# S T #

A i

2 8

7 7

8

Bundesblatt 100. Jahrgang.

Bern, den 15. Juli 1948.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis SS franken im Jahr 15 Franken im Salbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Oie. in Bern.

# S T #

5476

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abänderung der Militärorganisation (Heeresklassen, Ausbildung, aktiver Dienst) (Vom 2. Juli 1948) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der vorgelegte Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Abänderung der Militärorganisation umfasst die Bestimmungen über drei Gebiete, deren Neuregelung nicht länger aufgeschoben werden darf. Es sind das die Ordnung der Heeresklassen, die Anpassung der Ausbildung an die neuen Heeresklassen mit Einschluss einiger Bestimmungen über die Rekruten- und Kaderausbildung, sowie die gesetzlichen Grundlagen für den aktiven Dienst. Gleichzeitig beantragen wir Ihnen die Abänderung der Artikel 53, 63, 68 und 147, die mit keinem der erwähnten Kapitel in direktem Zusammenhang stehen und dennoch möglichst rasch den bestehenden Verhältnissen angepasst werden sollen, die Überführung des Vollmachtenbeschlusses vom 1. Juni 1942 über die Ausweise der Stellungspflichtigen Motorfahrzeuge und ihrer Fahrer in die ordentliche Gesetzgebung, sowie die Aufhebung von. einzelnen überholten Bestimmungen.

I. Heeresklassen 1. Mit Beschluss vom 10. Juni 1943 hat der Nationalrat folgender Motion Dietschi als Postulat zugestimmt : «Durch Bundesgesetz vom 22. Dezember 1938 ist die Ausdehnung der Wehrpflicht bis zum sechzigsten Altersjahr beschlossen worden, und in Verbindung damit erfolgte eine Neuregelung der Hilfsdienste, Es hat sich nun im Laufe des Aktiv dienstes gezeigt, dass Wehrmänner nach Absolvierung ihrer Dienste im Auszug und bei den Territorialtruppen mit dem ach tundvierzigsten Altersjahr in den bewaffneten Hilfsdienst kommen, wo sie mit militärisch nicht ausgebildeten Hilfsdienstpflichtigen "in gleichen Einheiten eingeteilt werden, mit gleichen militärischen Pflichten, aber ungleichen Voraussetzungen. Dieses Verfahren führt zu Unzukömmlichkeiten, Bundesblatt. 100. Jahrg. Bd. II.

60

87.8 denen begegnet werden muss. Eine unterschiedliche Behandlung in der Einteilung, Benennung und dienstlichen Verwendung der ausgebildeten Wehrpflichtigen und der eigentlichen Hilfsdienstpflichtigen erweist sich als notwendig. Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen, ob nicht eine entsprechende Änderung in der Organisation der Hilfsdienste vorzunehmen sei.» Der Gedanke, der diesem Postulat zugrunde liegt, kann nur durch eine Neuordnung der Heeresklassen verwirklicht werden. Wir sind der Auffassung, dass die bisherige Regelung vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet unbefriedigend ist. Sie zwingt uns, fertig ausgebildete Wehrpflichtige, die ihre sämtlichen Dienste bis zum achtundvierzigsten Altersjahr in Auszug, Landwehr und Landsturm (bisheriger Ordnung) geleistet haben, für die restlichen Jahre ihrer Wehrpflicht den Hilfsdiensten zuzuweisen. Die Wehrmänner empfinden den Übertritt in die Hilfsdienste mit Recht als Herabsetzung.

Eine sachlich befriedigende Lösung ist nur möglich, wenn im Rahmen der geltenden Bestimmungen über die Dauer der Wehrpflicht die Abgrenzung der Heeresklassen geändert wird. Nach Artikel l der Militärorganisation (Fassung vom 22. Dezember 1988) beginnt die Wehrpflicht mit dem zwanzigsten und endet mit dem sechzigsten Altersjahr. Die einzige Möglichkeit, den Wehrpflichtigen der Altersklasse 49--60 die Eigenschaft eines vollwertigen Wehrmannes zu verleihen, besteht darin, den Landsturm künftig aus dieser Kategorie zu bilden. Diese Lösung bedingt eine neue Abgrenzung des Auszuges und der Landwehr.

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass diese im Interesse der Wehrpflichtigen zu treffende Neuregelung den Angehörigen der Altersklasse 49--60 keine neuen Pflichten auferlegen darf. Die Wehrpflicht dauert nach geltendem Recht bis zum vollendeten sechzigsten Altersjahr. An diesem Grundsatz muss festgehalten werden. In der Botschaft vom 22. November 1938 hat der Bundesrat zur Begründung der Ausdehnung der Wehrpflicht bis zum sechzigsten Altersjahr ausgeführt: «Der neuzeitliche Krieg und namentlich die einzige Art von Krieg, die für unser Land in Betracht fällt: der Krieg um Bestand oder Untergang der schweizerischen Eidgenossenschaft, erfordert die Anspannung und Zusammenfassung aller geistigen und körperlichen Kräfte, abgesehen von den materiellen, für die Landesverteidigung. Alle
personellen Kräfte, die nicht schon in der Feldarmee verwendet werden, müssen im Kriege der Landesverteidigung nutzbar gemacht werden. Um aber im Kriege sofort verwendet werden zu können, müssen diese Kräfte schon im Frieden organisiert sein.» Der zweite Weltkrieg hat die Richtigkeit dieser Auffassung erwiesen. Es besteht kein Grund, für die Zukunft von dem im Jahre 1988 anerkannten Prinzip abzuweichen.

Die Angehörigen des neuen Landsturms sollen keine persönlichen Dienstleistungen erbringen müssen, zu denen sie nicht schon nach der bisherigen gesetzlichen Ordnung verpflichtet waren. Ebenso sollen die Hilfsdienstpflichtigen, die ihr achtjondvierzigstes Altersjahr vollendet haben, keinen einzigen Tag

879 länger Dienst leisten, als es nach dem geltenden Hecht der Fall war. Wir schlagen Ihnen im Gegenteil eine Neuordnung der Inspektionspflicht vor, die den Angehörigen der Altersklasse 49--60 eine Erleichterung gegenüber dem bisherigen Zustand bringt.

Um jedes Missverständnis auszuschliessen, wird in der neuen Fassung des Gesetzes folgerichtig vom Begriff der Wehrpflicht ausgegangen und der Begriff der Dienstpflicht fallen gelassen. Es soll künftig nur noch der bisher schon im Gesetze verankerte Grundsatz gelten, dass alle Schweizer vom zwanzigsten bis zum sechzigsten Altersjahr wehrpflichtig sind. Die persönlichen Dienstleistungen werden im Gesetze im einzelnen umschrieben. Infolgedessen benötigen wir den Begriff der Dienstpflicht neben demjenigen der Wehrpflicht nicht mehr.

Die Vereinfachung der gesetzlichen Ordnung durch die konsequente Verwendung des Begriffes der Wehrpflicht bedeutet eine Anpassung des Gesetzes an die Bundesverfassung. Walther Burckhardt hat in seinem Kommentar zu Artikel 18 der Bundesverfassung mit Recht darauf hingewiesen, dass die bisherige gesetzliche Regelung, welche vom Begriffe der Wehrpflicht als Oberbegriff ausgeht und zwischen Militärdienspflicht Hilfsdienstpflicht und Militär steuerpflicht unterscheidet, dem Sinn und Geist der Bundesverfassung nicht gerecht wird. Er sagt: «Wenn die Militärorganisation, Artikel l, erklärt, die Wehrpflicht umfasse die Pf licht zum persönlichen Militärdienst und die Pflicht zur Bezahlung eines Ersatzes, so stellt sie das Verhältnis schief dar...» (8, Aufl., S. 188). Diese Peststellung ist richtig. Die grundlegende Pflicht ist die Wehrpflicht und diese soll, wenn immer möglich, durch persönliche Dienstleistung erfüllt werden. Nur wer dienstuntauglich ist oder seine Wehrpflicht aus einem anderen Grunde nicht erfüllt, soll als Ersatzleistung die Militärsteuer bezahlen.

Persönliche Dienstleistung und Bezahlung der Militärsteuer sind nicht, wie aas dem bisherigen Wortlaut des Gesetzes geschlossen werden könnte, gleichwertige Pflichten, sondern die Steuerpflicht ist nur subsidiärer Natur. Wir haben diesen Mangel der geltenden Ordnung in der von uns vorgeschlagenen Neufassung beseitigt. Durch die Beschränkung auf den Begriff der Wehrpflicht gewinnt das Gesetz in allen Teilen an Klarheit. Der begriffliche Gegensatz zwischen Wehrpflicht
und Dienstpflicht ist übrigens in weiten Kreisen des Volkes, namentlich im französischen und italienischen Sprachgebiet, nicht verstanden worden. Das ist ein weiterer Grund, künftig im Gesetz nur noch einen einzigen, klaren Begriff zu verwenden. Endlich ist festzustellen, dass im geltenden Gesetz die Unterscheidung zwischen Militärdienstpflicht und HilfsdienstPflicht nicht folgerichtig durchgeführt wurde. So widersprechen sich Artikel20bis, Absatz l, und Artikel 123, Absatz 2. Diese bisher bestehenden Widersprüche und Unklarheiten werden durch die von uns vorgeschlageneausschliesslichee Verwendung des Begriffes der Wehrpflicht behoben.

2. Eine grundsätzliche Neuordnung der Heeresklassen ist nicht nur aus den im Postulat Dietsch erwähnten Gründen notwendig. Sie ist vielmehr auch vom militär-technischen Standpunkt aus unvermeidlich.

880

Die gesetzliche Ordnung stimmt seit dem Aktivdienst nicht mehr mit den tatsächlichen Gegebenheiten überein. Ursprünglich entsprachen die im Gesetze umschriebenen Heeresklassen bestimmten. Funktionen. Der Auszug umfasste früher die Kampf verbände der Feldarmee; die Landwehr bestand aus den Truppen, die Aufgaben zu erfüllen Hatten, welche geringere Beweglichkeit und Kampfkraft erforderten; dem Landsturm waren im wesentlichen Hilf s- und Sicherungsaufgaben zugedacht. Diesen Funktionen im Eahmen der Landesverteidigung entsprach auch die Begelung der Dienstleistungen in den verschiedenen Heeresklassen.

Eine derartige Abstufung ergab seinerzeit eine einfache Organisation.

Nach und nach aber musste das Prinzip der Dreiteilung auf Grund der Funktion preisgegeben werden. Heute herrscht in dieser Hinsicht ein völliger Wirrwarr. Die Begriffe Feldarmee und Auszug sind nicht mehr identisch. Um die Bestände aufzufüllen, mussten den Truppenkörpern und Einheiten der Feldarmee in steigendem Masse auch Angehörige der älteren Jahrgänge zugewiesen werden.

Daraus ergaben sich Schwierigkeiten für die Ausbildung; denn die Wehrpflichtigen der höheren Altersklassen waren im Gegensatz zu den Angehörigen des Auszuges und der Landwehr I nicht mehr wiederholungskurspflichtig. Die Folge ist, dass der Ausbildungsstand der aus Mannschaft mehrerer Heeresklassen gemischten Verbände in Friedensxeiten unter den Durchschnitt sinken muss und dass zudem deren Bestände in den Wiederholungskursen gänzlich ungenügend sind, Es ist höchste Zeit, dass wir zu einer der Verwendungsmöglichkeit der einzelnen Altersklassen angepassten Regelung zurückkehren. Die verschiedenen Heeresklassen müssen wieder bestimmten Funktionen im Eahmen der Landesverteidigung entsprechen.

Der in den nächsten Jahren zu erwartende Rückgang der Mannschaftsbestände zwingt uns, wesentliche Änderungen an der bestehenden Heeresorganisation vorzunehmen. Wenn wir nicht Heereseinheiten auflösen und damit die Erfüllung der unserer Armee gestellten operativen Aufgaben in Frage stellen wollen, müssen wir die Gliederung der Verbände nach neuen Gesichtspunkten vornehmen.

Dazu kommt, dass die rasch fortschreitende Entwicklung der Kriegstechnik Neuerungen im Aufbau unseres Heeres erfordern wird. Der Nationalrat hat am 5. Juni 1947 ein Postulat seiner Militärkommission angenommen,
das eine Réorganisation der Armee im Sinne einer Anpassung an die Anforderungen des modernen Krieges verlangt. Um dieser Forderung entsprechen zu können, bedürfen wir einer Neuordnung der Heeresklassen, die uns gestattet, die Verbände anders zusammenzusetzen. Es kann zurzeit noch nicht gesagt werden, wie die neue Organisation, im einzelnen beschaffen sein wird. Die zuständigen Dienststellen befassen sich gegenwärtig mit vorbereitenden Studien. Auf jeden Fall aber muss die neue Eegelung der Heeresklassen möglichst einfach und elastisch sein, damit in ihrem Eahmen eine zweckniässige, den Bedürfnissen moderner Kampfführung entsprechende Heeresorganisation geschaffen werden kann.

:

:

881

Für die Abgrenzung der Heeresklassen müssen folgende Gesichtspunkte maasgebend sein: Die k o m b a t t a n t e n Verbände der Feldarmee sollen grundsätzlich nur noch aus A u s z u g bestehen. Die Landwehr soll künftig das Gros der Grenz- und Reduittruppen sowie einen Teil der technischen Formationen, der Nach- und Bückschubdienste, sowie der Kampftruppen des Territorialdienstes stellen. Der L a n d s t u r m soll zu Bewachungsaufgaben und Hilfsfunktionen aller Art verwendet werden. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend, sondern nur als allgemeine Richtlinie gedacht. Einzelheiten werden erst anlässlich der Neugestaltung der Heeresorganisation bestimmt werden können.

Eine konsequente Anwendung dieser Grundgedanken wird uns erlauben, die künftige Organisation des Heeres wesentlich einfacher zu gestalten, als sie es heute ist. Wenn sich wohl auch gewisse Ausnahmen von dem oben dargelegten Prinzip nicht werden vermeiden lassen, so wird doch die Zahl der aus mehreren Heeresklassen gemischten Einheiten und Truppenkörper erheblich zurückgehen. Während die gemischten Verbände heute in einzelnen Waffengattungen die Regel bilden, sollen sie künftig eine Ausnahme sein.

Die Abgrenzung der einzelnen Heeresklassen ergibt sich zwangsläufig, sobald wir wieder die Funktion als Kriterium wählen: -- Im Auszug brauchen wir Wehrmänner, die physisch voll leistungsfähig sind und deren Ausbildung in den Wiederholungskurson auf der Höhe erhalten werden kann. Die frühere Abgrenzung bis zum 32. Altersjahr kann nicht beibehalten werden, weil sonst die Bestände der Feldarmee allzu niedrig würden. Die Aufrechterhaltung dieser Altersgrenze ist aber unter den heute gegebenen Verhältnissen auch aus folgenden Gründen nicht mehr gerechtfertigt: Der Sport und allgemein eine vernünftigere Lebensweise haben bewirkt, dass heute die 36jährigen Wehrmänner in der Regel so leistungsfähig sind, wie zu Beginn des Jahrhunderts die 32jährigen Soldaten.

Die Mischung junger und etwas reiferer, physisch noch vollwertiger Leute in den Einheiten ist von Vorteil.

Tatsächlich haben auch bisher schon Angehörige der Altersklasse 32--36 in eigentlichen Kampfverbänden der Feldarmee Dienst geleistet. Auch haben im Aktivdienst die Bataillone der Landwehr I grundsätzlich die gleichen Leistungen erbringen müssen wie die Auszygsinfanterie. Schwierigkeiten
haben sich aus dieser Tatsache nicht ergeben. Also dürfen wir die Angehörigen der bisherigen Landw.ehr I sehr wohl in den Auszug aufnehmen.

Mit der Ausdehnung des Auszugsalters bis zum 36. Altersjahr verliert die bei der Infanterie bestehende Unterscheidung von Einheiten des Auszuges und solchen der Landwehr I jeden Sinn. Sie hat sich auch nicht bewährt, weil Einheiten, die nur aus vier Jahrgängen bestehen, einem allzu raschen Wechsel von Mannschaften und Kader unterworfen sind. Der jährliche Wechsel von 25% des Bestandes hat sich schon im Aktivdienst mit

882 seinen langen und zahlreichen Ablösungsdiensten nachteilig bemerkbar gemacht. In Friedenszeiten aber, wo die Angehörigen der Landwehr I nur einen Wiederholungskurs zu bestehen haben, rücken die Einheiten zu jedem Wiederholungskurs mit völlig neuen Mannschaftsbeständen ein. Es ist unter diesen Verhältnissen nicht möglich, in den Landwehreinheiten im Frieden den nötigen inneren Zusammenhang zu schaffen, der im Kriege allein zum Erfolg führen kann.

Die Eingliederung der Landwehr I in den Auszug hat ferner den Vorteil, dass die künftigen Einheiten der Infanterie einerseits über junge Kader, deren Ausbildung noch frisch ist und die mit neuen Waffen, Geräten und Kampfmethoden vertraut sind, und anderseits auch über ältere Kader mit vieljähriger Diensterfahrung verfügen.

-- Für die Landwehr bleiben, sofern das Auszugsalter bis zum 86. Altersjahr ausgedehnt wird, die Angehörigen der Altersklasse 87--48 übrig. Diese können, wie das der Einsatz der Territorialbataillone iin aktiven Dienste bewiesen hat, im Bahmen einer stabilen Abwehrorganisation wertvolle Dienste leisten. Für den Kampfwert der neuen Landwehrformationen, die künftig vor allem im Grenzschutz und in den Eeduittruppen den wichtigsten Platz einnehmen werden, ist es von entscheidender Bedeutung, dass ihnen in vermehrtem Masse jüngere, gut qualifizierte Offiziere -- vorübergehend oder dauernd -- zugeteilt werden. Der vorliegende Entwurf trägt dieser Erkenntnis Bechnung.

-- Der Lands türm würde künftig aus den Angehörigen der Altersklasse 49--60 gebildet. Da die Wehrpflichtigen dieser Jahrgänge nach unserem Vorschlag nicht mehr Dienst leisten sollen als bisher, werden sie nur für die Erfüllung einfacher, leicht zu erlernender und den Leuten von ihrer früheren dienstlichen Tätigkeit oder ihrer zivilen Arbeit her vertrauter Aufgaben verwendet . werden können.

Die vorgeschlagene Neuordnung der Heeresklassen bildet die erste und wichtigste Voraussetzung für eine sachlich befriedigende Neugestaltung der Heeresorganisation. Solange die gesetzlichen Grundlagen nicht geändert sind, können die Beorganisationsarbeiten nicht durchgeführt werden. Die möglichst baldige Annahme unserer Vorlage ist daher für die weitere Entwicklung unseres Wehrwesens und seine Anpassung an die Anforderungen des modernen Krieges von entscheidender Bedeutung.

Die Annahme
unseres Vorschlages würde auch zu einer wesentlichen Vereinfachung auf administrativem Gebiete führen. Nach der bisherigen Ordnung wechselt der Wehrpflichtige seine Einteilung nicht weniger als dreimal.

Nach der neuen Begelung werden Umteilungen höchstens zweimal, in gewissen Fällen sogar nur einmal vorgenommen werden müssen. Diese Vereinfachung wird die Arbeit der kontrollführenden Behörden des Bundes und der Kantone erheblich erleichtern. Besonders nächteilig ist die bisherige Umteilung der

883

Infanteristen in die Landwehrbataillone, denen sie nur während vier Jahren angehören. Diese würde im Falle der Gutheissung unserer Vorlage dahinfallen, 8. Auf Grund dieser. Überlegungen schlagen wir Ihnen folgende Neuordnung vor: a. Umfang der Wehrpflicht Der Grundsatz, dass die Wehrpflicht mit dem zwanzigsten Altersjahr beginnt .und mit dem sechzigsten endet, wird unverändert beibehalten. Neu ist lediglich die Ausmerzung des Begriffes der Dienstpflicht, der -- wie bereits dargelegt wurde -- entbehrt werden kann. Die vorgeschlagene Fassung bringt nun klar zum Ausdruck, dass die Wehrpflicht grundsätzlich durch persönliche Dienstleistung im Auszug, in der Landwehr, im Landsturm oder im Hilfsdienst zu erfüllen ist. Wer sie aus irgend einem Grunde nicht erfüllt, hat als Ersatzleistung den Militärpflichtersatz zu bezahlen. Es wäre erwünscht gewesen, statt von «Militärpflichtersatz» von «Wehrpflichtersatz» zu sprechen. Allein der Begriff des Militärpflichtersatzes ist in der Bundesverfassung festgelegt. Die Beschränkung der Leistung des Militärpflichtersatzes bis zum vollendeten achtuudvierzigsten Altersjahr entspricht der geltenden Ordnung.

b. Inhalt der Wehrpflicht Bisher war im Abschnitt III des ersten Teiles von der Militärdienstpflicht die Kode, während der Abschnitt IV die Hilfsdienstpflicht umschrieb. Diese beiden Abschnitte müssen nun zusammengefasst werden. Sie beziehen sich beide auf den Inhalt der Wehrpflicht.

Die Artikel 8--20 müssen teilweise neu gefasst werden. In Artikel 20 scheint es uns notwendig, zu sagen, dass auch Schweizerinnen freiwillig im Hilfsdienst Dienst leisten können. Das war bisher schon so zu verstehen. Im Hinblick auf die Bedeutung des Frauenhilfsdienstes rechtfertigt sich aber die Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung.

Artikel 20bla kann gestrichen werden. Die Dienstleistungen der Angehörigen des Hilfsdienstes sollen künftig im dritten Teil des Gesetzes («Ausbildung des Heeres»), wohin sie logischerweise gehören, geregelt werden. Die besonderen Vorschriften über Sold, Militärversicherung und Militärpflichtersatz der Angehörigen des Hilfsdienstes sind nicht mehr notwendig, da diese Fragen nun in einheitlicher Form für alle Wehrpflichtigen geregelt werden sollen (Artikel 2 [neu] sowie 11 und 21 [alt]).

e. Heeresklassen In seiner neuen Fassung enthält Art. 85 die
künftige Abgrenzung der drei Heeresklassen.

Die bisher für die Kavallerie geltende Ausnahme (Artikel 85, Absatz 4) ist für die Zukunft nicht mehr notwendig. Künftig werden die Angehörigen der Kavallerie normalerweise während den ersten zehn Jahren im Auszug beritten Dienst leisten. Für die folgenden sechs Jahre werden sie den moto-

884 risierten Verbänden der leichten Truppen zugeteilt. Sie bleiben aber, wie alle anderen Wehrpflichtigen, während sechszehn Jahren im Auszug.

Artikel 35, Absatz 3, bedarf einer Erweiterung, Bisher konnten Wehrr Pflichtige, die sich aus sanitarischen Gründen nicht mehr zur Dienstleistung im Auszug oder in der Landwehr eigneten, nur in den Landsturm oder zu den Hilfsdiensten versetzt werden. Künftig soll auch die vorzeitige Versetzung von Angehörigen des Auszuges in die Landwehr möglich sein. Es ist denkbar, dass Leute, die aus sanitarischen Gründen nicht im Auszug behalten werden können, zum -Dienst in der Landwehr durchaus geeignet sind. Dieser Möglichkeit möchten wir dadurch Rechnung tragen, dass wir den bisher schon angewandten Grundsatz der vorzeitigen Versetzung aus sanitarischen Gründen allgemein, fassen. Um jedes Missverständnis auszuschliessen, ist zu betonen, dass die vorzeitige Versetzung in 'eine andere Heeresklasse nur auf Grund eines Entscheides einer sanitarischen Untersuchungskommission verfügt werden darf.

Artikel 36 soll in seiner neuen Form eine zweckmässigere, den tatsächlichen Verhältnissen besser entsprechende Verwendung der Offiziere ermöglichen.

Materiell enthält er gegenüber dem bisherigen Zustand keine wesentliche Änderung. Artikel 36, Absatz 2 (alte Fassung), erlaubt heute schon die Zuteilung jüngerer Offiziere an Truppen einer höheren Heereeklasse. Dieser Grundsatz ist beizubehalten, jedoch in eine etwas andere Form zu kleiden. Umgekehrt muss bestimmt werden, dass die Offiziere nach Bedarf länger in ihrer bisherigen Heeresklasse belassen werden können. Das ist deshalb notwendig, weil nach unserem Vorschlag die Zugehörigkeit der Offiziere zu den verschiedenen Heeresklassen gleich umschrieben wird wie für die Unteroffiziere und Soldaten. Diese Neuregelung wird eine gewisse Verjüngung des Kaders ermöglichen. Allein es sind eben doch Fälle denkbar, in denen Offiziere über die für die übrigen Wehi> Pflichtigen massgebende Altersgrenze hinaus in ihrer bisherigen Heeresklasse bleiben müssen. Eine Pflicht zu vermehrter Dienstleistung soll daraus nicht erwachsen. Deshalb haben wir in Artikel 120 (neu), der die Dienstleistungen der einzelnen Wehrpflichtigen umschreibt, ausdrücklich bestimmt, dass die Möglichkeit einer teilweisen Befreiung der älteren Offiziere von der Teilnahme
an Ausbildungsdiensten nicht von der Einteilung in Verbänden einer der drei Heeresklassen, sondern vom Alter der betreffenden Offiziere abhängig gemacht wird.

d. Dienstpferde Im Abschnitt VII des zweiten Teiles sind sachlich nur unwesentliche Änderungen erforderlich. Sie ergeben sich daraus, dass die Angehörigen der Kavallerie zwar künftig ebenfalls bis zum vollendeten sechsunddreissigsten Altersjahr im Auszug bleiben, aber nur während höchstens zehn Jahren beritten Dienst leisten sollen.

e. Bewaffnung und persönliche Ausrüstung) Die Neufassung des Artikels 93 ist notwendig, weil die bisherige Regelung den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr entspricht. Solange die Angehörigen

885 des Hilfsdienstes keine persönliche Ausrüstung erhielten, niussten die Wehrpflichtigen, die vorzeitig zum Hilfsdienst versetzt wurden, die gefassten Ausrüstungsgegenstände abliefern. Heute ist nun aber der Hilfsdienst zum Teil auch ausgerüstet. Infolgedessen wird in zahlreichen Fällen bei der vorzeitigen Versetzung von Wehrpflichtigen in den Hilfsdienst eine Rückgabe der Ausrüstung nicht mehr in Frage kommen. Da die einzelnen Fälle ganz verschieden sind, schlagen wir Ihnen vor, die Begelung im einzelnen dem Bundesrat zu überlassen.

Die Inspektionspflicht wird in Art. 99 (neu) grundsätzlich anders umschrieben und zwar im Sinne einer Erleichterung für den Wehrpflichtigen. Nach geltendem Recht (Artikel 99) sind alle Wehrpflichtigen, welche Waffen und persönliche Ausrüstung gefasst haben, verpflichtet, alljährlich eine Inspektion zu bestehen. Diese Pflicht gilt auch für die Angehörigen des Hilfsdienstes.

Nach unserem Vorschlag sollen künftig die Angehörigen des neuen Landsturms (Altersklasse 49--60) und die ausgerüsteten Angehörigen des Hilfsdienstes (alle Jahrgänge) nur noch jedes zweite Jahr eine Inspektion zu bestehen haben. Die gänzliche Befreiung dieser Kategorien von der Inspektionspflicht ist nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht angezeigt, da ohne Inspektion keine Gewähr dafür besteht, dass die Bewaffnung und Ausrüstung im Falle einer Mobilmachung in Ordnung ist.

Der Grundsatz, dass der Wehrpflichtige in den Jahren, in denen er Dienst leistet, seine Inspektion bei der Truppe zu bestehen hat und infolgedessen von der Pflicht zur Teilnahme an der Inspektion in der Gemeinde befreit ist, wird beibehalten. Im übrigen wird Artikel 99 (alt) vereinfacht und von allen Bestimmungen rein technischer und administrativer Natur befreit.

Artikel 100 ist, weil überholt, zu streichen.

II. Ausbildung

\

1. Die Neuordnung der Heeresklassen bedingt eine neue Verteilung der im Truppenverbande zu erfüllenden Dienstleistungen. Infolgedessen müssen die Artikel 120--128 der Militärorganisation geändert werden. Bei diesem Anlass sollten auch einzelne Bestimmungen über die Rekruten- und Kaderschulen den heutigen Verhältnissen angepasst werden.

Bei der Neufassung der Vorschriften über die Ausbildung sind wir von folgenden Erwägungen ausgegangen: a. Eine gleichmässige Aufteilung der vom Gesetze festgelegten Dienste auf die drei Heeresklassen kann nicht in Frage kommen. Sie würde dazu führen, dass auf allen Altersstufen Ausbildung betrieben würde, dass aber die nach Gesetz verfügbaren Zeiten nirgends genügten, um befriedigende Ergebnisse zu erreichen. In den jüngeren Jahren bedeutet die Dienstleistung eine geringere Belastung als im reiferen Alter.

Wir schlagen Ihnen daher eine Eegelung vor, wonach alle acht Wiederholungskurse, die das geltende Gesetz vorschreibt, im Auszugsal'ter, also wie bisher zwischen dem 20. und dem 86. Altersjahr, zu bestehen sind. Diese' Eegelung ist auch im Hinblick auf die Bestände notwendig. Wenn die künftig aus 16 Jahrgängen bestehenden Auszugstruppeu in den Wiederholungskursen einen für eine ersprieasliche Ausbildung ausreichenden Bestand aufweisen sollen, so müssen die Angehörigen von acht Altersklassen aufgeboten werden. Bisher betrug der Bestand im Wiederholungskurs des Auszugs 7/ia, künftig wird er nur noch 8/ie betragen. Die Differenz kann durch eine Erhöhung der Bestände im Sinne der Anpassung an den Kontrollbedarf bis zu einem gewissen Grade ausgeglichen werden. Auch ist zu bedenken, dass infolge der mit der Zeit eintretenden Abgänge die jüngeren Jahrgänge in den Einheiten relativ zahlreicher vertreten sind als die älteren Jahrgänge. Der Bestand in den Wiederholungskursen wird also mehr als die Hälfte des Kontrollbestandes betragen.

Die im geltenden Gesetz vorgesehenen Ergänzungskurse (Artikel 122bte der bisherigen Fassung) sollen für die neue Landwehr reserviert bleiben.

Im Landsturm sollen, abgesehen von allfälligen nach Artikel 123.(bisherige Passung) grundsätzlich durch die Bundesversammlung festzusetzenden ein- bis dreitägigen Übungen, keine Ausbildungsdienste geleistet werden. .

Für den einzelnen Wehrpflichtigen bedeutet die vorgeschlagene Neuordnung keine wesentliche Änderung des bisherigen Zustandes. Schon nach geltendem Hecht leistete der Wehrmann acht Wiederholungskurse in der Zeit vom zwanzigsten bis zum sechsunddreissigsten Altersjahr (normalerweise sieben im Auszug und einen in der Landwehr im bisherigen Sinne). Die Ergänzungskurse wurden bisher schon in der Hegel zwischen dem siebenunddreissigsten und dem achtündvierzigsten Altersjahr absolviert. Auch hier tritt also keine Verschiebung ein.

b. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass zur Zeit nicht nur den Angehörigen des neuen Landsturms, sondern auch den jüngeren Wehrpflichtigen, von unbedeutenden Ausnahmen abgesehen, keine vermehrten Dienstleistungen auferlegt werden sollen. Die aus zwingenden Gründen vorzusehenden Ausnahmen fallen materiell kaum ins Gewicht. Sie werden übrigens durch Erleichterungen auf andern Gebieten zur Hauptsache
wieder ausgeglichen.

Infolge der Ausdehnung des Auszugsalters bis zum vollendeten sechsunddreissigsten Altersjahr werden die Subalternoffiziere der Infanterie künftig zwei Wiederholungskurse mehr bestehen müssen, als bisher. Unter der geltenden Ordnung leisten sie in der Altersklasse 32--86 während ihrer Einteilung in den Landwehrbataillonen zwei Wiederholungskurse. Nach unserer Vorlage müssen sie deren vier bestehen. Sie werden damit den Offizieren gleichgestellt, die bisher schon in gemischten Verbänden eingeteilt waren und bis zum zurückgelegten sechsunddreissigsten Altersjahr alljährlich zum Wiederholungskurs einzurücken hatten (z. B. bei den leichten Truppen). Grundsätzlich können wir auf die Teilnahme der Offiziere der vier ältesten Jahrgänge des neuen Auszuges an den

887

Wiederholungskursen nicht verzichten. Es wird aber möglich sein, von Fall zu Fall Härten, die sich für den einzelnen Offizier aus dieser Vermehrung seiner Dienstleistungen ergeben könnten, durch Dispensationen auszugleichen. Das zahlenmässige Verhältnis zwischen den Offizieren und der Mannschaft wird in den Wiederholungskursen durch die vorgeschlagene Neuordnung der Heeresklassen etwas günstiger gestaltet, so dass in Einzelfällen Dispensationen eher möglich sein werden, als es heute angesichts des bestehenden Offiziersmangels der Fall ist.

Sodann ist die Dauer der Kadervorkurse für die Offiziere und Unteroffiziere um einen Tag zu verlängern. Die Erfahrung lehrt, dass eine befriedigende, für die Truppe lehrreiche Arbeit in den Wiederholungs- und Ergänzungskursen nur dann gewährleistet ist, wenn das Kader auf seine Aufgabe ausreichend vorbereitet werden kann. Auf der einen Seite werden die Handhabung der Waffen und das Kampfverfahren ständig komplizierter. Anderseits dürfen wir künftig nicht mehr mit dem erfahrenen Kader der Aktivdienstzeit rechnen.

Ohne sorgfältige Vorbereitung des Kurses kann keine für die Truppe befriedigende Arbeit geleistet werden. Nichts aber wäre für den Soldaten unangenehmer, als einen Dienst leisten zu müssen, in dem er das Gefühl hat, er lerne nichts Neues.

Unsere Leute haben Anspruch darauf, in den Wiederholungs- und Ergänzungskursen sinnvoll im Hinblick auf ihre Kriegsaufgabe geschult zu werden. Es liegt also in erster Linie im Interesse der Truppe, dass die Offiziere und Unteroffiziere zu Kader Vorkursen von genügender Dauer einberufen werden. Die Mehrleistung von einem einzigen Tag dürfte wirtschaftlich tragbar sein.

Eine dritte, ebenfalls geringfügige Erhöhung der Dienstleistungen bezieht sich auf die Ergänzungskurse. Bisher haben die Angehörigen des Grenzschutzes in Wiederholungskursen und Grenzschutzübungen insgesamt 194 oder 212 Diensttage geleistet, je nachdem in welche Jahre die Grenzschutzübungen fielen. Nach der vorgeschlagenen Neuordnung, die im Hinblick auf die beabsichtigte Neuorganisation des Grenzschutzes eine grundsätzlich andere Verteilung der Dienstleistungen vorsieht, würden künftig die Angehörigen der Grenztruppen einheitlich insgesamt höchstens 196 Diensttage zu bestehen haben. Das bedeutet für die eine Hälfte dieser Leute eine Vermehrung der
Gesamtdienstleistung um zwei Tage, für die andere Hälfte dagegen eine Verringerung um 16 Tage. Während bisher alle Wehrpflichtigen, die nicht den Grenztruppen angehörten, insgesamt höchstens 184 Tage Dienst leisteten, sehen wir für die Zukunft folgende Eegelung vor : Die Angehörigen der Festungs-, Eeduit- und Zerstörungstruppen sollen den Grenztruppen gleichgestellt werden.

Sie wurden also nicht, wie die übrigen Wehrpflichtigen, höchsteas 184, sondern insgesamt 196 Tage Dienst zu leisten haben. Der Grund für diese Mehrleistung liegt in folgendem: Wenn Infanteristen oder Artilleristen, die in der Feldarmee dienten, zur Festungsartillerie oder zu den Keduittruppen übertreten, so müssen sie in der Bedienung von Werkanlagen und Befestigungswaffen ausgebildet werden. Es wird ihnen beim Übertritt in die neue Landwehr eine neue Aufgabe zugewiesen,

888 auf die sie sich während ihrer Dienstleistung im Auszug nicht vorbereiten können.

Das bedingt, eine Umschulung, die so rasch als möglich nach dem Übertritt durchgeführt werden muss. Nach den bisherigen Erfahrungen sind hiefür zwei bis drei Wochen erforderlich. Anderseits müssen diese Leute in angemessenen Zeitabständen zur Auffrischung der erworbenen Kenntnisse zu kurzen Diensten einberufen werden, sonst verlernen sie das itn Umschulungsdienst Gelernte sehr rasch. Das war auch der Grund, weshalb schon im geltenden Gesetz die Angehörigen des Grenzschutzes zu einer längeren Dienstzeit verpflichtet wurden.

Als Artikel 122bls in Kraft gesetzt wurde, bestanden noch keine Eeduittruppen, und die Festungsartillerie war noch zur Hauptsache aus Auszugsmannschaften zusammengesetzt. In Zukunft ist es aber nicht länger zu verantworten, die Besatzungen der Anlagen im Eeduit, welche im Kriege praktisch genau die gleichen Aufgaben erfüllen müssen wie die Grenztruppen, schlechter auszubilden, nur weil ihr Einsatz zufällig nicht in der Grenzzone, sondern im Landesinnern erfolgt. Das gleiche gilt für die Angehörigen der Festungsartillerie.

Wir schlagen Ihnen daher vor, für die Angehörigen dieser Kategorien die Gesamtdauer der Ergänzungskurse einheitlich auf höchstens 36 Tage festzusetzen. Sie werden damit den Grenztruppen gleichgestellt. Aus analogen Erwägungen sollten die Ergänzungskurse auch für die Zerstörungstruppen auf insgesamt höchstens 86 Tage angesetzt werden. Diese werden künftig in vermehrtem Masse nicht nur aus Angehörigen der Geniewaffe* sondern auch aus Landwehrmannschat'ten anderer Truppengattungen gebildet, werden müssen. Deren technische Umschulung erfordert aber mehr Zeit.

Die Mehrleistung von 12 Tagen in insgesamt 12 Jahren dürfte tragbar sein. Sie wird -- im ganzen betrachtet -- durch die nach unserem Vorschlag eintretende Verkürzung der Dienstzeit bei der einen Hälfte der Grenztruppen (von 212 auf 196 Tage) weitgehend ausgeglichen.

Endlich sind gewisse, materiell ebenfalls unbedeutende Erhöhungen der Dienstleistung in den Kaderschulen notwendig. Auch hier handelt es sich nicht um eine grundsätzliche Verlängerung der Dienstzeit, sondern lediglich um die Beseitigung von Ungleichheiten, die angesichts der heutigen Anforderungen an eine kriegsmässige Ausbildung nicht länger zu verantworten
sind. Die von uns vorgeschlagenen Mehrleistungen in den Kaderschulen werden zum Teil durch Verkürzungen der Dienstzeit in anderen Schulen und Kursen wieder ausgeglichen. Auf Einzelheiten werden wir bei der abschnittsweisen Begründung unserer Anträge zu sprechen kommen.

c. Die geltende Ordnung der Dienstleistungen ist infolge der wiederholten Gesetzesänderungen mit der Zeit immer unübersichtlicher und komplizierter geworden. Es ist dringend notwendig, eine einfachere Eegelung zu schaffen.

Das gilt sowohl für die Bestimmungen über die Ausbildung der Eekruten und Kader als auch für die Vorschriften über die Dienste im Trupponverband.

Bisher waren in der Militärorganisation Einzelheiten festgelegt, die nicht in ein Gesetz gehören. Die Folge dieser nur aus historischen Gründen zu er-

889 klärenden Kasuistik war, dass das Gesetz oft wegen unbedeutender organisatorischer Änderungen revidiert werden musste. In Zukunft sollte es sich auf die Ordnung der grundsätzlichen Fragen beschränken. Blosse Ausführungsvorschriften und die Regelung seltener Ausnahmefälle sollen nicht im Gesetz enthalten sein. Diese Feststellung ist namentlich deshalb wichtig, weil wir in den nächsten Jahren infolge des Rückganges der Mannschaftsbestände und wegen der rasch fortschreitenden Entwicklung der Kriegstechnik und des Kampf verfahren s gezwungen sein werden, auf zahlreichen Gebieten -- z. B. im Aufbau des Grenzschutzes -- organisatorische Änderungen vorzunehmen, die wir heute noch nicht in ihrer volleh Tragweite zu erkennen vermögen. Infolgedessen muss die neue Fassung des Gesetzes so elastisch sein, dass sie verschiedenen möglichen Lösungen Rechnung trägt. Wir haben sonst zu gewärtigen, dass das Gesetz unter dem Drucke der äusseren Verhältnisse wegen sachlich unwichtiger Änderungen im Aufbau unsereres Heeres schon binnen kurzem wieder geändert werden musste.

2. Die vorgeschlagenen Änderungen im dritten Teil der Militärorganisation (Ausbildung) sollen im folgenden näher begründet werden: a. Unterricht, allgemeine Bestimmungen A r t i k e l 105, Absatz 2, der Militärorganisation ist als überholt zu betrachten und soll aufgehoben werden. Die Zahl der Instruktoren jeder Truppengattung hat sich nach dem Bedarf zu richten und ist an die durch die Bundesversammlung alljährlich zu bewilligenden Kredite gebunden.

Die bisherige Fassung von Artikel H 5 beruht auf einer Voraussetzung, die längst nicht mehr zutrifft. In weit zurückliegenden Zeiten war es notwendig, einen ganzen Tag für die Organisation und Entlassung der Schulen und Kurse zu verwenden. Infolgedessen wurde der Einrückungs- und der Entlassungstag nicht als eigentlicher Diensttag betrachtet. Seit Jahrzehnten haben sich nun aber die Verhältnisse völlig geändert. Der erste und der letzte Tag eines Ausbildungsdienstes unterscheiden sich nicht mehr von den übrigen Tagen.

Wir schlagen Ihnen vor, die längst überholte Fassung des Artikels 115 den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen. Das bedingt, dass in allen Bestimmungen über die Dauer der Kurse und Schulen die entsprechenden redaktionellen Änderungen vorgenommen werden.

Auch der Zusatz, dass für
besondere Organisations- und Entlassungsarbeiten einzelne Wehrpflichtige zu einer zusätzlichen Dienstleistung von höchstens zwei Tagen verpflichtet werden können, ist materiell nicht neu. Er bezieht sich auf die Abholdetachemente für Pferde und Motorfahrzeuge, die bisher schon, wenn auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage, entweder früher einrücken mussten oder erst später entlassen werden konnten. Bei unserem System der Pferde- und Motorfahrzeugstellung lässt sich diese zusätzliche . Dienstleistung vereinzelter Wehrpflichtiger nicht vermeiden.

890

'

Im bisherigen Artikel 116 soll neu gesagt werden, dass das Hilfspersonal im Rahmen der gesetzlichen Dienstleistungen der Wehrpflichtigen in Schulen und Kursen aufgeboten werden kann. Ferner sehen wir vor, eine gesetzliche Grundlage für die Zulassung von Wehrpflichtigen zu freiwilligen Dienstleistungen zu schaffen und in der Militärorganisation den Grundsatz der Gleichstellung solcher Dienstleistungen mit obligatorischem Dienst zu verankern. Ganz besonders wichtig ist die freiwillige Dienstleistung für die Ausbildung der Piloten in den Fliegerschulen sowie der chirurgischen Militärwärter in einem Kurs von 180 Tagen Dauer. Voraussetzung für die Zulässigkeit von freiwilligen Dienstleistungen muss selbstverständlich stets ein militärisches Bedürfnis sein.

b. Ausbildung der Rekruten

Artikel 118, Absatz 2, muss der Neufassung des Artikels 115, der feststellt, dass in Zukunft Einrückungs- und Entlassungstag in der im Gesetz festgelegten Dauer der Schulen und Kurse eingeschlossen sind, angepasst werden. Im Zusammenhang mit der Reorganisation der leichten Truppen sollen in Zukunft einzig die berittenen Dragoner eine längere Rekrutenschule als die Angehörigen der übrigen Truppengattungen bestehen müssen. Für die Motordragoner ist mit einer Rekrutenschule in der Dauer von 118 Tagen auszukommen.

Nach Artikel 119 in der bisherigen Fassung war es für Angehörige der Sanitätstruppe möglich, innerhalb der Dauer der Rekrutonschule von 118 Tagen einen Spitalkurs als sogenannte Sanitätsgefreitenschule zu bestehen und anschliessend zum Gefreiten befördert zu werden. In Zukunft soll die Spezialausbildung eines Teiles der Sanitätsrekruten in einem Spitalkurs beibehalten werden. Dagegen sollen die Sanitätsgefreiten nach den gleichen Grundsätzen befördert werden wie bei allen übrigen Truppengattungen. Eine Beförderung zum Sanitätsgefreiten am Ende der Rekrutenausbildung rechtfertigt sich heute nicht mehr. Sie können trotzdem als Spezialisten besonders eingesetzt werden.

e. Ausbiidungsdienste der Truppenverbände

Der bisherige Titel des IV. Abschnittes des dritten Teiles «Wiederholungskurse» stimmt seit langem nicht mehr. Dieser Abschnitt behandelt nicht nur die Wiederholungskurse, sondern auch die übrigen Ausbildungsdienste im Truppenverband (Ergänzungskurse, besondere Kurse des Landsturms usw.).

Wir sehlagen Ihnen deshalb vor, künftig den Titel «Ausbildungsdienste der Truppenverbände» zu verwenden.

.

.

In den Bestimmungen dieses Abschnittes ist die Neuordnung der Heeresklassen zu berücksichtigen.

Die geltende Ordnung der Dienstleistungen im Truppenverbande (bisher Artikel 120--128) ist im Laufe der Zeit unklar geworden. Wir haben in unserer Vorlage die einzelnen Artikel nunmehr nach Sachgebieten aufgeteilt: Zu-

891

erst wird in Artikel 120 (neu) die persönliche Dienstleistung des einzelnen Wehrpflichtigen festgelegt. Dieser Artikel bildet den Bahmen für die folgenden Bestimmungen. Alsdann folgt die Umschreibung der Dienstleistungen der Truppenkörper und Einheiten (Artikel 121 neu). In Artikel 122 (neu) wird die Dauer der einzelnen Kurse festgesetzt. Endlieh werden in den Artikeln 123 und .128bis (neu) -- getrennt für Angehörige des Landsturms und des Hilfsdienstes-- die ausserordentlichen Dienstleistungen geregelt, deren Anordnung eines besonderen Beschlusses der Bundesversammlung (in dringlichen Fällen: dee Bundesrates) bedarf. Art. 122bls (neu) enthält eine Generalklausel für besondere Fälle, in denen eine Abweichung von der allgemeinen Norm im Rahmen der gesetzlich festgelegten Gesamtdienstleistung des einzelnen Wehrpflichtigen unerläsßlich ist.

Die vorgeschlagene Fassung von Artikel 120 entspricht im wesentlichen den Grundsätzen des geltenden Eechtes. Die Ermächtigung an den Bundesrat, die Pflicht zur Teilnahme an Ausbildungsdiensten für Offiziere im Landwehr- und Landsturmalter einzuschränken, entspricht materiell Ihrem Beschluss vom 12. März 1948 über Abänderung der Wiederholungskurspflicht der Offiziere, für dessen Begründung wir auf unsere Botschaft vom 20. Januar 1948 verweisen. Die Ausnahmebestimmung ist vor allem nötig geworden durch die Aufstellung von Einheiten und Truppenkörpern, die aus mehreren Heeresklassen gemischt sind und auch nach neuer Ordnung noch Auszug und Landwehr vom 20. bis zum 48. Altersjahr umfassen werden. Es kann nicht in Frage kommen, dass die Offiziere dieser Truppen bis zu ihrem 48. Altersjahr an den jährlichen Wiederholungskursen teilnehmen. Ihre Verpflichtungen sind vielmehr einzuschränken und den Dienstleistungen derjenigen Offiziere anzupassen, die im Landwehralter nur noch an Ergänzungskursen von insgesamt höchstens 24 oder 86 Tagen teilzunehmen haben. Es scheint uns indessen zweckmässig, im Gesetz nicht die einzelnen Fälle zu regeln, sondern den Bundesrat zu ermächtigen, die notwendigen Einschränkungen in Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse und Bedürfnisse vorzunehmen.

Im Gegensatz zum geltenden Gesetz soll künftig nicht mehr von besonderen Kursen der Grenztruppen gesprochen werden. Wir möchten nur noch zwischen Wiederholungskursen (im Auszug) und Ergänzungskursen
(in der Landwehr) -unterscheiden. Die vorgeschlagene Fassung hat den Vorteil, dass sie wesentlich einfacher und klarer ist als das geltende Gesetz. Bisher waren die Gesamtdienstleistungen der Angehörigen der Grenztruppen aus dem Wortlaut des Gesetzes überhaupt nicht ersichtlich. Sie waren je nach dem Jahrgang des Wehrpflichtigen verschieden (194 oder 212 Tage). Nach unserem Vorschlag soll künftig jeder Bürger aus dem Gesetz ohne weiteres entnehmen können, zu welchen Dienstleistungen er verpflichtet ist. Die einheitliche Regelung der Ergänzungskurse und der Verzicht auf besondere Grenzschutzkurse erlauben uns ferner, die beabsichtigte Vereinfachung in der Organisation der Grenztruppen durchzuführen. Solange diese nicht verwirklicht ißt, werden allerdings im Sinne einer Übergangslösung -weiterhin Kurse der Grenztruppen abgehalten

892 werden müssen. Allein dieser Zustand wird nur noch während wenigen Jahren bestehen. Alsdann soll jeder Wehrpflichtige,, unbekümmert um seine Truppengattung, acht Wiederholungskurse im neuen Auszug bestehen und in der Landwehr Ergänzungskurse von einer Gesamtdauer von höchstens 24 bzw.

36 Tagen absolvieren.

Artikel 121 (neu) bestimmt, dass die Wiederholungskurse, wie bisher, alljährlich stattfinden sollen. Auch die Bestimmung, dass der Bundesrat die Er- .

gänzungskurse der Landwehr festsetzt, ist materiell nicht neu. Wir verweisen auf Artikel 122bls, Absatz 2, des geltenden Gesetzes.

Da die Bedürfnisse der einzelnen Truppengattungen ganz verschieden sind, ist es unmöglich, die Verteilung der in der Landwehr zu bestehenden Ausbildungsdienste im Gesetze zu regeln. Es wird unter Umständen nötig sein, zur Umschulung von Wehrpflichtigen, die beim Übertritt in die Landwehr vor völlig neue Aufgaben gestellt werden, besondere Umschulungskurse im Bahmeii der für Ergänzungskurse festgelegten Dienstdauer durchzuführen, während für andere die Einberufung in kürzere Auffrischungskurse genügt. Der Buridesrat muss sich in dieser Hinsicht eine gewisse Freiheit wahren. Sonst ist zu gewärtigen, dass die gesetzliche Begelung den Bedürfnissen schon binnen kurzem nicht mehr entspricht. Entscheidend ist aber, dass im Gesetz (-- klarer als bisher -- ) die G e s a m t d i e n s t l e i s t u n g des einzelnen Wehrpflichtigen umschrieben wird. Der Bürger ist also, wie auch immer die Ergänzungskurse im einzelnen geregelt werden, vor jeder über die gesetzliche Ordnung hinausgehenden Beanspruchung geschützt.

Materiell neu ist die Verlängerung der K a d e r v o r k ü r s e vor den Wiederholungskursen um einen Tag. Die Notwendigkeit dieser Änderung wurde im allgemeinen Teil dieser Botschaft erläutert.

Die Dauer der vor den Ergänzungskursen. d u r c h z u f ü h r e n d e n K a d e r v o r k u r s e soll nicht im Gesetze abschliessend umschrieben, sondern der Festsetzung durch den Bundesrat überlassen werden. Die Verhältnisse bei den einzelnen Truppengattungen sind derart verschieden, dass eine einheitliche Begelung nicht zweckmässig wäre. Es sollte daher im Gesetz nur die möglicheHöchstdauer bestimmt werden. Diese darf nicht zu knapp sein. Wir dürfen nicht vergessen, dass die nicht mehr dienstgewohnten Kader der Landwehr
einer besonders sorgfältigen Vorbereitung auf. den folgenden Ausbildungsdienst bedürfen, wenn sie imstande sein sollen, ihre Leute kriegsgemäss zu schulen.

Eine Höchstdauer von drei Tagen für die Offiziere und von zwei Tagen für die Unteroffiziere scheint uns tragbar zu sein. Der Bundesrat wird genau prüfen, wie weit im einzelnen Falle gegangen werden soll und ob allenfalls -auf Kadervorkurse vor Ergänzungskursen verzichtet werden kann.

Die durch die Bundesversammlung, oder in dringenden Fällen durch den Bundesrat, anzuordnenden ausserordentlichen Dienstleistungen sollen künftig in den Artikeln 128 und 123blB geregelt -werden. Diese .Bestimmungen sind reine Kompetenznormen. Die Bundesversammlung hat : es in der Hand, zu. entscheiden, ob solche Kurse durchgeführt werden, sollen oder nicht. Einzig

893 in dringlichen Fällen soll der Bundesrat, wie bisher schon, berechtigt sein, Kurse in der Dauer von höchstens drei Tagen von sich aus anzuordnen.

Die Möglichkeit, Wehrpflichtige der Altersklasse 49--60 und Angehörige des Hilfsdienstes xn besonderen Diensten einzuberufen, bestand schon nach geltendem Eecht. In dieser Hinsicht wird nichts geändert. Auch bezüglich der zeitlichen Beschränkung dieser ausserordenthchen Dienste soll es bei der bisher geltenden Ordnung bleiben. Schon im heutigen Gesetz ist der Bundesversammlung die Befugnis übertragen, für die Angehörigen des Hilfsdienstes auf Grund von Artikel 20bis (bisherige Fassung) Ausbildungskurse von unbeschränkter Dauer vorzusehen. Dieser Grundsatz ist beizubehalten, denn wir können nicht voraussehen, welche Dienstleistungen künftig für die Ausbildung der Angehörigen des Hilfsdienstes notwendig sein werden. Entscheidend ist, dass die Bundesversammlung die Dauer bestimmen kann. Für alle Wehrpflichtigen der Altersklasse 49--60 schlagen wir Ihnen vor, die Dienstleistung in Anlehnung an die bisherige Fassung von Artikel 128 auf höchstens drei Tage zu begrenzen.

Für besondere Fälle, die wegen ihrer Eigenart nicht in genereller Form im Gesetz geordnet werden können, muss in Art. 122Ms (neu) ein Vorbehalt aufgenommen werden, der den Bundesrat ermächtigt, in Abweichung von der normalen gesetzlichen Eegelung die für den Einzelfall erforderlichen Vorschriften zu erlassen. Es gab schon bisher zahlreiche Fälle dieser Art. Sie mussten notwendigerweise gesondert behandelt werden. Als Beispiel verweisen wir auf die Einberufung wiederholungskurspflichtiger Spezialisten in Schulen und Kurse ausserhalb des Truppenverbandes, auf die Einberufung von Wehrmännern oder ganzen Verbänden in Sonderkurse unter Anrechnung der Dienstleistung auf die Wiederholungskurse usw. Solche Fälle werden auch in Zukunft vorkommen. Wir denken dabei an die Möglichkeit, dass Angehörige der Landwehr einzelne Dienste statt in Ergänzungskursen in Wiederholungskursen werden leisten müssen oder dass in bestimmten Waffengattungen die normalerweise erst im Landwehralter zu bestehenden Ergänzungskurse ins Auszugsalter vorzuverlegen sind. Wenn wir den wechselnden Verhältnissen Eechnung tragen wollen, so müssen wir für diese nie ganz zu vermeidenden Ausnahmefälle die Möglichkeit einer von der
Xorm abweichenden Eegelung vorsehen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im Gesetz die Ermächtigung für eine Sonderregelung vorzusehen ist. Entscheidend ist, dass die im Gesetz f e s t gelegte Gesarntdienstdauer für den einzelnen W e h r p f l i c h t i g e n auf keinen Fall ü b e r s c h r i t t e n werden d a r f .

d. Schiesspfliclit und freiwillige Tätigkeit In Artikel 124 (neu) wird die Schiesspflicht im Sinne der bisherigen Ordnung umschrieben. Sie soll nach wie vor nur bis zum zurückgelegten vierzigsten Altersjahr dauern.

Die geltende Eegelung der ausserdienstlichen Schiesspflicht hat sich bewährt und soll keine Änderung erfahren. Die Änderung der Heeresklassen Bundesblatt. 100. Jahrg. Bd. II.

61

894 bedingt jedoch eine redaktionelle Anpassung, indem die obere Begrenzung der Schiesspflicht entsprechend der heutigen Begrenzung der Landwehr durch Nennung des vierzigsten Altorsjahres umschrieben wird. Für die Subalterno f f i z i e r e halten wir gegenüber der heute gültigen Fassung eine gewisse Prämierung notwendig, indem die neue Ordnung feststellen soll, dass die Offiziere der mit Karabiner oder Gewehr ausgerüsteten Truppengattungen und Dienstzweige schiesspflichtigr sein sollen. Die Ermächtigung an den Bundesrat zur Bewilligung von Ausnahmen soll ermöglichen, besondere Fälle in Abweichuag vom Grundsatze zu regem. Wir denken dabei an die Quartiermeister, die zwar zu der mit Karabiner ausgerüsteten Verpflegungstruppe gehören, tatsächlich aber keine Truppe zu führen haben und von der Schiesspflicht befreit sind.

In der gleichen Lage befinden sich die Piloten und Beobachter der Fliegerstaffeln, während die Fliegeroffiziere der Bödenorganisation schiesspflichtig sind. Derartige Einzelheiten gehören in Ausführungsbestiminungen.

Während die Kurse für Nachschiesspflichtige schon bisher im Gesetz festgelegt sind, beruhen die Schiesskurse für Verbliebene, die die vorgeschriebene Mindestleistung nicht erreicht haben, lediglich auf bundesrätlicher Verordnung. Es scheint uns indessen notwendig, im neuen Artikel 124 auch die Kurse für Verbliebene gesetzlich zu verankern.

e. Ausbildung der

Unteroffiziere

Nach der bisherigen Fassung des Artikels 127, Absatz l, dauert die Unteroffiziersschule nicht bei allen Truppengattungen gleich lang. Effektiv leisten die Unteroffiziersschüler heute bei der Artillerie, den Flieger- und Fliegerabwehr-, sowie bei den Genietruppen 27 Tage, während bei den übrigen Truppengattungen eine Beförderung zum Korporal nach 20 Tagen Unteroffiziersscnule erfolgt. Diese unterschiedliche Behandlung ist nicht mehr gerechtfertigt. An den Korporal der Infanterie und der leichten Truppen als Führer einer Kampfgruppe mit verschiedener Bewaffnung werden mindestens so grosse Anforderungen gestellt, wie an einen Korporal einer technischen Waffe. Der Ausbildungsstoff für die Unteroffiziersschule ist nicht nur bei den kombattanten Truppengattungen stark angewachsen, sondern ebenso bei den Truppengattungen, die man gelegentlich als nicht kombattant den Kampftruppen gegenübergestellt hat, nämlich der Sanitäts-, Veterinär-, Verpflegungs-, Motortransport- und Traintruppe. Mit Ausnahme der Sanität sind diese auf Grund der Kriegserfahrungen weitgehend mit inlanteristischen Waffen ausgerüstet worden. Ihre Unteroffiziere haben nicht nur ihren besonderen Fachdienst zu beherrschen, Bondern müssen auch in der Lage sein, die Abwehr ihrer Truppe bei Überfall zu leiten. Aus den dargelegten Gründen der Notwendigkeit besserer Ausbildung der angehenden Korporale beantragen wir die einheitliche Festsetzung der Dauer der Unteroffiziersschule für alle Truppengattungen auf 27 Tage.

· .

' . '

895 Artikel 127, Absatz 2 und 3, sollen aufgehoben werden, weil Ausführungsbestimmungen grundsätzlich nicht ins Gesetz gehören und weil die Studierenden der Heilkunde in Zukunft ihre Unteroffiziersschule nicht mehr als Teil der Eekrutenausbildung sollen bestehen können. Es liegt im Interesse der Ausbildung der zukünftigen Sanitätsoffiziere, dass sie als Abschluss ihrer Rekrutenschule den Spitalkurs bestehen. Da die Eekrutenausbildung der Sanität in zwei Teilen zu 97 und 21 Tagen durchgeführt wird, die beide in die Hochschulferien verlegt werden können, ist diese Mehrbelastung der Medizinstudenten nicht nur ohne Störung des Studiums möglich, sondern ergänzt dieses vielmehr noch durch praktische Spitalausbildung in der Dauer von drei Wochen. Die Unteroffiziersschule soll wie bei allen andern Truppengattungen nach Abschluss der Bekrutenausbildung bestanden werden.

In Artikel 128 (neu) soll bestimmt werden, dass das Abverdien.en des Grades des Korporals in einer Bekrutenschule in gewissen Fällen ganz oder teilweise durch Fachdienst ersetzt werden kann. Die Schaffung einer solchen Möglichkeit erweist sich als nützlich für einzelne Spezialisten, die keine Truppe zu führen haben. -- Gleichzeitig soll dem Bundesrat generell die Kompetenz erteilt werden, diese Dienstleistung für Korporale, die für ihre militärische Ausbildung noch Beförderungsdienste zu leisten haben, ganz oder teilweise zu erlassen, oder durch Spezialdienst für Offiziersanwärter zu ersetzen. Die bisherige Begelung war zu starr und teilweise durch die Beorganisation der Armee überholt. Grundsätzlich erachten wir die Dienstleistung des Korporals in einer Bekrutenschule als unerlässliehen Ausbildungsdienst für jeden Offizier, der eine Truppe zu fuhren hat. Es lässt ,sich jedoch eine gewisse Unterscheidung rechtfertigen zwischen den Offiziersanwärtern der eigentlichen Kampftruppen einerseits und den Offiziersanwärtern der technischen Truppengattungen andererseits. Bei letzteren ist der theoretische Unterrichtsstoff für die Offiziersausbildung so gross, dass die Dauer der Offiziersschule nicht genügt und der Vorbereitung durch einen Spezialkurs bedarf. Der Ausgleich zur Leistung des Spezialdienstes und der längeren Offiziersschule soll dadurch erreicht werden, dass von den Offiziersanwärtern der technischen Truppen nur ein Teil einer Bekrutenschule
als Korporal verlangt wird. Auf diese Weise kann auch ein gewisser Ausgleich hinsichtlich der Dauer der Ausbildung zum Offizier bei den verschiedenen Truppengattungen erreicht werden.

Im neuen Artikel 129 soll die Bestimmung fallen gelassen werden, wonach die Beförderung zum Fourier erst nach Bestehen einer Bekrutenschule erfolgen kann. Die Dauer der Ausbildung zum Fourier erfährt praktisch keine Änderung gegenüber der bisherigen Begelung. -- Neu ist die Aufnahme von Bestimmungen über die Ausbildung zum Feldwaibel, die bisher im Gesetz fehlten.

In Zukunft sollen nicht mehr ganz junge Korporale, sondern nur noch Wachtmeister, die von ihrem Truppenkommandanten zur Weiterausbildung vorgeschlagen sind, zum Feldweibel ausgebildet werden. Sie haben in einer Kekrutenschule Feldweibeldienst zu leisten. -- An der Dauer der Ausbildung zum Stabssekretär wird materiell nichts geändert. -- Für Unteroffiziere mit besonderen

896 Funktionen soll der Bundesrat in steter Anpassung an die fortschreitende technische Entwicklung die erforderlichen Ausbildungskurse anordnen können. Dabei wird z. B. an technische Unteroffiziere des Motorwagendienstes im Grade des Feldweibels gedacht, die andere Funktionen auszuüben haben als ein Kompagnicfeldweibel und dementsprechend auch anders ausgebildet werden müssen.

/. Ausbildung der Offiziere Für die kombattanten Truppengattungen soll eine Verlängerung der Offiziersschule nicht vorgeschlagen werden, weil die bisherige Dauer von 90 und 104 Tagen, auch wenn sie knapp bemessen ist, genügen dürfte. Dagegen genügen die bisherigen Ausbildungszeiten für einzelne der übrigen Truppengattungen nicht mehr. Vor allem ist für die angehenden Motorfahrer- und Traiuoffisriere in Anpassung an die Ausbildimg der Offiziere der leichten Truppen und der Infanterie eine Erhöhung der Dauer der Offiziersschule auf 90 Tage erforderlich. Im Auszug sind sie vorwiegend in Stäben und Einheiten der Kampftruppen eingeteilt und bedürfen neben der fachdienstlichen Ausbildung auch einer guten taktischen Schulung, um einerseits mit ihrem Transportapparat den Bedürfnissen der kämpfenden Truppe genügen zu können und ihn anderseits nicht unnötig dorn feindlichen Feuer auszusetzen. Die angehenden Train Offiziere werden übrigens in den Offiziersschulen der Infanterie ausgebildet.

Weiter beantragen wir für die Aspiranten der Sanität und der Veterinär truppe eine Verlängerimg der Offiziersschule um eine Woche auf 62 Tage. Für die Veterinärtruppe wurde diese Erhöhung bereits während des Aktivdieristes vorübergehend verwirklicht und hat sich als notwendig erwiesen.

Der bisher in Artikel 131 verankerte Grundsatz, dass nur Unteroffiziere in Offiziersschulen einberufen werden können, ist neu in Artikel 180 aufgenommen worden. Die übrigen Bestimmungen des Artikels 181 gehören ihrem Charakter entsprechend eher in die Beförderungsverordnung als in die Militärorganisation. Wir beantragen Ihnen daher im Sinne einer Bereinigung die Aufhebung dieses Artikels.

Der bisherige Artikel 132 bedarf einer Ergänzung in dem Sinne, dass der Bundesrat für Leutnants, deren Aufgabe die Führung der Truppe nicht in sich schliesst, die Dienstleistung in einer Eekrutenschule ganz oder teilweise durch andere Dienstleistungen soll ersetzen können. Dadurch
kann erreicht werden, dass ein neuernannter Leutnant wirklich nur den zu seiner Ausbildung unbedingt erforderlichen und im Hinblick auf seine zukünftige Verwendung auch zweckmässigen Dienst leisten niuss.

Die bisherigen Artikel 134 bis 136 sind gesamthaft neu gefasst und auf das Grundsätzliche beschränkt worden. Der neue Artikel 134 setzt nur noch die wichtigsten Kurse für die Weiterausbildung der Offiziere fest und enthält die bisher in den Artikeln 135 und 136 festgelegte Kompetenz der Bundesversammlung zur Anordnung weiterer Ausbildungskurse für Offiziere.

897 Der neue Artikel 135 enthält den Grundsatz, dass die künftigen Einheitskommandanten Dienst in einem Teil einer Unteroffiziersschule und in einer Rekrutenschule zu leisten haben. Dagegen sollen angehende Hauptleute, die keine Truppe zu fuhren haben, ganz oder teilweise von dieser Dienstleistung dispensiert werden können. Die Begelung der Einzelheiten, wie auch die Festsetzung der Dienstleistung für angehende Majore sollen dem Bundesrat vorbehalten bleiben.

Nach dem geltenden Gesetz hat der künftige Einheitskommandant sowohl eine Bekrutenschule als auch eine ganze Unteroffizierssehule zu bestehen. Diese zusammenhängende Dienstleistung von 20 oder 21 Wochen bereitet erhebliche Schwierigkeiten in beruflicher Hinsicht für die betreffenden im Alter von ' 28 bis 30 Jahren stehenden Oberleutnants. Es wurde daher eingehend geprüft, ob hinsichtlich dieser Dienstleistung nicht Erleichterungen gewährt werden könnten. Auf die Leistung einer Bekrutenschule als Einlieitskommandant kann aber nicht verzichtet werden. Die Aufgabe des Kompagniekommandanten verlangt eine sorgfältige Ausbildung und reiche Erfahrung, die in kürzerer Zeit nicht erworben werden kann. Dagegen kann auf das Bestehen einer ganzen Unteroffiziersschule als zukünftiger Einheitskommandant verzichtet werden.

Indessen erachten wir eine Dienstleistung von mindestens einer Woche in einer Unteroffiziersschule als unerlässlich, damit der angehende Einheitskornmandant sein Unteroffizierskorps kennen lernt und für seine Aufgabe als Einheitskommandant in der Bekrutenschule vorbereitet werden kann.

Die starke zeitliche Belastung der angehenden Einheitskommandanten soll im übrigen auch weiterhin durch andere Massnahmen, wie weitgehende Gewährung von Urlaub und zweckmässige Verteilung der notwendigen Beförderungsdiensto auf verschiedene Jahre etwas erleichtert werden.

Der vorgeschlagene Artikel 186 entspricht zum Teil dem bisherigen Artikel 185. Neu ist der zweite Absatz, der die gesetzliche Grundlage für die Dienstleistung des Mobilmachungspersonals schaffen und damit der Sicherstellung der Mobilmachung dienen soll.

g. Generalskib Es hat sich gezeigt, dass es zweckmäßiger ist, künftig auf die Durchführung der in Artikel 137 (alt) vorgesehenen Generalstabskurse IIIzu verzichten, dafür aber die Dauer der Generalstabskursè H zu verlängern. Diese sollen
-- gleich wie die Generalstabskurse I -- in zwei Teilen abgehalten werden. Die vorgeschlagene Neuregelung bietet abgesehen von der Möglichkeit einer besseren Verteilung des Unterrichtsstoffes den Vorteil, dass die Gesamtdienstleistung der Generalstabsoffiziere gegenüber der heutigen Regelung um 17 Tage verkürzt wird und dass die zu bestehenden Kurse in kürzeren, auf verschiedene Jahre zu verteilenden Teilstücken geleistet werden können. Beides bedeutet eine fühlbare Entlastung der an sich stark beanspruchten Generalstabsoffiziere.

898

lu. Verschiedene Bestimmungen Die Artikel 22--26 der Militärorganisation betreffend Notunterstützung können aufgehoben werden, da sie infolge der Erfassung sämtlicher Erwerbsarten der Wehrpflichtigen durch die Lohn- und Verdienstersatzordnung faktisch hinfällig geworden sind. Wir verweisen auf die diesbezüglichen Ausführungen im Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre- 1947, Abschnitt VII des Kapitels Militärdepartement.

In der gestützt auf Artikel 52 durch die Bundesversammlung zu erlassenden Truppenordnung werden die Elemente und dio Einteilung des Heeres, sowie die Gliederung der Armee weitgehend geordnet. Dadurch werden praktisch im Zusammenhange mit den wechselnden Bedürfnissen nach steter Anpassung der Gliederung des Heeres an Kampfverfahren, Waffeneinsatz, Bestände usw. die stark in die Einzelheiten gehenden starren Bestimmungen der Artikel 38, 89, 45 und 46 präjudiziert. Sie mussten oft wegen Nebensächlichkeiten abgeändert werden. Aus diesen Gründen scheint es zweckmässiger, nicht nur die ArmeeEinteilung, sondern auch die Elemente und die Gliederung des Heeres gestützt auf den in diesem Sinne zu erweiternden Artikel 58 durch den Bundesrat bestimmen zu lassen. Dabei ist der Bundesrat selbstverständlich an die in der Truppenordnung festgelegten Grundzüge der Heeresorganisation gebunden. Die Artikel 88, 89, 45 und 46 können im Zusammenhange mit den Bestimmungen von Artikel 52 und der Neufassung von Artikel 53 aufgehoben werden.

Artikel 47, der noch von befestigten Plätzen und Fortwachen handelt, ist längst überholt und kann aufgehoben werden.

Artikel 63, Absatz l, lit. é, enthält in der vorgeschlagenen Fassung neu den Grad des Oberstbrigadiers. Bisher bestand nur der Titel Oberstbrigadier.

Der Bundesrat sieht vor, in der Beförderungsverordnung zu bestimmen, dass /u Oberstdivisionären nicht nur Oberstbrigadiers, sondern auch Obersten befördert werden können. Damit soll verhindert werden, dass jungen tüchtigen Eegimentskommandanten erst ein Heereseinheitskommando übertragen werden kann, -wenn sie während einiger Zeit eine Brigade oder ein entsprechendes Kommando geführt haben.

Artikel 68 soll in der neuen Fassung dem. Postulat Stähli betreffend Entlastung der Truppenkommandanten von administrativer Arbeit Eechnung tragen. Die vorgesehene Neuerung besteht form, dass in
Zukunft die Beförderung zum Korporal nicht mehr durch die Kommandanten der Stäbe und Einheiten,- sondern durch die Kommandanten der Unteroffiziersschule vorgenommen werden soll. Diese Änderung läsat sich ohne weiteres verantworten, da in den meisten Fällen die Unteroffiziersschüler direkt aus der ßekrutensehule kommen und mit ihrer Einteilungseinheit (Stab) noch keinen Dienst geleistet haben und daher vom Truppenkommandanten gar nicht beurteilt werden können. Für die Beförderung der Unteroffiziere und zum Gefreiten sollen dagegen nach wie vor die Truppenkommandanten zuständig sein, wozu

899

sie auch auf Grund persönlicher Kenntnis des Wehrpflichtigen aus Dienstleistungen mit der Einheit am besten in der Lage sind.

Artikel 147, Absatz 2, ist in dem Sinne abzuändern, dass der Bundesrat nur noch das Dienstreglement genehmigt und dass der Genehmigungsvorbehalt der Bundesversammlung für das Verwaltungsreglement fallen gelassen wird.

Die Bestimmungen des neuen Verwaltungsreglenientes, die ihrer Natur nach ohnehin in die Kompetenz der Bundesversammlung fallen, werden Ihnen mit einer Botschaft als Sondervorlage zugehen.

Im dritten Bericht des Bundesrates vom 14. November 1947 an die Bundesversammlung betreffend die noch in Kraft stehenden Vollmachtenbeschlüsse wurde zum Vollmachtenbeschluss vom 1. Juni 1942 über die Ausweise der Stellungspflichtigen Motorfahrzeuge und ihrer Führer dahingehend Stellung genommen, das» eine entsprechende den Verhältnissen angepasste Bestimmung bei der nächsten Eevision der Militärorganisation in die ordentliche Gesetzgebung übergeführt werden müsste. Es hat sich gezeigt, dass eine Eingliederung einer die Ausweise der stelhmgspflichtigen Motorfahrzeuge und ihrer Führer regelnde Bestimmung in den fünften Teil der Militärorganisation nicht befriedigen kann und dort als Fremdkörper wirken müsste. Wir schlagen Ihnen daher vor, den erwähnten Vollmachtenbeschluss durch entsprechende Ergänzung des Artikels 11 des Bundesgesetzes vom 15. März 1932 über'Motorfahrzeugund Fahrradverkehr abzulösen.

· Das Bundesgesetz vom 21, Oktober 1909 betreffend die Organisation des Militärdepartementes ist längstens überholt. Die einzige noch anwendbare Bestimmung betreffend Instruktoren kann ohne weiteres in eine bundesrätliche Verordnung übernommen werden. Wir beantragen Ihnen daher die Aufhebung dieses Gesetzes.

IV. Aktiver Dienst In der Frühjahrssession 1947 haben Sie eine Motion erheblich erklärt, durch die der Bundesrat beauftragt wird, so rasch als möglich einen Entwurf für die Neufassung des fünften Teiles der Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft vorzulegen, im Sinne der Ausscheidung der Vorschriften für den Krieg und den Zustand der bewaffneten Neutralität. In Ausführung dieses Auftrages beehren wir uns, Ihnen mit dieser Botschaft den gewünschten Entwurf zu unterbreiten.

1. Historischer Rückblick Die Militarorgaaisation vom 8. Mai 1850 war gekennzeichnet durch eine geringe Selbständigkeit des Generals gegenüber den politischen Behörden. Der Oberbefehlshaber war zwar befugt, alle militärischen Massnahmen anzuordnen, die er zur Erreichung des ihm bezeichneten Endzweckes des Truppenaufgebotes für notwendig erachtete. Allein er war in der Erfüllung seiner Aufgabe an die Verhaltungsbefehle der Bundesversammlung gebunden.

Auch verfügte er nur über die Truppen, die ihm die Bundesversammlung zur

900 Verfügung stellte. Das Gesetz sah freilich vor, dass die Bundesversammlung ihre Befugnisse dem Bundesrat oder dem General delegieren konnte. Anlässlich der Grenzbesetzung 1856/57 wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

1870/71 weigerte sich dagegen der Bundesrat, die ihm von der Bundesversammlung übertragenen Eechte an den General zu delegieren.

Während sich in den Grenzbesetzungen von 1856/57 und 1.859 dank der unbestrittenen Autorität General Dufours die Zusammenarbeit zwischen den politischen Behörden und dem Oberbefehlshaber im wesentlichen reibungslos gestaltete, kam es 1870/71 zu einer Krisis. Deren Ursache lag, abgesehen von persönlichen Gegensätzen zwischen dem Chef des eidgenössischen Militärdepartementes, Bundesrat Welti, und General Herzog, vor allem darin, dass der Bundesrat aus innenpolitischen Gründen bestrebt, war, die Kosten der Grenzbesetzung möglichst niedrig zu halten, während der Oberbefehlshaber wiederholt das Aufgebot weiterer Truppen verlangte. Im Januar und Februar 1871 entschloss sich der General unter dem Eindruck der unmittelbaren Gefährdung unseres Landes durch die Armee Bourbaki, in Überschreitung seiner Kompetenzen von sich aus den Kanton Neuenburg um die Einberufung von Verstärkungen zu ersuchen. Ferner weigerte er sich, einer Weisung des Bundcsrates zu entsprechen, der von ihm die sofortige Entlassung emes Teiles der aufgebotenen Verbände forderte. Weitere Schwierigkeiten ergaben sich daraus, dass Bundesrat Wolti im Frühjahr 1871 das Kommando über dio noch im Dienste stehenden Truppen als Chef des eidgenössischen Militärdepartementes übernahm, obschon General Herzog von seiner Wahlbehörde, der Bundesversammlung, in jenem Zeitpunkt noch nicht aus seinem Amte entlassen worden war.

Auf Grund der Erfahrungen aus dem aktiven Dienste 1870/71 wurde in der Militärorganisation vom 13. November 1874 die Stellung des Generals in mehrfacher Hinsicht unabhängiger gestaltet. Das Gesetz umschrieb nun in einer für die Bundesversammlung und den Bundesrat verbindlichen Form die Voraussetzungen für die Wahl und die Entlassung des Generals. Das Weisungsrecht des Bundesrates wurde eingeschränkt. Ferner wurde bestimmt: «Wenn der General das Aufgebot weiterer Heeresteile verlangt, so wird es durch den Bundesrat verfügt und vollzogen.» Mit diesen Änderungen sollten die
Schwierigkeiten behoben werden, die sich während der Grenzbesetzung 1870/71 gezeigt hatten. Weil damals der General eine zu geringe Selbständigkeit genossen hatte und allzu eng an die Beschlüsse des Bundesrates gebunden war, soUte ihm nun für die Zukunft grössere Freiheit und eine umfassendere Kompetenz eingeräumt werden. Niemand dachte daran, dass die grössere Machtbefugnis des Oberbefehlshabers zu Schwierigkeiten entgegengesetzter Natur führen würde und dass es deshalb notwendig sein könnte, für den Zustand der bewaffneten Neutralität die Unterordnung des Generals unter die politischen Behörden deutlicher zu betonen, als es für den Kriegsfall geboten schien.

Die Bestimmungen der Militärorganisation von 1874 wurden nie angewandt, Infolgedessen bostand anlässlich der Gesetzesrevision von 1907

901

kein Grund, diese Vorschriften zu ändern. Der fünfte Teil der Militärorganisation wurde formell neu gefasst. Materiell aber wurde in allen wesentlichen Punkten an der im Jahre 1874 getroffenen Regelung festgehalten. Diese war dadurch gekennzeichnet, dass dem General für den Zustand der bewaffneten Neutralität und den Krieg die gleichen, teilweise sehr weitgehenden Befugnisse gewährt wurden.

Der erste Weltkrieg 1914--1918. bewies, dass die geltende Militärorganisation vom 12. April 1907 keine befriedigende Ordnung geschaffen hatte. Je länger der Zustand dauerte, den der damalige Generalstabschef als «Zwischenstadium zwischen Krieg und Frieden» bezeichnete, desto schärfer traten die Mängel der gesetzlichen Vorschriften hervor, Schwierigkeiten machten sich in doppelter Hinsicht bemerkbar: Nach Artikel 211 der Militärorganisation war dem General nur die Armee unterstellt. Die gesamte Militärverwaltung dagegen unterstand auch iin aktiven Dienste dem eidgenössischen Militärdepartemont. Der Gedanke war der, dass die Armee die fertig ausgebildeten Kader und Mannschaften, die Pferde, die Waffen und alles übrige Material, sowie die Verpflegung durch Vermittlung des Etappendienstes von dem unter der Leitung des eidgenössischen Militärdepartementes stehenden Territorialdienst übernehmen sollte. Das Nebeneinander zweier voneinander unabhängiger, faktisch aber auf engste Zusammenarbeit angewiesener Organisationen führte, wie Oberstkorpskommaiidant von Sprecher im Bericht über den aktiven Dienst 1914--1918 bemerkt, zu «unendlichen Weiterungen und Eeibungen, zu zeitraubenden Verhandlungen und endlosen Schreibereien, die den Beteiligten Kraft und Lust zur Arbeit raubten und der Sache den grössten Schaden zufügten» (S. 526). Die Folge dieser unbefriedigenden Regelung war eine Verzögerimg dringlicher Massnahmen, vor allem auf dem Gebiete der Rekrutierung und der Munitionsbeschaffung. Sodann erschwerte die scharfe Trennung zwischen Armeekommando und Territorialdienst die Zusammenarbeit der" Truppenkommandanten und der Instruktionsoffiziere in der Rekruten- und Kaderausbildung. Der General hatte rechtlich keine Möglichkeit, gegenüber dem Instruktionskorps, das dem Territorialdienst unterstand, seine Auffassung in Erziehungs- und Ausbildungsfragen in verbindlicher Form zum Ausdruck zu bringen. Die Instruktionsoffiziere
bildeten, wie General Wille in seinem Berichte betont, «vielerorts eine Fronde gegen die Armee» (S. 20).

Anderseits zeigte es sich, dass die beinahe uneingeschränkte Selbständigkeit des Generals gegenüber den politischen Behörden im Zustand der bewaffneten Neutralität notwendigerweise zu Spannungen führen musste.

Dank der Einsicht, des Bundesrates und des Generals konnten zwar offene Konflikte zwischen der Regierung und dem Oberbefehlshaber vermieden werden, vor allem deshalb, weil der General zahlreiche, ihm gesetzlich zustehende Befugnisse tatsächlich nicht ausübte. Dagegen waren zeitweise die Beziehungen zwischen dem General und der Bundesversammlung gespannt. Der Grund für die Mißstimmung im Parlament war die Befürchtung, der Oberbefehlshaber

902

könnte seine umfassenden Machtbefugnisse missbrauchen, um eine eigene Politik zu treiben. Das Misstrauen gegenüber dem General äusserte. sich in einer Reihe von Motionen und Postulateti, die alle darauf hinzielten, das Übergewicht der Zivilgewalt über die militärische Führung sicherzustellen.

Auf Grund der Erfahrungen aus dem aktiven Dienste 1914--1918 schlügen General Wille und Generalstabschef von Sprecher eine Änderung des Gesetzes vor. Der General forderte vor allem eine Revision des Artikels 211 der Militärorganisation, Der Generalstabschef trat für die Einführung einer besonderen, für den Zustand der bewaffneten Neutralität geltenden Ordnung ein, die dorn General weniger umfassende Befugnisse gewähren sollte, als sie ihm das Gesetz einräumte. Die selbständige Stellung, die ihm das geltende Eecht einräumte, sollte er erst bei unmittelbar drohender Kriegsgefahr oder bei Kriegsausbruch erhalten.

Der Bundesrat anerkannte die Notwendigkeit einer Neuregelung. In den eidgenössischen Eäten wurde die Frage der Neufassung des fünften Teiles der Militärorganisation anlässlich der Behandlung des Berichtes über den aktiven Dienst einlässlich besprochen. Allgemein wurde eine klarere Unterordnung der militärischen unter die politische Gewalt gefordert. Allein die Diskussion zeitigte kein praktisches Ergebnis. Einzig Artikel 211 der Militärorganisation wurde ini Jahre 1938 entsprechend dem Vorschlag General "Wille's geändert, im Zusammenhange mit einer Neuorganisation des Armeestabes. Der in der Militärorganisation verankerte Begriff Territorialdienst entsprach nicht mehr dein Territorialdienst, wie .er "durch die neuen Obliegenheiten des Armeekommandos umschrieben wird. Es war deshalb nötig, zu bestimmen, welche Dienststellen als Heeresbeschaffungsdienst im Falle aktiven Dienstes dem eidgenössischen Militärdepartement unterstellt bleiben sollten. Aus diesem ' Grunde wurde Artikel 211 des fünften Teiles der Militärorganisation durch das Bundesgesetz vom 9. November 1938 abgeändert. Trotz diesem Fortschritt gegenüber der Ordnung des aktiven Dienstes 1914--1918 zeigte sich die Unzulänglichkeit der geltenden gesetzlichen Regelung erneut während des aktiven Dienstes 1939--1945.

Darik dem gemeinsamen Willen zur Zusammenarbeit konnten zwar auch diesmal offene Konflikte vermieden werden. Aber die Verschiedenheit
der Standpunkte musste notwendigerweise zu Meinungsverschiedenheiten führen, die durch eine klarere, sachlich richtigere Ordnung hätten verhütet werden können. Der bundesrätliche Bericht vom 7. Januar 1947 enthält eine einlässliche Schilderung der Probleme, die während des letzten aktiven Dienstes gelöst werden mussten. Wir brauchen deshalb nicht mehr auf Einzelheiten zurückzukommen, sondern können uns damit begnügen, die wichtigsten Tatsachen in Erinnerung zu rufen.

Die neue Fassung des Artikels 211 der Militärorganisation hat sich während des aktiven Dienstes 1989--1945 bewährt. Dank der Vereinigung von Armee und Militärverwaltung waren die Reibungsflächen, die während des ersten

903

Weltkrieges zu mühsamer Doppelarbeit und ärgerlichen Kompetenzkonflikten geführt hatten, beseitigt worden.

Die Anwendung von Artikel 204, Absatz 2, der Militärorganisation (Weisungsrecht des Bundesrates) hat, trotz der unzulänglichen Fassung des geltenden Gesetzes, zu keinen grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten Anlass geboten.

Es zeigte sich bald, dass eine Weisung, die sich auf die Umschreibung des Endzweckes des Aufgebotes beschränkt und daher notwendigerweise allgemein gehalten sein muss, den praktischen Bedürfnissen nicht genügt. Die entscheidenden strategischen Fragen sind ausnahmslos auch politisch bedeutsam.

Infolgedessen konnte sich der Bundesrat nicht mit einer formalen Umschreibung des Endzweckes begnügen, sondern er musste sich das Recht wahren, die staatspolitischen Gesichtspunkte auch in militärischen Fragen zur Geltung zu bringen. Nach dem Wortlaut des geltenden Artikels 204, Absatz 2, der Militärorganisation hätte sich der General auf den Standpunkt stellen können, der Bundesrat sei lediglich befugt, den Endzweck des Aufgebotes zu umschreiben.

Hätte er es getan, so wären Konflikte unvermeidlich gewesen, denn der Bundesrat, dessen Verantwortung für die Gesamtkriegführung ausser Zweifel steht, hätte nicht darauf verzichten können, auch in militärpolitischen und selbst in strategischen Fragen das letzte Wort zu sprechen.

Glücklicherweise hat General Guisan nicht starr am Wortlaut des Gesetzes festgehalten, sondern in allen wichtigen Fragen den Bundesrat über seine Absichten unterrichtet. Dieser'hätte die Möglichkeit gehabt, einzugreifen, wenn er aus staatspolitischen Gründen mit der strategischen Konzeption des Oberbefehlshabers nicht einverstanden gewesen wäre. Es sei in diesem Zusammenhang an das Memorandum des Generals vom 12. Juli 1940 erinnert, in dem er den Chef des eidgenössischen Militärdepartementes über seine Absicht orientierte, das Gros der Armee in das Réduit zurückzunehmen. Allein die Tatsache, dass dank der Einsicht der beteiligten Persönlichkeiten Konflikte vermieden werden konnten, darf nicht über die Mängel der geltenden Ordnung hinwegtäuschen. In seiner heutigen Form entspricht Artikel 204, Absatz 2, der Militärorganisation den Anforderungen einer einheitlichen Kriegführung im Zeitalter des totalen Krieges nicht mehr. Der für die Gesamtkriegführung
verantwortliche Bundesrat muss befugt sein, dem General die aus staatspolitischen Gründen notwendigen Weisungen zu erteilen.

Während des aktiven Dienstes 1989--1945 zeigte es sich, dass auch Artikel 208 der Militärorganisation, der dem General das Recht einräumt, über die materiellen Streitmittel des Landes nach seinem Gutfinden zu verfügen, im Zustand der bewaffneten Neutralität tatsächlich nicht anwendbar war.

Eine wörtliche Auslegung dieser Vorschrift hätte den General berechtigt, von sich aus Ausgaben zu beschliessen und die Requisition von Sachgütom anzuordnen. Das hätte zu unhaltbaren Zuständen führen müssen. Denn die Knanzwirtschaffc und die Beschaffung der materiellen Mittel für die Armee rnusB dem Bundesrat zustehen. General Guisan hat auch in diesem Punkte im Interesse des Ganzen darauf verzichtet, sich auf den Wortlaut des Gesetzes

904

zu berufen. Für die Zukunft ist aber zu bedeuten, dass ein solcher Verzicht seitens des Oberbefehlshabers nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann.

Xach Artikel 209, Absatz l, der Militärorganisatiqn war der General berechtigt, über die Kriegsgliederung des Heeres zu entscheiden, ohne an die Vorschriften des Gesetzes gebunden zu sein. In Anwendung dieser Bestimmung hat die Armeeleitung die Aufstellung neuer und die Auflösung bestehender Formationen verfügt. Formell waren allerdings die organisatorischen Verfugungen des Generals nur für die Dauer des aktiven Dienstes gültig. Sofern sie darüber hinaus in Kraft bleiben sollten, bedurften sie der nachträglichen Genehmigung der zuständigen Behörde (Bundesversammlung oder Bundesrat).

Allein es zeigte sich, dass die vom General für den aktiven Dienst angeordneten Änderungen nicht mehr so leicht rückgängig gemacht werden konnten, so dass sie die spätere Ausgestaltung der Heeresorganisation tatsächlich eben doch weitgehend präjudizierten. Das geltende Becht berücksichtigt diesen Umstand nicht genügend.

Eine ähnliche Schwierigkeit ergab sich bei der Handhabung von Artikel 209, Absatz 2, der llilitärorganisation, der den General berechtigt, Offiziere im Kommando einzustellen und Offizieren vorübergehend Kommandos zu übertragen. Es zeigte sich, dass die vom General getroffenen, formell nur für die Dauer des aktiven Dienstes geltenden personellen Verfügungen gegenüber Berufsoffizieren mit der beamtenrechtlichen Stellung der betroffenen Offiziere in Konflikt geraten können. Wir erinnern an die Schwierigkeiten, die sich aus der Tatsache ergaben, dass Oberstkorpskommandant Labhart beamteurechtlich Chef der Generalstabsabteilung blieb, obschqn er in seiner Eigenschaft als Generalstabschef der Armee durch Oberstkorpskommandant Huber ersetzt worden war. Damit künftig solche Widersprüche vermieden werden können, bedarf es einer Änderung des Gesetzes.

Der Gegensatz zwischen den militärischen und politischen Gesichtspunkten trat in der Frage der Truppenaufgebote am deutlichsten zutage. Das ist nicht verwunderlich, denn es gibt kaum ein anderes Gebiet, auf dein die einander vielfach widersprechenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen so eng miteinander verflochten sind.

Die geltende gesetzliche Regelung des Aufgebotsrechtes ist unklar. Die
Frage, wer letzten Endes über den Umfang des Aufgebotes entscheiden soll, wird durch Artikel 210 der Militärorganisation offengelassen. Über die Auslegung dieser Bestimmung gingen denn auch die Auffassungen des Bundesrates und des Generals auseinander. Während General Guisan den Standpunkt vertrat, das Gesetz habe bewusst darauf verzichtet, eine scharfe Abgrenzung der Befugnisse vorzunehmen, damit von Fall zu Fall eine Einigung gesucht werden müsse, war der Bundesrat der Meinung, der Entscheid über den Umfang des Truppenaufgebotes müsse der Landesregierung zustehen. Eine grundsätzliche Verständigung über die Auslegung des Artikels 210 der Militärorganisation kam nicht zustande. In der Praxis aber wurde ein modus vivendi gefunden-, indem sich General Guisan stillschweigend dem Standpunkt des Bundesrates

905 unterzog. Er hat nie von sich aus Truppen aufgeboten, sondern er stellte dem Bundosrat Antrag. Infolgedessen gelangten der Bundesrat und der General in der Mehrzahl der Fälle zu einer beidseits befriedigenden Einigung. Ein einziges Mal, zu Beginn der Invasion in Nordwestfrankreich, kam es infolge verschiedener Beurteilung der Lage zu einer ernsthaften Meinungsverschiedenheit. In seinem Bericht hat der General aus jener Differenz den Schluss gezogen, das Gesetz sollte dem Oberbefehlshaber die Befugnis einräumen, in zeitlich dringlichen Fällen Truppen von sich aus aufzubieten, unter nachträglicher Genehmigung durch den Bundesrat. Demgegenüber ist zu sagen, dass die vom General beanstandete Verzögerung nicht daher rührte, dass die Zeit für eine Verständigung gefehlt hätte. Der wirkliche Grund, weshalb die vom General gewünschte Ermächtigung zum Aufgebot von Grenztruppen nicht in vollem Umfang erteilt wurde, lag darin, dass der Bundesrat sich den Argumenten der Armeeleitung nicht anzuschliessen vermochte. Fälle wirklicher zeitlicher Dringlichkeit werden ausserordentlich selten sein. In der Eegel dürfte eine rechtzeitige Fühlungnahme zwischen dem General und dem Bundesrat auch in Zukunft ohne weiteres möglich sein.

Die Frage der Beurlaubungen und Dispensationen bot ähnliche Schwierigkeiten, wie die Bestimmung des Umfanges des Truppenaufgebotos. Die auf diesem Gebiete vor 1939 getroffenen Vorbereitungen genügten nicht. Die unklare Abgrenzung der Kompetenzen des eidgenössischen Militärdepartementes und der Arineeleitung führten zu Schwierigkeiten, die im Laufe des aktiven Dienstes nie ganz überwunden werden konnten.

Abschliessend ist festzustellen, dass es sich auch während des letzten aktiven Dienstes mit aller Deutlichkeit gezeigt hat, wie wichtig ein enger persönlicher Kontakt zwischen dem Oberbefehlshaber und der Landesregierung ist. Alle wichtigen militärischen Fragen greifen irgendwie in das Gebiet der Staatspolitik und der Volkswirtschaft über. Eine einseitig militärische Betrachtungsweise müsste vor allem im Zustand der bewaffneten Neutralität zu gefährlichen Spannungen führen.

Nach Beendigung des aktiven Dienstes haben der General und der Generalstabschef zum Problem einer Eevision des fünften Teiles der Mihtärorganisation Stellung genommen. Der Genoral forderte eine Neufassung des Artikels
210 der Militärorganisation. Der Generalstabschef hat eine umfassende Änderung vorgesehlagen. Er wies darauf hin, dass die umfassenden Befugnisse, die Artikel 208 dem Oberbefehlshaber einräumt, zwar für den Kriegsfall notwendig seien, dass aber im Zustand der bewaffneten Neutralität dein General weniger weitgehende Eechte gewährt werden sollten. Nur eine klare Unterstellung des Oberbefehlshabers unter die Landesregierung schaffe für die Zukunft eine befriedigende Ordnung.

Der Bundesrat hatte bereits im Geschäftsbericht für das Jahr 1948 den gleichen Standpunkt eingenommen. Im Bericht vom 7. Januar 1947 unterstrich er erneut die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Krieg und bewaffneter Neutralität und die Forderung nach einer eindeutigen Unter-

906 Ordnung der militärischen unter die politische Gewalt. Durch die Annahme der eingangs erwähnten Motion haben sich die eidgenössischen Bäte dieser Auffassung grundsätzlich angeschlossen^ 2. Notwendigkeit einer besonderen Regelung für den Krieg und die bewaffnete Neutralität Der Zustand der bewaffneten Neutralität ist, wie Oberstkorpskommahdant von Sprecher treffend sagte, «nicht mehr Friede und doch auch nicht Krieg».

Dem Kriege gleicht er insofern, als auch schon bei drohender Kriegsgefahr der Gesichtspunkt der Selbstbehauptung des Staates, der im Frieden gegenüber anderen staatlichen Aufgaben in den Hintergrund tritt, eine entscheidende Bedeutung gewinnt. Anderseits aber geht, solange der Krieg nicht ausgebrochen ist, das normale bürgerliche Leben doch irgendwie weiter, und es pflegen, namentlich in einem jahrelangen aktiven Dienst, Krisen mit Zeiten der Entspannung abzuwechseln. Da ist es, bei aller Einsicht in die Notwendigkeit der Erhaltung und Förderung der Kriegsbereitschaft, nicht möglich, auf Jahre hinaus einen Zustand aufrechtzuerhalten, wie er im Kriege unter dem Druck von Not und Gefahr wohl oder übel ertragen werden muss. Im Zustand der bewaffneten Neutralität stehen politische und wirtschaftliche Gesichtspunkte im Vordergrund. Das militärische Interesse, das im Kriege alles beherrscht, muss ihnen gegenüber vielfach zurücktreten.

Die bewaffnete Neutralität, als Zwischenstufe zwischen Frieden und Krieg, stellt uns vor besondere Aufgaben und Schwierigkeiten. Die für den Frieden geltende Ordnung, die keinen militärischen Oberbefehl kennt, genügt den Anforderungen der bewaffneten Neutralität nicht. Anderseits eignen sich aber auch die für den Krieg geschaffenen Bestimmungen nicht. Wenn 1914---1918 und 1989^-1945 schwere Störungen des gesamten staatlichen Lebens haben vermieden werden können, so rührt das einzig daher, dass die gesetzlichen Vorschriften, die bisher einseitig auf den Kriegsfall zugeschnitten waren, beide Male nicht in vollem Umfange angewandt worden sind. Allem, wenn auch auf diese Weise Schwierigkeiten faktisch umgangen werden können, so widerspricht ein solches' Vorgehen eben doch dem Sinn des Gesetzes. Rechtsnormen sind dazu da, dass man sie so anwendet, wie-sie lauten und gemeint sind, Es kann zwar aussergewöhnliche Lagen geben, in denen eine Abweichung von der
geltenden rechtlichen Ordnung unvermeidlich ist. Aber diese Abweichung zum Normalfall zu erheben, wie das hinsichtlich des fünf ton Teiles der Militärorganisation in den beiden letzten aktiven Diensten geschehen ist, geht auf die Dauer nicht an.

Daraus, dags wir mangels besonderer Vorschriften gezwungen sind, die auf den Krieg zugeschnittenen gesetzlichen Bestimmungen auch schon im Zustand der bewaffneten Neutralität anzuwenden, ergeben sich folgende Nachteile: .

.

·-- Um die mit der Inkraftsetzung dieser Vorschriften verbundene Störung dés Öffentlichen Lebens zu vermeiden, wird man sich nur zögernd zur

907 Anordnung des aktiven Dienstes entschliessen. Jedes Zögern aber erhöht die Gefahr, zu spät zu kommen.

-- Wenn der General auf die Ausübung von Befugnissen verzichten muss, die ihm das Gesetz einräumt, so leidet seine Autorität Schaden. Die Rechtsstellung des Oberbefehlshabers ist stärker, wenn ihm das Gesetz nur solche Rechte einräumt, die er tatsächlich ausüben kann, ohne befürchten zu müssen, dadurch eine Störung des gesamten öffentlichen Lebens herbeizuführen.

--· Endlich ist zu bedenken, dass jede Abweichung von der gesetzlichen Ordnung, mag sie auch sachlich gerechtfertigt oder sogar hnvermeidlich sein, einen ersten Schritt auf dem Wege zur rechtlichen Anarchie bedeutet. Es darf in einem demokratischen Staatswesen nicht der Eindruck aufkommen, die obersten Behörden betrachteten die Bechtsordnung als unverbindlich.

Diese Überlegungen sprechen für die Schaffung einer besonderen Begehmg für den Zustand der bewaffneten Neutralität. Die gelegentlich geäusserten Bedenken gegen die Unterscheidung zwischen Krieg und bewaffneter Neutralität scheinen uns nicht stichhaltig. Vor allem ist festzustellen, dass es durchaus möglich ist, den Übergang von der einen zur anderen Ordnung praktisch reibungslos zu gestalten.

3. Der Inhalt der neuen Ordnung des aktiven Dienstes

A. Die allgemeinen Bestimmungen über den aktiven Dienst Das Gesetz muss künftig zwischen Ordnungsdienst, Dienst im Zustand der b e w a f f n e t e n Neutralität (Neutralitätsdienst) und Kriegsdienst eine folgerichtige Unterscheidung treffen. Als gemeinsamer Oberbegriff ist der Begriff des aktiven Dienstes beizubehalten.

Für den Ordnungsdienst muss eine klarere, der neueren Praxis bosser entsprechende Begelung der Befugnisse des Bundes und der Kantone getroffen werden.

Ferner sind die Bestimmungen über das A u f g e b o t und die Pikettstellung zu vereinfachen und den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen anzupassen.

Es scheint uns notwendig, ausdrücklich zu betonen, dass die Teil- oder Gesamtmobilmachung vom Bundesrat verfügt werden muss, sobald die Möglichkeit einer Neutralitätsverletzung oder eine Kriegsgefahr besteht. Ein frühzeitiges Aufgebot der Armee oder von Teilen derselben ist für den Erfolg unseres Abwehrkampfes von entscheidender Bedeutung.

Die Bestimmung, dass der Bundesrat den Vollzug des Aufgebotes überwacht, ist in dieser Form nicht mehr zutreffend. Im aktiven Dienst tritt die Mobilmachungssektion zum Armeestab über, und von diesem Zeitpunkt hinweg ist dieser und nicht mehr der Bundesrat für den Vollzug des Aufgebotes verantwortlich. Der zweite Satz in Artikel 198 der Militärorganisation (bisherige Fassung) ist deshalb zu streichen.

908

In ihrer bisherigen Form sind die Vorschriften über die Pikettstellung zu ausführlich. Es genügt, im Gesetze den Grundsatz festzulegen, dass der Bundesrat der Mobilmachung vorausgehend die Pikettstellung anordnen kann.

Ferner sind die Pflichten der Kantone, Gemeinden und Privatpersonen festzulegen, aber auch sie nur dem Grundsatz nach. Alle Einzelbestimmungen und Verfahrens Vorschrift en, wie sie heute noch in den Artikeln 199, Absatz 3, 200, 218 und 214 der Militärorganisation enthalten sind, gehören nicht in das Gesetz, sondern in eine bundesrätliche Verordnung und auf die anzuschlagenden Plakate. Die strafrechtlichen Sanktionen für Verstösse gegen die Vorschriften über die Pikettstellung (Artikel 213, Absatz 4, der Militärorganisation) müssen künftig im Militärstrafgosetz geregelt werden. Sie gehören so wenig als andere Strafbestimmungen in die Militärorganisation.

In den Artikeln 201, 202, 212, 216,217--220 (alt) der Militärorganisation werden für den Fall des aktiven Dienstes dem Staate gegenüber den Privaten ausserordentliche Befugnisse eingeräumt. Diese sollen dem Staate -- im Kriege und zum Teil auch schon im Zustand der bewaffneten Neutralität -- die Möglichkeit bieten, unbekümmert um die in normalen Zeiten anerkannten Freiheiten und privaten Eechte von jedem Einzelnen persönliche Dienstleistungen zu fordern und über das private Eigentum zu verfügen.

Diese Befugnisse zum Eingriff in die private Eechtssphäre entsprechen einem absoluten Bedürfnis. Es wäre sinnlos, auf persönlichen Freiheiten und Eechten beharren zu wollen, wenn darob der Staat, der sie gewährleistet, in Trümmer zerfällt oder in die Abhängigkeit von einem fremden Willen gerät.

Im Kriege muss daher jeder Einzelne seine Person zur Verfügung des Landes stellen und, soweit es in seinen Kräften steht, zur Verteidigung des Landes beitragen. Der Staat muss ferner grundsätzlich über alles Eigentum im Interesse einer wirksamen Kampfführung frei verfügen können. Die Rechtsordnung darf dem Staate nicht die Mittel verweigern, die er benötigt, um in der Stunde der Gefahr seine Existenz und damit die Geltung des Eechts zu wahren. Das Beispiel Englands im letzten Krieg zeigt, dass auch eine Demokratie im Kampfe um ihren Bestand vorübergehend dem Staate umfassende Kompetenzen übertragen muss.

. Es ist klar, dass im Zustand der bewaffneten
Neutralität die ausserordentlichen Befugnisse des Staates wesentlich enger umschrieben werden müssen als für den Kriegsfall. Die in das Leben des Einzelnen am tiefsten einschneidende Verpflichtung zur persönlichen Dienstleistung (bisher Artikel 203, Absatz l, der Militärorganisation) soll auch in Zukunft auf den Krieg beschränkt bleiben.

Die besonderen Vorschriften über den Kriegsbetrieb der Verkehrsunternehmungen sowie der Militäranstalten und Militärwerkstätten können unter Beschränkung auf das Grundsätzliche knapper gefasst werden.

Die Neufassung der Bestimmungen über den Kriegsbetrieb der Verkehrsunternehmungen sowie der Militäranstalten und Militärwerkstätten, die in einein einzigen Artikel zusainmengefasst werden können, sowie die Vereinfachung der Vorschriften über das Aufgebot von Pferden und Transportmitteln ermög-

909

liehen die Aufhebung der Abschnitte III und IV des f ü n f t e n Teiles der Militärorganisation. Die grundsätzlichen Bestimmungen dieser beiden Abschnitte, die beizubehalten sind, können ohne weiteres im Abschnitt i untergebracht werde».

Was endlich die Frage des Übergangs vom Neutralitätsdienst zum Kriegsdienst betrifft, seien uns folgende Bemerkungen gestattet: Die Erfahrungen der letzten Jahre lehren, dass der Krieg überraschend ausbrechen kann. Es muss deshalb dafür gesorgt werden, dass der Übergang von der bewaffneten Neutralität zum Kriegszustand sich möglichst rasch und reibungslos vollzieht.

Die beste Lösung besteht darin, dass das Gesetz dem Bundesrat die Befugnis einräumt, die für den Krieg geltende Ordnung in Kraft zu setzen, sobald Anzeichen dafür vorliegen, dass ein Angriff auf unser Land unmittelbar bevorsteht. Der Entscheid darüber, ob die Kriegsordnung in Kraft zu setzen oder ob vorerst noch die weniger weit gehende Eegelung für die bewaffnete Neutralität beizubehalten ist, muss der Bundesra-t treffen, denn die zu beantwortende Frage ist nicht nur militärischer, sondern zugleich auch politischer Natur. Sache des Generals ist es, den Bundesrat rechtzeitig zu warnen und den Übergang zur Kriegsordnung zu beantragen, wenn er die Gefahr entsprechend einschätzt.

Es kann sein, dass trotz äusserster Wachsamkeit die Feindseligkeiten ausbrechen, bevor der Übergang zur Kriegsordnung vom Bundesrat verfügt werden konnte. In diesem Falle soll das Kriegsrecht ohne weiteres in Kraft treten.

B. Der Oberbefehl a. Allgemeines Einer befriedigenden Lösung des Problems stellen sich zwei grundsätzliche Schwierigkeiten entgegen, die sich nicht ganz überwinden lassen: Die erste ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen den organisatorischen Normen und den handelnden Persönlichkeiten. Letzten Endes kommt es nicht auf den geschriebenen Bechtssatz, sondern auf dessen tatsächliche Handhabung an. Diese hängt aber in entscheidendem Masse von den mit der Anwendung des Hechtes betrauten Männern, ihrem Charakter und ihren Fähigkeiten ab. Organisatorische Probleme sind daher immer auch Personenfragen.

Die organisatorischen Vorschriften können nun aber keine Gewähr dafür bieten, dass der richtige Mann an den richtigen Platz gelangt. Sie schützen nicht vor Irrtümern in der Auswahl und vor einem Versagen der handelnden
Persönlichkeiten. Da die Personen wichtiger sind, als die organisatorischen Normen, wäre es wunschbar, die Vorschriften von Fall zu Fall der Eigenart der Inhaber des Amtes anzupassen. Das ist auf den unteren Stufen der militärischen Organisation bis zu einem gewissen Grade möglich. Die Umstellung Bundesblatt. 100. Jahrg. Bd. II.

62

910 eines grossen Apparates, wie die Armee in ihrer Gesamtheit, ist aber nur noch in beschränktem Masse durchführbar. Es muss hier eine gewisse Konstanz gewahrt bleiben. Diese Forderung gilt erst recht für die Regelung der Bezie-.

hungen zwischen den höchsten militärischen und politischen Stellen. Hier muss ein für allemal eine feste Ordnung geschaffen werden, so wünschenswert es auch wäre, die Abgrenzung der Befugnisse und Verantwortlichkeiten von Fall zu Fall den Fähigkeiten und dem Charakter der handelnden Persönlichkeiten anzupassen.

Daraus folgt : Weil die organisatorischen Normen notwendigerweise starr sind und der Eigenart der mit ihrer Handhabung beauftragten Männer nicht genügend Rechnung tragen können, sollten sie nur die wichtigsten Grundsätze enthalten und keine Einzelheiten regeln wollen. Sie sollten der Entfaltung der persönlichen Eigenart möglichst weiten Spielraum lassen und die zu erreichenden Ziele festlegen, die Art und Weise der Erfüllung der gestellten Aufgaben aber dem freien Ermessen der handelnden Personen überlassen, die dann auch die volle Verantwortung für ihre Entscheidungen und Massnahmen zu tragen hätten.

Da jede Organisation notwendigerweise bis zu einem gewissen Grade unpersönlich ist, muss sie für durchschnittliche Persönlichkeiten geschaffen werden. Sie darf weder mit genialen Männern noch mit unfähigen oder charakterlich unzulänglichen Amtsinhabern rechnen. Namentlich letzteres soll sie nicht. Eine Kompetenzordnung, die sich die Verhütung von Missbräuchen zum Ziele setzen wollte, die also grundsätzlich auf dem Misstrauen gegenüber den handelnden Persönlichkeiten aufgebaut wäre, würde jede Initiative lahmen.

Eine brauchbare Organisation muss vielmehr Männer mit gutem Willen, vernünftiger Einsicht .und Tatkraft voraussetzen. Fehlt es an solchen, so hilft die beste rechtliche Regelung nichts. Bei der Ausgestaltung der Kompetenzordnung für den aktiven Dienst ist also davon auszugehen, dass sowohl der General als auch die Mitglieder des Bundesrates grundsätzlich das Richtige wollen und in der Zielsetzung einig sind. Diese Übereinstimmung im Grundsätzlichen schliesst Meinungsverschiedenheiten nicht aus. Aber es muss doch erwartet werden dürfen, dass auf beiden Seiten der Wille zur Überbrückung von Gegensätzen vorhanden ist.

Die andere grundsätzliche Schwierigkeit
rührt daher, dass die rechtliche Stellung des Generals durch, einen unlösbaren inneren Widerspruch gekennzeichnet ist: Alle staatlichen Funktionen hängen aufs engste zusammen. Es sollte deshalb um der Einheit des staatlichen Handelns willen im Frieden und im Kriege eine Instanz für die gesamte Tätigkeit des Staates verantwortlich sein. Dieser einen, obersten Behörde müssten folgerichtigerweise alle anderen staatlichen Organe unterstellt sein.

Daraus folgt: Da eine militärische Diktatur, die dem General den letzten Entscheid auch in politischen Fragen einräumen würde, für uns ausser Betracht fällt, bleibt für uns nur die Unterstellung des Oberbefehlshabers unter den

911

Bundesrat übrig, der nach Artikel 95 der Bundesverfassung die oberste vollziehende und leitende Behörde der Eidgenossenschaft ist.

Um seine Verantwortung als höchste Verwaltungsinstanz tragen zu können,, müsste -- streng logisch betrachtet -- der Bundesrat befugt sein, dem General im Rahmen der Verfassung und der Gesetze alle ihm gutscheinenden Weisungen zu erteilen und auf allen Gebieten der militärischen Tätigkeit, wenn nötig, selbst einzugreifen. Er müsste sich zwar in der Ausübung seiner Kompetenzen Zurückhaltung auferlegen und dürfte nicht wahllos in den militärischen Bereich hineinregieren. Aber rechtlich müsste seine Befugnis uneingeschränkt sein, denn sonst könnte er von der Bundesversammlung für das Ergebnis seine» Handelns nicht in vollem Umfang verantwortlich gemacht werden. Wer für die Tätigkeit einer anderen Instanz die Verantwortung trägt, muss dieser alle» befehlen können. Wie weit er dann im konkreten Falle seine Befehlsgewalt tatsächlich ausübt, ist eine andere Präge. Walther Burckhardt sagt hierüber mit Recht: «Die Verwaltungsbehörden bilden unter sich eine engere Einheit: die höhere ist verantwortlich für die niedere und die Regierung ist verantwortlich für das Ganze, gemäss der Einheit des öffentlichen Interesses- salbet. Dez Verantwortlichkeit der obersten Amtsstelle entspricht aber notwendig die Befugnis, der unteren verbindliche Weisungen zu erteilen.» Dem Postulat einer klaren Unterordnung aller anderen staatlichen Exekutivorgane unter den Bundesrat widerspricht nun aber die Forderung nach, möglichster Selbständigkeit der militärischen Führung. Der Oberbefehlshaber bedarf im Zustand der bewaffneten Neutralität und erst recht natürlich im Kriege grosser persönlicher Freiheit. Eine Einmischung der politischen Behörden kann die Erfüllung seiner Aufgabe erschweren, die Geheimhaltung gefährden, und die Durchführung militärischer Massnahmen verzögern. Daraus würde --.

wiederum streng logisch betrachtet -- folgen, dass der General rechtlich vom» Bundesrate unabhängig und ihm gleichgeordnet sein sollte. Denn solange er.

der politischen Leitung untersteht und es im Ermessen des Bundesrates hegt, in den Bereich der militärischen Führung einzugreifen, besteht die Gefahr, dass der für den Erfolg im Kriege verantwortliche Oberbefehlshaber in seinem Handeln gehemmt wird. Würde das
Gesetz aber dem General die unabhängigeStellung einräumen, deren er im militärischen Interesse bedürfte, so würde die Einheit der staatlichen Leitung in Frage gestellt.

Der Widerspruch ist logisch nicht zu überbrücken. Man kann die Lösung so oder anders wählen, sie wird nie ganz folgerichtig sein. Je unabhängiger die Stellung des Oberbefehlshabers gestaltet wird, desto grösser wird die Gefahr, dass die Kriegführung nicht mehr Mittel der Politik bleibt, sondern ihren eigenen Gesetzen folgt. Je straffer umgekehrt die militärische Führung der politischen Leitung untergeordnet wird, desto sicherer wird zwar die Einheit des staatlichen Handelns erreicht, desto leichter können aber auch schädliche Einflüsse auf die Kriegführung einwirken. Auflösen lässt sich der Widerspruch nicht, aber es kann und muss ein Ausgleich gefunden werden, der, wenn auch logisch nicht einwandfrei, so doch praktisch brauchbar ist.

912

Als leitender Gesichtspunkt für die praktische Lösung muss gelten : Grundsätzliche Unterordnung des Generals unter die politischen Behörden in allen staatspolitisch bedeutsamen Prägen, aber mögliehst weitgehende Selbständigkeit auf rein militärischem Gebiete.

, Allein hier macht sich nun eine weitere Schwierigkeit bemerkbar, die darin liegt; dass sich politische und militärische Erwägungen in der Praxis nicht scharf abgrenzen lassen. «Alles hängt zusammen», sagt Walther Burkhardt, «und das scheinbar Unbedeutendste kann je nach Umständen ... politisch bedeutsam worden». Das zeigt sich auf allen Gebieten der militärischen Tätigkeit, von der Führerauswahl bis zu den strategischen und rüstungstechnischen Problemen.

Kragen, die anscheinend militärischer Natur sind, erhalten unter bestimmten Voraussetzungen eine entscheidende politische Tragweite.

Der enge Zusammenhang der politischen und militärischen Gesichtspunkte schliesst eine Lösung, die den militärischen und politischen Bereich auf Grund einer allgemeinen Formel abgrenzen wollte, zum vorneherein aus. Es bleibt nichts anderes übrig, als von Fall zu Fall zu prüfen, ob die militärischen oder die politischen Anforderungen den Vorrang verdienen. Weil aber auf diese Weise keine logisch und sachlich ganz befriedigende Abgrenzung der Kompetenzen möglich ist, müssen die beteiligten Persönlichkeiten imstande sein, über ihr Fachgebiet hinauszusehen, damit sie, jede in ihrem Bereich, die allgemeinen Zusammenhänge zu erkennen vermögen. Im Zeitalter des totalen Krieges muss der Oberbefehlshaber politisch geschult sein, denn seine wichtigsten Entschlüsse sind immer auch politisch bedeutsam. Was hilft es, militärisch richtig zu handeln^ wenn dabei der politische Endzweck aus den Augen verloren wird ? Umgekehrt muss der Staatsmann in den Fragen der Strategie und der militärischen Organisation so weit bewandert sein, dass er bei seinen Entscheidungen den berechtigten militärischen Interessen Rechnung zu tragen vermag.

Bei Meinungsverschiedenheiten über Fragen, die zugleich militärischer und politischer Natur sind, dürfen sich Bundesrat und General nicht allzu sehr auf ihren Reohtsstandpunkt · versteifen, sondern sie müssen in vernünftiger Zusammenarbeit einen Ausgleich suchen. Das mag nicht immer einfach sein. Aber es ist die einzige Möglichkeit, um trotz der -~
notwendigerweise -- widerspruchsvollen Abgrenzung der Kompetenzen zu einer praktisch befriedigenden liösung au gelangen.

fc. Die Wahl des Generals Es steht ausser Zweifel, dass der General schon bei drohender Kriegsgefahr ernannt werden muss. Zeiten der politischen und militärischen Spannung, wie sie im Zustand der bewaffneten Neutralität die Eogel bilden werden, erfordern, gleich wie der Krieg, rasche Entschlüsse in unabgeklärter Lage. Tm Zeitälter des «Nervenkrieges» und der «politischen Kriegführung» beginnt das

913 Eingen nicht erst mit dem Ausbruch der Feindseligkeiten. Auf wichtigen Gebieten -- im Nachrichtendienst, in der Spionageabwehr und in der Bekämpfung der «fünften Kolonne» und der Propaganda -- herrscht Kriegszustand, auch wenn die Waffen noch schweigen. Auch verändert sich erfahrungsgeraäsß die Lage so rasch, dass der Übergang vom Zustand drohender Kriegsgefahr zürn offenen Kampf eine Frage von Stunden sein kann. In einer solchen Lage kann die Friedensorganisation unmöglich beibehalten werden.

Der General muss also bereits irn Zustand der bewaffneten Neutralität gewählt werden. Der Unterschied zum Kriegszustand ist lediglich darin zum Ausdruck zu bringen, dass der Oberbefehlshaber im Neutralitätsdienst noch nicht die umfassenden Kompetenzen erhält, die ihm für den Kriegsfall eingeräumt werden müssen.

In der neuen Fassung des Gesetzes ist zu betonen, dass der General nur ernannt wird, wenn ein Truppenaufgebot «zum Schutze der Neutralität oder Unabhängigkeit»"in Aussicht steht oder angeordnet ist. Es ist denkbar, dass -- abgesehen vom Ordnungsdienst -- Truppen aus rein polizeilichen Gründen aufgeboten werden müssen. Wir erinnern an die Verstärkung der Grenzwacht durch Truppen im Jahre 1945. Rechtlich sind solche Einberufungen Aufgebote zum aktiven Dienste. Es ist aber klar, dass sie, selbst wenn sie einen grösseren Umfang erreichen sollten, die Ernennung des Generals nicht rechtfertigen.

Nach Artikel 85, Ziffer 4, der Bundesverfassung (ausgeführt durch Artikel 204 der Militärorganisation) wählt die Bundesversammlung den General.

Unter dem Eindruck des Überfalles auf Österreich wurde im April 1938 die Wahl des Generals durch den Bundesrat vorgeschlagen. Diesem Antrag wurde keine Folge gegeben. Die Frage, ob der General vom Bundesrat oder von der Bundesversammlung zu wählen ist, bleibt aber offen.

Vorweg ist festzustellen, dass die rechtliche Stellung des Generals nicht davon abhängt, ob er von der Bundesversammlung oder vom Bundesrat ernannt wird. Es stehen auch andere Beamte -- z, B. der Bundeskanzler -- unter dem Bundesrat, obschon sie von den eidgenössischen Räten gewählt werden. Der General kann trotz seiner Ernennung durch die Bundesversammlung dem Bundesrat untergeordnet sein.

Politisch ist die Stellung des Generals stärker, wenn er von der Bundesversammlung gewählt wird. Er erscheint
«lann als Vertrauensmann des ganzen Volkes und nicht nur als Beauftragter des Bundeerates. Die politische (nicht die rechtliche) Bedeutung dieser Tatsache darf nicht unterschätzt werden.

Ein General, der nicht das uneingeschränkte Vertrauen der zivilen Behörden und des Volkes geniesst, wird sich nicht durchsetzen können, mag er auch militärisch noch so begabt sein.

Diese Überlegung spricht für die Wahl des Oberbefehlshabers durch die Bundesversammlung.

Dein Bedenken, dass bei überraschendem Kriegsausbruch die Bundesversammlung nicht mehr zusammentreten und den General ernennen könnte, sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass dem Bundesrat die Befugnis

914

eingeräumt wird, in zeitlich dringenden Fällen den Oberbefehlshaber selbst zu bezeichnen. In diesem Falle kommt eine nachträgliche Genehmigung durch die Bundesversammlung nicht mehr in Frage. Denn wenn der General ·'erst einmal ernannt ist, kann die Wahl nicht mehr diskutiert werden, ohne dass seine Autorität untergraben und eine gefährliche Krisis heraufbeschworen würde.

Wir betonen jedoch, dass die Ernennung des Generals durch den Bundesrat als reine Notmassnahme gedacht ist, die nur unter der Voraussetzung getroffen werden darf, dass die Bundesversammlung nicht mehr rechtzeitig zusammentreten kann. Der Bundesrat würde in einem solchen Falle der Bundesversammlung und dem Lande gegenüber nicht nur für die Wahl als solche verantwortlich, sondern auch dafür, dass er von seiner außerordentlichen Befugnis nur aus zwingenden Gründen Gebrauch machte.

Auf Grund der Erfahrungen aus den verschiedenen aktiven Diensten halten wir es für notwendig, in der neuen Fassung des Gesetzes zu sagen, dass der General von der Bundesversammlung auf Antrag des Bundesrates gewählt wird. Der Bundesrat soll den eidgenössischen Bäten den Mann seines Ver'trauens vorschlagen. Die Bundesversammlung soll nach wie vor befugt sein, dem Vorschlag des Bundesrates zuzustimmen oder ihn abzulehnen. Im letzteren Falle aber soll ein neuer Kandidat nicht aus ihrer Mitte genannt werden, sondern die Bundesversammlung soll vom Bundesrat einen neuen Vorschlag verlangen.

Wir halten dieses Verfahren für zweckmässig, weil es allein Sicherheit dafür bietet, dass zwischen dem General und dem Bundesrat das für eine fruchtbare Zusammenarbeit unentbehrliche Vertrauensverhältnis besteht. Dem Bundesrat darf nicht ein Anwärter aufgedrängt werden, den er als Oberbefehlshaber nicht als geeignet erachtet.

c. Die Entlassung des Generals Mit dem Ende des aktiven Dienstes tritt der General zurück. Das versteht sich von selbst und braucht im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt zu werden.

Dagegen muss das Gesetz dem Bundesrat die Befugnis einräumen, der Bundesversammlung jederzeit die Abberufung des Generals zu beantragen.

Der Entscheid soll, gleich wie bei der Wahl, der Bundesversammlung zustehen.

Diese wird aber einen Abberuf ungsantrag des Bundesrates nicht ohne zwingende Gründe ablehnen dürfen. Denn der Bundesrat kann nicht wohl gezwungen werden,
mit einem Oberbefehlshaber zusammenzuarbeiten, zu dem er nicht mehr das notwendige Vertrauen hat.

Wie bei der Wahl, so muss auch für die Abberufung des Generals mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass die Bundesversammlung nicht mehr rechtzeitig zusammentreten kann. In diesem Falle muss der Bundesrat befugt sein, selber zu handeln. Es ist klar, dass auch bezüglich des Ersatzes des Generals der Bundesrat gegenüber Bundesversammlung und Land die volle Verantwortung trägt, und zwar auch dafür, dass die von ihm verfügte Massnahme tatsächlich keinen Aufschub erlaubte.

·

\

915

Der General muss seinerseits berechtigt sein, seinen Rücktritt anzubieten.

Einem solchen Begehren muss entsprochen werden. Es darf dem General nicht zugemutet werden, weiter im Amte zu bleiben, wenn er die Verantwortung für die Folgen bestimmter Anordnungen des Bundesrates nicht glaubt tragen zu können.

Selbstverständlich wird weder der Bundesrat die Möglichkeit eines Antrages auf Abberufung noch der General das Angebot des Rücktrittes dazu missbrauchen dürfen, um in untergeordneten Fragen seine Auffassung durchzusetzen.

d. Die Eegelung der Stellvertretung Nach geltendem Eecht ist vorgesehen, dass der älteste Armeekorpskommandant von Gesetzes wegen Stellvertreter des Generals wird. Diese Regelung ist unklar und sachlich unbefriedigend. Sie zwingt unter Umständen den Bundesrat, einen Stellvertreter des Oberbefehlshabers anzunehmen, den er aus staatspolitischen oder militärischen Gründen nicht als geeignet erachtet. Durch die Bezeichnung des Stellvertreters wird eine allfällige Neuwahl des Generals wenn auch nicht rechtlich, BÖ doch faktisch weitgehend präjudiziert. Wir sind daher der Auffassung, dass künftig die Eegelung der Stellvertretung des Generals dem Bundesrat zustehen soll. Bis dieser 'seinen Entscheid getroffen hat, soll der Chef des Generalstabes die Vertretung übernehmen.

Artikel 206 der Militärorganisation entspricht in seiner heutigen Fassung den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr. Wenn der Bundesrat pflichtgemäss die Kriegsmobilmachung rechtzeitig anordnet und zugleich die Wahl des Generals veranlasst, so kann der in Artikel 206 der Militärorganisation vorausgesetzte Tatbestand nicht mehr eintreten. Die Kommandoführung des eidgenössischen Militärdepartementes in Vertretung des noch nicht ernannten Generals gehört der Geschichte an. In seiner bisherigen Fassung ist Artikel 206 der Militärorganisation zu streichen.

e. Die Weisungen des Bundesrates an den General Nach geltendem Recht (Artikel 204, Absatz 2, der Militärorganisation) erteilt der Bundesrat dem General Weisung über den Endzweck des Truppenaufgebotes. Diese Bestimmung ist zu eng. Der grundsätzliche Mangel der heutigen Regelung liegt darin, dass das Gesetz von der unrichtigen Voraussetzung ausgeht, die militärische Kriegführung sei ein in sich abgeschlossenes Gebiet, in dem der Wille des Feldherrn allein massgebend
aein dürfe. Das mag früher bis zu einem gewissen Grade der Fall gewesen sein, als die Armee in einem eng begrenzten Gebiete kämpfte und die übrigen Teile des Landes durch die Kampfhandlungen kaum berührt wurden. Da mag es zur Not genügt haben, wenn die Regierung dem Oberbefehlshaber den zu erreichenden Endzweck bezeichnete, ihm aber bezüglich des zur Erreichung dieses Zweckes einzuschlagenden Weges volle Freiheit liess. Allein diese Voraussetzung trifft nicht mehr zu. Im Zeit-

916 alter des totalen Krieges kann dem General keine uneingeschränkte Freiheit mehr gewährt werden, sondern die Regierung musa befugt sein, überall dort, wo die operativen Entschlüsse zugleich auch politisch bedeutsam sind, ihre Auffassung in verbindlicher Forni zum Ausdruck zu bringen. Sie muss den letzten Entscheid über die Kriegsziele treffen und sie kann nicht dulden, dass durch militärische Massnahmen die Erreichung der von ihr festgelegten politischen Ziele erschwert oder verunmöglicht wird.

Im Ausland ist heute allgemein anerkannt, dass die politische Leitung in allen Fragen der Kriegführung die letzten Entscheidungen fällt. Im zweiten Weltkrieg haben in allen kriegführenden Staaten, auch in den Demokratien, die Regierungschefs sich die Genehmigung der Operationspläne und damit den Entscheid über- die grundlegenden strategischen Fragen vorbehalten. Die militärischen Führer waren nur ihre fachtechnischen Berater und Vollstrecker ihres Willens. Die Regierung trug die volle und ausschliessliche Verantwortung für die Gesamtkriegführung. Churchill sagte in seiner Rede vor dem amerikanischen Kongress am 19. Mai 1942: «Der moderne Krieg ist total. Es ist deshalb notwendig, dass die ausführenden Stellen durch die verantwortlichen Staatsmänner unterstützt und, soweit nötig, gelenkt werden. Nur. der Regierungschef besitzt den Überblick, der ihn befähigt, nicht bloss die militärischen, sondern auch die politischen und wirtschaftlichen Kräfte des Staates einzusetzen und sie auf das eine, entscheidende Ziel zu konzentrieren.» Das ist die allein richtige Auffassung, die auch wir uns zu eigen machen müssen. Der Bundesrat soll dem General in der Ausführung seines Auftrages möglichst grosse Freiheit lassen und er soll sich nicht in rein militärische Fragen einmischen. Aber über die Zielsetzung entscheidet er, nicht der General.

Selbstverständlich soll der Bundesrat bei der Bestimmung der Kriegsziele die vom General geltend gemachten militärischen Erwägungen berücksichtigen.

Der General muss das Recht und die Pflicht haben, dem Bundesrat gegenüber den militärischen Standpunkt zu vertreten, und dieser kann Bedenken des Oberbefehlshabers nicht ausser acht lassen. Denn es wäre sinnlos, der Armee ein politisch richtig gewähltes Ziel zu setzen, das aber aus militärischen Gründen "nicht erreicht werden könnte. Aber
wenn auch der Bundesrat den militärischen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen hat, so muss doch er allein darüber entscheiden können, was aus staatspolitischen Gründen geschehen muss.

Dass sich der Bundesrat dabei äusserster Zurückhaltung zu befleissen und gewissenhaft jede Einmischung in rein militärische Angelegenheiten ohne politische Tragweite zu vermeiden hat, ist klar. Aber rechtlich muss seine Befugnis, dem General Weisungen zu erteilen, unbeschränkt sein, denn er muss bestimmen können was staatspolitisch bedeutsam ist.

Artikel 204, Absatz 2, der Militärorganisation muss daher im Sinne einer Ausdehnung des bundesrätlichen Weisungsrechtes geändert werden, und zwar sowohl für den Kriegsfall wie für den Zustand der bewaffneten Neutralität.

Im übrigen müssen wir uns darüber klar sein, dass es letzten Endes mehr auf die Eihsicht und den Takt der verantwortlichen Staatsmänner und auf die

917 sichere Haltung des Generals ankommt, als auf eine ausgeklügelte Abgrenzung der Kompetenzen, die in den entscheidenden Augenblicken doch versagen musate.

/. Das Verhältnis des Generals zu den politischen Behörden Wie schon in anderem Zusammenhang festgestellt wurde, musa der General im Zustand der bewaffneten Neutralität und im Kriege dem Bundesrat unterstellt sein. Oberstkorpskommandant Huber sagt in seinem Bericht mit Recht : «Wirklich klare Verhältnisse werden sich nur erzielen lassen, dann aber mit Leichtigkeit, wenn der Oberbefehlshaber der Armee und die Landesregierung nicht neben-, sondern einer dem anderen untergeordnet sind. Wie das meines Wissens in jedem demokratischen Staat, dessen Oberhaupt nicht zugleich Oberbefehlshaber der Armee ist, üblich ist, muss der Oberbefehlshaber der Armee der Begierung unterstellt sein» (S. 428).

| Diese Unterordnung ist durch die Praxis bereits weitgehend anerkannt, mit der einzigen Ausnahme, dass der General seinen Bechenschaftsbericht nicht dem Bundesrat, sondern der Bundesversammlung erstattet, weil sie seine Wahlbehörde ist. Diese Gewohnheit ist ein an sich harmloses Überbleibsel aus den Zeiten der Tagsatzung. Wenn ihr auch praktisch keine grosse Bedeutung zukommt, so sollte doch im Interesse der Folgerichtigkeit die bisherige Übung preisgegeben und der General verpflichtet werden, seinen Bericht dem Bundesrat vorzulegen. Die direkte Berichterstattung an die Bundesversammlung verleitet leicht zu der unrichtigen Vorstellung, der General sei, weil er durch die eidgenössischen Bäte gewählt wird, dem Bundesrat hierarchisch gleichgestellt und unmittelbar dem Parlament verantwortlich.

Die Bedeutung, die dem General als Oberbefehlshaber zukommt, schliesst seine Unterstellung unter das eidgenössische Militärdepartement aus. Er soll im Zustand der bewaffneten Neutralität wie im Kriege der Landesregierung unterstehen. Sein Dienstweg aber soll über den Chef des eidgenössischen Militärdepartementes gehen. Es wird in der Praxis, wie es bisher schon der Fall war, in Fragen von untergeordneter Bedeutung eine direkte Verständigung zwischen dem Oberbefehlshaber und dein Chef des eidgenössischen Militärdepartementes erzielt werden können, so dass der General nur in grundsätzlichen Fragen an den Gesamtbundesrat wird gelangen müssen. Das Hecht des Generals, in
solchen Fällen den Entscheid der Landesregierung anzurufen und seine Auffassung persönlich vor ihr zu vertreten, soll künftig durch eine ausdrückliche Gesetzesbestimmung verankert werden. Diese Vorschrift entspricht übrigens durchaus der bisherigen Praxis.

In ausländischen Staaten pflegt der Regierungschef über einen oder mehrere militärische Ratgeber zu verfügen (in Frankreich 1989 über den «Chef d'Etat-major général»; in England und den USA. über die «Chiefs of Staff»), Diese Lösung hat für Grossmächte, die den Krieg auf mehreren räumlich getrennten Kriegsschauplätzen zu führen haben, ihre Berechtigung. In

918 unseren eng beschränkten Verhältnissen aber wäre es undenkbar, dass der Bundesrat einen arideren militärischen Berater zuziehen würde als den General.

Jeder Versuch, eine derartige Lösung zu verwirklichen, musate zu den schwersten Konflikten führen.

Es fragt sich, ob dem General ein Rechtsmittel gewährt werden sollte, um sich gegen sachlich ungerechtfertigte Eingriffe des Bundesrates in rein militärische Fragen zu schützen.

Das könnte praktisch nur dadurch geschehen, dass ihm die Möglichkeit eingeräumt würde, in einem Kompetenzkonflikts verfahren an die Bundesversammlung zu gelangen, falls er sich in seinem Bereich durch Eingriffe des Bundesrates verletzt fühlen würde. Die Bundesversammlung müsste dann entscheiden, ob Weisungen des Bundesrates an den General oder direkte Eingriffe in den militärischen Befehlsbereich als Kompetenz Überschreitung anzusehen wären oder nicht. ' Das scheint eine formelle Frage zu sein. Allein tatsächlich lässt sich die Kompetenzfrage doch nur im Zusammenhang mit dem materiellen Problem entscheiden. Wenn also der Bundesversammlung die Entscheidung der Kompetenzfrage übertragen würde, so müsste sie -- ob sie es wollte oder nicht -- in letzter Instanz auch die Sachfrage selbst beantworten. Das widerspräche aber ihrer Aufgabe als oberste Kontrollinstanz. Ihre Sache ist es, die Verwaltung zu überwachen und den Bundesrat für das Ergebnis seiner Tätigkeit verantwortlich zu machen, nicht selbst die politischen und militärischen Interessen gegeneinander abzuwägen. Die Verantwortung des Bundesrates würde eingeschränkt und der Grundsatz der Unterordnung des Generals unter die Regierung in Frage gestellt, wenn die Bundesversammlung bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem General und dein Bundesrat entscheiden müsste.

Der Entscheid darüber, ob eine Frage politischer oder militärisch-technischer Natur sei, musa dem Bundesrat selbst überlassen bleiben. Das bedeutet nicht, dass er nach seinem Belieben in den militärischen Bereich soll eingreifen dürfen. Er ist -- wie jede andere Behörde -- an Verfassung und Gesetz gebunden. Er wird infolgedessen gewissenhaft prüfen, ob tatsächlich politische Gründe ihn zum Eingreifen zwingen, und, wenn das nicht zutrifft, wird er sich jeder Einmischung enthalten.

Der General muss für sein Tun und Lassen die Verantwortung übernehmen. Gerade
weil seine Stellung eine selbständige ist und er über ausgedehnte Befugnisse verfügt, ist seine Verantwortlichkeit von entscheidender Bedeutung. Seine weitgehende Handlungsfreiheit ist ihm nur deshalb gegeben, damit er um so wirksamer für den Erfolg seiner Tätigkeit verantwortlich gemacht werden kann.

Es ist zu unterscheiden zwischen der rechtlichen und der politischen Verantwortlichkeit.

Die straf- und zivilrechtliche Verantwortlichkeit spielt praktisch keine Bolle. Es ist kaum anzunehmen, dass der General in Ausübung seiner Funktion

919

sich einer strafbaren Handlung schuldig macht oder für finanzielle Schäden haftbar erklärt werden musate.

Um so wichtiger aber ist die politische Verantwortlichkeit. Diese besteht darin, dass der Bundesrat an der Tätigkeit des Generals Kritik üben und ihm für die Zukunft ein anderes Verhalten anempfehlen kann. Hilft das nicht, so kann der Bundesrat der Bundesversammlung die Abberufung des Generals beantragen. In der Kegel wird aber begründete Kritik allein schon als genügender Ansporn dienen.

Die Verantwortlichkeit des Generals gegenüber dem Bundesrat schliesst nicht aus, dass der General letzten Endes auch dem Lande gegenüber verantwortlich ist.

Obschon sich die Verantwortlichkeit des Generals gegenüber dem Bundesrat aus den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen ableiten lässt, sollte die Militärorganisation künftig eine ausdrückliche Bestimmung über die Verantwortung des Oberbefehlshabers enthalten.

Wenn der Bundesrat den General soll verantwortlich machen können, muss er berechtigt sein, von ihm Rechenschaft über sein Tun und Lassen zu fordern.

Der General muss verpflichtet sein, dem Bundesrat auf alle Fragen Eede und Antwort zu stehen, und zwar jederzeit, nicht erst nach Beendigung seiner Aufgabe. Das ist schon bisher praktisch so gehandhabt worden, und es ist klar, dass das Recht des Bundesrates auf Auskunft nicht beschnitten werden darf.

Er könnte sonst weder seine eigenen Entscheidungen treffen noch der Bundesversammlung Eede und Antwort stehen, noch endlich beurteilen, ob der General seiner Aufgabe genügt oder ob er abberufen werden muss. Wir halten aber die Aufnahme einer ausdrücklichen Vorschrift nicht für notwendig. Die Pflicht, Auskunft zu erteilen, ist ein Ausfluss der Verantwortlichkeit des Generals gegenüber dem Bundesrat.

g. Die Befugnisse des Generals Bezüglich der Befehls- und Verfügungsgewalt des Generals ist zwischen bewaffneter Neutralität und Krieg zu unterscheiden. Im Kriege bedarf der Oberbefehlshaber einer umfassenden Verfügungsmacht über alle personellen und materiellen Streitmittel. Im Zustand der bewaffneten Neutralität dagegen muss die Befehls- und Verfügungsgewalt des Generals im Interesse einer reibungslosen Zusammenarbeit mit den zivilen Behörden enger begrenzt sein, ale sie es heute ist.

1. Im Zustand der bewaffneten

Neutralität:

Die Frage des Truppenaufgebotes Dieses Problem hat in allen Aktivdiensten seit 1870/71 die grössten Schwierigkeiten bereitet. Der Grund hiefür liegt darin, dass das geltende Gesetz eine Regelung des Aufgebotsrechtes enthält, die dem General Befugnisse gewährt, die er im Zustand der bewaffneten Neutralität nicht ausüben kann, ohne dass

920 es zu schweren Konflikten zwischen der militärischen und zivilen Gewalt kommt. Diese Eegelung ist denn auch tatsächlich nie so gehandhabt worden, wie sie lautet.

Die Frage nach dem Umfang des Truppenaufgebotes ist letzten Endes politischer Natur. Der General soll der Eegierung sagen, wie viele Truppen er nach der politischen und militärischen Lage glaubt einberufen oder unter den Waffen behalten zu müssen. Sache des Bundesrates ist es dann aber, den Ausgleich zwischen militärischen, wirtschaftlichen und finanziellen Interessen zu suchen. Er und nicht der General muss deshalb den Umfang des Aufgebotes festsetzen.

Es besteht nun freilich die Gefahr, dass sich die Vorgänge von 1871 wiederholen könnten. Allein die Möglichkeit eines unrichtigen Entscheides des Bundesrates ist kein Grund, um den Entscheid über eine so ausgesprochen politische Frage der obersten Exekutivbehörde zu entziehen und ihn dem General zu übertragen. Dieser ist nicht dazu berufen, das Problem politisch, d. h. nach allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu betrachten. Es muss genügen, dem General die Verantwortung dafür zu überlassen, dass der Bundesrat über die militärischen Bedürfnisse rechtzeitig unterrichtet wird.

Die Aufnahme einer besonderen Gesetzesbestimmung über die Beurlaubungen und Dispensationen halten wir nicht für notwendig. In der Befugnis des Bundesrates, über den Umfang des Aufgebotes zu entscheiden, ist ohne weiteres auch die Kompetenz eingeschlossen, die leitenden Gesichtspunkte für die Dispensationen und Beurlaubungen festzulegen. Es ist das auch bisher schon ohne ausdrückliche Gesetzesvorschrift so gehandhabt worden. Dass die militärischen Stellen zuständig sind, im Bahmen der bundesrätlichen Bichtlinien Urlaub zu gewähren und Dispensationen zu verfügen, versteht sich von selbst.

Die vorgeschlagene Begelung trägt der Auffassung Bechmmg, die von Oberstkorpskommandant Huber auf Grund der Erfahrungen aus dem letzten Aktivdienst vertreten worden ist. Im Bericht des Generalstabschefs heisst es : «Wenn im Falle (der bewaffneten Neutralität) nicht die ganze Armee benötigt wird, so scheint es mir durchaus gerechtfertigt, dass der Bundesrat auf Antrag des Generals über das Ausmass des Truppenaufgebotes entscheidet» (S. 423).

Auch General Guisan hat übrigens das Becht des Bundesrates, den Umfang des Aufgebotes
zu bestimmen, grundsätzlich anerkannt. Er sagt: «Die Tradition unseres Milizsystems will es, dass die Bürger auf den Buf der Eegierung hin,: die sie sich selbst gegeben haben, zu den Waffen greifen» (S. 248 des Generalsberichtes).

Fraglich ist einzig, ob dem Oberbefehlshaber --· entsprechend dem Vorschlag von General Guisan -- die ausnahmsweise Befugnis eingeräumt werden soll, in Fällen zeitlicher Dringlichkeit von sich aus Truppen aufzubieten, unter dem Vorbehalt der nachträglichen Genehmigung durch den Bundesrat. Dazu ist zu sagen:

921 Im Zustand der bewaffneten Neutralität -- und nur er spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle -- ist es ohne weiteres möglich, die Verbindung zwischen General und Bundesrat innert kürzester Frist herzustellen. Der Zeitverlust, der sich aus der Fühlungnahme ergibt, fällt praktisch kaum ins Gewicht.

Für den Fall eines überraschenden Angriffes aber, der eine vorherige Verständigung zwischen dem Oberbefehlshaber und der Regierung möglicherweise ausschliessen könnte, gelten ohnehin nicht mehr die Bestimmungen für die bewaffnete Neutralität, sondern im Augenblick der Eröffnung der Feindseligkeiten tritt --· gemäss unserem Vorschlag -- die Regelung für den Kriegsfall in Kraft, wonach der General über alle Streitkräfte uneingeschränkt verfügt.

Wenn dagegen -- wie im Juni 1944 -- Zweifel darüber bestehen, ob die Lage ein Neuaufgebot von Truppen erfordert, rührt die Verzögerung nicht daher, dass keine rechtzeitige Fühlungnahme zwischen General und Bundesrat möglich ist, sondern sie ist die Folge einer grundsätzlichen Meinungsverschiedenheit. Für dies'e Fälle aber darf dem Oberbefehlshaber nicht das Eecht eingeräumt werden, unter Berufung auf zeitliche Dringlichkeit das Aufgebot von sich aus zu verfügen, um dem Bundesrat gegenüber seine Auffassung durchzusetzen.

Aus diesen Gründen lehnen wir die Einführung eines ausserordentlichen Aufgebotsrechtes des Oberbefehlshabers ab.

Der Umfang der Befehlsgewalt des Generals Im Zustand der bewaffneten Neutralität soll der General -- im Gegensatz zum Kriege --· nur über die Streitkräfte verfügen, deren Aufgebot der Bundesrat gutgeheissen hat.

Im Rahmen der vom Bundesrat aufgestellten Richtlinien für das Aufgebot muss folgerichtig die Befehlgewalt des Generals sich auf alle Streitkräfte erstrecken.

Es bedarf keiner nähern Begründung, dass eine Rückkehr zu der vor 1988 geltenden Ordnung, wonach der Territorialdienst dem eidgenössischen Militärdepartemen,t unterstand, nicht in Frage kommen kann. Die militärische Verwaltung muss vielmehr -- nicht nur im Kriege, sondern schon im Zustand der bewaffneten Neutralität -- dem Armeekommando eingegliedert werden. Vor allem darf die Ausbildung in den Schulen und Kursen nicht einer besonderen, ausserhalb der Armee stehenden Organisation überlassen bleiben. Es ist im Gegenteil alles vorzukehren, damit der Einflues des Generals
sich auch im Bereich der Instruktion restlos durchzusetzen vermag. Es gibt nur ein Ziel der militärischen Ausbildung und dieses Ziel ist das gleiche für die Armee, wie für die Schulen und Kurse. Die nötige Übereinstimmung in der Zielsetzung und den Methoden aber muss der General festsetzen und nicht irgendeine andere militärische oder gar .zivile Instanz.

922 In der neuen Fassung des fünften Teiles ist klar zum Ausdruck zu bringen, dass mit Beginn des aktiven Dienstes alle Dienststellen der eidgenössiohen Militärverwaltung --- von wenigen Ausnahmen abgesehen -- im Armeekommandö aufgehen sollen. Diese Ausnahmen sind abschliessend aufzuzählen.

Die Verfügungsgewalt über die materiellen Streitmittel Das geltende Recht räumt hinsichtlich der materiellen Mittel (Geld, Vorräte aller Art, Grundbesitz, usw.) dem General in Artikel 208, zweiter Satz, Befugnisse ein, die er im Zustand der bewaffneten Neutralität nicht ausüben kann, ohne die schwersten Konflikte mit der zivilen Gewalt heraufzubeschwören.

Im .Zustand der bewaffneten Neutralität muss der General bezüglich der Verfügung über die materiellen Mittel den politischen Behörden klar und eindeutig untergeordnet sein. Denn gleich wie die Bestimmung des Umfanges des Truppenaufgebotes ist der Entscheid über die Frage, welche Beträge für militärische Zwecke aufzuwenden und wie die verfügbaren Vorräte an Rohmaterial und Fabrikaten zwischen der Armee und der Wirtschaft zu verteilen sind, ein politisches Problem, das der Bundesrat und nicht der General zu beantworten hat. Der General soll nur über die Mittel verfügen können, die ihm der Bundesrat zuweist.

Das Eecht des Generals, über die Kriegsgliederung des Heeres

zu entscheiden Nach Artikel 209 (alt) der Militärorganisation entscheidet der General, ohne an die Bestimmungen des Gesetzes gebunden zu sein, Über die Kriegsgliederung des Heeres. Der Sinn der Vorschrift ist der, dass der Oberbefehlshaber zwar für die Dauer des aktiven Dienstes aus operativen und taktischen Erwägungen die bestehende Gliederung soll ändern können, dass er aber nicht befugt sein soll, durch seine Entscheidungen die Organisation der Armee im Frieden zu prajudizieren.

Diese Eegelung ißt sachlich einwandfrei. Nur ist zu bedenken, dass die Massnahmen des Generals, auch wenn sie rechtlich nur für die Dauer des aktiven Dienstes gelten, die künftige Entwicklung tatsächlich eben doch \veitgehend beeinflussen.

Wenn also der General nicht die Möglichkeit haben soll, durch seine Massnahmen die Friedensorganisation des Heeres faktisch zu prajudizieren, so muss er verpflichtet werden, in allen Fällen, in denen die von ihm verfügten Änderungen in der Kriegsgliederung zugleich einen Einfluss auf die künftige Gestaltung des Wehrwesens ausüben, die Genehmigung des Bundesrates einzuholen. Soweit organisatorische Änderungen finanzielle Folgen haben, ist der General ohnehin genötigt, die Zustimmung des Bundesrates einzuholen, der ihm die erforderlichen Kredite einräumen muss. Allein das Mitsprachereoht

923

des Bundesrates darf nicht auf die finanzielle Seite der organisatorischen Fragen beschränkt werden. Die Kostenfrage ist oft weniger wichtig, als andere Gesichtspunkte, zu denen der Bundesrat ebenfalls sollte Stellung nehmen können, sobald die Massnahmen des Generals die künftige Gestaltung der Organisation präjudizieren. In diesem Sinne bedarf Artikel 209 der Militärorganisation einer Erweiterung.

Die Befugnisse des Generals in personellen Fragen Der General muss -- schon im Zustand der bewaffneten Neutralität -- grundsätzlich befugt sein, seine Mitarbeiter und die Truppenführer selber aus,zuwählen. Vom reibungslosem Zusammenwirken mit ihnen hängt es nicht zuletzt ab, ob er seine Aufgabe erfüllen kann. Der General sollte deshalb das Hecht zur Kommandoübertragung und zur Enthebung vom Kommando haben.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatze scheint uns für die Ernennung des Chefs des Generalstabes und des Generaladjutanten notwendig zu sein.

Nach der bisherigen Ordnung wird der Chef des Generalstabes nach Anhören des Generals durch den Bundesrat, gewählt. Über die Wahl des Generaladjutanten enthält die Militärorganisation keine Bestimmungen.

Wir legen aus politischen Gründen Wert darauf, bei der Ernennung des Chefs des Generalstabes und des Generaladjutanten ein massgebendes Wort mitreden zu können. Es empfiehlt sich deshalb eine Regelung in der Weise, dass die Wahl durch den Buudesrat auf Antrag des Generals erfolgt. Sollte dee Bundesrat dem Antrage des Generals nicht beipflichten, hätte dieser einen neuen Vorschlag zu unterbreiten.

Die Befugnis des Generals, vorübergehende Konunaudoübertragungen und Enthebungen vom Kommando zu verfügen (Artikel 209, Absatz 2, der Militärorganisation), ist beizubehalten. Es muss aber die Möglichkeit geschaffen werden, den vom General getroffenen personellen Verfügungen dauernde Wirkung zu verleihen. Das ist besonders dann notwendig, wenn die verfügten Änderungen mit beamtenrechtlichen Gesichtspunkten kollidieren. Wenn der General einem Beamten in der Armee eine Stellung einräumt, die nicht mit seiner beamtenrechtlichen Situation übereinstimmt oder wenn er Berufsoffiziere vom Kommando enthebt, ohne dass der betreffende Offizier pensioniert wird, so entstehen für alle Beteiligten unerfreuliche Zustände. Deshalb müssen die personellen Verfügungen des Generals und
die beamtenrechtlichen Verhältnisse in Übereinstimmung gebracht werden. Es ist klar, dass der General diese Übereinstimmung nicht von sich aus herbeiführen kann. Der endgültige Entscheid muss dem Bundesrat zustehen. Aber der General soll berechtigt sein, dem Bundesrat die ihm notwendig erscheinenden endgültigen personellen Änderungen zu beantragen. Der Bundesrat wird, wenn immer möglich, dem Antrag des Oberbefehlshabers Folge geben. Uni diese Anpassung zu ermöglichen, muss der Bundesrat im aktiven Dienste von der geltenden beamtenrechth'chen Ordnung abweichen können, jedoch nur unter Vorbehalt der vermögensrechtlichen Ansprüche der betroffenen Beamten.

924 2. Im Kriegsfall Nach Kriegsausbruch gestaltet sich das Verhältnis zwischen Bundesrat und General in mancher Hinsicht einfacher als im Zustand der bewaffneten Neutralität.

Im Kriege muss der General von vornèherein und ohne jede Einschränkung über alle Mittel verfügen, die im K a m p f e in irgendeiner Form eingesetzt werden können. Die Frage des Umfanges des Truppenaufgebotes stellt sich nach Kriegsausbruch nicht mehr. Denn wir werden es uns im Kriege nie leisten können, nur einen Teil der Armee einzusetzen. Auch wenn wir den letzten Soldaten und alles vorhandene Material in den Kampf werfen, werden wir schwerlich so stark sein, wie wir es sein möchten.

In einem Kriege, wie wir ihn würden bestehen müssen, stellt .die militärische Kriegführung allo andern Aufgaben des staatlichen und des privaten Lebens in den Schatten. Für einen Kleinstaat, dessen Gebiet sehr bald in seiner ganzen Ausdehnung Kampfgebiet sein wird, spielen wirtschaftliche und finanzielle Gesichtspunkte, die für eine Grossmacht auch im Kriege an erster Stelle stehen, im Vergleich zur militärischen Kriegführung nur eine geringe Eolle. Nach Kriegsausbruch können wir voraussichtlich weder unsere industrielle Produktion im Gange halten noch einen geordneten Verkehr sicherstellen, noch in grösserem Umfange das Land bebauen. So paradox es klingt, wird auch das Geld als solches -- das des Staates wie der Privaten -- im Kriege für una faktisch einen wesentlichen Teil seiner Bedeutung verlieren. Die Frage der Kreditgewährung, die im Frieden und im Zustand der bewaffneten Neutralität eine entscheidende Eolle spielt, tritt im Kriege in den Hintergrund. Denn für den Einsatz im Kampfe zählt praktisch doch nur das Material, das bei Kriegsausbruch vorhanden und greifbar ist. Was sollte der General im Kriege schon mit Krediten anfangen können ?

Daraus folgt, dass Artikel 208 der Militärorganisation, der dem Oberbefehlshaber die uneingeschränkte Verfügung über alle personellen und materiellen Streitmittel des Landes einräumt, für den Kriegsfall durchaus zweckmässig ist. Er entspricht den Bedürfnissen des Kleinstaates im Kampfe gegen eine Übermacht. Selbstverständlich kann eine derart einschneidende Bestimmung nur für den Krieg in Frage kommen. Es wäre undenkbar, dem General für den Zustand der bewaffneten Neutralität so umfassende Kompetenzen
einzuräumen. Artikel 208 der Militärorganisation ist denn auch mit gutem Grund faktisch noch nie angewandt worden.

Im Kriege aber muss der General, wie Artikel 208 betont, alle ihm notwendig scheinenden Massnahmen anordnen und über alle Streitmittel nach seinem Gutfinden verfügen können. Die einzige berechtigte Einschränkung seiner Macht hegt in der Befugnis des Bundesrates, ihm verbindliche Weisungen über die zu erreichenden Ziele zu erteilen. Im Gegensatz zum Zustand der bewaffneten Neutralität muss der General im Kriege befugt sein, ohne jede

925 Rücksicht auf die gesetzlichen Vorschriften die Organisation der Armee den wechselnden Bedürfnissen des Kampfes anzupassen. Er, und an seiner Stelle auch die unteren Kommandanten, müssen das Eecht haben, Verbände aufzulösen und neue Gruppierungen vorzunehmen. Er muss Offiziere, die sich nicht bewähren, ersetzen und vor dem Feinde Beförderungen und KommandoÜbertragungen verfügen können, die in normalen Zeiten undenkbar wären.

Weder Grad noch Dienstalter, noch frühere Dienstleistungen dürfen bei der Führerauswahl im Kriege ins Gewicht fallen. Der Grundsatz einer gleichmassigen, gerechten Behandlung der Anwärter verliert jede Bedeutung. Es kommt nur noch darauf an, im entscheidenden Augenblick den richtigen Mann an den richtigen Platz zu stellen.

Die Erteilung uneingeschränkter Befehls- und Verfügungsgewalt au den General ist im Kriege deshalb möglich, weil die Kontinuität in der Organisation -- im Gegensatz zum Zustand der bewaffneten Neutralität -- keine Bolle mehr spielt. Ein Krieg bewirkt eine derartige Umwälzung auf allen Gebieten, dass es ohne jede Bedeutung ist, ob der General die bestehende Friedensorganisatipn mehr oder weniger stark verändert. Nach dem Kriege muss ohnehin von Grund auf neu begonnen werden.

Selbstverständlich kann der General bei Kriegsbeginn nicht von einem Augenblick auf den anderen die ganze bisherige Ordnung umgestalten. Aber grundsätzlich müssen er und seine Untergebenen befugt sein, alles anzuordnen, was sie im Interesse einer erfolgreichen Kampfführung für notwendig erachten.

Die Frage der Abweichung von der bestehenden Ordnung darf nur eine Frage der .Zweckmässigkeit und nicht des Rechtes sein.

Anderseits soll sich die Befehls- und Verfügungsgewalt des Generals auf die Streitmittel beschränken. Er soll auch im Kriege nicht zum Diktator werden, der die gesamte Staatliche und private Tätigkeit lenkt. Die Leitung der Gesamtkriegführung ist Sache der Regierung, dem General steht nur die Leitung der militärischen Aktionen zu.

Der Begriff der «Streitmittel» ist je nach der Entwicklung der Kriegführung Wandlungen unterworfen. Früher gehörten nur die waffentragenden Männer zu den «personellen Streitmitteln», heute umfasst der Begriff alle Männer und Frauen, die -- mit oder ohne Waffen -- in der Feldarmee, in den ortsgebundenen Verbänden der Armee (Grenzschutz,
Beduitbrigaden, Territorialorganisationen, Zerstörungstruppen usw.), in den rückwärtigen Diensten, im Luftschutz und in den Ortswehren in irgendeiner Form am Kampfe teilnehmen sollen. Entscheidend ist das Kriterium der Zugehörigkeit zu einer Organisation, die der militärischen Kriegführung dient. Im konkreten Fall ist die Abgrenzung nicht immer ganz einfach. Dennoch sollte die bewusst sehr allgemein gefasste Bezeichnung « Streitmittel» beibehalten werden. Jede engere Fassung schliesst die Gefahr in sich, dass neue Kategorien, die mit der Entwicklung der Kampfführung Bedeutung erlangen könnten, nicht mehr erfasst .werden. Dies ist zu vermeiden.

Bundesblatt. 100. Jahrg. Bd. II.

63

926

4. Schlussbemerkungen Die von uns vorgeschlagene Neufassung des fünften Teiles der MilitärOrganisation hält sieh im Eahmen des geltenden Verfassungsrechtes. Diese Feststellung gilt auch für die Befugnis des Bundesrates, in zeitlich dringlichen Fällen, wenn die Bundesversammlung nicht mehr rechtzeitig sollte zusammentreten können, den General zu ernennen oder ihn zu ersetzen. Diese ausserordentliche Befugnis des Bundesrates ergibt sieh aus seiner verfassungsmässigen Aufgabe, für die Wahrung der äusseren Sicherheit und die Behauptung der Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz zu sorgen (Artikel 102, Ziffer 9, der Bundesverfassung). Wenn bei drohender Kriegsgefahr die Mobilmachung verfügt wird, so muss der General ernannt werden. Sofern die Bundesversammlung faktisch verhindert ist, die Ernennung vorzunehmen, so muss der Bundesrat an ihrer Stelle handeln. Täte er es nicht, so wäre die äussere Sicherheit und die Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz in Frage gestellt. Unser Vorschlag will also lediglich eine bereits aus Artikel 102, Ziffer 9, der Bundesverfassung abzuleitende, ausserordentliche Befugnis des Bundesrates gesetzlich umschreiben.

Die Eevision des fünften Teiles der Militärorganisation bedingt die redaktionelle Anpassung einiger anderer Vorschriften des Gesetzes.

Gestützt auf diese Ausführungen beehren wir uns, Ihnen den beiliegenden Entwurf für ein Bundesgesetz über die Abänderung der Militärorganisation zur Annahme zu empfehlen.

Wir benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versiehern.

· Bern, den 2. Juli 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Celia Der Bundeskanzler: Leimgruber

927 (Entwurf)

Bundesgesetz über

die Abänderung der Militärorganisation (Heeresklassen, Ausbildung, aktiver Dienst)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 2. Juli 1948,.

beschliesst :

:

:

Art. l Folgende Artikel und Titel des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft mit den bis 12. Dezember 1947 getroffenen Abänderungen werden aufgehoben: a. Artikel 2, der Titel von Abschnitt III des ersten Teils, Artikel 8, 85, 86, 87, 58, 68, Absatz l, lit. e, 68, 75, 78, Absatz l, 79, Absatz 2, 80, Absatz 2, 99, 115, 116, der Titel von Abschnitt IV des dritten Teils, Artikel 123, 128, 185, der fünfte Teil «Der aktive Dienst», mit den Artikeln 195 bis 210 und 212 bis 220 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 12. April 1907; b. Artikel 119, 120, 121 und 137, Absatz l, in der Fassung des Bundesgesetzes vom 28. September 1934; ~ c. Artikel 122 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1988 (Verlängerung der Wiederholungskurse); d. Artikel 99, Absatz l, und 122bis in der Fassung des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1938 (Kurse für Grenztruppen und besondere Kurse für Landwehr und Landsturm); e. Artikel 129, 136 und 211 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 9. November 1938; /. Artikel l, 3, 20, 98 und 99, Absatz 5, in der Passung des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1938;

928

g. Artikel 118, Absatz 2, 119, Absatz 1,. 127, 128, Absatz l, 130 und 134 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 3.Februar 1939; h. Artikel 124 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1947.

Diese Artikel und Titel werden durch folgende Bestimmungen ersetzt: Art. 1. Jeder Schweizer ist wehrpflichtig.

Die Wehrpflicht beginnt mit dem Jahre, in dem das zwanzigste, und endet mit dem Jahre, in dem das sechzigste Altersjahr vollendet wird.

Die Wehrpflicht ist zu erfüllen durch persönliche Dienstleistung (Militärdienst) im Auszug, in der Landwehr, im Landsturm oder im Hilfsdienst.

Art. 2. Wer die Wehrpflicht nicht durch persönliche Dienstleistung im Auszug und in der Landwehr erfüllt, hat den Militärpflichtersatz zu bezahlen. Der Angehörige des Hilfsdienstes wird dem Umfange seiner persönlichen Dienstleistung entsprechend von der Bezahlung des Militärpflichtersatzes befreit. Die Leistung des Militärpflichtersatzes endigt mit dem Jahre, in dem das achtundvierzigste Altersjahr vollendet wird.

Die Regelung des Militärpflichtersatzes erfolgt durch besonderes Bundesgesetz.

Art. 3. Diensttauglichen Jünglingen kann die persönliche Dienstleistung schon vor Erreichen des wehrpflichtigen Alters gestattet werden; sie haben aber den Dienst mit ihrer Altersklasse ungeschmälert zu leisten.

Die Bestimmungen über die vorzeitige Aushebung sind vorbehalten.

Titel von Abschnitt III des ersten Teils: m. Inhalt der Wehrpflicht A r t . 8. Die '· persönliche Dienstleistung umfasst a. den Instruktionsdienst (Ausbildungsdienst); b. den aktiven Dienst (Dienst zur Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen aussen, sowie zur Handhabung von Ruhe und Ordnung im Innern. Artikel 2 der Bundesverfassung).

Art. 20. Der Hilfsdienst ist zur Ergänzung, Unterstützung und Entlastung der Armee bestimmt.

: Dem Hilfsdienst werden die durch Entscheid einer sanitarischen Untersuchungskommission hilfsdiensttauglich erklärten Wehrpflichtigen zugeteilt.

Ferner -können dem Hilfsdienst zugewiesen werden : a. Schweizer und Schweizerinnen, die sich freiwillig zur Verfügung stellen; 6. Schweizer, die das wehrpflichtige Alter noch nicht erreicht haben, sofern sievon der Armee im aktiven-Dienste für besondere Aufgaben benötigt werden ; c. im Kriegsdienst mit Zustimmung des Armeekommandos: nach Artikel 1,6 17 und 18 von der persönlichen Dienstleistung ausgeschlossene Schweizer,

929 sowie nach Artikel 19 des Kommandos enthobene Offiziere und Unteroffiziere.

Der Bundesrat setzt, die Organisation des Hilfsdienstes fest.

Art, 35. Der Auszug besteht aus den "diensttauglichen Wehrpflichtigen des zwanzigsten bis zum sechsunddreissigsten, die Landwehr aus denjenigen des siebenunddreissigsten bis zum achtundvierzigsten und der Landsturm aus denjenigen des neunundvierzigsten bis zum sechzigsten Altersjahr.

Wehrpflichtige, die sich zur Dienstleistung in der ihrem Alter entsprechenden Heeresklasse nicht mehr eignen, können auf Grund eines Entscheides einer sanitarischen Untersuchungskommission vorzeitig in eine, andere Heeresklasse versetzt werden.

Art. 36. Hauptleute und Subälternoffiziere werden in der :Eegel in der ihrem Alter entsprechenden Heeresklasse eingeteilt. Sie können, nach Bedarf länger in ihrer Heeresklasse belassen oder vorzeitig in eine andere: Heeresklasse versetzt werden.

.

, .

Stabsoffiziere werden den verschiedenen Heeresklassen nach Bedarf zugewiesen.

, .

Mit ihrem Einverständnis können Offiziere über das wehrpflichtige Alter hinaus verwendet werden.

. .

Art. 37. Der Übertritt von einer Heeresklasse in eine ändere und der Abtritt aus der Wehrpflicht erfolgen am 31. Dezember des Jahres, in welchem der Wehrpflichtige die in Artikel 85 dieses Gesetzes für jede Heeresklasse festgelegte obere Altersgrenze erreicht.

Im Zustand der bewaffneten Neutralität und im Krieg kann der Übertritt durch den Bundesrat verschoben werden.

Art. 53. Auf Grund der Beschlüsse der Bundesversammlung gemäss Artikel 52 legt der Bundesrat die Elemente und die Gliederung des Heeres, sowie die Armee-Einteilung fest.

Art. 63, Abs. l, lit.e.

Stabsoffiziere: · Major, Oberstleutnant, Oberst, Oberstbrigadier, Oberstdivisionär, Oberstkorpskommandant, General.

.

' Art. 68. Die Beförderung zum Korporal steht den Kommandanten der Unteroffiziersschulen zu. Für die Beförderung der Unteroffiziere und zum Gefreiten sind die Kommandanten der Stäbe und Einheiten zuständig. Die Beförderungen erfolgen nach Bedarf und Dienstalter.

Art. 75. Die in der Kavallerie beritten eingeteilten Angehörigen des Auszuges sind verpflichtet, ständig ein diensttaugliches Pferd zu halten. Der Bund liefert den beritten eingeteilten Offizieren der Kavallerie ein Reitpferd zu den gleichen Bedingungen wie der Mannschaft.

930

Art. 78. Abs. 1. DasPferd bleibt in den Händen des Mannes, solange er im Auszug beritten eingeteilt ist. Es ist von ihm. ausser Dienst auf eigene Kosten gehörig zu ernähren und zu besorgen und darf zu jedem Gebrauche verwendet werden, der die militärische Diensttauglichkeit nicht beeinträchtigt.

Art. 79, Abs. 2. Kavalleristen, die ihr Pferd schlecht behandeln oder nicht mehr imstande sind, ein Pferd zu halten, werden zu einer andern Truppengattung versetzt. Sie haben ihr Pferd zurückzugeben.

Art. 80, Abs. 2. Wenn der Mann mit dem gleichen Pferd während zehn Jahren seine Wehrpflicht in einer berittenen Einheit der Kavallerie erfüllt hat, so geht es in sein Eigentum über.

Art,. 93. Die Bewaffnung und persönliche Ausrüstung ist den Wehrpflichtigen abzunehmen, die nicht imstande sind, sie zu besorgen, sich in ihrer Behandlung nachlässig erwiesen haben oder vor dem Ende der Wehrpflicht von der persönlichen Dienstleistung befreit werden.

Der Bundesrat bestimmt, in welchen Fällen bei der Versetzung zum Hilfsdienst die Bewaffnung und persönliche Ausrüstung vom Manne abzuliefern ist.

Art. 99. Die Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten im Auszugs- und Landwehralter haben alljährlich, diejenigen im Landsturmalter und die ausgerüsteten Angehörigen des Hilfsdienstes jedes zweite Jahr eine Inspektion ihrer Bewaffnung und persönlichen Ausrüstung zu bestehen.

Die Inspektionspflicht wird im Militärdienst oder durch Bestehen einer gemeindeweisen Inspektion erfüllt.

Art. 115. Die in diesem Gesetze festgelegte Dauer der Schulen und Kurse darf für einzelne Wehrpflichtige, die für besondere Organisations- und Eutlassungsarbeiten notwendig sind, um höchstens zwei Tage überschritten werden.

Art. 116. Die Militärbehörden sind ermächtigt, das für die Durchführung von Schulen und Kursen erforderliche Hilfspersonal im Eahmen der gesetzlichen Dienstleistungen einzuberufen.

Soweit ein militärisches Bedürfnis besteht, können Wehrpflichtige zu freiwilligen Dienstleistungen zugelassen werden. Sie stehen in gleichen Hechten und Pflichten wie Wehrpflichtige im obligatorischen Dienst.

Der Bundesrat kann zur Ausbildung von freiwillig Dienst leistenden Wehrpflichtigen besondere Kurse anordnen.

Art.. 118, Abs. 2. Die Dauer der Eekrutenausbildung beträgt 118 Tage, für die berittenen Dragoner 132 Tage, Art. 119. Das Fachpersonal
(Mechaniker, Hufschmiede, Sattler, Wagner, Schlosser, Krankenwärter us\v.) erhält seine Ausbildung zum Teil in normalen Bekrutenschulen, zum Teil in einer Fachrekrutenschule.

Der Bundesrat regelt die Dauer und die Reihenfolge dieser Dienstleistungen.

931' Titel von Abschnitt IV des dritten Teils: IV. Ausbildungsdienste der Trappenverbände Art, 120. Die Offiziere bestehen alle Ausbildungsdienste ihrer Einheit oder ihres Stabes. Der Bundesrat kann jedoch die Pflicht zur Teilnahme an Ausbildungsdiensten für Offiziere im Landwehr- und Landsurmalter einschränken, Im Auszugsalter leisten Wachtmeister und höhere Unteroffiziere zwölf, Korporale, Gefreite und Soldaten acht Wiederholungskurse.

Im Landwehralter leisten die bei den Grenz-, Festungs-, Reduit- und Zerstörungstruppen eingeteilten Unteroffiziere und Soldaten höchstens sechsunddreissig Tage, diejenigen aller übrigen Truppen höchstens vierundzwanzig Tage Ausbildungsdienst in Ergänzungskursen.

: Offiziere und Unteroffiziere haben zudem Kadervorkurse zu bestehen.

Art. 121. Die Truppenkörper und Einheiten des Auszuges werden alle Jahre zum Wiederholungskurs einberufen; diejenigen der Landwehr bestehen Ergänzungskurse nach Anordnung dos Bundesrates.

Die aus Angehörigen mehrerer Heeresklassen gebildeten Truppenkörper und Einheiten werden nach Anordnung des Bundesrates zu Wiederholungskursen oder Ergänzungskursen aufgeboten.

Art. 122. Die Wiederholungskurse haben eine Dauer von 20 Tagen. Ihnen unmittelbar vorangehend werden Kadervorkurse von drei Tagen für Offiziere und zwei Tagen für Unteroffiziere durchgeführt.

Die Dauer der Ergänzungskurse wird im Kahmen der gesetzlichen Dienstleistungen (Artikel 120) durch den Bundesrat festgesetzt- Er ist befugt, den Ergänzungskursen Kadervorkurse von höchstens drei Tagen für die Offiziere und zwei Tagen für die Unteroffiziere vorangehen zu lassen.

Art, 122bis Für besondere Fälle kann der Bundesrat im Rahmen der gesetzlich festgelegten Gesamtdienstleistung des einzelnen Wehrpflichtigen eine von den Artikeln 120--122 abweichende Regelung treffen.

Art. 123. Die Bundesversammlung kann für den Fall einer Umorganisation oder Neubewaffnung eines Truppenkörpers oder einer Einheit des Auszuges und der Landwehr Dienstleistungen anordnen und deren Dauer bestimmen.

Sie ist befugt, für den Landsturm Ausbildungskurse von höchstens drei Tagen anzuordnen. In dringenden Fällen kann der Bundesrat solche Kurse von sich aus festsetzen.

Art. 123bis Die Bundesversammlung kann für den Hilfsdienst Ausbildungskurse anordnen. Sie bestimmt deren Dauer.

Für die Angehörigen des
Hilfsdienstes, die das achtundvierzigste Altersjahr zurückgelegt haben, dürfen diese Kurse höchstens drei Tage dauern. In dringenden Fällen kann der Bundesrat solche Kurse in der Dauer von höchstens drei Tagen von sich aus festsetzen.

932 Art. 124. Die mit Karabiner oder Gewehr ausgerüsteten Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten des Auszuges und der Landwehr sowie die Subalternoffiziere der mit Karabiner oder Gewehr ausgerüsteten Truppengattungen und Dienstzweige sind verpflichtet, bis zum zurückgelegten vierzigsten Altersjahr jährlich an vorschriftsmässig abzuhaltenen Schiessübungen in Schiessvereinen teilzunehmen. Der Bundesrat kann Ausnahmen bewilligen. Wer dieser Schiesspflicht nicht nachkommt oder die vorgeschriebenen Mindestleistungen nicht erreicht, hat einen besonderen Schiesskurs ohne Sold zu bestehen.

Art. 127. Die zur Weiterausbildung vorgeschlagenen Gefreiten und Soldaten haben eine Unteroffiziersschule in der Dauer von 27. Tagen zu bestehen.

Art. 128. Neu ernannte Korporale haben als solche eine Eekrutenschule oder Fachdienst von gleicher Dauer zu bestehen.

Der Bundesrat kann diese Dienstleistung für Korporale, die für ihre militärische Ausbildung noch Beförderungsdienste zu leisten haben, ganz oder teilweise erlassen oder durch Spezialdienst für Offiziersanwärter ersetzen.

Hiefür sind die Bedurfnisse der einzelnen Truppengattungen massgebend.

Ari. 129. Zur Ausbildung zum Pourier vorgeschlagene Unteroffiziere haben eine halbe Eekrutenschule als Korporal und eine Fourierschule in der Dauer von 34 Tagen zu bestehen, sowie als Pourier Dienst in einer Kekrutenschule zu leisten.

Zur Ausbildung zum Feldweibel vorgeschlagene Wachtmeister haben in einer Eekrutenschule Feldweibeldienst zu leisten.

Zur Ausbildung zum Stabssekretär vorgeschlagene Unteroffiziere haben eine Stabssekretärschule in der Dauer von 27 Tagen zu bestehen.

Für Unteroffiziere, die zur Ausübung besonderer Funktionen vorgesehen sind, setzt der Bundesrat die erforderlichen Ausbildungskurse fest.

Art.. 130. Die Ausbildung von Unteroffizieren zu Offizieren erfolgt in einer Offiziersschule. Die Dauer der Offiziersschule beträgt: a. bei der Infanterie, den leichten Truppen, der Motortransport- und der Traintruppe neunzig Tage; 6. bei der Artillerie, der Flieger-, Fliegerabwehr- und Genietruppe einhundertvier Tage; c. für die übrigen Truppengattungen zweiundsechzig Tage.

Die Offiziersschule kann in zwei Teilen durchgeführt werden.

Art. 134, Zur Weiterausbildung der zur Beförderung vorgesehenen Offiziere werden Zentralschulen I und II in der Dauer
von je 27 Tagen, eine Zentralschule III, taktisch-technische Kurse I und II und ein Kurs für Dienste hinter der Front in der Dauer von je 20 Tagen durchgeführt.

· Weitere Kurse für die Ausbildung der Offiziere werden durch die Bundesversammlung angeordnet.

933 Art, 136, Oberleutnants, die als Kommandanten einer Einheit der Infanterie, der leichten Truppen, der Artillerie, der Fliegertruppe (Bodenorganisation), der Fliegerabwehr-, Genie-, Verpflegungs-, Motortransport- und Traintruppe in Aussicht genommen sind, haben einen Teil einer Unteroffiziersschule und eine Bekrutenschule in der Stellung als Einheitskommandant zu bestehen.

Für die übrigen Oberleutnants, die für die Beförderung zum Hauptmann in Aussicht genommen sind, sowie für die zur Beförderung zum Major in Aussicht genommenen Hauptleute bestimmt der Bundesrat die Dauer der Dienstleistung in einer Eekrutenschule oder deren Ersatz durch Spezialdienst.

Der Bundesrat bezeichnet in der Beförderungsverordnung die weiteren Schulen und Kurse, welche die zur Beförderung in Aussicht genommenen Offiziere zu bestehen haben, Art. 136. Der Bundesrat ist ermächtigt, Offiziere in Schulen und Kurse anderer Truppengattungen, zu Aushebungsdienst oder zu anderem Spezialdienst zu kommandieren.

Zur Sicherstellung der Mobilmachung kann der Bundesrat das Mobilmachüngspersonal zu Dienstleistungen aufbieten, Art. 137, Abs. 1. Für die Ausbildung zum Dienste im Generalstab werden folgende Kurse in je zwei Teilen durchgeführt: a, Generalstabskurs T in der Dauer von 68 Tagen für angehende Generalstabsoffiziere ; b. Generalstabskurs II in der Dauer von 54 Tagen für Offiziere, welche den Generalstabskurs I bestanden haben.

Art. 147, Abs. 2. Der Bundesrat genehmigt das Dienstreglement.

Fünfter Teil Der aktive Dienst L Allgemeine Bestimmungen Art. 19ö. Das Heer ist bestimmt zur Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen aussen und zur Handhabung von Buhe und Ordnung im Innern (Artikel 2 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874).

Art. 196. Der aktive Dienst umfasst a. den Ordnungsdienst; b. den Dienst im Zustand der bewaffneten Neutralität (Neutralitätsdienst) ; c. den Kriegsdienst.

Art. 197. Zur Wahrung von Buhe und Ordnung im Innern verfügen die Kantone über die Wehrkraft ihres Gebietes.

Bei kantonalen Aufgeboten trägt der Kanton die Kosten nach den eidgenössischen Vorschriften.

Auf Verlangen des Kantons oder wenn der Bundesrat es als notwendig erachtet, kann der Bundesrat das Aufgebot von Truppen verfügen.

y,."-W!*Hoet

934

Im Zustand der bewaffneten Neutralität und im Kriege sorgt der Bund für die Aufrechterhaltung von Buhe und Ordnung im ìirnern, soweit dafür Truppen eingesetzt -werden müssen. Der Bundesrat erteilt dein General die erforderlichen Weisungen.

Art. 198. Die Verfügung über das Heer im Zustande der bewaffneten Neutralität und im Kriege steht dem Bunde zu.

Die zum aktiven eidgenössischen Dienst aufgebotenen Truppen werden vereidigt.

Art. 199. Der Bundesrat verfügt die Teil- oder Gesamtmobilmachurig des Heeres, sobald die Möglichkeit einer Neutralitätsverletzung oder eine Kriegsgefahr besteht.

Der Bundesrat kann die Pikettstellung von Truppen anordnen.

Art. 200. Die Pflichten der Kantone, Gemeinden und Privatpersonen im Falle der Pikettstellung und der Mobilmachung werden durch den Bundesrat geordnet.

Art. 201. Mit der Verfügung der Teil- oder Gesamtmobilmachung zum Schutze der Neutralität oder Unabhängigkeit gelten die Vorschriften für den Neutralitätgdienst.

Der Bundesrat ist befugt, die Bestimmungen über den Kriegsdienst in Kraft za. setzen. Erfolgt ein Angriff auf das Land, so treten diese ohne weiteres in .Kraft.

Art. 202. Wenn Truppen zum eidgenössischen aktiven Dienst aufgeboten sind, ist jedermann verpflichtet, den Militärbehörden oder der Truppe für militärische Zwecke bewegliches und unbewegliches Eigentum zur. Verfügung zu stellen. Diese Pflicht schliesst die Ausführung der schon im Frieden notwendigen Vorbereitungen in sich.

Der Bund leistet für Gebrauch, -Wer t Verminderung und den Verlust des Eigentums angemessene Entschädigung.

Art. 203. Im aktiven Dienste kann der Bundesrat den Kriegsbetrieb aller staatlichen und konzessionierten Verkehrsunternehmungen, sowie der Militäranstalten und Militärwerkstätten anordnen. Damit geht das Verfügungsrecht über das Personal und Material dieser Unternehmungen an die Militärbehörden über. Diese können die Errichtung neuer und die Zerstörung bestehender Anlagen verfügen. Das Personal darf seinen Dienst nicht verlassen und ist -den Militärgesetzen unterstellt. Der Bund leistet den Unternehmungen für den ihnen aus dem Kriegsbetrieb erwachsenden Schaden Ersatz, Art. 204. Im Kriege sind alle Schweizer verpflichtet, ihre Person zur Verfügung des Landes zu stellen und, soweit es in ihren Kräften steht, zur Verteidigung des Landes beizutragen.

.Art. 205. Im
Zustand der bewaffneten Neutralität und im Kriege kann der Bundesrat in Abweichung von Artikel 4 dieses Gesetzes die Aushebung und Einberufung diensttauglicher Angehöriger jüngerer Jahrgänge anordnen.

935

IL Der Oberbefehl Art. 206. Sobald ein grösseres Truppenaufgebot zum Schutze der Neutralität oder der Unabhängigkeit in Aussicht steht oder angeordnet ist, wählt die Bundesversammlung auf Antrag des Bundesrates den General.

Sollte die Bundesversammlung nicht rechtzeitig zusammentreten können, so wählt der Bundearat den General, Art. 207. Die Bundesversammlung kann den General jederzeit auf dessen eigenes Begehren oder auf Antrag des Bundesrates entlassen.

Im Falle der Notwendigkeit und wenn die Bundesversammlung nicht rechtzeitig zusammentreten kann, ist der Bundesrat zuständig, den General zu ersetzen.

Art. 208. Ist der General vorübergehend verhindert, den Befehl zu führen, «o übernimmt der Chef des Generalstabes die Stellvertretung, bis der Bundesrat eine Eegelung getroffen hat.

Art. 209. Der General rét dem Bundesrat unterstellt. Der Dienstverkehr geht über das eidgenössische Militärdepartement. Der General kann jederzeit verlangen, vom Bundesrat angehört zu werden.

Der Bundesrat bestimmt die vom Heere zu erfüllenden Aufgaben. In seinen. Aufträgen an den General beschränkt er sich auf die Pestsetzung der staatspohtischen Gesichtspunkte und überlässt déni General die rein militärischen Massnahmen.

Der General ist dem Bundegrate für die Erfüllung seiner Aufgabe verantwortlich.

Art. 210. Der General führt den Oberbefehl über das Heer. Im Bahmen der ihm vom Bundesrate erteilten Aufträge ordnet er alle Massnahmen an, die er zur Erfüllung seiner Aufgabe für notwendig erachtet.

Art. 211. Der Bundesrat -wählt, auf Antrag des Generals, den Chef des Generalstabes und den Generaladjutanten.

Art. 212. Im Zustand der bewaffneten Neutralität entscheidet der Bundesrat auf Antrag des Generals über die Truppenaufgebote.

Der General verfügt über die ihm vom Bundesrat bewilligten materiellen Mittel.

Wesentliche Änderungen der im Frieden geltenden Truppenordnung bedürfen der Genehmigung durch den Bundesrat. Dagegen entscheidet der General selbständig über die Armee-Einteilung.

Der General ist berechtigt, für die Dauer des aktiven Dienstes KommandoÜbertragungen und Einstellungen im Kommando vorzunehmen. Der Bundesrat ordnet nötigenfalls die beamtenrechtliche Stellung der Betroffenen, ohne Bindung an die Beamtengesetzgebung, jedoch unter Vorbehalt ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche.

936

Ari. 213. Im Kriegsdienst verfügt der General über alle zur Erfüllung seines Auftrages notwendigen personellen und materiellen. Streitmittel des Landes nach freiem Ermessen.

Art. 214. Mit der Ernennung des Generals bleiben dem eidgenössischen Mihtärdepartement die Direktion der eidgenössischen Militärverwaltung, die Abteilung für Militärversicherung, die Kriegstechnische Abteilung, die eidgenössische Turn- und Sportschule und die Abteilung für Landestopographie unterstellt. Über alle übrigen Dienststellen der eidgenössischen Militärverwaltung verfügt das Armeekommando.

· : · ' - '

·

Art. 2

'

.

·

In den Artikeln 10, 11, 88, 90, 112 und 159 des Bundesgesetzes über die Mihtärorganisation wird der Begriff «Wehrmann» ersetzt durch «Wehrpflichtiger».

' In den Artikeln 14, 16, 17, 18, 60 und 159 des Bundespesetzes über die Militärorganisation werden die Begriffe «Dienstpflicht» und «Erfüllung der Dienstpflicht» ersetzt durch «persönliche Dienstleistung».

In den Artikeln 9 und 104 des Bundesgesetzes über die Militärorganisation werden die Begriffe « Militär dienstpf licht» und «das dienstpflichtige Alter» ersetzt durch «Wehrpflicht» und «das wehrpflichtige Alter».

Art. 3 Artikel 132 des Bundesgesetzes über die Mihtärorganisation wird durch folgenden neuen Absatz 2 ergänzt: Art. 132, Abs. 2. Der Bundesrat ist befugt, für LeutnantSj deren Aufgabe die Führung der Truppe nicht in sich schhesst, die Dienstleistung in einer Eekrutenschule zu ersetzen durch andere Dienstleistungen bis zur Höchstdauer einer Eekrutenschule.

Art. 4 Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 15. März 1982 über den Motorfahrzeugund Fahrradverkehr wird durch folgende neuen Absätze 3, 4 und 5 ergänzt: Art, 11, Abs. 3, 4 und 5. 3 Für nicht verkehrsberechtigte, mit einem Aufgebot belegte Motorfahrzeuge ersetzt, solange sie von der Militärverwaltung oder der Truppe nicht übernommen sind, der Stellungsbefehl oder das Fahrzeugdienstbuch in Verbindung mit dem militärischen Befehl zur Ausführung einer bestimmten Fahrt den Fahrzeugausweis und das Kontrollsohild.

4 Für die Fahrten im Sinne von Absatz 3 schliesst der Bund die dem Halter vorgeschriebene Haftpflichtversicherung ab.

5 Der Halter oder sein Bevollmächtigter sind zur Ausführung von Fahrten im Sinne von Absatz 3 ebenfalls berechtigt, wenn sie für die betreffende Motor-

937 fahrzeugkategorie einen abgelaufenen Führerausweis besitzen, dessen letzte Erneuerung nicht weiter als zwei Jahre zurückliegt.

Art. 5 Es werden aufgehoben: a. die Titel von Abschnitt IV des ersten Teils und von Abschnitt II des zweiten Teils, sowie die Artikel 22,28,24,25,26,47,100 und 105, Absatz 2, des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft, b. Artikel 20bis des Bundesgesetzes vom 12, April 1907 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft in der Fassung des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1988, c. Artikel 88, 39, 45, 46 und 131 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft in der Fassung des Bundesgesetzes vom 9. November 1988, d. Artikel 187, Absatz 8, des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft in der Fassung des Bundesgesetzes vom 28. September 1984, e. das Bundesgesetz vom 21. Oktober 1909 betreffend die Organisation des Militärdepartementes, soweit noch in Kraft stehend.

Art. 6 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

Er erlässt die nötigen Ausführungsvorschriften.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abänderung der Militärorganisation (Heeresklassen, Ausbildung, aktiver Dienst) (Vom 2. Juli 1948)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1948

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

28

Cahier Numero Geschäftsnummer

5476

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.07.1948

Date Data Seite

877-937

Page Pagina Ref. No

10 036 306

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.