Generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens Die Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung, hat an der Plenarsitzung vom 22. August 2008, gestützt auf Artikel 321bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0); Artikel 1, 3, 9, 10, 11 und 13 der Verordnung vom 14. Juni 1993 über die Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Bereich der medizinischen Forschung (VOBG; SR 235.154); in Sachen Kantonsärztliche Dienste Luzern, betreffend Gesuch vom 8. April 2008 für eine generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 321bis StGB zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens, verfügt: 1. Bewilligungsnehmer Den Kantonsärztlichen Diensten Luzern wird unter den nachfolgenden Bedingungen und Auflagen eine generelle Bewilligung gemäss Artikel 321bis StGB in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 und Artikel 11 VOBG erteilt. Verantwortlich für die Umsetzung und Einhaltung der vorliegenden Bewilligung ist die Kantonsärztin und Leiterin der Kantonsärztlichen Dienste Luzern, Frau Dr. med. Annalis MartyNussbaumer, MPH.

Durch die Bewilligung wird dem mit dienstinterner Forschung betrauten Personal der Kantonsärztlichen Dienste Luzern sowie dort betreuten Doktorandinnen und Doktoranden gestattet, zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens unter den nachstehenden Bedingungen nicht anonymisierte Daten einzusehen.

Durch die Bewilligung wird die Einsichtnahme in nicht anonymisierte Daten ermöglicht, ohne dass der Datenanleger dadurch sein Berufsgeheimnis verletzt. Dies gilt jedoch nur innerhalb der als Bewilligungsnehmer bezeichneten Kantonsärztlichen Diensten Luzern. Sollten Forschungsprojekte auf nicht anonymisierte Daten von Spitälern, Kliniken oder medizinischen Instituten angewiesen sein, oder soll externen Forschern Einblick in nicht anonymisierte Daten der Kantonsärztlichen Dienste Luzern gewährt werden, ist der Expertenkommission ein Sonderbewilligungsgesuch einzureichen.

2. Zweck und Umfang der Dateneinsicht Die Bewilligung umfasst das Recht, in den Datenbanken und Papierdateien der Kantonsärztlichen Dienste Luzern die für die dienstinternen Forschungsprojekte relevanten Daten einzusehen und zu entnehmen.

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3. Bedingungen Wenn die Einwilligung der betroffenen Personen zur Verwendung ihrer Daten ohne unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten und ohne, dass ihnen ein erheblicher Schaden zugefügt wird, eingeholt werden kann, so dürfen die Daten nicht gestützt auf die vorliegende Bewilligung zu Forschungszwecken verwendet werden.

Wenn ein Forschungsprojekt mit anonymisierten Daten durchgeführt werden kann, dürfen keine nicht anonymisierten Daten gestützt auf die vorliegende Bewilligung verwendet werden.

Die den Krankengeschichten für Forschungsprojekte entnommenen Daten müssen zu Beginn der Forschungstätigkeit anonymisiert werden.

Die betroffenen Personen müssen über ihre Rechte informiert sein, insbesondere über die Möglichkeit, die Verwendung ihrer Daten zu Forschungszwecken zu untersagen (Vetorecht). Daten, deren Weitergabe durch die berechtigten Personen untersagt wurde, dürfen nicht zu Forschungszwecken verwendet werden.

4. Datensammlungen und Kreis der Zugriffsberechtigten Ärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Doktorandinnen und Doktoranden der Kantonsärztlichen Dienste Luzern können zu Forschungszwecken mit Einwilligung der verantwortlichen Kantonsärztin Personendaten aus den dienstinternen Datenbanken bzw. aus den Papierdateien erheben. Nach Abschluss des Forschungsprojektes ist für einen erneuten Datenzugriff wiederum die Einwilligung der Kantonsärztin einzuholen.

5. Dauer der Datenaufbewahrung Die Befristung der Aufbewahrung richtet sich nach kantonalem Recht. Die Vernichtung der für die Forschungsprojekte verwendeten Personendaten hat gemäss den Vorschriften des kantonalen Datenschutzbeauftragten zu erfolgen.

6. Erkennungsmerkmale Die Kantonsärztlichen Dienste Luzern müssen sicherstellen, dass in den auf den gesammelten Daten basierenden Publikationen die betroffenen Personen nicht identifizierbar sind.

7. Auflagen a.

Für jedes gestützt auf die vorliegende Bewilligung durchzuführende Forschungsprojekt haben die Kantonsärztlichen Dienste Luzern eine «non obstat»-Erklärung der zuständigen Ethik-Kommission des Kantons Luzern einzuholen. Frau Dr. med. Annalis Marty-Nussbaumer bestätigt durch Visum der «non obstat»-Erklärung, dass das Forschungsprojekt den datenschutzrechtlichen Anforderungen entspricht. Verweigert die Ethikkommission die «non obstat»-Erklärung, so darf das Forschungsprojekt nicht gestützt auf die vorliegende Bewilligung durchgeführt werden. Das Einholen einer Sonderbewilligung bei der Expertenkommmission bleibt diesfalls aber vorbehalten.

b.

Personendaten müssen durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten geschützt werden.

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c.

Die Kantonsärztlichen Dienste Luzern haben die betroffenen Personen systematisch darüber aufzuklären, dass Personendaten für Forschungszwecke verwendet werden können und dass diese Verwendung untersagt werden kann (Vetorecht). Wird das Vetorecht ausgeübt, so müssen Papierdateien und die elektronischen Datensammlungen einen entsprechenden Vermerk tragen. Die Beachtung des Vetorechts muss sichergestellt werden.

d.

Die Kantonsärztlichen Dienste Luzern haben die gestützt auf die vorliegende Bewilligung durchgeführten Forschungsprojekte zu registrieren und sie einmal jährlich dem Sekretariat der Expertenkommission zu Handen des Präsidenten zu melden. Die Meldung muss folgendes beinhalten: ­ den Titel des Forschungsprojekts; ­ den Forschungszweck; ­ die Grösse des Kollektivs und die Einschlusskriterien; ­ den Namen des oder der verantwortlichen Projektleiters oder Projektleiterin; ­ die Namen der Personen, welche Einblick in nicht anonymisierte Daten nehmen; ­ für jedes einzelne Forschungsprojekt den Nachweis einer «non obstat»Erklärung der zuständigen Ethikkommission gemäss Buchstabe a.

e)

Die Kantonsärztlichen Dienste Luzern ergänzen die bestehenden Zugriffsregelungen mit Regelungen für den Zugriff auf Personendaten zu Forschungszwecken. Sie stellen die ergänzten Regelungen dem Sekretariat der Expertenkommission zu Handen des Kommissionspräsidenten zu. Aus den Regelungen muss hervorgehen, in welcher Funktion und unter welchen Bedingungen Mitarbeitende der Kantonsärztlichen Dienste Luzern zu Forschungszwecken Zugriff auf personenbezogene Daten erhalten. Personen, die Forschung betreiben, aber nicht über eine Zugriffsberechtigung verfügen, darf kein Zugriff auf nicht anonymisierte Daten gewährt werden.

Externen Institutionen oder externen Forschenden dürfen Daten nur in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt werden.

f)

Zugriffsberechtigte Mitarbeitende der Kantonsärztlichen Dienste haben die beiliegende Erklärung betreffend die ihnen gemäss Artikel 321bis StGB auferlegte Schweigepflicht zu unterzeichnen. Die Kantonsärztlichen Dienste Luzern bewahren die unterschriebenen Erklärungen zu Handen der Expertenkommission bzw. für den Fall einer Kontrolle zu Handen des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten auf.

8. Bewilligungsdauer und -beständigkeit Die vorliegende Bewilligung wird für eine Dauer von fünf Jahren ab Eintritt der Rechtskraft erteilt.

Treten vor Ablauf der Bewilligungsdauer Änderungen betreffend nachfolgender Punkte ein, so sind diese der Expertenkommission unverzüglich zu melden: ­

Wechsel der Kantonsärztin;

­

Änderungen in der Organisations- oder Verwaltungsstruktur der Kantonsärztlichen Dienste;

­

Änderungen in der Datenverwaltung;

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­

Änderungen der Regelungen für den Zugriff auf Personendaten zu Forschungszwecken.

Die Expertenkommission entscheidet nach Eingang der entsprechenden Meldung, ob ein neuer, ergänzender Bewilligungsentscheid gefällt werden muss.

9. Frist zur Auflagenerfüllung Den Kantonsärztlichen Diensten Luzern wird zur Erfüllung der Auflage gemäss Ziffer 7 Buchstaben b, c, e und f eine Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft der Bewilligung gesetzt.

10. Rechtsmittelbelehrung Gegen diese Verfügung kann gemäss Art. 44ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) innert 30 Tagen seit deren Eröffnung bzw.

Publikation beim Bundesverwaltungsgericht, Postfach, 3000 Bern 14, Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerde ist im Doppel einzureichen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Partei oder ihres Vertreters oder ihrer Vertreterin zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen.

11. Mitteilung und Publikation Diese Verfügung wird den Kantonsärztlichen Diensten Luzern und dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten schriftlich mitgeteilt. Das Verfügungsdispositiv wird im Bundesblatt veröffentlicht. Wer zur Beschwerde legitimiert ist, kann innert der Beschwerdefrist beim Sekretariat der Expertenkommission, Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Recht, 3003 Bern, nach telefonischer Voranmeldung (031 322 94 94) Einsicht in die vollständige Verfügung nehmen.

18. November 2008

Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung Der Vizepräsident: Rudolf Bruppacher

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