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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Kredit für die Förderung der Wohnbautätigkeit auf Grund des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1947 (Vom 8. September 1948)

Herr Präsident !

:

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf für einen Bundesbeschluss über die Eröffnung eines Kredites zur Förderung der Wohnbautätigkeit auf Grund des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1947 zu unterbreiten., ' · . ;

Auf die Botschaft des Bundesrates vom 29. April 1947 hin wurde den Kantonen durch Bundesbeschluss vom 8. Oktober 1947 zugesichert, dass der Bund ihre Massnahmen zur Bekämpfung der Wohnungsnot durch Förderung der Wohnbautätigkeit -- vorläufig bis Ende 1949 -- unterstützen werde. Die näheren Bedingungen für diese Bundeshilfe sind in einer Vollzugsverordnung des Bundesrates vom 10. Januar 1948 festgelegt worden.

In der erwähnten Botschaft vom 29. April 1947 war die pro Jahr mutmasslich erforderliche Bundeshilfe mit 33 Millionen Franken angegeben worden.

Da die Förderung der Wohnbautätigkeit durch den Bund lediglich als Unterstützung kantonseigener Massnahmen in Betracht kommt, hängt ihr Ausmass in erster Linie davon ab, in welchem Umfange sich die Kantone in Anbetracht der fortbestehenden Wohnungsnot genötigt sehen, die Wohnbautätigkeit durch finanzielle Beihilfe zu fördern. Wieweit dies bis Ende 1949 tatsächlich der Fall sein wird, lässt sich auch heute noch nicht voraussagen. Die Begehren der Kantone liegen heute lediglich für das Jahr 1948 vor (48 Millionen. Siehe Abschnitt III). !

. . '.

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II Hinsichtlich der Entwicklung des Wohnungsmarktes seit 1939 sowie der Gründe für das Entstehen der Wohnungsnot und die bis Ende 1946 zu ihrer Bekämpfung durch den Bund getroffenen Massnahmen im einzelnen gestatten wir uns, auf die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 29. April 1947 zu verweisen.

Seit Beginn der Wohnbausubventionierung durch den Bund im Jahre 1942 bis Ende 1947 sind an rund 59 000 Wohnungen insgesamt rund 179 Millionen Franken an Bundesbeiträgen gewährt worden. Davon entfallen allein auf das Jahr 1947 Subventionszusicherungen im Betrage von rund 71 Millionen Franken , für rund 20 000 Wohnungen.

Dass im vergangenen Jahr eine so grosse Anzahl Subventionszusicherungen abgegeben wurde, ist darauf zurückzuführen, dass vor allem in der zweiten Hälfte 1947 die Zahl der eingehenden Subventionsanträge ganz beträchtlich anstieg, weil im Hinblick auf die anfangs 1948 in Kraft tretende Neuordnung der Wohnbauförderung durch den Bund und die darin vorgesehene Senkung der Subventionssätze die Gesuchsteller mit der Ausführung ihrer Bauvorhaben möglichst noch 1947 beginnen wollten. Entgegen den ursprünglichen Erwartungen hat sich gezeigt, dass das Baugewerbe in der Lage war, diese grosse Anzahl Bauvorhaben zu beginnen, und es darf auch erwartet werden, dass es sie innert nützlicher Frist fertigzustellen vermag.

Trotz der seit 1942 getroffenen Massnahmen und obwohl allein im Jahre 1947 rund 20000 neue Wohnungen*), davon rund 14900 mit öffentlicher Hilfe, bezugsbereit geworden sind, lässt sich nicht bestreiten, dass die Wohnungsnot insbesondere in den städtischen und industriellen Zentren unvermindert anhält oder sich zum Teil sogar noch verschärft hat.

Neben dem durch den Ausfall in der Wohnungsproduktion während der Kriegsjahre entstandenen, immer noch nicht gedeckten Nachholbedarf und dem zusätzlichen Mangel an Wohnungen infolge der Überalterung der Bevölkerung, der Aufnahme von Flüchtlingen und der Bückwanderung von Auslandschweizern sowie der Zunahme der Heiraten während des Krieges ist die gespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt teilweise wohl auch darauf zurückzuführen, dass viele Familien, die früher aus finanziellen Bücksichten gezwungenermassen einen gemeinsamen Haushalt führten, infolge der herrschenden Hochkonjunktur und der damit verbundenen guten Verdienstmöglichkeiten
nunmehr in der Lage sind und den verständlichen Wunsch haben, einen eigenen Haushalt zu führen. Als allgemeine Erscheinung ist auch nicht zu übersehen, dass sich mit der erfreulichen Vollbeschäftigung und der sie begleitenden Erhöhung des allgemeinen Lebensstandards auch die Ansprüche an den Wohnraumbedarf vergrössert haben. Schliesslich wird -- ebenfalls als *) Nach den Erhebungen des eidgenössischen Bureau für Wohnungsbau und denjenigen der Sektion für Sozialstatistik des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit.

123 eine Begleiterscheinung der Hochkonjunktur ·-- immer noch eine beträchtliche Anzahl von Wohnungen durch ihre Verwendung als Bureaux, Ateliers usw.

ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entzogen.

III

,Der Umfang der für die Subventionierung des Wohnungsbaues erforderlichen Kredite wird nach dem Sinn des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1947 in erster Linie nach dem Ausmass bestimmt werden müssen, in dem sich die Kantone zur Durchführung von Massnahmen zur Wohnbauförderung gezwungen sehen. Auf Grund einer bei den Kantonen vorgenommenen Umfrage wäre allein bis Ende 1948 mit dem Eingang von Subventionsanträgen für ca. 18000 Wohnungen und einer Bundeshilfe von rund 48 Millionen Franken zu rechnen.

Diese Zahlen dürften allerdings zu hoch sein, und wir möchten uns darauf beschränken, Ihnen für die vorläufige Weiterführung der Wohnbauaktion auf .Grund des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1947 die Eröffnung eines Zusicherungskredites von 83 Millionen Pranken zu beantragen.

In den ersten Monaten des Jahres ist nur eine geringe Anzahl Subventionsanträge eingegangen. Das rührt, wie bereits ausgeführt, davon her, dass gegen Biade letzten Jahres, im Hinblick auf die kommende Neuregelung, noch eine möglichst grosse Anzahl Wohnbauten begonnen worden ist. Anderseits ist aber der Grund darin zu suchen, dass verschiedene Kantone ihre eigenen Rechtsgrundlagen den neuen Vorschriften des Bundes noch nicht angepasst haben oder dass, sie noch nicht über die notwendigen Kredite verfügen, sei es, dass sie die entsprechenden Vorlagen noch zur Abstimmung bringen müssen oder dass diese Vorlagen in einer ersten Abstimmung bereits verworfen oder zur Neubearbeitung zurückgewiesen worden sind. Es kann deshalb aus dem bisherigen '· bescheidenen Eingang an Subventionsanträgen allein nicht auf die weitere Entwicklung geschlossen werden. Man wird vielmehr in der nächsten Zeit wieder mit einem erheblichen Ansteigen der Gesuchseingänge rechnen müssen.

Die Kantone Uri, Obwalden, Nidwaiden, Appenzell I.-Eh. und Wallis haben beschlossen, im Jahre 1948 die Wohnbauaktion auf Zusehen hin einzustellen.' Dieser Umstand sowie die in Kantonen und Gemeinden bei den Abstimmungen über die Kreditvorlagen zum Ausdruck gekommene Zurückhaltung der Stimmbürger, die, wenn die Vorlagen nicht verworfen wurden, sie doch nur mit geringem Mehr angenommen haben, zeigen, dass eine Drosselung der Wohnbauaktion von den Kantonen und Gemeinden selber zu erwarten ist.

Dabei ist auch zu bedenken, dass schliesslich Kantone und Gemeinden nach den heute geltenden
Vorschriften immer das Doppelte der beantragten Bundeshilfe aufbringen müssen, wodurch einer nicht auf wirklicher Notwendigkeit beruhenden Beanspruchung der Bund,esmittel ebenfalls weitgehend vorgebeugt wird,

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IV Für den Fall, dass sich die Förderung der Wohnbautätigkeit durch den Bund auch noch nach 1949 ab notwendig erweisen sollte, was heute noch nicht beurteilt werden kann, wird geprüft, wie dann eine weitere, gegenüber der gegenwärtigen Eegelung wesentliche finanzielle Entlastung für den Bund herbeigeführt werden könnte. Darüber, ob und wie dieses Ziel am,ehesten erreichbar ist oder ob auf eine Weiterführung der Wohnbauaktion im Jahre 1950 durch den Bund überhaupt verzichtet werden kann, werden wir Ihnen im Laufe des nächsten Jahres Antrag stellen.

' Es entspricht dem föderativen Aufbau unseres Staatswesens und damit der natürlichen Verteilung der Aufgaben zwischen Gemeinden, Kantonen und Bund, dass sich dieser nur bei ausserordentlichen Verhältnissen an der Förderung der Wohnbautätigkeit beteiligt und sich wieder davon zurückzieht, sobald und soweit es eine beginnende Normalisierung der Wohnungsmarktlage gestattet.

Er ist dazu auch mit Eücksicht auf seine finanzielle Lage verpflichtet, die nach .wie vor wesentlich schwieriger ist als die der Kantone und Gemeinden, vor allem gerade derjenigen, in denen eine Entspannung des Wohnungsmarktes in Anbetracht ihrer industriellen und kommerziellen Entwicklung vielleicht zuletzt eintreten wird.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen die Annahme des beiliegenden Bundesbeschlusses und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 3. September 1948.

Im Kamen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Celio Der Bundeskanzler: LeimgruLer

125 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Kredit für die Förderung der Wohnbautätigkeit auf Grund des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1947

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 3. September 1948, beschliesst: Art. l

Zur vorläufigen Weiterführung der Wohnbauaktion auf Grund des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1947 über Massnahmen zur Förderung der Wohnbautätigkeit wird dem Bundesrat ein Kredit von 83 Millionen Franken eröffnet.

. '' ' ; Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlicher Natur und tritt sofort in Kraft. Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

8009

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Kredit für die Förderung der Wohnbautätigkeit auf Grund des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1947 (Vom 3.

September 1948)

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1948

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5506

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09.09.1948

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