Sonderbewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens Die Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung, hat an der Plenarsitzung vom 3. April 2008, gestützt auf Artikel 321bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0); Artikel 1, 2, 9, 10, 11 und 13 der Verordnung vom 14. Juni 1993 über die Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Bereich der medizinischen Forschung (VOBG; SR 235.154); in Sachen: Heilpädagogisches Institut der Universität Freiburg, Prof. Dr. Winfried Kronig und Frau lic.phil. Sabina Sennhauser, Projekt «Leidet nicht an gewöhnlichem Alkoholismus sondern an angeborenem moralischem Schwachsinn» ­ Eine Diskursanalyse der Eugenik in den Anfängen der schweizerischen Psychiatrie 1879­1927 (Dokumentenanalyse von Patientengeschichten bei «Idiotien», «moralischen Idiotien» und «Alkoholikern» im Burghölzli) betreffend Gesuch vom 29. November 2007 für eine Sonderbewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 321bis StGB zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens, verfügt: 1. Bewilligungsnehmer Herrn Prof. Dr. Winfried Kronig und Frau lic. phil. Sabina Sennhauser, beide Heilpädagogisches Institut der Universität Freiburg, wird unter nachfolgenden Bedingungen und Auflagen eine Sonderbewilligung gemäss Artikel 321bis StGB sowie Artikel 2 VOBG zur Entgegennahme nicht anonymisierter Daten im Rahmen von Ziffer 2 und 3 erteilt. Sie haben eine Erklärung über die ihnen gemäss Artikel 321bis StGB auferlegte Schweigepflicht zu unterzeichen und der Expertenkommission zuzustellen.

2. Umfang der Sonderbewilligung a)

Den in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (ehemals Burghölzli) und im Psychiatriezentrum Rheinau (ehemals Kantonale Psychiatrische Klinik Rheinau) tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie deren Hilfspersonen wird die Bewilligung erteilt, den Bewilligungsnehmern gemäss Ziffer 1 Einblick in die Krankengeschichen von Patientinnen und Patienten mit Diagnosen «geistige Behinderung», «Moralische Idiotie» und «Alkoholiker» zu gewähren, die im Zeitraum zwischen 1879 und 1927 (bei mehrmaliger Aufnahme bis 1940) in den genannten Kliniken behandelt worden sind. Die Bewilligung umfasst weiter den Einblick in Kopierbücher, Gutachten bzw. Gutachtenkopierbücher und Aufnahmebücher der gleichen Zeitspanne.

b)

Den in der Psychiatrischen Poliklinik des Universitätsspitals Zürich tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie deren Hilfspersonen wird die Bewilligung erteilt, den Bewilligungsnehmern gemäss Ziffer 1 Einblick in Krankengeschichen von Patientinnen und Patienten zu gewähren, von denen die Bewilligungsnehmer im Rahmen ihrer Einsichtnahme gemäss Buchstabe a)

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Kenntnis einer Behandlung in der Poliklinik im Zeitraum zwischen 1879 und 1940 erhalten haben.

c)

Mit der Bewilligungserteilung entsteht für niemanden die Pflicht zur Datenbekanntgabe.

3. Zweck der Datenbekanntgabe Die gestützt auf die vorliegende Bewilligung bekannt gegebenen Personendaten, die dem medizinischen Berufsgeheimnis gemäss Artikel 321 StGB unterstehen, dürfen nur für die Dissertation mit dem Titel «Leidet nicht an gewöhnlichem Alkoholismus sondern an angeborenem moralischem Schwachsinn» ­ Eine Diskursanalyse der Eugenik in den Anfängen der schweizerischen Psychiatrie 1879­1927 (Dokumentenanalyse von Patientengeschichten bei «Idiotien», «moralischen Idiotien» und «Alkoholikern» im Burghölzli), verwendet werden.

4. Schutz der bekannt gegebenen Daten Die Bewilligungsnehmer haben die nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen erforderlichen technischen und organisatorischen Massnahmen zu treffen, um die Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen.

5. Verantwortlichkeit für den Schutz der bekannt gegebenen Daten Die Verantwortung für den Schutz der bekannt gegebenen Daten trägt Prof. Dr.

Winfried Kronig als betreuender Dozent.

6. Auflagen a)

Es ist sicherzustellen, dass keine unbefugten Personen Einblick in die Krankendokumentationen erhalten.

b)

Die Personendaten werden tabellarisch auf einem Laptop erhoben und anschliessend auf einen PC am Arbeitsplatz von Frau Sennhauser am Heilpädogogischen Institut der Universität Freiburg übernommen. Die Personendaten sind so bald als möglich zu anonymisieren. Anonymisierte und nicht anonymisierte Daten sind getrennt voneinander aufzubewahren. Es ist sicherzustellen, dass keine unberechtigten Personen Zugriff auf die nicht anonymisierten Daten erhalten.

c)

Die nicht anonymisierten Daten sind zu vernichten, sobald sie nicht mehr benötigt werden. Die Vernichtung hat gemäss den Vorschriften des kantonalen Datenschutzbeauftragten zu erfolgen.

d)

Projektergebnisse dürfen nur in vollständig anonymisierter Form veröffentlicht werden, d.h. es dürfen keinerlei Rückschlüsse auf die betroffenen Personen möglich sein.

e)

Die Bewilligungsnehmer werden verpflichtet, die Ärzteschaft der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (ehemals Burghölzli), des Psychiatriezentrums Rheinau (ehemals Kantonale Psychiatrische Klinik Rheinau) und der Poliklinik des Universitätsspitals Zürich über den Umfang der erteilten Bewilligung schriftlich zu informieren. Das Schreiben ist vor dem Versand dem Sekretariat der Expertenkommission zu Handen des Präsidenten zur Kenntnisnahme zuzustellen.

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7. Rechtsmittelbelehrung Gegen diese Verfügung kann gemäss Artikel 44 ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) innert 30 Tagen seit deren Eröffnung bzw. Publikation beim Bundesverwaltungsgericht, Postfach, 3000 Bern 14, Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerde ist im Doppel einzureichen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Partei oder ihres Vertreters oder ihrer Vertreterin zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen.

8. Mitteilung und Publikation Diese Verfügung wird den Bewilligungsnehmern und dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten schriftlich mitgeteilt. Das Verfügungsdispositiv wird im Bundesblatt veröffentlicht. Wer zur Beschwerde legitimiert ist, kann innert der Beschwerdefrist beim Sekretariat der Expertenkommission, Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Recht, 3003 Bern, nach telefonischer Voranmeldung (031 322 94 94) Einsicht in die vollständige Verfügung nehmen.

1. Juli 2008

Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung Der Präsident: Franz Werro

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