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Vierimdzwanzigster Bericht dea

Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen (Vom 14. August 1948)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die Massnahmen Bericht zu erstatten, die wir vom I.April bis 31. Juli 1948 auf Grund des Bundesbeschlusses vom 6. Dezember 1945 über den Abbau der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates erlassen haben.

C. Justiz- und Polizeidepartement 1. Bundesratsbeschluss vom 25. Jmni 1948 über die Ergänzung 596A des Bundesratsbeschlusses b e t r e f f e n d Massnahmen gegen die Wohnungsnot (A. S. 1948, 787).

Der vorliegende Beschluss will den kantonalen Behörden die Möglichkeit , geben, den Spekulationen ein Ende zu setzen, zu welchen die Untermiete von möblierten Wohnungen Anlass gegeben hat. Gegenwärtig trifft er nur auf Genf zu, wo solche Machenschaften zufolge der Eigenschaft der Stadt als internationales Zentrum blühen und bei der herrschenden Wohnungsnot zu schweren Mißständen geführt haben. Während die Stadt Genf vor dem Kriege etwa 6000 leere Wohnungen zählte, fehlen ihr gegenwärtig deren 2500. Auf Ende November 1946 wurden von 60 Personen 295 möblierte Wohnungen in Untermiete gegeben (ein und dieselbe Person hat bis 40 Wohnungen untervermietet). Vorn 1. Januar 1946 bis zum 28. November 1947 wurden neue Bewilligungen zur Ausübung dieses Gewerbes für 248 Wohnungen nachgesucht.

Es gibt Fälle, wo ganze Liegenschaften renoviert und von der gleichen Person gemietet werden, die die Wohnungen möbliert und sie mit beträchtlichem Ge-

1156 winn zumeist an fremde Diplomaten und internationale Beamte weitervermietet.

Auch einheimische Leute, insbesondere solche in bescheidenen Verhältnissen, finden in Genf keine Unterkunft, weil sie die sehr hohen Mietzinse für eine möblierte Wohnung nicht bezahlen können und dazu noch die Kosten für die Einlagerung des eigenen Mobiliars zu bestreiten haben. Ein anderes, in Genf verbreitetes Gewerbe besteht darin, dass mehrere Wohnungen gemietet werden, sei es um einzelne Zimmer weiterzu-vermieten oder sie in sogenannte Studios (ein Zimmer mit Bad, ohne Küche) umzuwandeln. In Zeiten der Wohnungsnot zeitigt auch diese Erscheinung schwere Nachteile.

Die Genfer Behörden waren vorerst bemüht, dieser Sachlage durch eigene Massnahmen zu begegnen. Da die Unternehmen zur Untermiete möblierter Wohnungen nach dem kantonalen Gesetz vom 12. März 1892 über die Wirtschaften, Verkauf von Getränken und ähnliche Geschäfte einer Bewilligung unterliegen, haben sie alle als missbräuchlich erachteten Begehren abgelehnt, indem sie sich auf Artikel 2, ht. c, der Verfügung I des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 2. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung stützten. In zwei Eekursfällen mussten wir jedoch feststellen, dass die Entscheide nicht so begründet werden durften.-Artikel 2, lit.c, der eben erwähnten Verfügung verbietet, Waren ihrem bestimmungsgemässen Gebrauch zu entziehen oder hiezu Vorschub zu leisten und insbesondere volkswirtschaftlich ungerechtfertigte Schiebungen (Zurückhalten von Waren, Hamstern) vorzunehmen; Wohnungen können aber nicht den Waren gleichgestellt werden.

Um nun dem Kanton Genf die Möglichkeit zu geben, gegen den Missbrauch der Untermiete möblierter Wohnungen vorzugehen, haben wir den Beschluss vom. 25. Juni 1948 erlassen. Durch ihn wird in den Bundesratsbeschluss vom 15. Oktober 1941/8. Februar 1946/10. Oktober 1947 betreffend Massnahmen gegen die Wohnungsnot eine Ziffer IB>ls über Beschränkung des Mietrechts und gewerbsmässige Untermiete aufgenommen. Die neue Ziffer IIblB besteht aus einem einzigen Artikel 12 notwendig, weil in Genf Mietverträge des öftern durch Vermittlung von Liegenschaftsverwaltern abgeschlossen werden. Der zweite Absatz befasst sich mit dem Untervermieten einzelner Bäume. Er ist die fast wörtliche Wiedergabe des Artikels 8 des Bundesratsbeschlusses vom 9. April 1920 betreffend Bekämpfung der Miet- und Wohnungsnot. Dieser aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg stammende Bundesratsbeschluss stützte sich auf den Bundesbesohluss vom 3. April 1919 betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates. Es wird einzig die gewerbsmässige Untermiete von gemieteten Eäumen erfasst und nicht die gelegentliche, nicht gewerbsmässige Weitervermietung entbehrlicher Zimmer einer vom Mieter selber benützten Wohnung (BB1.1920 III 213).

1157 Die neue Ziffer IIblB hat nur Wirkung im Bahmen des Bundesratsbeßchlusses vom 15. Oktober 1941/8. Februar 1946/10. Oktober 1947, dem sie einverleibt ist. Demnach haben diejenigen Kantone, die sie anzuwenden gedenken, die nötigen Ausführungsbestimmungen zu erlassen und diese zur vorherigen Genehmigung dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zu unterbreiten, . Der Beschluss vom 25. Juni 1948 steht im Einklang mit dem Bundesratsbeschluss vom 6. Dezember 1945 betreffend den Abbau der Vollmachten. Er bezweckt, die wirtschaftlichen Interessen des Landes zu wahren; seine Geltungsdauer ist beschränkt bis zum 81. Dezember 1949. Es darf erwartet werden, dass er auf diesen Zeitpunkt entbehrlich sein wird oder dass bis dahin die kantonalen Behörden selber die notwendigen Massnahmen auf Grund der ordentlichen Gesetzgebung treffen können.

Noch sei erwähnt, dass der Entwurf des vorliegenden Beschlusses den Vollmachtenkommissionen der Bäte unterbreitet und von ihnen grundsätzlich gutgeheissen worden ist.

2. Bundesratsbeschluss b e t r e f f e n d A b ä n d e r u n g des Bundes- 597A ratsbeschlusses vom 20. Dezember 1946 über die Bewilligungsp f l i c h t für E r ö f f n u n g und Erweiterung von G a s t h ö f e n , Vom 29. Juni 1948 (A. S. 1948, 790).

Nach dem Beschluss vom 20. Dezember 1946 bestand die Bewilligungspflicht noch in der ganzen Schweiz. Allerdings musato ein Bedürfnis nur in den Fremdenverkehrsgebieten glaubhaft gemacht werden, die besonders bezeichnet wurden. In der übrigen Schweiz war lediglich ein genügender Finanzausweis zu erbringen. Für die Gegenden, die nicht Fremdenverkehrsgebiete sind, wurde nun auch auf den Finanzausweis verzichtet und damit die Bewilligungspflicht überhaupt fallengelassen. In diesem Sinne wurde das Vollmachtenrecht weiter abgebaut. Angesichts der grossen finanziellen Leistungen des Bundes für die Förderung des Fremdenverkehrs und speziell für die Hôtellerie hätte es sich nicht gerechtfertigt, die Errichtung neuer und die Erweiterung bestehender Gasthöfe in den besonders krisenempfindlichen Kur- und Fremdenorten gänzlich der privaten Spekulation freizugeben. Die Bewilligungspflicht .

bildete von jeher das Korrelat zu den staatlichen Hilfsaktionen. Es wurde daher auch ausdrücklich bestimmt, dass in den Gebieten, wo nun keine Bewilligungspfhcht mehr besteht,
die Schweizerische Hotel-Treuhand-Gesellschaft künftig weder Darlehen zur Abfindung ungedeckter Pfandkapitalforderungen gemäss Artikel 86 ff. des Bundesgesetzes vorn 28. September 1944 über rechtliche Schutzmassnahmon für die Hotel- und Stickereiindustrie noch Beiträge an die Stillegung von Hotels mehr gewähren wird. Dagegen sind Meliorationsdarlehen nach wie vor zulässig; sie müssen allen andern Hypotheken vorgängig sichergestellt und zu 2% fest verzinst werden, zudem werden sie höchstens bis zu 20% der gesamten hypothekarischen Belastung gewährt.

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Gestützt auf unsere Ausführungen beantragen wir Ihnen, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 14. August 1948.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Für den B u n d e s p r ä s i d e n t e n : Ed. v. Steiger Der Vizekanzler: Ch. Oser

J159 Beilage l

59ÜF Bundesratsbeschluss über

die Ergänzung des Bundesratsbeschlusses betreffend Massnahmen gegen die Wohnungsnot (Vom 25. Juni 1948) '

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 6. Dezember 1945 über den Abbau der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, beschliesst: Art. l

Der Bundesratsbeschluss vom 15, Oktober 1941/8. Februar 1946/10. Oktober 1947 betreffend Massnahmen gegen die Wohnungsnot wird durch folgende Bestimmungen ergänzt: IIbis. Beschränkung des Mietrechts und gewerbsmässige Untervermietung.

Artikel 12quater Die Zahl der Wohnungen, welche ein und dieselbe Person unmittelbar oder mittelbar mieten darf, kann beschränkt werden.

Ebenfalls kann das gewerbsmässige Untervermieten gemieteter Bäume unter behördliche Aufsicht gestellt und Beschränkungen unterworfen werden.

Art. 2 Dieser Beschluss tritt am 1. Juli 1948 in Kraft und gilt bis 31. Dezember 1949.

797S

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Beilage 2 Bundesratsbeschluss

59 7A

betreffend

Abänderung des Bundesratsbeschlusses vom 20. Dezember 1946 über die Bewilligungspflicht für Eröffnung und Erweiterung von Gasthöfen (Vom 29. Juni 1948)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 5 des Bundesbeschlusses vom 6. Dezember 1945 über den Abbau der außerordentlichen Vollmachten des Bundesrates, beschliesst

Art. l Die Artikel l, Absatz l, Artikel 8 und Artikel 4 des Bundesratsbeschlusses vom 20. Dezember 1946 über die Bewilligungspflicht für Eröffnung und Erweiterung von Gasthöfen *) werden aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt: Art. l, Abs. 1:1 Die Erstellung und Eröffnung neuer und die Erweiterung bestehender Gasthöfe ist in. den Gebieten, die vorwiegend auf den Fremden-.

verkehr angewiesen sind, nur mit Bewilligung der zuständigen Behörde zuArt. 3. Als Fremdenverkehrsgebiete im Sinne von Artikel l, Absatz l, gelten .

a. im Kanton Bern die Amtsbezirke Oberhasli, Interlaken, Frutigen, Obersimmental, Niedersimmental, Saanen und Thun; b. im Kanton Luzern die Gemeinden Horw, Meggen, Greppen, Weggis und Vitznau; c. der Kanton Uri; ä. im Kanton Schwyz die Gemeinden Küssnacht, Arth, Gersau, Ingenbohl, Morschach und Einsiedeln; e. der Kanton Obwalden; /. der Kanton Nidwalden; g. im Kanton Glarus die Gemeinde Braunwald; *) A. S. 62, 1089.

1161 h. im Kanton St. Gallen die Gemeinden Wildhaus, Nesslau, Stein, Alt St. Johann, Amden, Flums, Pfäfers und Ragaz; i. im Kanton Graubünden die Gemeinden Vaz/Obervaz mit Bezug auf Lenzerheide/Lai, Alvaneu, Bergün/Bravuogn ohne Latsch und Stugl/ Stuls, Wiesen, Bivio, Savognin, Poschiavo m i t Bezug a u f L e Cresta, Splügen, Andeer, Flims, Tarasp, Samnaun, Scuol/Schuls,

Davos, Klosters, S t . Antönien-Ascharina, S t . Antönien-Castels, S t . A n - t ö n engadin, Mesocco mit Bezug auf San Bernardino, Müstair, Sta. Maria i . M., Churwalden, Parpan, Tschiertschen, Arosa, Breil/Brigels, fe. im Kanton Aargau die Gemeinden Baden, Ennetbaden, Möhlin, Mumpf, Rheinfelden und Seengen; l. im Kanton Tessin die Bezirke Locamo, Lugano und Mendrisio; m. im Kanton Waadt die Bezirke Aigle, Pays d'Enhaut, Vevey, Lavaux, Lausanne mit Ausnahme der Gemeinde Lausanne, Morges, Eolle und Nyon; n. der Kanton Wallis, Art. 4. l Die Bewilligung wird erteilt, wenn der Gesuchsteller ein Bedürfnis für die Eröffnung oder Erweiterung des Gaathofes glaubhaft macht und überdies einen genügenden Finanzausweis leistet.

2 Der Finanzausweis muss über die Beschaffung der für das geplante Unternehmen erforderlichen Mittel und über das -Verhältnis des eigenen zum fremden Kapital Aufschluss geben; ferner muss er Angaben über die Ertragsaussichten enthalten.

Art. 2 Der Bundesratsbeschluss vom 20. Dezember 1946 wird durch folgende Bestimmung ergänzt: Art. Iff0^. Ausserhalb der in Artikel 3 umschriebenen Fremdenverkehrsgebiete sind künftig durch die Schweizerische Hotel-Treuhand-Gesellschaft weder Darlehen zur Abfindung ungedeckter Pfandkapitalforderungen gemäss Artikel 86 bis 51 des Bundesgesetzes vom 28. September 1944 über rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotel- und die Stickereiindustrie *) noch Beiträge an die Stillegung von Hotels zu gewähren.

Art. 3 Dieser Beschluss tritt am 1. Juli 1948 in Kraft.

*) A. S. 60, 843.

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