Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 23. November 2007 betreffend Rüstungsbeschaffung im VBS Ergänzender Teilbericht zur Stellungnahme des Bundesrates vom 14. März 2008 vom 26. September 2008

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Teilbericht unterbreiten wir Ihnen die ergänzenden Erläuterungen zu den Empfehlungen 3­8 des rubrizierten Berichtes der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. September 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2008-2058

8655

Übersicht Der Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 18. Oktober 2007 hält in der Gesamtbeurteilung fest, «dass sich armasuisse als hauptsächlicher Träger der Beschaffung auf einem hohem Niveau bewegt.»1 Der Bundesrat teilt die Auffassung der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle, wonach ein grosser Teil der im Bericht aufgezeigten Probleme nicht von armasuisse im Alleingang bewältigt werden kann, sondern dass dazu auch die aktive Mitarbeit der anderen Partner im VBS notwendig ist.

Der Bericht zeigt indes auch Optimierungspotenzial auf. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die aufgezeigten Massnahmen operativ zügig umzusetzen sind, sofern dies nicht bereits erfolgt ist. Er verweist diesbezüglich auf seine Stellungnahme vom 14. März 2008. Zu den einzelnen Empfehlungen wird festgehalten: Eine noch zu erarbeitende Beschaffungsstrategie gemäss den Empfehlungen 1 und 2 ist in einem grösseren Sachzusammenhang zu sehen. Mit einer modifizierten Rüstungspolitik und Eignerstrategie sowie einer Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts sollen die überarbeiteten Grundlagen für die Ausarbeitung einer Beschaffungsstrategie bereitgestellt werden, die den Anliegen der GPK-N Rechung trägt.

Der Vorentwurf für das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen vom 30. Mai 2008 nimmt zahlreiche Anliegen der GPK-N auf. Er präzisiert die Berechnung des Auftragswerts und sieht vor, die Transparenz der Vergabeverfahren sowie den Rechtsschutz der Anbieter insgesamt auszubauen. Dabei ist den berechtigten rüstungs- und sicherheitspolitischen Interessen bei Rüstungsbeschaffungen angemessen Rechnung zu tragen. In Bezug auf die Empfehlungen 3 (Wahl des Vergabeverfahrens), 5 (Transparenz der Verfahren) und 6 (Rechtsschutz) ist der Bundesrat daher der Ansicht, dass diese teilweise bereits umgesetzt sind respektive sich in der Implementierungsphase befinden.

Empfehlung 4 (Statistik der Beschaffungen) wurde mit dem Projekt «Statistik Beschaffungszahlungen» vorweggenommen. Damit wird ein strategisches Beschaffungscontrolling ermöglicht und eine zentrale Statistik Beschaffungszahlungen aufgebaut. Die neue Betriebsorganisation wird unter der Federführung des Bundesamtes für Bauten und Logistik etabliert. Anlässlich der Umsetzung der Verwaltungsreform 05/07, Querschnittsprojekt Nr. 5/Beschaffung, wird bis
Ende 2009 ein integrales Beschaffungs-Controlling inkl. Vergabeverfahren, Vertrags- und Lieferantenmanagement angestrebt.

Erhöhten Handlungsbedarf erkennt der Bundesrat bezüglich der Empfehlungen 7 und 8 (Kostendimension). Das VBS wird aufgefordert, die bisherigen Anstrengungen in diesem Bereich weiterzuverfolgen und allfällige Schwachstellen mit geeigneten Massnahmen gezielt und ohne Verzug anzugehen. Die beschlossene Restrukturierung von armasuisse kommt dabei den Anliegen der Kommission entgegen. Die konsequente Strukturierung des Kerngeschäfts von armasuisse als schlanke, flexible Rüstungsorganisation führt zu einer Optimierung bezüglich Prozessen sowie Kundennähe.

1

Vgl. BBl 2008 3587 3669

8656

Abkürzungsverzeichnis BBL

Bundesamt für Bauten und Logistik

BoeB

Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen, SR 172.056.1

BR

Bundesrat

DSP

Direktion für Sicherheitspolitik

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

GPA

Government Procurement Agreement, SR 0.632.231.422

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats

GRPM

Groupe suisse romande pour le matériel de défense et de sécurité

HERMES

Im Bund eingeführte Projektführungsmethode für IKT-Systeme

IKT

Informations- und Kommunikationstechnologie

i.V.m.

in Verbindung mit

NRM

Neues Rechnungsmodell des Bundes

PPP

Public Private Partnership

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

SAP

Systeme, Anwendungen und Produkte der Datenverarbeitung (Firmenname)

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

Swissmem

Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie

UNO

United Nations Organisation

TUNE+

Vereinbarung zwischen den Gruppen «Verteidigung» und «armasuisse» TUNE+ vom 02.05.2007

VAMAT

Verordnung des VBS vom 06.12.07 über das Armeematerial (Armeematerialverordnung, VAMAT), SR 514.20

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

VE BöB

Vorentwurf für das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen vom 30. Mai 2008

VoeB

Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen, SR 172.056.11

Weko

Wettbewerbskommission

WTO

World Trade Organisation, www.wto.org

8657

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) hat ihren Bericht betreffend Rüstungsbeschaffung im VBS am 23. November 2007 verabschiedet und zur Veröffentlichung freigegeben.

Der Bundesrat nahm zum Bericht der GPK-N am 14. März 2008 ein erstes Mal Stellung. Auf Wunsch der GPK-N unterbreitet der Bundesrat nachfolgend einen Teilbericht mit vertieften Erläuterungen zu den Empfehlungen 3­8 der GPK-N.

Damit wird den Anliegen der Kommission im Rahmen der zeitlichen Vorgaben Rechnung getragen.

In Bezug auf die Empfehlungen 1 und 2 stellt der Bundesrat fest, dass die in Frage stehende Beschaffungsstrategie und die Strategie betreffend Beschaffungsprozesse in einem grösseren Zusammenhang mit der Rüstungspolitik des Bundesrates zu sehen sind. Diese ist wiederum eng verknüpft mit der Sicherheits-, Aussen- und Wirtschaftspolitik, der Eignerstrategie für die Rüstungsunternehmen des Bundes/RUAG 2007­2010, der Offsetpolitik sowie insbesondere der vom Bundesrat im 2. Quartal 2008 eingeleiteten Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts.

Eingehendere Betrachtungen in diesem komplexen Schnitt- und Nahtstellenbereich zur Rüstungsbeschaffung aufgrund vertiefter Analysen sowie daraus allenfalls resultierende Anpassungen sind mit entsprechendem Aufwand verknüpft und aus diesem Grunde bis Ende 2008 nicht in der gewünschten Tiefe realisierbar. Folgende zeitlichen Abhängigkeiten sind diesbezüglich massgebend: ­

Revision Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungsrecht: Inkrafttreten voraussichtlich 2010. Involvierte Stellen: EFD/EFV/BBL (Projektleitung), Bundesrat, Kantone, Verbände, Parlament

­

Rüstungspolitik des Bundesrates: Involvierte Stellen: VBS/armasuisse, Schweizer Industrie (Swissmem/GRPM), Bundesrat. Geplante Revision 2009

­

Eignerstrategie Bundesrat für die RUAG 2007­2010: Revision parallel zur Revision Rüstungspolitik. Involvierte Stellen: VBS/EFD, RUAG ­ Bundesrat

­

Sicherheitspolitik: Überarbeitung des Berichts zur Sicherheitspolitik parallel zu Revision Rüstungspolitik 2009. Involvierte Stellen: VBS/DSP, EDA, Bundesrat.

Der Bundesrat schlägt somit vor, diese Themenbereiche und Abhängigkeiten in einem abschliessenden Bericht bis Ende 2009 zu behandeln.

8658

2

Zu Empfehlung 1, Beschaffungsstrategie Rüstungsbeschaffung

2.1

Beschaffungsstrategische Elemente der Rüstungspolitik und des öffentlichen Beschaffungsrechts

Richtschnur für sämtliche Beschaffungen der öffentlichen Hand ist primär das öffentliche Beschaffungsrecht auf internationaler und nationaler Ebene. Dieses stipuliert den Wettbewerb unter den Anbietern, das Transparenzgebot, den wirtschaftlichen Einsatz öffentlicher Mittel sowie die Gleichbehandlung aller Anbieter.

Die Bestimmungen des öffentlichen Beschaffungsrechts sehen explizit den globalen Wettbewerb basierend auf sachbezogenen Vergabekriterien vor. Damit unterliegen die Beschaffungsstellen aufgrund normativer Vorgaben gewissen Abhängigkeiten bzw. einer Fremdbestimmung.

Nebst dem eigentlichen Beschaffungsrecht stützt sich die Rüstungsbeschaffung auf die Grundsätze des Bundesrates für die Rüstungspolitik des VBS vom 29. November 2002. Diese basieren unter anderem auf den strategischen Vorgaben des Berichts des Bundesrates vom 7. Juni 1999 an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz (SIPOL B 2000). Die Rüstungspolitik des Bundesrates wurde im Jahre 2006 überprüft und von ihm im Frühjahr 2007 bestätigt.

2.2

Berücksichtigung aussen- und sicherheitspolitischer Interessen im Rahmen der Rüstungsbeschaffung

Im Bereich Rüstungsmaterial ist zwischen dem Export von Kriegsmaterial und der Beschaffung von Rüstungsgütern aufgrund von politischen, sicherheits- und rüstungspolitischen Überlegungen zu differenzieren. Rüstungsexportfragen und Rüstungsbeschaffungsfragen werden aufgrund der unterschiedlichen Sachzusammenhänge prinzipiell getrennt behandelt.

Während im Bereich des Exports von Rüstungsgütern aussenpolitische Überlegungen durchaus Sinn machen, ist eine Rüstungsimportstrategie, die unter anderem die «aussenpolitische Verträglichkeit» eines Anbieters oder Herstellerlandes umfasst, gesamtpolitisch nicht opportun.

Aussenpolitische Überlegungen im Rahmen des Beschaffungsprozesses stellen darüber hinaus grundsätzlich vergabefremde Kriterien dar, welche gegen das Diskriminierungsverbot verstossen und gemäss internationalem und nationalem Recht nicht zulässig sind. Für die Beschaffungsstelle besteht im Zuge von öffentlichen Ausschreibungen kein Handlungsspielraum bezüglich des Anbieterkreises. Einseitige Handelsbeschränkungen eines Landes widersprechen internationalem Recht, sofern sie nicht durch die zuständigen Organe legitimiert sind, zum Beispiel Embargorichtlinien gegen ein bestimmtes Land aufgrund einer UNO-Resolution.

Die Formulierung einer Strategie, die eines oder mehrere Länder als Rüstungslieferanten explizit benachteiligen oder gar ausschliessen würde, könnte demnach negative Auswirkungen zur Folge haben und liefe damit den aussenpolitischen Interessen der Schweiz zuwider. Die Begründung der Vergabe bzw. Nichtvergabe von Rüstungsaufträgen mit aussen- und sicherheitspolitischen Argumenten beinhaltet das Risiko einer nicht abschätzbaren Belastung von Aussenbeziehungen. Der Bundesrat 8659

hat dies in der Beantwortung verschiedener parlamentarischer Vorstösse mehrfach abgelehnt2; es besteht kein Anlass, diese Position zu ändern.

Die Rüstungsbeschaffungsvolumina der Schweiz sind überdies seit Jahren rückläufig und mithin zu gering, um die Rüstungsindustrien anderer Länder nachhaltig und signifikant zu stützen oder das Verhalten dieser Staaten zu beeinflussen3. Um dieses Ziel zu erreichen, wäre eine gemeinsame und koordinierte Strategie mehrerer wichtiger Abnehmerstaaten vonnöten. Eine solche internationale Initiative existiert im europäischen Raum momentan nicht.

Natürlich berücksichtigt der Bundesrat bei Entscheidungen über konkrete Rüstungsbeschaffungen aussen- und sicherheitspolitische Aspekte im Rahmen einer integralen Gesamtbetrachtung. Er erkennt aber keine Notwendigkeit, diese Berücksichtigung zu formalisieren. Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass wirtschaftliche, rüstungstechnologische, sicherheits- und rüstungspolitische Überlegungen eine Einengung des Handlungsspielraums in diesem sensitiven Bereich nicht zulassen, und bekräftigt demzufolge seine bisherige Praxis, wonach im Einzelfall anlässlich einer Gesamtbetrachtung die für die nationalen Interessen adäquateste Lösung zu finden ist. Eine im Voraus festgelegte Strategie, «die genau festlegt, wie die aussenund sicherheitspolitischen Interessen bei der Rüstungsbeschaffung berücksichtigt werden müssen», würde dem Bundesrat die Wahrnehmung seiner Verantwortung verunmöglichen, im konkreten Fall eine adäquate politische Abwägung vorzunehmen.

Abschliessend weist der Bundesrat in diesem Zusammenhang auf die geplante Überarbeitung des Berichts zur Sicherheitspolitik bis im Herbst 2009 hin. Sollten sich daraus andere Erkenntnisse oder Schlussfolgerungen ergeben, können entsprechende Anpassungen in Betracht gezogen werden.

3

Zu Empfehlung 2, «Explizite Strategie bei den Beschaffungsprozessen unter Berücksichtigung differenzierter Warengruppen-Strategien»

Der Empfehlung 2 des Berichts wird unter mehreren Gesichtspunkten Rechnung getragen:

3.1

«Warengruppenspezifische Organisation» von armasuisse

Bereits aus der Organisation von armasuisse ist eine Differenzierung nach Warengruppen erkennbar. Im Rahmen der anstehenden Reorganisation von armasuisse wird diese Gliederung nach spezifischen Technologiefeldern betont.

armasuisse wird neu aus einem Stab Unternehmensleitung, den Zentralen Diensten sowie den Kompetenzbereichen Führungs- und Aufklärungssysteme, Landsysteme, Luftfahrtsysteme, Einkauf und Kooperation, Wissenschaft und Technologie, Immo2 3

Vgl. beispielsweise Antwort des Bundesrates vom 01.10.04 zum Postulat Lang 04.3289.

Vgl. dazu unter anderem Antwort des Chefs VBS vom 17.03.03 auf die Frage Teuscher 03.5089 in der Fragestunde.

8660

bilien und dem Bundesamt für Landestopografie swisstopo bestehen. Der Umbau der Aufbauorganisation soll bis im Jahr 2010 abgeschlossen sein. Damit ist gewährleistet, dass technologisch gleichgelagerte Güter durch den gleichen Kompetenzbereich beschafft werden.

3.2

Differenzierte Verfahren nach VAMAT sowie Beschaffungsprozesse Rüstungsablauf, IKT-Ablauf und Immobilien

Die VAMAT legt fest, dass bei der Planung, Beschaffung und Einführung von Armeematerial differenzierte Verfahren zur Anwendung kommen, je nach Warengruppencharakteristik des zu beschaffenden Materials. Es handelt sich um die Verfahren Material, Systeme und Informatik. Verschiedene Waren- und Technologiegruppen werden somit nach unterschiedlichen, warengruppenspezifischen Beschaffungsprozessen behandelt. Insbesondere komplexe IKT-Systeme haben mit Blick auf die Systemlandschaft VBS/Bund eine spezifische Ausprägung erhalten (HERMES).

3.3

Differenzierte Projektorganisation nach Vereinbarung TUNE+

Im Zuge der Entstehung des PVK-Berichts vom 18. Oktober 2007 wurden vom VBS zudem die Anliegen der GPK-N aufgenommen und in der Vereinbarung zwischen den Gruppen «Verteidigung» und «armasuisse» TUNE+ und auch im zertifizierten Management System EN-ISO 9001 der armasuisse abgebildet. Innerhalb der erwähnten Verfahren wird die Projektorganisation der jeweiligen Projektkomplexität angepasst. Für die Phasen der Beschaffung bestehen die Möglichkeiten der Linienoder der Projektorganisation. In spezifischen Fällen kann ein sogenanntes Programmmanagement eingerichtet werden. Hauptziel ist es, für jedes Projekt zu gewährleisten, dass der eingesetzte Aufwand den Projektzielen entspricht bzw.

dienlich ist und dass nur die sachlich erforderlichen Ergebnisse und somit auch nur die dazu notwendigen Tätigkeiten durchgeführt werden. Ebenso soll damit eine Beschleunigung des gesamten Beschaffungsprozesses angestrebt bzw. realisiert werden.

Beschaffungsprojekte gliedern sich aufgrund ihrer Komplexität in drei Kategorien: Kategorie 1:

Vorhaben, welche innerhalb der Linienorganisation geführt werden.

Beispiel: Persönliche Ausrüstung

Kategorie 2:

Vorhaben, welche im Rahmen einer Projektorganisation geführt werden. Beispiel: Schiesskommandantenfahrzeug und Aufklärungsfahrzeug EAGLE

Kategorie 3:

Mehrere komplexe und vernetzte Vorhaben, die mit einer Programmaufsicht und einem Programmmanagement koordiniert werden. Beispiel: Neues Luftraumüberwachungssystem (FLORAKO)

Bezüglich Umsetzung von TUNE+ wird auf Ziffer 7.2 (Vereinbarung) verwiesen.

8661

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass mit diesen differenzierten Lösungsansätzen den Anliegen der GPK-N Rechnung getragen wird. Gleichzeitig fordert er das VBS auf, diesen klaren Regelungen in der Praxis auch nachzuleben.

Mit Blick auf die Beschränkung von Monopol- oder Quasi-Monopolsituationen wird armasuisse im Sinne eines strategischen Ansatzes empfohlen, bei der Systembeschaffung vermehrt Modularisierungsaspekte zu prüfen und wo möglich umzusetzen.

4

Zu Empfehlung 3, «Wahl des Vergabeverfahrens»

4.1

Bestimmung des Auftragswerts

Das anzuwendende Vergabeverfahren bestimmt sich unter anderem aufgrund des in Frage stehenden Auftragswerts. Das geltende Beschaffungsrecht hält klar fest, dass der Auftragswert daher nicht in der Absicht aufgeteilt werden darf, die Anwendbarkeit des BoeB zu umgehen4. Auch der VE BöB stipuliert diesen Grundsatz5.

Damit ist der Bundesrat der Ansicht, dass er die Empfehlung 3 in Bezug auf das zukünftige Recht bereits umgesetzt hat.

4.2

Wirtschaftlichkeit des Einladungsverfahrens

Wie die GPK-N in ihrem Bericht festhält, geht das Schweizerische Beschaffungsrecht mit dem Einladungsverfahren über die Mindestanforderungen des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen der WTO6 hinaus. Die Schweiz trägt dem Wettbewerb mit dem Einladungsverfahren im Ausnahmebereich ebenso Rechnung wie andere europäische Staaten.

In einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung sind mit Blick auf die aufwendigen Offerten im Rahmen der Beschaffung von Rüstungssystemen auch die Anbieterkosten zu berücksichtigen. Der internationale Rüstungsmarkt erfuhr in den letzten Jahren eine starke Konzentration. Im Bereich komplexer Verteidigungssysteme sind weltweit in der Regel nur wenige Anbieter vorhanden. Diese sind in Kundenkreisen hinlänglich bekannt.

Soweit diese Marktübersicht vorhanden ist, wird mit dem Einladungsverfahren ein wirksamer und intensiver Wettbewerb gewährleistet. Andererseits werden unnötige Zusatzkosten, verursacht durch die Ausarbeitung umfangreicher Offerten durch die Anbieter in einem offenen oder selektiven Verfahren, weitgehend vermieden.

Zudem werden die Beschaffungsrisiken reduziert. Da das Einladungsverfahren einen vergleichbaren Wettbewerbsnutzen bringt, ist es deutlich effizienter als offene oder selektive Ausschreibungen und sollte folglich nicht zu restriktiv angewendet werden.

4 5 6

Art. 7 BoeB.

Art. 16 VE BöB.

Government Procurement Agreement (GPA, SR 0.632.231.422).

8662

Überdies sind die mit der Rüstungsbeschaffung verbundenen Informationen sensitiv und haben teilweise sicherheitspolitischen Charakter. Eine breite Streuung dieser Kundeninformationen ist aus diesem Grunde nicht erwünscht. Das Einladungsverfahren kommt auch diesen sicherheitspolitischen Anliegen entgegen, indem der Kreis der Informationsempfänger von der Auftraggeberin gesteuert werden kann.

4.3

Totalrevision des Beschaffungsrechts

Im Zuge der laufenden Totalrevision der Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen wurde auch die Frage des anwendbaren Verfahrens sowie dessen Ausgestaltung thematisiert. Anlässlich der Ämterkonsultation zum VE BöB hat das VBS bereits darauf hingewirkt, dass die Voraussetzungen für das Einladungsverfahren in Bezug auf die Beschaffung von Rüstungsgütern geklärt werden.7 Soweit darüber hinaus divergierende Auffassungen in der Interpretation betreffend Anwendbarkeit und Auslegung des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen bestehen, verlangt der Bundesrat von armasuisse, dass die bisherige Praxis im Lichte der massgebenden Entscheide sowie der laufenden Revision des Beschaffungsrechts geprüft wird.

Abschliessend wird darauf hingewiesen, dass das VBS sich im Rahmen der laufenden Revision des GPA seit 2006 aktiv darum bemüht, allfällige Unklarheiten in Bezug auf die Anwendung der Liste über ziviles Material für Verteidigung und Zivilschutz8 zu beseitigen. Diese Liste soll an die heutigen Anforderungen einer modern ausgerüsteten Armee angepasst werden. Die diesbezüglichen Verhandlungen unter Federführung des SECO sind im Gange.

4.4

Gezielte Instandhaltungsstrategie für Systeme

Im Bereich Instandhaltung von Systemen wird aus rüstungs- bzw. sicherheitspolitischen Gründen ein einheimisches Materialkompetenzzentrum definiert, welches in Bezug auf die truppenferne, d.h. die industrielle Instandhaltung, spezifisches Knowhow besitzt. Mit Blick auf die sicherheitspolitisch notwendige Industriebasis sowie aus Gründen der militärischen Sicherheit, d.h. zum Schutz von klassifiziertem Material, werden diese Aufträge direkt an inländische Anbieter vergeben. Diese freihändigen Vergaben sind im öffentlichen Beschaffungsrecht explizit vorgesehen. Mit dieser gezielten Instandhaltungsstrategie sollen im Zuge der wirtschaftlichen Optimierung kostspielige Doppelspurigkeiten vermieden werden.

Der Wettbewerb findet dabei im Regelfall vorgelagert im Zuge der Evaluation statt, in welcher die Lebenswegkosten als Vergabekriterium entsprechend gewichtet werden.

Aus diesen Vergaben im Rahmen der Instandhaltung sowie der Werterhaltung oder -steigerung von Systemen resultiert eine erhebliche Wertschöpfung für die Schweizer Industrie.

7 8

Vgl. Art. 58 VE BöB.

Vgl. Appendix 1 zu Annex 1 des Government Procurement Agreement, SR 0.632.231.422.

8663

Die Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VoeB) sieht vor, dass die Wirtschaftlichkeit bei freihändigen Vergaben mit der vertraglichen Vereinbarung eines Einsichtsrechts gesichert wird9. Sämtliche Vertragsmuster der armasuisse sehen ein solches Einsichtsrecht bei fehlendem Wettbewerb vor. Die Einhaltung der Einsichtsrechtsregelung wird vom Finanzinspektorat armasuisse sowie dem Rechtsdienst institutionalisiert überwacht.

4.5

Folgebeschaffungen aus technischen Gründen

Folgebeschaffungen im Nachgang zu eingeführten Systemen sind mit Blick auf technische Notwendigkeiten im öffentlichen Beschaffungsrecht ausdrücklich vorgesehen. Sie dienen unter anderem: 1.

dem Investitionsschutz, d.h. dem Schutz von Anfangsinvestitionen; dank dem Lernkurveneffekt beim Lieferanten sind sie langfristig betrachtet wirtschaftlicher als periodische Neuvergaben an wechselnde Anbieter;

2.

der wirtschaftlich sinnvollen Festigung von Wertschöpfungsketten zur Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit der Lieferanten mit entsprechenden Vorteilen für die Beschaffungsstelle;

3.

dem Risikoabbau, indem beim Prototypenbau Knowhow gewonnen wird, welches sich in Bezug auf die Serieproduktion risikomindernd niederschlägt.

5

Zu Empfehlung 4, «Statistik der Beschaffungen»

Der Bund führte bisher keine Beschaffungsstatistik, die sich zu den gewählten Vergabeverfahren, den Lieferanten und den betroffenen Staaten äussert. Anlässlich punktueller Überprüfungen durch die Revisionsorgane sind zwar derartige Daten erhoben worden, allerdings nicht flächendeckend und nicht über längere Zeiträume.

Eine von der EFV geführte Beschaffungsstatistik des Bundes, welche Auskunft über das Volumen der in einem Jahr im In- und Ausland getätigten Beschaffungen von beweglichen Gütern Auskunft gab, wurde bis ins Jahr 2004 geführt und anschliessend im Zuge der Aufgabenverzichtsplanung eingestellt.

Die bisherige Beschaffungsstatistik umfasste nur bewegliche Güter und güternahe Dienstleistungen. Sie beruhte auf einer Umfrage resp. SAP-Auswertung ­ wo verfügbar ­ bei den Beschaffungsstellen, d.h. auf der Angabe der in einem Jahr beschafften Güter, aufgeteilt nach Beschaffungsvolumen, Kanton/Land und Wirtschaftsgruppen. Die Sichtweise beinhaltete auch Beschaffungen des ETH-Bereiches sowie der SBB AG. Die Wirtschaftsgruppen entsprechen einer bundesverwaltungsspezifischen Gruppierung und keinem internationalen Standard, wie dies neu mit dem CPV-Code10 angestrebt wird.

Im Nachgang zur Interpellation von Herrn Nationalrat Darbellay, Beschaffungen des Bundes; Ausgewogenheit und Transparenz11, hat sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, wieder eine bundesweite Transparenz für alle Beschaffungen im zivilen wie auch 9 10 11

Art. 5 VoeB.

Common Procurement Vocabulary. Vgl. www.beschaffungsstellen.admin.ch Vgl. Interpellation Darbellay 03.3589.

8664

militärischen Bereich zu schaffen. Auch im Zuge der Verwaltungsreform 05/07, Querschnittsprojekt Nr. 5/Beschaffung ist diese Transparenz ein wichtiges Anliegen. Zur Erreichung der beiden Zielsetzungen «Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen» und «Straffung der Beschaffungsorgane» müssen auf der Grundlage der heutigen SAP-Systeme Informationen herausgelesen und Auswertungen erstellt werden können.

Im Zuge eines im EFD gestarteten Pilotprojekts wird ein strategisches Beschaffungscontrolling geschaffen und eine zentrale Statistik Beschaffungszahlungen aufgebaut. Dies geht aus der am 17. Januar 2007 verabschiedeten Antwort des Bundesrates auf das Schreiben der Finanzdelegation vom 4. Dezember 2006 hervor.

Die Beschaffungskommission des Bundes, die EFV, die armasuisse, das BBL, das Informatik-Strategieorgan Bund sowie weitere Bundesstellen sind an diesem Projekt beteiligt.

Die Statistik Beschaffungszahlungen soll auf den im SAP vorhandenen Daten basieren. Sie liefert die Grunddaten für ein Beschaffungscontrolling. Das Projekt «Beschaffungswesen, -statistik» wird daher als Teilprojekt im Rahmen des Projektes «Strategisches Beschaffungs-Controlling EFD» geführt und eng mit den Anforderungen aus diesem Projekt abgestimmt.

Aufgrund der Systemhoheit der EFV über die NRM-Systeme erfolgt die technische Umsetzung des Projektes «Statistik Beschaffungszahlungen» ebenfalls in der Verantwortung der EFV. Die beiden zentralen Beschaffungsstellen (armasuisse/BBL) gaben dazu ihre konsolidierten Anforderungen zur Prüfung und Umsetzung an die EFV. So konnte gewährleistet werden, dass die Umsetzung keinen negativen Einfluss auf die Umsysteme resp. die anderen Mandanten über die gesamte Bundesverwaltung hinweg hatte. Das Projekt «Statistik Beschaffungszahlungen» wurde Mitte August 2008 abgeschlossen. Die neue Betriebsorganisation wird unter der Federführung des BBL aufgebaut.

Der SAP-Systemaufbau erfolgt im Laufe des Jahres 2008, sodass ab 2009 die Daten vollständig erfasst werden können. Mit einer neuen Statistik Beschaffungszahlungen ist somit ab 2010 für das Jahr 2009 zu rechnen.

Anlässlich der Umsetzung der Verwaltungsreform 05/07, Querschnittsprojekt Nr. 5/ Beschaffung wird bis Ende 2009 ein integrales Beschaffungs-Controlling inkl.

Vergabeverfahren, Vertrags- und Lieferantenmanagement angestrebt.

Der Bundesrat stellt daher fest, dass die Anliegen der GPK-N bezüglich Empfehlung 4 umgesetzt werden.

6

Zu Empfehlung 5, «Transparenz der Verfahren und der Bewertungskriterien»

Die beschaffungsrechtlichen Rahmenbedingungen sind für alle Mitarbeiter der armasuisse nachvollziehbar abgebildet. Die Einhaltung dieser Bestimmungen liegt in der Eigenverantwortung der involvierten Partner einerseits und ist andererseits Teil der Führungsverantwortung auf allen Stufen.

Der Bundesrat teilt die Meinung der GPK, dass die Transparenz in der überwiegenden Anzahl der Geschäfte im Bereich armasuisse gewährleistet ist. Die Ausschreibungen erfolgen aufgrund definierter Eignungs- und Zuschlagskriterien gemäss Vorgaben des öffentlichen Beschaffungsrechts.

8665

Die Auswahlkriterien beziehungsweise deren Gewichtung sind während des Vergabeverfahrens grundsätzlich beizubehalten. Sind wesentliche Projektänderungen geplant, kann die Vergabestelle das laufende Vergabeverfahren abbrechen und ein neues Verfahren durchführen.

Mit Blick auf die Technologieentwicklung resp. den Technologiewandel sind insbesondere im Bereich der Führungs-, Aufklärungs-, Informations- und Kommunikationssysteme partielle Anpassungen während des laufenden Verfahrens fallweise notwendig. Das Beschaffungsrecht sieht eine gewisse Flexibilität vor, sofern die Projektanpassungen unwesentlich sind. Ändern sich die Rahmenbedingungen, so ist auf jeden Fall die Gleichbehandlung der Anbieter zu gewährleisten.

Allfällige Transparenzmängel werden anlässlich von regelmässigen Prüfungen der externen (EFK, PVK) und internen Revisionsorgane (armasuisse internes Finanzinspektorat/FISP) ersichtlich12. Sie sind im Zuge von Beschaffungsprogrammen durch unterlegene Anbieter anfechtbar. Erkanntes Verbesserungspotenzial in diesem Bereich wird von armasuisse laufend ausgeschöpft, beispielsweise anlässlich interner Schulungen, in welchen Schwachstellen aufgezeigt und die Mitarbeiter entsprechend sensibilisiert werden.

Eine Erhöhung der Transparenz ist darüber hinaus im VE BöB geplant. Die Eignungs- und Zuschlagskriterien sind sowohl im offenen als insbesondere auch im selektiven Verfahren immer bereits in der Ausschreibung bekanntzugeben13. Die Zuschlagskriterien sind in ihrer Rangfolge und grundsätzlich auch mit ihrer Gewichtung aufzulisten. Der VE BöB hält zudem explizit fest, dass die Kriterien leistungsbezogen und überprüfbar sein müssen14.

Der Bundesrat unterstützt die Transparenzanliegen der GPK-N vollumfänglich.

armasuisse wird demzufolge aufgefordert, die bisherigen Anstrengungen in diesem Bereich weiterzuverfolgen und allfällige Schwachstellen mit geeigneten Massnahmen gezielt anzugehen. Darüber hinaus werden die Anliegen der Kommission im VE BöB abgebildet.

7

Zu Empfehlung 6, «Rechtsschutz»

Im Zuge der laufenden Totalrevision des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BoeB)15 wurde der Frage des Rechtsschutzes die nötige Beachtung geschenkt.

Der VE BöB sieht vor, den Rechtsschutz der Anbieter insgesamt auszubauen. Im Bereich des Einladungsverfahrens besteht neu explizit eine Überprüfungsmöglichkeit in Bezug auf das angewendete Verfahren16. Dies im Sinne einer Nachführung der bisherigen Praxis.

12

13 14 15 16

Vgl. beispielsweise EFK-Bericht vom 3.2. 2006 betreffend armasuisse ­ Bundesamt für Waffensysteme, Fahrzeuge und Material (BWFM), Fachbereich 633, Kommerz Beschaffungsprüfung.

Art. 18 VE BöB i.V.m. Anhang 1.

Art. 30 VE BöB.

SR 172.056.1 Art. 74 VE BöB.

8666

Die Totalrevision der Bundesrechtspflege hat darüber hinaus dazu geführt, dass im Anwendungsbereich des Gesetzes eine zusätzliche Rechtsmittelinstanz etabliert wurde17.

Im Weiteren hat die Beschwerde bei Bundesbeschaffungen gemäss VE BöB im Gegensatz zum bestehenden Recht neu grundsätzlich aufschiebende Wirkung, wobei sicherheits- oder rüstungspolitische Anliegen angemessen berücksichtigt werden können18.

Im Rahmen des Rechtsschutzes ist ferner explizit die Möglichkeit der Behördenbeschwerde gegen die Ausschreibungen in Bundesbeschaffungen vorgesehen19.

Das Beschwerderecht im Kontext der ordentlichen Rechtsmittel ist im Übrigen nicht das einzige Mittel, das die korrekte Anwendung des Beschaffungsrechts gewährleistet. Eine gut ausgebaute und effektive Aufsicht ist ebenfalls wirkungsvoll und im revidierten Beschaffungsrecht entsprechend abgebildet.

In diesem Zusammenhang wird auf die Tatsache verwiesen, dass öffentliche Vergaben des Bundes regelmässig von unabhängigen Kontrollinstanzen, beispielsweise der EFK, der Weko oder internen Finanzprüfungen, sowohl unter beschaffungsrechtlichen wie auch unter zusätzlichen Gesichtspunkten überprüft werden. Die Ergebnisse dieser Prüfberichte fliessen laufend in die Prozessabläufe der Beschaffungsinstanzen ein und haben somit nachhaltigen Effekt. Der Rechtsschutz ist damit gewährleistet.

Der vom Bundesrat verabschiedete VE BöB erwies sich anlässlich der Ämterkonsultation als konsensfähig. Er befindet sich derzeit in der Vernehmlassung. Die Ergebnisse bilden die Basis für allfällige weitere Modifikationen, insbesondere auch betreffend Vergabeverfahren und Rechtsschutz.

Im Lichte dieser Ausführungen sowie der vorgängigen Stellungnahme des Bundesrates vom 14. März 2008 lässt sich festhalten, dass der Rechtsschutz der Anbieter im Bereich der Rüstungsbeschaffungen verbessert wird und er damit Empfehlung 6 in Bezug auf das künftige Recht bereits umgesetzt hat. Zugleich bekräftigt der Bundesrat seine Haltung, wonach sicherheits- und rüstungspolitischen Interessen im Rahmen des Beschaffungsrechts angemessen Rechnung zu tragen ist.

8

Zu Empfehlung 7, «Berücksichtigung der Kostendimension bei der Ausarbeitung der militärischen Pflichtenhefte und bei den Evaluationen»

8.1

Kostendimension bei der Ausarbeitung der militärischen Pflichtenhefte

Die Beschaffungsprozesse für Armeematerial sowie die Rüstungspolitik sehen vor, dass bereits zu Beginn von Evaluationsverfahren Kosten-Nutzen-Überlegungen einzubringen sind. Die Anliegen der GPK-N betreffend Wirtschaftlichkeit wurden ferner im Zuge der Neugestaltung der VAMAT explizit aufgenommen und mehrfach 17 18 19

Art. 83 Bst. f und 85 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (SR 173.110).

Art. 76 VE BöB.

Vgl. Art. 83 BöB.

8667

abgebildet20. So kann ein Projektauftrag nur erteilt werden, wenn der Beschaffungsumfang feststeht und die Kosten und Risiken bewertet sowie eingrenzbar sind21. In einem iterativen Prozess zwischen Auftraggeber (Bereich V/Armee) und Auftragnehmer (armasuisse/Beschaffungs- und Technologiezentrum) erfolgt eine KostenNutzen-Optimierung, bei der nicht nur Beschaffungskosten, sondern die vollständigen Lebenswegkosten einbezogen werden. Durch die konsequente Anwendung materialwirtschaftlicher Prozesse soll das Einkaufpotenzial optimiert und ausgeschöpft werden.

Bereits in der Planungsphase werden im Zuge der wirtschaftlichen Optimierung Überlegungen bezüglich Flottenbildung und Familienbildung von Systemen angestellt. Bei der Ausarbeitung der militärischen Pflichtenhefte in der Evaluationsphase wird die Kostendimension für die Beschaffung mit Blick auf den Kreditbedarf zwangsläufig berücksichtigt. In dieser Phase werden insbesondere auch kommerzielle Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen22. Relevant für den Zuschlag ist gemäss Beschaffungsrecht das wirtschaftlich günstigste Angebot, das heisst das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. In Bezug auf die Nutzungsphase werden die Kosten ferner in einem Systembewirtschaftungskonzept abgebildet.

Veränderungen des Umfeldes werden berücksichtigt, indem die eingesetzten Ressourcen und angewandten Abläufe laufend optimiert werden. So werden im Zuge laufender Projekte im VBS vermehrt frühzeitig und in Zusammenarbeit mit den Kunden Kostenoptimierungen anlässlich von Kooperationslösungen geprüft, beispielsweise bezüglich Public Private Partnership (PPP)23. Auch der Aufbau strategischer Partnerschaften soll zu einer wirtschaftlichen Optimierung beitragen.

Mit Blick auf die in der Rüstungspolitik stipulierten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit sowie dem Prinzip «Kauf ab Stange» fordert der Bundesrat, dass bei der Ausarbeitung der militärischen Pflichtenhefte inskünftig auf zu hohe Qualitätsstandards sowie Eigenentwicklungen soweit möglich zu verzichten ist. Der Kostendimension ist während des gesamten Beschaffungsprozeses noch mehr Beachtung zu schenken.

8.2

Zusammenspiel der Hauptakteure

Die Rollen sowie die Innen- und Aussenbeziehungen innerhalb des VBS werden durch TUNE+ definiert. Die Beziehungen zur Industrie obliegen dabei der armasuisse, die dieser gegenüber als Auftraggeberin auftritt. Im Nachgang zur Berichtserhebung der PVK sind deren Anliegen bei der Neugestaltung der Armeematerialverordnung wie auch in TUNE+ explizit eingeflossen.

Der Bundesrat teilt die Auffassung der GPK-N, wonach TUNE+ von den involvierten Organisationseinheiten anlässlich der anstehenden Projekte konsequent umzusetzen ist. Dies bedingt eine noch engere Koordination und Kooperation zwischen den Funktionsträgern in diesem Bereich.

20 21 22 23

Vgl. Art. 4 VAMAT.

Vgl. Art. 7 VAMAT.

Vgl. Art. 8 VAMAT.

Beispielsweise im Rahmen der Optimierungsmassnahmen Verteidigung.

8668

Die rasche Umsetzung von TUNE+ wird durch flächendeckende Information, rasche Ausbildung der betroffenen Mitarbeiter, eine Harmonisierung der tangierten Ausbildungsangebote sowie den Aufbau eines stufengerechten, einfachen Controllings gewährleistet. Ein aus Vertretern der involvierten Organisationseinheiten bestehender Ausschuss unter Leitung des Chefs des Planungsstabs der Armee beaufsichtigt diese Implementierung.

Bisher wurden rund 1500 VBS-Mitarbeiter über TUNE+ informiert beziehungsweise ausgebildet, davon 20 % in ergänzenden Ausbildungsmodulen vertieft geschult. Weitere Funktionsträger im VBS werden im kommenden Jahr geschult werden. Insbesondere soll in dieser Ausbildung das Thema der Kostendimension bei Evaluationen verstärkt vermittelt werden. Bis Ende 2010 sollen die entsprechenden Schulungen abgeschlossen sein.

Im Weiteren sind diese Zusammenarbeitsaspekte auch in der spezifischen Projektmanagementausbildung der Gruppe Verteidigung enthalten24.

Der Bundesrat teilt die Auffassung, wonach in Bezug auf späte Einflussnahme der Nutzer und deren Direktkontakte der Nutzer und des Planungsstabes zu den Lieferanten ein gewisser Handlungsbedarf besteht. Er fordert die Beteiligten auf, sich gemäss dem in TUNE+ definierten Rollenverständnis zu bewegen.

9

Zu Empfehlung 8, «Berücksichtigung der Kostendimension auf der Ebene von Management und Controlling»

armasuisse verfügt über eine voll ausgebaute Kosten-Leistungs-Rechung, die über dem NRM-Standard liegt. In der Vergangenheit wurde der Minimal-Standard in der Anwendung dieser Instrumente erreicht. Aufgrund der Feststellungen der GPK-N sind Führungsvorgaben definiert worden, die gewährleisten, dass der definierte Kosten-Leistungs-Rechnungs-Standard wie vorgesehen erreicht wird. Mit dieser eingeleiteten Massnahme ist künftig eine Optimierung des Controllings auf Führungsebene gewährleistet.

Die im Zuge der Kosten-Leistungs-Rechnung erfassten Daten bilden unter anderem die Grundlage für die Erfassung der Lebenswegkosten eines Systems sowie für die Betriebskostenschätzung neuer Systeme, welche Eingang bereits im Rahmen der Masterplanung und nachfolgend in die Evaluation finden.

Darüber hinaus wird das Projektcontrolling betreffend Beschaffungskosten in den geschäftsführenden Instanzen bis auf die oberste Managementstufe in den Beschaffungsämtern laufend wahrgenommen. Zwischen den geplanten Kosten und den Kosten bei Projektabschluss besteht demzufolge umfassende Transparenz. Mit diesem Projektcontrolling ist gewährleistet, dass die budgetierten Kosten eingehalten werden bzw. bei Abweichungen laufend entsprechende Steuerungsmassnahmen eingeleitet werden können.

Der Bundesrat unterstützt die Bemühungen der armasuisse mit Blick auf die neue Geschäftsordnung mit Mission, Strategie, Führungs- und Steuerungsprozess und Prozessmodell armasuisse. Er ist der Auffassung, dass die konsequente Umsetzung 24

Vgl. Reglement 51.950d. Inkrafttreten voraussichtlich per 01.01.2009.

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der neuen Geschäftsordnung sich auf die vorliegende Empfehlung, dass das Management dem Controlling einen höheren Stellenwert beimisst, positiv auswirkt.

10

Schlussbetrachtung

Die beschlossene Restrukturierung von armasuisse kommt den Anliegen der Kommission entgegen. Die konsequente Strukturierung des Kerngeschäfts von armasuisse als schlanke, flexible Rüstungsorganisation führt zu einer Optimierung bezüglich Prozesse, Schnitt- und Nahtstellen sowie Kundennähe. Die wirtschaftliche Optimierung wird einerseits erreicht durch eine auf die Masterplanung der Gruppe Verteidigung abgestützte, integrierte armasuisse-Planung. Andererseits führen die im Rahmen «armasuisse der Zukunft» vorgesehenen flacheren Hierarchien, verbunden mit einem weiteren über die bisherigen Vorgaben hinausgehenden Personalabbau zu einer Reduktion der Betriebskosten zugunsten der Investitionskosten. Den mit Beschaffungen verbundenen Risiken soll mit einem adäquaten und bewussten Risikomanagement begegnet werden.

Im Zuge der Verwaltungsreform 05/07 entschied der Bundesrat darüber hinaus, dass armasuisse eine der beiden zentralen Beschaffungsstellen ist. Mit der Straffung der Beschaffungsstellen des Bundes von über 40 auf zwei Beschaffungseinheiten resp.

der zentralisierten Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen besteht ein beträchtliches Synergiepotenzial. armasuisse greift dieses Anliegen mit einem neuen und zusätzlichen Kernbereich Einkauf/Kooperationen strategisch und organisatorisch auf. Der bundesweit koordinierte strategische und operative Einkauf trägt nachweislich zum Abbau von bestehenden Doppelspurigkeiten und damit der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit im Beschaffungswesen Bund bei.

Auch bei Rüstungsbeschaffungen trägt das VBS mit der raschen Umsetzung von TUNE+ und einem frühen Einbezug der Schlüsselpartner von armasuisse den Anliegen der GPK-N Rechnung. Die Gruppe armasuisse ist in diesem Zusammenhang aufgefordert, ihr umfassendes Wissen zusammen mit ihren Industriepartnern bereits früher, d.h. in der Konzeptions- und Definitionsphase einzubringen. Damit können Risiken, Kosten sowie die Dauer von Beschaffungen reduziert werden.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass armasuisse mit der eingeleiteten Reorganisation auf dem richtigen Weg ist, bietet diese doch die Chance, auf die Empfehlungen der GPK-N gezielt einzugehen und die Anregungen anlässlich einer neuen Beschaffungsstrategie, aktualisierten Beschaffungsprozessen sowie der neuen Organisationsstruktur armasuisse zeitgerecht einfliessen zu lassen respektive umzusetzen.

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