07.492 Parlamentarische Initiative Schutz und Nutzung der Gewässer Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates vom 12. August 2008

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Gewässerschutzgesetzes. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

12. August 2008

Im Namen der Kommission Der Präsident: Filippo Lombardi

2008-2081

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Übersicht Am 3. Juli 2006 wurde die Volksinitiative «Lebendiges Wasser» (07.060) eingereicht. Sie verlangt einen neuen Verfassungsartikel 76a «Renaturierung von Gewässern». Im Initiativtext wird der Begriff Renaturierung als Oberbegriff für sämtliche Bereiche zur Aufwertung der Gewässer verwendet. Diese umfassen die Wiederherstellung naturnaher Verhältnisse bei verbauten Gewässern (Revitalisierung), die Verminderung von schädlichen Einwirkungen von Schwall und Sunk unterhalb von Wasserkraftwerken, Massnahmen zur Reaktivierung des Geschiebehaushalts und zur Verbesserung der Fischgängigkeit sowie die Sanierungen von ungenügenden Restwassermengen. Die Kantone sollen in diesen Bereichen Massnahmen anordnen und zur Finanzierung Renaturierungsfonds errichten. Die Initiative will weiter, dass direkt betroffene Organisationen die Durchführung von Massnahmen auf dem Rechtsweg durchsetzen können (Antrags- und Beschwerderecht).

Der Bundesrat hat am 8. Juni 2007 beschlossen, dem Parlament zu beantragen, die Volksinitiative ohne Gegenentwurf dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen. Der Bundesrat anerkennt zwar den Sanierungsbedarf unserer Gewässer, er vertritt jedoch die Auffassung, dass diese Defizite im Rahmen der geltenden Gesetze behoben werden sollen.

Am 4. Oktober 2007 bzw. am 6. Dezember 2007 haben die Räte einer Motion (07.3311. Epiney. Renaturierung von Fliessgewässern. Gegenentwurf zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser») zugestimmt. Diese fordert vom Bundesrat einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser», in welchem die Finanzierung von Renaturierungen durch einen Zuschlag von 0,1 Rappen pro Kilowattstunde auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze sichergestellt werden soll.

Im Rahmen der Prüfung der Volksinitiative hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats beschlossen, einen indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser» zu erarbeiten, welcher Gegenstand der vorliegenden Kommissionsinitiative ist. Die Kommission anerkennt den Handlungsbedarf im Bereich des Gewässerschutzes, sie ist jedoch der Ansicht, dass die Volksinitiative zu weit gehe und ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Schutz und Nutzung der Gewässer angestrebt werden solle. Die Kommission hält vor allem ein Antrags- und Beschwerderecht der Umweltschutzorganisationen
für die Umsetzung der Massnahmen für nicht gerechtfertigt.

Der Gegenentwurf schlägt Gesetzesbestimmungen in verschiedenen Bereichen vor.

Konkret sind das die Revitalisierung der Gewässer, die Verminderung der negativen Auswirkungen von Schwall und Sunk unterhalb von Wasserkraftwerken, Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen bei Gewässerabschnitten mit geringem ökologischem Potenzial, die Berücksichtigung schützenswerter Kleinwasserkraftwerke bei Restwassersanierungen und die Reaktivierung des Geschiebehaushalts. Zudem enthält er einen Vorschlag zur Finanzierung entsprechender Massnahmen.

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Der Gegenentwurf wurde vom 30. April bis 30. Juni 2008 in die Vernehmlassung geschickt. Fast alle Vernehmlassungsteilnehmer sprachen sich dafür aus, der Volksinitiative einen indirekten Gegenentwurf gegenüberzustellen. Eine deutliche Mehrheit stimmte den Vorschlägen in den Bereichen Revitalisierung, Schwall/Sunk und Geschiebe zu. Die Lockerung der Restwasserbestimmungen war umstritten. Den einen gingen die Lockerungen zu weit, den anderen zu wenig weit. Im weiteren wurde bemängelt, dass die wohlerworbenen Rechte zu wenig respektiert würden.

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats hat am 12. August 2008 den Gegenentwurf auf Grund der Ergebnisse der Vernehmlassung teilweise angepasst.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Entstehungsgeschichte 1.1 Parlamentarische Initiative 1.2 Arbeiten der Kommission 1.3 Vernehmlassungsverfahren

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2 Grundzüge der Vorlage 2.1 Übersicht 2.2 Revitalisierung der Gewässer 2.3 Verminderung der negativen Auswirkungen von Schwall und Sunk 2.4 Reaktivierung des Geschiebehaushalts 2.5 Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen bei Gewässerabschnitten mit geringem ökologischem Potenzial; Berücksichtigung von schützenswerten Kleinwasserkraftwerken bei der Restwassersanierung 2.6 Kosten 2.6.1 Kosten der prioritären Revitalisierungen 2.6.2 Kosten der Sanierung der Wasserkraftnutzung 2.6.3 Kosten der Sanierung im Bereich Geschiebe ohne Anteil Wasserkraft 2.6.4 Kosten der kantonalen Planungen der Sanierung der Wasserkraftnutzung sowie des Geschiebehaushalts 2.7 Finanzierung 2.7.1 Übersicht 2.7.2 Finanzierung der Revitalisierungen durch allgemeine Mittel 2.7.3 Finanzierung der Wasserkraftsanierung durch einen Zuschlag auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze (Motion 07.3311) 2.7.4 Finanzierung der kantonalen Planungen der Sanierung der Wasserkraftnutzung sowie des Geschiebehaushalts durch allgemeine Bundesmittel

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3 Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 3.1 Änderung Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (GSchG) 3.2 Änderung Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau (WBG) 3.3 Änderung Energiegesetz vom 26. Juni 1998 (EnG); Fassung gemäss Anhang 1 des neuen Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 2007 (Änderung EnG) 3.4 Änderung Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB)

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4 Finanzielle und personelle Auswirkungen des Erlassentwurfs 4.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1 Revitalisierung 4.1.2 Sanierung der Wasserkraftnutzung 4.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 4.2.1 Revitalisierung 4.2.2 Sanierung der Wasserkraftnutzung 4.3 Auswirkungen auf die Umwelt 4.4 Auswirkungen auf den Hochwasserschutz 4.5 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 4.6 Auswirkungen auf die Energiewirtschaft 4.7 Auswirkungen auf die Landnutzung

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5 Verhältnis zum europäischen Recht

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6 Rechtliche Grundlagen 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Erlassform 6.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 6.4 Übereinstimmung mit dem Subventionsgesetz 6.5 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

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Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (Renaturierung) (Entwurf)

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Parlamentarische Initiative

Die Volksinitiative «Lebendiges Wasser (Renaturierungs-Initiative)» (07.060) wurde am 3. Juli 2006 mit 161 836 gültigen Unterschriften1 eingereicht. Sie verlangt einen neuen Verfassungsartikel 76a «Renaturierung von Gewässern». Der Begriff Renaturierung wird als Oberbegriff für sämtliche Massnahmen verstanden, die zu einer Aufwertung beeinträchtigter Gewässer beitragen. Darunter fallen die Wiederherstellung naturnaher Verhältnisse bei verbauten Gewässern (Revitalisierung) sowie Massnahmen zur Verminderung von schädlichen Einwirkungen durch Schwall und Sunk, zur Reaktivierung des Geschiebehaushalts, zur Verbesserung der Fischgängigkeit und zur Sanierung von Restwasserstrecken (Sanierung der Wasserkraftnutzung). Die Kantone sollen Revitalisierungen fördern, durchführen und mittels kantonalen Fonds finanzieren. Für die Verminderung von schädlichen Einwirkungen durch Schwall und Sunk und für die Reaktivierung des Geschiebehaushalts sollen die Kantone Massnahmen anordnen. Die gültigen Restwasserbestimmungen sollen raschmöglichst umgesetzt werden. Die Initiative will weiter, dass direkt betroffene Organisationen die Durchführung von Massnahmen auf dem Rechtsweg durchsetzen können (Antrags- und Beschwerderecht).

Der Bundesrat hat am 8. Juni 2007 beschlossen, dem Parlament zu beantragen, die Volksinitiative ohne Gegenentwurf dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen. Am 27. Juni 2007 hat er eine entsprechende Botschaft2 an das Parlament verabschiedet.

Für den Bundesrat ist zwar unbestritten, dass unsere Gewässer vielfach eingeengt und verbaut und durch die Wasserkraftnutzung stark beeinträchtigt sind und somit ein Handlungsbedarf besteht. Er vertritt jedoch die Auffassung, dass diese Defizite im Rahmen der geltenden Gesetze behoben werden sollen.

Am 4. Oktober 2007 hat der Ständerat einer Motion (07.3311. Epiney. Renaturierung von Fliessgewässern. Gegenentwurf zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser») zugestimmt. Diese fordert vom Bundesrat einen Gegenentwurf zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser», in welchem die Finanzierung von Renaturierungen durch einen Zuschlag von 0,1 Rappen pro Kilowattstunde auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze sichergestellt werden soll. Der Nationalrat hat der Motion am 6. Dezember 2007 ebenfalls zugestimmt. Mit der Annahme der Motion wurde der Kommission für Umwelt,
Raumplanung und Energie des Ständerates ein Signal gegeben, die Frage eines Gegenvorschlages vertieft zu prüfen.

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates hat im Rahmen der Debatte über die Abstimmungsempfehlung zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser» die Initianten sowie die Vertreter der Konferenz kantonaler Energiedirektoren, der kantonalen Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz und der Regierungskonferenz der Gebirgskantone angehört und sich über einen möglichen indirekten Gegenentwurf unterhalten.

1 2

BBl 2006 6699 BBl 2007 5511

8048

Die Kommission anerkennt den Handlungsbedarf im Bereich des Gewässerschutzes, sie ist jedoch der Ansicht, dass die Volksinitiative zu weit gehe und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schutz und Nutzung der Gewässer angestrebt werden soll.

Vor allem ein Antrags- und Beschwerderecht der Umweltschutzorganisationen für die Umsetzung der Massnahmen sei nicht gerechtfertigt. Aus diesem Grund hat die Kommission am 23. November 2007 mit 10 zu 2 Stimmen beschlossen, einen indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser» zu erarbeiten. Sie hat dazu die vorliegende parlamentarische Initiative «Schutz und Nutzung der Gewässer» (07.492) eingereicht.

Dieser Beschluss wurde gestützt auf Artikel 109 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG)3 der zuständigen Kommission des Nationalrates vorgelegt. Am 7. Januar 2008 hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates die parlamentarische Initiative vorgeprüft und dem Beschluss ihr Folge zu geben mit 16 Stimmen zu 8 zugestimmt.

In Anbetracht des Beschlusses der Kommissionen der beiden Räte und aufgrund von Artikel 111 Absatz 1 ParlG hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates einen Erlassentwurf ausgearbeitet.

1.2

Arbeiten der Kommission

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates hat den Inhalt der Gesetzesänderung am 17. Januar, am 12. Februar sowie am 17. und 18. April 2008 behandelt. Am 18. April 2008 hat die Kommission den Vorentwurf mit 10 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Am 12. August hat sie die Vernehmlassung, die vom 30. April bis zum 30. Juni 2008 dauerte, zur Kenntnis genommen, die Gesetzesänderungen zum Teil angepasst und mit 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen den Entwurf angenommen.

1.3

Vernehmlassungsverfahren

Die Vernehmlassung wurde am 30. April eröffnet und dauerte bis 30. Juni 2008.

Eingegangen sind 110 Stellungnahmen. Eine deutliche Mehrheit stimmt den Vorschlägen zu, mit denen die Revitalisierung beschleunigt und Massnahmen in den Bereichen Schwall und Sunk sowie Geschiebehaushalt eingeführt werden sollen.

Was die Lockerung der Restwasserbestimmungen und die Wahrung der wohlerworbenen Rechte betrifft, sind die Meinungen weniger einheitlich. Die Stellungnahmen lassen sich in folgende Gruppen einteilen:

3

­

Während die meisten Stellungnahmen dafür sind, der Initiative einen indirekten Gegenentwurf gegenüberzustellen, plädieren die Kraftwerke und ihre Verbände (swisselectric, VSE) sowie zwei Kantone (SG, VD) und eine politische Partei (SVP) für eine Ablehnung der Initiative ohne Gegenentwurf.

­

Dem vorliegenden Gegenentwurf stimmen 35 Vernehmlasser zu. Dazu gehören die Kantone BL, BS, FR, GE, GL, JU, LU, NE, NW, SH, SO, TG, UR, ZG und ZH sowie die beiden Parteien CVP und FDP. 14 Vernehmlasser SR 171.10

8049

stimmen vollständig zu, 21 mit Einschränkungen (überwiegend weil ihnen die Lockerung der Restwasserbestimmungen zu weit geht).

­

27 Stellungnahmen (darunter AI, BE und TI, die Parteien SP und GPS und die meisten Umweltorganisationen) begrüssen die Massnahmen in den Bereichen Revitalisierung, Schwall/Sunk und Geschiebe, lehnen aber die Lockerung der Restwasserbestimmungen ab.

­

23 Vernehmlasser lehnen den Gegenentwurf in der vorliegenden Form ab, unter anderem die Kantone AR, GR, OW und VS, die Energiedirektorenkonferenz und die Regierungskonferenz der Gebirgskantone sowie die CSP und die meisten Vereinigungen der Elektrizitätswirtschaft und deren Mitglieder.

Sie bemängeln insbesondere eine ungenügende Berücksichtigung der Nutzungsinteressen der Wasserkraft und der wohlerworbenen Rechte der Kraftwerksinhaber sowie eine ungenügende Lockerung der Restwasserbestimmungen.

Auf Grund der Ergebnisse der Vernehmlassung wurden insbesondere folgende Anliegen in die Vorlage aufgenommen:

4

­

Stärkung und Beschleunigung der Revitalisierungen. Umgesetzt durch die Einführung einer Pflicht der Kantone zur Erstellung von Revitalisierungsprogrammen.

­

Berücksichtigung des Gewässerraums bei jedem wasserbaulichen Eingriff.

Umgesetzt durch die Schaffung eines neuen Artikels 36a des Bundesgesetzes vom 24. Januar 19914 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz; GSchG) betreffend Gewässerraum.

­

Erleichterung des Landerwerbs für Revitalisierungs- und Hochwasserschutzprojekte. Umgesetzt durch die Einführung einer Ausnahme von der Erwerbsbewilligungspflicht für landwirtschaftliche Böden im bäuerlichen Bodenrecht.

­

Einführung einer kantonalen Planung der Massnahmen zur Sanierung der Wasserkraftnutzung innert 4­5 Jahren und Mitfinanzierung der Planung durch den Bund. Umgesetzt durch die Einführung einer entsprechenden Verpflichtung der Kantone und eines Subventionstatbestandes.

­

Bessere Berücksichtigung der wohlerworbenen Rechte bei der Wasserkraftsanierung. Umgesetzt durch die Festlegung des Beitragssatzes auf mindestens 80 % mit der Möglichkeit der Erhöhung bis auf 100 %, sofern dies zur Respektierung der wohlerworbenen Rechte notwendig ist. Ausserdem wird auf weitere Kriterien zur Bestimmung der Höhe der Beiträge verzichtet.

­

Verzicht auf eine unbestimmte, schwer vollziehbare Ausnahme von der Mindestrestwassermenge.

SR 814.20

8050

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Übersicht

Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält fünf Stossrichtungen: ­

Revitalisierung der Gewässer: Die Gewässer sollen naturnaher gestaltet und der zur Erfüllung ihrer natürlichen Funktionen notwendige Raum soll zur Verfügung gestellt werden.

­

Verminderung der negativen Auswirkungen von Schwall und Sunk unterhalb von Wasserkraftwerken: Bei Wasserkraftwerken verändert sich der Wasserpegel unterhalb der Wasserrückgabe durch kurzfristiges Anfahren (Schwall) und Abstellen (Sunk) der Turbinen (Produktion von Spitzenstrom) sehr stark. Dies hat starke negative Auswirkungen in den Gewässern. Diese sollen durch eine gesetzliche Regelung vermindert werden. Dabei darf die Energieproduktion aus Wasserkraft mit Blick auf die Ziele gemäss Energiegesetz vom 26. Juni 19985 (EnG) nicht gefährdet werden und die wohlerworbenen Rechte der Inhaber von Konzessionen zur Nutzung der Wasserkraft müssen respektiert werden. Die Regelung soll gleichzeitig Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit und Investitionssicherheit schaffen.

­

Reaktivierung des Geschiebehaushalts: Die Beeinträchtigungen des Geschiebehaushalts in vielen Fliessgewässern sollen durch eine gesetzliche Regelung vermindert werden. Gleichzeitig soll die Regelung Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit schaffen.

­

Neue Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen bei Gewässerabschnitten mit geringem ökologischen Potenzial; Berücksichtigung von schützenswerten Kleinwasserkraftwerken bei der Restwassersanierung: Mit neuen Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen (Art. 32 GSchG) bei Gewässerabschnitten mit geringem ökologischem Potenzial sollen die Interessen der Wasserkraftnutzung berücksichtigt werden. Dabei dürfen die Restwassermengen nur so tief festgelegt werden, dass die von der Gewässerschutzgesetzgebung vorgeschriebene Wasserqualität eingehalten wird. Zudem sollen schützenswerte Kleinwasserkraftwerke bei Restwassersanierungen besonders berücksichtigt werden.

­

Die Finanzierung der Massnahmen soll gesichert werden.

2.2

Revitalisierung der Gewässer

Etwa 25 % aller Fliessgewässer der Schweiz sind hart verbaut (rund 15 000 km) und so stark begradigt und eingeengt, dass die Gewässersohlen mit über 90 000 künstlichen Abstürzen stabilisiert werden mussten. Von den für die Grundwassererneuerung bzw. Trinkwasserversorgung, die natürliche Vielfalt und die Landschaftsgestaltung wertvollen Gewässer im Mittelland sind sogar 50 % der Fliessgewässer hart verbaut und begradigt. Dies hat negative Auswirkungen auf die Hochwassersicherheit, weil der notwendige Gewässerraum fehlt; die natürliche Vielfalt in und entlang der Gewässer ist stark reduziert; die Fischwanderung ist oft unterbrochen und die 5

SR 730.0

8051

Landschaften sind durch die fehlenden Gewässerstrukturen verarmt, was den Erholungswert der Gewässer für die Bevölkerung vermindert. Ausserdem wird die Selbstreinigungskraft der Gewässer vermindert. Mit der Vorlage soll die Revitalisierung dieser Gewässer gefördert werden. Innerhalb von etwa drei Generationen sollen bei den geschätzten 4000 prioritär zu revitalisierenden Gewässerkilometern die natürlichen Funktionen wiederhergestellt sein. Um dieses Ziel zu erreichen sollen die Kantone Revitalisierungsprogramme mit zeitlichen Vorgaben erstellen.

Weiter soll die Vorlage den Raumbedarf der Gewässer gewährleisten, der für die Sicherstellung der natürlichen Funktionen der Gewässer, des Schutzes vor Hochwasser und der räumlichen Ansprüche der Gewässernutzung erforderlich ist (Gewässerraum). Dieser Gewässerraum soll naturnah gestaltet und bewirtschaftet werden. Dies betrifft ca. die Hälfte der Schweizer Fliessgewässer, d.h. rund 30 000 km.

Dort, wo Land für die Revitalisierungen erworben werden muss, vor allem für die Verbreiterung von eingeengten Gewässersohlen, kann dies heute, sofern nicht alle betroffenen Landeigentümer zustimmen, nur durch Enteignung geschehen. Als weniger einschneidende Alternative zur Enteignung soll mit dieser Vorlage die Möglichkeit der Durchführung eines Landumlegeverfahrens eingeführt werden.

Weiter soll der Erwerb von Landwirtschaftsland durch den Kanton oder eine Gemeinde zum Zweck des Hochwasserschutzes oder der Revitalisierung von Gewässern durch eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht im Bundesgesetzes vom 4.

Oktober 19916 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) erleichtert werden.

2.3

Verminderung der negativen Auswirkungen von Schwall und Sunk

Rund 90 % unserer Gewässer, welche für die Stromproduktion genutzt werden können, sind genutzt. Dadurch sind schon viele und grosse Eingriffe in die Wasserführung erfolgt. Folgen davon sind u.a. schwallartige Abflussschwankungen in den Gewässern unterhalb von rund 25 % der mittleren bis grossen Wasserkraftwerke, d.h. bei schätzungsweise 100 Wasserkraftwerken. Bei diesen kurzfristigen Abflussschwankungen kann der Maximalabfluss (Schwall) 10 bis 40 mal grösser sein als der Minimalabfluss (Sunk). Dies hat u.a. negative Auswirkungen auf die Wassertiere: beim Schwall werden sie abgeschwemmt und bei Sunk stranden sie. Heute ordnen die Kantone bei Neukonzessionen bzw. Konzessionserneuerungen gestützt auf das Bundesgesetz vom 21. Juni 19917 über die Fischerei (BGF) zum Teil Massnahmen zur Minderung der Schwall und Sunk-Problematik an. Es werden jedoch sehr unterschiedliche Massnahmen angeordnet, welche oft zu langwierigen Streitigkeiten zwischen Gesuchstellern, Behörden und Umweltorganisationen führen. Bis heute haben nur ganz wenige Wasserkraftwerke wirksame Massnahmen zur Minderung von Schwall und Sunk umgesetzt. Zur Verhinderung neuer Beeinträchtigungen und zur Beseitigung bestehender Beeinträchtigungen durch Schwall und Sunk sowie zur Behebung von Rechtsungleichheit und Rechtsunsicherheit wird eine präzisierende, zielorientierte Regelung im Gewässerschutzgesetz vorgeschlagen. Welche Massnahmen zur Verminderung von schädlichen Einwirkungen von Schwall und Sunk zu 6 7

SR 211.412.11 SR 923.0

8052

ergreifen sind, ist u.a. auf Grund der Verhältnismässigkeit des Aufwandes unter Berücksichtigung ihrer gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen festzulegen.

Als Begleitmassnahme soll das für die Ausgleichsbecken sowie für Ersatzmassnahmen wie Ableitungskanäle oder Ersatzgewässer benötigte Land durch den Kanton oder die Gemeinde erleichtert erworben werden können. Nach heutigem Recht könnte dies nur durch Enteignung geschehen, soweit die betroffenen Landeigentümer nicht zustimmen. Zusätzlich zum Zweck der Verminderung von Schwall und Sunk können Ausgleichsbecken z.T. auch als Pumpspeicher- und Hochwasserschutzbecken genutzt werden.

In einem hydrologischen Einzugsgebiet beeinflussen sich die Wasserrückgaben gegenseitig. So können sich die Schwallspitzen verstärken oder auch mindern.

Ausserdem gibt es besser und schlechter geeignete Flächen für bauliche Massnahmen wie z.B. Ausgleichsbecken, Ableitungskanäle oder Ersatzgewässer. Daher müssen die Art der Massnahmen sowie deren Ort und Dimensionierung bei allen betroffen Wasserkraftwerken im gleichen Einzugsgebiet unter Einbezug der Kraftwerksinhaber optimal aufeinander abgestimmt werden. Dies bedingt von den Kantonen einzugsgebietsweise geplante Massnahmen bei Konzessionserneuerungen und bei laufenden Konzessionen. Insbesondere die Sanierungen bei bestehenden Beeinträchtigungen sind vor Beginn der Umsetzungen langfristig und gesamthaft zu planen und Umsetzungsfristen vorzusehen. Nur so können kostengünstige und wirksame Massnahmen optimal angeordnet werden. Die kantonalen Planungen werden vom Bund mitfinanziert.

Bei der Anordnung der notwendigen Massnahmen bei laufenden Konzessionen werden die wohlerworbenen Rechte der Kraftwerkbetreiber respektiert, in dem die Kosten der Massnahmen entschädigt werden (siehe Ziff. 2.6 und 2.7). Im Gegensatz zur Restwassersanierung, wo die vollständige Sanierung erst bei der Konzessionserneuerung stattfindet (Art. 29 ff. GSchG), wird aufgrund des erwähnten Sachzusammenhangs die Sanierung im Bereich Schwall und Sunk auch bei laufenden Konzessionen vollständig durchgeführt, so dass bei der nächsten Konzessionserneuerung die Schwall- und Sunk-Problematik schon gelöst ist.

Die Restwassersanierungen bei laufenden Konzessionen (Art. 80 ff. GSchG) sind bis 2012 abgeschlossen, so dass nach einer drei bis vierjährigen Planungsphase
der Schwall- und Sunk-Sanierungen (welche mit Inkrafttreten dieses Gesetzes beginnt) die entsprechenden Massnahmen umgesetzt werden können und damit ein zeitlich optimaler Vollzug erfolgen kann.

2.4

Reaktivierung des Geschiebehaushalts

Anlagen an Gewässern wie Flussverbauungen, Geschiebesammler und Wasserkraftwerke beeinflussen deren Geschiebehaushalt. Eine Studie hat ergeben, dass der natürliche Geschiebehaushalt heute bei über 40 % der untersuchten Fliessgewässer stark reduziert ist. Dadurch können die einheimische Tier- und Pflanzenwelt, der Grundwasserhaushalt und der Hochwasserschutz wesentlich beeinträchtigt werden.

Heute ordnen die Kantone gestützt auf das BGF zum Teil Sanierungsmassnahmen an. Es werden jedoch sehr unterschiedliche Massnahmen angeordnet, welche zum Teil zu langwierigen Streitigkeiten zwischen Gesuchstellern, Behörden und Umweltorganisationen führen. Zur Verhinderung neuer Beeinträchtigungen und zur 8053

Beseitigung bestehender Beeinträchtigungen durch einen unausgeglichenen Geschiebehaushalt sowie zur Behebung der Rechtsungleichheit und Rechtsunsicherheit wird eine präzisierende, zielorientierte Regelung im Gewässerschutzgesetz vorgeschlagen. Zur Planung und Festlegung von optimalen Sanierungsmassnahmen bei den einzelnen Anlagen ist es unerlässlich, dass die Kantone den Geschiebehaushalt im gesamten hydrologischen Einzugsgebiet berücksichtigen. Die Kantone planen in einer ersten Phase die zu ergreifenden Sanierungsmassnahmen unter Einbezug der Anlageninhaber und setzen Fristen für die Umsetzung der Massnahmen. Diese kantonalen Planungen werden vom Bund mitfinanziert. Welche Massnahmen zur Wiederherstellung eines ausgeglichenen Geschiebehaushalts getroffen werden, ist u.a. auf Grund des Grads der Beeinträchtigungen und dem ökologischen Potenzial des Gewässers und der Verhältnismässigkeit des Aufwandes festzulegen.

Daneben werden die Gewässer durch kommerzielle Kiesentnahmen beeinträchtigt.

Für diese besteht bereits eine spezialrechtliche Regelung im Gewässerschutzgesetz, welche von der Vorlage nicht berührt wird.

2.5

Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen bei Gewässerabschnitten mit geringem ökologischem Potenzial; Berücksichtigung von schützenswerten Kleinwasserkraftwerken bei der Restwassersanierung

Die heutige Restwasserregelung ist ein Kompromiss zwischen Nutzung (94 % der Wassermenge) und Schutz (6 % der Wassermenge als Restwassermenge) im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung. Als Beitrag zur Zielerreichung von zusätzlich mindestens 2000 GWh aus Wasserkraft gemäss EnG soll mit neuen Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen bei den Restwasserbestimmungen (Art. 32 GSchG) mehr Flexibilität erreicht werden. Um den Verlust für das Ökosystem Gewässer möglichst gering zu halten, sollen lediglich bei Gewässerabschnitten mit geringem ökologischem Potenzial zusätzliche Ausnahmen möglich sein. Diese neuen Ausnahmen dürfen insbesondere nicht dazu führen, dass wegen unzureichenden Restwassermengen die von der Gewässerschutzgesetzgebung vorgeschriebene Wasserqualität nicht eingehalten wird. Mit den heute geltenden Bestimmungen sind Ausnahmen gemäss Artikel 32 GSchG für ca. 30 % der Wasserentnahmen zur Wasserkraftnutzung möglich. Mit den zusätzlich vorgeschlagenen Ausnahmen erhöht sich diese Zahl auf ca. 40 %. Zur Beschleunigung der Genehmigung einer Schutz- und Nutzungsplanung (SNP), in deren Rahmen ebenfalls Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen zugelassen werden können, soll neu nicht mehr der Bundesrat sondern die für das Hauptverfahren zuständige Behörde über die SNP entscheiden; materiell bleibt diese Bestimmung unverändert.

Ein weiterer Handlungsbedarf besteht bei Kleinwasserkraftwerken, die aus denkmalpflegerischen Gründen schützenswert sind. Der heutige Artikel 80 Absatz 2 GSchG, der die Restwassersanierung in inventarisierten Landschaften oder Lebensräumen regelt, kann in Einzelfällen den Betrieb solcher Kleinkraftwerke in Frage stellen. Mit der vorgesehenen Regelung kann in solchen Fällen im Sinne einer Ausnahme zu Artikel 80 Absatz 2 GSchG den Interessen des Denkmalschutzes gebührend Rechnung getragen werden.

8054

2.6

Kosten

2.6.1

Kosten der prioritären Revitalisierungen

Die Kosten für die vorgeschlagene Revitalisierungspflicht werden auf knapp fünf Milliarden Franken geschätzt. Diese Kosten wurden ausgehend von den geschätzten 4000 prioritär zu revitalisierenden Gewässerkilometern mit durchschnittlichen Revitalisierungskosten pro Kilometer (inkl. Landerwerb) plus den Sanierungskosten der künstlichen Hindernisse für die Fischwanderung hochgerechnet. Die Durchführung der notwendigen Revitalisierungen ist zeitaufwendig und daher eine Mehrgenerationenaufgabe. Bei Investitionen von insgesamt 60 Millionen Franken pro Jahr dauern die Revitalisierungsarbeiten rund 80 Jahre.

2.6.2

Kosten der Sanierung der Wasserkraftnutzung

Die Kosten für die vorgeschlagenen Massnahmen zur Reduzierung der negativen Einflüsse von Schwall und Sunk sowie zur Wiederherstellung des natürlichen Geschiebehaushaltes und der Fischgängigkeit betragen etwa eine Milliarde Franken, wobei die Massnahmen im Bereich Schwall und Sunk den weitaus grössten Anteil dieser Kosten verursachen. Diese Annahme stützt sich auf Studien, welche die Kosten zur Sanierung der Schwall- und Sunkprobleme auf mindestens eine Milliarde geschätzt haben.

Die Wiederherstellung der Fischgängigkeit bei bestehenden Anlagen ist bereits im geltenden Fischereigesetz (BGF) vorgesehen, allerdings nur soweit wirtschaftlich tragbar. Wegen des engen Sachzusammenhangs sollen diese Sanierungskosten im vorliegenden Gegenentwurf mitberücksichtigt werden.

Für die Planung und Umsetzung der Massnahmen muss mit einer Sanierungsphase von 20 Jahren gerechnet werden. Daraus lässt sich eine durchschnittliche jährliche Investitionssumme von rund 50 Millionen Franken ableiten, wobei damit zu rechnen ist, dass diese Kosten nicht jährlich in gleichem Umfang, sondern über die 20 Jahre hinaus ungleichmässig anfallen. Insbesondere in den ersten Jahren der Planung werden geringere Kosten anfallen, in den Jahren der Umsetzung hingegen höhere.

Die Massnahmen werden aus den in Ziffer 2.3 erwähnten Gründen bei Konzessionserneuerungen, aber auch bei laufenden Konzessionen getroffen. Dies gilt auch bei Massnahmen zur Wiederherstellung des natürlichen Geschiebehaushalts bei Wasserkraftwerken.

Damit die wohlerworbenen Rechte der Kraftwerksbetreiber respektiert werden, sollen diese mit mindestens 80 % der ihnen anfallenden Kosten entschädigt werden.

Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Mitbeteiligung der Wasserkraftwerke von 20 % an den Kosten meist keinen Eingriff in ihre wohlerworbenen Rechte darstellt. Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff in die wohlerworbenen Rechte stattfindet, sind auch allfällige vom Kraftwerkbetreiber getragene Kosten einer Restwassersanierung, welche bis Ende 2012 durchgeführt werden muss, zu berücksichtigen.

Der Kostenanteil, für den ein Beitrag gewährt wird, kann für die Gewährleistung der wohlerworbenen Rechte entsprechend höher ausfallen, gegebenenfalls bis zu 100 %, wenn ein Anteil von 20 % für den Konzessionsinhaber nachweislich wirtschaftlich nicht tragbar ist.

8055

2.6.3

Kosten der Sanierung im Bereich Geschiebe ohne Anteil Wasserkraft

Zusätzlich zu den jährlichen Sanierungskosten der Wasserkraft im Bereich Geschiebe von rund 2 Millionen Franken, fallen Sanierungskosten in der gleichen Grössenordnung bei der öffentlichen Hand an (Flussverbauungen, Geschiebe-sammler).

2.6.4

Kosten der kantonalen Planungen der Sanierung der Wasserkraftnutzung sowie des Geschiebehaushalts

Die Kosten der kantonalen Planungen der Massnahmen in den Bereichen Schwall und Sunk, Fischgängigkeit bei Kraftwerken, sowie Geschiebe werden auf 1­2 % der Gesamtsanierungskosten geschätzt, d.h. insgesamt ca. 15 Millionen Franken.

2.7

Finanzierung

2.7.1

Übersicht

Der Vorschlag gemäss der Motion 07.3311 (vgl. Ziff. 1), wonach die Finanzierung von Renaturierungen durch einen Zuschlag von 0,1 Rappen pro Kilowattstunde auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze sichergestellt werden soll, kann aus verfassungsrechtlichen Gründen nur auf die Sanierung der Wasserkraftnutzung angewendet werden, weil nur bei der Verwendung zur Sanierung der Wasserkraftnutzung der verfassungsrechtlich geforderte Zurechnungszusammenhang zwischen abgabepflichtigem Kreis und Verwendungszweck besteht (vgl. Ziff. 6.1). Somit können aus dem Zuschlag auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze keine Beiträge an Revitalisierungsmassnahmen an Gewässern, an die Planung der Kantone von Massnahmen zur Sanierung der Wasserkraftnutzung sowie des Geschiebehaushalts und an Massnahmen zur Wiederherstellung eines ausgeglichenen Geschiebehaushalts, die bei anderen Anlagen als Wasserkraftanlagen getroffen werden müssen, bezahlt werden. Für letztere müssen die Anlageinhaber gemäss dem Verursacherprinzip selber aufkommen. Für die Beiträge des Bundes an die Revitalisierungen und die kantonalen Sanierungsplanungen müssen ordentliche Bundesmittel eingesetzt werden.

Im Folgenden wird umschrieben, wie die geschätzten mittleren Kosten pro Jahr für die Revitalisierungen (60 Millionen Franken pro Jahr) und die Sanierung der Wasserkraftnutzung (50 Millionen Franken pro Jahr), sowie die einmaligen Kosten für die Planungen der Wasserkrafts- und Geschiebehaushaltssanierungen (insgesamt 15 Millionen Franken) finanziert werden.

2.7.2

Finanzierung der Revitalisierungen durch allgemeine Mittel

Die Revitalisierungen werden wie bei Bundesaufgaben mit vergleichbar grossem nationalem Interesse zu durchschnittlich 65 % durch ordentliche Bundesmittel (40 Millionen Franken pro Jahr) und zu durchschnittlich 35 % entweder durch 8056

allgemeine Kantonsmittel, schon vorhandene oder noch zu beschaffende Spezialfinanzierungen finanziert (20 Millionen Franken pro Jahr).

Die Höhe der Abgeltungen des Bundes an die Kantone richtet sich nach der Bedeutung der Massnahmen für die Gewässer und nach deren Wirksamkeit. Die Subventionierung erfolgt somit wirkungsorientiert nach den Grundsätzen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA).

2.7.3

Finanzierung der Wasserkraftsanierung durch einen Zuschlag auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze (Motion 07.3311)

Bestehende Wasserkraftwerke müssen Sanierungsmassnahmen treffen, unabhängig davon, ob ihre Konzessionen noch laufen oder ob eine Konzessionserneuerung bevorsteht. Die Inhaber von Wasserkraftanlagen, die Sanierungsmassnahmen treffen müssen, erhalten für mindestens 80 % der Kosten der Massnahmen Beiträge von der nationalen Netzgesellschaft. Diese Beiträge werden durch einen maximalen Zuschlag von 0,1 Rappen pro Kilowattstunde auf den Übertragungskosten der Hochspannungsnetze finanziert. Die Abgabe wird von der nationalen Netzgesellschaft bei den Netzbetreibern erhoben und in einen Fonds eingespiesen, aus welchem dann im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Umwelt und nach Anhörung des betroffenen Kantons die Kostenbeiträge an die Wasserkraftwerke bezahlt werden. Der Mechanismus wird ähnlich dem mit der Einführung des neuen Bundesgesetzes vom 23. März 20078 über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetzes, StromVG) einhergehenden Änderung vom 23. März 2007 des Energiegesetzes9 eingeführten Mechanismus für Risikoabsicherungen von Geothermieanlagen gestaltet. Der Fonds ist so auszugestalten, dass die eingelegten Mittel im Durchschnitt für die anstehenden oder absehbaren Massnahmen zur Verfügung stehen.

Durch die ganzheitlichen Planungen der Kantone werden optimale Lösungen erarbeitet und durch das bei der Beitragsgewährung geforderte Einvernehmen mit dem Bundesamt für Umwelt wird Rechtsgleichheit innerhalb der Schweiz gewährleistet.

Der zusätzliche Aufwand auf der Erhebungsseite ist sehr gering, da bereits jetzt Zuschläge auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze erhoben werden.

Bei neuen Anlagen tragen die Wasserkraftnutzer die Kosten gemäss Verursacherprinzip zu 100 %. Bei einer Änderung einer bestehenden Anlage (z.B. Erhöhung der turbinierten Wassermenge bei einem Speicherkraftwerk) tragen die Wasserkraftnutzer die Kosten zur Einhaltung der Umweltverträglichkeit dieser Anlageänderung wie die Inhaber von Neuanlagen selbst, erhalten jedoch wie die Inhaber anderer bestehender Anlagen Beiträge für die Beseitigung bereits vor der Änderung bestehender Beeinträchtigungen.

8 9

SR 734.7 BBl 2007 2335

8057

2.7.4

Finanzierung der kantonalen Planungen der Sanierung der Wasserkraftnutzung sowie des Geschiebehaushalts durch allgemeine Bundesmittel

Die kantonalen Planungen in den Bereichen Sanierung der Wasserkraftnutzung sowie Geschiebe werden wie bei früheren Planungspflichten im Bereich des Gewässerschutzes zu 35 % durch ordentliche Bundesmittel (5 Millionen Franken insgesamt) und zu 65 % entweder durch allgemeine Kantonsmittel, schon vorhandene oder noch zu beschaffende Spezialfinanzierungen finanziert (10 Millionen Franken insgesamt).

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Änderung Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (GSchG)

Art. 4 Bst. m Revitalisierung im Sinne des Gesetzes ist die Wiederherstellung der natürlichen Funktionen von durch menschlichen Einfluss in ihrer Morphologie veränderten Gewässern durch bauliche Massnahmen. Darunter fallen beispielsweise auch Gewässer, die mit Schwellen, welche die Fischwanderung behindern, stabilisiert worden sind. Revitalisierungen stellen grundsätzlich eine ökologische und landschaftliche Aufwertung der Gewässer und deren Gewässerräume dar. Massnahmen zur Revitalisierung sind insbesondere die Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs und die naturnahe Gestaltung von Gewässern und Gewässerräumen. Nicht als Revitalisierung gilt die Aufwertung von Gewässern durch Massnahmen zur Verbesserung der Wasserführung (Schwall und Sunk unterhalb von Wasserkraftwerken und Restwasser) sowie Massnahmen zur Reaktivierung des Geschiebehaushalts.

Art. 31 Abs. 2 Bst. d Die nach Artikel 31 Absatz 1 berechnete Restwassermenge muss heute erhöht werden, wenn die Anforderungen gemäss Artikel 31 Absatz 2 Buchstaben a­e nicht erfüllt sind und auch nicht durch andere Massnahmen erfüllt werden können. Buchstabe d sieht eine solche Erhöhung der Restwassermenge vor, wenn die für die freie Fischwanderung erforderliche Wassertiefe nicht gewährleist ist. Neu wird präzisiert, dass diese nur dort gilt, wo die freie Fischwanderung natürlicherweise erfolgt. Dies entspricht der heutigen Praxis.

Art. 32 Bst. a, bbis und c Buchstabe a: Die heute möglichen Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen bei Fliessgewässern oberhalb 1700 m ü. M. werden auf Fliessgewässer oberhalb 1500 m ü. M. ausgedehnt. Damit nur Gewässerabschnitte mit geringem ökologischem Potenzial unter diese Ausnahme fallen, bleiben die Ausnahmen wie bisher auf kleine Gewässer bis maximal 50 l/s Niederwasserabflussmenge (Q347) beschränkt. Kleine Gewässer in dieser Höhenlage beherbergen weniger Arten, insbesondere betreffend Fischfauna, als grössere Gewässer und haben damit auch ein geringeres ökologisches Potenzial.

8058

Buchstabe bbis: Neu sollen bei Gewässerabschnitten mit geringem ökologischem Potenzial auf einer Strecke von 1000 m die Mindestrestwassermengen unterschritten werden können. Diese zusätzliche Ausnahme ist im Vergleich zu den in einem Schutz- und Nutzungsplanverfahren möglichen Ausnahmen (Art. 32 Bst. c GSchG), bei denen Ausgleichsmassnahmen getroffen werden müssen, einfacher und kostengünstiger.

Unter Gewässerabschnitten mit geringem ökologischen Potenzial sind insbesondere Abschnitte zu verstehen, die sich in steilem Gelände befinden oder stark verbaut sind (z.B. durch einen Betonkanal geleitet werden) und nur mit unverhältnismäsigem Aufwand revitalisiert werden können.

Die natürlichen Funktionen, welche das gesamte Gewässer trotz beispielsweise eingedolter oder kanaliserter Abschnitte erfüllen kann, dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die Restwassermenge muss somit ausreichend sein, um beispielsweise eine ausreichende Population von Makroinvertebraten zu gewährleisten, welche den flussabwärts lebenden Fischen als Nahrung dienen, oder die Besiedelung der flussabwärts gelegenen Abschnitte zu gewährleisten, wenn oberhalb der Wasserentnahme Laichplätze vorhanden sind.

Buchstabe c: Bereits im bisherigen Recht können Ausnahmen von der Mindestestwassermenge im Rahmen einer Schutz- und Nutzungsplanung (SNP) für ein begrenztes, topographisch zusammenhängendes Gebiet gewährt werden, wenn ein entsprechender Ausgleich erfolgt. Im geltenden Recht bedarf diese SNP der Genehmigung durch den Bundesrat. Neu soll zur Beschleunigung des Verfahrens die für das Hauptverfahren zur Bewilligung des Wasserkraftwerks zuständige Behörde selber über die SNP entscheiden. Inhaltlich bleibt die Bestimmung unverändert.

Damit kann die vom Bundesrat bisher entwickelte Praxis zur Beurteilung einer SNP weitergeführt werden.

Art. 36a

Gewässerraum

Absatz 1: Bereits heute verpflichtet die Wasserbauverordnung vom 2. November 1994 (WBV)10 die Kantone in Artikel 21 Absatz 2, den Raumbedarf der Gewässer (Gewässerraum) festzulegen. Diese Verpflichtung wird neu auch im GSchG festelegt. Nebst dem Raumbedarf für die Erfüllung der natürlichen Funktionen des Gewässers und für den Schutz vor Hochwasser ist auch der Raumbedarf zur Sicherung der räumlichen Ansprüche von Gewässernutzungen festzulegen. Der Bundesrat bestimmt auf Verordnungsstufe den Rahmen, innerhalb dessen die Kantone den Raumbedarf der Gewässer festlegen müssen. Konkret soll der Raumbedarf für kleine Gewässer gemäss dem Leitbild Fliessgewässer Schweiz11 definiert werden. Für grössere Gewässer muss der Raumbedarf im Einzelfall bestimmt werden.

Die Ausscheidung des Gewässerraums besteht unabhängig von einer allfälligen Pflicht, ein Gewässer zu revitalisieren oder Hochwasserschutzprojekte durchzuführen. Ob sodann eine Revitalisierung durchzuführen ist oder nicht, entscheidet der Kanton unter Berücksichtigung der in Artikel 38a GSchG genannten Kriterien.

10 11

SR 721.100.1 Leitbild Fliessgewässer Schweiz, Für eine nachhaltige Gewässerpolitik, BUWAL/BWG/BLW/are, 2003, Bern.

8059

Absatz 2: Die Kantone sorgen für die Berücksichtigung des notwendigen Gewässerraums bei den Richt- und Nutzungsplanungen. Damit wird eine dem Gewässerraum angemessene Nutzung planerisch gesichert.

«aturnahe Gestaltung und Bewirtschaftung»bedeutet für landwirtschaftlich genutztes Land, unabhängig seiner Zonenzuordnung, dass der Gewässerraum Lebensräume für eine vielfältige, standortheimische Tier- und Pflanzenwelt bietet und damit auch Teil einer attraktiven Landschaft bildet. Insbesondere soll die Bewirtschaftung extensiv und ohne Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden erfolgen. Im Baugebiet sollen im Gewässerraum keine neuen Bauten und Anlagen erstellt werden sowie ausnahmsweise nach Hochwasserereignissen beschädigte Bauten abgebrochen und nicht wieder aufgebaut werden. In Einzelfällen kann die kantonale Behörde bei sehr hochwassergefährdeten Bauten auch den Abbruch verfügen.

Art. 37 Abs. 2 Einleitungssatz Bei Verbauungen und Korrektionen von Fliessgewässern soll nicht nur das Gewässer, sondern auch der von den Kantonen gemäss Artikel 36a GSchG festgelegte Gewässerraum gemäss den Kriterien von Artikel 37 Absatz 2 GSchG gestaltet werden.

Art. 38a

Revitalisierung von Gewässern

Absatz 1: Durch die Einführung einer Revitalisierungspflicht der Kantone werden die Revitalisierungen von Gewässern beschleunigt. Der Nutzen einer Revitalisierung für die Natur und die Landschaft und die wirtschaftlichen Auswirkungen müssen dabei in einem guten Verhältnis stehen. Stark verbaute Gewässerabschnitte, deren Revitalisierung unverhältnismässige Kosten im Vergleich zum ökologischen und landschaftlichen Nutzen generieren würde, müssen somit nicht revitalisiert werden.

Damit haben die Kantone einen grossen Ermessensspielraum bezüglich der zu ergreifenden Massnahmen.

Der Bund hat gewisse Steuerungsmöglichkeiten im Rahmen der Subventionierung, die den Grundsätzen der NFA entspricht, indem Projekte mit hohem ökologischem Nutzen im Vergleich zu Projekten mit geringerer Wirksamkeit stärker gefördert werden. Dadurch haben die Kantone ein Interesse, möglichst wirksame Revitalisierungsprojekte durchzuführen.

Die Kantone sorgen bei der Umsetzung der Bestimmung dafür, dass die Hochwassersicherheit und der Schutz des Grundwassers nicht beeinträchtigt werden.

Absatz 2: Zur Planung der in den Kantonen zu ergreifenden Massnahmen erstellen die Kantone Revitalisierungprogramme, in denen sie festlegen, welche Gewässer innert welcher Frist zu revitalisieren sind. Sie priorisieren dabei Revitalisierungen, die ein gutes Verhältnis zwischen den ökonomischen Auswirkungen und dem ökologischen Nutzen aufweisen. Die Revitalisierungsprogramme müssen, wie der Raumbedarf der Gewässer, in der kantonalen Richtplanung berücksichtigt werden.

Damit werden die raumplanerischen Voraussetzungen für eine Revitalisierung frühzeitig geschaffen.

8060

Art. 39a

Schwall und Sunk

Absatz 1: Die Inhaber von Wasserkraftwerken sind verpflichtet, wesentliche Beeinträchtigungen der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt durch Schwall und Sunk durch bauliche Massnahmen zu verhindern und zu beseitigen. Es geht dabei vor allem um die Wiederherstellung, Aufwertung und Erhaltung von Lebensräumen für die einheimischen Tiere und Pflanzen. Da in gewissen Fällen betriebliche Massnahmen wirksamer und kostengünstiger sein können als bauliche Massnahmen, können die Kraftwerksinhaber beantragen, dass die Behörde betriebliche Massnahmen anordnet.

Hauptbetroffen sind die grossen Speicherkraftwerke mit Saisonspeicher in den Alpen, aber auch kleinere Kraftwerke mit Wochen- oder Tagesspeicher können problematische Abflussschwankungen verursachen. Weiter können Flusskraftwerke an grossen Flüssen mit kleinen Variationen des Wasserpegels im Stau ebenfalls grosse Abflussschwankungen unterhalb der Zentrale verursachen.

Von der Pflicht betroffen sind sowohl Inhaber von Neuanlagen als auch Inhaber bestehender Kraftwerke mit laufenden Konzessionen. Dort, wo ein Fliessgewässer bereits durch Schwall und Sunk beeinträchtigt ist, muss es gemäss den Vorschriften von Artikel 83a GSchG saniert werden, unabhängig davon, ob es eine laufende Konzession besitzt oder ob die Anordnung der Massnahmen mit einer Konzessionserneuerung zusammenfällt. Artikel 83a GSchG regelt als Übergangsbestimmung zu Artikel 39a GSchG die Massnahmen im Bereich Schwall und Sunk bei allen bestehenden Anlagen. Gemäss dieser Bestimmung ist das durch eine bestehende Anlage beeinträchtigte Fliessgewässer soweit zu sanieren, dass bei einer künftigen Konessionserneuerung beim betreffenden Kraftwerk keine zusätzlichen Massnahmen getroffen werden müssen. Das setzt voraus, dass bezüglich Umfang der notwendigen Massnahmen nicht zwischen neuen und bestehenden Anlagen unterschieden wird, sondern auch bei bestehenden Anlagen in einem Schritt der vorgesehene Schutz des Gewässers vor Schwall und Sunk erreicht wird. Die Sanierung erfolgt also auch bei bestehenden Kraftwerken nach den materiellen Grundsätzen von Artikel 39a GSchG. Wohlerworbene Rechte von Konzessionsinhabern werden dadurch gewahrt, dass so hohe Beiträge an die Kosten der Massnahmen gewährt werden, dass der Konzessionsinhaber nur das wirtschaftlich tragbare selber finanzieren muss. Die
wohlerworbenen Rechte müssen somit nicht schon bei der Anordnung der Massnahmen berücksichtigt werden, sondern erst bei deren Finanzierung.

Die Pflicht, Massnahmen zu treffen, besteht grundsätzlich dann, wenn eine wesentiche Beeinträchtigung durch Schwall und Sunk besteht. Es wird für die Frage, ob überhaupt Massnahmen zu treffen sind, somit nicht zwischen den Interessen des Schutzes und der Nutzung des Gewässers abgewogen. Diese Abwägung erfolgt jedoch bei der Bestimmung der Massnahmen. Dort sind die verschiedenen Schutzund Nutzungsinteressen zu berücksichtigen und so die angemessenen Massnahmen auszuwählen (vgl. Art. 39a Abs. 2 GSchG).

Absatz 2: Bei der Bestimmung der Massnahmen sind die in den Buchstaben a­e genannten Kriterien, die verschiedene Interessen des Schutzes und der Nutzung der Gewässer beinhalten, zu berücksichtigen. Buchstabe c fordert die Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit des Aufwandes, die Massnahmen sollen ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen. Dabei sind auch die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen indem trotz eines hohen Finanzierungsanteils Massnahmen mit einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis vermieden werden.

8061

Buchstabe e schreibt die Berücksichtigung der energiepolitischen Ziele zur Förderung erneuerbarer Energien vor. Die Produktion von Energie aus Wasserkraft als erneuerbare Energie soll möglichst nicht beeinträchtigt werden. Dies wird sichergestellt, indem vor allem bauliche Massnahmen zum Schutz der Gewässer getroffen werden.

Absatz 3: Mit der Pflicht, die Massnahmen im Gewässereinzugsgebiet nach Anhörung der betroffenen Kraftwerkseigentümer aufeinander abzustimmen, wird sichergestellt, dass optimale Lösungen über die einzelnen Wasserkraftwerkseinzugsgebiete hinaus getroffen werden.

Art. 43a

Geschiebehaushalt

Absatz 1: Die Inhaber von Anlagen an Gewässern sind verpflichtet, durch Massnahmen einen ausgeglichenen Geschiebehaushalt in den Gewässern zu sichern. Es geht dabei vor allem um die Wiederherstellung, Aufwertung und Erhaltung von Lebensräumen für die einheimische Tier- und Pflanzenwelt. Wie bei der Problematik von Schwall und Sunk handelt es sich hier um durch Anlagen verursachte Beeinträchtigungen von Fliessgewässern, allerdings ist das Ausmass der Problematik des unausgeglichenen Geschiebehaushalts um einiges geringer als das der Schwall- und Sunk-Beeinträchtigungen.

Anlagen an Gewässern im Sinne der Bestimmung, bei denen Massnahmen notwendig sind, sind insbesondere Wasserkraftanlagen, Geschiebesammler und Flussverbauungen. Für kommerzielle Kiesentnahmen gilt nach wie vor die bereits bestehende Spezialregelung von Artikel 44 GSchG. Von der Pflicht betroffen sind sowohl Inhaber von Neuanlagen als auch Inhaber bestehender Anlagen. Dort, wo ein Fliessgewässer bereits durch einen unausgeglichenen Geschiebehaushalt beeinträchtigt ist, muss dieses gemäss den Vorschriften von Artikel 83b GSchG saniert werden, wobei sich die Sanierung nach den materiellen Grundsätzen von Artikel 43a GSchG richtet. Wohlerworbene Rechte von Kraftwerksinhabern werden dadurch gewahrt, dass so hohe Beiträge an die Kosten der Massnahmen gewährt werden, dass der Konzessionsinhaber nur das wirtschaftlich tragbare selber finanzieren muss. Die wohlerworbenen Rechte müssen somit nicht schon bei der Anordnung der Massnahmen berücksichtigt werden, sondern erst bei deren Finanzierung.

Die Pflicht, Massnahmen zu treffen, besteht grundsätzlich dann, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung durch einen unausgeglichenen Geschiebehaushalt besteht. Es wird für die Frage, ob überhaupt Massnahmen zu treffen sind, somit nicht zwischen den Interessen des Schutzes und der Nutzung des Gewässers abgewogen. Diese Abwägung erfolgt jedoch bei der Bestimmung der Massnahmen. Dort sind die verschiedenen Schutz- und Nutzungsinteressen zu berücksichtigen und so die angemessenen Massnahmen auszuwählen (vgl. Art. 43a Abs. 2 GSchG).

Absatz 2: Bei der Bestimmung der Massnahmen sind die in den Buchstaben a­e genannten Kriterien, die verschiedene Interessen des Schutzes und der Nutzung der Gewässer beinhalten, zu berücksichtigen. Buchstabe c fordert die
Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit des Aufwandes. Dadurch wird ein ausgewogenes KostenNutzen-Verhältnis erreicht. Buchstabe e schreibt die Berücksichtigung der energiepolitischen Ziele zur Förderung erneuerbarer Energien vor. Die Produktion von Energie aus Wasserkraft als erneuerbare Energie soll möglichst nicht beeinträchtigt werden.

8062

Absatz 3: Mit der Pflicht, die Massnahmen im Gewässereinzugsgebiet nach Anhörung der betroffenen Anlageinhabern aufeinander abzustimmen, wird sichergestellt, dass optimale Lösungen unter Berücksichtigung der betroffenen Anlagen im Einzugsgebiet des Gewässers gefunden werden.

Art. 62b

Revitalisierung von Gewässern

Absatz 1: Bisher sieht das Bundesgesetz vom 21. Juni 199112 über den Wasserbau (WBG) die Möglichkeit von Finanzhilfen für Renaturierungsprojekte vor. Bei Einführung des neuen Subventionstatbestandes in das Gewässerschutzgesetz wird der alte Subventionstatbestand im WBG gestrichen. Ausserdem werden neu Abgeltungen statt Finanzhilfen gewährt, da die Kantone nun die subventionierten Massnahmen im Rahmen einer bundesrechtlich vorgeschriebene Aufgabe (Art. 38a GSchG) treffen müssen.

Die Abgeltungen an die Kantone werden auf der Grundlage von Programmvereinbarungen zwischen dem Bund und den Kantonen gewährt (Ausnahme: besonders aufwendige Revitalisierungsprojekte, vgl. Abs. 2). Sie werden über allgemeine Mittel der öffentlichen Hand finanziert.

Absatz 2: Bei besonders aufwendigen Revitalisierungsprojekten werden die Abgeltungen im Einzelfall durch Verfügungen gewährt. Dies stimmt mit der heutigen Praxis der Subventionierung von Wasserbauprojekten überein. Dabei sollen durchschnittlich 65 % der Kosten vom Bund übernommen werden. Im Vollzug wird hier eine Koordination mit der Ausrichtung von Bundesbeiträgen an Hochwasserschutzprojekte nötig sein.

Absatz 3: Die Höhe der Abgeltungen für Massnahmen zur Revitalisierung von Gewässern richtet sich insbesondere nach der Länge und der Breite des revitalisierten Gewässerabschnittes, nach der Bedeutung der Massnahmen für die biologische Vielfalt, für die Vernetzung von Lebensräumen und für das Grundwasser, nach der Erholungsnutzung sowie nach dem Nutzen für den Tourismus. Die Kriterien für die Bemessung der Höhe der Abgeltungen werden auf Verordnungsstufe konkretisiert.

Absatz 4: Ist der Inhaber einer Anlage, die ein Gewässer beeinträchtigt, verpflichtet, diese rückzubauen, so sind die Kosten vom Inhaber zu tragen und der Kanton erhält keine Abgeltungen für die Wiederherstellung der natürlichen Funktionen des beeinträchtigten Gewässers.

Art. 62c

Planung der Sanierung bei Schwall und Sunk sowie des Geschiebehaushalts

Absatz 1: Die Kantone erhalten Abgeltungen für die Planung der Massnahmen zur Sanierung von Schwall und Sunk, des Geschiebehaushalts und schlechter Fischgängigkeit, zu der sie gemäss Artikel 83b Absatz 1 GSchG verpflichtet sind. Abgeltungen werden jedoch nur an Planungen gewährt, die bis zum 31. Dezember 2014 beim Bund eingereicht werden.

Absatz 2: Die Abgeltungen an die Planungskosten betragen 35 %. Dies entspricht dem Beitragssatz, der für die Erstellung der kommunalen und regionalen Entwässerungsplanung gewährt wurde.

12

SR 721.100

8063

Art. 68 Sachüberschrift und Abs. 4 Um Land für den Vollzug dieses Gesetzes, z.B. zur Durchführung von Revitalisierungen, zur Verfügung zu haben, können die Kantone als mildere Variante zur heute schon möglichen Enteignung auch ein Landumlegungsverfahren durchführen.

Denkbar ist insbesondere, dass sie dafür landwirtschaftliche Meliorationen durchführen. Sie können die notwendigen Landumlegungen zwingend anordnen. Das Verfahren richtet sich dabei nach kantonalem Recht. Die Massnahmen der Landumlegung und der Enteignung zum Landerwerb sollen grundsätzlich erst zur Anwendung kommen, wenn ein freihändiger Erwerb des Landes ausser Betracht fällt, wobei die Landumlegung im Vergleich zur Enteignung prioritär ist.

Art. 80 Abs. 3 Artikel 80 Absatz 2 GSchG sieht bei der Restwassersanierung von Fliessgewässern in inventarisierten Landschaften oder Lebensräumen keine weitere Interessenabwägung vor, sondern verlangt direkt weitergehende (auch entschädigungsbegründende) Sanierungsmassnahmen. Absatz 3 stellt eine Ausnahme zu Absatz 2 dar, indem bei der Sanierung von denkmalgeschützten Kleinwasserkraftwerken in inventarisierten Gebieten neu die Interessen des Denkmalschutzes gegen die Interessen des Inventarschutzes abzuwägen sind. Damit muss bei der Restwassersanierung den Anliegen des Denkmalschutzes Rechnung getragen werden.

Art. 83a

Sanierung bei Schwall und Sunk sowie des Geschiebehaushalts

Bei bestehenden Wasserkraftwerken und anderen Anlagen an Gewässern müssen die Inhaber der Anlagen gemäss ihren Pflichten nach den Artikeln 39a und 43a GSchG die notwendigen Massnahmen zur Sanierung von wesentlichen Beeinträchtigungen von Gewässern durch Schwall und Sunk sowie zur Sanierung eines unausgeglichenen Geschiebehaushalts innert einer Frist von 20 Jahren treffen. Die übergangsrechtliche Spezialregelung zu Artikel 39a und Artikel 43a GSchG gilt für alle bestehenden Anlagen, unabhängig davon, ob sie laufende Konzessionen besitzen oder ob die Anordnung der Massnahmen mit einer Konzessionserneuerung zusammenfällt. Mit der Sanierung müssen die bestehenden wesentlichen Beeinträchtigungen der einheimischen Tiere und Pflanzen, deren Lebensräume sowie bei einem unausgeglichenen Geschiebehaushalt die Beeinträchtigungen des Grundwasserhaushalts und der Hochwassersicherheit soweit beseitigt werden, wie dies die Artikel 39a und 43a GSchG verlangen.

Die Umsetzungsfrist von 20 Jahren bedeutet in Fällen, wo die Massnahmen nicht einmal, sondern periodisch anfallen (z.B. periodische Stauabsenkungen bei Wasserkraftwerken, Kiesentnahmen bzw. Kiesschüttungen, Bewirtschaftung von Geschiebesammlern), dass innert der genannten Frist mit der Umsetzung der Massnahme begonnen werden muss, die Massnahme aber darüber hinaus noch länger zu treffen ist.

Art. 83b

Planung und Berichterstattung

Absatz 1: Die Kantone erstellen eine Planung, worin sie die notwendigen Massnahmen zur Beseitigung der Beeinträchtigungen, die seitens der Anlageinhaber durchgeführt werden müssen, und die Fristen für deren Umsetzung festlegen. Gleichzeitig mit der Planung der Sanierungsmassnahmen in den Bereichen Schwall und Sunk 8064

sowie Geschiebe, planen die Kantone auch Massnahmen, die zur Wiederherstellung der Fischgängigkeit gemäss Artikel 10 BGF von Inhabern von Wasserkraftwerken getroffen werden müssen. Die Dringlichkeit der Sanierungen richtet sich dabei nach dem Grad der Beeinträchtigungen der Tiere und Pflanzen, ihrer Lebensräume, sowie bei Sanierungen des Geschiebehaushalts nach dem Grad der Beeinträchtigungen des Grundwasserhaushalts und der Hochwassersicherheit. Die Kantone reichen diese Planung bis zum 31. Dezember 2014 beim Bund ein. Darauf folgt eine Umsetzungfrist von 16 Jahren. Das Ziel der Umsetzung der Sanierungen innert 20 Jahren muss bei der Planung von Anfang an massgeblich sein, die Kantone müssen somit die vorzunehmenden Sanierungen nicht nur kurz-, sondern auch langfristig planen.

Bei Einhaltung der Planungsfrist erhalten die Kantone Abgeltungen für die erfolgte Planung (Art. 62c GSchG).

Absatz 2: Der Bund als Aufsichtsbehörde soll über die Durchführung der Sanierungen informiert werden. Die Einzelheiten der Berichterstattung werden auf Verordnungsstufe geregelt.

3.2

Änderung Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau (WBG)

Art. 4 Abs. 2 Einleitungssatz Bei Verbauungen und Korrektionen von Fliessgewässern soll nicht nur das Gewässer, sondern auch der von den Kantonen gemäss Artikel 36a GSchG festgelegte Gewässerraum gemäss den Kriterien von Artikel 4 Absatz 2 WBG gestaltet werden.

Art. 7 und 8 Artikel 7 WBG, der Finanzhilfen an Renaturierungen vorsieht, wird mit Einführung des Subventionstatbestandes für Revitalisierungen im Gewässerschutzsgesetz (Art. 62b GSchG) aufgehoben. Dies hat die Anpassung von Artikel 8 zur Folge, der sich nach Aufhebung von Artikel 7 nur noch auf Abgeltungen, nicht auch Finanzhilfen, beziehen kann.

3.3

Änderung Energiegesetz vom 26. Juni 1998 (EnG); Fassung gemäss Anhang 1 des neuen Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 2007 (Änderung EnG)13

Art. 15abis

Beiträge bei Wasserkraftanlagen

Absatz 1: Die Inhaber von bestehenden Wasserkraftanlagen, die Sanierungsmassnahmen im Bereich Schwall und Sunk, Geschiebehaushalt und Fischgängigkeit durchführen, erhalten von der nationalen Netzgesellschaft einen Beitrag an die Kosten der Massnahmen. Damit erhalten alle bestehenden Anlagen, bei denen Sanierungsmassnahmen getroffen werden, angemessene Kostenbeiträge und zwar unabhängig davon, ob sie eine laufende Konzession besitzen oder ob die Anordnung der Massnahmen mit einer Konzessionserneuerung zusammenfällt. An Massnahmen 13

BBl 2007 2335

8065

zur Sanierung des nicht von Wasserkraftwerken beeinträchtigten Geschiebehaushalts (z.B. bei Geschiebesammlern und bei Flussverbauungen) werden keine Beiträge ausgerichtet.

Die Gewährung der Beiträge erfolgt im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Umwelt. Dies dient einerseits der Rechtsgleichheit in der Schweiz, andererseits wird dadurch das Einverständnis der Bundesfachbehörde für Gewässerschutz sichergestellt. Ausserdem muss vor Gewährung der Beiträge der betroffene Kanton angehört werden.

Die Finanzierung der Abgeltungen wird über eine Abgabe auf die Übertragungskosten des Hochspannungsnetzes gesichert (vgl. Art. 15b EnG).

Absatz 2: Die Höhe der Beiträge an die Kosten der Sanierungsmassnahmen beträgt 80 %, soweit nicht ein höherer Beitragssatz zur Wahrung der wohlerworbenen Rechte der Konzessionsinhaber notwendig ist. Die 20 %-ige Mitfinanzierung durch die Kraftwerkbetreiber gewährleistet, dass optimale und kostengünstige Sanierungen durchgeführt werden. Im weiteren steigern die Investitionen in die Sanierungen den Wert des erzeugten Stromes, da er die Anforderungen an Ökostrom erfüllt. Dieser Mehrwert fällt bei den Konzessionsnehmern an. Der Kostenanteil, für den ein Beitrag gewährt wird, kann jedoch im Einzelfall für die Gewährleistung der wohlerworbenen Rechte entsprechend höher ­ bis zu 100 % ­ ausfallen, wenn der Konzessionsinhaber nachweist, dass ein Anteil von 20 % wirtschaftlich nicht tragbar ist.

Absatz 3: Die Einzelheiten werden auf Verordnungsstufe geregelt. Insbesondere wird das Verfahren der Beitragsgewährung konkretisiert.

Minderheit (Inderkum, Bischofberger, Büttiker, Germann, Imoberdorf, Schweiger) Artikel 15abis

Entschädigung des Konzessionärs

Die Minderheit möchte sicherstellen, dass die Inhaber von Konzessionen zur Nutzung der Wasserkraft, die Sanierungsmassnahmen im Bereich Schwall und Sunk, Geschiebehaushalt und Fischgängigkeit durchführen, von der nationalen Netzgesellschaft die vollständigen Kosten für den Entzug ihrer wohlerworbenen Rechte zurückerstattet erhalten. Die Erstattung der Kosten erfolgt im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Umwelt und dem betroffenen Kanton. Dies dient einerseits der Rechtsgleichheit in der ganzen Schweiz, andererseits wird dadurch das Einverständnis der Bundesfachbehörde für Gewässerschutz sowie die Koordination mit dem betroffenen Kanton sichergestellt. Ausserdem muss vor Gewährung der Beiträge der Konzessionär angehört werden.

Art. 15b Abs. 1 Bst. d und Abs. 4 Absatz 1 Buchstabe d: Die von der nationalen Netzgesellschaft erhobenen Zuschläge auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze sollen auch für die Beiträge an Sanierungsmassnahmen bei Wasserkraftanlagen im Bereich Schwall und Sunk, Geschiebe und Fischgängigkeit, wie sie in Artikel 15abis EnG vorgesehen werden, verwendet werden können.

Absatz 4: Für die Kostenbeiträge an Wasserkraftanlagen ist ein Zuschlag von höchstens 0,1 Rappen pro Kilowattstunde nötig, was ca. 50 Millionen Franken pro Jahr entspricht. Der Betrag soll in einen bedarfsgerecht geäufneten Fond fliessen. Weil 8066

die Kosten der Massnahmen innert den 20 Jahren, in denen die Sanierungsmassnahmen umgesetzt werden müssen, nicht jährlich gleichmässig anfallen, ist auch eine gewisse Äufnung des Fonds für zukünftigen Bedarf an Mitteln notwendig. Den genauen Betrag des Zuschlags sowie die Einzelheiten zur Bewirtschaftung des Fond wird der Bundesrat insbesondere aufgrund der kantonalen Sanierungsplanungen auf Verordnungsstufe festlegen.

3.4

Änderung Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB)

Art. 62 Bst. h Der Landerwerb durch einen Kanton oder eine Gemeinde zum Zweck des Hochwasserschutzes, der Revitalisierung von Gewässern, des Baus von Ausgleichs- und Pumpspeicherbecken sowie des Realersatzes für diese Bedürfnisse wird vom Erfordernis einer Bewilligung für den Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken ausgenommen. Damit kann ein Erwerb nicht mehr verweigert werden, weil der Erwerber nicht Selbstbewirtschafter ist oder einen höheren Preis für das Grundstück anbietet.

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen des Erlassentwurfs

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Revitalisierung

Es entstehen für den Bund jährliche Kosten von rund 40 Millionen Franken (vgl.

Ziff. 2.6 und 2.7).

Die personellen Auswirkungen werden auf zwei bis drei zusätzliche Stellen geschätzt, insbesondere wegen der mit den vermehrten Revitalisierungsprojekten einhergehenden Subventionstätigkeit des Bundes, der Beratung der Kantone und der Gutachtertätigkeit bei allfälligen Gerichtsfällen.

4.1.2

Sanierung der Wasserkraftnutzung

Es entstehen für den Bund Kosten von insgesamt rund 5 Millionen Franken für die Mitfinanzierung der kantonalen Planungen.

Die personellen Auswirkungen werden auf zwei bis drei zusätzliche Stellen geschätzt, insbesondere wegen der Beurteilung der Beitragsgesuche, der Beratung der Kantone und der Gutachtertätigkeit bei allfälligen Gerichtsfällen.

8067

4.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

4.2.1

Revitalisierung

Es entstehen jährliche Kosten von rund 20 Millionen Franken (siehe Ziff. 2.6 und 2.7).

Die personellen Auswirkungen werden in den hauptbetroffenen Kantonen im Mittelland auf je eine zusätzliche Stelle für die Planung und Umsetzung der Massnahmen geschätzt.

4.2.2

Sanierung der Wasserkraftnutzung

Es entstehen für die Kantone Planungskosten von insgesamt ca. 10 Millionen Franken.

Die personellen Auswirkungen werden in den hauptbetroffenen Gebirgskantonen vor allem während 4­5 Jahren nach dem Inkrafttreten der Vorlage auf je zwei bis drei zusätzliche Stellen für die Planung und Festlegung der Massnahmen geschätzt.

4.3

Auswirkungen auf die Umwelt

Die vorgeschlagenen Massnahmen ermöglichen es, die Situation der Gewässer in den bestehenden Problembereichen mit verhältnismässigen Kosten erheblich zu verbessern.

Durch die Revitalisierungen gewinnt die Schweiz insgesamt rund 4000 km naturnahe Fliessgewässer zurück, was sich positiv auf die Qualität der Lebensräume von Tieren und Pflanzen auswirkt und so zur Artenvielfalt beiträgt. Ebenfalls positiv sind die Auswirkungen auf das Landschaftsbild sowie auf die Selbstreinigungskraft der Gewässer. Mit der Sanierung der Wasserkraftnutzung verbessern sich die Lebensbedingungen für Flora (Ufergewächs) und Fauna (Tiere im, am und auf dem Wasser) in den schweizerischen Gewässern deutlich. Dies wirkt sich ebenfalls positiv auf die Artenvielfalt aus. Revitalisierung und Sanierung der Wasserkraft verringern ausserdem die Gefahr von Überschwemmungen.

4.4

Auswirkungen auf den Hochwasserschutz

Durch die planerische Ausscheidung des Gewässerraumes zum Erhalt der natürlichen Funktionen der Gewässer, des Hochwasserschutzes und der Wassernutzung wird der Hochwasserschutz gestärkt. Ebenfalls tragen revitalisierte Gewässerabschnitte zum Hochwasserschutz bei, weil sie das Wasser etwas länger im Einzugsgebiet zurückhalten. Hochwasserspitzen werden damit aber nicht sehr stark vermindert. Die baulichen Massnahmen zur Beseitigung von Schwall und Sunk wie z. B. Ausgleichsbecken oder Ableitungskanäle können von den Kantonen ebenfalls in ihre Hochwasserschutzplanung einbezogen werden und zu kombinierten Schwall/Sunk ­Hochwasserschutzbauten erweitert werden.

8068

4.5

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Mit der Revitalisierung der Gewässer gewinnt die Schweiz auch wichtige Erholungsräume für die Bevölkerung. Forschungsergebnisse zeigen, dass die typischen Merkmale revitalisierter Gewässer den Erholungswert einer Gewässerlandschaft deutlich steigern. Der Erholungsnutzen für die Schweizer Bevölkerung und den Tourismus wird sich daher Jahr für Jahr erhöhen.

Durch die Raumsicherung für Fliessgewässer und Ausgleichs- und Pumpspeicherbecken sinkt die Überschwemmungsgefahr, die Wasserkraft kann effizient saniert werden und es werden klare Rahmenbedingungen für die Ausbauten von Wasserkraftwerken zu Pumpspeicherwerken geschaffen. Die Produktion von Spitzenstrom und Spitzenleistung wird durch die Sanierung der Wasserkraftwerke nicht tangiert, weil für die Sanierungen bauliche Massnahmen vorgesehen sind. Ausserdem profitiert die Wasserkraft von den zusätzlichen Ausnahmen bei den Restwassermengen.

Verschiedene Wasserkraftwerke werden in der Lage sein, ihre Stromproduktion zu erhöhen.

Mit einem maximalen Zuschlag von 0,1 Rp./kWh entstehen der Elektrizitätswirtschaft geschätzte Kosten von durchschnittlich rund 50 Millionen Franken pro Jahr; diese Kosten werden zum grössten Teil auf die Konsumenten überwälzt.

Bei einer vollständigen Überwälzung der Kosten auf die Stromkonsumenten würden sich die Strompreise um weniger als 0,5 % erhöhen.

Von den Investitionen zur Revitalisierung der Gewässer und zur Sanierung der Wasserkraftnutzung profitiert ausserdem die Bauwirtschaft, was auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führt.

4.6

Auswirkungen auf die Energiewirtschaft

Die Vorlage beinhaltet auf der einen Seite eine Ausdehnung bei den Ausnahmen von den Mindestrestwassermengen, was sich positiv auf die Wasserkraftnutzung auswirkt (ab Inkrafttreten der Bestimmungen werden laufend Mehrproduktionen möglich, die gesamte mögliche Mehrproduktion von 100­250 GWh/Jahr wird sodann ab 2070, wenn alle alten Konzessionen erneuert sind, erreicht). Auf der anderen Seite entstehen der Wasserkraft aufgrund der Massnahmen zur Verhinderung und Beseitigung von Schwall und Sunk sowie zur Verbesserung des Geschiebehaushalts und der Fischgängigkeit Mehrkosten. Die Vorlage sorgt insgesamt für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schutz und Nutzung. Die Stromproduktion aus Wasserkraft wird langfristig leicht erhöht, ohne die Natur zu stark zu beeinträchtigen. Gleichzeitig wird die Wasserkraft saniert; die betroffenen Wasserkraftwerke tragen höchstens 20 % der Kosten, d.h. gesamthaft höchstens 10 Millionen Fr./Jahr, für den Rest der Kosten erhalten sie Beiträge von den Netzbetreibern. Die Investitionen in die Sanierungen von Schwall und Sunk, den ausgeglichenen Geschiebehaushalt und die Fischgängigkeit erhöhen den Wert des erzeugten Stromes, da er die Anforderungen an Ökostrom erfüllt. Von diesem Mehrwert profitiert die Energiewirtschaft.

8069

4.7

Auswirkungen auf die Landnutzung

Auf Grund des angestrebten Revitalisierungszieles werden die Revitalisierungen in den allermeisten Fällen ausserhalb der Siedlungsgebiete durchgeführt werden. Die Revitalisierung begradigter Gewässer bedingt in vielen Fällen eine Verbreiterung der Gerinnesohlenfläche, was bei rund 4000 Gewässerkilometern einen Landbedarf von schätzungsweise 2000 ha ergibt. Die grosse Mehrheit der betroffenen Fliessgewässer liegt in landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie in naturnahen Landschaften und Erholungsräumen.

Damit die Fliessgewässer ihre vielfältigen Funktionen erfüllen können, muss der dazu notwendige Gewässeraum gesichert und naturnah (d.h. extensiv) bewirtschaftet werden. Dies ist bei rund 30 000 km Fliessgewässern in landwirtschaftlich genutztem Gebiet notwendig. Der Gegenentwurf betrifft ca. 20 000 ha, bei welchen von einer intensiven auf eine naturnahe Bewirtschaftung umgestellt werden muss (zum Vergleich: die nutzbare Landwirtschaftsfläche in der Schweiz beträgt 1 Million ha).

Ein grosser Teil dieser Flächen kann als Ökoausgleichsflächen gelten, was dazu beiträgt, das von der Landwirtschaftsgesetzgebung geforderte Kontingent solcher Flächen im Mittelland leichter zu erreichen. Diese Flächen können von der Öffentlichkeit (Gemeinden, Kantone) gekauft werden oder im Besitz der Landwirte verbleiben. Die Landwirtschaft wird für ihre Landverluste durch Kauf, Realersatz oder Beiträge für ökologische Ausgleichsflächen entschädigt. Bestehende Fruchtfolgeflächen in den Gewässerräumen können weiterhin als Fruchtfolgeflächen bestehen, müssen jedoch extensiv bewirtschaftet werden. Dort, wo Land durch eine Gerinnesohleverbreiterung verbraucht wird, verringert sich der Umfang der Fruchtfolgeflächen in dem Mass, in welchem sich die Gerinnesohle verbreitert. Ist solches Land heute als Fruchtfolgefläche bezeichnet, verringert sich somit deren Fläche. Für diese Fälle sollte der Bundesrat für Revitalisierungen und Hochwasserschutzmassnahmen eine Ausnahme von der Kompensationspflicht für Fruchtfolgeflächen in der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 200014 (RPV) verankern.

Die Sanierung der Wasserkraftnutzung hat nur geringe Auswirkung auf die Landnutzung: ca. 200­400 ha werden für den Bau von Ausgleichsbecken zur Verminderung von Schwall und Sunk benötigt. Ebenfalls zur Verminderung von Schwall und Sunk, aber in geringerem Umfang wird zusätzlich Land für Ableitungskanäle oder Ersatzgewässer benötigt.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Aus dem internationalen Recht ergeben sich keine Verpflichtungen der Schweiz, mit denen die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen nicht vereinbar sind.

Im Jahre 2000 ist in der Europäischen Union (EU) die Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie15, WRRL) in Kraft getreten. Sie sieht die «Schaffung eines Gemeinschaftsrahmens für den Schutz der Binnen- und Oberflächengewässer, der Übergangs- und Küstengewässer sowie des Grundwassers» vor. Die WRRL ist für die Schweiz nicht verbindlich, es 14 15

SR 700.1 Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000

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ergeben sich durch die Richtlinie also keine Verpflichtungen der Schweiz. Die Richtlinie enthält ein programmatisches Verbesserungsgebot für Gewässer in schlechtem Zustand. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zielen mit der Förderung von Revitalisierungen und Massnahmen im Bereich von Schwall und Sunk, Geschiebe und Fischgängigkeit ebenfalls auf die Verbesserung der Lebensräume für Flora und Fauna und sind somit mit dem EG-Recht kompatibel.

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen stützen sich auf Artikel 76 der Bundesverfassung (BV)16, welcher den Bund verpflichtet, für eine haushälterische Nutzung und den Schutz der Wasservorkommen sowie für die Abwehr schädigender Einwirkungen des Wassers zu sorgen. Die Bestimmung gibt dem Bund die Kompetenz, Grundsätze über die Erhaltung und Erschliessung der Wasservorkommen, über die Nutzung der Gewässer zur Energieerzeugung sowie über andere Eingriffe in den Wasserkreislauf festzulegen und unter anderem Vorschriften über den Gewässerschutz, die Sicherung angemessener Restwassermengen und den Wasserbau zu erlassen.

Diese Verfassungsbestimmung bildet eine ausreichende Grundlage für den Erlass der vom Gegenentwurf vorgeschlagenen materiellen Gesetzesvorschriften.

Genauer geprüft wurde die Finanzierung von Massnahmen im Bereich Schwall und Sunk, Geschiebe und Fischgängigkeit über einen Zuschlag auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze: Zwischen dem abgabepflichtigen Kreis (Netzbetreiber) und dem Verwendungszweck (Beiträge an die Kosten von Sanierungsmassnahmen bei Wasserkraftanlagen) besteht ein Zurechnungszusam-menhang. Die Abgabe gleicht Wettbewerbsnachteile eines Netzbetreibers aus, der Sonderlasten trägt, weil er Kostenbeiträge an die Sanierung von Wasserkraftwerken ausrichten muss. Sie ist somit eine Ausgleichsabgabe mit besonderem Verwendungszweck, die auf einem hinreichenden Zurechnungszusammenhang zwischen Abgabepflichtigen und Verwendungszweck basiert. Damit stellt die Sachkompetenz des Bundes im Bereich Gewässerschutz eine genügende Verfassungsgrundlage für die vorgeschlagene Regelung dar.

6.2

Erlassform

Für die vorgeschlagenen Änderungen genügen wie in Ziffer 6.1 erläutert die bestehenden Verfassungsbestimmungen, es braucht daher keine Änderungen auf Stufe der Verfassung. Nach Artikel 22 Absatz 1 ParlG erlässt die Bundesversammlung alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes.

16

SR 101

8071

6.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedarf die vorgeschlagene Regelung für Bundessubventionen (Art. 62b GSchG) der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da sie neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich zieht.

6.4

Übereinstimmung mit dem Subventionsgesetz

Bei der vom Gegenentwurf vorgesehenen finanziellen Unterstützung für die Revitalisierung von Gewässern und für die Planung von Sanierungsmassnahmen in den Bereichen Schwall und Sunk sowie Geschiebehaushalt durch den Bund handelt es sich um Abgeltungen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199017 (SuG). Die Bestimmungen entsprechen den Voraussetzungen und besonderen Grundsätzen der Gewährung von Abgeltungen nach den Artikeln 9 und 10 SuG.

6.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die vorliegenden Gesetzesänderungen führen keine Delegationsnormen zum Erlass von gesetzesvertretendem Verordnungsrecht ein.

17

SR 616.1

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