeitgeber: Soweit sie betriebseigene Patentsachen betreuen, ist der Arbeitgeber selbst (bzw. die von diesem eingesetzten Personen) der Geheimnisherr, von dem die vertraulichen Informationen stammen und an den vertrauliche eigene Erkenntnisse abgeliefert werden müssen. Aber auch in jenen Fällen, in denen Patentanwältinnen oder Patentanwälte im Namen ihres Arbeitgebers Dritte in Patentsachen beraten oder vertreten, müssen sie jenem umfassend Rechenschaft ablegen (können): Hier handeln sie als weisungsgebundene Hilfspersonen ihres Arbeitgebers, der seinerseits gegenüber der Auftraggeberin bzw. dem Auftraggeber für die ordnungsgemässe Ausführung des ihm erteilten Auftrags einstehen muss. Im Verhältnis zum Arbeitgeber fehlt es am Geheimhaltungsinteresse des Geheimnisherrn. Soweit angestellte Patentanwältinnen oder Patentanwälte nebenberuflich im eigenen Namen Dritte beraten oder vertreten, besteht auch für sie die Geheimhaltungspflicht uneingeschränkt.

Kein spezifisches Problem des Berufsgeheimnisses sind mögliche Konflikte zwischen den Interessen verschiedener Auftraggeberinnen oder Auftraggeber einer Patentanwältin oder eines Patentanwalts. Für die Annahme und Ausführung von Aufträgen gelten die allgemeine Treuepflicht nach Artikel 398 des Obligationenrechts (OR)21 sowie allfällige Standesregeln der Berufsverbände.

Das Berufsgeheimnis nach Artikel 10 ist in zwei Richtungen rechtlich abgesichert: Zum einen ist seine Verletzung durch Patentanwältinnen und Patentanwälte sowie durch deren Hilfspersonen strafbar (vgl. Anhang «Änderung bisherigen Rechts», Ziff. 4, Änderung von Art. 321 Abs. 1 StGB22). Zum anderen besteht als prozessuales Gegenstück ein Zeugnisverweigerungsrecht: Die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind in Straf- und Zivilprozessen grundsätzlich nicht zur Mitwirkung verpflichtet (Art. 171 StPO23, Art. 160 Bst. b E-ZPO24). Die geforderte Angleichung der Rechtsstellung der Patentanwältinnen und
Patentanwälte an diejenige der Rechtsanwaltschaft (vgl. 1.4.3) bedingt somit auch eine Anpassung von Artikel 171 Absatz 1 der Strafprozessordnung (vgl. Anhang «Änderung bisherigen Rechts», Ziff. 5, Änderung von Art. 171 Abs. 1 StPO).

Um dem im Rahmen der Vernehmlassung geäusserten Wunsch nach Klarstellung Rechnung zu tragen, wird in Absatz 2 die sich bereits aus dem Privatrecht ergebende Pflicht, dafür zu sorgen, dass auch beigezogene Hilfspersonen das Berufsgeheimnis wahren, ausdrücklich erwähnt.

20 21 22 23 24

430

BGE 112 Ib 606 SR 220 SR 311.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO), SR 312.0.

Siehe Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), BBl 2006 7221 7317 ff.

2.4

Patentanwaltsregister

Art. 11

Registerführung

Gemäss Absatz 1 wird das Patentanwaltsregister vom IGE geführt. Dieses führt auch die Register für Marken, Patente, Designs und Topographien und verfügt damit über eine geeignete Infrastruktur. Schon heute ist das IGE die nächstliegende Anlaufstelle insbesondere für patentunerfahrene Personen, die eine Patentanwältin oder einen Patentanwalt in ihrer Region suchen; dafür steht ihnen neu das öffentliche Patentanwaltsregister zur Verfügung (vgl. Art. 14). Auch künftig wird das IGE keine konkreten Empfehlungen abgeben.

Das Patentanwaltsregister kann in elektronischer Form geführt werden (Abs. 2). Eine entsprechende Vorschrift findet sich auch in allen Spezialgesetzen des geistigen Eigentums (Art. 16a ToG25, Art. 40 MSchG26, Art. 26a DesG27, Art. 65a PatG28).

Der Einsatz zeitgemässer Arbeitsmittel erlaubt eine effiziente und kostengünstige Registerführung.

Art. 12

Registereintrag

Wer in das Patentanwaltsregister eingetragen werden will, hat einen entsprechenden Antrag zu stellen und eine gestützt auf Artikel 13 des Bundesgesetzes vom 24. März 199529 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGEG) erhobene Gebühr zu bezahlen (Abs. 1). Dem Antrag sind geeignete Unterlagen beizulegen, aus denen hervorgeht, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller die Voraussetzungen nach Artikel 2 Absatz 2 erfüllt (Abs. 2). Die Prüfung des IGE beschränkt sich im Wesentlichen auf die Frage, ob die vorausgesetzte Ausbildung, die bestandene Patentanwaltsprüfung sowie die praktische Tätigkeit ausreichend dokumentiert sind und ob die antragstellende Person über ein Zustellungsdomizil in der Schweiz verfügt.

Sind alle Voraussetzungen erfüllt, so trägt das IGE die Patentanwältin oder den Patentanwalt ins Register ein und stellt ihr oder ihm eine Bescheinigung aus. Wer sich nicht ins Register eintragen lässt oder wem die Eintragung wegen fehlender Voraussetzungen verweigert wird, darf gleichwohl Dritte in Patentsachen beraten und vertreten, dabei aber keine der in Artikel 2 erwähnten Berufsbezeichnungen verwenden.

Die Eintragung oder Verweigerung der Eintragung im Register wird in Form einer Verfügung eröffnet, die der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes30) und gegebenenfalls an das Bundesgericht unterliegt. Letzterem steht Artikel 83 Buchstabe t des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200531 (BGG) nicht entgegen, da das IGE keine materielle Fähigkeitsbewertung vornimmt und über kein Ermessen verfügt, das vom Bundesgericht nicht überprüft werden könnte; das IGE prüft vielmehr nur formell, ob die vorausgesetz25 26 27 28 29 30 31

Topographiengesetz vom 9. Okt. 1992 (ToG), SR 231.2.

Markenschutzgesetz vom 28. Aug. 1992 (MSchG), SR 232.11.

Designgesetz vom 5. Okt. 2001 (DesG), SR 232.12.

SR 232.14 SR 172.010.31 Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (VGG), SR 173.32.

SR 173.110

431

ten Nachweise vorliegen, was als reine Rechtsfrage vom Bundesgericht vollumfänglich überprüft werden kann.

Die Bestimmungen zum elektronischen Behördenverkehr (Abs. 3 und 4) entsprechen den oben (vgl. die Erläuterungen zu Art. 11) zitierten Vorschriften der immaterialgüterrechtlichen Spezialerlasse. Der Vorbehalt zugunsten der allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege stellt sicher, dass die dort normierten Verfahrensgrundsätze vorliegend ebenfalls zur Anwendung gelangen. Gleichzeitig kann der Bundesrat die Regelung von technischen Einzelheiten an das IGE delegieren, damit dieses die Kompatibilität mit seinen übrigen Systemen ­ die ihrerseits mit der Weltorganisation für geistiges Eigentum, dem Europäischen Patentamt und den nationalen Partnerämtern kompatibel sein müssen ­ gewährleisten kann.

Art. 13

Registerinhalt

Gemäss Absatz 1 werden in das Patentanwaltsregister diejenigen Angaben eingetragen, die erforderlich sind, um die angestrebte Transparenz zu erreichen: Nebst dem Umstand der Eintragung als solcher (und ihres Datums) steht die eindeutige Identifikation der eingetragenen Patentanwältinnen und Patentanwälte im Vordergrund, was durch die Eintragung von Name und Vorname, Geburtsdatum sowie Heimatort oder Staatsangehörigkeit gewährleistet wird (Buchstabe b stimmt insoweit mit Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a des Anwaltsgesetzes32 überein). Hinzu kommen Angaben zur Erreichbarkeit sowie der Name eines allfälligen Arbeitgebers.

Mit dem Register soll in erster Linie sichergestellt werden, dass innovative Personen und Unternehmen eine fachlich qualifizierte Dienstleistungserbringerin oder einen fachlich qualifizierten Dienstleistungserbringer einfach ermitteln können. Zusätzliche Angaben zur fachlichen Qualifikation (Aus- und Weiterbildung sowie Spezialisierung) sind für die Auftraggeberinnen bzw. die Auftraggeber von zentraler Wichtigkeit. Diese Informationen sind jedoch nicht ins Patentanwaltsregister aufzunehmen, insbesondere da sie einer Überprüfung mangels standardisierten Referenzgrössen nicht zugänglich sind und einem stetigen Wandel unterliegen. Es bleibt insbesondere den Patentanwaltsverbänden überlassen, diese Informationen in geeigneter Form zugänglich zu machen.

In der Vernehmlassung wurden auf Gesetzesebene Bestimmungen im Zusammenhang mit der Löschung des Registereintrags gefordert. Eine gesetzliche Grundlage für die Löschung des Eintrags im Patentanwaltsregister wurde mit Artikel 48b Absatz 3 PatG geschaffen. Da der Gesetzesentwurf keine persönlichen Anforderungen für die Ausübung des Patentanwaltsberufs und keine Berufsregeln vorsieht, sind in diesem Zusammenhang stehende Löschungsgründe im Gesetz auch nicht vorgesehen. Sollte das IGE jedoch feststellen, dass eine der in Artikel 2 Absatz 2 aufgeführten Voraussetzungen für den Registereintrag nicht mehr erfüllt oder dass die betreffende Patentanwältin oder der betreffende Patentanwalt verstorben ist, wird es die Löschung des Eintrags von Amtes wegen vornehmen. Zugleich kann jede Patentanwältin bzw. jeder Patentanwalt jederzeit die Löschung seines Eintrags beim IGE schriftlich beantragen.

Damit das Patentanwaltsregister jederzeit auf dem neuesten
Stand gehalten werden kann, haben die eingetragenen Patentanwältinnen und Patentanwälte nach Absatz 2 dem IGE jede Änderung der sie betreffenden Angaben unverzüglich mitzuteilen.

32

432

Anwaltsgesetz vom 23. Juni 2000 (BGFA), SR 935.61.

Art. 14

Öffentlichkeit des Registers

Erst durch seine Öffentlichkeit kann das Patentanwaltsregister die angestrebte Transparenz schaffen: Absatz 1 statuiert deshalb ein allgemeines Recht auf Einsicht in das Register; ebenso kann beim IGE Auskunft über dessen Inhalt verlangt werden. Um die Einsichtnahme zusätzlich zu erleichtern, kann das IGE den Registerinhalt im Internet online zugänglich machen (Abs. 2).

2.5

Strafbestimmungen

Art. 15

Titelanmassung

Diese Bestimmung steht in Zusammenhang mit den Artikeln 2 und 3. Wer für sich einen der dort genannten Titel unerlaubterweise verwendet, kann mit Busse bestraft werden. Die in Artikel 2 genannten Berufsbezeichnungen dürfen als solche von Nichtberechtigten nicht verwendet werden. Im Zusammenhang mit den Berufsbezeichnungen nach Artikel 3 ist auch die Verwendung verwechselbarer Titel (z.B.

«europäischer Patentvertreter») unter Strafe gestellt. Die Verwendung verwechselbarer Titel auch bei den Berufsbezeichnungen nach Artikel 2 unter Strafe zu stellen, würde dazu führen, dass Personen, welche die Beratung oder Vertretung in Patentsachen wahrnehmen, aber die geschützten Berufsbezeichnungen nicht verwenden dürfen, kaum ein anderer Titel zur Verfügung stünde. Dadurch würden sie auf nicht verhältnismässige Weise in ihrer Wirtschaftsfreiheit beschnitten.

Die Berufsbezeichnungen nach den Artikeln 2 und 3 werden an sich auch durch das Bundesgesetz vom 19. Dezember 198633 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geschützt: Gestützt auf Artikel 3 Buchstabe c in Verbindung mit Artikel 23 UWG wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe sanktioniert, wer unzutreffende Titel oder Berufsbezeichnungen verwendet, die geeignet sind, den Anschein besonderer Auszeichnungen oder Fähigkeiten zu erwecken. Der Umstand, dass die entsprechende strafrechtliche Verfolgung lediglich auf Antrag erfolgt und nicht jedermann zur Klage legitimiert ist, lässt diese Massnahme im hier vorliegenden Zusammenhang als ungenügend erscheinen. Mittels einer eigenen Strafbestimmung im Patentanwaltsgesetz kann dessen spezifischen Schutzinteressen besonders Rechnung getragen werden. Eine Titelanmassung im Sinne von Artikel 15 wird von Amtes wegen verfolgt. Dies dient dem Schutz innovativer Personen und Unternehmen vor unqualifizierter Beratung und somit dem Innovationsstandort Schweiz. Der Strafrahmen von Artikel 15 ist im Zusammenhang mit dem Tatbestand der Titelanmassung angebracht. Der Strafrahmen nach UWG (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe) bezieht sich auf sämtliche Formen des unlauteren Wettbewerbs und ist deshalb höher. Eine Freiheitsstrafe erscheint im Zusammenhang mit dem hier vorliegenden Tatbestand als nicht angebracht. Da der Tatbestand von Artikel 15 die einzelnen Merkmale von Artikel 3 Buchstabe c UWG enthält und dasselbe Ziel verfolgt, geht die Strafbestimmung dieses Gesetzes nach dem Grundsatz des Vorrangs der lex specialis derjenigen des UWG vor.

33

SR 241

433

Absatz 2 macht einen Vorbehalt in Bezug auf die nach dem liechtensteinischen Recht zur Ausübung des Patentanwaltsberufs zugelassenen Personen. Diese sind gestützt auf Artikel 8 des Patentschutzvertrags vom 22. Dezember 197834 mit dem Fürstentum Liechtenstein befugt, sich in Verfahren vor dem IGE als Vertreter bestellen zu lassen. Folglich muss ihnen in diesem Rahmen auch das Recht zustehen, die in Artikel 9 des liechtensteinischen Gesetzes vom 9. Dezember 1992 über die Patentanwälte35 vorgesehene Berufsbezeichnung «Patentanwalt» in der Schweiz zu führen, selbst wenn sie die Voraussetzungen von Artikel 2 nicht erfüllen.

2.6

Schlussbestimmungen

Art. 17

Änderung bisherigen Rechts

Art. 42 Abs. 1 MSchG, Art. 18 Abs. 1 DesG und Art. 13 Abs. 1 PatG Artikel 42 Absatz 1 MSchG36, Artikel 18 Absatz 1 DesG37 sowie Artikel 13 Absatz 1 PatG38 bestimmen, dass ein vom Hinterleger bestellter Vertreter in der Schweiz niedergelassen sein muss. In der Praxis wird das Niederlassungserfordernis allerdings nicht strikte durchgesetzt; das IGE stellt vielmehr auf das Vorliegen eines Zustellungsdomizils in der Schweiz ab. In Angleichung an die Rechtslage insbesondere im Verwaltungsverfahren (Art. 11b VwVG39) muss eine Person, die in der Schweiz keinen Wohnsitz oder Sitz hat, neu lediglich ein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnen. Der Vertreterzwang für ausserhalb der Schweiz domizilierte Personen soll daher aufgehoben werden. In Übereinstimmung mit dem Patentrechtsvertrag, der vom Parlament genehmigt wurde40, werden in Artikel 13 PatG die Handlungen aufgeführt, die im Ausland domizilierte Personen selbst ohne Zustellungsdomizil in der Schweiz vornehmen können.

Art. 48a (neu) und Art. 48b (neu) PatG Mit Artikel 48a Absatz 1 PatG41 wird klargestellt, dass niemand verpflichtet ist, sich in einem Verfahren nach diesem Gesetz vor den Verwaltungsbehörden vertreten zu lassen.

Der in den Artikeln 48a und 48b enthaltene Begriff «Vertreter» umfasst die im Patentanwaltsregister eingetragenen Personen sowie diejenigen, die sich nicht haben eintragen lassen und unter Verwendung einer anderen Berufsbezeichnung die Vertretung und Beratung in Patentsachen wahrnehmen.

Artikel 48a Absatz 2 präzisiert, wer als Vertreter bestellt werden kann. Inhaltlich entspricht die Bestimmung im Wesentlichen Artikel 9 Absatz 1 PatV42, wobei allerdings das Niederlassungs- bzw. Sitzerfordernis fallengelassen und durch das 34 35 36 37 38 39 40 41 42

434

SR 0.232.149.514 Liechtensteinisches Landesgesetzblatt 1993 Nr. 43 SR 232.11 SR 232.12 SR 232.14 Bundesgesetz vom 20. Dez. 1968 über das Verwaltungsverfahren, SR 172.021.

BBl 2007 4701 SR 232.14 Patentverordnung vom 19. Okt. 1977 (PatV), SR 232.141.

Zustellungsdomizil ersetzt wurde (vgl. auch die Ausführungen zu Art. 2 Abs. 2 Bst. d).

Artikel 48b enthält die Regelung von Artikel 9 Absätze 2­4 PatV. Die Aufsichtsfunktion des EJPD über die Vertreterinnen und Vertreter gewinnt mit der Einführung des Patentanwaltsgesetzes an Bedeutung. Diesem Umstand wird Rechnung getragen, indem die entsprechenden Bestimmungen auf Gesetzesebene gehoben werden. Gleichzeitig soll damit einem allfälligen rechtsstaatlich motivierten Einwand vorgebeugt werden, Artikel 9 PatV sei als Grundlage für eine Disziplinaraufsicht des EJPD und insbesondere das Verhängen einer Sanktion (möglicherweise verbunden mit einem Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Person) ungenügend. Das EJPD hat zudem die Möglichkeit, die Löschung des Eintrags der betroffenen Person im Patentanwaltsregister anzuordnen. Damit wird dem Anliegen einiger Vernehmlassungsteilnehmer, die einerseits das fehlende Disziplinarrecht bedauerten und sich andererseits für eine stärkere Aufsicht aussprachen, teilweise entsprochen.

Art. 120 PatG Diese Bestimmung wurde aufgrund von Artikel 143 EPÜ43 anlässlich der Patentgesetzrevision von 1976 eingefügt. Sie sollte als Grundlage für eine gegenseitige staatsvertragliche Freizügigkeitsregelung im Hinblick auf die Zulassung schweizerischer Patentvertreterinnen und -vertreter in dem durch das Gemeinschaftspatentübereinkommen vorgesehenen Verfahren dienen. Das Gemeinschaftspatentübereinkommen ist bis heute nicht in Kraft getreten, und die Einführung des Gemeinschaftspatents ist in absehbarer Zeit nicht vorgesehen. Aus diesem Grund wird die Streichung dieser Bestimmung beantragt. Dies rechtfertigt sich umso mehr, als vorgesehen ist, dass grundsätzlich jede Person mit Zustellungsdomizil in der Schweiz in Patentsachen vor dem Institut als Vertreterin oder Vertreter tätig sein kann (vgl. Art. 48a Abs. 2 PatG). Eine künftige Einführung des Gemeinschaftspatents würde ohnehin weitere Gesetzesanpassungen erforderlich machen.

Art. 321 StGB Nach Artikel 321 StGB44 ist die Verletzung des Berufsgeheimnisses strafbar. Der aktuelle Wortlaut von Artikel 321 StGB bezieht sich allerdings nicht auf die Patentanwältinnen und Patentanwälte und soll dahingehend ergänzt werden, dass diese im Zusammenhang mit einer allfälligen Verletzung des Berufsgeheimnisses den Rechtsanwältinnen
und -anwälten gleichgestellt sind.

Art. 171 Abs. 1 StPO Dieser Artikel führt die Berufspersonen auf, welche ihr Zeugnis über Geheimnisse, die ihnen aufgrund ihres Berufes anvertraut worden sind oder die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben, grundsätzlich verweigern können. Damit die im Zusammenhang mit dem Zeugnisverweigerungsrecht angestrebte Angleichung ihrer Rechtsstellung an diejenige der Rechtsanwältinnen und -anwälte (vgl. Ziff. 1.4.3)

43 44

Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen, EPÜ), SR 0.232.142.2.

SR 311.0

435

erreicht werden kann, sind die Patentanwältinnen und -anwälte in Artikel 171 Absatz 1 StPO45 aufzuführen.

Art. 18

Übergangsbestimmung

Den wohlerworbenen Rechten von Personen, die bereits vor dem Inkrafttreten des Patentanwaltsgesetzes einer patentanwaltlichen Tätigkeit nachgegangen sind, soll insoweit Rechnung getragen werden, als diese zum Führen der Berufsbezeichnungen nach Artikel 2 zugelassen werden, auch wenn sie die Anforderungen von Artikel 2 Absatz 2 nur teilweise erfüllen. Gleichwohl muss sichergestellt sein, dass die mit diesem Gesetz verfolgten Ziele der Qualitätssicherung und des Schutzes von Ratsuchenden vor Täuschung nicht aufgegeben werden.

Wer im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Patentanwaltsgesetzes in der Schweiz bereits eine patentanwaltliche Tätigkeit ausgeübt hat, über einen Hochschulabschluss verfügt (Abs. 1 Bst. a) oder in der beim Europäischen Patentamt geführten Liste der zugelassenen Vertreter eingetragen ist (Abs. 1 Bst. b) und zumindest über ein Zustellungsdomizil in der Schweiz verfügt, soll einen Anspruch auf eine Eintragung ins Patentanwaltsregister haben, sofern die entsprechende Gebühr bezahlt wurde.

Der Begriff «patentanwaltliche Tätigkeit» umfasst Aktivitäten, die mit der Beratung und Vertretung in Patentsachen zusammenhängen. Nicht davon erfasst ist beispielsweise die Tätigkeit im Marken- oder Designbereich. Das Erfordernis des Hochschulabschlusses in Buchstabe a wurde nach dem Vernehmlassungsverfahren hinzugefügt: Mehrere Vernehmlassungsteilnehmer erachteten den ursprünglichen Vorschlag als zu weit gefasst und der angestrebten Qualitätssicherung abträglich.

Der Umstand, dass der Gesetzesentwurf lediglich einen Titelschutz vorsieht und Personen, welche die Voraussetzungen zur Führung der geschützten Berufsbezeichnungen nicht erfüllen, ihre bisherige Tätigkeit unter einer anderen Bezeichnung trotzdem weiterführen können, legitimiere eine strengere Übergangsregelung, ohne dass die Wirtschaftsfreiheit zu stark eingeschränkt werde. Die kürzere Dauer der verlangten patentanwaltlichen Tätigkeit in Buchstabe b wird durch die hohen Anforderungen insbesondere bezüglich Qualifikation und Berufserfahrung kompensiert, die an die Bewerberinnen und Bewerber um die europäische Zulassungsprüfung gestellt werden. Wurde die praktische Tätigkeit nur teilzeitlich ausgeübt, so verlängert sich deren Dauer entsprechend (vgl. die Erläuterungen zu Art. 9).

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund und auf Kantone und Gemeinden

Der Vollzug des Patentanwaltsgesetzes obliegt in erster Linie dem Bund. Neue Vollzugsaufgaben ergeben sich aus der Prüfung der Voraussetzungen zur Führung der geschützten Berufsbezeichnungen nach Artikel 2 im Zusammenhang mit einem Gesuch um Eintragung im Patentanwaltsregister, aus der Führung des Patentanwaltsregisters selbst sowie aus der Patentanwaltsprüfung (Aufsicht und 45

436

Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO), SR 312.0.

Beschwerdeverfahren). Die Aufgaben im Zusammenhang mit dem Patentanwaltsregister werden vom IGE übernommen. Das IGE wird sich bei der Prüfung der Voraussetzungen nach Artikel 2 auf Akkreditierungs- und Anerkennungsentscheide der hierfür zuständigen eidgenössischen und kantonalen Stellen stützen können.

Diesen dürfte aufgrund der vorgeschlagenen Regelung kein zusätzlicher Aufwand erwachsen, der sich nicht im Rahmen der bestehenden Aufgaben bewältigen und mit den verfügbaren Mitteln finanzieren liesse. Der Aufwand, der dem IGE aufgrund seiner neuen Aufgaben erwächst, kann durch Gebühren und im Bedarfsfall aus anderen Einnahmen des Instituts finanziert werden.

Der Aufwand, der im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Patentanwaltsprüfung sowie mit allfälligen Beschwerdeverfahren zu erwarten ist, dürfte sich ebenfalls im Rahmen der bestehenden Aufgaben bewältigen und mit den verfügbaren Mitteln finanzieren lassen. Die zusätzlichen Aufgaben haben somit für den Bund keine personellen, finanziellen oder organisatorischen Auswirkungen.

Neben bestehenden Vollzugsaufgaben im Hochschulbereich ist die Strafverfolgung Sache der Kantone. Es ist indessen nicht zu erwarten, dass die neu geschaffenen Straftatbestände zusätzliche personelle Ressourcen erforderlich machen.

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

3.2.1

Notwendigkeit und Möglichkeit staatlichen Handelns

Konsumentinnen und Konsumenten sind oft nicht voll informiert über die Eigenschaften bestimmter Dienstleistungen, und nur die anbietenden Personen haben das notwendige Wissen über die tatsächlichen Qualitätseigenschaften. Diese Informationsasymmetrie kann zu Problemen des «adverse selection» und «moral hazard» führen. Um diese beiden unerwünschten Phänomene zu überwinden und der Informationsasymmetrie entgegenzuwirken, sind Mindestqualitätsstandards ein geeignetes Mittel46 zur Regulierung von Märkten. Sie geben den Konsumentinnen und Konsumenten verlässliche Informationen über die Eigenschaften von Dienstleistungen. Gleichzeitig verringern Mindestqualitätsstandards sogenannte Transaktionsund Suchkosten auf Märkten mit asymmetrischer Informationsverteilung47.

Konsumentinnen und Konsumenten müssen somit weniger Zeit und Geld darauf verwenden, die Qualität von Produkten und Dienstleistungen vor ihrem Kauf zu prüfen. Gleichzeitig schaffen Mindestqualitätsstandards die Voraussetzung für Netzwerkeffekte, die eine weite Verbreitung und Nutzung des Standards sicherstellen.

Das Informationsgefälle ist auch bei den von Patentanwältinnen und -anwälten angebotenen Dienstleistungen festzustellen. Ratsuchende auf dem Gebiet des Patentrechts (meist kleine und mittlere Unternehmen) können die bestehenden Dienstleistungsangebote bezüglich der fachlichen Befähigung der Anbieterinnen oder Anbieter nicht überprüfen. Der Gesetzesentwurf sieht fachliche Anforderungen an das Führen der Berufsbezeichnung Patentanwältin oder Patentanwalt in der Schweiz vor.

In Verbindung mit den geschützten Berufsbezeichnungen hilft die geforderte Berufsqualifikation, vergleichbar einem Mindestqualitätsstandard, die angebotene 46 47

Leland, H.E. (1979), Quacks, lemons and licensing: a theory of minimum quality standards, Journal of Political Economy, 87, 1328­1346.

Hudson, J. P. Jonas (2001), Measuring the efficiency of stochastic signals of product quality, Information Economics and Policy, 13 (1), 35­49.

437

Dienstleistung und ihre Qualität transparenter zu machen. Zugleich wirken sie sich qualitätssteigernd auf den Berufsstand aus. Schweizerische Unternehmen verfügen damit über ein besseres Dienstleistungsangebot, was zu einer besseren Nutzung und Verbreitung des Patentsystems beiträgt.

Die Schweiz ist eines der wenigen Länder, in denen der Patentanwaltsberuf bisher keiner Regulierung unterliegt. Der vorliegende massvolle Regulierungseingriff schafft einen klaren Rechtsrahmen für die gegenseitige Anerkennung von gleichwertigen Ausbildungsgängen, Prüfungen im Bereich der Patentberatung und -vertretung sowie Berufserfahrung von Patentanwältinnen und Patentanwälten im europäischen Umfeld. Dies verbessert die Ausgangslage von Schweizer Patentanwältinnen und Patentanwälten für den Zugang zum europäischen Dienstleistungsmarkt.

3.2.2

Auswirkungen auf einzelne gesellschaftliche Gruppen

Bereits etablierte, qualifizierte Patentanwältinnen und Patentanwälte werden durch die vorgesehene Regulierung nicht vom Markt verdrängt. Dafür sorgen insbesondere auch Übergangsregeln. Sie werden sich freilich in Zukunft einem grösseren Wettbewerb aus dem europäischen Ausland ausgesetzt sehen. Gleichzeitig sollte ihnen die vorgesehene Regulierung einen erleichterten Zugang zur Vertretung in anderen Ländern ermöglichen.

Patentanwältinnen und -anwälte, die in Zukunft ihre Tätigkeit in der Schweiz aufnehmen, werden eine höhere Eingangshürde vorfinden, um ihre Dienstleistungen anbieten zu können. Die gesetzlichen Regelungen stellen aber keine absolute Zugangsbeschränkung dar, sondern nur eine qualitative. Ihre Berufsbezeichnung steht gleichzeitig als Garant für ihre Qualifikation und die Qualität ihrer Arbeit.

Generell bleibt der Marktzugang jeder potenziellen Dienstleistungserbringerin und jedem potenziellen Dienstleistungserbringer für Beratung und Vertretung in Patentsachen möglich.

Ausländischen Patentanwältinnen und Patentanwälten wird der Zugang zum schweizerischen Dienstleistungsmarkt nicht durch hohe Eintrittshürden verunmöglicht.

Lediglich das Führen bestimmter geschützter Berufsbezeichnungen ist an den Nachweis von Berufsqualifikationen geknüpft. Soweit ausländische Anbieterinnen und Anbieter diese Qualifikationen erfüllen, können sie selbst einen Eintrag ins Patentanwaltsregister anstreben. Sie können aber auch ihre Dienstleistungen unter einer anderen Berufsbezeichnung mit dem einzigen Vorbehalt eines Zustellungsdomizils in der Schweiz anbieten. Somit ist nicht zu befürchten, dass der Eingriff des Gesetzgebers den Wettbewerb in diesem Dienstleistungssektor behindert.

Es wird befürchtet, dass eine Standardisierung des Berufsstandes der Patentanwältinnen und Patentanwälte in der Schweiz eine Verteuerung der Dienstleistungen zur Folge haben wird. Diese würde insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen die effektive Nutzung des Patentsystems erschweren bzw. verunmöglichen. Dieses Argument ist gekoppelt an eine mutmassliche Kartellisierung der Märkte in der Schweiz durch eine Berufsregelung. Nur unter dieser Voraussetzung könnte es zu einer Erhöhung der Preise für die angebotenen Dienstleistungen kommen. Doch ist angesichts der zunehmenden Mobilität und des Abbaus der Hürden im Verhältnis zur EU eher mit einer Intensivierung des Wettbewerbs in der Schweiz zu rechnen.

438

Höhere Kosten für die Dienstleistungen zulasten von KMU sind daher eher unwahrscheinlich.

Für die Kundschaft der Patentanwältinnen und -anwälte wird der Berufsstand mit einem Qualitätssiegel versehen. Die geschützten Berufsbezeichnungen werden für die Kundschaft nachvollziehbar machen, welche Qualifikation und Qualität der Arbeit von Patentanwältinnen und -anwälten in der Schweiz zuzuordnen ist. Suchund Transaktionskosten für Dienstleistungen hoher Qualität verringern sich dadurch für die Ratsuchenden.

3.2.3

Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft

Sinn und Zweck von Immaterialgüterrechten ist die Erhöhung des Innovationsaufkommens in Märkten, in denen der freie Markt Innovation behindert. Innovation schafft mehr Arbeitsplätze, höheres Wachstum und damit eine Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Patentanwältinnen und -anwälten kommt eine zentrale und verantwortungsvolle Stellung innerhalb des Innovationsprozesses zu. Insofern ist eine Regelung, welche die Qualifikation eines Berufsstands, der die Wirtschaft in diesem komplexen Gebiet unterstützen kann, sicherstellt, als eine wesentliche Massnahme der Innovationsförderung zu verstehen. Die Effizienz und die innovationsfördernde Wirkungsweise des für die Schweiz bedeutenden Patentsystems sollen gewährleistet werden.

Es wird befürchtet, dass ein Patentanwaltsgesetz zu einer Kartellisierung der Märkte in der Schweiz führen könnte. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass nur eine Form der Berufsausübung an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist, nämlich das Führen bestimmter Berufsbezeichnungen. Im Übrigen ist dieser Dienstleistungsbereich nicht durch Rechtsvorschriften reglementiert. Er steht auch ausländischen Anbieterinnen und Anbietern mit geringfügigen Einschränkungen offen.

Daher ist eher eine Zunahme des Wettbewerbs als eine Kartellisierung des Schweizer Marktes für Beratungsdienstleistungen zu erwarten.

3.2.4

Alternative Regelungen

Es gibt eine Reihe von Lösungsoptionen. Die wichtigsten wurden bereits besprochen (vgl. Ziff. 1.4.2). Eine Selbstregulierung der betroffenen Verbände bedeutet zwar einen Verzicht auf einen Regulierungseingriff des Gesetzgebers, vermag aber die Ziele einer fachlich hochstehenden Befähigung von Patentanwältinnen und -anwälten sowie des Schutzes von Ratsuchenden vor Täuschung über die Qualität der beanspruchten Dienstleistungen nicht zu gewährleisten. Die anderen Lösungsoptionen führen demgegenüber zu einer weitergehenden Reglementierung des Berufs, die nicht durch zusätzliche Vorteile bei der Erreichung des Regelungszwecks aufgewogen wird.

439

3.2.5

Zweckmässigkeit im Vollzug

Der vorliegende Gesetzesentwurf erfordert keine neuen Verwaltungsstrukturen. Der zusätzliche Aufwand, der den eidgenössischen und den kantonalen Verwaltungseinheiten erwächst, ist bescheiden oder lässt sich im Falle der neuen Aufgaben des IGE über Gebühren finanzieren (Ziff. 3.1).

Für Patentanwältinnen und -anwälte bringt der Gesetzesentwurf im Vollzug dann eine Erschwernis, wenn sie sich bei unterschiedlichen Instanzen um die Anerkennung ausländischer Ausbildungsgänge oder Patentanwaltsprüfungen bemühen müssen. Im Übrigen ist der administrative Aufwand ohne weiteres vertretbar.

Für die Kundin oder den Kunden ist der Vollzug unkompliziert, da sie oder er künftig die gewünschten Dienstleistungserbringerinnen oder -erbringer einfacher auswählen kann.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zum Finanzplan

Beim hier zur Diskussion stehenden Anliegen handelt es sich um einen Teilaspekt der Patentgesetzrevision; dieser wurde als solcher im Bericht über die Legislaturplanung 2003­2007 als Richtliniengeschäft indirekt angekündigt48.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

5.1.1

Rechtsgrundlage

Der vorliegende Erlass stützt sich primär auf Artikel 95 BV49, der den Bund ermächtigt, Vorschriften über die Ausübung privatwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit zu erlassen. Zu berücksichtigen ist auch Artikel 97 BV, der dem Bund die Kompetenz einräumt, Massnahmen zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten zu treffen.

5.1.2

Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Die Ausübung einer patentanwaltschaftlichen Tätigkeit fällt in den Schutzbereich der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 Abs. 1 BV). Beschränkungen dieser Freiheit bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, müssen durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt sowie verhältnismässig sein.

Die gesetzliche Grundlage wird mit dem Gesetzesentwurf geschaffen. Die Regelungskompetenz (Art. 3 BV) ergibt sich aus dem Vorstehenden.

48 49

440

BBl 2004 1162 1192 SR 101

Das öffentliche Interesse an einer Berufsregelung für Patentanwältinnen und Patentanwälte ergibt sich einerseits aus dem Anspruch des Publikums, vor fachlich unqualifizierten Anbieterinnen und Anbietern geschützt zu werden, andererseits aus dem Umstand, dass eine fachlich qualifizierte Beratung und Vertretung in Patentsachen für den Innovationsstandort Schweiz eine wichtige Rahmenbedingung darstellt.

Der Gesetzesentwurf ist verhältnismässig; die Schwachstellen der bisherigen Rechtslage werden auf massvolle Art und Weise behoben. Es wird namentlich davon abgesehen, Patentanwältinnen und -anwälten im patentrechtlichen Verwaltungsverfahren ein ausschliessliches Vertretungsrecht einzuräumen. Weiter wird darauf verzichtet, im Gesetz Berufsregeln festzulegen oder eine spezielle Disziplinaraufsichtsbehörde einzusetzen. Der regulatorische Eingriff beschränkt sich somit auf das für die Erreichung des Regelungszwecks Erforderliche.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

5.2.1

Personenfreizügigkeit

Zur Erleichterung der Personenfreizügigkeit sieht das Gemeinschaftsrecht und mit ihm das Freizügigkeitsabkommen50 verschiedene Regeln (gemeinschaftliche Rechtsakte) zur Anerkennung von beruflichen Fähigkeitsnachweisen vor. Im vorliegenden Zusammenhang einschlägig ist die Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschliessen51 (siehe Ziff. 1.6).

Der Gesetzesentwurf ist mit den Verpflichtungen der Schweiz aus dem Freizügigkeitsabkommen, insbesondere mit der Richtlinie 89/48/EWG, vereinbar. Auf die folgenden Aspekte ist besonders hinzuweisen:

50

51

­

Da der Gesetzesentwurf mit der Führung spezifischer Berufsbezeichnungen eine Art der Ausübung des Patentanwaltsberufs an bestimmte Qualifikationen knüpft, wird der Patentanwaltsberuf als reglementierter Beruf im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 89/48/EWG zu sehen sein.

­

Der Gesetzesentwurf trägt der Verpflichtung zur Berücksichtigung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen Rechnung, indem die Anerkennung von ausländischen Hochschulabschlüssen in Artikel 5, diejenige von ausländischen Patentanwaltsprüfungen in Artikel 7 und die Anerkennung von im Ausland gemachter Berufserfahrung in Artikel 9 vorgesehen ist. Damit sind die in der Richtlinie 89/48/EWG enthaltenen Vorgaben in Bezug auf die Anerkennung allfälliger ausländischer Diplome sowie der Berufserfahrung des Antragstellers (Art. 3 der Richtlinie) berücksichtigt.

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, SR 0.142.112.681.

ABl. L 19 vom 24.1.1989, S. 16, in der Fassung der Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001, ABl. L 206 vom 31.7.2001, S. 1.

441

­

Der Gesetzesentwurf schafft in Übereinstimmung mit Artikel 4 der Richtlinie 89/48 EWG die Rechtsgrundlage, um bei wesentlichen Unterschieden in der Ausbildungsdauer oder im Ausbildungsinhalt Ausgleichsmassnahmen anzuordnen (vgl. Art. 5 Abs. 2 sowie Art. 7 Abs. 2).

Die Richtlinie 89/48/EWG wird aufgehoben und durch die Richtlinie 2005/36/EG52 abgelöst werden (vgl. Ziff. 1.6). Da das europäische System der Anerkennung im Grundsatz gleich bleibt, wird der Gesetzesentwurf auch mit dieser neuen Richtlinie vereinbar sein.

5.2.2

Patentrechtsvertrag

Der Gesetzesentwurf trägt auch den Verpflichtungen aus dem Patentrechtsvertrag Rechnung, der vom Parlament genehmigt wurde53. Es kann hier auf die Erläuterungen zu Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe d verwiesen werden (vgl. Ziff. 2.2).

5.3

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV.

5.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen an den Bundesrat ist in den Artikeln 6 Absatz 2 und 3 sowie 9 Absatz 3 vorgesehen. Der Bundesrat wird dadurch ermächtigt, einerseits die Zulassungsbedingungen zur Patentanwaltsprüfung, die Prüfungsinhalte sowie das Prüfungsverfahren zu regeln und andererseits die für die Durchführung der Prüfung und für die Aufsicht über die Prüfung zuständigen Stellen zu bezeichnen. Zudem ist der Bundesrat berechtigt, insbesondere die Ziele und Inhalte der praktischen Tätigkeit, die Anforderungen an eine nicht im Patentanwaltsregister eingetragene Aufsichtsperson sowie die räumlichen und inhaltlichen Anforderungen an den Bezug der praktischen Tätigkeit zur Schweiz festzulegen. Mit diesen Delegationen soll der Gesetzestext von Regelungen, deren Einzelheiten den Konkretisierungsgrad der Gesetzesebene wesentlich überschreiten würden, entlastet werden. Aufgrund der fortlaufenden Entwicklung des wirtschaftlichen und rechtlichen Umfelds müssen die Zulassungsbedingungen zur Patentanwaltsprüfung, die Prüfungsinhalte sowie das -verfahren ebenso wie die Ziele und Inhalte der praktischen Tätigkeit kontinuierlich überprüft werden. Zudem ist denkbar, dass sich aus den gewonnenen Erfahrungen nach der Inkraftsetzung des Gesetzes Anpassungsbedarf zeigt. Deshalb wird der Gesetzesentwurf teilweise darauf beschränkt, den Regelungsgegenstand zu umschreiben und die Ausführung dem Bundesrat als Verordnungsgeber zu überlassen. Allzu konkrete Inhalte würden die Entwicklung hemmen, unter Umständen sogar notwendige Anpassungen verunmöglichen. Die Dele52 53

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ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22 BBl 2007 4701

gationsnormen umschreiben den Regelungsgegenstand nach Inhalt, Zweck und Ausmass hinreichend konkret, sodass die eingeräumte Verordnungskompetenz dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht wird.

Der Bundesrat wird in den Artikeln 5 Absatz 3 und 7 Absatz 3 beauftragt, die für die Anerkennung von ausländischen Hochschulabschlüssen und Patentanwaltsprüfungen zuständigen Stellen zu bezeichnen; in Artikel 4 Absatz 2 wird er ermächtigt, die Akkreditierung der schweizerischen Hochschulen zu regeln. Diese Delegationen tragen dem Umstand Rechnung, dass nach Annahme der Neuordnung der Verfassungsbestimmungen zur Bildung54 am 21. Mai 2006 die institutionellen Strukturen und Zuständigkeiten für den derzeitigen Fachhochschulbereich und den universitären Bereich mit dem künftigen Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich angepasst werden, derzeit aber noch nicht abschliessend feststehen.

Gemäss Artikel 12 Absatz 3 kann der Bundesrat das IGE ermächtigen, die elektronische Kommunikation im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege zu regeln. Es liegt im Interesse flexibler Lösungen bzw. rascher Anpassung an die technische Entwicklung, die Regelung der elektronischen Kommunikation nicht auf Gesetzesstufe anzusiedeln.

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