Öffentlich-rechtliche Rahmenvereinbarung über die E-Government-Zusammenarbeit in der Schweiz (2007­2011) Durch die Plenarversammlung der Konferenz der Kantonsregierungen am 22. Juni 2007 genehmigt.

Vom Bundesrat am 29. August 2007 verabschiedet.

Der Schweizerische Bundesrat und die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) treffen folgende Vereinbarung:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Zweck und Geltungsbereich

Diese Rahmenvereinbarung regelt die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen bei der Umsetzung der E-Government-Strategie Schweiz von 2007 bis und mit 2011.

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Die Umsetzung wird durch spezifische Umsetzungsvorhaben gemäss dem «Katalog priorisierter Vorhaben» vorangetrieben. Soweit erforderlich, werden für einzelne Vorhaben Sondervereinbarungen gemäss Artikel 17 abgeschlossen. Die Bestimmungen der vorliegenden Rahmenvereinbarung finden Anwendung auf sämtliche Sondervereinbarungen.

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Art. 2

Zusammenarbeit

Bund und Kantone stellen eine koordinierte Umsetzung der E-GovernmentStrategie Schweiz sicher. Insbesondere treffen sie gemeinsame Massnahmen im Rahmen der Vereinbarung, orientieren sich für ihren Bereich an den Entscheidungen des Steuerungsausschusses und stellen Ideen, Methoden und Lösungen im Rahmen der rechtlichen Vorgaben den Partnern zur Verfügung.

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Den Kantonen entstehen durch die Unterzeichnung dieser Rahmenvereinbarung weder direkte finanzielle Verpflichtungen noch wird dadurch in ihren Kompetenzund Organisationsbereich eingegriffen. Für einzelne Vorhaben zur Strategieumsetzung werden allfällige weitere Verpflichtungen des Bundes und der Kantone in Sondervereinbarungen gemäss Artikel 17 geregelt.

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Art. 3

Mehrfachnutzung von Daten und Leistungen

Die Gemeinwesen achten darauf, dass keine unnötigen rechtlichen oder tatsächlichen Schranken die Nutzung ihrer Daten oder Leistungen durch andere Schweizer Gemeinwesen behindern, insbesondere im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben über die Geheimhaltung, den Datenschutz, das öffentliche Beschaffungswesen und die Übertragung von Nutzungsrechten.

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Bei Entwicklungsleistungen Dritter lassen sich die Gemeinwesen zu diesem Zweck, soweit möglich, die notwendigen Nutzungsrechte an Immaterialgütern einräumen.

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Art. 4

Einhaltung von Standards für den Datenaustausch

Bei der Erarbeitung von E-Government-Leistungen oder Teilen davon orientieren sich die Gemeinwesen an international, gegebenenfalls an national anerkannten E-Government-Standards.

1

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Auf nationaler Ebene sind Standards des Vereins eCH massgeblich.

Empfehlungen der Schweizerischen Informatikkonferenz (SIK) über die technische Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Gemeinwesen werden berücksichtigt.

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Art. 5

Datenschutz und Informatiksicherheit

Die an der E-Government-Zusammenarbeit Beteiligten: a.

gewährleisten bei der Bearbeitung von Daten die Vorgaben nach dem Bundesgesetz vom 19. Juni 19921 über den Datenschutz beziehungsweise nach den jeweiligen kantonalen Datenschutzbestimmungen;

b.

treffen Massnahmen zum Schutz der Integrität und Verfügbarkeit der Informatiksysteme sowie zum Schutz der Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Nachweisbarkeit der Daten, die in diesen Systemen gespeichert, verarbeitet und übertragen werden.

Art. 6

Rechtsetzung

Bund und Kantone stellen sicher, dass der Rechtsetzungsbedarf frühzeitig evaluiert wird und neu zu schaffende Rechtsgrundlagen zeitgerecht als Teilprojekte in die Projektplanung und -abwicklung aufgenommen werden.

2. Abschnitt: Steuerungsausschuss Art. 7

Aufgaben und Kompetenzen

Der Steuerungsausschuss trägt die Verantwortung für die koordinierte Umsetzung der E-Government-Strategie Schweiz.

1

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Er hat namentlich folgende Aufgaben und Kompetenzen: a.

1

Er definiert und aktualisiert den Katalog priorisierter Vorhaben (Leistungen und Voraussetzungen), SR 235.1

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b.

Er bestimmt federführende Organisationen für die Umsetzung der priorisierten Vorhaben und unterstützt sie nötigenfalls bei der Erarbeitung von Sondervereinbarungen gemäss Artikel 17.

c.

Er nimmt Kenntnis von den ihm durch die federführenden Organisationen unterbreiteten Sondervereinbarungen.

d.

Er steuert und überwacht die Umsetzung der Strategie, namentlich auch die Rechtsetzung gemäss Artikel 6, beschliesst über die aktualisierten Planungsund Umsetzungsinstrumente und überprüft periodisch die Fortschritte der Umsetzung.

e.

Er vermittelt bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien und setzt sich für eine gütliche Einigung ein.

f.

Er informiert den Bundesrat, die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), den Städteverband, den Gemeindeverband und weitere interessierte Stellen über seine Beschlüsse.

g.

Er bestimmt die Mitglieder des Expertenrates gemäss Artikel 11.

Art. 8

Organisation

Der Steuerungsausschuss besteht aus insgesamt neun Mitgliedern, nämlich je drei Vertreterinnen oder Vertreter des Bundes, der Kantone und der Städte bzw.

Gemeinden.

1

2

Die Mitglieder werden wie folgt bestimmt: a.

Die Vertretung des Bundes setzt sich zusammen aus dem Vorsteher oder der Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) sowie je einem Vertreter oder einer Vertreterin eines weiteren Departements oder der Bundeskanzlei. Der Bundesrat bestimmt auf Antrag des EFD die Personen, die den Bund vertreten.

b.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Kantone werden durch die KdK bestimmt.

c.

Der Städteverband und der Gemeindeverband bestimmen die Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinden.

Art. 9

Konstituierung und Arbeitsweise

Den Vorsitz des Steuerungsausschusses hat der Vorsteher oder die Vorsteherin des EFD. Im Übrigen konstituiert sich der Steuerungsausschuss selbst.

1

Der Steuerungsausschuss trifft sich, wenn die Geschäfte es erfordern, mindestens aber zweimal jährlich, oder wenn dies von mindestens drei Mitgliedern verlangt wird.

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3

Einladung und Organisation der Sitzungen erfolgen durch die Geschäftsstelle.

Der oder die Delegierte für die Informatikstrategie des Bundes nimmt beratend an den Sitzungen des Ausschusses teil.

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Der Steuerungsausschuss bemüht sich grundsätzlich um konsensuale Meinungsfindung. Im Falle von Abstimmungen entscheidet er mit einfachem Mehr der anwesenden Mitglieder; jedes Mitglied hat eine Stimme. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des Vorsitzenden.

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Der Ausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens fünf Mitglieder, davon je mindestens eines von Bund, Kantonen sowie Städten und Gemeinden, anwesend sind.

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Eine Stellvertretung ist bei Vorliegen wichtiger Gründe und mit vorgängiger Zustimmung der oder des Vorsitzenden des Steuerungsausschusses möglich.

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3. Abschnitt: Expertenrat Art. 10

Aufgaben

Der Expertenrat ist ein Fachgremium, das dem Steuerungsausschuss, der Geschäftstelle und den federführenden Organisationen beratend zur Seite steht.

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2

Der Expertenrat hat folgende Aufgaben: a.

Er prüft die fachtechnischen Aspekte der anstehenden Geschäfte und Projekte und gibt dem Steuerungsausschuss Empfehlungen ab.

b.

Er berät die Geschäftsstelle und federführende Organisationen bei der Umsetzung priorisierter Vorhaben in rechtlicher (Art. 6), technischer sowie organisatorischer Hinsicht.

Art. 11

Zusammensetzung

Der Expertenrat setzt sich aus maximal 9 Fachleuten der Verwaltung, der Wirtschaft und der Wissenschaft zusammen.

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Die Mitglieder werden durch den Steuerungsausschuss bestimmt. Der oder die Delegierte für die Informatikstrategie des Bundes ist Mitglied.

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Art. 12

Konstituierung und Arbeitsweise

Den Vorsitz des Expertenrats hat der oder die Delegierte für die Informatikstrategie des Bundes.

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2

Im Übrigen konstituiert sich der Expertenrat selbst.

4. Abschnitt: Geschäftsstelle Art. 13

Aufgaben

Die Geschäftsstelle ist das Stabsorgan des Steuerungsausschusses und des Expertenrates. Sie koordiniert die Umsetzung der Strategie.

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2

Sie hat namentlich folgende Aufgaben: a.

Sie bereitet die Geschäfte des Steuerungsausschusses und des Expertenrates vor und führt das Protokoll der Sitzungen. Sie überwacht die Umsetzung der Entscheide des Steuerungsausschusses.

b.

Sie ist Anlaufstelle für federführende Organisationen und zuständig für den Aufbau und die Pflege des Beziehungsnetzes mit den Kantonen und den involvierten Bundesstellen,

c.

Sie unterstützt die federführenden Organisationen bei der Ausarbeitung von Sondervereinbarungen und stellt in Zusammenarbeit mit der SIK insbesondere Finanzierungsmodelle und Musterverträge bereit.

d.

Sie stellt durch geeignete Kommunikationsmassnahmen die notwendige Transparenz sicher. Insbesondere pflegt und aktualisiert sie im Auftrag des Steuerungsausschusses die Umsetzungsinstrumente und veröffentlicht diese im Internet.

e.

Sie arbeitet mit der Schweizerischen Staatschreiberkonferenz und der Geschäftsstelle der SIK als Kommunikations- und Koordinationsdrehscheibe zu den Kantonen und den Gemeinden zusammen.

f.

Sie stellt das Controlling für die Umsetzung der E-Government-Strategie sicher.

g.

Sie beobachtet die E-Government-Aktivitäten in der Schweiz und im Ausland, erkennt Doppelspurigkeiten und mögliche Synergien.

h.

Sie erstellt zuhanden des Steuerungsausschusses einen Jahresbericht über den Stand der Umsetzung.

Art. 14

Organisation und Finanzierung

Die Geschäftstelle wird durch das Informatikstrategieorgan Bund (ISB), das zum EFD gehört, geführt und wird durch den Bund finanziert.

5. Abschnitt: Umsetzung der Strategie Art. 15

Trägerschaft und Finanzierung

Aufgrund der Verschiedenartigkeit der im Katalog priorisierten Vorhaben werden Trägerschaft und Finanzierung entsprechend den jeweiligen Anforderungen definiert und falls nötig in einer Sondervereinbarung geregelt.

1

Der Steuerungsausschuss empfiehlt Finanzierungsmodelle, an denen sich die Sondervereinbarungen orientieren.

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Art. 16

Aufgaben und Kompetenzen der federführenden Organisationen

Der Steuerungsausschuss setzt geeignete Organisationen als federführend für ein priorisiertes Vorhaben ein. Geeignet sind insbesondere Organisationen:

1

a.

die über geeignete und genügende Ressourcen und Erfahrung zur Wahrnehmung der Rolle verfügen;

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2

b.

deren Aufgabengebiet sich auf derartige Vorhaben erstreckt; und

c.

die bereits Vorarbeiten zum Vorhaben geleistet haben.

Federführende Organisationen: a.

bestimmen ihre Projektleitungen;

b.

sorgen in Zusammenarbeit mit weiteren beteiligten Akteuren für das Rechtsetzungskonzept (Art. 6) sowie für ein tragfähiges Finanzierungsund Organisationskonzept;

c.

gewährleisten die Einhaltung von Standards, achten auf die Interoperabilität der erarbeiteten Lösungen und berichten der Geschäftsstelle im Rahmen eines Monitorings regelmässig über den Stand der Arbeiten;

d.

können über die Geschäftsstelle den Expertenrat um fachliche Unterstützung angehen;

e.

können über die Geschäftsstelle dem Steuerungsausschuss Anträge zur Finanzierung von Vorhaben unterbreiten.

Art. 17

Sondervereinbarungen

Falls es eine zuständige federführende Organisation und die übrigen Beteiligten als nötig erachten, wird eine Sondervereinbarung abgeschlossen und dem Steuerungsausschuss zur Kenntnisnahme vorgelegt. Sie regelt mindestens: a.

die Ziele und den Umfang des betreffenden Vorhabens;

b.

die Trägerschaft, Federführung und Zusammenarbeit der beteiligten Partner;

c.

das Finanzierungskonzept für die Erstellung und/oder den Betrieb der betroffenen Leistung oder Voraussetzung;

d.

die Zuständigkeiten und Verfahren über Abschluss von Liefer- und Dienstleistungsverträgen mit Dritten;

e.

die Unterstellung der Sondervereinbarung unter die vorliegende Rahmenvereinbarung.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 18

Inkrafttreten

Diese Vereinbarung wird zwischen der KdK, die die Kantone vertritt, und dem Bundesrat abgeschlossen. Die Vereinbarung tritt, wenn sie von der KdK und vom Bundesrat verabschiedet ist, mit ihrer Veröffentlichung im Bundesblatt in Kraft und gilt bis Ende 2011.

Art. 19

Übergangsregelung betreffend www.ch.ch

Mit Inkrafttreten dieser Rahmenvereinbarung gilt die öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen für den Betrieb des Schweizer Portals ch.ch für die Jahre 2007­2010 als Sondervereinbarung im Sinne von Artikel 17.

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Art. 20

Anpassungen dieser Rahmenvereinbarung

Die KdK und der Bundesrat können auf Antrag des Steuerungsausschusses Anpassungen und die Verlängerung dieser Rahmenvereinbarung beschliessen.

29. August 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

22. Juni 2007

Im Namen der Konferenz der Kantonsregierungen Der Präsident: Lorenz Bösch, Regierungsrat Der Sekretär: Canisius Braun

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