Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des Rahmenmietvertrages für die Westschweiz und über die Abweichung von zwingenden Bestimmungen des Mietrechts vom 25. Juni 2008

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf die Artikel 3, 4 Absatz 1 und 7 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 19951 über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung, beschliesst: Art. 1 Die Bestimmungen des Rahmenmietvertrages für die Kantone Genf, Waadt, Neuenburg, Freiburg, Jura und die sieben französischsprachigen Bezirke des Kantons Wallis vom 12. Dezember 2007 werden allgemeinverbindlich erklärt2.

1

Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich auf die Artikel 1­11.4 der paritätischen westschweizerischen Bestimmungen für Wohnräume. Ausgenommen sind die folgenden Bestimmungen, die mit der Regelung nach dem Obligationenrecht3 übereinstimmen:

2

a.

Artikel 3 Absätze 1 und 4;

b.

Artikel 4;

c.

Artikel 5 Absatz 1;

d.

Artikel 7.2 Absatz 1;

e.

Artikel 11.1;

f.

Artikel 11.3 Absatz 3.

Für die folgenden Artikel der paritätischen westschweizerischen Bestimmungen für Wohnräume wird eine Abweichung von zwingenden Bestimmungen des Obligationenrechts4 bewilligt:

3

1 2 3 4

a.

Artikel 2 Absatz 6;

b.

Artikel 9 Absatz 2.

SR 221.213.15 Separatabzüge der Allgemeinverbindlicherklärung können beim BBL, Verkauf Bundespublikationen, 3003 Bern, bezogen werden.

SR 220 SR 220

2008-1361

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Allgemeinverbindlicherklärung des Rahmenmietvertrages für die Westschweiz und über die Abweichung von zwingenden Bestimmungen des Mietrechts. BRB

Art. 2 Die Allgemeinverbindlicherklärung wird für die Kantone Genf, Waadt, Neuenburg, Freiburg, Jura und die sieben französischsprachigen Bezirke des Kantons Wallis ausgesprochen.

Art. 3 Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen sind anwendbar auf Mietverträge für Wohnräume.

1

Sie gelten nicht für Einfamilienhäuser mit sechs oder mehr Zimmern (Küche nicht inbegriffen), Luxuswohnungen mit sechs oder mehr Zimmern (Küche nicht inbegriffen) sowie Ferienwohnungen, die für höchstens drei Monate gemietet sind.

2

Art. 4 Soweit die Wohnraumförderung des Bundes oder anderer Gemeinwesen abweichende öffentlich-rechtliche Bestimmungen vorsieht, gehen diese denjenigen des Rahmenmietvertrages vor.

1

Bei der Anwendung der Bestimmungen des Rahmenmietvertrages auf Genossenschaften sind der Zweck sowie die statutarischen Bestimmungen der Genossenschaften zu berücksichtigen.

2

Art. 5 Der Bundesratsbeschluss vom 5. September 20015 über die Abweichung von zwingenden Bestimmungen des Mietrechts wird aufgehoben.

Art. 6 Dieser Beschluss tritt am 1. Juli 2008 in Kraft und gilt bis am 30. Juni 2014.

Art. 7 Dieser Beschluss ist den Vertragsparteien mitzuteilen und zusammen mit den allgemeinverbindlichen Bestimmungen des Rahmenmietvertrages vom 12. Dezember 2007 im Bundesblatt zu veröffentlichen.

25. Juni 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

5

BBl 2001 4928

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Allgemeinverbindlicherklärung des Rahmenmietvertrages für die Westschweiz und über die Abweichung von zwingenden Bestimmungen des Mietrechts. BRB

Anhang

Paritätische westschweizerische Bestimmungen für Wohnräume Art. 1

Bezahlung der Miete (Art. 257c OR)

Der Mietzins sowie die Anzahlungen für Heizung und Nebenkosten sind jeweils monatlich im Voraus am Wohnort der vermietenden Partei oder auf deren Postscheck- oder Bankkonto zu bezahlen.

1

Wenn die mietende Partei mit der Bezahlung des monatlichen Mietzinses mehr als 10 Tage im Verzug ist und ihr erfolglos eine schriftliche Mahnung zugegangen ist, so kann die vermietende Partei verlangen, dass die Mietzinse sowie die Anzahlungen für Heizung und Nebenkosten jeweils für 3 Monate im Voraus bezahlt werden müssen. Die dreimonatige Vorauszahlung kann ab dem Monat verlangt werden, welcher auf die in der Mahnung gesetzte Frist folgt.

2

Art. 2

Sicherheiten (Art. 257e OR)

Wenn die vermietende Partei eine finanzielle Sicherheit verlangt, darf diese 3 Netto-Monatszinse nicht übersteigen.

1

Die Sicherheitsleistung muss 30 Tage nach Vertragsunterzeichnung, spätestens jedoch bei Inbesitznahme der Sache durch die mietende Partei geleistet werden.

2

Die vermietende Partei muss die erhaltene Sicherheitsleistung innert 10 Tagen auf den Namen der mietenden Partei bei einer Bank am Ort der Liegenschaft auf ein Sparheft einzahlen. Errichtet die mietende Partei die Sicherheit selber, so hat sie dies in der gleichen Form zu tun.

3

Die Sicherheitsleistung stellt sicher, dass die mietende Partei gegenüber der vermietenden Partei ihre Verpflichtungen erfüllt, welche sich aus dem Mietvertrag oder darüber hinausgehendem Besitz der Sache ergeben.

4

Die mietende Partei kann die gesetzmässig errichtete Sicherheit nicht mit ihren Schulden gegenüber der vermietenden Partei verrechnen.

5

Die als Sicherheit geleisteten Beträge oder Wertsachen können nur mittels beidseitiger Unterschrift der mietenden und der vermietenden Partei oder gestützt auf einen gerichtlichen Entscheid ganz oder zum Teil herausgegeben werden.

6

Falls innerhalb eines Jahres nach Rückgabe der Räumlichkeiten, welche Gegenstand der Sicherheitsleistung waren, keine Klage eingereicht worden ist, wird die Sicherheitsleistung ohne Weiteres frei und die mietende Partei oder die von ihr bevollmächtigte Person ist berechtigt, die Sicherheit herauszuverlangen.

7

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Allgemeinverbindlicherklärung des Rahmenmietvertrages für die Westschweiz und über die Abweichung von zwingenden Bestimmungen des Mietrechts. BRB

Art. 3

Übernahmeprotokoll (Art. 256 und 256a OR)

Die vermietende Partei ist verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben.*

1

Beim Einzug der mietenden Partei muss ein Übernahmeprotokoll, welches auch ein Inventar des Zubehörs und eine Beschreibung von dessen Zustand beinhaltet, schriftlich, in doppelter Ausführung und in Gegenwart beider Parteien erstellt werden; das Übernahmeprotokoll muss an Ort und Stelle unterschrieben werden, wobei jeder Partei sofort ein Exemplar ausgehändigt wird.

2

3

Das Übernahmeprotokoll ist integrierender Bestandteil des Mietvertrages.

Auf Verlangen der mietenden Partei muss ihr die vermietende Partei eine Kopie des Rückgabeprotokolls aushändigen, welches bei Beendigung des vorangegangenen Mietverhältnisses erstellt wurde.*

4

Die vermietende Partei muss die mietende Partei auf die ihr bekannten Mängel aufmerksam machen.

5

Art. 4

Mängel an der gemieteten Sache (Art. 256, 257g und 259 OR)

Die mietende Partei muss der vermietenden Partei Mängel, welche sie nicht selber zu beheben hat, unverzüglich anzeigen.*

1

Unterlässt die mietende Partei die unverzügliche Anzeige, haftet sie für den daraus entstehenden Schaden.*

2

Die vermietende Partei ist verpflichtet, die Sache in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu erhalten; kleinere Reinigungs- oder Reparaturarbeiten, welche für den gewöhnlichen Unterhalt der Sache unerlässlich sind, hat jedoch die mietende Partei selber zu besorgen.*

3

Art. 5

Inspektion und Besichtigung des Objektes (Art. 257h OR)

Die mietende Partei muss der vermietenden Partei gestatten, die Sache zu besichtigen, soweit dies für den Unterhalt, den Verkauf oder die Wiedervermietung notwendig ist.*

1

Ausser in dringenden Fällen muss die vermietende Partei der mietenden Partei eine Besichtigung der vermieteten Räumlichkeiten 5 Tage im Voraus ankündigen; sie berücksichtigt dabei deren Interessen.

2

3

Bei einer vorzeitigen Rückgabe beträgt diese Frist 24 Stunden.

Die Besichtigungen können an jedem Wochentag stattfinden, ausser an Sonn- und Feiertagen.

4

*

Die kursiv gedruckten Bestimmungen sind von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgenommen, da sie bereits im geltenden Mietrecht des Obligationenrechts enthalten sind.

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Art. 6

Versicherung

Die vermietende und die mietende Partei sind verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen, welche allfällige Ansprüche aus dem bestehenden Mietvertrag deckt.

Art. 7

Erneuerungen und Änderungen

7.1

Durch die mietende Partei (Art. 260a OR)

Will die mietende Partei Erneuerungen oder Änderungen an der Sache vornehmen, so muss sie vorgängig das schriftliche Einverständnis der vermietenden Partei einholen und ihr die Pläne und Projekte für den Umbau vorlegen.

1

2

Die vermietende Partei muss innert 30 Tagen Stellung nehmen.

Sie kann eine Sicherheitsleistung für die Bezahlung der vorgesehenen Arbeiten verlangen.

3

Die Änderungen, Verbesserungen oder Reparaturen dürfen die Sicherheit, die gesundheitliche Zuträglichkeit, die Ästhetik und den Wert des Gebäudes nicht beeinträchtigen.

4

Sie müssen zudem im Einklang mit den einschlägigen öffentlichen Vorschriften stehen.

5

7.2

Durch die vermietende Partei (Art. 260 OR)

Die vermietende Partei kann Renovationsarbeiten an der Sache nur vornehmen, wenn sie für die mietende Partei zumutbar sind und das Mietverhältnis nicht gekündigt ist.*

1

Will die vermietende Partei das Objekt renovieren lassen, muss sie die mietende Partei, ausser in dringenden Fällen, frühzeitig und so bald als möglich informieren und ihr die Möglichkeit geben, sich dazu zu äussern und zusätzliche Auskünfte einzuholen.

2

Art. 8

Untermiete (Art. 262 OR)

Will die mietende Partei die Sache ganz oder teilweise untervermieten, so muss sie vorgängig die schriftliche Zustimmung der vermietenden Partei einholen und dieser die Bedingungen der Untervermietung bekanntgeben, sowie die gestützt auf Artikel 262 OR verlangten Auskünfte erteilen.

1

Die vermietende Partei muss innert 30 Tagen nach Erhalt der Anfrage Stellung nehmen.

2

*

Die kursiv gedruckten Bestimmungen sind von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgenommen, da sie bereits im geltenden Mietrecht des Obligationenrechts enthalten sind.

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Art. 9

Vorzeitige Rückgabe der Sache (Art. 264 OR)

Gibt die mietende Partei die Sache zurück, ohne die Kündigungsfrist oder den Kündigungstermin einzuhalten, muss sie die vermietende Partei schriftlich benachrichtigen und den genauen Zeitpunkt der Rückgabe angeben. Zudem muss sie mindestens eine zahlungsfähige Mieterin oder einen zahlungsfähigen Mieter vorschlagen, die oder der bereit ist, den Mietvertrag auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Sache zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen. Hat die vermietende Partei begründete Einwände gegen die Kandidatin oder den Kandidaten, so muss sie der mietenden Partei die Ablehnung unter Angabe der Gründe unverzüglich mitteilen.

1

Die vermietende Partei muss mindestens einen Monat im Voraus über die vorzeitige Rückgabe informiert werden. Die vorzeitige Rückgabe kann jeweils nur auf den 15. oder auf das Ende eines Monats erfolgen.

2

Auf keinen Fall kann die vermietende Partei gezwungen werden, mit der oder dem von der mietenden Partei vorgeschlagenen Kandidatin oder Kandidaten einen Vertrag einzugehen, die mietende Partei ist aber dennoch von ihrenVerpflichtungen befreit.

3

Art. 10

Rückgabe der Sache (Art. 267 OR)

1 Nach Ablauf des Mietvertrages muss die mietende Partei die Sache in dem Zustand zurückgeben, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch ergibt, unter Vorbehalt lokaler Gepflogenheiten.

2 Am letzten Tag des Mietverhältnisses übergibt die mietende Partei die Räumlichkeiten sowie die dazugehörigen Nebenräume.

Ein Rückgabeprotokoll, welches auch ein Inventar des Zubehörs und eine Beschreibung von dessen Zustand beinhaltet, wird in Gegenwart beider Parteien in zwei Exemplaren erstellt, welche diese an Ort und Stelle unterschreiben; jeder Partei wird sofort ein Exemplar ausgehändigt. Das Rückgabeprotokoll wird wenn immer möglich in den leeren Räumlichkeiten erstellt.

3

Art. 11

Bestimmungen betreffend die Familienwohnungen

11.1

Kündigung durch die mietende Partei (Art. 266m OR)

Dient die gemietete Sache als Wohnung einer Familie, kann ein Ehegatte den Mietvertrag nur schriftlich und mit ausdrücklicher Zustimmung des anderen Ehegatten kündigen.*

*

Die kursiv gedruckten Bestimmungen sind von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgenommen, da sie bereits im geltenden Mietrecht des Obligationenrechts enthalten sind.

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11.2

Kündigung durch die vermietende Partei (Art. 266n OR)

Die Kündigung durch die vermietende Partei oder andere Mitteilungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Mietverhältnisses sind nur dann rechtsgültig, wenn sie schriftlich und in zwei separaten Briefumschlägen an jeden der Ehegatten erfolgt sind. Die Kündigung muss ausserdem auf einem offiziellen Formular zugestellt werden.

1

Auf Anfrage der vermietenden Partei ist die mietende Partei verpflichtet, dieser sämtliche Auskünfte über ihren Zivilstand, ihren Namen, ihre Adresse sowie die entsprechenden Auskünfte über ihren Ehegatten zu erteilen, sowie über das Vorliegen einer einvernehmlichen oder gerichtlichen Trennung.

2

3 Wenn nötig ermächtigt die mietende Partei die vermietende Partei, sich bei den zuständigen Behörden über ihren Zivilstand und ihre Adresse sowie über die entsprechenden Angaben ihres Ehegatten zu informieren.

11.3

Beitritt des Ehegatten

Wenn beide Ehegatten innert 6 Monaten nach Abschluss des Mietvertrages die Beitrittserklärung unterschreiben, so werden sie gemeinsame Mieterin und Mieter der Familienwohnung mit allen entsprechenden Rechten und Pflichten.

1

Sind die Ehegatten gemeinsam Mieterin und Mieter, können ihnen alle Mitteilungen den Mietvertrag betreffend, mit Ausnahme der Kündigung, in einem einzigen Exemplar und in einem Briefumschlag an die Adresse der Familienwohnung zugesandt werden.

2

3

Im Fall einer Scheidung ist Artikel 121 Absatz 2 ZGB anwendbar.*

4 Im Falle einer späteren Verheiratung der mietenden Partei kann ihr Ehegatte dem Mietvertrag durch eine einseitig von beiden Ehegatten unterschriebene Erklärung innert 6 Monaten nach der Heirat beitreten.

*

Die kursiv gedruckten Bestimmungen sind von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgenommen, da sie bereits im geltenden Mietrecht des Obligationenrechts enthalten sind.

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11.4

Eingetragene Partnerschaft

Dieser Artikel gilt sinngemäss bei eingetragener Partnerschaft.

12. Dezember 2007

ASLOCA ­ Fédération romande: Alain Berset

Carlo Sommaruga

Fédération romande immobilière: Christian Blandenier

Olivier Feller

Union Suisse des professionnels de l'immobilier: Francis Godel

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Olivier Rau