Anhang 1

Seearbeitsübereinkommen, 2006

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 7. Februar 2006 zu ihrer vierundneunzigsten Tagung zusammengetreten ist, lässt sich von dem Wunsch leiten, eine einzige, in sich geschlossene Urkunde zu schaffen, die soweit wie möglich alle aktuellen Normen der bestehenden internationalen Seearbeitsübereinkommen und -empfehlungen sowie die grundlegenden, in anderen internationalen Arbeitsübereinkommen enthaltenen Prinzipien umfasst, insbesondere: ­

dem Übereinkommen (Nr. 29) über Zwangsarbeit, 1930;

­

dem Übereinkommen (Nr. 87) über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes, 1948;

­

dem Übereinkommen (Nr. 98) über das Vereinigungsrecht und das Recht zu Kollektivverhandlungen, 1949;

­

dem Übereinkommen (Nr. 100) über die Gleichheit des Entgelts, 1951;

­

dem Übereinkommen (Nr. 105) über die Abschaffung der Zwangsarbeit, 1957;

­

dem Übereinkommen (Nr. 111) über die Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958;

­

dem Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter, 1973;

­

dem Übereinkommen (Nr. 182) über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit, 1999;

ist sich des Kernmandats der Organisation bewusst, das darin besteht, menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu fördern, verweist auf die Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit, 1998, ist sich ferner bewusst, dass für Seeleute die Bestimmungen anderer Urkunden der IAO gelten und dass sie andere Rechte haben, die als grundlegende Rechte und Freiheiten, die für alle Personen gelten, festgelegt sind, berücksichtigt, dass Seeleute in Anbetracht der globalen Natur der Schifffahrtsindustrie eines besonderen Schutzes bedürfen, ist sich ferner der internationalen Normen über Schiffssicherheit, Personensicherheit und gutes Schiffsmanagement im Internationalen Übereinkommen zum Schutz des

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menschlichen Lebens auf See, 1974, in der geänderten Fassung, des Übereinkommens über die internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstössen auf See, 1972, in der geänderten Fassung und der Anforderungen an die Ausbildung und die Befähigungen der Seeleute im Internationalen Übereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten, 1978, in der geänderten Fassung, bewusst, weist darauf hin, dass das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, 1982, einen allgemeinen rechtlichen Rahmen festlegt, innerhalb dessen alle Tätigkeiten auf den Ozeanen und Meeren durchgeführt werden müssen, und dass es als Grundlage für nationale, regionale und globale Massnahmen und Zusammenarbeit im Seeschifffahrtssektor von strategischer Bedeutung ist und dass seine Integrität gewahrt werden muss, weist darauf hin, dass Artikel 94 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, 1982, die Aufgaben und Pflichten eines Flaggenstaats unter anderem in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, die Bemannung und die sozialen Angelegenheiten auf Schiffen unter seiner Flagge festlegt, verweist auf Artikel 19 Absatz 8 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation, der bestimmt, dass in keinem Fall die Annahme eines Übereinkommens oder einer Empfehlung durch die Konferenz oder die Ratifikation eines Übereinkommens durch ein Mitglied so ausgelegt werden darf, als würde dadurch irgendein Gesetz, Rechtsspruch, Gewohnheitsrecht oder Vertrag berührt, die den beteiligten Arbeitnehmern günstigere Bedingungen gewährleisten, als sie in dem Übereinkommen oder der Empfehlung vorgesehen sind, ist entschlossen, dass diese neue Urkunde so gestaltet werden sollte, dass sie unter den Regierungen, Reedern und Seeleuten, die den Grundsätzen menschenwürdiger Arbeit verpflichtet sind, auf breitestmögliche Akzeptanz stösst, dass sie leicht aktualisierbar sein und sich für eine wirksame Durchführung und Durchsetzung eignen sollte, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen zur Ausarbeitung einer solchen Urkunde, eine Frage, die den einzigen Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 23. Februar 2006, das folgende Übereinkommen an, das als Seearbeitsübereinkommen, 2006, bezeichnet wird.

Allgemeine Verpflichtungen Art. I 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, seine Bestimmungen in der in Artikel VI festgelegten Weise in vollem Umfang durchzuführen, um das Recht aller Seeleute auf eine menschenwürdige Beschäftigung sicherzustellen.

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2. Die Mitglieder haben zur Sicherstellung der wirksamen Durchführung und Durchsetzung dieses Übereinkommens zusammenzuarbeiten.

Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich Art. II 1. Im Sinne dieses Übereinkommens und soweit in einzelnen Bestimmungen nichts anderes festgelegt ist, a)

bedeutet der Begriff zuständige Stelle den Minister, die Regierungsstelle oder eine andere Stelle mit der Befugnis, Vorschriften, Anordnungen oder sonstige Weisungen mit bindender Wirkung bezüglich des Gegenstands der betreffenden Bestimmung zu erlassen und durchzusetzen;

b)

bedeutet der Begriff Seearbeits-Konformitätserklärung die in Regel 5.1.3 genannte Erklärung;

c)

bedeutet der Begriff Bruttoraumzahl den gemäss den Regeln für die Ermittlung der Raumzahlen berechneten Bruttoraumgehalt, die in Anhang I zu dem Internationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommen, 1969, oder jedem Nachfolgeübereinkommen enthalten sind; für Schiffe, die dem von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation angenommenen vorläufigen System der Schiffsvermessung unterliegen, ist die Bruttoraumzahl diejenige, die im Internationalen Schiffsmessbrief (1969) in der Spalte BEMERKUNGEN aufgeführt ist;

d)

bedeutet der Begriff Seearbeitszeugnis das in Regel 5.1.3 genannte Zeugnis;

e)

bezieht sich der Begriff Anforderungen dieses Übereinkommens auf die Anforderungen in diesen Artikeln, den Regeln und des Teils A des Codes dieses Übereinkommens;

f)

bedeutet der Begriff Seeleute alle Personen, die in irgendeiner Eigenschaft an Bord eines Schiffes, für das dieses Übereinkommen gilt, beschäftigt oder angeheuert sind oder arbeiten;

g)

schliesst der Begriff Beschäftigungsvertrag für Seeleute sowohl einen Arbeitsvertrag als auch einen Heuervertrag ein;

h)

bedeutet der Begriff Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienst für Seeleute alle Personen, Unternehmen, Institutionen, Agenturen oder sonstigen Organisationen im öffentlichen oder privaten Sektor, die die Anwerbung von Seeleuten im Auftrag von Reedern oder die Vermittlung von Seeleuten an Reeder betreiben;

i)

bedeutet der Begriff Schiff ein Schiff, das nicht ausschliesslich auf Binnengewässern, in geschützten Gewässern oder in deren unmittelbarer Nähe oder in Gebieten verkehrt, die einer Hafenordnung unterliegen;

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j)

bedeutet der Begriff Reeder den Eigner des Schiffes oder jede andere Organisation oder Person, wie den Leiter, Agenten oder Bareboat-Charterer, die vom Reeder die Verantwortung für den Betrieb des Schiffes übernommen hat und die sich mit der Übernahme dieser Verantwortung bereit erklärt hat, die Aufgaben und Pflichten zu erfüllen, die den Reedern gemäss diesem Übereinkommen auferlegt werden, ungeachtet dessen, ob andere Organisationen oder Personen bestimmte dieser Aufgaben oder Pflichten im Auftrag des Reeders erfüllen.

2. Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, gilt dieses Übereinkommen für alle Seeleute.

3. Im Zweifelsfall hat die zuständige Stelle jedes Mitglieds nach Anhörung der mit dieser Frage befassten Verbände der Reeder und der Seeleute zu entscheiden, ob bestimmte Personengruppen als Seeleute im Sinne dieses Übereinkommens anzusehen sind.

4. Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, gilt dieses Übereinkommen für alle Schiffe, gleich ob in öffentlichem oder privatem Eigentum, die gewöhnlich zu gewerblichen Tätigkeiten verwendet werden, ausgenommen Schiffe, die zur Fischerei der zu ähnlichen Zwecken verwendet werden, und Schiffe traditioneller Bauweise wie Dauen und Dschunken. Dieses Übereinkommen gilt nicht für Kriegsschiffe oder Flottenhilfsschiffe.

5. Im Zweifelsfall hat die zuständige Stelle jedes Mitglieds nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute zu entscheiden, ob dieses Übereinkommen für ein Schiff oder eine bestimmte Gruppe von Schiffen gilt.

6. Falls die zuständige Stelle entscheidet, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angemessen oder möglich wäre, bestimmte Einzelheiten des in Artikel VI Absatz 1 genannten Codes auf ein Schiff oder bestimmte Gruppen von Schiffen unter der Flagge des Mitglieds anzuwenden, gelten die einschlägigen Bestimmungen des Codes nicht, soweit der Gegenstand durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften, Gesamtarbeitsverträge oder sonstige Massnahmen abweichend geregelt ist. Eine solche Entscheidung kann nur in Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute und nur in Bezug auf Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 200, die nicht zu internationalen Reisen verwendet werden, getroffen werden.

7. Alle von einem Mitglied nach den Absätzen 3 oder 5 oder 6 dieses Artikels vorgenommenen Festlegungen sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes mitzuteilen, der sie den Mitgliedern der Organisation notifiziert.

8. Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, gilt ein Hinweis auf dieses Übereinkommen gleichzeitig als ein Hinweis auf die Regeln und den Code.

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Grundlegende Rechte und Prinzipien Art. III Jedes Mitglied hat sich zu vergewissern, dass die Bestimmungen seiner Gesetzgebung im Rahmen dieses Übereinkommens die grundlegenden Rechte achten in Bezug auf: a)

die Vereinigungsfreiheit und die effektive Anerkennung des Rechts zu Kollektivverhandlungen;

b)

die Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit;

c)

die effektive Abschaffung der Kinderarbeit;

d)

die Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.

Beschäftigungs- und Sozialrechte der Seeleute Art. IV 1. Alle Seeleute haben das Recht auf einen sicheren und gefahrlosen Arbeitsplatz, der den Sicherheitsnormen entspricht.

2. Alle Seeleute haben ein Recht auf angemessene Beschäftigungsbedingungen.

3. Alle Seeleute haben ein Recht auf menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord.

4. Alle Seeleute haben ein Recht auf Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung, soziale Massnahmen und andere Formen des Sozialschutzes.

5. Jedes Mitglied hat innerhalb der Grenzen seiner Rechtshoheit sicherzustellen, dass die in den vorstehenden Absätzen dieses Artikels aufgeführten Beschäftigungsund Sozialrechte der Seeleute im Einklang mit den Anforderungen dieses Übereinkommens in vollem Umfang verwirklicht werden. Sofern in dem Übereinkommen nichts anderes bestimmt wird, kann diese Verwirklichung durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften, durch geltende Gesamtarbeitsverträge oder durch andere Massnahmen oder in der Praxis erreicht werden.

Verantwortlichkeiten für die Durchführung und Durchsetzung Art. V 1. Jedes Mitglied hat die Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen, die es angenommen hat, um seine Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen in Bezug auf die seiner Hoheitsgewalt unterliegenden Schiffe und Seeleute zu erfüllen, durchzuführen und durchzusetzen.

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2. Jedes Mitglied hat wirksam seine Hoheitsgewalt und Kontrolle über die Schiffe unter seiner Flagge auszuüben, indem es ein System zur Sicherstellung der Erfüllung der Anforderungen dieses Übereinkommens einrichtet, einschliesslich regelmässiger Überprüfungen, Berichterstattung, Überwachung und gerichtlicher Verfahren gemäss den geltenden Gesetzen.

3. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass die Schiffe unter seiner Flagge ein Seearbeitszeugnis und eine Seearbeits-Konformitätserklärung mitführen, wie es dieses Übereinkommen vorschreibt.

4. Ein Schiff, für das dieses Übereinkommen gilt, kann im Einklang mit dem internationalen Recht von einem anderen Mitglied als dem Flaggenstaat überprüft werden, wenn sich das Schiff in einem seiner Häfen befindet, um festzustellen, ob das Schiff den Anforderungen dieses Übereinkommens genügt.

5. Jedes Mitglied hat seine Hoheitsgewalt und Kontrolle über die Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Seeleute wirksam auszuüben, falls solche in seinem Gebiet bestehen.

6. Jedes Mitglied hat Verstösse gegen die Anforderungen dieses Übereinkommens zu untersagen und hat im Einklang mit dem internationalen Recht Zwangsmassnahmen festzulegen oder die Annahme von Abhilfemassnahmen gemäss seinen Gesetzen vorzuschreiben, die ausreichen, um von solchen Verstössen abzuhalten.

7. Jedes Mitglied hat seine Verantwortlichkeiten gemäss diesem Übereinkommen so zu erfüllen, dass sichergestellt wird, dass die Schiffe unter der Flagge eines Staates, der dieses Übereinkommen nicht ratifiziert hat, nicht günstiger behandelt werden als die Schiffe unter der Flagge eines Staates, der es ratifiziert hat.

Regeln und Teil A und B des Codes Art. VI 1. Die Regeln und die Bestimmungen des Teils A des Codes sind verbindlich. Die Bestimmungen des Teils B des Codes sind nicht verbindlich.

2. Jedes Mitglied verpflichtet sich, die in den Regeln dargelegten Rechte und Grundsätze zu achten und jede Regel so umzusetzen, wie dies in den entsprechenden Bestimmungen des Teils A des Codes vorgesehen ist. Ausserdem hat das Mitglied die Erfüllung seiner Verantwortlichkeiten in der in Teil B des Codes vorgesehenen Weise gebührend in Erwägung zu ziehen.

3. Ein Mitglied, das nicht in der Lage ist, die Rechte und Grundsätze in der in Teil A des Codes dargelegten Weise zu verwirklichen, kann, soweit in diesem Übereinkommen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, Teil A durch Bestimmungen in seinen Rechtsvorschriften oder sonstige Massnahmen umsetzen, die den Bestimmungen des Teils A im Wesentlichen gleichwertig sind.

4. Ausschliesslich für den Zweck des Absatzes 3 dieses Artikels gelten ein Gesetz, eine Regel, ein Gesamtarbeitsvertrag oder eine sonstige Durchführungsmassnahme

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im Rahmen dieses Übereinkommens als im Wesentlichen gleichwertig, wenn sich das Mitglied vergewissert hat, dass a)

sie der vollen Erreichung des allgemeinen Ziels und Zwecks der Bestimmung oder Bestimmungen von Teil A des betreffenden Codes förderlich sind;

b)

sie die Bestimmung oder Bestimmungen von Teil A des betreffenden Codes durchführen.

Beratung mit den Verbänden der Reeder und der Seeleute Art. VII Jede Abweichung, Ausnahme oder sonstige flexible Anwendung dieses Übereinkommens, für die das Übereinkommen eine Beratung mit den Verbänden der Reeder und der Seeleute vorschreibt, kann in Fällen, in denen repräsentative Verbände der Reder oder der Seeleute im Gebiet eines Mitglieds nicht bestehen, von diesem Mitglied nur durch Beratung mit dem in Artikel XIII genannten Ausschuss beschlossen werden.

Inkrafttreten Art. VIII 1. Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

2. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

3. Dieses Übereinkommen tritt in Kraft zwölf Monate, nachdem die Ratifikationen von mindestens 30 Mitgliedern eingetragen worden sind, die zusammen über eine Bruttoraumzahl von mindestens 33 Prozent der Welthandelsflotte verfügen.

4. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Kündigung Art. IX 1. Ein Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird erst ein Jahr nach der Eintragung wirksam.

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2. Jedes Mitglied, das binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz 1 dieses Artikels genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines neuen Zeitraums von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Wirkung des Inkrafttretens Art. X Durch dieses Übereinkommen werden die folgenden Übereinkommen neu gefasst: Übereinkommen (Nr. 7) über das Mindestalter (Arbeit auf See), 1920 Übereinkommen (Nr. 8) über die Arbeitslosenentschädigung (Schiffbruch), 1920 Übereinkommen (Nr. 9) über Arbeitsvermittlung für Schiffsleute, 1920 Übereinkommen (Nr. 16) über die ärztliche Untersuchung der Jugendlichen (Seeschifffahrt), 1921 Übereinkommen (Nr. 22) über den Heuervertrag der Schiffsleute, 1926 Übereinkommen (Nr. 23) über die Heimschaffung der Schiffsleute, 1926 Übereinkommen (Nr. 53) über die Befähigungsausweise der Schiffsoffiziere, 1936 Übereinkommen (Nr. 54) über den bezahlten Urlaub für Schiffsleute, 1936 Übereinkommen (Nr. 55) über die Verpflichtungen des Reeders bei Krankheit oder Unfall der Schiffsleute, 1936 Übereinkommen (Nr. 56) über die Krankenversicherung der Schiffsleute, 1936 Übereinkommen (Nr. 57) über die Arbeitszeit an Bord und die Besatzungsstärke, 1936 Abgeändertes Übereinkommen (Nr. 58) über das Mindestalter (Arbeit auf See), 1936 Übereinkommen (Nr. 68) über Verproviantierung und Verköstigung (Schiffsbesatzungen), 1946 Übereinkommen (Nr. 69) über den Befähigungsausweis für Schiffsköche, 1946 Übereinkommen (Nr. 70) über die Soziale Sicherheit der Schiffsleute, 1946 Übereinkommen (Nr. 72) über den bezahlten Urlaub der Schiffsleute, 1946 Übereinkommen (Nr. 73) über die ärztliche Untersuchung der Schiffsleute, 1946 Übereinkommen (Nr. 74) über die Befähigungsausweise der Vollmatrosen, 1946 Übereinkommen (Nr. 75) über die Quartierräume der Schiffsbesatzungen, 1946 Übereinkommen (Nr. 76) über die Heuern, die Arbeitszeit an Bord und die Besatzungsstärke, 1946

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Übereinkommen (Nr. 91) über den bezahlten Urlaub der Schiffsleute (Neufassung), 1949 Übereinkommen (Nr. 92) über die Quartierräume der Schiffsbesatzungen (Neufassung), 1949 Übereinkommen (Nr. 93) über die Heuern, die Arbeitszeit an Bord und die Besatzungsstärke (Neufassung), 1949 Übereinkommen (Nr. 109) über die Heuern, die Arbeitszeit an Bord und die Besatzungsstärke (Neufassung), 1958 Übereinkommen (Nr. 133) über die Quartierräume der Schiffsbesatzungen (zusätzliche Bestimmungen), 1970 Übereinkommen (Nr. 134) über die Unfallverhütung (Seeleute), 1970 Übereinkommen (Nr. 145) über die Kontinuität der Beschäftigung (Seeleute), 1976 Übereinkommen (Nr. 146) über den bezahlten Jahresurlaub der Seeleute, 1976 Übereinkommen (Nr. 147) über die Handelsschifffahrt (Mindestnormen), 1976 Protokoll von 1996 zum Übereinkommen (Nr. 147) über die Handelsschifffahrt (Mindestnormen), 1976 Übereinkommen (Nr. 163) über die soziale Betreuung der Seeleute, 1987 Übereinkommen (Nr. 164) über den Gesundheitsschutz und die medizinische Betreuung der Seeleute, 1987 Übereinkommen (Nr. 165) über die Soziale Sicherheit der Seeleute (Neufassung), 1987 Übereinkommen (Nr. 166) über die Heimschaffung der Seeleute (Neufassung), 1987 Übereinkommen (Nr. 178) über die Arbeitsaufsicht (Seeleute), 1996 Übereinkommen (Nr. 179) über die Anwerbung und Arbeitsvermittlung von Seeleuten, 1996 Übereinkommen (Nr. 180) über die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe, 1996.

Verwahrstellenfunktionen Art. XI 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen, Annahmen und Kündigungen dieses Übereinkommens.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn die in Artikel VIII Absatz 3 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

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Art. XII Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle gemäss diesem Übereinkommen eingetragenen Ratifikationen, Annahmen und Kündigungen.

Dreigliedriger Sonderausschuss Art. XIII 1. Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes lässt die Wirksamkeit dieses Übereinkommens durch einen von ihm eingesetzten Ausschuss mit besonderer Kompetenz im Bereich der Seearbeitsnormen fortlaufend überprüfen.

2. Für Angelegenheiten, die gemäss diesem Übereinkommen behandelt werden, besteht der Ausschuss aus zwei von der Regierung jedes Mitglieds, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, benannten Vertretern und den vom Verwaltungsrat nach Anhörung des Paritätischen Seeschifffahrtsausschusses ernannten Vertretern der Reeder und der Seeleute.

3. Die Regierungsvertreter von Mitgliedern, die dieses Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben, können an den Beratungen des Ausschusses teilnehmen, dürfen aber über die gemäss diesem Übereinkommen behandelten Angelegenheiten nicht abstimmen. Der Verwaltungsrat kann andere Organisationen oder Stellen einladen, sich im Ausschuss durch Beobachter vertreten zu lassen.

4. Die Stimmen jedes Reeder- und Seeleutevertreters im Ausschuss werden gewichtet, um sicherzustellen, dass die Reedergruppe und die Seeleutegruppe jeweils über die Hälfte der Stimmstärke der Gesamtzahl der Regierungen verfügt, die auf der betreffenden Sitzung vertreten und stimmberechtigt sind.

Änderung dieses Übereinkommens Art. XIV 1. Änderungen jeder der Bestimmungen dieses Übereinkommens können von der Allgemeinen Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation im Rahmen des Artikels 19 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation und der Regeln und Verfahren der Organisation für die Annahme von Übereinkommen angenommen werden. Änderungen des Codes können auch gemäss den in Artikel XV vorgesehenen Verfahren angenommen werden.

2. Mitgliedern, deren Ratifikationen dieses Übereinkommens vor der Annahme der Änderung eingetragen worden sind, wird der Wortlaut der Änderung zur Ratifizierung übermittelt.

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3. Den anderen Mitgliedern der Organisation wird der Wortlaut des Übereinkommens in der geänderten Fassung zur Ratifizierung gemäss Artikel 19 der Verfassung übermittelt.

4. Eine Änderung gilt an dem Tag als angenommen, an dem die Ratifikationen der Änderung oder des Übereinkommens in der geänderten Fassung von mindestens 30 Mitgliedern, die zusammen über eine Bruttoraumzahl von mindestens 33 Prozent der Welthandelsflotte verfügen, eingetragen worden sind.

5. Eine im Rahmen des Artikels 19 der Verfassung angenommene Änderung ist nur für diejenigen Mitglieder der Organisation verbindlich, deren Ratifikationen beim Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes eingetragen worden sind.

6. Für jedes in Absatz 2 dieses Artikels genannte Mitglied tritt die Änderung zwölf Monate nach dem in Absatz 4 genannten Annahmezeitpunkt oder zwölf Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem seine Ratifikation der Änderung eingetragen worden ist, in Kraft, je nachdem, welcher Zeitpunkt später liegt.

7. Vorbehaltlich Absatz 9 dieses Artikels tritt für die in Absatz 3 dieses Artikels genannten Mitglieder das Übereinkommen in der geänderten Fassung zwölf Monate nach dem in Absatz 4 dieses Artikels genannten Annahmezeitpunkt oder zwölf Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem ihre Ratifikationen des Übereinkommens eingetragen worden sind, je nachdem, welcher Zeitpunkt später liegt.

8. Für diejenigen Mitglieder, deren Ratifikation dieses Übereinkommens vor der Annahme einer Änderung eingetragen wurde, die aber die Änderung nicht ratifiziert haben, bleibt dieses Übereinkommen ohne die betreffende Änderung in Kraft.

9. Ein Mitglied, dessen Ratifikation dieses Übereinkommens nach der Annahme der Änderung, aber vor dem in Absatz 4 dieses Artikels genannten Zeitpunkt eingetragen wird, kann in einer der Ratifikationsurkunde beigefügten Erklärung angeben, dass sich seine Ratifikation auf das Übereinkommen ohne die betreffende Änderung bezieht. Im Fall einer Ratifikation mit einer solchen Erklärung tritt das Übereinkommen für das betreffende Mitglied 12 Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Ratifikation eingetragen wurde. Ist einer Ratifikationsurkunde keine solche Erklärung beigefügt oder wird die Ratifikation zu oder nach dem in Absatz 4 genannten Zeitpunkt eingetragen, so tritt das Übereinkommen für das betreffende
Mitglied 12 Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Ratifikation eingetragen wurde, und nach seinem Inkrafttreten gemäss Absatz 7 dieses Artikels ist die Änderung für das betreffende Mitglied verbindlich, sofern die Änderung nichts anderes bestimmt.

Änderung des Codes Art. XV 1. Der Code kann entweder durch das in Artikel XIV dargelegte Verfahren oder, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, gemäss dem in diesem Artikel dargelegten Verfahren geändert werden.

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2. Eine Änderung des Codes kann dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes von der Regierung jedes Mitglieds der Organisation oder von der Gruppe der Reedervertreter oder der Gruppe der Seeleutevertreter vorgeschlagen werden, die in den in Artikel XIII genannten Ausschuss berufen worden sind. Eine von einer Regierung vorgeschlagene Änderung muss von mindestens fünf Regierungen von Mitgliedern, die das Übereinkommen ratifiziert haben, oder von der in diesem Absatz genannten Gruppe der Reedervertreter oder der Seeleutevertreter vorgeschlagen worden sein oder unterstützt werden.

3. Nachdem er sich vergewissert hat, dass der Änderungsvorschlag den Anforderungen von Absatz 2 dieses Artikels genügt, übermittelt der Generaldirektor den Vorschlag, zusammen mit allen als geeignet erachteten Bemerkungen oder Anregungen, unverzüglich an alle Mitglieder der Organisation mit dem Ersuchen, ihre Bemerkungen oder Anregungen zu dem Vorschlag innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten oder eines anderen Zeitraums (der nicht weniger als drei Monate und nicht mehr als neun Monate betragen darf), der vom Verwaltungsrat festgesetzt wird, zu übermitteln.

4. Nach Ablauf des in Absatz 3 dieses Artikels genannten Zeitraums wird der Vorschlag, zusammen mit einer Zusammenfassung der von den Mitgliedern gemäss diesem Absatz gegebenenfalls vorgebrachten Bemerkungen oder Anregungen, dem Ausschuss zur Prüfung auf einer Tagung übermittelt. Eine Änderung gilt als vom Ausschuss angenommen, wenn a)

mindestens die Hälfte der Regierungen der Mitglieder, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben, auf der Tagung, auf der der Vorschlag behandelt wird, vertreten sind;

b)

eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Ausschussmitglieder für die Änderung stimmt;

c)

diese Mehrheit die Ja-Stimmen von mindestens der Hälfte der Stimmen der Regierungen, der Hälfte der Stimmen der Reeder und der Hälfte der Stimmen der Seeleute der auf der Tagung registrierten Ausschussmitglieder umfasst, wenn der Vorschlag zur Abstimmung gestellt wird.

5. Die gemäss Absatz 4 dieses Artikels angenommenen Änderungen werden der Konferenz auf der nächsten Tagung zur Zustimmung vorgelegt. Eine solche Zustimmung erfordert die Mehrheit von zwei Dritteln der von den anwesenden Delegierten abgegebenen Stimmen. Wird eine solche Mehrheit nicht erzielt, wird die vorgeschlagene Änderung an den Ausschuss zur erneuten Prüfung zurückverwiesen, falls der Ausschuss dies wünscht.

6. Die von der Konferenz gebilligten Änderungen werden vom Generaldirektor jedem der Mitglieder notifiziert, deren Ratifikationen dieses Übereinkommens vor dem Zeitpunkt einer solchen Billigung durch die Konferenz eingetragen worden sind. Diese Mitglieder werden nachstehend als «die ratifizierenden Mitglieder» bezeichnet. Die Notifizierung enthält einen Hinweis auf diesen Artikel und schreibt die Frist für die Mitteilung eines etwaigen formell geäusserten Nichteinverständnisses vor. Diese Frist beträgt zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Notifizierung, sofern die Konferenz zum Zeitpunkt der Zustimmung nicht eine andere Frist festgesetzt

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hat, die mindestens ein Jahr betragen muss. Eine Kopie der Notifizierung wird den anderen Mitgliedern der Organisation zur Information übermittelt.

7. Eine von der Konferenz beschlossene Änderung gilt als angenommen, sofern der Generaldirektor bis zum Ablauf der vorgeschriebenen Frist nicht formelle Äusserungen des Nichteinverständnisses von mehr als 40 Prozent der Mitglieder erhalten hat, die das Übereinkommen ratifiziert haben und auf die nicht weniger als 40 Prozent der Bruttoraumzahl der Mitglieder entfallen, die das Übereinkommen ratifiziert haben.

8. Eine als angenommen geltende Änderung tritt sechs Monate nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist für alle ratifizierenden Mitglieder in Kraft, mit Ausnahme derjenigen, die ihr Nichteinverständnis gemäss Absatz 7 dieses Artikels formell geäussert hatten und die dieses Nichteinverständnis nicht gemäss Absatz 11 zurückgenommen haben. Jedoch a)

kann vor Ablauf der vorgeschriebenen Frist jedes ratifizierende Mitglied dem Generaldirektor mitteilen, dass es erst nach einer späteren ausdrücklichen Notifizierung seiner Annahme an die Änderung gebunden sein wird;

b)

kann vor dem Inkrafttreten der Änderung jedes ratifizierende Mitglied dem Generaldirektor mitteilen, dass es diese Änderung für einen bestimmten Zeitraum nicht umsetzen wird.

9. Eine Änderung, die Gegenstand einer in Absatz 8 Buchstabe a) dieses Artikels genannten Mitteilung ist, tritt für das Mitglied, das eine solche Mitteilung gemacht hat, sechs Monate nachdem das Mitglied dem Generaldirektor seine Annahme der Änderung notifiziert hat oder zu dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Änderung erstmals in Kraft tritt, je nachdem, welcher Zeitpunkt später liegt.

10. Die in Absatz 8 Buchstabe b) dieses Artikels genannte Frist darf ein Jahr ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung oder eine von der Konferenz zum Zeitpunkt der Billigung der Änderung festgesetzte längere Frist nicht überschreiten.

11. Ein Mitglied, das sein Nichteinverständnis mit einer Änderung formell geäussert hat, kann sein Nichteinverständnis jederzeit zurücknehmen. Wird dem Generaldirektor eine solche Rücknahme nach dem Inkrafttreten der Änderung mitgeteilt, tritt die Änderung für das Mitglied sechs Monate nach dem Zeitpunkt der Eintragung der Mitteilung in Kraft.

12. Nach dem Inkrafttreten einer Änderung kann das Übereinkommen nur in seiner abgeänderten Form ratifiziert werden.

13. Soweit sich ein Seearbeitszeugnis auf Angelegenheiten bezieht, die durch eine Änderung des Übereinkommens erfasst werden, die in Kraft getreten ist: a)

ist ein Mitglied, das diese Änderung angenommen hat, nicht verpflichtet, die Vergünstigung des Übereinkommens in Bezug auf Seearbeitszeugnisse zu gewähren, die Schiffen ausgestellt worden sind, die unter der Flagge eines anderen Mitglieds fahren, das i) nach Absatz 7 dieses Artikels formell sein Nichteinverständnis mit der Änderung geäussert hat und dieses Nichteinverständnis nicht zurückgenommen hat; oder 5605

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ii)

b)

nach Artikel 8 Buchstabe a) dieses Artikels mitgeteilt hat, dass seine Annahme unter dem Vorbehalt seiner späteren ausdrücklichen Notifizierung steht und die Änderung nicht angenommen hat;

hat ein Mitglied, das die Änderung angenommen hat, die Vergünstigung des Übereinkommens in Bezug auf die Seearbeitszeugnisse zu gewähren, die Schiffen ausgestellt worden sind, die unter der Flagge eines anderen Mitglieds fahren, das nach Absatz 8 Buchstabe b) dieses Artikels mitgeteilt hat, dass es diese Änderung für die im Einklang mit Absatz 10 dieses Artikels genannten Zeitraum nicht in Kraft setzen wird.

Verbindliche Sprachen Art. XVI Der französische und englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise verbindlich.

Erläuternde Anmerkungen zu den Regeln und dem Code des Seearbeitsübereinkommen 1. Diese erläuternden Anmerkungen, die nicht Bestandteil des Seearbeitsübereinkommens sind, sollen als allgemeine Anleitung zu dem Übereinkommen dienen.

2. Das Übereinkommen umfasst drei verschiedene, aber zusammenhängende Teile: die Artikel, die Regeln und den Code.

3. Die Artikel und Regeln legen die grundlegenden Rechte und Prinzipien sowie die grundlegenden Verpflichtungen der Mitglieder dar, die das Übereinkommen ratifizieren. Die Artikel und Regeln können von der Konferenz nur im Rahmen von Artikel 19 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation geändert werden (siehe Artikel XIV des Übereinkommens).

4. Der Code enthält die Einzelheiten zur Durchführung der Regeln. Er umfasst den Teil A (verbindliche Normen) und den Teil B (nichtverbindliche Leitlinien). Der Code kann durch das in Artikel XV des Übereinkommens vorgesehene vereinfachte Verfahren geändert werden. Da der Code die Einzelheiten der Durchführung betrifft, müssen dessen Änderungen im allgemeinen Geltungsbereich der Artikel und Regeln bleiben.

5. Die Regeln und der Code sind in die folgenden fünf Titel gegliedert: Titel 1:

Mindestanforderungen für die Arbeit von Seeleuten auf Schiffen

Titel 2:

Beschäftigungsbedingungen

Titel 3:

Unterkünfte, Freizeiteinrichtungen, Verpflegung einschliesslich Bedienung

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Titel 4:

Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung, soziale Betreuung und Gewährleistung der sozialen Sicherheit

Titel 5:

Erfüllung und Durchsetzung

6. Jeder Titel enthält Gruppen von Bestimmungen, die sich auf ein bestimmtes Recht oder Prinzip (oder eine bestimmte Durchsetzungsmassnahme in Titel 5) beziehen, mit zusammenhängender Nummerierung. Die erste Gruppe in Titel 1 beispielsweise besteht aus der Regel 1.1, der Norm A1.1 und der Leitlinie B1.1 zum Mindestalter.

7. Das Übereinkommen dient drei Zwecken: a)

in seinen Artikeln und Regeln einen festen Katalog von Rechten und Prinzipien festzulegen;

b)

durch den Code ein erhebliches Mass an Flexibilität bei der Art und Weise zu ermöglichen, wie die Mitglieder diese Rechte und Prinzipien umsetzen;

c)

durch Titel 5 sicherzustellen, dass die Rechte und Prinzipien ordnungsgemäss eingehalten und durchgesetzt werden.

8. Es gibt zwei Hauptbereiche für Flexibilität bei der Durchführung: einer betrifft die einem Mitglied eingeräumte Möglichkeit, soweit erforderlich (siehe Artikel VI Absatz 3), die detaillierten Anforderungen des Teils A des Codes durch im Wesentlichen gleichwertige Regelungen (im Sinne des Artikels VI Absatz 4) umzusetzen.

9. Der zweite Bereich für Flexibilität bei der Durchführung wird dadurch geboten, dass die verbindlichen Anforderungen vieler Bestimmungen in Teil A allgemeiner abgefasst sind, so dass sich hinsichtlich der genauen Massnahmen, die auf der innerstaatlichen Ebene vorzusehen sind, ein grösserer Ermessensspielraum ergibt. In solchen Fällen werden die Anleitungen zur Durchführung in dem nichtverbindlichen Teil B des Codes gegeben. Auf diese Weise können die Mitglieder, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben, die Art von Massnahmen ermitteln, die von ihnen im Rahmen der entsprechenden allgemeinen Verpflichtung in Teil A erwartet werden könnten, sowie Massnahmen, die nicht unbedingt erforderlich wären. So sind nach der Norm A4.1 alle Schiffe verpflichtet, unverzüglichen Zugang zu den notwendigen Medikamenten für die medizinische Betreuung an Bord (Absatz 1 Buchstabe b)) zu gewähren und «eine Schiffsapotheke mitzuführen» (Absatz 4 Buchstabe a)). Die Erfüllung dieser letztgenannten Verpflichtung in gutem Glauben bedeutet eindeutig mehr, als dass auf jedem Schiff lediglich eine Schiffsapotheke vorhanden ist.

Genauere Angaben zu den damit verbundenen Anforderungen, um sicherzustellen, dass der Inhalt der Schiffsapotheke ordnungsgemäss aufbewahrt, verwendet und in Stand gehalten wird, sind in der entsprechenden Leitlinie B4.1.1 (Absatz 4) enthalten.

10. Die Mitglieder, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben, sind an die betreffenden Leitlinien nicht gebunden, und die Überprüfungen würden sich, wie in den Bestimmungen in Titel 5 über die Hafenstaatkontrolle angegeben, nur auf die einschlägigen Anforderungen dieses Übereinkommens (Artikel, Regeln und die Normen in Teil A) erstrecken. Die Mitglieder sind jedoch nach Artikel VI Absatz 2 verpflichtet, die Erfüllung ihrer Verantwortlichkeiten nach Teil A des Codes in der 5607

Seearbeitsübereinkommen 2006

in Teil B vorgesehenen Weise gebührend in Erwägung zu ziehen. Wenn ein Mitglied nach gebührender Prüfung der einschlägigen Leitlinien beschliesst, andere Vorkehrungen vorzusehen, durch die die ordnungsgemässe Aufbewahrung, Verwendung und Instandhaltung des Inhalts der Schiffsapotheke, um das oben angeführte Beispiel zu nehmen, sichergestellt wird, wie von der Norm in Teil A verlangt, so ist dies akzeptabel. Wenn dagegen die in Teil B gegebenen Leitlinien befolgt werden, können das betreffende Mitglied sowie die für die Überprüfung der Durchführung der internationalen Arbeitsübereinkommen verantwortlichen Gremien der IAO ohne weiteres sicher sein, dass die Vorkehrungen, die das Mitglied getroffen hat, ausreichen, um die Verantwortlichkeiten gemäss Teil A, auf die sich die Leitlinie bezieht, zu erfüllen.

Die Regeln und der Code Titel 1 Mindestanforderungen für die Arbeit von Seeleuten auf Schiffen Regel 1.1

Mindestalter

Zweck: Sicherzustellen, dass Personen unterhalb des Mindestalters nicht auf Schiffen tätig werden 1. Personen unterhalb des Mindestalters dürfen nicht auf Schiffen beschäftigt oder angeheuert werden oder arbeiten.

2. Zum Zeitpunkt des erstmaligen Inkrafttretens des Übereinkommens beträgt das Mindestalter 16 Jahre.

3. Für bestimmte im Code geregelte Fälle gilt ein höheres Mindestalter.

Norm A1.1

Mindestalter

1. Die Beschäftigung, Anheuerung oder Arbeit von Personen unter 16 Jahren ist verboten.

2. Nachtarbeit von Seeleuten unter 18 Jahren ist verboten. Im Sinne dieser Norm ist der Begriff «Nacht» nach der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis zu bestimmen. Als «Nacht» gilt ein Zeitraum von mindestens neun aufeinanderfolgenden Stunden, der die Zeit zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens einschliesst.

3. Die zuständige Stelle kann von der strikten Einhaltung der Nachtarbeit Ausnahmen zulassen, wenn a)

5608

die wirksame Ausbildung der betreffenden Seeleute nach festgelegten Programmen und Zeitplänen beeinträchtigt würde; oder

Seearbeitsübereinkommen 2006

b)

die Besonderheit der Aufgabe oder eines anerkannten Ausbildungsprogramms es erforderlich macht, dass die von der Ausnahme erfassten Seeleute Aufgaben in der Nacht verrichten und die zuständige Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute festgestellt hat, dass die Arbeit sich nicht nachteilig auf ihre Gesundheit oder ihr Wohlbefinden auswirkt.

4. Die Beschäftigung, Anheuerung oder Arbeit von Seeleuten unter 18 Jahren ist verboten, wenn diese Arbeiten ihre Gesundheit oder Sicherheit gefährden können.

Diese Arbeiten sind durch Normen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder durch die zuständige Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute im Einklang mit den einschlägigen internationalen Normen zu bestimmen.

Leitlinie B1.1

Mindestalter

1. Bei der Regelung der Arbeits- und Lebensbedingungen sollten die Mitglieder den Bedürfnissen von Jugendlichen unter 18 Jahren besondere Aufmerksamkeit schenken.

Regel 1.2

Ärztliches Zeugnis

Zweck: Sicherzustellen, dass alle Seeleute für die auf See zu verrichtende Tätigkeit medizinisch tauglich sind 1. Seeleute dürfen auf einem Schiff nicht ohne ein Zeugnis arbeiten, in welchem ihre medizinische Tauglichkeit für ihre Tätigkeit festgestellt ist.

2. Ausnahmen hiervon sind nur in den im Code vorgesehenen Fällen zulässig.

Norm A1.2

Ärztliches Zeugnis

1. Die zuständige Stelle hat vorzuschreiben, dass Seeleute vor Beginn ihrer Arbeit auf einem Schiff im Besitz eines gültigen ärztlichen Zeugnisses sein müssen, in welchem bescheinigt ist, dass sie für die zu verrichtende Tätigkeit auf See gesundheitlich tauglich sind.

2. Die zuständige Stelle hat nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute und unter gebührender Berücksichtigung der in Teil B dieses Codes genannten anwendbaren internationalen Leitlinien die Einzelheiten der ärztlichen Untersuchung und des ärztlichen Zeugnisses vorzuschreiben, damit sichergestellt ist, dass das ärztliche Zeugnis den Gesundheitszustand der Seeleute im Hinblick auf die zu verrichtenden Tätigkeiten richtig wiedergibt.

3. Das Internationale Übereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten, 1978, in der geänderten Fassung (STCW) bleibt von dieser Norm unberührt. Die zuständige Stelle hat ein ärztliches Zeugnis, das nach den Anforderungen des STCW ausgestellt worden ist, für Zwecke der Regel 1.2 anzuerkennen. Bei Seeleuten, die nicht in den Geltungsbereich des STCW fallen, ist ein ärztliches Zeugnis, das dessen Anforderungen im Wesentlichen entspricht, ebenfalls anzuerkennen.

5609

Seearbeitsübereinkommen 2006

4. Das ärztliche Zeugnis ist durch einen qualifizierten Arzt oder, im Fall eines nur das Sehvermögen betreffenden Zeugnisses, von einer durch die zuständige Stelle zur Erteilung solcher Zeugnisse als qualifiziert anerkannten Person auszustellen. Die Ärzte müssen völlige fachliche Unabhängigkeit geniessen und dürfen sich bei der Durchführung der ärztlichen Untersuchungsverfahren nur von ihrem medizinischen Fachurteil leiten lassen.

5. Seeleuten, denen ein ärztliches Zeugnis verweigert oder denen eine Einschränkung ihrer Diensttauglichkeit insbesondere hinsichtlich Dauer, Tätigkeitsbereich oder Fahrtgebiet auferlegt worden ist, ist die Möglichkeit zu geben, sich einer weiteren Untersuchung durch einen anderen unabhängigen Arzt oder durch einen unabhängigen ärztlichen Gutachter zu unterziehen.

6. Jedes ärztliche Zeugnis hat insbesondere Angaben darüber zu enthalten, a)

dass das Hör- und Sehvermögen der betreffenden Seeleute und die Farbentüchtigkeit, wenn Seeleute in Dienstzweigen beschäftigt werden sollen, in denen ihre Tauglichkeit für die zu leistenden Aufgaben bei Farbenblindheit beeinträchtigt wird, sämtlich zufriedenstellend sind;

b)

dass die betreffenden Seeleute nicht unter einem Krankheitszustand leiden, der sich durch die Tätigkeit auf See verschlimmern oder sie für eine solche Tätigkeit untauglich machen oder die Gesundheit anderer Personen an Bord gefährden könnte.

7. Soweit nicht wegen der Besonderheit der von den betreffenden Seeleuten zu verrichtenden Tätigkeit eine kürzere Frist erforderlich ist oder nach dem STCW vorgeschrieben wird, beträgt a)

die Geltungsdauer des ärztlichen Zeugnisses höchstens zwei Jahre, es sei denn, die Seeleute sind jünger als 18 Jahre; in diesem Fall beträgt die Geltungsdauer ein Jahr;

b)

die Geltungsdauer eines Zeugnisses, das die Farbentüchtigkeit betrifft, höchstens sechs Jahre.

8. In dringenden Fällen kann die zuständige Stelle die Beschäftigung von Seeleuten ohne gültiges ärztliches Zeugnis für eine Reise bis zum nächsten Anlaufhafen, im dem sie ein ärztliches Zeugnis durch einen qualifizierten Arzt erhalten können, mit der Massgabe zulassen, dass a)

die Dauer einer solchen Zulassung drei Monate nicht überschreitet;

b)

die betreffenden Seeleute im Besitz eines nicht mehr gültigen ärztlichen Zeugnisses jüngsten Datums sind.

9. Läuft die Gültigkeitsdauer eines Zeugnisses während einer Reise ab, bleibt es gültig bis der nächste Hafen angelaufen wird, in dem die Seeleute ein ärztliches Zeugnis von einem qualifizierten Arzt erhalten können, mit der Massgabe, dass dieser Zeitraum drei Monate nicht überschreiten darf.

10. Die ärztlichen Zeugnisse für Seeleute auf Schiffen, die normalerweise zu internationalen Reisen verwendet werden, müssen mindestens auf Englisch ausgestellt werden.

5610

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B1.2

Ärztliches Zeugnis

Leitlinie B1.2.1

Internationale Leitlinien

1. Die zuständigen Stellen, Ärzte, Prüfer, Reeder, Seeleutevertreter und alle anderen Personen, die mit ärztlichen Tauglichkeitsuntersuchungen von aktiven und angehenden Seeleuten zu tun haben, sollten die IAA/WHO-Richtlinien für die Durchführung von Tauglichkeitsuntersuchungen für Seeleute vor Aufnahme der Beschäftigung auf See und in regelmässigen Zeitabständen, einschliesslich aller späterer Neufassungen, und alle sonstigen von der Internationalen Arbeitsorganisation, der Internationalen Seeschifffahrts- Organisation und der Weltgesundheitsorganisation veröffentlichten einschlägigen internationalen Richtlinien berücksichtigen.

Regel 1.3

Ausbildung und Befähigungen

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute für die vereinbarte Tätigkeit ausgebildet oder befähigt sind 1. Um an Bord eines Schiffes zu arbeiten, müssen Seeleute für ihre Aufgaben ausgebildet sein oder die erforderlichen Befähigungsnachweise besitzen oder in sonstiger Weise qualifiziert sein.

2. Seeleuten darf die Tätigkeit auf einem Schiff nicht gestattet werden, solange sie keinen Schiffssicherheitslehrgang erfolgreich abgeschlossen haben.

3. Die in Übereinstimmung mit den verbindlichen Instrumenten der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation durchgeführten Ausbildungen und ausgestellten Befähigungsnachweise erfüllen die Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 dieser Regel.

4. Jedes Mitglied, das zum Zeitpunkt seiner Ratifikation dieses Übereinkommens durch das Übereinkommen (Nr. 74) über die Befähigungsausweise der Vollmatrosen, 1946, gebunden war, hat die Verpflichtungen aus jenem Übereinkommen weiterhin zu erfüllen, bis von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation verbindliche Bestimmungen über dessen Gegenstand angenommen worden und in Kraft getreten sind, oder bis fünf Jahre seit dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens gemäss Artikel VIII Absatz 3 vergangen sind, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.

Regel 1.4

Anwerbung und Arbeitsvermittlung

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute Zugang zu einem wirksamen und gut geregelten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungssystem haben 1. Alle Seeleute müssen Zugang zu einem wirksamen, angemessenen und transparenten System haben, das es ihnen ermöglicht, für sie unentgeltlich eine Beschäftigung auf einem Schiff zu finden.

2. Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Seeleute, die im Hoheitsgebiet eines Mitglieds tätig sind, haben den im Code enthaltenen Normen zu entsprechen.

5611

Seearbeitsübereinkommen 2006

3. Jedes Mitglied hat in Bezug auf Seeleute, die auf Schiffen unter seiner Flagge tätig sind, vorzuschreiben, dass Reeder, die Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Seeleute in Anspruch nehmen, die sich in Ländern oder Gebieten befinden, in denen dieses Übereinkommen nicht durchgeführt wird, sicherstellen, dass diese Dienste den im Code enthaltenen Anforderungen entsprechen.

Norm A1.4

Anwerbung und Arbeitsvermittlung

1. Jedes Mitglied, das einen öffentlichen Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienst betreibt, hat sicherzustellen, dass der Dienst in ordnungsgemässer Weise betrieben wird und dass von ihm die in dem Übereinkommen vorgesehenen Beschäftigungsrechte der Seeleute geschützt und gefördert werden.

2. Falls im Hoheitsgebiet eines Mitglieds private Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste tätig sind, deren Hauptzweck die Anwerbung und Vermittlung von Seeleuten ist oder die eine erhebliche Anzahl von Seeleuten anwerben und vermitteln, dürfen Übereinstimmung mit einem vereinheitlichten Bewilligungs- oder Zulassungssystem oder einer anderen Art der Regulierung betrieben werden. Dieses System darf nur nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute eingerichtet, geändert oder umgestellt werden. Im Zweifelsfall hat die zuständige Stelle jedes Mitglieds nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute zu entscheiden, ob dieses Übereinkommen auf private Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste Anwendung findet. Eine übermässige Ausbreitung solcher privater Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste darf nicht gefördert werden.

3. Die Bestimmungen von Absatz 2 dieser Norm gelten auch, soweit sie von der zuständigen Stelle in Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute als angemessen beurteilt werden, im Fall von Anwerbungsund Arbeitsvermittlungsdiensten, die von einem Seeleuteverband im Gebiet eines Mitglieds zur Vermittlung von Seeleuten, die Staatsangehörige dieses Mitglieds sind, auf Schiffen unter seiner Flagge betrieben werden. Die Dienste, für die dieser Absatz gilt, sind diejenigen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a)

der Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienst wird gemäss einem zwischen diesem Verband und einem Reeder geschlossenen Gesamtarbeitsvertrag betrieben;

b)

sowohl der Seeleuteverband als auch der Reeder sind im Gebiet des Mitglieds ansässig;

c)

das Mitglied verfügt über innerstaatliche Rechtsvorschriften oder ein Verfahren für die Genehmigung oder Eintragung des Gesamtarbeitsvertrags, die den Betrieb des Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienstes gestatten;

d)

der Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienst wird ordnungsgemäss betrieben, und es bestehen Massnahmen zum Schutz und zur Förderung der Beschäftigungsrechte der Seeleute, die jenen vergleichbar sind, die in Absatz 5 dieser Norm vorgesehen sind.

5612

Seearbeitsübereinkommen 2006

4. Die Bestimmungen dieser Norm oder der Regel 1.4 sind nicht so auszulegen, als a)

hinderten sie ein Mitglied an der Aufrechterhaltung eines unentgeltlichen öffentlichen Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienstes für Seeleute im Rahmen einer Politik zur Befriedigung der Bedürfnisse der Seeleute und der Reeder, gleich ob der Dienst Teil eines öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienstes für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist oder mit diesem koordiniert ist; oder

b)

verpflichteten sie ein Mitglied zur Einrichtung eines Systems von privaten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdiensten in seinem Hoheitsgebiet.

5. Ein Mitglied, das ein in Absatz 2 dieser Norm genanntes System einrichtet, hat durch seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder durch andere Massnahmen mindestens a)

zu verbieten, dass die Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste Mittel, Verfahren oder Listen verwenden, die dazu bestimmt sind, Seeleute an der Erlangung einer Beschäftigung, für die sie qualifiziert sind, zu hindern oder sie davon abzuhalten;

b)

zu verlangen, dass von den Seeleuten weder unmittelbar noch mittelbar Gebühren oder sonstige Kosten für die Anwerbung oder Beschäftigung von Seeleuten ganz oder teilweise zu tragen sind, mit Ausnahme der Kosten für die Beschaffung eines nationalen gesetzlich vorgeschriebenen ärztlichen Zeugnisses, des nationalen Seefahrtbuchs und eines Reisepasses oder ähnlichen persönlichen Reiseausweises, nicht jedoch die Kosten für Visa, die vom Reeder zu tragen sind;

c)

sicherzustellen, dass die in seinem Hoheitsgebiet tätigen Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste: i) ein auf dem neuesten Stand befindliches Verzeichnis aller durch sie angeworbenen oder vermittelten Seeleute führen, das der zuständigen Stelle zur Prüfung zugänglich sein muss; ii) gewährleisten, dass die Seeleute über ihre Rechte und Pflichten aufgrund ihres Beschäftigungsvertrags vor oder während der Einstellung informiert werden und dass entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, damit die Seeleute ihre Beschäftigungsverträge vor und nach der Unterzeichnung prüfen können und damit sie eine Kopie der Beschäftigungsverträge erhalten; iii) sich vergewissern, dass alle durch sie angeworbenen oder vermittelten Seeleute qualifiziert sind, die für die betreffende Tätigkeit erforderlichen Dokumente besitzen und die Beschäftigungsverträge den geltenden Rechtsvorschriften und einem etwaigen Gesamtarbeitsvertrag, der Bestandteil des Beschäftigungsvertrags ist, entsprechen; iv) soweit praktisch durchführbar sicherstellen, dass der Reeder die Mittel hat, um die Seeleute davor zu schützen, dass sie in einem ausländischen Hafen zurückgelassen werden;

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Seearbeitsübereinkommen 2006

v)

jede Beschwerde betreffend ihre Tätigkeiten prüfen und darauf reagieren und die zuständige Stelle von jeder nicht geregelten Beschwerde in Kenntnis setzen; vi) ein Schutzsystem mittels einer Versicherung oder einer gleichwertigen geeigneten Massnahme einrichten, um Seeleute für finanzielle Verluste zu entschädigen, die ihnen infolge des Versäumnisses eines Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienstes oder des betreffenden Reeders aufgrund des Beschäftigungsvertrags für Seeleute, seine Verpflichtungen ihnen gegenüber zu erfüllen, entstehen können.

6. Die zuständige Stelle hat alle im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitglieds tätigen Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste genau zu überwachen und zu kontrollieren. Konzessionen oder Bewilligungen oder ähnliche Zulassungen für die Tätigkeiten von privaten Diensten im Hoheitsgebiet werden erst erteilt oder erneuert, nachdem festgestellt worden ist, dass der betreffende Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienst für Seeleute den Anforderungen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften entspricht.

7. Die zuständige Stelle hat sicherzustellen, dass angemessene Einrichtungen und Verfahren für die Untersuchung, falls erforderlich, von Beschwerden über die Tätigkeiten von Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdiensten bestehen, an denen gegebenenfalls Vertreter der Reeder und der Seeleute beteiligt werden.

8. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, hat seine Staatsangehörigen nach Möglichkeit über die Probleme zu unterrichten, die sich bei der Anheuerung auf einem Schiff ergeben können, das die Flagge eines Staats führt, der das Übereinkommen nicht ratifiziert hat, bis es die Gewissheit hat, dass Normen angewendet werden, die den in diesem Übereinkommen festgelegten gleichwertig sind.

Die von dem Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, zu diesem Zweck getroffenen Massnahmen dürfen mit dem Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, wie er in den gegebenenfalls für beide beteiligten Staaten verbindlichen Verträgen niedergelegt ist, nicht im Widerspruch stehen.

9. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, hat vorzuschreiben, dass Reeder von Schiffen unter seiner Flagge, die Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Seeleute mit Sitz in Ländern oder Gebieten nutzen, in denen dieses Übereinkommen nicht durchgeführt
wird, soweit wie möglich sicherstellen, dass diese Dienste den Anforderungen dieser Norm entsprechen.

10. Diese Norm ist nicht so auszulegen, als würden dadurch die Pflichten und Verantwortlichkeiten des Reeders oder eines Mitglieds hinsichtlich der Schiffe unter seiner Flagge verringert.

Leitlinie B1.4

Anwerbung und Arbeitsvermittlung

Leitlinie B1.4.1

Organisatorische und operative Leitlinien

1. Bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach der Norm A1.4 Absatz 1 sollte die zuständige Stelle erwägen:

5614

Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdiensten zu fördern, gleich ob es sich um öffentliche oder private Dienste handelt;

b)

bei der Entwicklung von Ausbildungsprogrammen für Seeleute, die Teil der für den sicheren Schiffsbetrieb und die Verhütung von Umweltverschmutzungen zuständigen Schiffsbesatzung sind, den Bedürfnissen der Seeschifffahrt sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene unter Beteiligung der Reeder, der Seeleute und der in Frage kommenden Ausbildungseinrichtungen Rechnung zu tragen;

c)

geeignete Vorkehrungen für die Mitarbeit der repräsentativen Verbände der Reeder und der Seeleute an der Organisation und Tätigkeit der öffentlichen Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste zu treffen, soweit solche bestehen;

d)

unter gebührender Berücksichtigung des Rechts auf Privatsphäre und der Notwendigkeit des Schutzes der Vertraulichkeit die Bedingungen festzulegen, unter denen persönliche Daten von Seeleuten durch Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste verarbeitet werden dürfen, einschliesslich der Sammlung, Speicherung und Verknüpfung solcher Daten sowie ihrer Weitergabe an Dritte;

e)

über ein Verfahren für die Sammlung und Analyse aller einschlägigen Informationen über den Arbeitsmarkt für Seeleute zu verfügen, einschliesslich des derzeitigen und des voraussichtlichen Angebots an Seeleuten, die als Besatzungsmitglieder arbeiten, gegliedert nach Alter, Geschlecht, Dienstgrad und Qualifikationen sowie den Erfordernissen des Seeschifffahrtssektors, wobei die Sammlung von Daten über Alter und Geschlecht nur für statistische Zwecke oder zur Verwendung im Rahmen eines Programms zur Verhütung von Diskriminierung aufgrund des Alters oder des Geschlechts zulässig ist;

f)

sicherzustellen, dass das Personal, das verantwortlich ist für die Beaufsichtigung der öffentlichen und privaten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Besatzungsmitglieder, die für den sicheren Schiffsbetrieb und die Verhütung von Umweltverschmutzungen verantwortlich sind, eine angemessene Ausbildung besitzt, samt anerkannter Seefahrtzeiten und einschlägiger Kenntnisse über den Seeschifffahrtssektor, einschliesslich der internationalen Seeschifffahrtsinstrumente über Ausbildung, Befähigungsnachweise und Arbeitsnormen;

g)

für diese Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste Tätigkeitsnormen vorzuschreiben oder zu genehmigen und die Annahme von Verhaltens- und Ehrenkodizes zu fördern;

h)

eine fortlaufende Aufsicht des Genehmigungs- oder Zertifizierungssystems auf der Grundlage eines Systems von Qualitätsnormen zu fördern.

2. Bei der Einrichtung des in der Norm A1.4 Absatz 2 genannten Systems sollte jedes Mitglied erwägen, von den in seinem Hoheitsgebiet eingerichteten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdiensten zu verlangen, dass sie nachprüfbare Verfah5615

Seearbeitsübereinkommen 2006

ren entwickeln und aufrechterhalten. Diese Verfahren für private Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Seeleute und, soweit anwendbar für öffentliche Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Seeleute, sollten sich auf Folgendes erstrecken: a)

ärztliche Untersuchungen, Ausweise für Seeleute und sonstige Formalitäten, die sie erfüllen müssen, um eine Beschäftigung zu erhalten;

b)

Führung vollständiger Unterlagen über die durch ihr Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungssystem erfassten Seeleute, unter gebührender Berücksichtigung des Rechts auf Privatsphäre und der Notwendigkeit des Schutzes der Vertraulichkeit, die mindestens Folgendes umfassen sollten: i) Qualifikationen der Seeleute; ii) Beschäftigungsnachweise; iii) beschäftigungsrelevante persönliche Angaben; iv) beschäftigungsrelevante medizinische Angaben;

c)

Führung auf dem neuesten Stand befindlicher Listen der Schiffe, für die die Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste Seeleute vermitteln, und Sicherstellung, dass die Möglichkeit besteht, die Dienste in einem Notfall jederzeit zu erreichen;

d)

Verfahren, die sicherstellen, dass Seeleute von den Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdiensten für Seeleute oder deren Personal nicht ausgebeutet werden in Bezug auf das Angebot einer Anstellung auf bestimmten Schiffen oder bei bestimmten Unternehmen;

e)

Verfahren, die verhindern, dass durch die Zahlung von Heuervorschüssen oder irgendwelche anderen finanziellen Transaktionen zwischen dem Reeder und den Seeleuten, die über ihn abgewickelt werden, Möglichkeiten zur Ausbeutung von Seeleuten entstehen;

f)

klare Angabe der Kosten, sofern solche entstehen, die von den Seeleuten im Zusammenhang mit dem Anwerbungsverfahren zu tragen sind;

g)

Sicherstellung, dass die Seeleute über alle besonderen Bedingungen, die für die Tätigkeit gelten, für die sie eingestellt werden sollen, und über besondere Reederpolitiken in Bezug auf ihre Beschäftigung unterrichtet werden;

h)

Verfahren für die Behandlung von Fällen von Unfähigkeit oder Disziplinlosigkeit, die mit den Grundsätzen von Recht und Billigkeit, mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis und gegebenenfalls mit den Gesamtarbeitsverträgen im Einklang stehen;

i)

Verfahren, die sicherstellen, soweit dies praktisch möglich ist, dass alle im Hinblick auf die Beschäftigung vorgelegten obligatorischen Befähigungsnachweise und ärztlichen Bescheinigungen der Seeleute dem neuesten Stand entsprechen und nicht auf betrügerische Weise erlangt worden sind und dass berufliche Referenzen nachgeprüft werden;

j)

Verfahren, die sicherstellen, dass Ersuchen um Informationen oder Rat durch die Familien von Seeleuten, während die Seeleute auf See sind, unverzüglich, wohlwollend und unentgeltlich behandelt werden;

5616

Seearbeitsübereinkommen 2006

k)

Nachprüfung, dass die Arbeitsbedingungen auf den Schiffen, auf die Seeleute vermittelt werden, den anwendbaren, zwischen einem Reeder und einem repräsentativen Verband der Seeleute geschlossenen Gesamtarbeitsverträgen entsprechen, und Vermittlung von Seeleuten grundsätzlich nur an Reeder, die den Seeleuten Beschäftigungsbedingungen bieten, die den geltenden Rechtsvorschriften oder Gesamtarbeitsverträgen entsprechen.

3. Es sollte erwogen werden, die internationale Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern und den in Betracht kommenden Organisationen zu fördern, beispielsweise: a)

den systematischen Informationsaustausch über den Seeschifffahrtssektor und den Arbeitsmarkt für Seeleute auf bilateraler, regionaler und multilateraler Basis;

b)

den Informationsaustausch über die Seearbeitsgesetzgebung;

c)

die Harmonisierung der Politiken, der Arbeitsmethoden und der Gesetzgebung, die für die Anwerbung und Arbeitsvermittlung von Seeleuten massgeblich sind;

d)

die Verbesserung der Verfahren und Bedingungen für die internationale Anwerbung und Arbeitsvermittlung von Seeleuten;

e)

die Arbeitskräfteplanung unter Berücksichtigung des Angebots an Seeleuten und der Nachfrage nach Seeleuten sowie der Bedürfnisse des Seeschifffahrtssektors.

Titel 2 Beschäftigungsbedingungen Regel 2.1

Beschäftigungsverträge für Seeleute

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute einen angemessenen Beschäftigungsvertrag haben 1. Die Beschäftigungsbedingungen der Seeleute sind in einer schriftlichen Vereinbarung, die in verständlicher und rechtlich durchsetzbarer Form abzufassen ist, aufzuführen oder es ist darauf Bezug zu nehmen, und sie haben den Normen im Code zu entsprechen.

2. Die Seeleute müssen in der Lage sein, die Bedingungen in ihren Beschäftigungsverträgen vor deren Unterzeichnung zu prüfen, Rat hierzu einzuholen und über deren Annahme frei zu entscheiden.

3. In dem Umfang, wie dies mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis des Mitglieds vereinbar ist, sind anwendbare Gesamtarbeitsverträge in die Beschäftigungsverträge für Seeleute einzubeziehen.

Norm A2.1

Beschäftigungsverträge für Seeleute

1. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften jedes Mitglieds haben vorzuschreiben, dass Schiffe unter seiner Flagge folgende Anforderungen zu erfüllen haben: 5617

Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge müssen über einen von den Seeleuten und dem Reeder oder einem Vertreter des Reeders unterzeichneten Beschäftigungsvertrag für Seeleute (oder, wenn sie keine Arbeitnehmer sind, Nachweise über vertragliche oder ähnliche Vereinbarungen) verfügen, der angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord vorsieht, wie sie dieses Übereinkommen verlangt;

b)

Seeleuten, die einen Beschäftigungsvertrag für Seeleute unterschreiben, muss Gelegenheit gegeben werden, dessen Bedingungen zuvor zu prüfen, Rat hierzu einzuholen sowie andere Hilfen in Anspruch zu nehmen, durch die sichergestellt wird, dass sie freiwillig eine Vereinbarung eingegangen sind und von ihren Rechten und Pflichten ausreichend Kenntnis genommen haben;

c)

der Reeder und die Seeleute müssen jeweils im Besitz eines unterzeichneten Originals des Beschäftigungsvertrags für Seeleute sein;

d)

Massnahmen sind zu treffen, durch die sichergestellt ist, dass die Seeleute, einschliesslich des Kapitäns, an Bord auf einfache Weise klare Informationen über ihre Beschäftigungsbedingungen erhalten können und dass diese Informationen, einschliesslich einer Kopie des Beschäftigungsvertrags für Seeleute, auch für eine Einsichtnahme durch Bedienstete der zuständigen Stelle, einschliesslich solcher in den anzulaufenden Häfen, zur Verfügung stehen;

e)

Seeleuten ist eine Bescheinigung über ihren Dienst an Bord des Schiffes auszuhändigen.

2. Soweit der Beschäftigungsvertrag für Seeleute ganz oder teilweise auf einem Gesamtarbeitsvertrag basiert, hat ein Abdruck dieses Vertrags an Bord verfügbar zu sein. Soweit der Beschäftigungsvertrag für Seeleute und jeder anwendbare Gesamtarbeitsvertrag nicht in englischer Sprache abgefasst sind, muss Folgendes auch in englischer Übersetzung vorliegen (mit Ausnahme von Schiffen, die nur in der Inlandfahrt eingesetzt sind): a)

ein Exemplar eines Mustervertrags;

b)

die Teile des Gesamtarbeitsvertrags, die nach Regel 5.2 der Hafenstaatkontrolle unterliegen.

3. Die in Absatz 1 Buchstabe e) dieser Norm genannte Bescheinigung darf keine Beurteilung der Arbeitsleistungen der Seeleute und keine Angaben über ihre Heuern enthalten. Die Form dieser Bescheinigung, die darin vorzunehmenden Eintragungen und die Art, wie diese Eintragungen zu erfolgen haben, bestimmen sich nach der innerstaatlichen Gesetzgebung.

4. Jedes Mitglied hat in seinen Rechtsvorschriften die Angaben vorzuschreiben, die in den seinem innerstaatlichen Recht unterliegenden Beschäftigungsverträgen für Seeleute enthalten sein müssen. Beschäftigungsverträge für Seeleute müssen in jedem Falle die folgenden Angaben enthalten: a)

5618

den vollständigen Namen der Seeleute, ihr Geburtsdatum oder Alter und ihren Geburtsort;

Seearbeitsübereinkommen 2006

b)

Name und Anschrift des Reeders;

c)

den Ort und das Datum, an dem der Beschäftigungsvertrag abgeschlossen ist;

d)

die Tätigkeiten, für die die Seeleute eingestellt werden;

e)

die Höhe der Heuer der Seeleute oder gegebenenfalls die für ihre Berechnung zugrunde gelegte Formel;

f)

den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub oder gegebenenfalls die für seine Berechnung zugrunde gelegte Formel;

g)

die Beendigung des Vertrags und deren Voraussetzungen, insbesondere: i) wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen ist, die Voraussetzungen, die jede Partei zur Kündigung berechtigen, sowie die massgebliche Kündigungsfrist, wobei die Frist für die Kündigung durch den Reeder nicht kürzer sein darf als die für die Kündigung durch die Seeleute; ii) wenn der Vertrag auf bestimmte Zeit geschlossen ist, den Tag des Ablaufs des Vertrags; iii) wenn der Vertrag für eine Reise geschlossen ist, den Bestimmungshafen und die Angabe der Frist nach Ankunft, nach deren Ablauf die Seeleute abmustern können;

h)

die Leistungen des Gesundheitsschutzes und der Sozialen Sicherheit, die der Reeder den Seeleuten zu gewähren hat;

i)

den Heimschaffungsanspruch der Seeleute;

j)

gegebenenfalls die Verweisung auf den Gesamtarbeitsvertrag;

k)

alle sonstigen Angaben, die durch innerstaatliche Rechtsvorschriften vorgeschrieben sind.

5. Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen, in denen Mindestkündigungsfristen für die vorzeitige Beendigung eines Beschäftigungsvertrags für Seeleute durch die Seeleute und den Reeder festgelegt werden. Die Dauer dieser Fristen ist nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute zu bestimmen; sie darf jedoch nicht kürzer sein als sieben Tage.

6. Eine kürzere Frist als die Mindestkündigungsfrist ist unter Bedingungen möglich, die nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder anwendbaren Gesamtarbeitsverträgen die Beendigung des Beschäftigungsvertrags mit kürzerer Kündigungsfrist oder ohne Kündigungsfrist rechtfertigen. Bei der Festlegung dieser Umstände hat jedes Mitglied sicherzustellen, dass die Notwendigkeit für Seeleute, den Beschäftigungsvertrag mit kürzerer Kündigungsfrist oder ohne Kündigungsfrist wegen dringender Familienangelegenheiten oder aus anderen dringenden Gründen ohne Sanktion zu beenden, berücksichtigt wird.

5619

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B2.1

Beschäftigungsverträge für Seeleute

Leitlinie B2.1.1

Dienstbescheinigung

1. Bei Festlegung der Angaben, die in die Dienstbescheinigung nach der Norm A2.1 Absatz 1 Buchstabe e) aufzunehmen sind, sollte jedes Mitglied sicherstellen, dass dieses Dokument ausreichende Informationen enthält, mit einer englischen Übersetzung, damit die Suche nach einer neuen Arbeit oder der Nachweis über Seefahrtzeiten für die Erlangung einer höheren Einstufung oder Beförderung erleichtert wird.

Die Anforderungen von Absatz 1 Buchstabe e) dieser Norm können durch ein Seemannsarbeitsbuch erfüllt werden.

Regel 2.2

Heuern

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute für ihre Arbeit eine Vergütung erhalten 1. Alle Seeleute haben für ihre Arbeit die in ihren Beschäftigungsverträgen vereinbarte Heuer regelmässig und in voller Höhe zu erhalten.

Norm A2.2

Heuern

1. Jedes Mitglied hat vorzusehen, dass Seeleute, die auf Schiffen unter seiner Flagge arbeiten, nicht in grösseren als monatlichen Zeitabständen und im Einklang mit anwendbaren Gesamtarbeitsverträgen ihre Heuern erhalten.

2. Seeleute haben eine monatliche Abrechnung über die fälligen und die tatsächlich erfolgten Zahlungen zu erhalten, einschliesslich der Heuern, zusätzlicher Vergütungen und des Wechselkurses, sofern die Zahlungen in einer anderen Währung oder zu einem anderen Kurs als vereinbart erfolgen.

3. Jedes Mitglied hat vorzusehen, dass die Reeder entsprechend von Absatz 4 dieser Norm Vorkehrungen dafür treffen, dass die Seeleute ihre Heuern oder Teile hiervon an ihre Familien oder Unterhaltsberechtigten oder an gesetzlich Begünstigte überweisen können.

4. Zu den Massnahmen, durch die sicherzustellen ist, dass Seeleute ihre Heuern oder Teile hiervon an ihre Familien überweisen können, gehören: a)

ein System, wonach Seeleute, wenn sie dies wünschen, bei Beginn oder während des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses anweisen können, dass ein Teil ihrer Heuern in regelmässigen Abständen durch Banküberweisung oder auf andere Weise an ihre Familien überwiesen werden soll;

b)

das Erfordernis, dass die betreffenden Beträge rechtzeitig und unmittelbar an die bezeichnete Person oder bezeichneten Personen überwiesen werden sollten.

5. Etwaige Gebühren für die Dienstleistung nach den Absätzen 3 und 4 dieser Norm müssen angemessen sein, und der Wechselkurs hat, sofern nichts anderes bestimmt wird, im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften dem aktuellen Wechselkurs oder dem veröffentlichten amtlichen Kurs zu entsprechen und darf für die Seeleute nicht unvorteilhaft sein.

5620

Seearbeitsübereinkommen 2006

6. Jedes Mitglied hat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die Heuern der Seeleute die Anleitung in Teil B des Codes gebührend zu berücksichtigen.

Leitlinie B2.2

Heuern

Leitlinie B2.2.1

Besondere Begriffsbestimmungen

1. Im Sinne dieser Leitlinie bedeutet der Begriff: a)

Vollmatrose alle Seeleute, die als befähigt zur Erfüllung jeder Tätigkeit mit Ausnahme von leitenden oder Spezialaufgaben gelten, die von einem Mitglied des Decksdienstes gefordert werden kann, oder alle Seeleute, die gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Praktiken oder gemäss Gesamtarbeitsvertrag als Vollmatrosen definiert sind;

b)

Grundentgelt oder Grundheuer das Entgelt für die Normalarbeitszeit unabhängig von seiner Zusammensetzung; es schliesst Überstundenvergütungen, Prämien, Zulagen, Urlaubsentgelt oder sonstige zusätzliche Entgelte nicht mit ein;

c)

Festheuer ein Entgelt, das die Grundheuer und andere entgeltbezogene Leistungen einschliesst; eine Festheuer kann die Vergütung aller geleisteten Überstunden und alle anderen entgeltbezogenen Leistungen einschliessen, oder sie kann als Teilfestheuer nur bestimmte Leistungen einschliessen;

d)

Arbeitszeit die Zeit, während der die Seeleute Arbeit für das Schiff verrichten müssen;

e)

Überstunden die über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitszeit.

Leitlinie B2.2.2

Berechnung und Zahlung

1. Für Seeleute, deren Entgelt eine gesonderte Vergütung für geleistete Überstundenarbeit einschliesst, a)

sollte für die Zwecke der Berechnung der Heuern die Normalarbeitszeit auf See und im Hafen acht Stunden täglich nicht überschreiten;

b)

sollte für die Zwecke der Berechnung der Überstunden die durch das Grundentgelt oder die Grundheuer abgedeckte wöchentliche Normalarbeitszeit durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgeschrieben werden, wenn sie nicht durch Gesamtarbeitsverträge festgesetzt ist; sie sollte aber 48 Stunden pro Woche nicht überschreiten; Gesamtarbeitsverträge können eine andere, aber keine ungünstigere Behandlung vorsehen;

c)

sollte die Überstundenvergütung, die mindestens 125 Prozent des Grundentgelts oder der Grundheuer für eine Normalarbeitsstunde betragen sollte, durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder durch Gesamtarbeitsverträge vorgeschrieben werden;

d)

sollten Nachweise über alle geleisteten Überstunden vom Kapitän oder von einer vom Kapitän beauftragten Person geführt und von den Seeleuten in nicht grösseren als monatlichen Zeitabständen schriftlich bestätigt werden.

5621

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Für Seeleute mit einer Festheuer oder einer Teilfestheuer: a)

sollte der Beschäftigungsvertrag für Seeleute gegebenenfalls klar die Zahl der Arbeitsstunden angeben, die von den Seeleuten als Gegenleistung für dieses Entgelt erwartet werden, sowie alle weiteren Zulagen, die zusätzlich zu der Festheuer fällig sein könnten, und unter welchen Umständen;

b)

falls über die durch die Festheuer abgedeckte Arbeitszeit hinaus geleistete Überstunden abgegolten werden, sollte die Überstundenvergütung mindestens 125 Prozent der Vergütung entsprechend der Normalarbeitsstunde im Sinne von Absatz 1 dieser Leitlinie betragen; der gleiche Grundsatz sollte auf die in der Festheuer enthaltenen Überstunden angewendet werden;

c)

sollte das Entgelt für denjenigen Teil der Festheuer oder Teilfestheuer, der die Normalarbeitszeit im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a) dieser Leitlinie ausmacht, nicht unter der geltenden Mindestheuer liegen;

d)

sollten für Seeleute mit einer Teilfestheuer Nachweise aller geleisteten Überstunden geführt und schriftlich bestätigt werden, wie in Absatz 1 Buchstabe d) dieser Leitlinie vorgesehen.

3. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder die Gesamtarbeitsverträge können die Vergütung von Überstunden oder von am wöchentlichen Ruhetag oder an Feiertagen geleisteter Arbeit durch mindestens entsprechende Freizeit ausserhalb des Schiffes oder durch zusätzlichen Urlaub anstelle eines Entgelts oder jeder anderen gewährten Vergütung vorsehen.

4. Die nach Anhörung der repräsentativen Verbände der Reeder und der Seeleute erlassenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder, je nach den Umständen, die Gesamtarbeitsverträge sollten die folgenden Grundsätze berücksichtigen: a)

der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit sollte für alle auf demselben Schiff beschäftigten Seeleute ohne Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der nationalen Abstammung oder der sozialen Herkunft gelten;

b)

der Beschäftigungsvertrag für Seeleute mit den vereinbarten Heuern oder Heuersätzen sollte an Bord mitgeführt werden; alle Seeleute sollten über den Betrag der Heuern oder der Heuersätze informiert werden, entweder indem den Seeleuten mindestens eine unterzeichnete Kopie der einschlägigen Informationen in einer ihnen verständlichen Sprache ausgehändigt oder indem eine Kopie des Vertrags an einem der Besatzung zugänglichen Ort ausgehängt wird, oder durch andere geeignete Mittel;

c)

die Heuern sollten in einer gesetzlichen Währung gezahlt werden; sie können gegebenenfalls durch Banküberweisung, Bankscheck, Postscheck oder Zahlungsanweisung gezahlt werden;

d)

bei Beendigung des Heuerverhältnisses sollte das gesamte fällige Entgelt ohne übermässige Verzögerung ausgezahlt werden;

5622

Seearbeitsübereinkommen 2006

e)

angemessene Sanktionen oder andere geeignete Abhilfemassnahmen sollten von der zuständigen Stelle verhängt werden, falls die Reeder die volle Zahlung des geschuldeten Entgelts über Gebühr verzögern oder unterlassen;

f)

die Heuern sollten auf das von den Seeleuten angegebene Bankkonto eingezahlt werden, es sei denn, sie haben schriftlich einen anderen Wunsch geäussert;

g)

vorbehaltlich Buchstabe h) dieses Absatzes sollte der Reeder die Verfügungsfreiheit der Seeleute über ihr Entgelt in keiner Weise einschränken;

h)

Abzüge vom Entgelt sollten nur dann gestattet sein, wenn i) dies in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder in einem anwendbaren Gesamtarbeitsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist und die Seeleute in der nach Ansicht der zuständigen Stelle zweckmässigsten Weise über die Bedingungen für solche Abzüge informiert worden sind; ii) sie insgesamt die Grenze nicht überschreiten, die durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder durch Gesamtarbeitsverträge oder gerichtliche Entscheidungen für solche Abzüge festgesetzt worden ist;

i)

vom Entgelt der Seeleute sollten keine Abzüge für die Erlangung oder Beibehaltung einer Beschäftigung vorgenommen werden;

j)

andere als nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gesamtarbeitsverträgen oder anderen Massnahmen zulässige Geldstrafen gegen Seeleute sollte untersagt sein;

k)

die zuständige Stelle sollte das Recht haben, die Läden und Dienstleistungen an Bord zu überprüfen, um sicherzustellen, dass angemessene und vernünftige Preise zum Vorteil der betreffenden Seeleute verlangt werden;

l)

soweit Heuerforderungen der Seeleute und sonstige ihnen aufgrund ihrer Beschäftigung geschuldete Beträge nicht gemäss den Bestimmungen des Internationalen Übereinkommens über Schiffspfandrechte und Schiffshypotheken, 1993, gesichert sind, sollten solche Forderungen gemäss dem Übereinkommen (Nr. 173) über den Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers, 1992, geschützt werden.

5. Jedes Mitglied sollte nach Beratung mit den repräsentativen Verbänden der Reeder und der Seeleute Verfahren zur Untersuchung von Beschwerden über jede in dieser Leitlinie behandelte Angelegenheit einführen.

Leitlinie B2.2.3

Mindestheuern

1. Unbeschadet des Grundsatzes freier Kollektivverhandlungen sollte jedes Mitglied nach Anhörung der repräsentativen Verbände der Reeder und der Seeleute Verfahren zur Festsetzung der Mindestheuern für Seeleute festlegen. Die repräsentativen Verbände der Reeder und der Seeleute sollten bei diesen Verfahren mitwirken.

2. Bei der Festlegung solcher Verfahren und bei der Festsetzung von Mindestheuern sollten die internationalen Arbeitsnormen über die Festsetzung von Mindestlöhnen sowie die folgenden Grundsätze gebührend beachtet werden: 5623

Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

die Höhe der Mindestheuern sollte der Art der Beschäftigung auf See, der Besatzungsstärke der Schiffe und der Normalarbeitszeit der Seeleute Rechnung tragen;

b)

die Höhe der Mindestheuern sollte angepasst werden, um Veränderungen in den Lebenshaltungskosten und in den Bedürfnissen der Seeleute Rechnung zu tragen.

3. Die zuständige Stelle sollte: a)

durch ein System von Überwachung und Zwangsmassnahmen sicherstellen, dass die gezahlten Heuern nicht niedriger sind als der oder die festgesetzten Sätze;

b)

sicherstellen, dass Seeleute, die ein unter dem Mindestsatz liegendes Entgelt erhalten haben, die ihnen zustehenden Restbeträge im Wege eines kostengünstigen und zügigen gerichtlichen oder anderen Verfahrens eintreiben können.

Leitlinie B2.2.4

Monatliches Mindestentgelt oder Mindestgrundheuer für Vollmatrosen

1. Das Grundentgelt oder die Grundheuer eines Vollmatrosen für einen Kalenderdienstmonat sollte den Betrag nicht unterschreiten, der in regelmässigen Zeitabständen vom Paritätischen Seeschifffahrtsausschuss oder von einem anderen vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hierzu ermächtigten Gremium festgesetzt wird. Auf Beschluss des Verwaltungsrats hat der Generaldirektor den Mitgliedern der Organisation jede Änderung des Betrags mitzuteilen.

2. Diese Leitlinie sollte nicht so ausgelegt werden, als würden dadurch Vereinbarungen zwischen den Reedern oder ihren Verbänden und den Seeleuteverbänden bezüglich der Regelung der Standard-Mindestbeschäftigungsbedingungen beeinträchtigt, vorausgesetzt, dass diese Bedingungen von der zuständigen Stelle anerkannt werden.

Regel 2.3

Arbeitszeiten und Ruhezeiten

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute geregelte Arbeits- und Ruhezeiten haben 1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass die Arbeitszeiten oder Ruhezeiten für Seeleute geregelt sind.

2. Jedes Mitglied hat Höchstarbeitszeiten oder Mindestruhezeiten über bestimmte Zeiträume festzusetzen, die mit den Bestimmungen im Code in Einklang stehen.

Norm A2.3

Arbeitszeiten und Ruhezeiten

1. Im Sinne dieser Norm bedeutet der Begriff: a)

Arbeitszeit die Zeit, während der Seeleute Arbeit für das Schiff verrichten müssen;

b)

Ruhezeit die Zeit ausserhalb der Arbeitszeit; dieser Ausdruck schliesst kurze Pausen nicht mit ein.

5624

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Innerhalb der in den Absätzen 5 bis 8 dieser Norm angegebenen Grenzen hat jedes Mitglied entweder eine Höchstarbeitszeit, die in einem gegebenen Zeitraum nicht überschritten werden darf, oder eine Mindestruhezeit, die in einem gegebenen Zeitraum zu gewähren ist, festzulegen.

3. Jedes Mitglied erkennt an, dass die Norm für die Normalarbeitszeit für Seeleute wie die für andere Arbeitnehmer auf einem Achtstundentag mit einem wöchentlichen Ruhetag und Arbeitsruhe an Feiertagen zu beruhen hat. Dies hindert das Mitglied jedoch nicht daran, Verfahren zur Genehmigung oder Registrierung eines Gesamtarbeitsvertrags anzunehmen, der die Normalarbeitszeit der Seeleute auf einer Grundlage festlegt, die nicht weniger günstig ist als diese Norm.

4. Bei der Festlegung der nationalen Normen hat jedes Mitglied die Gefahren, die von der Übermüdung von Seeleuten ausgehen, insbesondere bei denen, deren Aufgaben die sichere Navigation und den sicheren Schiffsbetrieb betreffen, zu berücksichtigen.

5. Die Arbeits- oder Ruhezeiten haben folgenden Beschränkungen zu unterliegen: a)

die Höchstarbeitszeit darf nicht überschreiten: i) 14 Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden; ii) 72 Stunden in jedem Zeitraum von sieben Tagen;

b)

die Mindestruhezeit darf nicht unterschreiten: i) 10 Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden; ii) 77 Stunden in jedem Zeitraum von sieben Tagen.

oder

6. Die Ruhezeit kann in höchstens zwei Zeiträume aufgeteilt werden, von denen einer eine Mindestdauer von sechs Stunden haben muss, und der Zeitraum zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ruhezeiten darf 14 Stunden nicht überschreiten.

7. Sicherheits-, Feuerlösch- und Rettungsbootsübungen sowie durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und durch internationale Vereinbarungen vorgeschriebene Übungen sind in einer Weise durchzuführen, die die Störung der Ruhezeiten auf ein Mindestmass beschränkt und keine Übermüdung verursacht.

8. In Fällen, in denen Seeleute Bereitschaftsdienst haben, wenn beispielsweise ein Maschinenraum unbesetzt ist, ist den Seeleuten eine angemessene Ruhezeit als Ausgleich zu gewähren, wenn die normale Ruhezeit durch Aufrufe zur Arbeit gestört wird.

9. Falls kein Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch vorhanden ist oder falls die zuständige Stelle feststellt, dass die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrags oder Schiedsspruchs in Bezug auf Absatz 7 oder 8 dieser Norm unzureichend sind, hat die zuständige Stelle entsprechende Bestimmungen festzulegen, die gewährleisten, dass die betreffenden Seeleute eine ausreichende Ruhezeit erhalten.

10. Jedes Mitglied hat vorzuschreiben, dass an einem leicht zugänglichen Ort eine Übersicht mit der Arbeitsorganisation an Bord ausgehängt wird, die für jede Position mindestens Folgendes enthalten muss:

5625

Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

den See- und Hafendienstplan;

b)

die Höchstarbeitszeit oder die Mindestruhezeit, die durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder durch geltende Gesamtarbeitsverträge vorgeschrieben wird.

11. Die in Absatz 10 dieser Norm erwähnte Übersicht ist nach einem Standardmuster in der oder den Arbeitssprachen des Schiffes und in Englisch zu erstellen.

12. Jedes Mitglied hat vorzuschreiben, dass Verzeichnisse der täglichen Arbeitsoder Ruhezeiten der Seeleute geführt werden, damit die Einhaltung der Absätze 5 bis einschliesslich 11 dieser Norm überwacht werden kann. Die Verzeichnisse müssen einem von der zuständigen Stelle vorgeschriebenen Standardmuster entsprechen, wobei vorhandene Richtlinien der Internationalen Arbeitsorganisation oder von ihr erstellte Standardentwürfe zu berücksichtigen sind. Sie sind in den Sprachen nach Absatz 11 dieser Norm abzufassen. Den Seeleuten ist eine Kopie der sie betreffenden Verzeichnisse auszuhändigen, die vom Kapitän oder von einer vom Kapitän dazu ermächtigten Person und von den Seeleuten schriftlich zu bestätigen ist.

13. Die Absätze 5 und 6 dieser Norm hindern ein Mitglied nicht daran, innerstaatliche Rechtsvorschriften oder ein Verfahren anzunehmen, wonach die zuständige Stelle Gesamtarbeitsverträge genehmigen oder registrieren kann, die Ausnahmen von den festgelegten Beschränkungen gestatten. Diese Ausnahmen haben soweit wie möglich den festgelegten Normen zu folgen, können aber häufigeren oder längeren Urlaubszeiten oder der Gewährung von Ausgleichsurlaub für wachegehende Seeleute oder Seeleute, die an Bord von Schiffen mit kurzer Reisedauer arbeiten, Rechnung tragen.

14. Diese Norm ist nicht so auszulegen, als würde dadurch das Recht des Kapitäns eines Schiffes beeinträchtigt, von den Seeleuten die Leistung der Arbeitszeiten zu verlangen, die für die unmittelbare Sicherheit des Schiffes, der Personen an Bord oder der Ladung oder zur Hilfeleistung für andere Schiffe oder Personen, die sich in Seenot befinden, erforderlich sind. Demgemäss kann der Kapitän den Arbeitszeitoder Ruhezeitplan vorübergehend ausser Kraft setzen und von den Seeleuten die Leistung der Arbeitszeiten verlangen, die erforderlich sind, bis die normale Situation wiederhergestellt worden ist. Sobald es nach Wiederherstellung der normalen Situation praktisch möglich ist, hat der Kapitän sicherzustellen, dass alle Seeleute, die während einer planmässigen Ruhezeit Arbeit geleistet haben, eine ausreichende Ruhezeit erhalten.

Leitlinie B2.3

Arbeitszeiten und Ruhezeiten

Leitlinie B2.3.1

Junge Seeleute

1. Auf See und im Hafen sollten für alle jungen Seeleute unter 18 Jahren die folgenden Bestimmungen gelten: a)

5626

die Arbeitszeit sollte acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich nicht überschreiten; Überstundenarbeit sollte nur geleistet werden, wenn sie aus Sicherheitsgründen unvermeidbar ist;

Seearbeitsübereinkommen 2006

b)

für die Einnahme aller Mahlzeiten sollte genügend Zeit eingeräumt werden, und für die Hauptmahlzeit des Tages sollte eine Arbeitspause von mindestens einer Stunde gewährt werden;

c)

nach jeweils zwei Stunden ununterbrochener Arbeit sollte so bald wie möglich eine Ruhepause von 15 Minuten gewährt werden.

2. Ausnahmsweise brauchen die Bestimmungen des Absatzes 1 dieser Leitlinie nicht angewendet werden, wenn a)

sie für junge Seeleute im Decks-, Maschinen- und Verpflegungsdienst, die zum Wachdienst eingeteilt sind oder in Wechselschichten arbeiten, nicht angewendet werden können; oder

b)

die wirksame Ausbildung junger Seeleute nach festgelegten Programmen und Zeitplänen beeinträchtigt würde.

3. Solche Ausnahmesituationen sollten unter Angabe der Gründe schriftlich aufgezeichnet und vom Kapitän unterzeichnet werden.

4. Die Bestimmungen des Absatzes 1 dieser Leitlinie entbinden junge Seeleute nicht von der allgemeinen Verpflichtung aller Seeleute, in Notfällen nach der Norm A2.3 Absatz 14 zu arbeiten.

Regel 2.4

Urlaubsanspruch

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute angemessenen Urlaub erhalten 1. Jedes Mitglied hat vorzuschreiben, dass die auf Schiffen unter seiner Flagge beschäftigten Seeleute bezahlten Jahresurlaub unter angemessenen Bedingungen im Einklang mit den Bestimmungen im Code erhalten.

2. Den Seeleuten ist im Interesse ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens und entsprechend den betrieblichen Anforderungen ihrer Positionen Landgang zu gewähren.

Norm A2.4

Urlaubsanspruch

1. Jedes Mitglied hat in seinen Rechtsvorschriften die Mindestnormen für den Jahresurlaub der auf Schiffen unter seiner Flagge tätigen Seeleute festzulegen, wobei die besonderen Bedürfnisse der Seeleute in Bezug auf solchen Urlaub zu berücksichtigen sind.

2. Vorbehaltlich gegebenenfalls bestehender Gesamtarbeitsverträge oder Rechtsvorschriften, die eine geeignete Berechnungsmethode vorsehen, die die speziellen Bedürfnisse der Seeleute in dieser Hinsicht berücksichtigen, ist der Mindesturlaub auf der Grundlage von 2,5 Kalendertagen für jeden Dienstmonat zu berechnen. Die Art und Weise, wie die Dienstzeit berechnet wird, ist von der zuständigen Stelle oder durch geeignete Verfahren in jedem Land festzulegen. Berechtigte Arbeitsversäumnisse sind nicht als Urlaub anzurechnen.

3. Jede Vereinbarung über den Verzicht auf den in dieser Norm vorgesehenen bezahlten Mindestjahresurlaub, ausser in den von der zuständigen Stelle vorgesehenen Fällen, ist verboten.

5627

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B2.4

Urlaubsanspruch

Leitlinie B2.4.1

Berechnung des Anspruchs

1. Unter Bedingungen, die von der zuständigen Stelle oder durch geeignete Verfahren in jedem Land zu bestimmen sind, sollte der Dienst, der nicht an Bord geleistet wird, als Dienstzeit angerechnet werden.

2. Unter Bedingungen, die von der zuständigen Stelle oder in einem geltenden Gesamtarbeitsvertrag zu bestimmen sind, sollten Arbeitsversäumnisse wegen der Teilnahme an anerkannten seemännischen Ausbildungslehrgängen oder aus Gründen wie zum Beispiel Krankheit, Unfall oder Mutterschaft als Dienstzeit angerechnet werden.

3. Seeleute sollten für die Dauer des Jahresurlaubs das normale Entgelt erhalten, das durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder in dem geltenden Beschäftigungsvertrag für Seeleute vorgesehen ist. Der Urlaubsanspruch von Seeleuten, deren Dienstzeit weniger als ein Jahr beträgt oder deren Beschäftigungsverhältnis beendet wird, sollte anteilig festgesetzt werden.

4. Auf den bezahlten Jahresurlaub sollten nicht angerechnet werden: a)

öffentliche und übliche Feiertage, die im Flaggenstaat als solche anerkannt sind, gleichviel, ob sie in die Zeit des bezahlten Jahresurlaubs fallen oder nicht;

b)

Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit, Unfall oder Mutterschaft unter Bedingungen, die von der zuständigen Stelle oder durch geeignete Verfahren in jedem Land zu bestimmen sind;

c)

Landgang, der Seeleuten während des Beschäftigungsverhältnisses gewährt wird;

d)

Ausgleichsfreizeit gleich welcher Art unter Bedingungen, die von der zuständigen Stelle oder durch geeignete Verfahren in jedem Land zu bestimmen ist.

Leitlinie B2.4.2

Antritt des Jahresurlaubs

1. Wird die Zeit, zu der der Urlaub zu nehmen ist, nicht durch Vorschriften, durch Gesamtarbeitsvertrag, Schiedsspruch oder auf eine andere, den innerstaatlichen Gepflogenheiten entsprechende Art und Weise bestimmt, so sollte sie vom Reeder nach Anhörung der jeweils beteiligten Seeleute oder ihrer Vertreter und nach Möglichkeit im Einvernehmen mit diesen festgesetzt werden.

2. Seeleute sollten grundsätzlich das Recht haben, ihren Jahresurlaub an dem Ort zu verbringen, zu dem sie eine starke Verbindung haben, was unter normalen Umständen derselbe Ort ist, zu dem sie Anspruch auf Heimschaffung haben. Seeleute sollten ohne ihre Zustimmung nicht dazu angehalten werden, den ihnen zustehenden Jahresurlaub an einem anderen Ort zu nehmen, es sei denn, dass im Beschäftigungsvertrag für Seeleute oder in innerstaatlichen Rechtsvorschriften etwas anderes bestimmt ist.

5628

Seearbeitsübereinkommen 2006

3. Seeleute, die ihren Jahresurlaub an einem anderen als dem nach Absatz 2 dieser Leitlinie zugelassenen Ort antreten müssen, sollten Anspruch auf unentgeltliche Beförderung an den Ort ihrer Anheuerung oder Anwerbung haben, je nachdem, welcher ihrem Wohnort näher liegt. Ihr Unterhalt während der Reise und sonstige unmittelbar damit zusammenhängende Kosten sollten vom Reeder getragen werden; die Reisezeit sollte nicht auf den den Seeleuten zustehenden bezahlten Jahresurlaub angerechnet werden.

4. Seeleute, die ihren Jahresurlaub angetreten haben, sollten nur in äussersten Notfällen und nur mit ihrer Zustimmung zurückgerufen werden.

Leitlinie B2.4.3

Teilung und Zusammenlegung

1. Die Teilung des bezahlten Jahresurlaubs oder die Zusammenlegung des für ein Jahr zustehenden Jahresurlaubs mit einem späteren Urlaub kann von der zuständigen Stelle oder durch geeignete Verfahren in jedem Land zugelassen werden.

2. Vorbehaltlich Absatz 1 dieser Leitlinie und sofern eine für den betreffenden Reeder und die betreffenden Seeleute geltende Vereinbarung nichts anderes bestimmt, sollte der in dieser Leitlinie empfohlene bezahlte Jahresurlaub zusammenhängend gewährt werden.

Leitlinie B2.4.4

Junge Seeleute

1. Besondere Massnahmen sollten hinsichtlich junger Seeleute unter 18 Jahren erwogen werden nach sechsmonatiger Dienstzeit oder einer kürzeren Zeit aufgrund eines Gesamtarbeitsvertrags oder eines Beschäftigungsvertrags für Seeleute ohne Urlaub auf einem Schiff auf Auslandsfahrt, das während dieser Zeit nicht in das Land, in dem die jungen Seeleute ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zurückgekehrt ist und während der nächsten drei Monate seiner Fahrt nicht dorthin zurückkehren wird. Solche Massnahmen könnten in ihrer für sie kostenfreien Heimschaffung an den ursprünglichen Anheuerungsort im Land ihres gewöhnlichen Aufenthalts bestehen, um den während der Fahrt erworbenen Urlaub zu nehmen.

Regel 2.5

Heimschaffung

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute nach Hause zurückkehren können 1. Seeleute haben in den im Code vorgesehenen Fällen und unter den dort vorgesehenen Bedingungen ein Recht auf für sie kostenfreie Heimschaffung.

2. Jedes Mitglied hat für Schiffe unter seiner Flagge vorzuschreiben, dass eine finanzielle Sicherheit für die ordnungsgemässe Heimschaffung im Einklang mit dem Code besteht.

Norm A2.5

Heimschaffung

1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass die auf Schiffen unter seiner Flagge tätigen Seeleute in den folgenden Fällen Anspruch auf Heimschaffung haben:

5629

Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

wenn der Beschäftigungsvertrag für Seeleute im Ausland endet;

b)

wenn der Beschäftigungsvertrag für Seeleute durch i) den Reeder; oder ii) die Seeleute aus berechtigten Gründen beendet wird;

c)

wenn die Seeleute nicht mehr in der Lage sind, ihre vertraglichen Aufgaben auszuführen, oder von ihnen nicht erwartet werden kann, dass sie sie unter den besonderen Umständen ausführen können.

2. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass durch seine Rechtsvorschriften, sonstige Massnahmen oder Gesamtarbeitsverträge geeignete Bestimmungen festgelegt sind, die vorschreiben: a)

die Umstände, unter denen die Seeleute einen Anspruch auf Heimschaffung in Übereinstimmung mit Absatz 1 Buchstabe b) und c) dieser Norm haben;

b)

die Höchstdauer der Dienstzeiten an Bord, nach denen Seeleute Anspruch auf Heimschaffung haben; diese Zeiten müssen weniger als zwölf Monate betragen;

c)

die genauen Ansprüche, die vom Reeder für die Heimschaffung zu gewähren sind, einschliesslich solcher betreffend den Ort der Heimschaffung, die Art des Transports, die zu tragenden Kosten und anderer vom Reeder zu treffender Vorkehrungen.

3. Jedes Mitglied hat den Reedern zu verbieten, von Seeleuten zu Beginn ihrer Beschäftigung eine Vorauszahlung zur Deckung der Heimschaffungskosten zu verlangen oder die Heimschaffungskosten von den Heuern oder sonstigen Ansprüchen der Seeleute abzuziehen, es sei denn, die Seeleute sind gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen oder gemäss den anwendbaren Gesamtarbeitsverträgen einer schweren Verletzung ihrer beruflichen Pflichten für schuldig befunden worden.

4. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften dürfen in keiner Weise das Recht des Reeders beeinträchtigen, sich die Kosten für die Heimschaffung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Dritten erstatten zu lassen.

5. Unterlässt es ein Reeder, Vorkehrungen für die Heimschaffung von Seeleuten, die Anspruch auf Heimschaffung haben, zu treffen oder die Kosten ihrer Heimschaffung zu tragen, a)

hat die zuständige Stelle des Mitglieds, dessen Flagge das Schiff führt, die Heimschaffung der betreffenden Seeleute zu veranlassen; unterlässt sie dies, kann der Staat, aus dessen Hoheitsgebiet die Seeleute heimgeschafft werden sollen, oder der Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, ihre Heimschaffung veranlassen und sich die Kosten von dem Mitglied, dessen Flagge das Schiff führt, erstatten lassen;

b)

kann sich das Mitglied, dessen Flagge das Schiff führt, die ihm im Zusammenhang mit der Heimschaffung der Seeleute entstandenen Kosten von dem Reeder erstatten lassen;

5630

Seearbeitsübereinkommen 2006

c)

dürfen die Kosten der Heimschaffung in keinem Fall zu Lasten der Seeleute gehen, ausser unter den in Absatz 3 dieser Norm vorgesehenen Umständen.

6. Unter Berücksichtigung der anwendbaren internationalen Instrumente, einschliesslich des Internationalen Übereinkommens über den Arrest in Schiffe, 1999, kann ein Mitglied, das die Heimschaffungskosten nach Massgabe dieses Codes getragen hat, Schiffe des betreffenden Reeders festhalten oder deren Festhalten verlangen, bis die Erstattung nach Absatz 5 dieser Norm erfolgt ist.

7. Jedes Mitglied hat die Heimschaffung von Seeleuten, die auf Schiffen tätig sind, die seine Häfen anlaufen oder seine Hoheits- oder Binnengewässer durchfahren, sowie ihre Ersetzung an Bord zu erleichtern.

8. Insbesondere darf ein Mitglied Seeleuten das Recht auf Heimschaffung nicht wegen der finanziellen Verhältnisse eines Reeders oder wegen dessen Unfähigkeit oder Unwilligkeit, die Seeleute zu ersetzen, verweigern.

9. Jedes Mitglied hat vorzuschreiben, dass den Seeleuten auf Schiffen unter seiner Flagge ein Abdruck der anwendbaren innerstaatlichen Vorschriften über die Heimschaffung in einer geeigneten Sprache zur Verfügung steht.

Leitlinie B2.5

Heimschaffung

Leitlinie B2.5.1

Ansprüche

1. Seeleute sollten Anspruch auf Heimschaffung haben: a)

in dem Fall, der in der Norm A2.5 Absatz 1 Buchstabe a) geregelt ist: mit Ablauf der Kündigungsfrist, wenn die Kündigung in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Beschäftigungsvertrags für Seeleute erfolgt ist;

b)

in den Fällen, die in der Norm A2.5 Absatz 1 Buchstabe b) und c) geregelt sind: i) falls eine Krankheit oder ein Unfall oder ein anderer medizinischer Grund die Heimschaffung der Seeleute erforderlich macht und sie aus ärztlicher Sicht reisetauglich sind; ii) im Fall eines Schiffbruchs; iii) falls der Reeder wegen Insolvenz, Veräusserung des Schiffes, Änderung der Schiffsregistrierung oder aus irgendeinem ähnlichen Grund nicht in der Lage ist, seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen als Arbeitgeber der Seeleute weiterhin zu erfüllen; iv) falls ein Schiff in ein Kriegsgebiet im Sinne der innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der Beschäftigungsverträge für Seeleute unterwegs ist, in das sich die Seeleute nicht begeben wollen; v) falls das Arbeitsverhältnis gemäss einem Schiedsspruch oder einem Gesamtarbeitsvertrag beendet oder unterbrochen wird oder das Arbeitsverhältnis aus irgendeinem anderen ähnlichen Grund beendet wird.

2. Bei der Festlegung der Höchstdauer der Dienstzeiten an Bord, nach denen die Seeleute in Übereinstimmung mit diesem Code Anspruch auf Heimschaffung haben, sollte den Faktoren Rechnung getragen werden, die sich auf die Arbeitsumwelt der Seeleute auswirken. Jedes Mitglied sollte sich, wenn möglich, bemühen, diese 5631

Seearbeitsübereinkommen 2006

Zeiten unter Berücksichtigung technologischer Veränderungen und Entwicklungen zu verkürzen, und könnte sich dabei von einschlägigen Empfehlungen des Paritätischen Seeschifffahrtsausschusses leiten lassen.

3. Die vom Reeder zu tragenden Kosten der Heimschaffung nach der Norm 2.5 sollten mindestens Folgendes umfassen: a)

die Beförderung zu dem gemäss Absatz 6 dieser Leitlinie für die Heimschaffung ausgewählten Bestimmungsort;

b)

die Unterbringung und Verpflegung der Seeleute in der Zeit vom Verlassen des Schiffes bis zu ihrer Ankunft am Bestimmungsort der Heimschaffung;

c)

die Heuern und Zulagen der Seeleute in der Zeit vom Verlassen des Schiffes bis zu ihrer Ankunft am Bestimmungsort der Heimschaffung, falls dies durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder die Gesamtarbeitsverträge vorgesehen ist;

d)

die Beförderung von 30 Kilogramm persönlichem Gepäck der Seeleute bis zum Bestimmungsort der Heimschaffung;

e)

ärztliche Behandlung, falls erforderlich, bis die Seeleute aus ärztlicher Sicht in der Lage sind, zu dem Bestimmungsort der Heimschaffung zu reisen.

4. Die Wartezeit bis zur Heimschaffung und die Dauer der Heimschaffungsreise sollten nicht von dem den Seeleuten zustehenden bezahlten Urlaub abgezogen werden.

5. Die Reeder sollten verpflichtet sein, weiterhin die Kosten für die Heimschaffung der betreffenden Seeleute zu tragen, bis sie an einem in diesem Code vorgeschriebenen Bestimmungsort angelangt sind oder ihnen eine angemessene Beschäftigung an Bord eines Schiffes verschafft wird, das sich nach einem dieser vorgesehenen Bestimmungshäfen begibt.

6. Jedes Mitglied sollte vorsehen, dass die Reeder dafür verantwortlich sind, Vorkehrungen für die Heimschaffung mit geeigneten und schnellen Mitteln zu treffen.

Die Beförderung sollte normalerweise auf dem Luftweg erfolgen. Das Mitglied sollte die Bestimmungsorte vorschreiben, nach denen Seeleute heimgeschafft werden können. Zu den Bestimmungsorten sollten die Länder gehören, zu denen die Seeleute normalerweise eine enge Verbindung haben, darunter: a)

der Ort, an dem die Seeleute sich bereit erklärt haben, das Arbeitsverhältnis einzugehen;

b)

der durch Gesamtarbeitsvertrag festgesetzte Ort;

c)

das Land des Wohnorts der Seeleute; oder

d)

jeder andere zum Zeitpunkt der Einstellung einvernehmlich vereinbarte Ort.

7. Die Seeleute sollten das Recht haben, aus den vorgeschriebenen Bestimmungsorten den Ort auszuwählen, nach dem sie heimgeschafft werden sollen.

5632

Seearbeitsübereinkommen 2006

8. Der Anspruch auf Heimschaffung kann erlöschen, wenn die betreffenden Seeleute ihn nicht innerhalb einer angemessenen Frist, die durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder durch die Gesamtarbeitsverträge festzusetzen ist, geltend machen.

Leitlinie B2.5.2

Durchführung durch die Mitglieder

1. Seeleute, die in einem ausländischen Hafen zurückgelassen worden sind, sollten bis zu ihrer Heimschaffung jede mögliche praktische Unterstützung erhalten, und falls sich die Heimschaffung der Seeleute verzögert, sollte die zuständige Stelle in dem ausländischen Hafen dafür sorgen, dass der konsularische oder örtliche Vertreter des Flaggenstaats unverzüglich unterrichtet wird.

2. Jedes Mitglied sollte sich vergewissern, dass geeignete Vorkehrungen getroffen sind: a)

für die Heimschaffung von Seeleuten, die auf einem Schiff unter ausländischer Flagge beschäftigt sind und aus von ihnen nicht verschuldeten Gründen in einem ausländischen Hafen an Land gesetzt werden: i) nach dem Anheuerungshafen der betreffenden Seeleute; oder ii) nach einem Hafen im Staatsangehörigkeits- beziehungsweise Aufenthaltsstaat der Seeleute; oder iii) nach einem anderen Hafen, auf den sich die Seeleute und der Kapitän oder der Reeder mit Zustimmung der zuständigen Stelle oder unter Einhaltung anderer geeigneter Garantien geeinigt haben;

b)

für die ärztliche Betreuung und den Unterhalt von Seeleuten, die auf einem Schiff unter ausländischer Flagge beschäftigt sind und infolge einer Erkrankung oder Verletzung, die sie sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten an Bord zugezogen haben und die nicht auf eine vorsätzliche unstatthafte Handlung zurückzuführen ist, in einem ausländischen Hafen an Land gesetzt werden.

3. Haben junge Seeleute unter 18 Jahren auf einem Schiff mindestens vier Monate lang während ihrer ersten Auslandsfahrt Dienst getan und stellt sich dann heraus, dass sie für das Leben auf See untauglich sind, so sollte ihnen Gelegenheit geboten werden, vom ersten geeigneten Anlaufhafen, in dem sich eine konsularische Vertretung des Flaggenstaats oder des Staatsangehörigkeits- oder Aufenthaltsstaats der jungen Seeleute befindet, heimgeschafft zu werden, ohne dass ihnen Kosten entstehen. Von jeder derartigen Heimschaffung sollte unter Angabe der Gründe die Stelle benachrichtigt werden, die den jungen Seeleuten durch Ausstellung der erforderlichen Papiere die Aufnahme einer Beschäftigung auf See ermöglicht hat.

Regel 2.6

Entschädigung der Seeleute bei Schiffsverlust oder Schiffbruch

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute einen Ausgleich erhalten, wenn ein Schiff verloren gegangen ist oder Schiffbruch erlitten hat 1. Seeleute haben im Fall von Verletzung, Schaden oder Arbeitslosigkeit, die auf Schiffsverlust oder Schiffbruch zurückzuführen sind, Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

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Seearbeitsübereinkommen 2006

Norm A2.6

Entschädigung der Seeleute bei Schiffsverlust oder Schiffbruch

1. Jedes Mitglied hat Regelungen zu treffen, durch die sichergestellt ist, dass in jedem Fall des Verlustes eines Schiffes oder von Schiffbruch der Reeder allen auf diesem Schiff beschäftigten Seeleuten eine Entschädigung für die Arbeitslosigkeit zu gewähren hat, die infolge des Verlustes des Schiffes oder von Schiffbruch entsteht.

2. Durch die in Absatz 1 dieser Norm genannten Regelungen bleiben etwaige anderweitige Ansprüche der Seeleute aufgrund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften des betreffenden Mitglieds wegen Schäden oder Verletzungen durch Schiffsverlust oder Schiffbruch unberührt.

Leitlinie B2.6

Entschädigung der Seeleute bei Schiffsverlust oder Schiffbruch

Leitlinie B2.6.1

Berechnung der Entschädigung wegen Arbeitslosigkeit

1. Die Entschädigung für durch Schiffsverlust oder Schiffbruch eingetretene Arbeitslosigkeit sollte für die Tage geleistet werden, die die Seeleute tatsächlich arbeitslos sind, und zwar in der Höhe der im Beschäftigungsvertrag vereinbarten Heuern. Doch kann der Gesamtbetrag der an die einzelnen Seeleute zu leistenden Entschädigung auf den Betrag der zweifachen Monatsheuer beschränkt werden.

2. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass diese Entschädigungen nach den gleichen Verfahren geltend gemacht werden können wie rückständige Heueransprüche während des Borddienstes.

Regel 2.7

Besatzungsstärke der Schiffe

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute an Bord von Schiffen mit einer für einen sicheren, effizienten und gefahrlosen Schiffsbetrieb ausreichenden Besatzung arbeiten 1. Jedes Mitglied hat vorzuschreiben, dass auf allen unter seiner Flagge fahrenden Schiffen eine ausreichende Anzahl von Seeleuten vorhanden ist, um sicherzustellen, dass der Schiffsbetrieb unter Berücksichtigung der Gefährdungen durch Übermüdung der Seeleute und der Besonderheiten und Umstände der Reise unter allen Bedingungen sicher, effizient und gefahrlos verläuft.

Norm A2.7

Besatzungsstärke der Schiffe

1. Jedes Mitglied hat vorzuschreiben, dass auf allen unter seiner Flagge fahrenden Schiffen eine ausreichende Anzahl von Seeleuten vorhanden ist, um zu gewährleisten, dass der Schiffsbetrieb sicher, effizient und gefahrlos verläuft. Jedes Schiff hat eine nach Anzahl und Befähigung ausreichende Besatzung mitzuführen, um die Sicherheit des Schiffes und seiner Besatzung unter allen Betriebszuständen gemäss dem Zeugnis über die sichere Mindestbesatzungsstärke oder einem von der zuständigen Stelle ausgestellten gleichwertigen Zeugnis zu gewährleisten und um den Normen dieses Übereinkommens zu entsprechen.

2. Bei der Festlegung, Genehmigung oder Änderung der Besatzungsstärke hat die zuständige Stelle die Notwendigkeit, übermässig lange Arbeitszeiten soweit wie möglich zu vermeiden oder auf ein Mindestmass zu beschränken, um eine ausrei5634

Seearbeitsübereinkommen 2006

chende Erholung sicherzustellen und Ermüdung zu begrenzen, sowie die Grundsätze über die Besatzungsstärke in anwendbaren internationalen Übereinkünften, insbesondere solchen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation, zu berücksichtigen.

3. Bei der Festlegung der Besatzungsstärke hat die zuständige Stelle sämtliche Anforderungen im Rahmen der Regel 3.2 und der Norm A3.2 über Verpflegung einschliesslich Bedienung zu berücksichtigen.

Leitlinie B2.7

Besatzungsstärke der Schiffe

Leitlinie B2.7.1

Beilegung von Streitigkeiten

1. Jedes Mitglied sollte zur Untersuchung und Beilegung von Beschwerden oder Streitigkeiten betreffend die Besatzungsstärke eines Schiffes ein wirksames Verfahren einführen oder sich über dessen Vorhandensein vergewissern.

2. Vertreter der Verbände der Reeder und der Seeleute sollten allein oder in Zusammenarbeit mit anderen Personen oder Behörden bei diesem Verfahren mitwirken.

Regel 2.8

Berufliche Entwicklung und Qualifizierung sowie Beschäftigungschancen für Seeleute

Zweck: Förderung der beruflichen Entwicklung und Qualifizierung sowie der Beschäftigungschancen für Seeleute 1. Jedes Mitglied muss über eine innerstaatliche Politik verfügen, um die Beschäftigung im Seeschifffahrtssektor zu stärken und die berufliche Entwicklung und Qualifizierung sowie grössere Beschäftigungschancen für in ihrem Hoheitsgebiet wohnende Seeleute zu fördern.

Norm A2.8

Berufliche Entwicklung und Qualifizierung sowie Beschäftigungschancen für Seeleute

1. Jedes Mitglied muss über eine innerstaatliche Politik verfügen, durch die die berufliche Entwicklung und Qualifizierung sowie Beschäftigungschancen für Seeleute gefördert werden, damit dem Seeschifffahrtssektor beständige und sachkundige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.

2. Das Ziel der in Absatz 1 dieser Norm genannten Politik hat darin zu bestehen, Seeleute dabei zu unterstützen, ihre Kompetenzen, Qualifikationen und Beschäftigungschancen zu stärken.

3. Jedes Mitglied hat nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute klare Zielvorgaben für die berufliche Beratung sowie die theoretische und praktische Ausbildung der Seeleute festzulegen, deren Aufgaben an Bord sich in erster Linie auf den sicheren Schiffsbetrieb und die sichere Navigation des Schiffes beziehen, einschliesslich Weiterbildungsmassnahmen.

5635

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B2.8

Berufliche Entwicklung und Qualifizierung sowie Beschäftigungschancen für Seeleute

Leitlinie B2.8.1

Massnahmen zur Förderung der beruflichen Entwicklung und Qualifizierung sowie der Beschäftigungschancen für Seeleute

1. Zur Erreichung der in der Norm A2.8 aufgeführten Ziele könnten unter anderem folgende Massnahmen vorgesehen werden: a)

Vereinbarungen über die berufliche Entwicklung und qualifizierende Ausbildung bei einem Reeder oder einer Gemeinschaft von Reedern; oder

b)

Vorkehrungen für die Förderung der Beschäftigung durch das Anlegen und Führen von Registern oder Verzeichnissen qualifizierter Seeleute, gegliedert nach Kategorien; oder

c)

Förderung von Chancen für die Weiterbildung von Seeleuten sowohl an Bord als auch an Land für Qualifizierung und übertragbare Fertigkeiten, um eine menschenwürdige Arbeit zu finden und beizubehalten, die individuellen Beschäftigungsaussichten zu verbessern und den sich wandelnden technologischen und Arbeitsmarktbedingungen des Seeschifffahrtssektors Rechnung zu tragen.

Leitlinie B2.8.2

Seeleuteregister

1. Richtet sich die Beschäftigung der Seeleute nach Registern oder Verzeichnissen, sollten diese Register und Verzeichnisse in einer von der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis oder durch Gesamtarbeitsvertrag bestimmten Weise alle Berufskategorien von Seeleuten enthalten.

2. Den in einem solchen Register oder Verzeichnis eingetragenen Seeleuten sollte bei der Anstellung für eine Beschäftigung auf See der Vorzug gegeben werden.

3. Die in einem solchen Register oder Verzeichnis eingetragenen Seeleute sollten sich in einer von der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis oder durch Gesamtarbeitsvertrag bestimmten Weise für die Arbeitsaufnahme zur Verfügung halten müssen.

4. Soweit die innerstaatlichen Rechtsvorschriften dies zulassen, sollte die Zahl der in solchen Registern oder Verzeichnissen eingetragenen Seeleute regelmässig überprüft werden, so dass ein den Erfordernissen des Seeschifffahrtssektors entsprechender Stand erreicht wird.

5. Wird eine Verringerung der Zahl der in einem solchen Register oder Verzeichnis eingetragenen Seeleute erforderlich, so sollten unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und sozialen Lage des betreffenden Landes alle geeigneten Massnahmen getroffen werden, um nachteilige Auswirkungen für die Seeleute zu vermeiden oder zu mildern.

5636

Seearbeitsübereinkommen 2006

Titel 3 Unterkünfte, Freizeiteinrichtungen, Verpflegung einschliesslich Bedienung Regel 3.1

Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen

Zweck: Sicherzustellen, dass für die Seeleute angemessene Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen an Bord vorhanden sind 1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass auf Schiffen unter seiner Flagge angemessene Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen für Seeleute, die an Bord arbeiten oder leben oder beides, vorhanden sind und instand gehalten werden, die deren Gesundheit und Wohlbefinden förderlich sind.

2. Die Anforderungen im Code, durch die diese Regel umgesetzt wird und die sich auf die schiffbaulichen Massnahmen und die Ausrüstung beziehen, finden nur auf Schiffe Anwendung, die zum oder nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens für das betreffende Mitglied gebaut werden. Für vor diesem Zeitpunkt gebaute Schiffe finden die Anforderungen, die sich auf die schiffbaulichen Massnahmen und die Ausrüstung beziehen und die in dem Übereinkommen (Nr. 92) über die Quartierräume der Schiffsbesatzungen (Neufassung), 1949, und dem Übereinkommen (Nr. 133) über die Quartierräume der Schiffsbesatzungen (zusätzliche Bestimmungen), 1970, festgelegt sind, weiterhin Anwendung, soweit sie vor diesem Zeitpunkt gemäss der Gesetzgebung oder Praxis des betreffenden Mitglieds anwendbar waren. Ein Schiff gilt zu dem Zeitpunkt als gebaut, zu dem sein Kiel gelegt wird oder zu dem es sich in einer ähnlichen Bauphase befindet.

3. Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgeschrieben ist, findet jede durch eine Änderung des Codes vorgesehene neue Anforderung an die Bereitstellung von Unterkünften und Freizeiteinrichtungen für Seeleute nur Anwendung auf Schiffe, die zum oder nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung für das betreffende Mitglied gebaut werden.

Norm A3.1

Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen

1. Jedes Mitglied hat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorzuschreiben, dass Schiffe unter seiner Flagge a)

Mindestnormen zu erfüllen haben, um sicherzustellen, dass alle Unterkünfte für Seeleute, die an Bord arbeiten oder leben oder beides, sicher und angemessen sind und den einschlägigen Bestimmungen dieser Norm entsprechen;

b)

überprüft werden, um die erstmalige und fortlaufende Erfüllung dieser Normen sicherzustellen.

2. Bei der Erarbeitung und Anwendung der Rechtsvorschriften zur Durchführung dieser Norm hat die zuständige Stelle nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute:

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Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

die Regel 4.3 und die dazugehörigen Bestimmungen des Codes über den Schutz der Gesundheit und Sicherheit und die Unfallverhütung unter Beachtung der speziellen Bedürfnisse der Seeleute, die an Bord leben und arbeiten, zu berücksichtigen;

b)

die Anleitungen in Teil B des Codes gebührend zu berücksichtigen.

3. Die in der Regel 5.1.4 vorgeschriebenen Überprüfungen sind durchzuführen, wenn a)

ein Schiff erstmals oder erneut im Schiffsregister eingetragen wird; oder

b)

an den Unterkünften der Seeleute auf einem Schiff wesentliche Veränderungen vorgenommen wurden.

4. Die zuständige Stelle hat besonders darauf zu achten, dass die Anforderungen dieses Übereinkommens betreffend: a)

Grösse der Schlafräume und anderer Unterkunftsräume;

b)

Heizung und Lüftung;

c)

Lärm und Vibration und andere Umgebungsfaktoren;

d)

sanitäre Einrichtungen;

e)

Beleuchtung;

f)

Krankenräume

eingehalten werden.

5. Die zuständige Stelle jedes Mitglieds hat vorzuschreiben, dass Schiffe unter seiner Flagge die Mindestnormen für Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen an Bord, die in den Absätzen 6 bis 17 dieser Norm aufgeführt sind, erfüllen müssen.

6. Hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen an Unterkünfte: a)

in allen Unterkünften ist eine angemessene lichte Höhe einzuhalten; die lichte Höhe hat in allen Unterkünften, in denen volle Bewegungsfreiheit erforderlich ist, mindestens 203 Zentimeter zu betragen; jedoch kann die zuständige Stelle eine geringfügig niedrigere lichte Höhe in jedem Raum oder Raumteil der Unterkünfte zulassen, wenn dies nach ihrer Überzeugung i) angemessen ist; ii) das Wohlbefinden der Seeleute dadurch nicht beeinträchtigt wird;

b)

die Unterkünfte müssen wirksam isoliert sein;

c)

auf Schiffen mit Ausnahme von Fahrgastschiffen im Sinne der Regel 2 Buchstabe e) und f) des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See, 1974, in der geänderten Fassung («SOLASÜbereinkommen») sind die Schlafräume über der Ladelinie mittschiffs oder achtern anzuordnen; lediglich in solchen Ausnahmefällen, in denen Grösse, Art oder beabsichtigte Einsatzart des Schiffes jede andere Anordnung undurchführbar erscheinen lässt, können die Schlafräume im Vorschiff, keinesfalls aber vor dem Kollisionsschott, angeordnet werden;

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Seearbeitsübereinkommen 2006

d)

auf Fahrgastschiffen und Spezialschiffen, die gemäss dem IMO-Code über die Sicherheit von Spezialschiffen, 1983, und späteren Fassungen (nachstehend «Spezialschiffe» genannt) gebaut worden sind, kann von der zuständigen Stelle unter der Bedingung, dass Vorkehrungen für ausreichende Beleuchtung und Belüftung getroffen sind, die Anordnung von Schlafräumen unterhalb der Ladelinie zugelassen werden, aber keinesfalls unmittelbar unterhalb der für Arbeiten genutzten Gänge;

e)

direkte Verbindungen von Laderäumen und Maschinenräumen oder Küchen, Vorratsräumen, Trockenräumen oder Gemeinschaftssanitärbereichen zu den Schlafräumen sind unzulässig; die Wände zwischen solchen Räumen und den Schlafräumen und die Aussenwände müssen aus Stahl oder einem anderen genehmigten Werkstoff fachgerecht gefertigt und wasser- und gasdicht sein;

f)

die Werkstoffe für die Herstellung der Innenwände, Verschalungen, Fussböden und Verbindungsgänge müssen zweckmässig und einer gesunden Umgebung förderlich sein;

g)

ausreichende Beleuchtung und Wasserabflüsse müssen vorhanden sein;

h)

Unterkünfte und Freizeit- und Verpflegungseinrichtungen haben den Anforderungen in Regel 4.3 und den dazugehörigen Bestimmungen im Code über den Schutz der Gesundheit und Sicherheit und die Unfallverhütung in Bezug auf die Vermeidung des Risikos einer Exposition gegenüber gefährlichen Lärm- und Vibrationspegeln sowie anderen Umweltfaktoren und Chemikalien auf den Schiffen zu genügen, und für die Seeleute ein angemessenes Arbeits- und Lebensumfeld zu schaffen.

7. Hinsichtlich der Anforderungen für Lüftung und Heizung: a)

Schlafräume und Messen sind mit angemessener Lüftung zu versehen;

b)

auf allen Schiffen, mit Ausnahme derer, die regelmässig Gebiete befahren, in denen dies auf Grund des gemässigten Klimas nicht erforderlich ist, sind die Unterkünfte der Seeleute, der getrennte Funkraum und der Raum, in dem sich der zentrale Maschinenleitstand befindet, mit Klimaanlagen auszurüsten;

c)

alle Sanitärbereiche haben über Ablufteinrichtungen ins Freie zu verfügen, die von anderen Teilen der Unterkünfte unabhängig sind;

d)

mit Ausnahme der Schiffe, die ausschliesslich in den Tropen verkehren, müssen die Unterkünfte mit einer angemessenen Heizungsanlage versehen sein.

8. Was die Anforderungen an die Beleuchtung betrifft, so ist vorbehaltlich der Sonderregelungen, die für Fahrgastschiffe zugelassen werden können, in den Schlafräumen und Messen Belichtung durch Tageslicht und ausreichende künstliche Beleuchtung vorzusehen.

9. Wenn Schlafräume an Bord der Schiffe erforderlich sind, finden die folgenden Anforderungen für Schlafräume Anwendung:

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Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

auf Schiffen mit Ausnahme von Fahrgastschiffen sind für alle Seeleute eigene Schlafräume vorzusehen; im Fall von Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000 oder Spezialschiffen kann die zuständige Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute Ausnahmen von dieser Bestimmung gewähren;

b)

für Männer und für Frauen sind getrennte Schlafräume vorzusehen;

c)

Schlafräume müssen eine angemessene Grösse aufweisen und sind so auszustatten, dass sie eine angemessene Behaglichkeit bieten und leicht in Ordnung zu halten sind;

d)

allen Seeleuten sind ausnahmslos Einzelkojen zur Verfügung zu stellen;

e)

die Innenmasse einer Koje müssen mindestens 198 Zentimeter mal 80 Zentimeter betragen;

f)

in Schlafräumen mit Einzelkojen darf die Bodenfläche nicht geringer sein als: i) 4,5 Quadratmeter auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000; ii) 5,5 Quadratmeter auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von 3.000 oder mehr, jedoch weniger als 10.000; iii) 7 Quadratmeter auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von 10.000 oder mehr;

g)

um jedoch auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000, Fahrgastschiffen und Spezialschiffen die Einrichtung von Schlafräumen mit Einzelkojen zu ermöglichen, kann die zuständige Stelle für diese Schiffe geringere Bodenflächen zulassen;

h)

auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000 mit Ausnahme von Fahrgastschiffen und Spezialschiffen dürfen Schlafräume höchstens mit zwei Seeleuten belegt werden; die Bodenfläche solcher Schlafräume darf nicht geringer sein als 7 Quadratmeter;

i)

auf Fahrgastschiffen und Spezialschiffen darf die Bodenfläche in Schlafräumen für Seeleute, die nicht die Aufgaben von Schiffsoffizieren ausführen, nicht geringer sein als: i) 7,5 Quadratmeter in Räumen mit zwei Personen; ii) 11,5 Quadratmeter in Räumen mit drei Personen; iii) 14,5 Quadratmeter in Räumen mit vier Personen;

j)

auf Spezialschiffen kann die Belegung von Schlafräumen vier Personen überschreiten; die Bodenfläche solcher Schlafräume darf nicht geringer sein als 3,6 Quadratmeter pro Person;

k)

auf Schiffen mit Ausnahme von Fahrgastschiffen und Spezialschiffen darf die Bodenfläche der Schlafräume von Seeleuten, die die Aufgaben von Schiffsoffizieren ausführen, pro Person, wenn ihnen neben dem Schlafraum kein gesonderter Wohnraum oder anderer Raum zur Verfügung steht, nicht geringer sein als:

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Seearbeitsübereinkommen 2006

i)

7,5 Quadratmeter auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000; ii) 8,5 Quadratmeter auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von 3.000 oder mehr, jedoch weniger als 10.000; iii) 10 Quadratmeter auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von 10.000 oder mehr; l)

auf Fahrgastschiffen und Spezialschiffen darf die Bodenfläche der Schlafräume von Seeleuten, die die Aufgaben von Schiffsoffizieren ausführen, pro Person nicht geringer sein als 7,5 Quadratmeter im Fall von Junioroffizieren und nicht geringer als 8,5 Quadratmeter im Fall von leitenden Offizieren, wenn ihnen neben dem Schlafraum kein gesonderter Wohnraum oder anderer Raum zur Verfügung steht; unter «Junioroffiziere» werden auf betrieblicher Ebene und unter «leitende Offiziere» auf Managementebene tätige Offiziere verstanden;

m) dem Kapitän, dem leitenden Ingenieur und dem leitenden nautischen Offizier muss zusätzlich zu ihrem Schlafraum ein mit ihrem Schlafraum unmittelbar in Verbindung stehender Wohnraum, Tagesraum oder gleichwertiger zusätzlicher Raum zur Verfügung stehen; Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000 können von der zuständigen Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute von dieser Anforderung ausgenommen werden; n)

die Ausstattung muss für jeden Bewohner einen Kleiderspind von ausreichender Grösse (mindestens 475 Liter) und eine Kommode oder ein entsprechendes Behältnis von mindestens 56 Liter umfassen; ist die Kommode in den Kleiderspind integriert, muss das gemeinsame Mindestvolumen des Kleiderspinds 500 Liter betragen; er muss mit einem Fach und einer Verschlussvorrichtung versehen sein, um die Privatsphäre zu gewährleisten;

o)

jeder Schlafraum muss mit einem fest angebrachten, aufklappbaren oder ausziehbaren Tisch oder Pult und mit den erforderlichen bequemen Sitzgelegenheiten ausgestattet sein.

10. Hinsichtlich der Anforderungen an Messen: a)

Messen sind getrennt von den Schlafräumen möglichst nahe an der Küche anzuordnen; Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000 können von der zuständigen Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute von dieser Anforderung ausgenommen werden;

b)

Messen haben eine angemessene Grösse und einen ausreichenden Komfort aufzuweisen und ansprechend möbliert und ausgestattet zu sein (einschliesslich Vorrichtungen für die ständige Bereithaltung von Erfrischungen), wobei sie für die Anzahl der Seeleute ausreichend sein müssen, die sie üblicherweise gleichzeitig benutzen; soweit erforderlich, sind Vorkehrungen für getrennte oder gemeinsame Messen zu treffen.

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Seearbeitsübereinkommen 2006

11. Hinsichtlich der Anforderungen an Sanitäreinrichtungen: a)

alle Seeleute müssen an Bord bequemen Zugang zu sanitären Einrichtungen haben, die den Mindestgesundheits- und Hygieneanforderungen genügen und die einen angemessenen Komfort aufweisen; es sind getrennte Sanitäreinrichtungen für Männer und Frauen vorzusehen;

b)

es sind sanitäre Einrichtungen mit leichtem Zugang von der Brücke und dem Maschinenraum oder nahe dem Maschinenleitstand vorzusehen; Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000 können von der zuständigen Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute von dieser Anforderung ausgenommen werden;

c)

alle Schiffe müssen mindestens mit einer Toilette, einem Waschbecken und einer Badewanne oder Dusche, oder beidem, für je sechs Personen oder weniger, für die keine persönlichen Einrichtungen dieser Art vorhanden sind, an geeigneter Stelle ausgestattet sein;

d)

mit Ausnahme von Fahrgastschiffen muss jeder Schlafraum mit einem eigenen Waschbecken mit fliessendem kalten und warmen Frischwasser ausgestattet sein, es sei denn, dass ein solches Waschbecken bereits in einem privaten Bad vorhanden ist;

e)

bei Fahrgastschiffen, die normalerweise zu Reisen mit einer Fahrtdauer von höchstens vier Stunden eingesetzt werden, kann die zuständige Stelle Sonderregelungen oder eine Herabsetzung der Anzahl der vorgeschriebenen sanitären Einrichtungen in Erwägung ziehen;

f)

warmes und kaltes Frischwasser muss an allen Waschstellen vorhanden sein.

12. Was Anforderungen an Krankenräume betrifft, so müssen Schiffe mit 15 oder mehr Seeleuten an Bord und einer Reisedauer von mehr als drei Tagen über einen getrennten Krankenraum verfügen, der nur für medizinische Zwecke verwendet werden darf; die zuständige Stelle kann für Schiffe in der Küstenfahrt Abweichungen von dieser Anforderung zulassen; bei der Zulassung der Krankenräume hat die zuständige Stelle sicherzustellen, dass der Krankenraum bei jedem Wetter leicht zugänglich ist, die Kranken bequem untergebracht werden können und sie eine unverzügliche und angemessene Betreuung erhalten.

13. Es sind leicht zugängliche Einrichtungen zum Waschen, Trocknen und Bügeln der Wäsche vorzusehen.

14. Auf allen Schiffen sind für dienstfreie Seeleute ein oder mehrere Freizeitbereiche an Deck vorzusehen; die Bereiche sind entsprechend der Grösse des Schiffes und der Anzahl der an Bord befindlichen Seeleute zu bemessen.

15. Auf allen Schiffen sind getrennte Büroräume oder ein gemeinsames Schiffsbüro für den Decksdienst und den Maschinendienst vorzusehen; Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 3.000 können von der zuständigen Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute von dieser Anforderung ausgenommen werden.

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Seearbeitsübereinkommen 2006

16. Auf Schiffen, die regelmässig Häfen in Moskitogebieten anlaufen, sind entsprechend den Anforderungen der zuständigen Stelle geeignete Schutzvorrichtungen anzubringen.

17. Angemessene Einrichtungen, Angebote und Dienste zur Erholung und Freizeitgestaltung, die den besonderen Bedürfnissen der an Bord lebenden und arbeitenden Seeleute Rechnung tragen, haben für das Wohlbefinden aller Seeleute an Bord zur Verfügung zu stehen, wobei die Regel 4.3 und die dazugehörigen Bestimmungen im Code über den Schutz der Gesundheit und Sicherheit und die Unfallverhütung entsprechend zu berücksichtigen sind.

18. Die zuständige Stelle hat häufige Überprüfungen durch oder unter der Verantwortung des Kapitäns auf dem Schiff vorzuschreiben, damit sichergestellt ist, dass die Unterkünfte der Seeleute sauber, angemessen wohnlich sind und sich in einem guten Allgemeinzustand befinden. Die Ergebnisse solcher Überprüfungen sind schriftlich niederzulegen und für Kontrollen bereitzuhalten.

19. Für Schiffe, bei denen die Interessen von Seeleuten mit unterschiedlichen religiösen und sozialen Gebräuchen zu berücksichtigen sind, kann die zuständige Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute ohne irgendwelche Diskriminierung angemessene Abweichungen von den Bestimmungen dieser Norm zulassen, sofern die dadurch entstehenden Verhältnisse im Ganzen nicht ungünstiger sind als die Verhältnisse, die sich aus der Anwendung dieser Norm ergeben würden.

20. Jedes Mitglied kann nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 200 von den Anforderungen der nachfolgenden Bestimmungen dieser Norm ausnehmen, soweit dies unter Berücksichtigung der Grösse des Schiffes und der Anzahl von Personen an Bord angemessen ist: a)

Absatz 7 Buchstabe b), 11 Buchstabe d) und 13;

b)

Absatz 9 Buchstabe f) und h) bis einschliesslich Buchstabe l) lediglich in Bezug auf die Bodenfläche.

21. Ausnahmen von den Anforderungen dieser Norm dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie in dieser Norm ausdrücklich zugelassen sind, und nur für besondere Umstände, in denen sich solche Ausnahmen aus stichhaltigen Gründen eindeutig rechtfertigen lassen, sowie vorbehaltlich des Schutzes der Gesundheit und Sicherheit der Seeleute.

Leitlinie B3.1

Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen

Leitlinie B3.1.1

Entwurf und Bau

1. Die Aussenwände von Schlafräumen und Messen sollten angemessen isoliert sein. Alle Maschinengehäuse und alle Wände von Küchen und anderen Räumen mit Wärmeabstrahlung sollten angemessen isoliert sein, wenn die Möglichkeit besteht, dass sich die Hitze belästigend auf die angrenzenden Räume oder Gänge auswirkt.

Zum Schutz gegen die Auswirkungen der Hitze von Dampf- oder Heisswasserrohren oder beiden sollten ebenfalls Vorkehrungen getroffen werden.

5643

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Schlafräume, Messen und Freizeiträume sowie zu den Unterkunftsräumen führende Gänge sollten angemessen isoliert sein, um Feuchtigkeitsniederschläge oder Überhitzung zu vermeiden.

3. Die Wände und Decken sollten aus Werkstoffen hergestellt sein, deren Oberfläche leicht gesäubert werden kann. Sie sollten so konstruiert sein, dass sich kein Ungeziefer einnisten kann.

4. Die Wände und Decken von Schlafräumen und Messen sollten leicht zu säubern und mit hellen, haltbaren und giftfreien Farbanstrichen versehen sein.

5. Die Böden in allen Unterkünften sollten aus genehmigtem Material bestehen, rutschfest und in bewährter Weise gebaut sein; die Fussböden sollten feuchtigkeitsundurchlässig und leicht zu säubern sein.

6. Die Übergänge zwischen Fussbodenbelägen aus Verbundwerkstoffen und Wänden sollten so mit Profilen versehen sein, dass Fugen möglichst vermieden werden.

Leitlinie B3.1.2

Lüftung

1. Die Lüftungsanlage für Schlafräume und Messen sollte so einstellbar sein, dass die Luftbeschaffenheit bei jedem Wetter und Klima befriedigend bleibt und eine ausreichende Lufterneuerung gewährleistet ist.

2. Klimaanlagen sollten, gleichviel ob es sich um ein zentralisiertes oder ein aus einzelnen Aggregaten bestehendes System handelt, so beschaffen sein, dass a)

im Vergleich zu den Aussenluftbedingungen eine befriedigende Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit aufrechterhalten und eine ausreichende Lufterneuerung in allen klimatisierten Räumen gewährleistet wird, sie den Besonderheiten des Schiffsbetriebs auf See Rechnung tragen und keine übermässigen Geräusche oder Vibrationen verursachen;

b)

sie leicht gesäubert und desinfiziert werden können, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhüten oder zu bekämpfen.

3. Wenn die Besatzung an Bord wohnt oder arbeitet und die Umstände es erfordern, sollte elektrischer Strom für den Betrieb der Klimaanlage und der anderen mechanischen Lüftungsanlagen gemäss den vorangehenden Absätzen dieser Leitlinie stets verfügbar sein. Der Einsatz von Notstromaggregaten sollte hierfür jedoch nicht vorgesehen werden.

Leitlinie B3.1.3

Heizung

1. Wenn die Seeleute an Bord wohnen oder arbeiten und die Witterung es erfordert, sollte die Heizungsanlage stets in Betrieb gehalten werden.

2. Auf Schiffen mit vorgeschriebener Heizungsanlage sollte mit Warmwasser, Warmluft, Strom, Dampf oder gleichwertigen Mitteln geheizt werden. Jedoch sollte in den Unterkunftsbereichen Dampf als Mittel zur Wärmeübertragung nicht benutzt werden. Die Heizungsanlage sollte in der Lage sein, die Unterkünfte der Seeleute unter den Wetter- und Klimabedingungen, denen das Schiff auf der Fahrt normalerweise ausgesetzt ist, wohl temperiert zu erhalten. Die zuständige Stelle sollte die geeigneten Normen hierfür festsetzen.

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Seearbeitsübereinkommen 2006

3. Heizkörper und sonstige Heizgeräte sollten so aufgestellt und, soweit erforderlich, abgeschirmt sein, dass Brandgefahr oder Gefährdung und Belästigung der Bewohner der Räume vermieden werden.

Leitlinie B3.1.4

Beleuchtung

1. Auf allen Schiffen sollten die Unterkünfte der Seeleute mit elektrischem Licht versehen sein. Wenn keine zwei unabhängigen Stromquellen vorhanden sind, sollte eine zusätzliche Beleuchtung mit speziellen Lampen oder Beleuchtungsgeräten für Notfälle vorgesehen werden.

2. In den Schlafräumen sollte jede Koje am Kopfende mit einer Leselampe versehen sein.

3. Die zuständige Stelle sollte geeignete Normen für die Beleuchtung durch Tageslicht und künstliches Licht festsetzen.

Leitlinie B3.1.5

Schlafräume

1. Es sollten geeignete Schlafgelegenheiten an Bord vorhanden sein, die den Seeleuten und Partnern, die sie möglicherweise begleiten, bestmögliche Bequemlichkeit bieten.

2. Dort, wo die Grösse des Schiffes, der geplante Einsatz des Schiffes und seine Einrichtungen dies sinnvoll und durchführbar erscheinen lassen, sollten Schlafräume mit privatem Bad, einschliesslich einer Toilette, geplant und ausgestattet werden, um für angemessene Bequemlichkeit zu sorgen und damit leichter Ordnung gehalten werden kann.

3. Soweit möglich, sollten die Seeleute so auf die Schlafräume verteilt werden, dass die Wachen getrennt sind und die im Tagesdienst tätigen Seeleute ihren Schlafraum nicht mit Wachgängern teilen müssen.

4. Bei Seeleuten, die die Aufgaben von Unteroffizieren ausführen, sollte die Belegung von Schlafräumen zwei Personen pro Raum nicht überschreiten.

5. Es sollte erwogen werden, die in der Norm A3.1 Absatz 9 Buchstabe m) genannte Einrichtung auf zweite technische Offiziere auszudehnen, falls durchführbar.

6. Die von den Kojen, Spinden, Kommoden und Sitzgelegenheiten eingenommene Fläche sollte in die Berechnung der Bodenfläche einbezogen werden. Ausgenommen werden sollten jedoch kleine oder unregelmässige Flächen, die den Bewegungsraum nicht wirksam vergrössern und die nicht als Stellraum verwendet werden können.

7. Es sollten nicht mehr als zwei Kojen übereinander aufgestellt werden; wo sich über einer Koje ein Fenster befindet, sollten Kojen entlang der Schiffswand nicht übereinander aufgestellt werden.

8. Die untere von zwei übereinanderliegenden Kojen sollte mindestens 30 Zentimeter über dem Boden und die obere sollte etwa in der Mitte zwischen dem Boden der unteren Koje und der Unterseite der Decke angebracht sein.

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Seearbeitsübereinkommen 2006

9. Der Rahmen und, soweit vorhanden, die Vorsteckbretter der Koje sollten aus einem zugelassenen ausreichend festen, glatten und gegen Korrosion geschützten Werkstoff bestehen, in dem sich Ungeziefer nur schwer einnisten kann.

10. Werden für die Kojenherstellung Rohrrahmen verwendet, sollten diese völlig geschlossen sein und keine Öffnungen aufweisen, durch die Ungeziefer eindringen kann.

11. Jede Koje sollte mit einer komfortablen Matratze mit gepolsterter Unterseite oder einer kombinierten gepolsterten Matratze, einschliesslich eines Sprungfederbodens oder einer Sprungfedermatratze, ausgestattet sein. Die Matratze und das zur Polsterung verwandte Material sollten aus zugelassenem Material bestehen. Füllungen aus Material, in das sich leicht Ungeziefer einnisten kann, sollte nicht verwendet werden.

12. Bei übereinander aufgestellten Kojen sollte unter der oberen Matratze oder dem Sprungfederrahmen der oberen Koje eine staubdichte Abdeckung angebracht werden.

13. Die Möbel sollten aus glatten, harten Werkstoffen bestehen, die sich nicht verformen und nicht rosten.

14. Die Fenster der Schlafräume sollten mit Vorhängen oder ähnlichen Vorrichtungen ausgestattet sein.

15. Jeder Schlafraum sollte mit einem Spiegel, einem kleinen Schrank für den Toilettenartikelbedarf, einem Bücherbord und einer ausreichenden Zahl von Kleiderhaken ausgestattet sein.

Leitlinie B3.1.6

Messen

1. Messen sollten entweder als Einzel- oder als Gemeinschaftsmessen angeordnet sein. Die Entscheidung in dieser Hinsicht sollte nach Beratung mit den Vertretern der Seeleute und der Reeder getroffen werden und der Zustimmung der zuständigen Stelle unterliegen. Dabei sollten Umstände wie die Grösse des Schiffes und die besonderen kulturellen, religiösen und sozialen Bedürfnisse der Seeleute berücksichtigt werden.

2. Wo getrennte Messen für Seeleute vorzusehen sind, sollten sie getrennt sein für a)

den Kapitän und die Offiziere;

b)

die Unteroffiziere und die übrigen Seeleute.

3. Auf Schiffen mit Ausnahme von Fahrgastschiffen sollte die Bodenfläche der Messen für Seeleute nicht geringer sein als 1,5 Quadratmeter für jeden vorgesehenen Sitzplatz.

4. Auf allen Schiffen sollten die Messen mit Tischen und bequemen Sitzgelegenheiten, die fest angebracht oder beweglich sein können, ausgestattet sein, so dass sie für die grösstmögliche Anzahl von Seeleuten, die sie gleichzeitig aufsuchen könnten, ausreichen.

5. Die folgenden Einrichtungen sollten zu jeder Zeit, in der sich Seeleute an Bord befinden, zur Verfügung stehen:

5646

Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

ein Kühlschrank, der leicht zugänglich sein sollte und dessen Fassungsvermögen für die Anzahl der Personen, die die Messe oder die Messen besuchen, ausreicht;

b)

Einrichtungen für heisse Getränke;

c)

Einrichtungen für kaltes Trinkwasser.

6. Wo vorhandene Pantries nicht über unmittelbare Zugänge von den Messen verfügen, sollten geeignete Spinde für Tischutensilien sowie geeignete Spülvorrichtungen vorhanden sein.

7. Die Oberflächen der Tische und Sitzgelegenheiten sollten aus feuchtigkeitsfesten Werkstoffen hergestellt sein.

Leitlinie B3.1.7

Sanitäre Einrichtungen

1. Waschbecken und Badewannen sollten angemessene Grössen aufweisen und aus zugelassenen glatten Werkstoffen hergestellt sein, die nicht springen, splittern oder rosten.

2. Jede Toilette sollte einem zugelassenen Muster entsprechen und mit einer starken und jederzeit verwendungsbereiten Wasserspülung oder einer anderen Spülung, wie Luftspülung, versehen und einzeln bedienbar sein.

3. Für mehr als eine Person bestimmte sanitäre Einrichtungen sollten folgende Voraussetzungen erfüllen: a)

die Fussböden sollten aus einem zugelassenen dauerhaften Werkstoff hergestellt und sollten leicht zu säubern, feuchtigkeitsfest und mit einem angemessenen Abfluss versehen sein;

b)

die Wände sollten aus Stahl oder einem anderen zugelassenen dauerhaften Werkstoff hergestellt und bis zur Höhe von mindestens 23 Zentimeter über dem Fussboden wasserdicht sein;

c)

die Räume sollten ausreichend beleuchtet, geheizt und belüftet sein;

d)

die Toilettenanlagen sollten in bequemer Nähe von Schlaf- und Waschräumen, aber getrennt von ihnen, gelegen sein, ohne direkten Zugang von den Schlafräumen oder von einem Durchgang zwischen Schlafräumen und Toiletten, der keinen anderen Zugang hat; dies sollte nicht für Toilettenanlagen gelten, die benachbarten Schlafräumen mit einer Gesamtbelegschaft von höchstens vier Seeleuten zugeordnet sind;

e)

befinden sich im gleichen Raum mehrere Toiletten, sollten sie zum Schutz der Privatsphäre ausreichend abgeschirmt sein.

4. Die Einrichtungen zur Wäschepflege, die den Seeleuten zur Verfügung stehen, sollten Folgendes umfassen: a)

Waschmaschinen;

b)

Wäschetrockner oder ausreichend geheizte und belüftete Räume zum Trocknen der Wäsche;

c)

Bügeleisen, Bügelbretter oder gleichwertige Vorrichtungen.

5647

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B3.1.8

Krankenraum

1. Der Krankenraum sollte so beschaffen sein, dass Konsultationen sowie die Gewährung medizinischer Erster Hilfe erleichtert und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten verhindert werden.

2. Zugang, Betten, Beleuchtung, Lüftung, Heizung und Wasserversorgung sollten so angeordnet sein, dass die Bequemlichkeit der Kranken gewährleistet ist und ihre Behandlung erleichtert wird.

3. Die Zahl der im Krankenraum vorzusehenden Betten sollte durch die zuständige Stelle festgelegt werden.

4. Sanitäre Einrichtungen für den ausschliesslichen Gebrauch der Kranken sollten im Krankenraum oder in unmittelbarer Nähe vorhanden sein. Solche sanitären Einrichtungen sollten mindestens mit einer Toilette, einem Waschbecken und einer Badewanne oder Dusche ausgestattet sein.

Leitlinie B3.1.9

Sonstige Einrichtungen

1. Wo getrennte Einrichtungen für das Maschinenpersonal zum Kleiderwechsel vorhanden sind, sollten diese a)

ausserhalb des Maschinenraums liegen und von dort aus leicht zugänglich sein;

b)

mit Einzelspinden sowie mit Badewannen oder Duschen oder mit beidem und Waschbecken mit fliessendem kalten und warmen Frischwasser ausgestattet sein.

Leitlinie B3.1.10 Bettzeug, Messeausstattung und andere Gegenstände 1. Jedes Mitglied sollte in Erwägung ziehen, folgende Grundsätze anzuwenden: a)

sauberes Bettzeug sowie Messeausstattung für alle Seeleute zum Gebrauch an Bord sollten vom Reeder während der Dauer der Tätigkeit an Bord zur Verfügung gestellt werden; die Seeleute sollten für die Rückgabe dieser Gegenstände zu den vom Kapitän festgesetzten Zeiten und bei Beendigung des Borddienstes verantwortlich sein;

b)

as Bettzeug sollte von guter Beschaffenheit sein; Teller, Gläser und andere Messeausstattungen sollten aus zugelassenem und leicht zu säuberndem Material bestehen;

c)

Handtücher, Seife und Toilettenpapier sollten vom Reeder allen Seeleuten zur Verfügung gestellt werden.

Leitlinie B3.1.11 Freizeiteinrichtungen, Post und Vorkehrungen für Schiffsbesuche 1. Freizeiteinrichtungen und -dienste sollten häufig überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie unter Berücksichtigung technischer, betrieblicher und sonstiger Entwicklungen in der Seeschifffahrt den Bedürfnissen der Seeleute entsprechen.

2. Die Ausstattung der Freizeiteinrichtungen sollte mindestens einen Bücherschrank sowie Gelegenheiten zum Lesen und Schreiben und, soweit möglich, für Spiele umfassen.

5648

Seearbeitsübereinkommen 2006

3. Bei der Planung von Freizeiteinrichtungen sollte die zuständige Stelle die Einrichtung einer Kantine in Erwägung zu ziehen.

4. Es sollte auch in Erwägung gezogen werden, soweit möglich, für Seeleute kostenlos folgende Einrichtungen an Bord bereitzustellen: a)

einen Raucherraum;

b)

Empfang von Fernseh- und Rundfunkprogrammen;

c)

Vorführung von Filmen, deren Bestand für die Dauer der Reise ausreichend sein und, falls erforderlich, in angemessenen Zeitabständen ausgetauscht werden sollte;

d)

Sportgeräte einschliesslich Fitnessgeräten, Tischspielen und Deckspielen;

e)

soweit möglich, Schwimmgelegenheiten;

f)

eine Bibliothek mit berufsbildenden und anderen Büchern, deren Bestand für die Dauer der Reise ausreichend sein und in angemessenen Zeitabständen ausgetauscht werden sollte;

g)

Gelegenheit für handwerkliche Betätigung zur Entspannung;

h)

elektronische Geräte, wie zum Beispiel Radio, Fernseher, Videorekorder, DVD/CD- Spieler, Personalcomputer und Software sowie Kassettenrekorder/-spieler;

i)

soweit dies angebracht ist und nicht mit nationalen, religiösen und sozialen Gebräuchen im Widerspruch steht, sollte die Einrichtung von Schiffsbars für Seeleute in Erwägung gezogen werden;

j)

angemessener Zugang zu Schiff-Land-Fernsprechverbindungen, E-Mailund Internet-Diensten, soweit vorhanden, und etwaige Gebühren für die Benutzung dieser Dienste sollten preisgünstig sein.

5. Es sollte alles getan werden, um sicherzustellen, dass die Post der Seeleute möglichst verlässlich und unverzüglich zugestellt wird. Ferner sollte angestrebt werden, dass Seeleute kein Nachporto zu zahlen haben, wenn ihre Post aus Gründen, die sich ihrem Einfluss entziehen, umadressiert werden muss.

6. Sofern es möglich und vertretbar ist, sollten vorbehaltlich etwaiger nationaler oder internationaler Rechtsvorschriften Massnahmen getroffen werden, um zu gewährleisten, dass Seeleute zügig die Erlaubnis erhalten, bei Hafenaufenthalten Besuch von ihren Partnern, Verwandten und Freunden an Bord zu empfangen.

Solche Massnahmen sollten Belange der Gefahrenabwehr berücksichtigen.

7. Sofern dies durchführbar und vertretbar ist, sollte die Möglichkeit geprüft werden, es den Seeleuten zu gestatten, sich gelegentlich von ihren Partnern auf Fahrten begleiten zu lassen. Die Partner sollten ausreichend gegen Unfall und Krankheit versichert sein; der Reeder sollte den Seeleuten beim Abschluss einer solchen Versicherung in jeder Weise behilflich sein.

5649

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B3.1.12 Verhütung von Lärm und Vibrationen 1. Unterkünfte sowie Freizeit- und Verpflegungseinrichtungen sollten in möglichst grosser Entfernung von dem Maschinenraum, dem Rudermaschinenraum, den Ladewinden, den Lüftungs-, Heizungs- und Klimaanlagen und anderen lärmerzeugenden Maschinen und Anlagen angeordnet werden.

2. Beim Bau und bei der Verkleidung der Wände, Decken und Böden in den Lärmquellen aufweisenden Räumen sowie von selbst schliessenden schalldichten Türen in Maschinenräumen sollten Schallabdichtungen und andere geeignete schallschluckende Materialien verwandt werden.

3. Für das Maschinenraumpersonal sollten, soweit dies durchführbar ist, im Maschinenraum und anderen Räumen, in denen sich Maschinen befinden, schalldichte Leitstände vorgesehen werden. Arbeitsräume, wie zum Beispiel die Maschinenwerkstatt, sollten, soweit dies durchführbar ist, vom allgemeinen Maschinenraumlärm isoliert werden, und es sollten Massnahmen zur Verringerung des Betriebslärms der Maschinen ergriffen werden.

4. Die Lärmpegelbegrenzungen für Arbeits- und Aufenthaltsräume sollten den in den internationalen Leitlinien der IAO über Expositionspegel, einschliesslich derjenigen in der IAA-Richtliniensammlung mit dem Titel Umgebungsfaktoren am Arbeitsplatz, 2001, und gegebenenfalls den speziellen, von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation sowie späteren geänderten und ergänzenden Instrumenten empfohlenen Schutznormen über vertretbare Lärmpegel an Bord von Schiffen entsprechen. Eine Kopie der anwendbaren Instrumente in Englisch oder in der Arbeitssprache des Schiffes sollte an Bord mitgeführt werden und den Seeleuten zugänglich sein.

5. Unterkünfte und Freizeit- und Verpflegungseinrichtungen sollten keinen übermässigen Vibrationen ausgesetzt sein.

Regel 3.2

Verpflegung einschliesslich Bedienung

Zweck: Sicherzustellen, dass die Seeleute Zugang zu Nahrungsmitteln und Trinkwasser von guter Qualität unter vorgeschriebenen hygienischen Bedingungen haben 1. Jedes Mitglied hat dafür zu sorgen, dass auf Schiffen unter seiner Flagge genügend Verpflegung und Trinkwasser von geeigneter Qualität und mit geeignetem Nährwert mitgeführt und ausgegeben werden, die den Bedarf des Schiffes ausreichend decken und unterschiedlichen religiösen und kulturellen Gebräuchen Rechnung tragen.

2. Die Seeleute haben während ihrer Tätigkeit an Bord Anspruch auf kostenfreie Verpflegung.

3. Als Schiffsköche beschäftigte Seeleute, die für die Zubereitung von Speisen verantwortlich sind, müssen für ihre Tätigkeiten ausgebildet und qualifiziert sein.

5650

Seearbeitsübereinkommen 2006

Norm A3.2

Verpflegung einschliesslich Bedienung

1. Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften oder sonstige Massnahmen zu erlassen, um Mindestnormen für die Quantität und Qualität der Verpflegung und des Trinkwassers und für die Anforderungen an die Zubereitung der an die Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge ausgegebenen Speisen vorzusehen und hat Aufklärungsarbeiten zu leisten, um das Bewusstsein für die in diesem Absatz genannten Normen und ihre Umsetzung zu fördern.

2. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass Schiffe unter seiner Flagge die folgenden Mindestnormen erfüllen: a)

eine unter Berücksichtigung der Anzahl der Seeleute an Bord, ihrer kulturellen Eigenheiten und religiösen Gebräuche, soweit sie sich auf das Essen beziehen, und der Dauer und Art der Reise nach Menge, Nährwert, Güte und Abwechslung angemessene Versorgung mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser;

b)

die Einrichtung und Ausstattung des Verpflegungsdienstes an Bord jedes Schiffes sind so zu gestalten, dass die Seeleute ausreichende, abwechslungsreiche und nahrhafte sowie nach hygienischen Standards zubereitete Mahlzeiten erhalten;

c)

das Personal des Verpflegungsdienstes muss für seine Aufgaben an Bord ordnungsgemäss ausgebildet sein.

3. Reeder müssen sicherstellen, dass als Schiffskoch angestellte Seeleute hierfür ausgebildet und qualifiziert sind und die Anforderungen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitglieds an die Position erfüllen.

4. Die Anforderungen nach Absatz 3 dieser Norm haben den erfolgreichen Abschluss eines von der zuständigen Stelle gebilligten oder anerkannten Lehrgangs zu umfassen, der sich mit praktischen Kenntnissen über die Zubereitung von Speisen, Nahrungsmittel- und persönlicher Hygiene, der Nahrungsmittellagerung, der Kontrolle des Lagerbestands, dem Umweltschutz und der Gesundheit und Sicherheit bei der Verpflegung befasst.

5. An Bord von Schiffen mit einer vorgeschriebenen Mannschaftsstärke von weniger als zehn Personen, die aufgrund der Mannschaftsgrösse oder Einsatzart von der zuständigen Stelle nicht verpflichtet werden, einen voll qualifizierten Koch an Bord zu haben, muss jeder, der in der Küche Speisen zubereitet, eine Ausbildung oder Unterweisung in Bereichen wie Nahrungsmittel- und persönliche Hygiene sowie Handhabung und Lagerung von Verpflegung an Bord erhalten.

6. In aussergewöhnlichen Notfällen kann die zuständige Stelle eine Ausnahmegenehmigung erteilen, die es einem nicht voll qualifizierten Koch gestattet, auf einem bestimmten Schiff während einer bestimmten begrenzten Zeit bis zum nächsten leicht erreichbaren Anlaufhafen oder während eines Zeitraums von höchstens einem Monat zu arbeiten, vorausgesetzt, dass die Person, der die Ausnahmegenehmigung erteilt wird, in Bereichen wie Nahrungsmittel- und persönliche Hygiene sowie Handhabung und Lagerung von Verpflegung an Bord ausgebildet oder unterwiesen wird.

5651

Seearbeitsübereinkommen 2006

7. In Übereinstimmung mit den Verfahren für die fortlaufende Erfüllung der Anforderungen nach Titel 5 hat die zuständige Stelle vorzuschreiben, dass häufige dokumentierte Überprüfungen durch den Kapitän oder unter seiner Verantwortung durchgeführt werden in Bezug auf: a)

die Verpflegungs- und Trinkwasservorräte;

b)

alle Räume und Ausrüstungsgegenstände, die der Lagerung von Verpflegung und Trinkwasser dienen;

c)

Küchen und andere Ausrüstungen für die Zubereitung und das Servieren von Speisen.

8. Seeleute unter 18 Jahren dürfen nicht als Schiffskoch beschäftigt oder angeheuert werden oder arbeiten.

Leitlinie B3.2

Verpflegung einschliesslich Bedienung

Leitlinie B3.2.1

Überprüfungen, Ausbildung, Forschung und Veröffentlichungen

1. Die zuständige Stelle sollte in Zusammenarbeit mit anderen in Frage kommenden Behörden und Organisationen die neuesten Informationen über Ernährung und über Einkauf, Lagerung, Aufbewahrung, Zubereitung und Servieren von Speisen unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen an die Verpflegung an Bord von Schiffen sammeln. Diese Informationen sollten den Herstellern und Lieferanten von Schiffsproviant und -ausrüstungen, Kapitänen, Köchen und Stewards sowie den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute kostenlos oder zu angemessenen Kosten zur Verfügung gestellt werden. Hierbei sollten angemessene Formen der Verbreitung genutzt werden, zum Beispiel Handbücher, Broschüren, Plakate, Tabellen oder Anzeigen in Fachzeitschriften.

2. Die zuständige Stelle sollte Empfehlungen zur Vermeidung der Verschwendung von Nahrungsmitteln, zur Einhaltung von angemessenen Hygienestandards sowie zur Sicherstellung eines optimalen Arbeitsumfelds herausgeben.

3. Die zuständige Stelle sollte in Zusammenarbeit mit den einschlägigen Organisationen und Behörden Aufklärungsmaterial und Bordinformationen über die Sicherstellung einer ordnungsgemässen Verpflegung an Bord entwickeln.

4. Die zuständige Stelle sollte mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute und mit den nationalen und lokalen Behörden, die sich mit Ernährungs- und Gesundheitsfragen befassen, eng zusammenarbeiten und kann im Bedarfsfall die Dienste dieser Behörden in Anspruch nehmen.

Leitlinie B3.2.2

Schiffsköche

1. Seeleute sollten nur dann als Schiffskoch qualifiziert sein, wenn sie a)

5652

eine von der zuständigen Stelle vorzuschreibende Mindestseefahrtzeit erfüllt haben, die unter Berücksichtigung vorhandener relevanter Qualifikationen oder Erfahrung unterschiedlich ausfallen kann;

Seearbeitsübereinkommen 2006

b)

eine von der zuständigen Stelle vorgeschriebene Prüfung oder eine gleichwertige Prüfung in einem anerkannten Kochkurs bestanden haben.

2. Die vorgeschriebene Prüfung und die Ausstellung der Zeugnisse können entweder unmittelbar durch die zuständige Stelle oder, unter ihrer Aufsicht, durch eine anerkannte Kochschule vorgenommen werden.

3. Die zuständige Stelle sollte die Möglichkeit der Anerkennung von Befähigungszeugnissen vorsehen, die von anderen Mitgliedern, die dieses Übereinkommen oder das Übereinkommen (Nr. 69) über den Befähigungsausweis für Schiffsköche, 1946, ratifiziert haben, oder von anderen anerkannten Stellen ausgestellt worden sind.

Titel 4 Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung, soziale Betreuung und Gewährleistung der sozialen Sicherheit Regel 4.1

Medizinische Betreuung an Bord und an Land

Zweck: Schutz der Gesundheit der Seeleute und Sicherstellung, dass sie unverzüglich medizinische Betreuung an Bord und an Land erhalten 1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass für alle auf Schiffen unter seiner Flagge fahrenden Seeleute angemessene Massnahmen zum Schutz ihrer Gesundheit bestehen und dass die Seeleute, während sie an Bord arbeiten, Zugang zu unverzüglicher und angemessener medizinischer Betreuung haben.

2. Der Schutz und die Betreuung nach Absatz 1 dieser Regel haben für die Seeleute grundsätzlich kostenfrei zu sein.

3. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass Seeleute auf Schiffen, die sich in seinem Hoheitsgebiet aufhalten, Zugang zu den medizinischen Einrichtungen an Land des Mitglieds haben, wenn sie der unverzüglichen medizinischen Betreuung bedürfen.

4. Die im Code festgelegten Massnahmen für den Gesundheitsschutz und die medizinische Betreuung schliessen Normen für Massnahmen ein, die darauf abzielen, den Seeleuten soweit wie möglich einen Gesundheitsschutz und eine medizinische Betreuung zu gewährleisten, wie sie im Allgemeinen den Arbeitnehmern an Land zur Verfügung stehen.

Norm A4.1

Medizinische Betreuung an Bord und an Land

1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass Massnahmen für den Gesundheitsschutz und die medizinische Betreuung, einschliesslich einer notwendigen Zahnbehandlung, für die Seeleute, die auf Schiffen unter seiner Flagge arbeiten, getroffen werden, die a)

sicherstellen, dass alle allgemeinen Bestimmungen über den Gesundheitsschutz bei der Arbeit und über die medizinische Betreuung, die für ihre Aufgaben von Belang sind, sowie alle die Arbeit an Bord betreffenden besonderen Bestimmungen angewendet werden;

5653

Seearbeitsübereinkommen 2006

b)

sicherstellen, dass Seeleute soweit wie möglich einen Gesundheitsschutz und eine medizinische Betreuung erhalten, wie sie im Allgemeinen den Arbeitnehmern an Land zur Verfügung stehen, einschliesslich des unverzüglichen Zugangs zu den notwendigen Medikamenten, medizinischen Geräten und Einrichtungen für Diagnose und Behandlung und zu medizinischen Informationen und Fachauskünften;

c)

den Seeleuten das Recht geben, in den Anlaufhäfen unverzüglich einen qualifizierten Arzt oder Zahnarzt aufzusuchen, soweit dies möglich ist;

d)

sicherstellen, dass in dem Mass, wie dies mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis im Einklang steht, den Seeleuten an Bord oder beim Aufenthalt in einem ausländischen Hafen kostenlos medizinische Betreuung und Gesundheitsschutz gewährt werden;

e)

nicht auf die Behandlung kranker oder verletzter Seeleute beschränkt sind, sondern auch vorbeugende Massnahmen wie Programme zur Gesundheitsförderung und zur Gesundheitserziehung umfassen.

2. Die zuständige Stelle hat ein einheitliches ärztliches Berichtsformular für die Verwendung durch die Kapitäne und das zuständige medizinische Personal an Land und an Bord vorzusehen. Das ausgefüllte Berichtsformular und die darin enthaltenen Angaben sind vertraulich zu behandeln und dürfen nur genutzt werden, um die Behandlung der Seeleute zu erleichtern.

3. Jedes Mitglied hat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften Anforderungen an Krankenräume, Ausrüstungen, Geräte und Ausbildung für die medizinische Betreuung auf Schiffen unter seiner Flagge festzulegen.

4. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften haben folgende Mindestanforderungen vorzusehen: a)

alle Schiffe sind mit einer Schiffsapotheke, medizinischer Ausrüstung und einem medizinischen Handbuch auszustatten, deren Anforderungen von der zuständigen Stelle vorzuschreiben und von dieser regelmässig zu überprüfen sind; die innerstaatlichen Anforderungen haben den Schiffstyp, die Anzahl der an Bord befindlichen Personen sowie Art, Dauer und Ziel der Reisen und einschlägige auf nationaler und internationaler Ebene empfohlene ärztliche Normen zu berücksichtigen;

b)

auf Schiffen mit 100 oder mehr Personen an Bord, die gewöhnlich zu internationalen Reisen mit einer Fahrtdauer von mehr als drei Tagen eingesetzt werden, muss ein qualifizierter Arzt an Bord vorhanden sein, der für die ärztliche Betreuung verantwortlich ist; die innerstaatlichen Rechtsvorschriften haben auch zu bestimmen, welche weiteren Schiffe einen Arzt an Bord haben müssen, wobei unter anderem Faktoren wie Dauer, Art und Umstände der Reise und die Anzahl der an Bord befindlichen Seeleute zu berücksichtigen sind;

c)

auf Schiffen ohne Arzt muss mindestens eine Person, der im Rahmen ihrer normalen Pflichten die medizinische Betreuung und die Verabreichung von Arzneimitteln obliegt, oder mindestens eine Person, die für die Erteilung von medizinischer Erster Hilfe zuständig ist, an Bord vorhanden sein; die für die

5654

Seearbeitsübereinkommen 2006

medizinische Betreuung an Bord zuständigen Personen, die keine Ärzte sind, müssen einen von der zuständigen Stelle anerkannten Lehrgang für medizinische Betreuung erfolgreich abgeschlossen haben, der den Anforderungen des Internationalen Übereinkommens über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten, 1978, in der geänderten Fassung (STCW), entspricht; Seeleute, die für die Erteilung der medizinischen Ersten Hilfe verantwortlich sind, müssen eine Ausbildung in Erster Hilfe erfolgreich abgeschlossen haben, die die Anforderungen des STCW erfüllt; die innerstaatlichen Rechtsvorschriften haben die Ebene der geforderten anerkannten Ausbildung unter Berücksichtigung von Faktoren wie Dauer, Art und Umstände der Reise sowie Anzahl der an Bord befindlichen Seeleute festzulegen; d)

die zuständige Stelle hat durch vorsorgliche Massnahmen sicherzustellen, dass eine funk- oder satellitenfunkärztliche Beratung einschliesslich fachärztlicher Beratung den Schiffen auf See rund um die Uhr zur Verfügung steht; eine solche ärztliche Beratung, einschliesslich der Übertragung ärztlicher Mitteilungen über Funk oder Satellitenfunk zwischen einem Schiff und dem Beratungspersonal an Land, hat allen Schiffen ungeachtet der Flagge, die sie führen, kostenfrei zur Verfügung zu stehen.

Leitlinie B4.1

Medizinische Betreuung an Bord und an Land

Leitlinie B4.1.1

Medizinische Betreuungsmassnahmen

1. Bei der Festlegung der Ebene, die für die medizinische Ausbildung für Schiffe ohne Arzt an Bord vorgesehen werden muss, sollte die zuständige Stelle vorschreiben, dass a)

Schiffe, die üblicherweise innerhalb von acht Stunden fachliche medizinische Betreuung und medizinische Einrichtungen erreichen können, mindestens eine bezeichnete Person mit einer vorschriftsmässigen Ausbildung in medizinischer Erster Hilfe gemäss den Anforderungen des STCW an Bord haben sollten, durch die solche Personen in der Lage sind, sofortige und wirksame Massnahmen bei Unfällen oder Erkrankungen, wie sie an Bord vorkommen können, zu ergreifen und von funk- oder satellitenfunkärztlicher Beratung Gebrauch zu machen;

b)

alle anderen Schiffe mindestens eine bezeichnete Person mit einer vorschriftsmässigen Ausbildung in medizinischer Betreuung gemäss den Anforderungen des STCW an Bord haben sollten, einschliesslich einer praktischen Ausbildung und einer Ausbildung in Lebensrettungstechniken wie intravenöser Therapie, die die betreffende Person in die Lage versetzt, sich wirksam an koordinierten Programmen der medizinischen Hilfe für Schiffe auf See zu beteiligen und Kranken und Verletzten eine ausreichende medizinische Betreuung während der Zeit zu gewährleisten, die sie voraussichtlich noch an Bord verbleiben.

2. Die in Absatz 1 dieser Leitlinie genannte Ausbildung sollte auf dem Inhalt der neuesten Ausgabe des Internationalen ärztlichen Leitfadens für Schiffe, der Richtlinien für medizinische Erste Hilfe bei Unfällen durch gefährliche Güter, des Leit5655

Seearbeitsübereinkommen 2006

fadens Internationale Richtlinien für die Seeschifffahrtsausbildung und des medizinischen Abschnitts des Internationalen Signalbuchs sowie ähnlicher innerstaatlicher Leitfäden beruhen.

3. Die in Absatz 1 dieser Leitlinie erwähnten Personen und alle anderen von der zuständigen Stelle bestimmten Seeleute sollten etwa alle fünf Jahre einen Fortbildungslehrgang absolvieren, damit sie ihre Kenntnisse und Fertigkeiten erhalten und verbessern sowie mit neuen Entwicklungen Schritt halten können.

4. Die Schiffsapotheke und ihr Inhalt sowie die mitgeführte medizinische Ausrüstung und der ärztliche Leitfaden sollten ordnungsgemäss in Stand gehalten und in regelmässigen Zeitabständen, die zwölf Monate nicht überschreiten dürfen, durch von der zuständigen Stelle bestimmte verantwortliche Personen überprüft werden; diese sollten dafür sorgen, dass die Kennzeichnung, die Verfalldaten und die Aufbewahrungsbedingungen aller Arzneimittel sowie die Anweisungen für ihren Gebrauch kontrolliert werden und dass die Ausrüstungen in der vorgeschriebenen Weise funktionieren. Bei der Annahme oder Überprüfung des auf innerstaatlicher Ebene verwendeten ärztlichen Leitfadens für Schiffe sollte die zuständige Stelle die einschlägigen internationalen Empfehlungen, einschliesslich der neuesten Ausgabe des Internationalen ärztlichen Leitfadens für Schiffe, sowie die anderen in Absatz 2 dieser Leitlinie genannten Leitfäden berücksichtigen.

5. In den Fällen, in denen eine als gefährlich klassifizierte Fracht nicht in der neuesten Ausgabe der Richtlinien für medizinische Erste Hilfe bei Unfällen durch gefährliche Güter enthalten ist, sollten den Seeleuten die notwendigen Informationen über die Art der Stoffe, die damit verbundenen Risiken, die erforderlichen persönlichen Schutzmittel, die einschlägigen medizinischen Verfahren und die speziellen Gegenmittel verfügbar gemacht werden. Solche speziellen Gegenmittel und persönlichen Schutzmittel sollten bei der Beförderung gefährlicher Güter stets an Bord mitgeführt werden. Diese Informationen sollten in die Politiken und Programme des Schiffes im Bereich des Arbeitsschutzes einbezogen werden, beschrieben in der Regel 4.3 und den dazugehörigen Bestimmungen des Codes.

6. Alle Schiffe sollten ein vollständiges und auf dem neuesten Stand befindliches Verzeichnis der Funkstationen mitführen,
über die eine ärztliche Beratung erhältlich ist, und, falls sie mit einem Satellitenfunksystem ausgestattet sind, sollten sie ein vollständiges und auf dem neuesten Stand befindliches Verzeichnis der KüstenBodenstationen mitführen, über die eine ärztliche Beratung erhältlich ist. Seeleute, die an Bord für die medizinische Betreuung oder medizinische Erste Hilfe zuständig sind, sollten im Gebrauch des ärztlichen Leitfadens für Schiffe und des medizinischen Abschnitts der neuesten Ausgabe des Internationalen Signalbuchs unterwiesen werden, um sie in die Lage zu versetzen, die von dem befragten Arzt benötigten Angaben sowie den erteilten Rat zu verstehen.

Leitlinie B4.1.2

Ärztliches Berichtsformular

1. Das in Teil A dieses Codes vorgeschriebene einheitliche ärztliche Berichtsformular für Seeleute sollte so gestaltet sein, dass der Austausch medizinischer und damit zusammenhängender Angaben über einzelne Seeleute bei Erkrankungen oder Unfällen zwischen Schiff und Land erleichtert wird.

5656

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B4.1.3

Medizinische Betreuung an Land

1. Medizinische Einrichtungen an Land für die Behandlung von Seeleuten sollten für diese Zwecke angemessen sein. Die Ärzte, Zahnärzte und das übrige medizinische Personal sollten ordnungsgemäss qualifiziert sein.

2. Es sollten Massnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass Seeleuten im Hafen Folgendes zugänglich ist: a)

ambulante Behandlung im Krankheitsfall und bei Unfällen;

b)

die Aufnahme in ein Krankenhaus, falls erforderlich;

c)

ahnärztliche Behandlung, insbesondere in Notfällen.

3. Es sollten geeignete Massnahmen ergriffen werden, um die Behandlung kranker Seeleute zu erleichtern. Insbesondere sollten Seeleute unverzüglich in Kliniken und Krankenhäuser in den Häfen aufgenommen werden, ohne Behinderung sowie ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit oder des Glaubensbekenntnisses, und, soweit dies möglich ist, sollten Vorkehrungen zur Ergänzung der ihnen zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten getroffen werden, um dadurch nötigenfalls die Fortdauer der Behandlung zu gewährleisten.

Leitlinie B4.1.4

Medizinische Hilfe für andere Schiffe und internationale Zusammenarbeit

1. Die Mitglieder sollten erwägen, sich an der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Hilfe, Programme und Forschung auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung zu beteiligen. Diese Zusammenarbeit könnte sich auf Folgendes erstrecken: a)

Entwicklung und Koordinierung von Such- und Rettungsmassnahmen und Veranlassung sofortiger ärztlicher Hilfe und Evakuierung auf See für Schwerkranke oder Schwerverletzte an Bord von Schiffen unter anderem durch Systeme zur regelmässigen Meldung der Schiffsposition, Rettungsleitstellen und Hubschraubernotdienste gemäss dem Internationalen Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See, 1979, in der geänderten Fassung, und dem Internationalen Luft- und Seehandbuch «Suche und Rettung»;

b)

bestmögliche Nutzung aller Schiffe, die einen Arzt mitführen, und der auf See stationierten Schiffe, die Krankenräume und Rettungseinrichtungen bereitstellen können;

c)

Aufstellung und Führung eines internationalen Verzeichnisses von Ärzten und Einrichtungen für die ärztliche Betreuung, die weltweit für die ärztliche Notversorgung von Seeleuten zur Verfügung stehen;

d)

Verbringung von Seeleuten an Land zur Notbehandlung;

e)

Heimschaffung von Seeleuten, die im Ausland in ein Krankenhaus eingeliefert worden sind, sobald dies möglich ist, gemäss dem Rat der behandelnden Ärzte unter Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse der Seeleute;

5657

Seearbeitsübereinkommen 2006

f)

Vorkehrungen für die persönliche Unterstützung von Seeleuten während der Heimschaffung gemäss dem Rat der behandelnden Ärzte unter Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse der Seeleute;

g)

Bemühungen zur Einrichtung von Gesundheitszentren für Seeleute mit der Aufgabe: i) Untersuchungen über den Gesundheitszustand, die medizinische Behandlung und die vorbeugende gesundheitliche Betreuung von Seeleuten durchzuführen; ii) das ärztliche Personal und das Personal von Gesundheitsdiensten in Schifffahrtsmedizin auszubilden;

h)

Erhebung und Auswertung von Statistiken über Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Todesfälle von Seeleuten und Eingliederung der Statistiken in das bestehende innerstaatliche System von Statistiken über Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten anderer Arbeitnehmergruppen unter Abstimmung mit diesem System;

i)

Organisierung des internationalen Austauschs von technischen Informationen, Ausbildungsmaterial und Personal sowie internationaler Ausbildungslehrgänge, Seminare und Arbeitsgruppen;

j)

Bereitstellung besonderer Gesundheits- und medizinischer Dienste zur Behandlung und Vorbeugung für alle Seeleute in den Häfen oder Ermöglichung ihres Zugangs zu den allgemeinen Gesundheits-, medizinischen und Rehabilitationsdiensten;

k)

Veranlassung der Überführung der Leichname oder der Asche verstorbener Seeleute in das Heimatland gemäss den Wünschen der nächsten Angehörigen und sobald dies möglich ist.

2. Die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung der Seeleute sollte auf bi- oder multilateralen Übereinkünften oder auf Konsultationen zwischen den Mitgliedern beruhen.

Leitlinie B4.1.5

Angehörige von Seeleuten

1. Jedes Mitglied sollte Massnahmen zur Gewährleistung einer ordnungsmässigen und ausreichenden medizinischen Betreuung für die in seinem Hoheitsgebiet wohnenden Angehörigen der Seeleute vorsehen, in Erwartung der Entwicklung eines medizinischen Betreuungsdienstes für alle Arbeitnehmer und ihre Angehörigen, wo ein solcher Dienst nicht besteht, und es sollte das Internationale Arbeitsamt über die zu diesem Zweck ergriffenen Massnahmen informieren.

Regel 4.2

Verpflichtungen der Reeder

Zweck: Sicherzustellen, dass Seeleute gegen die finanziellen Folgen bei Krankheit, Verletzung oder Tod im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit geschützt sind 1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass für Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge entsprechend den Bestimmungen im Code Massnahmen getroffen werden, die ihnen das Recht auf materielle Hilfe und Unterstützung hinsichtlich der finan5658

Seearbeitsübereinkommen 2006

ziellen Folgen bei Krankheit, Verletzung oder Tod während ihrer Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsvertrags für Seeleute oder als Folge ihrer Beschäftigung im Rahmen eines solchen Vertrags durch den Reeder gewähren.

2. Diese Regel bleibt ohne Einfluss auf andere Rechtsmittel, die Seeleute möglicherweise in Anspruch nehmen wollen.

Norm A4.2

Verpflichtungen der Reeder

1. Jedes Mitglied hat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorzusehen, dass auf Schiffen unter seiner Flagge die Reeder für den Gesundheitsschutz und die medizinische Betreuung aller an Bord tätigen Seeleute entsprechend den folgenden Mindestnormen verantwortlich sind: a)

die Reeder haben die durch Krankheit und Verletzung der an Bord ihrer Schiffe tätigen Seeleute entstehenden Kosten zwischen dem Dienstbeginn und dem Tag, an dem sie als ordnungsgemäss heimgeschafft gelten oder die als Folge ihrer Tätigkeit in diesem Zeitraum entstanden sind, zu tragen;

b)

die Reeder haben finanzielle Sicherheiten zu stellen, um eine Entschädigung bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit der Seeleute aufgrund von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, dem Beschäftigungsvertrag für Seeleute oder dem Gesamtarbeitsvertrag sicherzustellen;

c)

die Reeder haben die Kosten für die medizinische Betreuung, einschliesslich der medizinischen Behandlung und der Versorgung mit den notwendigen Arzneimitteln und Heilmitteln, sowie Verpflegung und Unterkunft ausserhalb des Wohnorts der Seeleute zu tragen, bis die erkrankten oder verletzten Seeleute wieder gesund sind oder bis die Krankheit oder Erwerbsunfähigkeit als dauernd eingestuft ist;

d)

die Reeder haben die Kosten der Bestattung zu tragen, wenn der Tod während des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses an Bord oder an Land eingetreten ist.

2. Innerstaatliche Rechtsvorschriften können vorsehen, dass die Fürsorgeleistungen des Reeders auf einen Zeitraum beschränkt werden, der nicht weniger als 16 Wochen vom Tag der Verletzung oder des Krankheitsbeginns an betragen darf.

3. Hat die Krankheit oder die Verletzung die Erwerbsunfähigkeit zur Folge, so hat der Reeder a)

die volle Heuer zu zahlen, solange die kranken oder verletzten Seeleute sich an Bord befinden oder bis die Seeleute gemäss diesem Übereinkommen heimgeschafft worden sind;

b)

die volle Heuer oder einen Teil der Heuer nach Massgabe der innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder von Gesamtarbeitsverträgen vom Zeitpunkt der Heimschaffung der Seeleute oder deren Verbringung an Land bis zu ihrer Genesung zu zahlen oder, wenn vorher, bis sie Anspruch auf Geldleistungen nach der Gesetzgebung des betreffenden Mitglieds haben.

5659

Seearbeitsübereinkommen 2006

4. Innerstaatliche Rechtsvorschriften können die Verpflichtung des Reeders zur Zahlung der vollen oder eines Teils der Heuer an abgemusterte Seeleute auf einen Zeitraum beschränken, der nicht weniger als 16 Wochen vom Tage des Unfalls oder des Krankheitsbeginns an betragen darf.

5. Innerstaatliche Rechtsvorschriften können Ausnahmen von der Verpflichtung des Reeders zur Fürsorge vorsehen, wenn a)

die Verletzung ausserhalb des Schiffsdienstes eingetreten ist;

b)

die Verletzung oder Krankheit aufgrund des vorsätzlichen Fehlverhaltens der erkrankten, verletzten oder verstorbenen Seeleute eingetreten ist;

c)

Krankheiten oder Gebrechen bei Abschluss des Heuervertrags absichtlich verschwiegen worden sind.

6. Der Reeder kann durch innerstaatliche Rechtsvorschriften von der Pflicht, die Kosten für die medizinische Betreuung, Verpflegung und Unterkunft und die Bestattung zu tragen, befreit werden, soweit solche Verpflichtungen von staatlichen Stellen übernommen werden.

7. Die Reeder oder ihre Vertreter haben Massnahmen zu ergreifen, um das an Bord zurückgelassene Eigentum der erkrankten, verletzten oder verstorbenen Seeleute in Verwahrung zu nehmen und es ihnen oder ihren nächsten Angehörigen zurückzugeben.

Leitlinie B4.2

Verpflichtungen der Reeder

1. Bei Zahlung der vollen Heuer nach der Norm A4.2 Absatz 3 Buchstabe a) können Prämien unberücksichtigt bleiben.

2. Innerstaatliche Rechtsvorschriften können vorsehen, dass der Reeder von dem Zeitpunkt an nicht mehr für die Kosten erkrankter oder verletzter Seeleute aufkommen muss, ab dem sie Anspruch auf ärztliche Hilfe aufgrund einer Pflichtversicherung gegen Krankheit und Unfall oder einer Unfallhaftpflichtversicherung haben.

3. Innerstaatliche Rechtsvorschriften können die Rückerstattung der vom Reeder getragenen Bestattungskosten durch einen Versicherungsträger in den Fällen vorsehen, in denen aufgrund der Sozialversicherung oder der Unfallhaftpflichtversicherung Sterbegeld gewährt wird.

Regel 4.3

Schutz der Gesundheit und Sicherheit und Unfallverhütung

Zweck: Sicherzustellen, dass die Arbeitsumwelt der Seeleute an Bord dem Arbeitsschutz förderlich ist 1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge einem Arbeitsschutzsystem unterliegen und dass die Seeleute an Bord in sicheren und hygienischen Verhältnissen leben, arbeiten und ausgebildet werden.

2. Jedes Mitglied hat nach Beratung mit den in Betracht kommenden repräsentativen Verbänden der Reeder und der Seeleute und unter Berücksichtigung anwendbarer von internationalen Organisationen, nationalen Behörden und Seeschifffahrtsorganisationen empfohlener Kodizes, Richtlinien und Normen innerstaatliche Richt-

5660

Seearbeitsübereinkommen 2006

linien für das Management des Arbeitsschutzes an Bord der Schiffe unter seiner Flagge auszuarbeiten und bekannt zu machen.

3. Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften und andere Massnahmen zu erlassen, durch die die im Code aufgeführten Angelegenheiten geregelt werden, wobei die einschlägigen internationalen Instrumente zu berücksichtigen sind, und Normen für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung auf Schiffen unter seiner Flagge festzulegen.

Norm A4.3

Schutz der Gesundheit und Sicherheit und Unfallverhütung

1. Die Rechtsvorschriften und anderen Massnahmen, die gemäss der Regel 4.3 Absatz 3 zu erlassen sind, haben Folgendes zu umfassen: a)

die Annahme und effektive Umsetzung sowie Förderung von Politiken und Programmen im Bereich des Arbeitsschutzes auf Schiffen unter der Flagge des Mitglieds, einschliesslich Risikobewertung sowie Ausbildung und Unterweisung von Seeleuten;

b)

angemessene Vorkehrungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten an Bord von Schiffen, einschliesslich Massnahmen zur Reduzierung und Verhütung des Risikos einer schädlichen Exposition gegenüber Umweltfaktoren und Chemikalien und von Verletzungs- oder Krankheitsrisiken, die durch den Einsatz von Anlagen und Maschinen an Bord auftreten können;

c)

Programme an Bord für die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie für ständige Verbesserungen von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz unter Einbeziehung von Vertretern der Seeleute und aller anderen Personen, die ein Interesse an der Umsetzung dieser Massnahmen haben, unter Berücksichtigung von Präventivmassnahmen, einschliesslich Technik- und Konstruktionskontrolle, Substitution von Prozessen und Verfahren für kollektive und individuelle Aufgaben und der Verwendung persönlicher Schutzausrüstung;

d)

Anforderungen für die Überprüfung, Meldung und Beseitigung von unsicheren Arbeitsbedingungen sowie die Untersuchung und Meldung von Arbeitsunfällen an Bord.

2. Die in Absatz 1 dieser Norm genannten Bestimmungen haben a)

die einschlägigen internationalen Instrumente, die sich allgemein mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie mit besonderen Gefährdungen befassen, zu berücksichtigen und auf alle Angelegenheiten einzugehen, die für die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten relevant sind, die gegebenenfalls für die Arbeit der Seeleute gelten, und insbesondere jene, die nur bei der Arbeit an Bord vorkommen;

b)

die Verpflichtungen der Reeder, der Seeleute und der anderen beteiligen Personen zur Einhaltung der anwendbaren Normen und zur Befolgung der Politik und des Programms des Schiffes im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz deutlich anzugeben, wobei der Gesundheit und Sicherheit der Seeleute unter 18 Jahren besondere Beachtung zu schenken ist;

5661

Seearbeitsübereinkommen 2006

c)

die Pflichten des Kapitäns und/oder einer vom Kapitän bezeichneten Person anzugeben, besondere Verantwortung für die Durchführung und Einhaltung der Politik und des Programms des Schiffes im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu übernehmen;

d)

die Befugnisse anzugeben, über die die als Sicherheitsbeauftragte des Schiffes ernannten oder gewählten Seeleute im Hinblick auf die Teilnahme an Tagungen des Sicherheitsausschusses des Schiffes verfügen. Ein solcher Ausschuss ist auf Schiffen mit fünf oder mehr Seeleuten einzurichten.

3. Die Rechtsvorschriften und anderen Massnahmen, die in der Regel 4.3 Absatz 3 genannt werden, sind in Beratung mit den Vertretern der Verbände der Reeder und der Seeleute regelmässig zu überprüfen und, falls erforderlich, zu überarbeiten, um sich ändernden Technologien und neuen Forschungserkenntnissen Rechnung zu tragen, damit eine ständige Verbesserung der Politiken und Programme im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz erleichtert und eine sichere Arbeitsumwelt für Seeleute auf Schiffen unter der Flagge des Mitglieds sichergestellt wird.

4. Die Anforderungen dieses Übereinkommens gelten als erfüllt, wenn die Anforderungen der anwendbaren internationalen Instrumente über eine zulässige Exposition gegenüber Arbeitsplatzgefahren an Bord von Schiffen und über die Entwicklung und Umsetzung der Politiken und Programme im Bereich des Arbeitsschutzes der Schiffe erfüllt werden.

5. Die zuständige Stelle hat sicherzustellen, dass a)

Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten ordnungsgemäss gemeldet werden, wobei die Leitlinien der Internationalen Arbeitsorganisation über die Meldung und Aufzeichnung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu berücksichtigen sind;

b)

umfassende Statistiken über solche Unfälle und Krankheiten geführt, ausgewertet und veröffentlicht werden, gegebenenfalls mit anschliessenden Untersuchungen über allgemeine Unfalltendenzen und die ermittelten Gefahren;

c)

Arbeitsunfälle untersucht werden.

6. Die Berichte und Untersuchungen über Arbeitsschutzbelange sind so zu gestalten, dass der Schutz der personenbezogenen Daten der Seeleute sichergestellt ist, und haben die Anleitungen zu berücksichtigen, die hierzu von der Internationalen Arbeitsorganisation veröffentlicht worden sind.

7. Die zuständige Stelle hat in Zusammenarbeit mit Verbänden der Reeder und der Seeleute Vorkehrungen dafür zu treffen, dass alle Seeleute Informationen über bestimmte Gefahren an Bord von Schiffen erhalten, zum Beispiel durch Aushänge mit entsprechenden Hinweisen.

8. Die zuständige Stelle hat vorzuschreiben, dass Reeder, die eine Risikobewertung hinsichtlich des Arbeitsschutzmanagements vornehmen, Bezug nehmen auf geeignete statistische Informationen von ihren Schiffen und von allgemeinen Statistiken, die von der zuständigen Stelle zur Verfügung gestellt werden.

5662

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B4.3

Schutz der Gesundheit und Sicherheit und Unfallverhütung

Leitlinie B4.3.1

Bestimmungen über Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten

1. Die nach der Norm A4.3 zu erlassenden Bestimmungen sollten der Richtliniensammlung Die Unfallverhütung an Bord von Schiffen auf See und im Hafen, 1996, in der jeweils neuesten Fassung und anderen IAO- sowie sonstigen internationalen Normen, Leitlinien und Richtliniensammlungen über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, einschliesslich der gegebenenfalls angegebenen Expositionsgrenzwerte, Rechnung tragen.

2. Die zuständige Stelle sollte sicherstellen, dass die innerstaatlichen Leitlinien für das Arbeitsschutzmanagement sich insbesondere auf Folgendes beziehen: a)

allgemeine und grundlegende Vorschriften;

b)

schiffbauliche Merkmale des Schiffes, einschliesslich Zugangswege und Asbestgefahren;

c)

Maschinenanlagen;

d)

die Auswirkungen von extrem niedrigen oder hohen Temperaturen von Oberflächen, mit denen Seeleute in Berührung kommen können;

e)

die Auswirkungen von Lärm am Arbeitsplatz und in den Unterkünften;

f)

die Auswirkungen von Vibrationen am Arbeitsplatz und in den Unterkünften;

g)

die Auswirkungen anderer Umgebungsfaktoren als die in Buchstabe e) und f) Aufgeführten am Arbeitsplatz und in den Unterkünften, einschliesslich Tabakrauch;

h)

besondere Sicherheitsmassnahmen an und unter Deck;

i)

Lade- und Löschvorrichtungen;

j)

Brandschutz und Brandbekämpfung;

k)

Anker, Ketten und Trossen;

l)

gefährliche Ladung und Ballast;

m) persönliche Schutzausrüstung für Seeleute; n)

Arbeiten in geschlossenen Räumen;

o)

körperliche und geistige Auswirkungen von Ermüdung;

p)

die Auswirkungen von Drogen- und Alkoholabhängigkeit;

q)

HIV/Aids-Schutz und -Prävention;

r)

Gegenmassnahmen bei Notfällen und Unfällen.

3. Die Bewertung der Gefahren und die Verringerung der Exposition, auf die sich Absatz 2 dieser Leitlinie bezieht, sollten die Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit, einschliesslich Handhabung von Lasten, Lärm und Vibrationen berücksichtigen, sowie die chemischen und biologischen Auswirkungen, die mentalen Auswirkungen, die körperlichen und mentalen Auswirkungen der Ermüdung auf die 5663

Seearbeitsübereinkommen 2006

Gesundheit bei der Arbeit und Berufsunfälle. Die notwendigen Massnahmen sollten den Grundsatz der Prävention gebührend berücksichtigen, gemäss dem, unter anderem, die Bekämpfung der Gefahren an der Quelle, die Anpassung der Arbeit an den Einzelnen, insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung des Arbeitsplatzes, und die Substitution von gefährlichen Aufgaben durch ungefährliche oder weniger gefährliche Aufgaben, Vorrang vor der Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung für Seeleute haben muss.

4. Darüber hinaus sollte die zuständige Stelle sicherstellen, dass die Konsequenzen für die Gesundheit und Sicherheit berücksichtigt werden, insbesondere in folgenden Bereichen: a)

Massnahmen bei Notfällen und Unfällen;

b)

die Auswirkungen von Drogen- und Alkoholabhängigkeit;

c)

HIV/Aids-Schutz und -Prävention.

Leitlinie B4.3.2

Exposition gegenüber Lärm

1. Die zuständige Stelle sollte gemeinsam mit den zuständigen internationalen Institutionen und mit Vertretern der in Betracht kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute fortlaufend das Problem von Lärm an Bord von Schiffen prüfen, mit dem Ziel, den Schutz der Seeleute, soweit dies praktisch durchführbar ist, vor den schädlichen Auswirkungen einer Exposition gegenüber Lärm zu verbessern.

2. Die in Absatz 1 dieser Leitlinie genannte Prüfung sollte sich auf die Auswirkungen übermässigen Lärms auf das Hörvermögen, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Seeleute beziehen sowie auf Massnahmen, die vorgeschrieben oder empfohlen werden sollten, um den Lärm an Bord von Schiffen zum Schutz der Seeleute zu verringern. Die zu erwägenden Massnahmen sollten Folgendes einschliessen: a)

Informieren der Seeleute über die Gefahren für das Hörvermögen und die Gesundheit, die sich bei langdauernder Einwirkung von starkem Lärm ergeben, und über die richtige Verwendung von Lärmschutzmitteln;

b)

soweit erforderlich, Bereitstellung zugelassener Gehörschutzausrüstung für die Seeleute;

c)

Bewertung von Risiken und Verringerung der Exposition gegenüber Lärm in allen Unterkünften und Freizeit- und Verpflegungseinrichtungen sowie in Maschinenräumen und anderen Räumen, in denen sich Maschinen befinden.

Leitlinie B4.3.3

Exposition gegenüber Vibrationen

1. Die zuständige Stelle jedes Mitglieds sollte gemeinsam mit den zuständigen internationalen Institutionen und mit Vertretern der in Betracht kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute sowie gegebenenfalls unter Berücksichtigung einschlägiger internationaler Normen fortlaufend das Problem der Vibrationen an Bord von Schiffen prüfen, mit dem Ziel, den Schutz der Seeleute vor den schädlichen Auswirkungen von Vibrationen, soweit dies praktisch durchführbar ist, zu verbessern.

5664

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Die in Absatz 1 dieser Leitlinie genannte Prüfung sollte sich auf die Auswirkungen einer Exposition gegenüber übermässigen Vibrationen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Seeleute beziehen sowie auf Massnahmen, die vorgeschrieben oder empfohlen werden sollten, um zum Schutz der Seeleute die Vibrationen an Bord von Schiffen zu verringern. Die zu erwägenden Massnahmen sollten Folgendes einschliessen: a)

Informieren der Seeleute über die Gefahren einer langdauernden Exposition gegenüber Vibrationen für ihre Gesundheit;

b)

soweit erforderlich, Bereitstellung zugelassener Schutzausrüstung für die Seeleute;

c)

Bewertung von Risiken und Verringerung der Exposition gegenüber Vibrationen in allen Unterkünften, Freizeit- und Verpflegungseinrichtungen durch Massnahmen unter Berücksichtigung der Anleitungen in der IAA-Richtliniensammlung mit dem Titel Umgebungsfaktoren am Arbeitsplatz, 2001, in der jeweils neuesten Fassung, wobei die unterschiedlichen Expositionen in solchen Bereichen und am Arbeitsplatz zu berücksichtigen sind.

Leitlinie B4.3.4

Verpflichtungen der Reeder

1. Jede Verpflichtung des Reeders zur Bereitstellung von Schutzausrüstung und anderen der Unfallverhütung dienenden Mitteln sollte im Allgemeinen mit Anweisungen verbunden werden, wonach die Seeleute gehalten sind, sie zu verwenden und sich an die einschlägigen Unfallverhütungs- und Gesundheitsschutzmassnahmen zu halten.

2. Ferner sollten die Artikel 7 und 11 des Übereinkommens (Nr. 119) über den Maschinenschutz, 1963, und die entsprechenden Bestimmungen der Empfehlung (Nr. 118) betreffend den Maschinenschutz, 1963, berücksichtigt werden; danach obliegt dem Arbeitgeber die Verpflichtung zur Durchführung der Bestimmung, dass nur Maschinen mit geeigneten Schutzvorrichtungen verwendet werden dürfen und dass ihre Verwendung ohne geeignete Schutzvorrichtungen zu verhindern ist, während der Arbeitnehmer keine Maschine verwenden darf, deren Schutzvorrichtungen nicht ordnungsgemäss angebracht sind, und Schutzvorrichtungen nicht unwirksam machen darf.

Leitlinie B4.3.5

Meldung und Erhebung von Statistiken

1. Alle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sollten gemeldet werden, so dass sie untersucht und umfassende Statistiken geführt, ausgewertet und veröffentlicht werden können, wobei der Schutz der personenbezogenen Daten der betroffenen Seeleute zu berücksichtigen ist. Die Statistiken sollten nicht auf tödliche Unfälle oder auf Schiffsunfälle beschränkt bleiben.

2. Die in Absatz 1 dieser Leitlinie genannten Statistiken sollten Aufschluss geben über die Zahl, die Art, die Ursachen und die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, gegebenenfalls mit klarer Angabe des Unfallorts auf dem Schiff, der Art des Unfalls und ob sich der Unfall auf See oder im Hafen ereignet hat.

5665

Seearbeitsübereinkommen 2006

3. Jedes Mitglied sollte jedes von der Internationalen Arbeitsorganisation gegebenenfalls eingeführte internationale System oder Modell für die Aufzeichnung von Unfällen von Seeleuten gebührend berücksichtigen.

Leitlinie B4.3.6

Untersuchungen

1. Die zuständige Stelle sollte Untersuchungen über die Ursachen und Begleitumstände von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, die Verluste an Menschenleben oder schwere Verletzungen zur Folge haben, sowie gegebenenfalls von anderen von den innerstaatlichen Rechtsvorschriften bezeichneten Fällen durchführen.

2. Die durchzuführenden Untersuchungen könnten sich auf folgende Gegenstände erstrecken: a)

Arbeitsumwelt, zum Beispiel Arbeitsflächen, Anordnung der Maschinen, Zugangswege, Beleuchtung und Arbeitsmethoden;

b)

Häufigkeit von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten in verschiedenen Altersgruppen;

c)

besondere physiologische oder psychologische Probleme, die durch die Umweltverhältnisse an Bord verursacht sind;

d)

Probleme, die sich aus der physischen Beanspruchung an Bord, insbesondere durch erhöhten Arbeitsanfall, ergeben;

e)

Probleme und Auswirkungen der technischen Entwicklung und deren Einfluss auf die Zusammensetzung der Besatzungen;

f)

Probleme, die sich infolge menschlichen Versagens ergeben.

Leitlinie B4.3.7

Innerstaatliche Schutz- und Verhütungsprogramme

1. Um eine solide Grundlage für Massnahmen zur Förderung des Arbeitsschutzes und der Verhütung von Unfällen und Erkrankungen zu schaffen, die auf die besonderen Berufsrisiken der seemännischen Arbeit zurückzuführen sind, sollten Forschungen über die allgemeinen Unfalltendenzen und die anhand der Statistiken erkennbaren Risiken durchgeführt werden.

2. Die Durchführung von Schutz- und Verhütungsprogrammen zur Förderung des Arbeitsschutzes sollte so organisiert werden, dass die zuständige Stelle, die Reeder und die Seeleute oder deren Vertreter sowie andere geeignete Stellen aktiv daran teilnehmen können, zum Beispiel durch Mittel wie Informationsveranstaltungen, Richtlinien für Schiffe über die höchstzulässigen Expositionen gegenüber potenziell schädlichen Umgebungsfaktoren am Arbeitsplatz und sonstigen Gefahren oder durch Ergebnisse von systematischen Risikobewertungen. Insbesondere sollten auf nationaler oder örtlicher Ebene paritätische Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsausschüsse oder besondere Arbeitsgruppen und Bordausschüsse errichtet werden, in denen die in Betracht kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute vertreten sind.

3. Wo solche Aktivitäten auf Unternehmensebene durchgeführt werden, sollte erwogen werden, dass Seeleute aus den Sicherheitsausschüssen an Bord der Schiffe des betreffenden Reeders vertreten sind.

5666

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B4.3.8

Inhalt der Schutz- und Verhütungsprogramme

1. Es sollte erwogen werden, dass die in der Leitlinie B4.3.7 Absatz 2 erwähnten Ausschüsse und anderen Organe unter anderem folgende Aufgaben haben könnten: a)

Ausarbeitung von innerstaatlichen Leitlinien und Politiken für Arbeitsschutzmanagementsysteme und von Bestimmungen, Anweisungen und Handbüchern für die Unfallverhütung;

b)

Organisation der Ausbildung sowie von Programmen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes sowie der Unfallverhütung;

c)

Organisation der Aufklärung über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, einschliesslich Filmen, Plakaten, Mitteilungen und Broschüren;

d)

Verteilung von Schriften und Erteilung von Auskünften über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung auf eine Weise, die Seeleute an Bord erreicht.

2. Bei der Ausarbeitung von Texten für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung und empfohlenen Verhaltensregeln sollten die einschlägigen Richtlinien oder Empfehlungen der in Betracht kommenden innerstaatlichen Stellen oder internationalen Organisationen berücksichtigt werden.

3. Bei der Ausarbeitung von Programmen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung sollte jedes Mitglied jede gegebenenfalls von der Internationalen Arbeitsorganisation veröffentlichte Sammlung von Richtlinien über den Arbeitsschutz der Seeleute gebührend berücksichtigen.

Leitlinie B4.3.9

Unterweisung in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung

1. Die Lehrpläne für die in der Norm A4.3 Absatz 1 Buchstabe a) genannte Ausbildung sollten unter Berücksichtigung der Entwicklungen hinsichtlich Art, Grösse und Ausrüstung der Schiffe und der Veränderungen hinsichtlich Schiffsbesetzung, Staatsangehörigkeit, Sprache und Organisation der Arbeit an Bord regelmässig überprüft und auf den neuesten Stand gebracht werden.

2. Es sollte eine fortlaufende Aufklärung über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung stattfinden. Diese Aufklärung könnte sich folgender Mittel bedienen: a)

audiovisuelles Unterrichtsmaterial, zum Beispiel Filme, zur Verwendung in Berufsausbildungsanstalten für Seeleute und, soweit möglich, zur Vorführung an Bord;

b)

Aushang von Plakaten an Bord;

c)

Veröffentlichung von Artikeln über die mit dem Seemannsberuf verbundenen Gefahren und über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung in Zeitschriften, die von Seeleuten gelesen werden;

d)

besondere Kampagnen unter Verwendung verschiedener Informationsmedien zur Unterweisung der Seeleute, einschliesslich Kampagnen über sichere Arbeitspraktiken.

5667

Seearbeitsübereinkommen 2006

3. Bei der in Absatz 2 dieser Leitlinie erwähnten Aufklärung sollten die unterschiedlichen Nationalitäten, Sprachen und Kulturen der Seeleute an Bord berücksichtigt werden.

Leitlinie B4.3.10 Sicherheits- und Gesundheitsausbildung junger Seeleute 1. Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften sollten sich auf alle allgemeinen Bestimmungen über ärztliche Untersuchungen vor Aufnahme der Beschäftigung und während der Beschäftigung und über die Unfallverhütung und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz beziehen, die gegebenenfalls auf die Arbeit von Seeleuten anwendbar sind. Diese Vorschriften sollten ferner Massnahmen zur Verringerung der beruflichen Gefahren bezeichnen, denen junge Seeleute bei der Ausübung ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind.

2. Die Vorschriften sollten Einschränkungen festlegen, wonach junge Seeleute ohne geeignete Beaufsichtigung und Unterweisung Arbeiten nicht ausführen dürfen, die mit besonderen Unfallrisiken oder mit nachteiligen Auswirkungen auf ihre Gesundheit oder ihre körperliche Entwicklung verbunden sind oder einen besonderen Grad von Reife, Erfahrung oder Befähigung voraussetzen, es sei denn, dass die zuständige Stelle ihnen uneingeschränkt die Befähigung für die betreffende Arbeit zuerkannt hat. Bei der Bestimmung der Arbeiten, die durch Vorschriften eingeschränkt werden sollten, könnte die zuständige Stelle insbesondere Folgendes berücksichtigen: a)

das Heben, Bewegen oder Tragen schwerer Lasten oder Gegenstände;

b)

das Betreten von Kesseln, Tanks und Kofferdämmen;

c)

Arbeiten, bei denen die Ausführenden schädlichen Geräusch- und Vibrationspegeln ausgesetzt sind;

d

das Bedienen von Hebezeugen und anderen kraftgetriebenen Geräten und Werkzeugen oder die Tätigkeit als Signalgeber zur Verständigung mit den Personen, die derartige Geräte bedienen;

e)

die Handhabung von Festmacher- oder Schlepptrossen oder Ankergeschirr;

f)

Takelage;

g)

Arbeiten in der Höhe oder auf Deck bei schwerem Wetter;

h)

Dienst als Wachgänger während der Nacht;

i)

Wartung elektrischer Anlagen und Geräte;

j)

Arbeiten, bei denen die Ausführenden potenziell schädlichen Stoffen oder schädlichen physikalischen Einwirkungen, wie gefährlichen oder giftigen Substanzen und ionisierenden Strahlen, ausgesetzt sind;

k)

die Reinigung von Küchenmaschinen;

l)

das Bedienen von Schiffsbooten oder die Übernahme der Verantwortung für sie.

3. Von der zuständigen Stelle oder durch geeignete Verfahren sollten praktische Massnahmen getroffen werden, um jungen Seeleuten Informationen über die Verhütung von Unfällen und den Schutz ihrer Gesundheit bei der Arbeit an Bord von Schiffen zu vermitteln. Zu diesen Massnahmen könnten eine geeignete Unterwei5668

Seearbeitsübereinkommen 2006

sung in Seemannsschulen, eigens für Jugendliche bestimmte offizielle Unfallverhütungskampagnen und berufliche Unterweisung und Beaufsichtigung junger Seeleute gehören.

4. Die Bildung und Ausbildung junger Seeleute sowohl an Land als auch an Bord sollte Aufklärung über die schädlichen Auswirkungen des Missbrauchs von Alkohol und Drogen und anderen potenziell schädlichen Stoffen auf ihre Gesundheit und auf ihr Wohlbefinden, das Risiko und die Besorgnisse betreffend HIV/Aids sowie von anderen gesundheitsschädlichen Aktivitäten umfassen.

Leitlinie B4.3.11 Internationale Zusammenarbeit 1. Gegebenenfalls mit Unterstützung zwischenstaatlicher und anderer internationaler Organisationen sollten sich die Mitglieder in Zusammenarbeit untereinander bemühen, eine grösstmögliche Übereinstimmung ihrer Handlungen zur Förderung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung zu erreichen.

2. Bei der Entwicklung von Programmen zur Förderung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung nach der Norm A4.3 sollte jedes Mitglied die von der Internationalen Arbeitsorganisation veröffentlichten einschlägigen Richtliniensammlungen sowie die entsprechenden Normen internationaler Organisationen gebührend berücksichtigen.

3. Bei der fortlaufenden Förderung von Massnahmen im Zusammenhang mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung sollten die Mitglieder die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit berücksichtigen. Diese Zusammenarbeit könnte in folgender Weise erfolgen: a)

bi- oder multilaterale Vereinbarungen zur Vereinheitlichung der Normen und Sicherheitsvorkehrungen auf dem Gebiet Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung;

b)

Austausch von Informationen über die den Seeleuten drohenden besonderen Gefahren und über Mittel zur Förderung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung;

c)

Unterstützung bei der Erprobung von Ausrüstungen und bei der Aufsicht gemäss den innerstaatlichen Vorschriften des Flaggenstaates;

d)

Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung und Bekanntmachung von Bestimmungen, Anweisungen oder Handbüchern über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung;

e)

Zusammenarbeit bei der Herstellung und Verwendung von Ausbildungshilfen;

f)

gemeinsame Einrichtungen für die Ausbildung von Seeleuten in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Unfallverhütung und in sicheren Arbeitspraktiken oder gegenseitige Unterstützung bei dieser Ausbildung.

5669

Seearbeitsübereinkommen 2006

Regel 4.4

Zugang zu Sozialeinrichtungen an Land

Zweck: Sicherzustellen, dass an Bord eines Schiffes tätige Seeleute Zugang zu Einrichtungen und Diensten an Land haben, um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu gewährleisten 1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass Sozialeinrichtungen an Land, soweit vorhanden, leicht zugänglich sind. Das Mitglied hat auch die Entwicklung von Sozialeinrichtungen, wie sie im Code aufgeführt sind, in bezeichneten Häfen zu fördern, damit Seeleute, deren Schiffe sich in seinen Häfen befinden, Zugang zu angemessenen Sozialeinrichtungen und -diensten für Seeleute haben.

2. Die Verantwortlichkeiten jedes Mitglieds in Bezug auf Einrichtungen an Land, wie zum Beispiel Sozial-, Kultur-, Erholungs- und Informationseinrichtungen und -dienste, sind im Code festgelegt.

Norm A4.4

Zugang zu Sozialeinrichtungen an Land

1. Jedes Mitglied hat vorzusehen, dass die in seinem Hoheitsgebiet vorhandenen Sozialeinrichtungen allen Seeleuten, ungeachtet der Staatsangehörigkeit, der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Religion, der politischen Meinung oder der sozialen Herkunft und ungeachtet des Flaggenstaats des Schiffs, auf dem sie beschäftigt oder angeheuert sind oder arbeiten, zur Verfügung stehen.

2. Jedes Mitglied hat die Entwicklung von Sozialeinrichtungen in geeigneten Häfen zu fördern und nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder und der Seeleute zu bestimmen, welche Häfen als geeignet anzusehen sind.

3. Jedes Mitglied hat die Einrichtung von Sozialbeiräten zu fördern, deren Aufgabe es ist, die Sozialeinrichtungen und -dienste regelmässig zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen der Seeleute unter Berücksichtigung technischer, betrieblicher und sonstiger Entwicklungen im Seeschifffahrtssektor entsprechen.

Leitlinie B4.4

Zugang zu Sozialeinrichtungen an Land

Leitlinie B4.4.1

Verantwortlichkeiten der Mitglieder

1. Jedes Mitglied sollte a)

Massnahmen treffen, um sicherzustellen, dass den Seeleuten in bezeichneten Anlaufhäfen geeignete Sozialeinrichtungen und -dienste zur Verfügung stehen und dass den Seeleuten ein angemessener Schutz bei der Ausübung ihres Berufs gewährleistet wird;

b)

bei der Durchführung dieser Massnahmen sollten die Mitglieder die speziellen Bedürfnisse der Seeleute in Bezug auf ihre Sicherheit, Gesundheit und Freizeitgestaltung, vor allem, wenn sie sich im Ausland aufhalten und wenn sie sich in Kriegsgebiete begeben, berücksichtigen.

2. Die Vorkehrungen für die Überwachung der Sozialeinrichtungen und -dienste sollten die Beteiligung der in Betracht kommenden repräsentativen Verbände der Seeleute und der Reeder einschliessen.

5670

Seearbeitsübereinkommen 2006

3. Jedes Mitglied sollte Massnahmen treffen, um den freien und zügigen Umlauf von Freizeitmaterial, wie Filmen, Büchern, Zeitungen und Sportgeräten, für Seeleute an Bord und in Sozialzentren an Land, zwischen Schiffen, Ausgabezentralen und Sozialeinrichtungen zu fördern.

4. Die Mitglieder sollten bei der Förderung der sozialen Betreuung der Seeleute auf See und im Hafen zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit sollte Folgendes umfassen: a)

Beratungen zwischen den zuständigen Stellen mit dem Ziel, Sozialeinrichtungen und -dienste für Seeleute sowohl in den Häfen als auch an Bord bereitzustellen und bestehende Einrichtungen und Dienste zu verbessern;

b)

Vereinbarungen über die Zusammenlegung der Mittel und die gemeinsame Bereitstellung von Sozialeinrichtungen in grösseren Häfen, um unnötige Duplikationen zu vermeiden;

c)

die Veranstaltung von internationalen Sportwettkämpfen und die Ermunterung der Seeleute zu sportlicher Betätigung;

d)

die Veranstaltung internationaler Seminare über die Frage der sozialen Betreuung der Seeleute auf See und in Häfen.

Leitlinie B4.4.2

Sozialeinrichtungen und -dienste im Hafen

1. Jedes Mitglied sollte die erforderlichen Sozialeinrichtungen und -dienste in geeigneten Häfen des Landes bereitstellen oder für deren Bereitstellung sorgen.

2. Die Sozialeinrichtungen und -dienste sollten gemäss den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten durch eine oder mehrere der folgenden Stellen bereitgestellt werden: a)

Behörden;

b)

in Betracht kommende Verbände der Reeder und der Seeleute aufgrund von Gesamtarbeitsverträgen oder anderen Vereinbarungen zwischen ihnen;

c)

freiwillige Organisationen.

3. Erforderliche Sozial- und Freizeiteinrichtungen sollten in den Häfen geschaffen oder ausgebaut werden. Hierzu sollten gehören: a)

Versammlungs- und Freizeiträume nach Bedarf;

b)

Sporteinrichtungen und andere Einrichtungen im Freien, auch für Wettbewerbe;

c)

Bildungseinrichtungen;

d)

gegebenenfalls Einrichtungen für die Religionsausübung und für persönlichen Rat.

4. Diese Einrichtungen können bereitgestellt werden, indem Seeleuten entsprechend ihren Bedürfnissen für die Allgemeinheit bestimmte Einrichtungen zugänglich gemacht werden.

5671

Seearbeitsübereinkommen 2006

5. Müssen für zahlreiche Seeleute verschiedener Staatsangehörigkeit Einrichtungen wie Hotels, Klubs und Sportanlagen in einem bestimmten Hafen bereitgestellt werden, so sollten die zuständigen Stellen oder Organe der Herkunftsländer der Seeleute und der Flaggenstaaten sowie die betreffenden internationalen Vereinigungen mit den zuständigen Stellen oder Organen des Landes, in dem der Hafen liegt, und untereinander beratend zusammenarbeiten, um ihre Mittel zusammenzulegen und unnötige Duplikationen zu vermeiden.

6. Für Seeleute geeignete Hotels oder Heime sollten dort zur Verfügung stehen, wo ein entsprechender Bedarf besteht. Sie sollten wie ein Hotel guter Klasse eingerichtet sein und nach Möglichkeit in einer ansprechenden Umgebung und nicht in unmittelbarer Nähe der Hafenanlagen gelegen sein. Diese Hotels oder Heime sollten in geeigneter Weise überprüft werden, die Preise sollten günstig sein, und es sollten, soweit notwendig und möglich, Vorkehrungen für die Unterbringung der Familien von Seeleuten getroffen werden.

7. Diese Unterkünfte sollten allen Seeleuten, ungeachtet der Staatsangehörigkeit, der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Religion, der politischen Ansicht oder der sozialen Herkunft und ungeachtet des Flaggenstaats des Schiffs, auf dem sie beschäftigt oder angeheuert sind oder arbeiten, offen stehen. Unbeschadet dieses Grundsatzes kann sich in bestimmten Häfen die Notwendigkeit ergeben, verschiedenartige Einrichtungen bereitzustellen, die zwar den gleichen Normen entsprechen, aber den Gebräuchen und Bedürfnissen verschiedener Gruppen von Seeleuten angepasst sind.

8. Es sollten Massnahmen getroffen werden, die gewährleisten, dass je nach Notwendigkeit in den Sozialeinrichtungen und -diensten für Seeleute neben freiwilligen Mitarbeitern fachkundiges Personal vollzeitbeschäftigt wird.

Leitlinie B4.4.3

Sozialbeiräte

1. Je nach den Umständen sollten Sozialbeiräte auf Hafen-, regionaler oder staatlicher Ebene eingerichtet werden. Zu deren Aufgaben sollte gehören: a)

zu prüfen, ob die bestehenden Sozialeinrichtungen angemessen sind, und festzustellen, ob weitere Einrichtungen bereitgestellt oder unzureichend genutzte Einrichtungen aufgegeben werden sollten;

b)

die für die Bereitstellung von Sozialeinrichtungen Verantwortlichen zu unterstützen und zu beraten und die Koordinierung zwischen ihnen sicherzustellen.

2. Den Sozialbeiräten sollten Vertreter der Verbände der Reeder und der Seeleute, der zuständigen Stellen und gegebenenfalls von freiwilligen Organisationen und Organen der sozialen Betreuung angehören.

3. Soweit angebracht, sollten die Konsuln der Seeschifffahrtsstaaten und die örtlichen Vertreter ausländischer Sozialorganisationen gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit den in den Häfen tätigen, den regionalen und den staatlichen Sozialbeiräten zusammenarbeiten.

5672

Seearbeitsübereinkommen 2006

Leitlinie B4.4.4

Finanzierung der Sozialeinrichtungen

1. Im Einklang mit den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten sollte finanzielle Unterstützung für Sozialeinrichtungen in Häfen aus einer oder mehreren der folgenden Quellen bereitgestellt werden: a)

Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln;

b)

Abgaben oder andere Sonderbeiträge der Seeschifffahrt;

c)

freiwillige Beiträge der Reeder, der Seeleute oder ihrer Verbände;

d)

freiwillige Beiträge aus anderen Quellen.

2. Soweit Steuern, Abgaben und Sonderbeiträge für die soziale Betreuung erhoben werden, sollten sie nur für die vorgesehenen Zwecke verwendet werden.

Leitlinie B4.4.5

Informationsverbreitung und Erleichterungsmassnahmen

1. Die Seeleute sollten über die öffentlichen Einrichtungen in Anlaufhäfen, insbesondere Verkehrsmittel, Sozial-, Unterhaltungs- und Bildungseinrichtungen sowie Andachtsstätten, und über eigens für Seeleute geschaffene Einrichtungen informiert werden.

2. Angemessene, preisgünstige Verkehrsmittel sollten zu jeder vernünftigen Zeit zur Verfügung stehen, damit die Seeleute sich von leicht erreichbaren Orten im Hafenbereich in das Stadtgebiet begeben können.

3. Die zuständigen Stellen sollten alle geeigneten Massnahmen treffen, um die Reeder und die Seeleute bei der Ankunft im Hafen über besondere Gesetze und Gebräuche aufzuklären, deren Verletzung ihre Freiheit gefährden kann.

4. Die zuständigen Stellen sollten die Hafenbereiche und die Hafenzufahrtsstrassen mit ausreichender Beleuchtung und Beschilderung versehen und dort regelmässige Streifen durchführen lassen, um den Schutz der Seeleute zu gewährleisten.

Leitlinie B4.4.6

Seeleute in einem ausländischen Hafen

1. Zum Schutz der Seeleute in ausländischen Häfen sollten Massnahmen getroffen werden, um zu erleichtern: a)

den Zugang zu Konsuln ihres Staatsangehörigkeits- oder Aufenthaltsstaates;

b)

eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den Konsuln und den lokalen oder nationalen Behörden.

2. Seeleute, die in einem ausländischen Hafen festgenommen werden, sollten unverzüglich nach den Grundsätzen eines ordnungsgemässen Verfahrens und unter angemessenem konsularischen Schutz behandelt werden.

3. Wenn Seeleute aus irgendeinem Grund im Hoheitsgebiet eines Mitglieds festgenommen werden, sollte die zuständige Stelle auf ihr Verlangen hin den Flaggenstaat und den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die Seeleute besitzen, unverzüglich unterrichten. Die zuständige Stelle sollte die Seeleute unverzüglich über ihr Recht unterrichten, ein solches Verlangen zu äussern. Der Staat, dessen Staatsangehörigkeit die Seeleute besitzen, sollte unverzüglich die Angehörigen der Seeleute benachrichtigen. Die zuständige Stelle sollte es Konsularbeamten dieser Staaten gestatten, 5673

Seearbeitsübereinkommen 2006

die Seeleute unverzüglich aufzusuchen und sie danach, solange sie inhaftiert sind, regelmässig zu besuchen.

4. Jedes Mitglied sollte, sofern erforderlich, Massnahmen treffen, um sicherzustellen, dass Seeleute vor Überfällen und anderen ungesetzlichen Handlungen geschützt sind, während sich die Schiffe in seinen Hoheitsgewässern und insbesondere im Hafenzufahrtsbereich befinden.

5. Die Verantwortlichen in den Häfen und an Bord sollten sich bemühen, nach der Ankunft des Schiffes im Hafen den Seeleuten so rasch wie möglich Landgang zu ermöglichen.

Regel 4.5

Soziale Sicherheit

Zweck: Sicherzustellen, dass Massnahmen im Hinblick darauf ergriffen werden, dass Seeleute Zugang zu den Systemen der Sozialen Sicherheit haben 1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass alle Seeleute und, in dem Umfang, wie dies in seinem innerstaatlichen Recht vorgesehen ist, deren Unterhaltsberechtigte Zugang zu den Systemen der Sozialen Sicherheit in Übereinstimmung mit dem Code haben, wobei bestehende günstigere Regelungen nach Artikel 19 Absatz 8 der Verfassung unberührt bleiben.

2. Jedes Mitglied verpflichtet sich entsprechend seinen innerstaatlichen Gegebenheiten, einzeln oder durch internationale Zusammenarbeit, Massnahmen zu ergreifen, um schrittweise einen umfassenden Schutz der Sozialen Sicherheit für Seeleute zu erreichen.

3. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass Seeleute, die seiner Gesetzgebung über Soziale Sicherheit unterliegen und, in dem Umfang, wie dies in seinem innerstaatlichen Recht vorgesehen ist, deren Unterhaltsberechtigte einen Anspruch auf Schutz der Sozialen Sicherheit haben, der nicht weniger günstig ist als für Arbeitnehmer an Land.

Norm A4.5

Soziale Sicherheit

1. Bei den Zweigen, die im Hinblick auf das schrittweise Erreichen eines umfassenden Schutzes der Sozialen Sicherheit gemäss Regel 4.5 zu berücksichtigen sind, handelt es sich um die Folgenden: ärztliche Betreuung, Krankengeld, Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Leistungen bei Alter, Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Familienleistungen, Leistungen bei Mutterschaft, Leistungen bei Invalidität und Leistungen an Hinterbliebene, die den Schutz nach Regel 4.1 über medizinische Betreuung und nach Regel 4.2 über die Verpflichtungen der Reeder sowie nach anderen Titeln dieses Übereinkommens ergänzen.

2. Jedes Mitglied hat zum Zeitpunkt der Ratifizierung in Übereinstimmung mit der Regel 4.5 Absatz 1 mindestens für drei der neun in Absatz 1 dieser Norm genannten Zweige der Sozialen Sicherheit Schutz zu gewähren.

3. Jedes Mitglied hat gemäss seinen innerstaatlichen Umständen Schritte zu unternehmen, um den ergänzenden Schutz der Sozialen Sicherheit im Sinne des Absatzes 1 dieser Norm für alle Seeleute bereitzustellen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet haben. Dieser Verantwortlichkeit könnte zum Beispiel durch 5674

Seearbeitsübereinkommen 2006

geeignete bi- oder multilaterale Übereinkünfte oder durch auf Beiträgen beruhende Systeme entsprochen werden. Der entstehende Schutz soll nicht weniger günstig sein als derjenige, der für die in seinem Hoheitsgebiet wohnenden Arbeitnehmer an Land besteht.

4. Unbeschadet der in Absatz 3 dieser Norm zugewiesenen Verantwortlichkeiten können die Mitglieder durch bi- und multilaterale Übereinkünfte und durch im Rahmen von Organisationen für regionale Wirtschaftsintegration angenommene Vorschriften andere Regeln für die für Seeleute massgebliche Gesetzgebung der Sozialen Sicherheit festlegen.

5. Die Verantwortlichkeiten jedes Mitglieds hinsichtlich der Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge haben denjenigen der Regeln 4.1 und 4.2 und der dazugehörigen Vorschriften des Codes zu entsprechen sowie denjenigen, die gemäss internationalem Recht zu seinen allgemeinen Verpflichtungen gehören.

6. Bei Fehlen eines angemessenen Schutzes in den Zweigen der Sozialen Sicherheit, die in Absatz 1 dieser Norm aufgeführt sind, hat jedes Mitglied anderweitige Systeme in Erwägung zu ziehen, durch die den Seeleuten im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis vergleichbare Leistungen gewährt werden.

7. Der nach der Regel 4.5 Absatz 1 zu gewährende Schutz kann je nach den Umständen durch Rechtsvorschriften, durch private Systeme, durch Gesamtarbeitsverträge oder durch eine Verbindung dieser Systeme erfolgen.

8. Soweit dies mit ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis im Einklang steht, haben die Mitglieder durch bi- oder multilaterale Übereinkünfte oder andere Regelungen zusammenzuarbeiten, um die Wahrung der Ansprüche und Anwartschaften aller Seeleute im Bereich der Sozialen Sicherheit unabhängig von ihrem Wohnsitz sicherzustellen.

9. Jedes Mitglied hat angemessene und wirksame Verfahren für die Beilegung von Streitigkeiten zu schaffen.

10. Jedes Mitglied hat zum Zeitpunkt der Ratifizierung anzugeben, für welche Zweige der Sozialen Sicherheit es die Verpflichtungen nach Absatz 2 dieser Norm übernimmt. Es hat in der Folge den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zu benachrichtigen, wenn es Schutz für einen oder mehrere weitere der in Absatz 1 dieser Norm genannten Zweige gewährt. Der Generaldirektor hat ein Verzeichnis dieser Informationen zu führen, das allen interessierten Parteien
zugänglich zu sein hat.

11. Die Berichte an das Internationale Arbeitsamt nach Artikel 22 der Verfassung haben auch Informationen über die nach der Regel 4.5 Absatz 2 unternommenen Schritte zur Ausweitung des Schutzes auf andere Zweige der Sozialen Sicherheit zu enthalten.

Leitlinie B4.5

Soziale Sicherheit

1. Der zum Zeitpunkt der Ratifizierung in Übereinstimmung mit der Norm A4.5 Absatz 2 zu gewährende Schutz sollte mindestens die Zweige ärztliche Betreuung, Krankengeld und Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten einschliessen.

5675

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Unter den in der Norm A 4.5 Absatz 6 erwähnten Umständen könnten vergleichbare Leistungen durch Versicherungen, bi- und multilaterale Vereinbarungen oder andere wirksame Mittel erbracht werden, wobei die Bestimmungen in anwendbaren Gesamtarbeitsverträgen zu berücksichtigen sind. Wo solche Massnahmen getroffen werden, sollten die Seeleute, die unter solche Massnahmen fallen, über die Mittel informiert werden, mit deren Hilfe die Leistungen der verschiedenen Zweige der Sozialen Sicherheit gewährt werden.

3. Soweit Seeleute mehr als einer nationalen Gesetzgebung über Soziale Sicherheit unterliegen, sollten die betreffenden Mitglieder zusammenarbeiten, um durch gegenseitige Vereinbarungen zu bestimmen, welche der Gesetzgebungen Anwendung findet, wobei Faktoren wie Art und Höhe des Schutzes nach den jeweiligen Gesetzgebungen, der für die betreffenden Seeleute günstiger ist, sowie die Wünsche der Seeleute berücksichtigt werden sollten.

4. Die nach der Norm A.4.5 Absatz 9 vorzusehenden Verfahren sollten so beschaffen sein, dass durch sie alle Streitigkeiten hinsichtlich der Ansprüche der betreffenden Seeleute erfasst werden, unabhängig davon, auf welche Weise der Schutz erfolgt.

5. Jedes Mitglied mit inländischen Seeleuten, ausländischen Seeleuten oder beiden an Bord von Schiffen unter seiner Flagge sollte den im Übereinkommen vorgesehenen Schutz der Sozialen Sicherheit gewähren, soweit anwendbar, und sollte in regelmässigen Abständen die in der Norm A4.5 Absatz 1 genannten Zweige der Sozialen Sicherheit überprüfen, um weitere Zweige zu ermitteln, die für die betreffenden Seeleute in Frage kommen können.

6. Der Beschäftigungsvertrag für Seeleute sollte Angaben darüber enthalten, wie der Schutz durch die verschiedenen Zweige der Sozialen Sicherheit den Seeleuten vom Reeder gewährleistet wird, sowie alle anderen dem Reeder zugänglichen einschlägigen Informationen, wie gesetzliche Abzüge von den Heuern der Seeleute und Beiträge der Reeder, die gemäss den Erfordernissen der näher bezeichneten ermächtigten Stellen nach Massgabe der einschlägigen innerstaatlichen Systeme der Sozialen Sicherheit vorgenommen werden können.

7. Das Mitglied, dessen Flagge das Schiff führt, sollte sich bei der wirksamen Ausübung seiner Hoheitsgewalt über soziale Angelegenheiten vergewissern, dass der Reeder seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Sozialschutz nachkommt, einschliesslich der Zahlung der vorgeschriebenen Beiträge an die Systeme der Sozialen Sicherheit.

Titel 5 Erfüllung und Durchsetzung 1. Die Regeln in diesem Titel bestimmen die Verantwortung jedes Mitglieds dafür, die in den Artikeln dieses Übereinkommens festgelegten Grundsätze und Rechte sowie die unter seinen Titeln 1, 2, 3 und 4 vorgesehenen besonderen Verpflichtungen in vollem Umfang einzuhalten und durchzusetzen.

5676

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Die Absätze 3 und 4 von Artikel VI, die die Durchführung des Teils A des Codes durch im Wesentlichen gleichwertige Regelungen gestatten, gelten nicht für Teil A des Codes in diesem Titel.

3. Gemäss Absatz 2 von Artikel VI hat jedes Mitglied seine Verantwortlichkeiten aufgrund der Regeln in der in den entsprechenden Normen von Teil A des Codes dargelegten Weise zu erfüllen, wobei die entsprechenden Leitlinien in Teil B des Codes gebührend zu berücksichtigen sind.

4. Die Bestimmungen dieses Titels sind unter Berücksichtigung der Tatsache durchzuführen, dass Seeleute und Reeder wie alle anderen Personen vor dem Gesetz gleich sind und Anspruch auf den gleichen Rechtsschutz haben und bei ihrem Zugang zu Gerichten oder anderen Streitbeilegungsmechanismen nicht diskriminiert werden dürfen. Die Bestimmungen dieses Titels begründen keine materielle oder territoriale Gerichtszuständigkeit.

Regel 5.1

Verantwortlichkeiten des Flaggenstaats

Zweck: Sicherzustellen, dass jedes Mitglied seine Verantwortlichkeiten aufgrund dieses Übereinkommens in Bezug auf Schiffe unter seiner Flagge erfüllt Regel 5.1.1

Allgemeine Grundsätze

1. Jedes Mitglied ist für die Sicherstellung der Durchführung seiner Verpflichtungen gemäss diesem Übereinkommen auf Schiffen unter seiner Flagge verantwortlich.

2. Jedes Mitglied hat ein wirksames System für die Überprüfung und Zertifizierung der Seearbeitsbedingungen gemäss den Regeln 5.1.3 und 5.1.4 einzurichten, durch das sichergestellt wird, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge den Normen dieses Übereinkommens genügen und weiterhin genügen.

3. Bei der Einrichtung eines wirksamen Systems für die Überprüfung und Zertifizierung der Seearbeitsbedingungen kann ein Mitglied gegebenenfalls öffentliche Einrichtungen oder andere Organisationen (einschliesslich derjenigen eines anderen Mitglieds, soweit Letzteres einverstanden ist), die es als befähigt und unabhängig anerkennt, zur Durchführung von Überprüfungen oder zur Ausstellung von Zeugnissen oder zu beidem ermächtigen. In allen Fällen muss das Mitglied für die Überprüfung und Zertifizierung der Arbeits- und Lebensbedingungen der betreffenden Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge in vollem Umfang verantwortlich bleiben.

4. Ein Seearbeitszeugnis, das durch eine Seearbeits-Konformitätserklärung ergänzt wird, ist Anscheinsbeweis dafür, dass das Schiff von dem Mitglied, dessen Flagge es führt, ordnungsgemäss überprüft worden ist und dass die Anforderungen dieses Übereinkommens hinsichtlich der Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute in dem zertifizierten Umfang erfüllt worden sind.

5677

Seearbeitsübereinkommen 2006

5. Informationen über das in Absatz 2 dieser Regel genannte System, einschliesslich der zur Beurteilung seiner Wirksamkeit angewendeten Methode, sind in die Berichte des Mitglieds an das Internationale Arbeitsamt gemäss Artikel 22 der Verfassung aufzunehmen.

Norm A5.1.1

Allgemeine Grundsätze

1. Jedes Mitglied hat klare Ziele und Normen für die Verwaltung seiner Überprüfungs- und Zertifizierungssysteme sowie angemessene Gesamtverfahren für seine Beurteilung des Ausmasses aufzustellen, in dem diese Ziele und Normen erreicht werden.

2. Jedes Mitglied hat alle Schiffe unter seiner Flagge dazu zu verpflichten, ein Exemplar dieses Übereinkommens an Bord zu haben.

Leitlinie B5.1.1

Allgemeine Grundsätze

1. Die zuständige Stelle sollte geeignete Vorkehrungen treffen, um eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den in den Regeln 5.1.1 und 5.1.2 genannten öffentlichen Einrichtungen und sonstigen Organisationen zu fördern, die mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute befasst sind.

2. Um eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Inspektoren und den Reedern, den Seeleuten und ihren jeweiligen Verbänden sicherzustellen und um die Arbeitsund Lebensbedingungen der Seeleute zu wahren oder zu verbessern, sollte die zuständige Stelle die Vertreter dieser Verbände in regelmässigen Zeitabständen hinsichtlich der besten Mittel zur Erreichung dieser Ziele zu Rate ziehen. Die Art und Weise einer solchen Beratung sollte von der zuständigen Stelle nach Anhörung der Verbände der Reeder und der Seeleute bestimmt werden.

Regel 5.1.2

Ermächtigung anerkannter Organisationen

1. Die in Absatz 3 der Regel 5.1.1 genannten öffentlichen Einrichtungen oder anderen Organisationen («anerkannte Organisationen») müssen von der zuständigen Stelle dahingehend anerkannt worden sein, dass sie die Anforderungen des Codes in Bezug auf Befähigung und Unabhängigkeit erfüllen. Die Überprüfungs- oder Zertifizierungsaufgaben, zu deren Wahrnehmung die anerkannten Organisationen ermächtigt werden können, haben im Rahmen der Tätigkeiten zu liegen, die gemäss dem Code ausdrücklich von der zuständigen Stelle oder einer anerkannten Organisation durchgeführt werden.

2. Die in Absatz 5 der Regel 5.1.1 genannten Berichte haben Informationen über jede anerkannte Organisation, den Umfang der erteilten Ermächtigungen und die von dem Mitglied getroffenen Vorkehrungen zu enthalten, um sicherzustellen, dass die Tätigkeiten, zu denen sie ermächtigt sind, vollständig und wirksam durchgeführt werden.

Norm A5.1.2

Ermächtigung anerkannter Organisationen

1. Für die Zwecke der Anerkennung gemäss Absatz 1 der Regel 5.1.2 hat die zuständige Stelle die Befähigung und Unabhängigkeit der betreffenden Organisation zu überprüfen und festzustellen, ob die Organisation nachgewiesen hat, dass sie zur 5678

Seearbeitsübereinkommen 2006

Durchführung der Tätigkeiten, auf die sich die Ermächtigung erstreckt, im erforderlichen Umfang a)

den erforderlichen Sachverstand in den einschlägigen Aspekten dieses Übereinkommens und ausreichende Kenntnisse des Schiffsbetriebs besitzt, einschliesslich der Mindestanforderungen für die Arbeit von Seeleuten auf Schiffen, Beschäftigungsbedingungen, Unterkünfte, Freizeiteinrichtungen, Verpflegung einschliesslich Bedienung, Unfallverhütung, Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung, soziale Betreuung und Soziale Sicherheit;

b)

über die Fähigkeit verfügt, die Fachkenntnisse ihres Personals zu erhalten und zu verbessern;

c)

die erforderlichen Kenntnisse der Anforderungen dieses Übereinkommens sowie der anwendbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der einschlägigen internationalen Instrumente besitzt;

d)

über die Grösse, Struktur, Erfahrung und Fähigkeit verfügt, die der Art und dem Umfang der Ermächtigung angemessen sind.

2. Im Rahmen der für Überprüfungen erteilten Ermächtigungen muss die anerkannte Organisation mindestens die Befugnis haben, die Abstellung von Mängeln zu verlangen, die es in den Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute feststellt, und entsprechende Überprüfungen auf Wunsch eines Hafenstaats durchzuführen.

3. Jedes Mitglied hat einzurichten: a)

ein System, das gewährleistet, dass die von anerkannten Organisationen durchgeführte Arbeit ausreichend ist, und das Informationen über alle anwendbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und einschlägigen internationalen Instrumente enthält;

b)

Verfahren für die Kommunikation mit solchen Organisationen und ihre Beaufsichtigung.

4. Jedes Mitglied hat dem Internationalen Arbeitsamt eine aktuelle Liste anerkannter Organisationen zu übermitteln, die es ermächtigt hat, in seinem Namen zu handeln; es hat diese Liste ständig zu aktualisieren. In der Liste sind die Funktionen anzugeben, zu deren Wahrnehmung die anerkannten Organisationen ermächtigt worden sind. Das Amt hat diese Liste öffentlich zugänglich zu machen.

Leitlinie B5.1.2

Ermächtigung anerkannter Organisationen

1. Die die Anerkennung beantragende Organisation sollte nachweisen, dass sie über die Fach-, Verwaltungs- und Führungskompetenz und -kapazität verfügt, um fristgerecht Dienste von zufriedenstellender Qualität sicherzustellen.

2. Bei der Beurteilung der Fähigkeit einer Organisation sollte die zuständige Stelle feststellen, ob die Organisation a)

über ausreichendes Fach-, Führungs- und Unterstützungspersonal verfügt;

b)

über ausreichendes qualifiziertes Fachpersonal verfügt, um die erforderlichen Dienste zu leisten, wobei eine angemessene geografische Abdeckung gewährleistet sein sollte;

5679

Seearbeitsübereinkommen 2006

c)

die nachgewiesene Fähigkeit besitzt, fristgerecht Dienste von zufriedenstellender Qualität zu leisten;

d)

bei ihren Tätigkeiten unabhängig und rechenschaftspflichtig ist.

3. Die zuständige Stelle sollte mit jeder Organisation, die sie zum Zweck einer Ermächtigung anerkennt, eine schriftliche Vereinbarung abschliessen. Die Vereinbarung sollte Folgendes enthalten: a)

Geltungsbereich;

b)

Zweck;

c)

allgemeine Bedingungen;

d)

die Durchführung der Aufgaben im Rahmen der Ermächtigung;

e)

die Rechtsgrundlage der Aufgaben im Rahmen der Ermächtigung;

f)

die Berichterstattung an die zuständige Stelle;

g)

Beschreibung der Ermächtigung von der zuständigen Stelle an die anerkannte Organisation;

h)

die Überwachung der der anerkannten Organisation übertragenen Tätigkeiten durch die zuständige Stelle.

4. Jedes Mitglied sollte die anerkannten Organisationen verpflichten, ein System für die Qualifizierung des von ihnen als Inspektoren beschäftigten Personals zu entwickeln, um die regelmässige Aktualisierung ihres Wissens und ihrer Fachkenntnisse sicherzustellen.

5. Jedes Mitglied sollte die anerkannten Organisationen verpflichten, Aufzeichnungen über die von ihnen geleisteten Dienste zu führen, damit sie die Erfüllung der Anforderungen in den Punkten nachweisen können, die Gegenstand der Dienstleistungen sind.

6. Bei der Aufstellung der in der Norm A5.1.2 Absatz 3 Buchstabe b) genannten Überwachungsverfahren sollte jedes Mitglied die im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrts- Organisation angenommenen Leitlinien für die Ermächtigung von Organisationen im Auftrag der Verwaltung berücksichtigen.

Regel 5.1.3

Seearbeitszeugnis und Seearbeits-Konformitätserklärung

1. Diese Regel gilt für alle Schiffe a)

mit einer Bruttoraumzahl von 500 oder mehr, die für internationale Fahrten verwendet werden;

b)

mit einer Bruttoraumzahl von 500 oder mehr, die die Flagge eines Mitglieds führen und Fahrten von einem Hafen oder zwischen Häfen in einem anderen Land durchführen.

Im Sinne dieser Regel bedeutet der Ausdruck «internationale Fahrt» eine Fahrt von einem Land zu einem Hafen ausserhalb dieses Landes.

5680

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Diese Regel gilt auch für jedes Schiff unter der Flagge eines Mitglieds, das nicht von Absatz 1 dieser Regel erfasst wird, wenn der Reeder dies bei dem betreffenden Mitglied beantragt.

3. Jedes Mitglied hat Schiffe unter seiner Flagge dazu zu verpflichten, ein Seearbeitszeugnis mitzuführen und auf neuestem Stand zu halten, in dem bescheinigt wird, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute auf dem Schiff, einschliesslich der Massnahmen für die fortlaufende Erfüllung der Anforderungen, die in die in Absatz 4 dieser Regel genannte Seearbeits-Konformitätserklärung aufzunehmen sind, überprüft worden sind und den Anforderungen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen zur Durchführung dieses Übereinkommens genügen.

4. Jedes Mitglied hat Schiffe unter seiner Flagge dazu zu verpflichten, eine Seearbeits- Konformitätserklärung mitzuführen und auf neuestem Stand zu halten, in der die innerstaatlichen Anforderungen zur Durchführung dieses Übereinkommens in Bezug auf die Arbeits- und Lebensbedingungen für Seeleute angegeben und die Massnahmen dargelegt werden, die der Reeder getroffen hat, um die Erfüllung der Anforderungen auf dem oder den betreffenden Schiffen sicherzustellen.

5. Das Seearbeitszeugnis und die Seearbeits-Konformitätserklärung haben dem vom Code vorgeschriebenen Muster zu entsprechen.

6. Wenn die zuständige Stelle des Mitglieds oder eine hierzu ordnungsgemäss ermächtigte anerkannte Organisation durch eine Überprüfung festgestellt hat, dass ein Schiff unter der Flagge eines Mitglieds die Anforderungen dieses Übereinkommens erfüllt oder weiterhin erfüllt, hat es ein entsprechendes Seearbeitszeugnis auszustellen oder zu erneuern und einen öffentlich zugänglichen Nachweis darüber aufzubewahren.

7. Die detaillierten Anforderungen an das Seearbeitszeugnis und die SeearbeitsKonformitätserklärung, einschliesslich eines Verzeichnisses der Angelegenheiten, die überprüft und genehmigt werden müssen, werden in Teil A des Codes dargelegt.

Norm A5.1.3

Seearbeitszeugnis und Seearbeits-Konformitätserklärung

1. Das Seearbeitszeugnis ist einem Schiff von der zuständigen Stelle oder von einer hierzu ordnungsgemäss ermächtigten anerkannten Organisation für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren auszustellen. Ein Verzeichnis der Angelegenheiten, die überprüft werden und den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen zur Erfüllung der Anforderungen dieses Übereinkommens in Bezug auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute auf Schiffen nachweislich entsprechen müssen, bevor ein Seearbeitszeugnis ausgestellt werden kann, ist in Anhang A5-I enthalten.

2. Die Gültigkeit des Seearbeitszeugnisses muss Gegenstand einer Zwischenüberprüfung durch die zuständige Stelle oder durch eine hierzu ordnungsgemäss ermächtigte anerkannte Organisation sein, um die fortlaufende Erfüllung der innerstaatlichen Anforderungen zur Durchführung dieses Übereinkommens sicherzustellen.

Falls nur eine Zwischenüberprüfung durchgeführt wird und die Gültigkeitsdauer des Zeugnisses fünf Jahre beträgt, hat sie zwischen dem zweiten und dritten Jahrestag der Ausstellung des Zeugnisses stattzufinden. Jahrestag bedeutet den Tag und Monat 5681

Seearbeitsübereinkommen 2006

jedes Jahres, die dem Tag des Verfalls des Seearbeitszeugnisses entsprechen.

Umfang und Tiefe der Zwischenüberprüfung haben denen einer Überprüfung für die Erneuerung des Zeugnisses zu entsprechen. Das Zeugnis ist nach einer zufriedenstellenden Zwischenüberprüfung mit einem Bestätigungsvermerk zu versehen.

3. Ist die Erneuerungsüberprüfung innerhalb von drei Monaten vor dem Verfall des bestehenden Seearbeitszeugnisses abgeschlossen worden, so gilt das neue Seearbeitszeugnis ungeachtet Absatz 1 dieser Norm ab dem Tag des Abschlusses der Erneuerungsprüfung für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren ab dem Tag des Verfalls des bestehenden Zeugnisses.

4. Wird die Erneuerungsüberprüfung mehr als drei Monate vor dem Ablaufdatum des bestehenden Seearbeitszeugnisses abgeschlossen, so gilt das neue Seearbeitszeugnis für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren ab dem Tag des Abschlusses der Erneuerungsüberprüfung.

5. Ein Seearbeitszeugnis kann vorläufig ausgestellt werden: a)

neuen Schiffen bei der Ablieferung;

b)

wenn ein Schiff die Flagge wechselt; oder

c)

wenn ein Reeder die Verantwortung für den Betrieb eines Schiffes übernimmt, das für diesen Reeder neu ist.

6. Ein vorläufiges Seearbeitszeugnis kann von der zuständigen Stelle oder von einer hierzu ordnungsgemäss ermächtigten anerkannten Organisation für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten ausgestellt werden.

7. Ein vorläufiges Seearbeitszeugnis darf nur ausgestellt werden, nachdem nachgeprüft worden ist, dass a)

das Schiff, soweit es angemessen und praktisch möglich ist, in Bezug auf die in Anhang A5-I aufgeführten Angelegenheiten überprüft worden ist, unter Berücksichtigung einer Nachprüfung der Punkte in Buchstabe b), c) und d) dieses Absatzes;

b)

der Reeder der zuständigen Stelle oder anerkannten Organisation nachgewiesen hat, dass das Schiff über angemessene Verfahren verfügt, um dieses Übereinkommen einzuhalten;

c)

der Kapitän mit den Anforderungen dieses Übereinkommens und den Verantwortlichkeiten für die Durchführung vertraut ist;

d)

der zuständigen Stelle oder anerkannten Organisation einschlägige Informationen vorgelegt worden sind, um eine Seearbeits-Konformitätserklärung zu erstellen.

8. Eine vollständige Überprüfung gemäss Absatz 1 dieser Norm ist vor Ablauf des vorläufigen Zeugnisses durchzuführen, damit das Seearbeitszeugnis für die volle Laufzeit ausgestellt werden kann. Nach den ersten sechs in Absatz 6 dieser Norm genannten Monaten darf kein weiteres vorläufiges Zeugnis ausgestellt werden. Für die Gültigkeitsdauer des vorläufigen Zeugnisses braucht keine Seearbeits-Konformitätserklärung ausgestellt zu werden.

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Seearbeitsübereinkommen 2006

9. Das Seearbeitszeugnis, das vorläufige Seearbeitszeugnis und die SeearbeitsKonformitätserklärung sind in der Form auszustellen, die den in Anhang A5-II enthaltenen Mustern entspricht.

10. Die Seearbeits-Konformitätserklärung ist dem Seearbeitszeugnis beizufügen.

Sie hat zwei Teile zu umfassen: a)

Teil I ist von der zuständigen Stelle auszufertigen, die: i) die Angelegenheiten zu benennen hat, die gemäss Absatz 1 dieser Norm überprüft werden müssen; ii) die innerstaatlichen Anforderungen zu benennen hat, mit denen die einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens umgesetzt werden, indem auf die entsprechenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften verwiesen wird und, soweit erforderlich, kurze Informationen über den wesentlichen Inhalt der innerstaatlichen Anforderungen gegeben werden; iii) auf Bestimmungen der innerstaatlichen Gesetzgebung zu bestimmten Arten von Schiffen zu verweisen hat; iv) alle im Wesentlichen gleichwertigen Regelungen anzugeben hat, die gemäss Artikel VI Absatz 3 angenommen worden sind; und v) alle von der zuständigen Stelle aufgrund des Titels 3 gewährten Ausnahmen klar anzugeben hat;

b)

Teil II ist vom Reeder auszufertigen und hat die Massnahmen, die getroffen worden sind, um die ständige Einhaltung der innerstaatlichen Anforderungen zwischen den Überprüfungen zu gewährleisten, sowie die Massnahmen zu benennen, die vorgeschlagen werden, um fortlaufende Verbesserungen sicherzustellen.

Die zuständige Stelle oder die hierzu ordnungsgemäss ermächtigte anerkannte Organisation hat Teil II zu beglaubigen und hat die Seearbeits-Konformitätserklärung auszustellen.

11. Die Ergebnisse aller nachfolgenden Überprüfungen oder sonstigen Nachprüfungen, die hinsichtlich des betreffenden Schiffes durchgeführt werden, und alle erheblichen Mängel, die im Verlauf einer solchen Überprüfung festgestellt werden, sind aufzuzeichnen, unter Angabe des Zeitpunkts, zu dem die Mängel nachweislich abgestellt worden sind. Dieses Verzeichnis ist zusammen mit einer Übersetzung in die englische Sprache, soweit es nicht auf Englisch abgefasst worden ist, gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften in die Seearbeits-Konformitätserklärung einzutragen oder dieser beizufügen oder in anderer Weise den Seeleuten, den Inspektoren des Flaggenstaats, den ermächtigten Bediensteten in den Hafenstaaten und den Reeder- und Seeleutevertretern zugänglich zu machen.

12. Ein aktuelles gültiges Seearbeitszeugnis und eine aktuelle gültige SeearbeitsKonformitätserklärung, zusammen mit einer Übersetzung in die englische Sprache, soweit sie nicht auf Englisch abgefasst sind, sind auf dem Schiff mitzuführen und eine Kopie ist an einer deutlich sichtbaren Stelle an Bord auszuhängen, wo sie den Seeleuten zugänglich ist. Eine Kopie ist gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften auf Verlangen den Seeleuten, den Inspektoren des Flaggenstaats, den ermächtigten Bediensteten in den Hafenstaaten und den Reeder- und Seeleutevertretern zugänglich zu machen.

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Seearbeitsübereinkommen 2006

13. Die Anforderung einer Übersetzung in die englische Sprache in den Absätzen 11 und 12 dieser Norm gilt nicht für ein Schiff, das keine internationalen Fahrten durchführt.

14. Ein gemäss Absatz 1 oder 5 dieser Norm ausgestelltes Zeugnis verliert in jedem der folgenden Fälle seine Gültigkeit: a)

wenn die einschlägigen Überprüfungen nicht innerhalb der in Absatz 2 dieser Norm vorgeschriebenen Fristen abgeschlossen werden;

b)

wenn das Zeugnis nicht mit einem Bestätigungsvermerk gemäss Absatz 2 dieser Norm versehen ist;

c)

wenn ein Schiff die Flagge wechselt;

d)

wenn die Verantwortung eines Reeders für den Betrieb eines Schiffes endet;

e)

wenn an der Struktur oder der Ausrüstung, die in Titel 3 behandelt werden, wesentliche Veränderungen vorgenommen worden sind.

15. In dem in Absatz 14 Buchstabe c), d) oder e) dieser Norm genannten Fall wird ein neues Zeugnis nur dann ausgestellt, wenn die zuständige Stelle oder anerkannte Organisation, die das neue Zeugnis ausstellt, sich vergewissert hat, dass das Schiff die Anforderungen dieser Norm erfüllt.

16. Ein Seearbeitszeugnis ist von der zuständigen Stelle oder der hierzu vom Flaggenstaat ordnungsgemäss ermächtigten anerkannten Organisation zu entziehen, wenn Beweise dafür vorliegen, dass das betreffende Schiff die Anforderungen dieses Übereinkommens nicht erfüllt und die geforderten Abhilfemassnahmen nicht getroffen worden sind.

17. Bei Prüfung der Frage, ob ein Seearbeitszeugnis gemäss Absatz 16 dieser Norm entzogen werden soll, hat die zuständige Stelle oder die anerkannte Organisation den Schweregrad oder die Häufigkeit der Mängel zu berücksichtigen.

Leitlinie B5.1.3

Seearbeitszeugnis und Seearbeits-Konformitätserklärung

1. Die Aufstellung der innerstaatlichen Anforderungen in Teil I der SeearbeitsKonformitätserklärung sollte Verweise auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Arbeits- und Lebensbedingungen in jeder der in Anhang A5-I aufgeführten Angelegenheiten enthalten oder von ihnen begleitet sein. Wenn die innerstaatliche Gesetzgebung genau die im Übereinkommen aufgeführten Anforderungen wiedergibt, kann ein Verweis ausreichend sein. Wird eine Bestimmung des Übereinkommens durch die in Artikel VI Absatz 3 vorgesehene wesentliche Gleichwertigkeit umgesetzt, sollte diese Bestimmung genannt und eine kurze Erläuterung hinzugefügt werden.

Wird von der zuständigen Stelle eine Ausnahme aufgrund des Titels 3 gewährt, so sollten die betreffende Bestimmung oder die betreffenden Bestimmungen klar angegeben werden.

2. Die in Teil II der Seearbeits-Konformitätserklärung, der vom Reeder ausgefertigt wird, genannten Massnahmen sollten insbesondere angeben, wann die fortlaufende Erfüllung der besonderen innerstaatlichen Anforderungen nachgeprüft werden wird, die für die Nachprüfung verantwortlichen Personen, die vorzunehmenden Aufzeichnungen sowie die Verfahren, die in Fällen zu befolgen sind, in denen eine 5684

Seearbeitsübereinkommen 2006

Nichterfüllung der Anforderungen festgestellt wird. Teil II kann verschiedene Formen annehmen. Er könnte auf andere umfassendere Unterlagen über Massnahmen und Verfahren Bezug nehmen, die sich auf andere Aspekte des Seeschifffahrtsektors beziehen, beispielsweise auf vom Internationalen Sicherheitsmanagement-Code (ISM-Code) vorgeschriebene Unterlagen oder die durch die Regel 5 des Kapitels XI-1 des SOLAS-Übereinkommens vorgeschriebenen Informationen über den Lückenlosen Stammdatennachweis des Schiffes.

3. Die Massnahmen zur Gewährleistung der fortlaufenden Erfüllung der Vorschriften sollten allgemeine internationale Anforderungen an den Reeder und den Kapitän umfassen, sich über die neuesten technologischen Fortschritte und wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich der Arbeitsplatzgestaltung auf dem Laufenden zu halten, wobei die der Arbeit der Seeleute eigenen Gefahren zu berücksichtigen sind, und die Vertreter der Seeleute entsprechend zu informieren, um so einen besseren Schutz der Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute an Bord zu gewährleisten.

4. Die Seearbeits-Konformitätserklärung sollte vor allem klar abgefasst sein, damit alle Beteiligten, zum Beispiel Inspektoren des Flaggenstaates, die ermächtigten Bediensteten in den Hafenstaaten und die Seeleute in die Lage versetzt werden zu prüfen, dass die Anforderungen ordnungsgemäss erfüllt werden.

5. Ein Beispiel für die Art von Informationen, die in einer Seearbeits-Konformitätserklärung enthalten sein könnten, wird in Anhang B5-I gegeben.

6. Wenn ein Schiff die Flagge wechselt, wie in der Norm A5.1.3 Absatz 14 Buchstabe c) angegeben, und beide betroffenen Staaten das Übereinkommen ratifiziert haben, sollte das Mitglied, dessen Flagge das Schiff vorher zu führen berechtigt war, sobald wie möglich der zuständigen Stelle des anderen Mitglieds Kopien des Seearbeitszeugnisses und der Seearbeits-Konformitätserklärung, die vom Schiff vor dem Flaggenwechsel mitgeführt wurden, und gegebenenfalls Kopien der einschlägigen Überprüfungsberichte übermitteln, wenn die zuständige Stelle innerhalb von drei Monaten nach dem Flaggenwechsel darum ersucht.

Regel 5.1.4

Überprüfung und Durchsetzung

1. Jedes Mitglied hat durch ein wirksames und koordiniertes System von regelmässigen Überprüfungen, Überwachungs- und sonstigen Kontrollmassnahmen nachzuprüfen, dass Schiffe unter seiner Flagge die Anforderungen dieses Übereinkommens, wie es in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften durchgeführt wird, erfüllen.

2. Die detaillierten Anforderungen in Bezug auf das in Absatz 1 dieser Regel genannte Überprüfungs- und Durchsetzungssystem sind in Teil A des Codes dargelegt.

Norm A5.1.4

Überprüfung und Durchsetzung

1. Jedes Mitglied hat ein System für die Überprüfung der Bedingungen für Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge zu unterhalten, das die Nachprüfung umfasst, dass die in der Seearbeits-Konformitätserklärung dargelegten Massnahmen betreffend die Arbeitsund Lebensbedingungen gegebenenfalls befolgt und dass die Anforderungen dieses Übereinkommens erfüllt werden.

5685

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Die zuständige Stelle hat eine ausreichende Zahl qualifizierter Inspektoren zu bestellen, um ihre Verantwortlichkeiten nach Absatz 1 dieser Norm zu erfüllen.

Soweit anerkannte Organisationen zur Durchführung von Überprüfungen ermächtigt worden sind, hat das Mitglied vorzuschreiben, dass das Personal, das die Prüfungen durchführt, zur Wahrnehmung dieser Aufgaben befähigt ist, und hat es mit den erforderlichen rechtlichen Vollmachten zur Erfüllung seiner Aufgaben auszustatten.

3. Es sind angemessene Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Inspektoren über die Ausbildung, die Befähigung, die Kompetenzen, die Befugnisse, den Status und die Unabhängigkeit verfügen, die erforderlich oder wünschenswert sind, um die Nachprüfung durchzuführen und die in Absatz 1 dieser Norm genannte Erfüllung der Anforderungen sicherzustellen.

4. Gegebenenfalls haben die Überprüfungen in den durch die Norm A5.1.3 vorgeschriebenen Zeitabständen stattzufinden. Der Zeitabstand darf keinesfalls drei Jahre überschreiten.

5. Erhält ein Mitglied eine Beschwerde, die es nicht als offensichtlich unberechtigt erachtet, oder Beweismaterial, dass ein Schiff unter seiner Flagge nicht den Anforderungen dieses Übereinkommens genügt, oder dass bei der Durchführung der in der Seearbeits-Konformitätserklärung dargelegten Massnahmen schwerwiegende Mängel bestehen, hat das Mitglied die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, um die Angelegenheit zu untersuchen und sicherzustellen, dass Massnahmen zur Abstellung der festgestellten Mängel getroffen werden.

6. Jedes Mitglied hat angemessene Regeln vorzusehen und wirksam durchzusetzen, um zu gewährleisten, dass die Stellung und die Dienstverhältnisse der Inspektoren von Veränderungen in der Regierung und von unzulässigen äusseren Einflüssen unabhängig sind.

7. Die mit klaren Richtlinien hinsichtlich der wahrzunehmenden Aufgaben und mit den erforderlichen Ausweisen versehenen Inspektoren müssen befugt sein: a)

an Bord eines Schiffes unter der Flagge des Mitglieds zu gehen;

b)

alle ihnen notwendig erscheinenden Prüfungen, Untersuchungen oder Erhebungen vorzunehmen, um sich von der genauen Einhaltung der Normen zu überzeugen;

c)

die Abstellung von Mängeln zu verlangen und, falls sie Grund zu der Annahme haben, dass Mängel eine schwerwiegende Verletzung der Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) oder eine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit, die Gesundheit oder den Schutz der Seeleute darstellen, das Auslaufen eines Schiffes so lange zu untersagen, bis die erforderlichen Massnahmen getroffen worden sind.

8. Jede nach Absatz 7 Buchstabe c) dieser Norm getroffene Massnahme unterliegt dem Vorbehalt eines Rechts auf Einspruch bei einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde.

9. Es muss im Ermessen der Inspektoren liegen, an Stelle der Einleitung oder Beantragung entsprechender Verfahren Ratschläge zu erteilen, wenn kein eindeutiger Verstoss gegen die Anforderungen dieses Übereinkommens vorliegt, der die Sicher5686

Seearbeitsübereinkommen 2006

heit, die Gesundheit oder den Schutz der betreffenden Seeleute gefährdet, und wenn bis zu diesem Zeitpunkt keine ähnlichen Verstösse verzeichnet worden sind.

10. Die Inspektoren haben die Quelle einer Beschwerde, in der eine Gefahr oder ein Mangel im Zusammenhang mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute oder ein Verstoss gegen die Rechtsvorschriften behauptet wird, vertraulich zu behandeln und dürfen gegenüber dem Reeder, dem Vertreter des Reeders oder dem Betreiber des Schiffes keine Andeutung machen, dass eine Überprüfung infolge einer solchen Beschwerde vorgenommen worden ist.

11. Den Inspektoren sind keine Aufgaben zu übertragen, die wegen ihrer Zahl oder Art eine wirksame Überprüfung beeinträchtigen oder in irgendeiner Weise ihr Ansehen oder ihre Unparteilichkeit in ihren Beziehungen zu den Reedern, den Seeleuten oder anderen Beteiligten gefährden könnten. Insbesondere dürfen die Inspektoren: a)

an den zu überprüfenden Tätigkeiten weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt sein;

b)

unter Androhung geeigneter Strafen oder Disziplinarmassnahmen selbst nach Ausscheiden aus dem Dienst keine Geschäftsgeheimnisse oder vertraulichen Arbeitsverfahren oder Informationen persönlicher Art, von denen sie während der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kenntnis erlangen können, offenbaren.

12. Die Inspektoren haben der zuständigen Stelle einen Bericht über jede Überprüfung vorzulegen. Eine Kopie des Berichts in Englisch oder in der Arbeitssprache des Schiffes ist dem Kapitän zu übermitteln, und eine weitere Kopie ist an der Aushangtafel des Schiffes zur Information der Seeleute auszuhängen und auf Verlangen ihren Vertretern zuzusenden.

13. Die zuständige Stelle jedes Mitglieds hat Aufzeichnungen über die Überprüfungen der Bedingungen der Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge zu führen. Sie hat einen Jahresbericht über die Überprüfungstätigkeiten innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate nicht überschreiten darf, nach dem Ende des Jahres zu veröffentlichen.

14. Im Fall einer Untersuchung nach einem grösseren Vorfall ist der Bericht der zuständigen Stelle so bald wie möglich vorzulegen, spätestens aber einen Monat nach Abschluss der Untersuchung.

15. Wenn gemäss dieser Norm eine Überprüfung durchgeführt wird oder Massnahmen getroffen werden, sind alle angemessenen Anstrengungen zu unternehmen, um zu vermeiden, dass ein Schiff über Gebühr festgehalten oder seine Weiterfahrt über Gebühr verzögert wird.

16. Für erlittene Schäden oder Ausfälle aufgrund der unrechtmässigen Ausübung der Befugnisse der Inspektoren ist Schadenersatz gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu leisten. Die Beweislast hat in jedem Fall bei dem Beschwerdeführer zu liegen.

5687

Seearbeitsübereinkommen 2006

17. Angemessene Zwangsmassnahmen und sonstige Abhilfemassnahmen gegen Verletzungen der Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) und gegen eine Behinderung der Inspektoren bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sind von jedem Mitglied vorzusehen und wirksam anzuwenden.

Leitlinie B5.1.4

Überprüfung und Durchsetzung

1. Die zuständige Stelle und jede andere Dienststelle oder Behörde, die ausschliesslich oder teilweise mit der Überprüfung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute befasst ist, sollte über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel verfügen. Insbesondere a)

sollte jedes Mitglied die erforderlichen Massnahmen treffen, damit entsprechend befähigte technische Sachverständige und Fachleute bei Bedarf zur Unterstützung der Inspektoren bei ihrer Tätigkeit herangezogen werden können;

b)

sollten den Inspektoren günstig gelegene Räumlichkeiten sowie Ausrüstungen und Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt werden, die für die wirksame Erfüllung ihrer Aufgaben angemessen sind.

2. Die zuständige Stelle sollte eine Politik zur Erfüllung und Durchsetzung entwickeln, um die Anwendung einheitlicher Grundsätze sicherzustellen und als Richtschnur für die Überprüfungs- und Durchsetzungstätigkeiten im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen zu dienen. Der Inhalt dieser Politik sollte allen Inspektoren und in Frage kommenden Vollzugsbeamten zur Kenntnis gebracht und der Öffentlichkeit und den Reedern und Seeleuten zugänglich gemacht werden.

3. Die zuständige Stelle sollte einfache Verfahren festlegen, damit sie Informationen über mögliche Verletzungen der Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute), die von Seeleuten unmittelbar oder über die Vertreter der Seeleute vorgelegt werden, vertraulich entgegennehmen kann, und den Inspektoren gestatten, solche Angelegenheiten unverzüglich zu untersuchen, und unter anderem a)

den Kapitänen, Seeleuten oder deren Vertretern ermöglichen, eine Überprüfung zu verlangen, wenn sie dies für notwendig erachten;

b)

den Reedern und den Seeleuten sowie den in Betracht kommenden Verbänden technische Informationen und Ratschläge über die wirksamsten Mittel zur Erfüllung der Anforderungen dieses Übereinkommens und zur Herbeiführung einer fortlaufenden Verbesserung der Bedingungen der Seeleute an Bord zur Verfügung stellen.

4. Die Inspektoren sollten voll ausgebildet sein und ihre Zahl sollte ausreichen, um die wirksame Ausführung ihrer Aufgaben zu gewährleisten, unter angemessener Berücksichtigung a)

5688

der Bedeutung der von den Inspektoren auszuführenden Aufgaben, insbesondere der Zahl, der Art und der Grösse der der Überprüfung unterliegenden Schiffe sowie der Zahl und der Komplexität der Rechtsvorschriften, deren Durchführung sicherzustellen ist;

Seearbeitsübereinkommen 2006

b)

der den Inspektoren zur Verfügung gestellten Mittel;

c)

der praktischen Voraussetzungen, unter denen Überprüfungen vorgenommen werden müssen, um wirksam zu sein.

5. Vorbehaltlich der von den innerstaatlichen Rechtsvorschriften gegebenenfalls vorgeschriebenen Bedingungen für die Anstellung im öffentlichen Dienst sollten die Inspektoren über die Befähigung und eine ausreichende Ausbildung zur Erfüllung ihrer Aufgaben verfügen und nach Möglichkeit eine Ausbildung in der Seeschifffahrt oder seemännische Erfahrung besitzen. Sie sollten über ausreichende Kenntnisse der Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute sowie der englischen Sprache verfügen.

6. Es sollten Massnahmen getroffen werden, um den Inspektoren während ihrer Beschäftigung eine angemessene Weiterbildung zu gewährleisten.

7. Alle Inspektoren sollten eine klare Vorstellung von den Umständen, unter denen eine Überprüfung durchgeführt werden sollte, vom Umfang der unter den verschiedenen genannten Umständen durchzuführenden Überprüfung und von der allgemeinen Überprüfungsmethode haben.

8. Die mit den erforderlichen Ausweisen gemäss dem innerstaatlichen Recht versehenen Inspektoren sollten mindestens befugt sein: a)

frei und unangemeldet an Bord von Schiffen zu gehen; doch sollten die Inspektoren bei Beginn einer Schiffsüberprüfung dem Kapitän oder der Person, die die Verantwortung für das Schiff hat, und gegebenenfalls den Seeleuten oder ihren Vertretern von ihrer Anwesenheit Kenntnis geben;

b)

den Kapitän, die Seeleute oder jede andere Person, einschliesslich des Reeders oder des Reedervertreters, über alle die Durchführung der Anforderungen gemäss den Rechtsvorschriften betreffenden Angelegenheiten zu befragen, gegebenenfalls in Anwesenheit eines von der Person gewünschten Zeugen;

c)

die Vorlage aller Bücher, Logbücher, Register, Zeugnisse oder sonstigen Unterlagen oder Informationen, die einen unmittelbaren Bezug zu den zu überprüfenden Angelegenheiten haben, zur Nachprüfung der Einhaltung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Durchführung dieses Übereinkommens zu verlangen;

d)

den Aushang der gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Durchführung dieses Übereinkommens vorgeschriebenen Bekanntmachungen durchzusetzen;

e)

Proben von Erzeugnissen sowie der Ladung, des Trinkwassers, des Proviants und der verwendeten oder gehandhabten Stoffe und Substanzen zu Analysezwecken zu entnehmen oder mitzunehmen;

f)

im Anschluss an eine Überprüfung dem Reeder, dem Betreiber des Schiffes oder dem Kapitän unverzüglich Mängel zur Kenntnis zu bringen, die die Sicherheit und Gesundheit der an Bord befindlichen Personen beeinträchtigen können;

5689

Seearbeitsübereinkommen 2006

g)

die zuständige Stelle sowie gegebenenfalls die anerkannte Organisation auf alle Mängel oder Missstände hinzuweisen, die durch die bestehenden Rechtsvorschriften nicht ausdrücklich erfasst sind, und ihnen Vorschläge zur Verbesserung der Rechtsvorschriften zu unterbreiten;

h)

der zuständigen Stelle alle Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten, von denen Seeleute betroffen sind, in den Fällen und in der Art anzuzeigen, wie es die Rechtsvorschriften vorschreiben.

9. Wenn eine in Absatz 8 Buchstabe e) dieser Leitlinie genannte Probe entnommen oder mitgenommen wird, sollten der Reeder oder der Reedervertreter und gegebenenfalls die Seeleute verständigt werden oder bei der Entnahme oder Mitnahme der Probe anwesend sein. Die Menge der Probe sollte von dem Inspektor ordnungsgemäss aufgezeichnet werden.

10. Der von der zuständigen Stelle jedes Mitglieds veröffentlichte Jahresbericht über Schiffe unter seiner Flagge sollte Folgendes enthalten: a)

ein Verzeichnis der geltenden Rechtsvorschriften, die für die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute von Belang sind, sowie alle Änderungen, die während des Jahres in Kraft getreten sind;

b)

Einzelheiten der Organisation des Überprüfungssystems;

c)

Statistiken der der Überprüfung unterliegenden Schiffe oder sonstigen Räumlichkeiten und der tatsächlich überprüften Schiffe oder sonstigen Räumlichkeiten;

d)

Statistiken über alle Seeleute, die ihren Rechtsvorschriften unterliegen;

e)

Statistiken und Informationen über Gesetzesverstösse, verhängte Strafen und Fälle festgehaltener Schiffe;

f)

Statistiken der gemeldeten Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, von denen Seeleute betroffen sind.

Regel 5.1.5

Beschwerdeverfahren an Bord

1. Jedes Mitglied hat vorzuschreiben, dass Schiffe unter seiner Flagge über Verfahren an Bord für eine gerechte, wirksame und zügige Behandlung von Beschwerden von Seeleuten wegen behaupteter Verstösse gegen die Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) verfügen.

2. Jedes Mitglied hat jede Art von Schikanierung von Seeleuten wegen der Einreichung einer Beschwerde zu untersagen und zu bestrafen.

3. Die Bestimmungen dieser Regel und die dazugehörigen Abschnitte des Codes berühren nicht das Recht der Seeleute, eine Entschädigung durch das von ihnen als geeignet erachtete Rechtsmittel zu verlangen.

Norm A5.1.5

Beschwerdeverfahren an Bord

1. Unbeschadet eines etwaigen breiteren Geltungsbereichs in innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder in Gesamtarbeitsverträgen können die Seeleute von den Verfahren an Bord Gebrauch machen, um Beschwerden im Zusammenhang mit 5690

Seearbeitsübereinkommen 2006

jeder Angelegenheit einzureichen, die nach ihrer Behauptung einen Verstoss gegen die Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) darstellt.

2. Jedes Mitglied hat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicherzustellen, dass geeignete Beschwerdeverfahren an Bord vorhanden sind, die den Anforderungen der Regel 5.1.5 entsprechen. Ziel dieser Verfahren muss es sein, Beschwerden auf der niedrigst möglichen Ebene beizulegen. Dennoch müssen die Seeleute in allen Fällen das Recht haben, sich unmittelbar beim Kapitän und, soweit sie dies für notwendig erachten, bei geeigneten externen Stellen zu beschweren.

3. Die Beschwerdeverfahren an Bord haben das Recht der Seeleute, sich während des Beschwerdeverfahrens begleiten oder vertreten zu lassen, sowie Vorkehrungen gegen die Schikanierung von Seeleuten wegen der Einreichung einer Beschwerde zu umfassen. Der Ausdruck «Schikanierung» bezeichnet alle nachteiligen Massnahmen, die von irgendeiner Person in Bezug auf Seeleute wegen der Einreichung einer Beschwerde getroffen werden, der nicht eine offensichtlich missbräuchliche oder bösartige Absicht zugrunde liegt.

4. Zusätzlich zu einer Kopie ihres Beschäftigungsvertrags ist allen Seeleuten eine Kopie der an Bord des Schiffes geltenden Beschwerdeverfahren auszuhändigen.

Diese hat Kontaktinformationen über die zuständige Stelle im Flaggenstaat und, falls abweichend, im Wohnsitzstaat der Seeleute sowie den Namen einer Person oder von Personen an Bord des Schiffes zu umfassen, die den Seeleuten auf vertraulicher Grundlage unparteiischen Rat zu ihrer Beschwerde erteilen und ihnen anderweitig bei der Anwendung der ihnen an Bord des Schiffes zur Verfügung stehenden Beschwerdeverfahren behilflich sein können.

Leitlinie B5.1.5

Beschwerdeverfahren an Bord

1. Vorbehaltlich etwaiger einschlägiger Bestimmungen eines geltenden Gesamtarbeitsvertrags sollte die zuständige Stelle in enger Beratung mit den Verbänden der Reeder und Seeleute ein Modell für faire, zügige und gut dokumentierte Verfahren für die Behandlung von Beschwerden an Bord für alle Schiffe unter der Flagge des Mitglieds entwickeln. Bei der Entwicklung dieser Verfahren sollten die folgenden Angelegenheiten berücksichtigt werden: a)

viele Beschwerden können speziell diejenigen Personen betreffen, bei denen die Beschwerde einzureichen ist, oder sogar den Kapitän des Schiffes. In allen Fällen sollten die Seeleute auch die Möglichkeit haben, sich unmittelbar beim Kapitän zu beschweren oder sich mit ihrer Beschwerde an eine externe Stelle zu wenden;

b)

um dazu beizutragen, die Schikanierung von Seeleuten zu vermeiden, die Beschwerden über unter dieses Übereinkommen fallende Angelegenheiten einreichen, sollten die Verfahren der Benennung einer Person an Bord förderlich sein, die die Seeleute über die ihnen zur Verfügung stehenden Verfahren beraten und, falls dies von den beschwerdeführenden Seeleuten gewünscht wird, auch den Sitzungen oder Anhörungen zum Gegenstand der Beschwerde beiwohnen kann.

5691

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Die bei dem in Absatz 1 dieser Leitlinie genannten Beratungsprozess erörterten Verfahren sollten mindestens Folgendes umfassen: a)

die Beschwerden sollten an den Leiter des Dienstzweigs der Seeleute, die die Beschwerde einreichen, oder an den vorgesetzten Offizier der Seeleute gerichtet werden;

b)

der Leiter des Dienstzweigs oder der vorgesetzte Offizier sollte sich dann um eine Beilegung der Angelegenheit innerhalb vorgeschriebener Fristen bemühen, die der Schwere der Fragen, um die es geht, angemessen sein sollten;

c)

kann der Leiter des Dienstzweigs oder der vorgesetzte Offizier die Beschwerde nicht zur Zufriedenheit der Seeleute beilegen, können Letztere sie an den Kapitän weiterleiten, der die Angelegenheit persönlich behandeln sollte;

d)

Seeleute sollten jederzeit das Recht haben, sich von anderen Seeleuten ihrer Wahl an Bord des betreffenden Schiffes begleiten und vertreten zu lassen;

e)

alle Beschwerden und die diesbezüglichen Entscheidungen sollten aufgezeichnet werden, und den betreffenden Seeleuten sollte eine Kopie ausgehändigt werden;

f)

kann eine Beschwerde nicht an Bord beigelegt werden, sollte die Angelegenheit an den Reeder an Land verwiesen werden, dem eine angemessene Frist zur Beilegung der Angelegenheit eingeräumt werden sollte, gegebenenfalls in Beratung mit den betreffenden Seeleuten oder jeder Person, die sie gegebenenfalls als ihren Vertreter benennen;

g)

die Seeleute sollten in allen Fällen das Recht haben, ihre Beschwerden unmittelbar beim Kapitän und beim Reeder und bei den zuständigen Stellen einzureichen.

Regel 5.1.6

Seeunfälle

1. Jedes Mitglied hat eine amtliche Untersuchung aller schweren Seeunfälle durchzuführen, bei denen Menschen verletzt wurden oder ums Leben kamen und an denen Schiffe unter seiner Flagge beteiligt waren. Der abschliessende Untersuchungsbericht ist normalerweise zu veröffentlichen.

2. Die Mitglieder haben zusammenzuarbeiten, um die Untersuchung der in Absatz 1 dieser Regel genannten schweren Seeunfälle zu erleichtern.

Norm A5.1.6

Seeunfälle

(Keine Bestimmungen) Leitlinie B5.1.6

Seeunfälle

(Keine Bestimmungen)

5692

Seearbeitsübereinkommen 2006

Regel 5.2

Verantwortlichkeiten des Hafenstaates

Zweck: Jedes Mitglied in die Lage zu versetzen, seiner Verantwortung gemäss diesem Übereinkommen hinsichtlich der internationalen Zusammenarbeit bei der Durchführung und Durchsetzung der Normen des Übereinkommens auf ausländischen Schiffen nachzukommen Regel 5.2.1

Überprüfungen im Hafen

1. Jedes ausländische Schiff, das auf seinem planmässigen Kurs oder aus betriebstechnischen Gründen den Hafen eines Mitglieds anläuft, kann Gegenstand einer Überprüfung gemäss Artikel V Absatz 4 zwecks Prüfung der Erfüllung der Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) in Bezug auf die Arbeits- und Lebensbedingungen auf dem Schiff sein.

2. Jedes Mitglied hat das Seearbeitszeugnis und die Seearbeits-Konformitätserklärung anzuerkennen, die nach Regel 5.1.3 als Anscheinsbeweis für die Erfüllung der Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) vorgeschrieben sind. Infolgedessen ist die Überprüfung in seinen Häfen, ausser in den im Code angegebenen Umständen, auf eine Prüfung des Zeugnisses und der Erklärung zu beschränken.

3. Die Überprüfungen in einem Hafen sind von ermächtigten Bediensteten in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Codes und anderer geltender internationaler Vereinbarungen über Überprüfungen im Rahmen der Hafenstaatkontrolle in dem Mitglied durchzuführen. Jede solche Überprüfung hat sich auf eine Nachprüfung zu beschränken, dass die überprüfte Angelegenheit den einschlägigen Anforderungen entspricht, die in den Artikeln und Regeln dieses Übereinkommens und nur in Teil A des Codes dargelegt sind.

4. Die Überprüfungen, die in Übereinstimmung mit dieser Regel durchgeführt werden können, haben auf einem wirksamen Hafenstaatkontroll- und Überwachungssystem zu beruhen, um dazu beizutragen sicherzustellen, dass die Arbeitsund Lebensbedingungen von Seeleuten auf Schiffen, die einen Hafen des betreffenden Mitglieds anlaufen, den Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) genügen.

5. Informationen über das in Absatz 4 dieser Regel genannte System, einschliesslich der zur Beurteilung seiner Wirksamkeit angewendeten Methode, sind in die Berichte des Mitglieds gemäss Artikel 22 der Verfassung aufzunehmen.

Norm A5.2.1

Überprüfungen im Hafen

1. Stellt ein ermächtigter Bediensteter, der sich zur Durchführung einer Überprüfung an Bord begeben und gegebenenfalls das Seearbeitszeugnis und die SeearbeitsKonformitätserklärung verlangt hat, fest, dass a)

die verlangten Dokumente nicht vorgelegt oder nicht geführt oder falsch geführt werden oder dass die vorgelegten Dokumente die durch dieses Übereinkommen vorgeschriebenen Informationen nicht enthalten oder sonst wie ungültig sind; oder 5693

Seearbeitsübereinkommen 2006

b)

es eindeutige Gründe für die Annahme gibt, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen auf dem Schiff nicht den Anforderungen dieses Übereinkommens genügen; oder

c)

es triftige Gründe für die Annahme gibt, dass das Schiff die Flagge gewechselt hat, um die Einhaltung dieses Übereinkommens zu umgehen; oder

d)

eine Beschwerde vorliegt, wonach spezifische Arbeits- und Lebensbedingungen auf dem Schiff den Anforderungen dieses Übereinkommens nicht genügen;

kann eine genauere Überprüfung durchgeführt werden, um Aufschluss über die Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord des Schiffes zu erhalten. Eine solche Überprüfung ist in jedem Fall durchzuführen, wenn die Annahme oder Behauptung mangelhafter Arbeits- und Lebensbedingungen eine eindeutige Gefahr für die Sicherheit, die Gesundheit oder den Schutz der Seeleute darstellen könnte oder wenn der ermächtigte Bedienstete Grund zu der Annahme hat, dass etwaige Mängel eine schwerwiegende Verletzung der Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) darstellen.

2. Wird eine genauere Überprüfung auf einem ausländischen Schiff im Hafen eines Mitglieds von ermächtigten Bediensteten unter den in Absatz 1 Buchstabe a), b) oder c) dieser Norm dargelegten Umständen durchgeführt, hat sie sich im Prinzip auf die in Anhang A5-III aufgeführten Angelegenheiten zu erstrecken.

3. Im Fall einer Beschwerde nach Absatz 1 Buchstabe d) dieser Norm ist die Überprüfung im Allgemeinen auf Angelegenheiten im Rahmen der Beschwerde zu beschränken, wenngleich eine Beschwerde oder ihre Untersuchung auch eindeutige Gründe für eine genaue Überprüfung gemäss Absatz 1 Buchstabe b) dieser Norm liefern kann. Im Sinne von Absatz 1 Buchstabe d) dieser Norm gilt als «Beschwerde» jede Mitteilung, die von Seeleuten, einer Berufsvereinigung, einem Verband, einer Gewerkschaft oder allgemein jeder Person gemacht wird, die ein Interesse an der Sicherheit des Schiffes hat, insbesondere im Zusammenhang mit etwaigen Gefahren für die Sicherheit oder Gesundheit der Seeleute an Bord.

4. Wird nach einer genaueren Prüfung festgestellt, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen auf dem Schiff nicht den Anforderungen dieses Übereinkommens entsprechen, hat der ermächtigte Bedienstete die Mängel unverzüglich dem Kapitän des Schiffes zur Kenntnis zu bringen, unter Angabe der erforderlichen Fristen zu ihrer Behebung. Falls diese Mängel von dem ermächtigten Bediensteten als schwerwiegend angesehen werden oder falls sie sich auf eine Beschwerde nach Absatz 3 dieser Norm beziehen, hat der ermächtigte Bedienstete die Mängel den in Frage kommenden Seeleute- und Reederverbänden in dem Mitglied, in dem die Überprüfung durchgeführt wird, zur Kenntnis zu bringen, und er kann a)

einen Vertreter des Flaggenstaats benachrichtigen;

b)

den zuständigen Stellen des nächsten Anlaufhafens die einschlägigen Informationen zur Verfügung stellen.

5. Das Mitglied, in dem die Überprüfung durchgeführt wird, muss das Recht haben, eine Kopie des Berichts des Bediensteten, dem die von den zuständigen Stellen des Flaggenstaats innerhalb der vorgeschriebenen Frist gegebenenfalls erhaltene Ant5694

Seearbeitsübereinkommen 2006

wort beiliegen muss, an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes im Hinblick auf die Ergreifung der Massnahmen zu übermitteln, die als geeignet und zweckmässig erachtet werden, um sicherzustellen, dass solche Informationen aufgezeichnet werden und dass sie den Parteien zur Kenntnis gebracht werden, die ein Interesse daran haben könnten, die einschlägigen Einspruchsverfahren in Anspruch zu nehmen.

6. Wird nach einer genaueren Überprüfung durch einen ermächtigten Bediensteten festgestellt, dass das Schiff nicht den Anforderungen dieses Übereinkommens entspricht und a)

die Bedingungen an Bord eindeutig eine Gefahr für die Sicherheit, die Gesundheit oder den Schutz der Seeleute darstellen; oder

b)

die Nichterfüllung eine schwere oder wiederholte Verletzung der Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) darstellt;

hat der ermächtigte Bedienstete Massnahmen zu treffen, um ein Auslaufen des Schiffes so lange zu verhindern, bis Nichterfüllungen gemäss Buchstabe a) oder b) dieses Absatzes abgestellt worden sind oder bis der ermächtigte Bedienstete einen Aktionsplan zur Beseitigung solcher Nichterfüllungen gebilligt hat und er überzeugt ist, dass der Plan zügig durchgeführt wird. Wird das Schiff am Auslaufen gehindert, hat der ermächtigte Bedienstete unverzüglich den Flaggenstaat entsprechend zu benachrichtigen, einen Vertreter des Flaggenstaats zu ersuchen, nach Möglichkeit anwesend zu sein, und den Flaggenstaat zu ersuchen, innerhalb einer vorgeschriebenen Frist zu antworten. Der ermächtigte Bedienstete hat ausserdem unverzüglich die in Betracht kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute in dem Hafenstaat zu informieren, in dem die Überprüfung durchgeführt worden ist.

7. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass seine ermächtigten Bediensteten Anleitungen in einer Weise erhalten, wie sie in Teil B des Codes hinsichtlich der Art der Umstände angegeben ist, die ein Festhalten eines Schiffes gemäss Absatz 6 dieser Norm rechtfertigen.

8. Bei der Erfüllung ihrer Verantwortlichkeiten gemäss dieser Norm hat jedes Mitglied alle möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um zu vermeiden, dass ein Schiff über Gebühr festgehalten oder seine Weiterfahrt über Gebühr verzögert wird.

Wenn festgestellt wird, dass ein Schiff über Gebühr festgehalten oder seine Weiterfahrt über Gebühr verzögert wird, ist eine Entschädigung für den erlittenen Schaden oder Ausfall zu zahlen. Die Beweislast hat in jedem Fall bei dem Beschwerdeführer zu liegen.

Leitlinie B5.2.1 ­ Überprüfungen im Hafen 1. Die zuständige Stelle sollte eine Politik für ermächtigte Bedienstete entwickeln, die Überprüfungen gemäss Regel 5.2.1 durchführen. Ziel der Politik sollte es sein, die Anwendung einheitlicher Grundsätze sicherzustellen und als Richtschnur für die Überprüfungs- und Durchsetzungstätigkeiten im Zusammenhang mit den Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) zu dienen.

Der Inhalt dieser Politik sollte allen ermächtigten Bediensteten zur Kenntnis

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Seearbeitsübereinkommen 2006

gebracht werden und der Öffentlichkeit sowie den Reedern und den Seeleuten zugänglich sein.

2. Bei der Entwicklung einer Politik in Bezug auf die Umstände, die ein Festhalten des Schiffes gemäss der Norm A5.2.1 Absatz 6 rechtfertigen, sollte die zuständige Stelle berücksichtigen, dass hinsichtlich der in der Norm A5.2.1 Absatz 6 Buchstabe b) erwähnten Verletzung die Schwere auf die Art des betreffenden Mangels zurückzuführen sein könnte. Dies wäre besonders relevant im Fall der Verletzung der grundlegenden Rechte und Prinzipien oder der Beschäftigungs- und Sozialrechte der Seeleute gemäss den Artikeln III und IV. Die Beschäftigung einer minderjährigen Person beispielsweise sollte als eine schwere Verletzung angesehen werden, selbst wenn sich nur eine solche Person an Bord befindet. In anderen Fällen sollte die Zahl der bei einer gegebenen Überprüfung festgestellten unterschiedlichen Mängel berücksichtigt werden: So könnte es beispielsweise mehrerer Mängel im Zusammenhang mit der Unterkunft oder der Verpflegung einschliesslich Bedienung (die die Sicherheit oder Gesundheit nicht gefährden) bedürfen, bevor sie als eine ernste Verletzung angesehen werden sollten.

3. Die Mitglieder sollten bei der Annahme international vereinbarter Leitlinien über die Grundsätze der Überprüfungspolitik soweit wie möglich zusammenarbeiten, insbesondere hinsichtlich der Umstände, die das Festhalten eines Schiffes rechtfertigen.

Regel 5.2.2

Verfahren für die Behandlung von Beschwerden von Seeleuten an Land

1. Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass Seeleute auf Schiffen, welche einen Hafen im Gebiet des Mitglieds anlaufen, die behaupten, dass die Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) verletzt worden seien, das Recht haben, eine Beschwerde einzureichen, um eine rasche und praktische Regelung zu erleichtern.

Norm A5.2.2

Verfahren für die Behandlung von Beschwerden von Seeleuten an Land

1. Beschwerden von Seeleuten, die behaupten, dass die Anforderungen dieses Übereinkommens (einschliesslich der Rechte der Seeleute) verletzt worden seien, können bei einem ermächtigten Bediensteten in dem Hafen eingereicht werden, den das Schiff der Seeleute angelaufen hat. In solchen Fällen hat der ermächtigte Bedienstete eine erste Untersuchung durchzuführen.

2. Wo es in Anbetracht der Art der Beschwerde sinnvoll ist, hat die Erstuntersuchung eine Prüfung der Frage zu umfassen, ob die in der Regel 5.1.5 vorgesehenen Beschwerdeverfahren an Bord in Betracht gezogen worden sind. Der ermächtigte Bedienstete kann auch gemäss der Norm A5.2.1 eine genauere Überprüfung durchführen.

3. Der ermächtigte Bedienstete hat sich, wo es sinnvoll ist, darum zu bemühen, eine Beilegung der Beschwerde an Bord zu fördern.

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Seearbeitsübereinkommen 2006

4. Sollte die in dieser Norm vorgesehene Untersuchung oder Überprüfung eine Nichterfüllung nach Absatz 6 der Norm A5.2.1 aufdecken, sind die Bestimmungen dieses Absatzes anzuwenden.

5. Wenn die Bestimmungen von Absatz 4 dieser Norm nicht anwendbar sind und die Beschwerde nicht an Bord beigelegt wurde, hat der ermächtigte Bedienstete unverzüglich den Flaggenstaat zu benachrichtigen und sich darum zu bemühen, dass ihm innerhalb einer vorgeschriebenen Frist Ratschläge und ein Aktionsplan mit Abhilfemassnahmen übermittelt werden.

6. Wenn die Beschwerde im Anschluss an die gemäss Absatz 5 dieser Norm ergriffenen Massnahmen nicht beigelegt worden ist, hat der Hafenstaat dem Generaldirektor eine Kopie des Berichts des ermächtigten Bediensteten zu übermitteln. Dem Bericht muss eine etwaige von der zuständigen Stelle des Flaggenstaats innerhalb der vorgeschriebenen Frist erhaltene Antwort beigefügt sein. Die in Frage kommenden Verbände der Reeder und der Seeleute im Hafenstaat sind ebenfalls zu unterrichten. Ausserdem sind dem Generaldirektor durch den Hafenstaat regelmässig Statistiken und Informationen über Beschwerden zu übermitteln, die beigelegt worden sind. Diese beiden Mitteilungen erfolgen, damit auf der Grundlage von angemessenen und zweckdienlichen Massnahmen ein Verzeichnis dieser Informationen angelegt und es Parteien, darunter Verbänden der Reeder und der Seeleute, zur Kenntnis gebracht wird, die möglicherweise ein Interesse daran haben, entsprechende Einspruchsverfahren anzuwenden.

7. Es sind geeignete Massnahmen zu treffen, um die Vertraulichkeit der von Seeleuten eingereichten Beschwerden zu gewährleisten.

Leitlinie B5.2.2

Verfahren für die Behandlung von Beschwerden von Seeleuten an Land

1. Wird eine in der Norm A5.2.2 genannte Beschwerde von einem ermächtigten Bediensteten behandelt, sollte dieser zunächst prüfen, ob es sich um eine Beschwerde allgemeiner Art handelt, die alle Seeleute auf dem Schiff betrifft, oder ob sie sich nur auf einen Einzelfall bezieht.

2. Handelt es sich um eine Beschwerde allgemeiner Art, sollte die Durchführung einer genaueren Überprüfung gemäss der Norm A5.2.1 in Erwägung gezogen werden.

3. Bezieht sich die Beschwerde auf einen Einzelfall, sollte eine Prüfung der Ergebnisse etwaiger Beschwerdeverfahren an Bord für die Beilegung der betreffenden Beschwerde vorgenommen werden. Wurde ein solches Verfahren nicht in Betracht gezogen, sollte der ermächtige Bedienstete anregen, dass der Beschwerdeführer von solchen vorhandenen Verfahren Gebrauch macht. Für die Behandlung einer Beschwerde vor Erwägung etwaiger Beschwerdeverfahren an Bord sollte es gute Gründe geben. Dazu gehören beispielsweise die Unzulänglichkeit oder ungebührliche Verzögerung der internen Verfahren oder die Furcht des Beschwerdeführers vor Vergeltungsmassnahmen wegen der Einreichung einer Beschwerde.

4. Bei der Untersuchung einer Beschwerde sollte der ermächtigte Bedienstete dem Kapitän, dem Reeder und jeder anderen in der Beschwerde kritisierten Person ausreichend Gelegenheit geben, ihre Auffassungen darzulegen.

5697

Seearbeitsübereinkommen 2006

5. Wenn der Flaggenstaat in seiner Antwort auf die Benachrichtigung durch den Hafenstaat gemäss Absatz 5 der Norm A5.2.2 nachweist, dass er sich mit der Angelegenheit befassen wird, und dass er über wirksame diesbezügliche Verfahren verfügt und einen annehmbaren Aktionsplan vorgelegt hat, kann der ermächtigte Bedienstete davon absehen, sich weiter mit der Beschwerde zu befassen.

Regel 5.3

Verantwortlichkeiten im Bereich der Vermittlung von Arbeitskräften

Zweck: Sicherzustellen, dass jedes Mitglied seiner Verantwortung aufgrund dieses Übereinkommens in Bezug auf die Anwerbung und Vermittlung von Seeleuten und den sozialen Schutz seiner Seeleute nachkommt 1. Unbeschadet des Grundsatzes der Verantwortung eines Mitglieds für die Arbeitsund Lebensbedingungen der Seeleute auf Schiffen unter seiner Flagge ist das Mitglied auch dafür verantwortlich, die Erfüllung der Anforderungen dieses Übereinkommens für die Anwerbung und Arbeitsvermittlung von Seeleuten sowie für den sozialen Schutz der Seeleute sicherzustellen, die seine Staatsangehörigen sind oder in seinem Gebiet wohnen oder sonst wie ansässig sind, soweit eine solche Verantwortung in diesem Übereinkommen vorgesehen ist.

2. Genaue Anforderungen für die Durchführung von Absatz 1 dieser Regel sind im Code enthalten.

3. Jedes Mitglied hat ein wirksames Überprüfungs- und Überwachungssystem zur Durchsetzung seiner Verantwortlichkeiten im Bereich der Vermittlung von Arbeitskräften aufgrund dieses Übereinkommens einzurichten.

4. Informationen über das in Absatz 3 dieser Regel genannte System, einschliesslich der zur Beurteilung seiner Wirksamkeit verwendeten Methode, sind in die Berichte des Mitglieds gemäss Artikel 22 der Verfassung aufzunehmen.

Norm A5.3

Verantwortlichkeiten im Bereich der Vermittlung von Arbeitskräften

1. Jedes Mitglied hat die Anforderungen dieses Übereinkommens für die Verwaltung und die Tätigkeit der in seinem Gebiet errichteten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Seeleute durch ein Überprüfungs- und Überwachungssystem und rechtliche Verfahren wegen Verletzungen der in der Norm A1.4 vorgesehenen Zulassungs- und sonstigen betrieblichen Anforderungen durchzusetzen.

Leitlinie B5.3

Verantwortlichkeiten im Bereich der Vermittlung von Arbeitskräften

1. Private Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste für Seeleute, die im Gebiet eines Mitglieds bestehen und Seeleute an Reeder vermitteln, wo immer sie ihren Sitz haben, sollten dazu verpflichtet werden sicherzustellen, dass die Reeder die Bedingungen ihrer mit den Seeleuten geschlossenen Beschäftigungsverträge ordnungsgemäss erfüllen.

5698

Seearbeitsübereinkommen 2006

Anhang A5-I Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute, die vom Flaggenstaat überprüft und genehmigt werden müssen, bevor ein Schiff in Übereinstimmung mit der Norm A5.1.3 Absatz 1 zertifiziert wird: Mindestalter Ärztliches Zeugnis Befähigungen der Seeleute Beschäftigungsverträge der Seeleute Inanspruchnahme eines bewilligten oder zugelassenen oder geregelten privaten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienstes Arbeits- oder Ruhezeiten Besatzungsstärke des Schiffes Unterkünfte Freizeiteinrichtungen an Bord Verpflegung einschliesslich Bedienung Gesundheit und Sicherheit und Unfallverhütung Medizinische Betreuung an Bord Beschwerdeverfahren an Bord Zahlung der Heuern

5699

Seearbeitsübereinkommen 2006

Anhang A5-II Seearbeitszeugnis (Anmerkung: Diesem Zeugnis muss eine Seearbeits-Konformitätserklärung beigefügt sein) Ausgestellt nach den Bestimmungen von Artikel V und Titel 5 des Seearbeitsübereinkommens, 2006 (im Folgenden als «das Übereinkommen» bezeichnet), im Namen der Regierung von: .......................................................................................................................................

(vollständige Bezeichnung des Staates, dessen Flagge das Schiff zu führen berechtigt ist) durch .................................................................................................................

(vollständige Bezeichnung und Anschrift der zuständigen Stelle oder der nach den Bestimmungen des Übereinkommens ordnungsgemäss ermächtigten anerkannten Organisation) Angaben zum Schiff Name des Schiffes .........................................................................................................

Unterscheidungssignal ..................................................................................................

Heimathafen ..................................................................................................................

Datum der Registrierung ...............................................................................................

Bruttoraumzahl1 ............................................................................................................

IMO-Nummer ...............................................................................................................

Schiffstyp ......................................................................................................................

Name und Anschrift des Reeders2 ........................................................................................................................................

........................................................................................................................................

Hiermit wird bescheinigt: 1.

1

2

dass dieses Schiff überprüft und seine Einhaltung der Anforderungen des Übereinkommens und der Bestimmungen der beigefügten SeearbeitsKonformitätserklärung nachgeprüft worden ist.

Für Schiffe, die dem von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation angenommenen vorläufigen System der Schiffsvermessung unterliegen, ist die Bruttoraumzahl diejenige, die im Internationalen Schiffsmessbrief (1969) in der Spalte BEMERKUNGEN aufgeführt ist. Siehe Artikel II (1) c) des Übereinkommens.

Reeder bedeutet den Eigner des Schiffes oder jede andere Organisation oder Person, wie den Leiter, Agenten oder Bareboat-Charterer, die vom Reeder die Verantwortung für den Betrieb des Schiffes übernommen hat und die sich mit der Übernahme dieser Verantwortung bereit erklärt hat, die Aufgaben und Pflichten zu erfüllen, die den Reedern gemäss diesem Übereinkommen auferlegt werden, ungeachtet dessen, ob andere Organisationen oder Personen bestimmte dieser Aufgaben oder Pflichten im Auftrag des Reeders erfüllen. Siehe Artikel II (1) j) des Übereinkommens.

5700

Seearbeitsübereinkommen 2006

2.

dass die in Anhang A5-I des Übereinkommens aufgeführten Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute den innerstaatlichen Vorschriften des vorstehend erwähnten Landes zur Durchführung des Übereinkommens entsprechen. Diese innerstaatlichen Vorschriften sind in der beigefügten SeearbeitsKonformitätserklärung, Teil I, zusammengefasst.

Dieses Zeugnis gilt bis .........................................., vorbehaltlich der Überprüfungen in Übereinstimmung mit den Normen A5.1.3 und A5.1.4 des Übereinkommens.

Dieses Zeugnis gilt nur, wenn die in ............................................................... am ...................................... ausgestellte Seearbeits-Konformitätserklärung beigefügt ist.

Die Überprüfung, auf der dieses Zeugnis beruht, wurde abgeschlossen am ...................................................

Ausgestellt in .............................................. am ...........................................................

Unterschrift des ordnungsgemäss ermächtigten Bediensteten, der das Zeugnis ausstellt (Siegel bzw. Stempel der ausstellenden Behörde) Vermerke für die obligatorische Zwischenüberprüfung und (falls erforderlich) etwaige zusätzliche Überprüfungen Hiermit wird bescheinigt, dass das Schiff in Übereinstimmung mit den Normen A5.1.3 und A5.1.4 des Übereinkommens überprüft worden ist und dass die in Anhang A5-I des Übereinkommens aufgeführten Arbeits- und Lebensbedingungen den innerstaatlichen Vorschriften des vorstehend erwähnten Landes zur Durchführung des Übereinkommens entsprechen.

Zwischenüberprüfung:

Unterzeichnet ........................................................

(zwischen dem zweiten und

(Unterschrift des ermächtigten Bediensteten)

dritten Jahrestag abzuschliessen) ................................................................................

Ort .........................................................................

Datum ....................................................................

(Siegel bzw. Stempel der Behörde) Weitere Vermerke (falls erforderlich) Hiermit wird bescheinigt, dass das Schiff zwecks Nachprüfung, dass es die innerstaatlichen Vorschriften zur Durchführung des Übereinkommens weiterhin erfüllte, wie durch die Norm A3.1 Absatz 3 des Übereinkommens (erneute Eintragung im Schiffsregister oder wesentliche Veränderungen der Unterkünfte) vorgeschrieben, oder aus anderen Gründen Gegenstand einer zusätzlichen Überprüfung war.

5701

Seearbeitsübereinkommen 2006

Zusätzliche Überprüfung:

Unterzeichnet ........................................................

(falls erforderlich)

(Unterschrift des ermächtigten Bediensteten) ................................................................................

Ort .........................................................................

Datum ....................................................................

(Siegel bzw. Stempel der Behörde)

Zusätzliche Überprüfung: (falls erforderlich)

Unterzeichnet ........................................................

(Unterschrift des ermächtigten Bediensteten) ................................................................................

Ort .........................................................................

Datum ....................................................................

(Siegel bzw. Stempel der Behörde)

Zusätzliche Überprüfung:

Unterzeichnet ........................................................

(falls erforderlich)

(Unterschrift des ermächtigten Bediensteten) ................................................................................

Ort .........................................................................

Datum ....................................................................

(Siegel bzw. Stempel der Behörde) Seearbeitsübereinkommen, 2006 Seearbeits-Konformitätserklärung ­ Teil I

(Diese Erklärung muss dem Seearbeitszeugnis des Schiffes beigefügt sein) Ausgestellt im Namen von: ............................. (Name der zuständigen Stelle im Sinne von Artikel II Absatz 1 Buchstabe a) des Übereinkommens einfügen) In Bezug auf die Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens, 2006, wird das nachstehend bezeichnete Schiff: Name des Schiffs

IMO-Nummer

Bruttoraumzahl

in Übereinstimmung mit der Norm A5.1.3 des Übereinkommens unterhalten.

Der Unterzeichner erklärt im Namen der genannten zuständigen Stelle, dass

5702

Seearbeitsübereinkommen 2006

a)

die Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens vollständig in die nachfolgend genannten innerstaatlichen Anforderungen übertragen worden sind;

b)

diese innerstaatlichen Anforderungen in den nachfolgend angegebenen Bestimmungen enthalten sind; zum Inhalt dieser Bestimmungen werden Erläuterungen gegeben, sofern es erforderlich ist;

c)

die Einzelheiten von im Wesentlichen gleichwertigen Regelungen gemäss Artikel VI Absatz 3 und 4 aufgeführt sind (Nichtzutreffendes streichen);

d)

von der zuständigen Stelle gemäss Titel 3 gewährte Ausnahmen in dem für diesen Zweck bestimmen Abschnitt klar angegeben sind;

e)

auf spezifische Anforderungen der innerstaatlichen Gesetzgebung zu Schiffsarten ebenfalls unter den entsprechenden Anforderungen hingewiesen wird.

1. Mindestalter (Regel 1.1) ...........................................................................................

2. Ärztliches Zeugnis (Regel 1.2) .................................................................................

3. Befähigungen der Seeleute (Regel 1.3.) ....................................................................

4. Beschäftigungsverträge der Seeleute (Regel 2.1) .....................................................

5. Inanspruchnahme eines bewilligten oder zugelassenen oder geregelten privaten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienstes (Regel 1.4.) ......................

6. Arbeits- oder Ruhezeiten (Regel 2.3) .......................................................................

7. Besatzungsstärke des Schiffes (Regel 2.7) ...............................................................

8. Unterkünfte (Regel 3.1) ............................................................................................

9. Freizeiteinrichtungen an Bord (Regel 3.1) ................................................................

10. Verpflegung einschliesslich Bedienung (Regel 3.2) ...............................................

11. Gesundheit und Sicherheit und Unfallverhütung (Regel 4.3) .................................

12. Medizinische Betreuung an Bord (Regel 4.1) .........................................................

13. Beschwerdeverfahren an Bord (Regel 5.1.5) ..........................................................

14. Zahlung der Heuern (Regel 2.2) .............................................................................

Name: ......................................................................

Titel: ........................................................................

Unterschrift: ............................................................

Ort: ..........................................................................

Datum: .....................................................................

(Siegel bzw. Stempel der Stelle) Im Wesentlichen gleichwertige Regelungen 5703

Seearbeitsübereinkommen 2006

(Anmerkung: Nichtzutreffendes streichen) Die folgenden gemäss Artikel VI Absatz 3 und 4 des Übereinkommens vorgesehenen im Wesentlichen gleichwertigen Regelungen, mit Ausnahme der oben angegebenen, werden zur Kenntnis genommen (gegebenenfalls Beschreibung einfügen): ........................................................................................................................................

........................................................................................................................................

Es ist keine gleichwertige Regelung anwendbar.

Name: ......................................................................

Titel: ........................................................................

Unterschrift: ............................................................

Ort: ..........................................................................

Datum: .....................................................................

(Siegel bzw. Stempel der Stelle) Ausnahmen (Anmerkung: Nichtzutreffendes streichen) Die folgenden von der zuständigen Stelle aufgrund des Titels 3 des Übereinkommens gewährten Ausnahmen werden zur Kenntnis genommen: ........................................................................................................................................

........................................................................................................................................

Es ist keine Ausnahme gewährt worden.

Name: ......................................................................

Titel: ........................................................................

Unterschrift: ............................................................

Ort: ..........................................................................

Datum: .....................................................................

(Siegel bzw. Stempel der Stelle) Seearbeits-Konformitätserklärung ­ Teil II Massnahmen zur Sicherstellung der fortlaufenden Erfüllung der Anforderungen zwischen den Überprüfungen

5704

Seearbeitsübereinkommen 2006

Die folgenden Massnahmen sind vom Reeder, der im Seearbeitszeugnis benannt wird, das dieser Erklärung beigefügt ist, getroffen worden, um die fortlaufende Erfüllung der Anforderungen zwischen den Überprüfungen sicherzustellen: (Nachfolgend sind die Massnahmen anzugeben, die vom Reeder getroffen worden sind, um die Erfüllung der Anforderungen für jeden der Punkte in Teil I sicherzustellen.)

1.

Mindestalter (Regel 1.1) ..............................................................................

...........................................................................................................................

2.

Ärztliches Zeugnis (Regel 1.2) ....................................................................

...........................................................................................................................

3.

Befähigungen der Seeleute (Regel 1.3.) ......................................................

...........................................................................................................................

4.

Beschäftigungsverträge der Seeleute (Regel 2.1) ........................................

...........................................................................................................................

5.

Inanspruchnahme eines bewilligten oder zugelassenen oder geregelten .....

privaten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienstes (Regel 1.4) .............

...........................................................................................................................

6.

Arbeits- oder Ruhezeiten (Regel 2.3) ..........................................................

...........................................................................................................................

7.

Besatzungsstärke des Schiffes (Regel 2.7) ..................................................

...........................................................................................................................

8.

Unterkünfte (Regel 3.1) ...............................................................................

.........................................................................................................................

9.

Freizeiteinrichtungen an Bord (Regel 3.1) ..................................................

...........................................................................................................................

10. Verpflegung einschliesslich Bedienung (Regel 3.2) ....................................

...........................................................................................................................

11. Gesundheit und Sicherheit und Unfallverhütung (Regel 4.3) ......................

...........................................................................................................................

12. Medizinische Betreuung an Bord (Regel 4.1) .............................................

...........................................................................................................................

13. Beschwerdeverfahren an Bord (Regel 5.1.5)................................................

...........................................................................................................................

14. Zahlung der Heuern (Regel 2.2) ..................................................................

...........................................................................................................................

Ich bescheinige hiermit, dass die genannten Massnahmen getroffen worden sind, um die fortlaufende Erfüllung der in Teil I aufgeführten Anforderungen zwischen den Überprüfungen sicherzustellen.

5705

Seearbeitsübereinkommen 2006

Name des Reeders3: ................................................

..................................................................................

Anschrift des Unternehmens: ..................................

..................................................................................

Name des Unterschriftsberechtigten: ......................

..................................................................................

Titel: ........................................................................

Unterschrift des Unterschriftsberechtigten: ............

..................................................................................

Datum: .....................................................................

(Stempel bzw. Siegel des Reeders) Die genannten Massnahmen sind von (Name der zuständigen Stelle oder der ordnungsgemäss anerkannten Organisation) geprüft worden und genügen nach Überprüfung des Schiffes deren Feststellungen zufolge den unter der Norm A5.1.3 Absatz 10 Buchstabe b) dargelegten Zwecken in Bezug auf Massnahmen zur Sicherstellung der erstmaligen und fortlaufenden Erfüllung der Anforderungen in Teil I dieser Erklärung.

Name: ......................................................................

Titel: ........................................................................

Anschrift: ................................................................

.................................................................................

.................................................................................

Unterschrift: ............................................................

Ort: ..........................................................................

Datum: .....................................................................

(Siegel bzw. Stempel der Stelle) Vorläufiges Seearbeitszeugnis Ausgestellt nach den Bestimmungen von Artikel V und Titel 5 des Seearbeitsübereinkommens, 2006 3

Reeder bedeutet den Eigner des Schiffes oder jede andere Organisation oder Person, wie den Leiter, Agenten oder Bareboat-Charterer, die vom Reeder die Verantwortung für den Betrieb des Schiffes übernommen hat und die sich mit der Übernahme dieser Verantwortung bereit erklärt hat, die Aufgaben und Pflichten zu erfüllen, die den Reedern gemäß diesem Übereinkommen auferlegt werden, ungeachtet dessen, ob andere Organisationen oder Personen bestimmte dieser Aufgaben oder Pflichten im Auftrag des Reeders erfüllen. Siehe Artikel II (1) j) des Übereinkommens.

5706

Seearbeitsübereinkommen 2006

(im Folgenden als «das Übereinkommen» bezeichnet) im Namen der Regierung von: .......................................................................................................................................

(vollständige Bezeichnung des Staates, dessen Flagge zu führen das Schiff berechtigt ist) von ................................................................................................................................

(vollständige Bezeichnung und Anschrift der zuständigen Stelle oder der nach den Bestimmungen des Übereinkommens ordnungsgemäss ermächtigten anerkannten Organisation) Angaben zum Schiff Name des Schiffes .........................................................................................................

Unterscheidungssignal ..................................................................................................

Heimathafen ..................................................................................................................

Datum der Registrierung ...............................................................................................

Bruttoraumzahl4 ............................................................................................................

IMO-Nummer ...............................................................................................................

Schiffstyp ......................................................................................................................

Name und Anschrift des Reeders5 ................................................................................

........................................................................................................................................

Hiermit wird für die Zwecke der Norm A5.1.3 Absatz 7 des Übereinkommens bescheinigt, dass

4

5

a)

das Schiff, soweit angemessen und praktisch möglich, in Bezug auf die in Anhang A5-I des Übereinkommens genannten Angelegenheiten überprüft worden ist, unter Berücksichtigung einer Überprüfung der nachfolgend unter Buchstabe b), c) und d) aufgeführten Punkte;

b)

der Reeder der zuständigen Stelle oder anerkannten Organisation nachgewiesen hat, dass das Schiff über angemessene Verfahren verfügt, um das Übereinkommen einzuhalten;

Für Schiffe, die dem von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation angenommenen vorläufigen System der Schiffsvermessung unterliegen, ist die Bruttoraumzahl diejenige, die im Internationalen Schiffsmessbrief (1969) in der Spalte BEMERKUNGEN aufgeführt ist. Siehe Artikel II (1) c) des Übereinkommens.

Reeder bedeutet den Eigner des Schiffes oder jede andere Organisation oder Person, wie den Leiter, Agenten oder Bareboat-Charterer, die vom Reeder die Verantwortung für den Betrieb des Schiffes übernommen hat und die sich mit der Übernahme dieser Verantwortung bereit erklärt hat, die Aufgaben und Pflichten zu erfüllen, die den Reedern gemäss diesem Übereinkommen auferlegt werden, ungeachtet dessen, ob andere Organisationen oder Personen bestimmte dieser Aufgaben oder Pflichten im Auftrag des Reeders erfüllen. Siehe Artikel II (1) j) des Übereinkommens.

5707

Seearbeitsübereinkommen 2006

c)

der Kapitän mit den Anforderungen des Übereinkommens und den Verantwortlichkeiten für die Durchführung vertraut ist;

d)

der zuständigen Stelle oder anerkannten Organisation einschlägige Informationen zur Erstellung einer Seearbeits-Konformitätserklärung vorgelegt worden sind.

Dieses Zeugnis ist gültig bis ........................................, vorbehaltlich der Überprüfungen in Übereinstimmung mit den Normen A5.1.3 und A5.1.4.

Die unter a) genannte Überprüfung wurde abgeschlossen am .....................................

Ausgestellt in ............................................. am ............................................................

Unterschrift des ordnungsgemäss ermächtigten Bediensteten, der das vorläufige Zeugnis ausstellt ...........................................................................................................

(Siegel bzw. Stempel der ausstellenden Behörde)

5708

Seearbeitsübereinkommen 2006

Anhang A5-III Allgemeine Bereiche, die einer detaillierten Überprüfung durch einen ermächtigten Bediensteten in einem Hafen eines Mitglieds unterliegen, der Hafenstaatkontrollmassnahmen gemäss der Norm A5.2.1 durchführt: Mindestalter Ärztliches Zeugnis Befähigungen der Seeleute Beschäftigungsverträge der Seeleute Inanspruchnahme eines bewilligten oder zugelassenen oder geregelten privaten Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienstes Arbeits- oder Ruhezeiten Besatzungsstärke des Schiffes Unterkünfte Freizeiteinrichtungen an Bord Verpflegung einschliesslich Bedienung Gesundheit und Sicherheit und Unfallverhütung Medizinische Betreuung an Bord Beschwerdeverfahren an Bord Zahlung der Heuern

5709

Seearbeitsübereinkommen 2006

Anhang B5-I ­ Beispiel einer nationalen Erklärung Siehe Leitlinie B5.1.3 Absatz 5 Seearbeitsübereinkommen, 2006 Seearbeits-Konformitätserklärung ­ Teil I (Diese Erklärung muss dem Seearbeitszeugnis des Schiffes beigefügt sein) Ausgestellt im Namen von: Ministerium für Seeverkehr von Xxxxxxx In Bezug auf die Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens, 2006, wird das nachstehend bezeichnete Schiff: Name des Schiffs

IMO-Nummer

Bruttoraumzahl

M.S. MUSTER

12345

1.000

in Übereinstimmung mit der Norm A5.1.3 des Übereinkommens unterhalten.

Der Unterzeichner erklärt im Namen der genannten zuständigen Stelle, dass a)

die Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens vollständig in die nachfolgend genannten innerstaatlichen Anforderungen übertragen worden sind;

b)

diese innerstaatlichen Anforderungen in den nachfolgend angegebenen Bestimmungen enthalten sind; zum Inhalt dieser Bestimmungen werden Erläuterungen gegeben, sofern es erforderlich ist;

c)

die Einzelheiten von im Wesentlichen gleichwertigen Regelungen gemäss Artikel VI Absatz 3 und 4 aufgeführt sind (Nichtzutreffendes streichen);

d)

von der zuständigen Stelle gemäss Titel 3 gewährte Ausnahme in dem für diesen Zweck bestimmten Abschnitt klar angegeben sind;

e)

auf spezifische Anforderungen der innerstaatlichen Gesetzgebung zu Schiffsarten ebenfalls unter den entsprechenden Anforderungen hingewiesen wird.

1. Mindestalter (Regel 1.1) Schifffahrtsgesetz, Nr. 123 von 1905, in der abgeänderten Fassung («Gesetz»), Kapitel X; Schifffahrtsregeln («Regeln»), 2006, Vorschriften 1111­1222.

Die Mindestalter sind die, die im Übereinkommen genannt werden.

«Nacht» bedeutet den Zeitraum zwischen neun Uhr abends und sechs Uhr morgens, sofern das Seeverkehrsministerium («Ministerium») nicht einen anderen Zeitraum genehmigt.

5710

Seearbeitsübereinkommen 2006

Beispiele für gefährliche Arbeit, die für Personen unter 18 Jahren untersagt ist, sind in Anhang A aufgeführt. Im Fall von Frachtschiffen darf niemand unter 18 Jahren in den Bereichen arbeiten, die auf dem Schiffsplan (dieser Erklärung beizufügen) als «gefährliche Bereiche» gekennzeichnet sind.

2. Ärztliches Zeugnis (Regel 1.2) Gesetz, Kapitel XI; Regeln, Vorschriften 1223­1233.

Die ärztlichen Zeugnisse haben den Anforderungen des STCW zu entsprechen, soweit sie anwendbar sind; in anderen Fällen werden die STCW-Anforderungen mit den nötigen Änderungen angewandt.

Qualifizierte Optiker auf der vom Ministerium gebilligten Liste können Zeugnisse über das Sehvermögen ausstellen.

Die ärztlichen Untersuchungen sollten den in der Leitlinie B1.2.1 genannten IAA/WHO-Richtlinien entsprechen.

........................................................................................................................................

........................................................................................................................................

Seearbeits-Konformitätserklärung ­ Teil II Massnahmen zur Sicherstellung der fortlaufenden Erfüllung der Anforderungen zwischen den Überprüfungen Die folgenden Massnahmen sind vom Reeder, der im Seearbeitszeugnis benannt wird, das dieser Erklärung beigefügt ist, getroffen worden, um die fortlaufende Erfüllung der Anforderungen zwischen den Überprüfungen sicherzustellen: (Nachfolgend sind die Massnahmen anzugeben, die getroffen worden sind, um die fortlaufende Erfüllung der Anforderungen für jeden der Punkte in Teil I sicherzustellen.)

1. Mindestalter (Regel 1.1) ......................................................................................

Das Geburtsdatum der Seeleute wird jeweils neben ihren Namen auf der Besatzungsliste vermerkt.

Der Kapitän oder ein in seinem Namen handelnder Offizier («zuständiger Offizier») überprüft die Liste bei Antritt jeder Fahrt und verzeichnet das Datum dieser Überprüfung.

Seeleuten unter 18 Jahren wird bei der Anheuerung ein Merkblatt ausgehändigt, in dem ihnen die Durchführung von Nachtarbeit oder als gefährlich betrachteten Arbeiten, die im Anhang (siehe Teil I Abschnitt 1) aufgeführt werden, oder jeder anderen gefährlichen Arbeit untersagt wird und sie aufgefordert werden, im Zweifelsfall den zuständigen
Offizier zu befragen. Eine Kopie des Merkblatts mit einer Unterschrift der Seeleute unter den Worten «erhalten und gelesen» und dem Datum der Unterschrift verbleibt beim zuständigen Offizier.

5711

Seearbeitsübereinkommen 2006

2. Ärztliches Zeugnis (Regel 1.2) ............................................................................

Die ärztlichen Zeugnisse werden vom zuständigen Offizier streng vertraulich gemeinsam mit einer Liste aufbewahrt, die unter der Verantwortung des zuständigen Offiziers ausgearbeitet wird und für alle Seeleute an Bord angibt: die Aufgaben des Betreffenden, das Datum der Ausstellung des geltenden ärztlichen Zeugnisses/der geltenden ärztlichen Zeugnisse sowie den auf dem betreffenden Zeugnis angegebenen Gesundheitszustand.

Bei Zweifel an der Tauglichkeit des Betreffenden für eine bestimmte Aufgabe/für bestimmte Aufgaben konsultiert der zuständige Offizier den Hausarzt des Betreffenden oder einen anderen qualifizierten Arzt und verzeichnet eine Zusammenfassung dessen Schlussfolgerungen sowie dessen Namen, dessen Telefonnummer und das Datum der Konsultation.

.......................................................................................................................................

.......................................................................................................................................

5712

Anhang 2

Übereinkommen Nr. 187 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 31. Mai 2006 zu ihrer fünfundneunzigsten Tagung zusammengetreten ist, anerkennt das globale Ausmass arbeitsbedingter Unfälle, Erkrankungen und Todesfälle und die Notwendigkeit weiterer Massnahmen zu ihrer Reduzierung, erinnert daran, dass der Schutz der Arbeitnehmer gegen allgemeine und Berufskrankheiten sowie gegen Arbeitsunfälle zu den Zielen der Internationalen Arbeitsorganisation gehört, wie sie in ihrer Verfassung dargelegt sind, anerkennt, dass arbeitsbedingte Unfälle, Erkrankungen und Todesfälle sich negativ auf die Produktivität und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung auswirken, verweist auf Absatz III (g) der Erklärung von Philadelphia, dem zufolge die Internationale Arbeitsorganisation die feierliche Verpflichtung hat, bei den einzelnen Nationen der Welt Programme zu fördern, die einen angemessenen Schutz für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer bei allen Beschäftigungen erreichen, ist sich der Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und ihre Folgemassnahmen, 1998, bewusst, verweist auf das Übereinkommen (Nr. 155) über den Arbeitsschutz, 1981, die Empfehlung (Nr. 164) betreffend den Arbeitsschutz, 1981, und andere Instrumente der Internationalen Arbeitsorganisation, die für den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz relevant sind, erinnert daran, dass die Förderung des Arbeitsschutzes Teil der Agenda der Internationalen Arbeitsorganisation für menschenwürdige Arbeit für alle ist, verweist auf die von der 91. Tagung (2003) der Internationalen Arbeitskonferenz angenommenen «Schlussfolgerungen über normenbezogene Tätigkeiten der IAO im Bereich des Arbeitsschutzes ­ Eine globale Strategie», insbesondere in Bezug darauf sicherzustellen, dass dem Arbeitsschutz in nationalen Agenden Vorrang eingeräumt wird, betont die Bedeutung der ständigen Förderung einer innerstaatlichen präventiven Arbeitsschutzkultur, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend den Arbeitsschutz, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

5713

Übereinkommen Nr. 187 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz

Die Konferenz nimmt heute, am 15. Juni 2006, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006, bezeichnet wird.

I. Begriffsbestimmungen Art. 1 Im Sinne dieses Übereinkommens a)

bezieht sich der Begriff «innerstaatliche Politik» auf die innerstaatliche Politik auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes und der Arbeitsumwelt, die im Einklang mit den Grundsätzen von Artikel 4 des Übereinkommens (Nr. 155) über den Arbeitsschutz, 1981, entwickelt wird;

b)

bezieht sich der Begriff «innerstaatliches Arbeitsschutzsystem» oder «innerstaatliches System» auf die Infrastruktur, die den Hauptrahmen für die Umsetzung der innerstaatlichen Arbeitsschutzpolitik und innerstaatlicher Arbeitsschutzprogramme bietet;

c)

bezieht sich der Begriff «innerstaatliches Arbeitsschutzprogramm» oder «innerstaatliches Programm» auf jedes innerstaatliche Programm, das in einem vorher festgelegten Zeitrahmen zu erreichende Ziele, Prioritäten und Aktionsmittel, die ausgearbeitet worden sind, um den Arbeitsschutz zu verbessern, sowie Mittel zur Beurteilung von Fortschritten umfasst;

d)

bezieht sich der Begriff «eine innerstaatliche präventive Arbeitsschutzkultur» auf eine Kultur, in der das Recht auf eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt auf allen Ebenen geachtet wird, in der Regierung, Arbeitgeber und Arbeitnehmer aktiv daran mitwirken, durch ein System festgelegter Rechte, Verantwortlichkeiten und Pflichten eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu gewährleisten, und in der dem Grundsatz der Prävention höchste Priorität eingeräumt wird.

II. Ziel Art. 2 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, hat zur Verhütung von arbeitsbedingten Unfällen, Erkrankungen und Todesfällen in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer die ständige Verbesserung des Arbeitsschutzes zu fördern durch die Entwicklung einer innerstaatlichen Politik, eines innerstaatlichen Systems und eines innerstaatlichen Programms.

2. Jedes Mitglied hat aktive Massnahmen zu ergreifen, um unter Berücksichtigung der Grundsätze in den Instrumenten der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), die für den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz relevant sind, durch das inner-

5714

Übereinkommen Nr. 187 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz

staatliche Arbeitsschutzsystem und durch innerstaatliche Arbeitsschutzprogramme schrittweise eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu verwirklichen.

3. Jedes Mitglied hat in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in regelmässigen Abständen zu erwägen, welche Massnahmen getroffen werden könnten, um die einschlägigen Arbeitsschutzübereinkommen der IAO zu ratifizieren.

III. Innerstaatliche Politik Art. 3 1. Jedes Mitglied hat durch die Ausarbeitung einer innerstaatlichen Politik eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu fördern.

2. Jedes Mitglied hat auf allen einschlägigen Ebenen das Recht der Arbeitnehmer auf eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu fördern und weiterzuentwickeln.

3. Bei der Ausarbeitung seiner innerstaatlichen Politik hat jedes Mitglied im Licht der innerstaatlichen Bedingungen und Praxis und in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer grundlegende Prinzipien zu fördern, wie zum Beispiel die Evaluierung von arbeitsbedingten Risiken und Gefahren, die Bekämpfung von arbeitsbedingten Risiken und Gefahren an der Quelle und die Entwicklung einer innerstaatlichen präventiven Arbeitsschutzkultur, die Informationen, Beratung und Ausbildung umfasst.

IV. Innerstaatliches System Art. 4 1. Jedes Mitglied hat in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ein innerstaatliches Arbeitsschutzsystem einzurichten, zu unterhalten, fortlaufend weiterzuentwickeln und regelmässig zu überprüfen.

2. Das innerstaatliche Arbeitsschutzsystem hat unter anderem zu umfassen: a)

Rechtsvorschriften, gegebenenfalls Gesamtarbeitsverträge und alle sonstigen relevanten Instrumente über den Arbeitsschutz;

b)

eine oder mehrere für den Arbeitsschutz verantwortliche und im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis bezeichnete Stellen oder Gremien;

c)

Mechanismen zur Sicherstellung der Einhaltung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, einschliesslich Inspektionssystemen;

d)

Vorkehrungen zur Förderung der Zusammenarbeit auf Unternehmensebene zwischen Geschäftsleitung, Arbeitnehmern und ihren Vertretern als wesentliches Element von Präventionsmassnahmen am Arbeitsplatz.

5715

Übereinkommen Nr. 187 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz

3. Das innerstaatliche Arbeitsschutzsystem hat, soweit angemessen, zu umfassen: a)

einen innerstaatlichen dreigliedrigen Beirat oder innerstaatliche dreigliedrige Beiräte, die sich mit Arbeitsschutzfragen befassen;

b)

Informations- und Beratungsdienste zum Arbeitsschutz;

c)

die Bereitstellung einer Arbeitsschutzausbildung;

d)

arbeitsmedizinische Dienste im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis;

e)

Arbeitsschutzforschung;

f)

einen Mechanismus zur Erhebung und Analyse von Daten über Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten unter Berücksichtigung der einschlägigen Instrumente der IAO;

g)

Vorkehrungen für eine Zusammenarbeit mit einschlägigen Versicherungsoder Sozialversicherungssystemen, die Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten decken; und

h)

Unterstützungsmechanismen für eine fortschreitende Verbesserung der Arbeitsschutzbedingungen in Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben und in der informellen Wirtschaft.

V. Innerstaatliches Programm Art. 5 1. Jedes Mitglied hat in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ein innerstaatliches Arbeitsschutzprogramm auszuarbeiten, umzusetzen, zu überwachen, zu evaluieren und regelmässig zu überprüfen.

2. Das innerstaatliche Programm: a)

hat die Entwicklung einer innerstaatlichen präventiven Arbeitsschutzkultur zu fördern;

b)

hat, soweit praktisch durchführbar, durch die Beseitigung arbeitsbedingter Gefahren und Risiken oder ihre Herabsetzung auf ein Mindestmass im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis einen Beitrag zum Schutz der Arbeitnehmer zu leisten, um arbeitsbedingte Unfälle, Erkrankungen und Todesfälle zu verhüten und den Arbeitsschutz in der Arbeitsstätte zu fördern;

c)

ist auf der Grundlage einer Analyse der innerstaatlichen Arbeitsschutzsituation, einschliesslich einer Analyse des innerstaatlichen Arbeitsschutzsystems, auszuarbeiten und zu überprüfen;

d)

hat Ziele, Zielvorgaben und Fortschrittsindikatoren zu enthalten;

e)

ist nach Möglichkeit durch andere ergänzende innerstaatliche Programme und Pläne zu unterstützen, die dazu beitragen, schrittweise eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu verwirklichen.

5716

Übereinkommen Nr. 187 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz

3. Das innerstaatliche Programm ist weithin bekannt zu machen und, soweit es möglich ist, von den höchsten staatlichen Stellen zu unterstützen und in Gang zu setzen.

VI. Schlussbestimmungen Art. 6 Durch dieses Übereinkommen werden bestehende internationale Arbeitsübereinkommen oder -empfehlungen nicht neu gefasst.

Art. 7 Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Art. 8 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes eingetragen ist.

2. Es tritt, zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind, in Kraft.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Art. 9 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird zwölf Monate nach der Eintragung wirksam.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz 1 genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen innerhalb des ersten Jahres jedes neuen Zehnjahres-Zeitraums nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Art. 10 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die von den Mitgliedern mitgeteilt worden sind.

2. Der Generaldirektor macht die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die mitgeteilt worden ist, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

5717

Übereinkommen Nr. 187 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz

Art. 11 Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

Art. 12 Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für nötig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Art. 13 1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen neu fasst, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt Folgendes: a)

Die Ratifikation des neu gefassten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikels 9 ohne weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neu gefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b)

Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neu gefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neu gefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Art. 14 Der englische und der französische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise verbindlich.

5718

Anhang 3

Empfehlung Nr. 197 betreffend den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 31. Mai 2006 zu ihrer fünfundneunzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend den Arbeitsschutz, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006 (im Folgenden «das Übereinkommen» genannt), erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 15. Juni 2006, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006, bezeichnet wird.

I. Innerstaatliche Politik 1. Die nach Artikel 3 des Übereinkommens ausgearbeitete innerstaatliche Politik sollte Teil II des Übereinkommens (Nr. 155) über den Arbeitsschutz, 1981, sowie die in diesem Übereinkommen genannten einschlägigen Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Regierungen berücksichtigen.

II. Innerstaatliches System 2. Bei der Einrichtung, Unterhaltung, fortlaufenden Entwicklung und regelmässigen Überprüfung des in Artikel 1 b) des Übereinkommens definierten innerstaatlichen Arbeitsschutzsystems: a)

sollten die Mitglieder die für den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz relevanten und im Anhang dieser Empfehlung aufgeführten Urkunden der Internationalen Arbeitsorganisation berücksichtigen, insbesondere das Übereinkommen (Nr. 155) über den Arbeitsschutz, 1981, das Übereinkommen (Nr. 81) über die Arbeitsaufsicht, 1947, und das Übereinkommen (Nr. 129) über die Arbeitsaufsicht (Landwirtschaft), 1969;

b)

können die Mitglieder die in Artikel 4 (1) des Übereinkommens vorgesehenen Beratungen auf andere interessierte Parteien ausdehnen.

5719

Empfehlung Nr. 197 betreffend den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

3. Im Hinblick auf die Verhütung von arbeitsbedingten Unfällen, Erkrankungen und Todesfällen sollte das innerstaatliche System geeignete Massnahmen für den Schutz aller Arbeitnehmer vorsehen, insbesondere der Arbeitnehmer in Hochrisikosektoren und verletzlicher Arbeitnehmer, wie zum Beispiel Arbeitnehmer in der informellen Wirtschaft, Wanderarbeitnehmer und junge Arbeitnehmer.

4. Die Mitglieder sollten Massnahmen ergreifen, um die Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern beiderlei Geschlechts zu schützen, einschliesslich des Schutzes ihrer reproduktiven Gesundheit.

5. Bei der Förderung einer innerstaatlichen präventiven Arbeitsschutzkultur im Sinne des Artikels 1 d) des Übereinkommens sollten sich die Mitglieder darum bemühen: a)

durch nationale Kampagnen, die gegebenenfalls mit Initiativen auf der Arbeitsplatzebene und internationalen Initiativen verbunden werden, das Bewusstsein für den Arbeitsschutz am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit zu verbessern;

b)

Mechanismen zur Durchführung der Arbeitsschutzerziehung und -ausbildung zu fördern, insbesondere für Führungskräfte, Aufsichtspersonen, Arbeitnehmer und ihre Vertreter sowie für den Arbeitsschutz zuständige staatliche Bedienstete;

c)

Arbeitsschutzkonzepte und gegebenenfalls -kompetenzen in Bildungs- und Berufsbildungsprogramme aufzunehmen;

d)

den Austausch von Arbeitsschutzstatistiken und -daten zwischen zuständigen Behörden, Arbeitgebern, Arbeitnehmern und ihren Vertretern zu erleichtern;

e)

im Hinblick auf die Beseitigung arbeitsbedingter Gefahren und Risiken oder ihre Verringerung auf ein Mindestmass, soweit dies sinnvoll und praktisch möglich ist, Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ihre Verbände zu informieren und zu beraten und die Zusammenarbeit zwischen ihnen zu fördern oder zu erleichtern;

f)

im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis auf der Arbeitsplatzebene die Festlegung von Arbeitsschutzpolitiken, die Einsetzung von gemeinsamen Arbeitsschutzausschüssen und die Benennung von Arbeitsschutzbeauftragten der Arbeitnehmer zu fördern;

g)

im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis die Probleme von Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben sowie von Subunternehmern bei der Umsetzung von Arbeitsschutzmassnahmen und -vorschriften anzugehen.

6. Die Mitglieder sollten einen Arbeitsschutzmanagement-Systemansatz fördern, wie zum Beispiel in den Leitlinien für Arbeitsschutz-Managementsysteme (ILO-OSH 2001) dargestellt.

5720

Empfehlung Nr. 197 betreffend den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

III. Innerstaatliches Programm 7. Das in Artikel 1 c) des Übereinkommens definierte innerstaatliche Arbeitsschutzprogramm sollte sich auf Grundsätze der Evaluierung und des Managements von Gefahren und Risiken stützen, insbesondere auf Arbeitsplatzebene.

8. Das innerstaatliche Programm sollte Handlungsprioritäten benennen, die in regelmässigen Abständen überprüft und aktualisiert werden sollten.

9. Bei der Ausarbeitung und Überprüfung des innerstaatlichen Programms können die Mitglieder die in Artikel 5 (1) des Übereinkommens vorgesehenen Beratungen auf andere interessierte Parteien ausdehnen.

10. Zur Durchführung der Bestimmungen von Artikel 5 des Übereinkommens sollte das innerstaatliche Programm aktiv präventive Massnahmen und Tätigkeiten am Arbeitsplatz fördern, an denen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und ihre Vertreter beteiligt sind.

11. Das innerstaatliche Arbeitsschutzprogramm sollte, soweit angemessen, mit anderen innerstaatlichen Programmen und Plänen koordiniert werden, beispielsweise mit denen, die sich auf die öffentliche Gesundheit und die wirtschaftliche Entwicklung beziehen.

12. Bei der Ausarbeitung und Überprüfung des innerstaatlichen Arbeitsschutzprogramms sollten die Mitglieder, unbeschadet ihrer Verpflichtungen aus den von ihnen ratifizierten Übereinkommen, die für den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz relevanten Urkunden der IAO, die im Anhang dieser Empfehlung aufgeführt werden, berücksichtigen.

IV. Innerstaatliches Profil 13. Die Mitglieder sollten ein innerstaatliches Profil erstellen und regelmässig aktualisieren, das die jeweilige Situation im Bereich des Arbeitsschutzes und die bei der Verwirklichung einer sicheren und gesunden Arbeitsumwelt erzielten Fortschritte zusammenfasst. Das Profil sollte bei der Ausarbeitung und Überprüfung des innerstaatlichen Programms als Grundlage dienen.

14. (1) Das innerstaatliche Arbeitsschutzprofil sollte gegebenenfalls Informationen über die folgenden Elemente umfassen: a)

Rechtsvorschriften, gegebenenfalls Gesamtarbeitsverträge und alle sonstigen relevanten Instrumente über den Arbeitsschutz;

b)

eine oder mehrere für den Arbeitsschutz verantwortliche und im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis bezeichnete Stellen oder Gremien;

c)

Mechanismen zur Sicherstellung der Einhaltung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, einschliesslich Inspektionssystemen;

d)

Vorkehrungen zur Förderung der Zusammenarbeit auf Unternehmensebene zwischen Geschäftsleitung, Arbeitnehmern und ihren Vertretern als wesentliches Element von Präventionsmassnahmen am Arbeitsplatz; 5721

Empfehlung Nr. 197 betreffend den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

e)

einen innerstaatlichen dreigliedrigen Beirat oder innerstaatliche dreigliedrige Beiräte, die sich mit Arbeitsschutzfragen befassen;

f)

Informations- und Beratungsdienste zum Arbeitsschutz;

g)

die Bereitstellung einer Arbeitsschutzausbildung;

h)

arbeitsmedizinische Dienste im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis;

i)

Arbeitsschutzforschung;

j)

den Mechanismus zur Erhebung und Analyse von Daten über Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie ihre Ursachen unter Berücksichtigung der einschlägigen Instrumente der IAO;

k)

Vorkehrungen für eine Zusammenarbeit mit einschlägigen Versicherungsoder Sozialversicherungssystemen, die Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten decken;

l)

Unterstützungsmechanismen für eine fortschreitende Verbesserung der Arbeitsschutzbedingungen in Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben und in der informellen Wirtschaft.

(2) Ausserdem sollte das innerstaatliche Arbeitsschutzprofil, soweit angemessen, Informationen über die folgenden Elemente umfassen: a)

Mechanismen für die Koordinierung und Zusammenarbeit auf innerstaatlicher und betrieblicher Ebene, einschliesslich innerstaatlicher Programmüberprüfungsmechanismen;

b)

technische Normen, Richtliniensammlungen und Leitlinien zum Arbeitsschutz;

c)

Bildungs- und Sensibilisierungsmassnahmen, einschliesslich Förderungsinitiativen;

d)

spezialisierte technische, medizinische und wissenschaftliche Einrichtungen, die mit verschiedenen Aspekten des Arbeitsschutzes befasst sind, einschliesslich Forschungsinstituten und -labors, die auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes tätig sind;

e)

im Bereich des Arbeitsschutzes tätige Personen, wie Inspektoren, Arbeitsschutzbeauftragte, Arbeitsmediziner und Arbeitshygieniker;

f)

Statistiken über Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten;

g)

Arbeitsschutzpolitiken und -programme von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden;

h)

regelmässige oder laufende Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz, einschliesslich der internationalen Zusammenarbeit;

i)

Finanz- und Haushaltsmittel im Bereich des Arbeitsschutzes; und

j)

Daten zu Demografie, Alphabetisierung, Wirtschaft und Beschäftigung, soweit verfügbar, sowie alle anderen relevanten Informationen.

5722

Empfehlung Nr. 197 betreffend den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

V. Internationale Zusammenarbeit und Informationsaustausch 15. Die Internationale Arbeitsorganisation sollte: a)

die internationale technische Zusammenarbeit im Bereich des Arbeitsschutzes erleichtern, um Länder, insbesondere Entwicklungsländer, bei folgenden Aufgaben zu unterstützen: i) Stärkung ihrer Kapazität zur Schaffung und Aufrechterhaltung einer innerstaatlichen präventiven Arbeitsschutzkultur; ii) Förderung eines Managementsystemansatzes beim Arbeitsschutz; iii) Förderung der Ratifizierung, soweit es sich um Übereinkommen handelt, und Durchführung von Urkunden der IAO, die für den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz relevant und im Anhang dieser Empfehlung aufgeführt sind;

b)

den Austausch von Informationen über die innerstaatliche Politik im Sinne des Artikels 1 a) des Übereinkommens über innerstaatliche Arbeitsprogramme und -systeme, einschliesslich über bewährte Praktiken und innovative Ansätze, und die Ermittlung neuer und neu entstehender Gefahren und Risiken am Arbeitsplatz erleichtern; und

c)

Informationen über Fortschritte bei der Verwirklichung einer sicheren und gesunden Arbeitsumwelt bereitstellen.

VI. Aktualisierung des Anhangs 16. Der Anhang dieser Empfehlung sollte vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes überprüft und aktualisiert werden. Jeder so erstellte neu gefasste Anhang ist vom Verwaltungsrat anzunehmen und ersetzt den vorausgegangenen Anhang, nachdem er den Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation übermittelt worden ist.

Anhang Urkunden der Internationalen Arbeitsorganisation, die für den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz relevant sind I. Übereinkommen Übereinkommen (Nr. 81) über die Arbeitsaufsicht, 1947 Übereinkommen (Nr. 115) über den Strahlenschutz, 1960 Übereinkommen (Nr. 120) über den Gesundheitsschutz (Handel und Büros), 1964 Übereinkommen (Nr. 121) über Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, 1964

5723

Empfehlung Nr. 197 betreffend den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

Übereinkommen (Nr. 129) über die Arbeitsaufsicht (Landwirtschaft), 1969 Übereinkommen (Nr. 139) über Berufskrebs, 1974 Übereinkommen (Nr. 148) über die Arbeitsumwelt (Luftverunreinigung, Lärm und Vibrationen), 1977 Übereinkommen (Nr. 152) über den Arbeitsschutz bei der Hafenarbeit, 1979 Übereinkommen (Nr. 155) über den Arbeitsschutz, 1981 Übereinkommen (Nr. 161) über die betriebsärztlichen Dienste, 1985 Übereinkommen (Nr. 162) über Asbest, 1986 Übereinkommen (Nr. 167) über den Arbeitsschutz im Bauwesen, 1988 Übereinkommen (Nr. 170) über chemische Stoffe, 1990 Übereinkommen (Nr. 174) über die Verhütung von industriellen Störfällen, 1993 Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken, 1995 Protokoll von 1995 zum Übereinkommen (Nr. 81) über die Arbeitsaufsicht, 1947 Übereinkommen (Nr. 184) über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft, 2001 Protokoll von 2002 zum Übereinkommen (Nr. 155) über den Arbeitsschutz, 1981 II. Empfehlungen Empfehlung (Nr. 81) betreffend die Arbeitsaufsicht, 1947 Empfehlung (Nr. 82) betreffend die Arbeitsaufsicht (Bergbau und Verkehr), 1947 Empfehlung (Nr. 97) betreffend den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, 1953 Empfehlung (Nr. 102) betreffend Sozialeinrichtungen, 1956 Empfehlung (Nr. 114) betreffend den Strahlenschutz, 1960 Empfehlung (Nr. 115) betreffend Arbeiterwohnungen, 1961 Empfehlung (Nr. 120) betreffend den Gesundheitsschutz (Handel und Büros), 1964 Empfehlung (Nr. 121) über Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, 1964 Empfehlung (Nr. 133) betreffend die Arbeitsaufsicht (Landwirtschaft), 1969 Empfehlung (Nr. 147) betreffend Berufskrebs, 1974 Empfehlung (Nr. 156) betreffend die Arbeitsumwelt (Luftverunreinigung, Lärm und Vibrationen), 1977 Empfehlung (Nr. 160) betreffend den Arbeitsschutz bei der Hafenarbeit, 1979 Empfehlung (Nr. 164) betreffend den Arbeitsschutz, 1981 Empfehlung (Nr. 171) betreffend die betriebsärztlichen Dienste, 1985 Empfehlung (Nr. 172) betreffend Asbest, 1986 Empfehlung (Nr. 175) betreffend den Arbeitsschutz im Bauwesen, 1988

5724

Empfehlung Nr. 197 betreffend den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

Empfehlung (Nr. 177) betreffend chemische Stoffe, 1990 Empfehlung (Nr. 181) betreffend die Verhütung von industriellen Störfällen, 1993 Empfehlung (Nr. 183) betreffend den Arbeitsschutz in Bergwerken, 1995 Empfehlung (Nr. 192) betreffend den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft, 2001 Empfehlung (Nr. 194) betreffend die Liste der Berufskrankheiten, 2002

5725

Anhang 4

Empfehlung Nr. 198 betreffend das Arbeitsverhältnis, 2006

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 31. Mai 2006 zu ihrer fünfundneunzigsten Tagung zusammengetreten ist, ist der Auffassung, dass die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gesamtarbeitsverträge einen Schutz bieten, der an das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer gebunden ist, ist der Auffassung, dass Rechtsvorschriften und ihre Auslegung mit den Zielen menschenwürdiger Arbeit vereinbar sein sollten, ist der Auffassung, dass es unter anderem Ziel des Beschäftigungs- oder Arbeitsrechtes ist, eine Antwort auf ein möglicherweise ungleiches Kräfteverhältnis zwischen den Parteien eines Arbeitsverhältnisses zu geben, ist der Auffassung, dass der Schutz der Arbeitnehmer zentraler Bestandteil des Mandats der Internationalen Arbeitsorganisation ist und mit den Grundsätzen übereinstimmt, die in der Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit, 1998, und der Agenda für menschenwürdige Arbeit niedergelegt sind, ist der Auffassung, dass es schwierig ist, das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses festzustellen, wenn die jeweiligen Rechte und Pflichten der betreffenden Parteien nicht klar sind, wenn versucht worden ist, das Arbeitsverhältnis zu verschleiern, oder wenn die Gesetzgebung, ihre Auslegung oder ihre Anwendung Unzulänglichkeiten oder Grenzen aufweisen, stellt fest, dass es Situationen gibt, in denen vertragliche Regelungen dazu führen können, dass Arbeitnehmern der ihnen zustehende Schutz vorenthalten wird, anerkennt, dass internationalen Leitlinien für Mitglieder bei der Verwirklichung dieses Schutzes durch die innerstaatliche Gesetzgebung und Praxis eine Rolle zukommt und dass diese Leitlinien im Verlauf der Zeit relevant bleiben sollten, anerkennt ferner, dass dieser Schutz für alle, insbesondere für verletzliche Arbeitnehmer, zugänglich sein und sich auf eine Gesetzgebung stützen sollte, die effizient, effektiv und umfassend ist, die rasch zu Ergebnissen führt und die eine freiwillige Einhaltung von Vorschriften fördert, anerkennt, dass die innerstaatliche Politik das Ergebnis von Beratungen mit den Sozialpartnern sein und den beteiligten Parteien am Arbeitsplatz als Orientierungshilfe dienen sollte, anerkennt, dass die innerstaatliche Politik Wirtschaftswachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und menschenwürdige Arbeit fördern sollte, 5726

Empfehlung Nr. 198 betreffend das Arbeitsverhältnis, 2006

ist der Auffassung, dass die globalisierte Wirtschaft die Mobilität von Arbeitnehmern verstärkt hat, die eines Schutzes bedürfen, zumindest vor der Umgehung des innerstaatlichen Schutzes durch Rechtswahl, stellt fest, dass es im Rahmen der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen wichtig ist festzustellen, wer in einem Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmer anzusehen ist, welche Rechte der Arbeitnehmer hat und wer der Arbeitgeber ist, ist der Auffassung, dass die Schwierigkeiten bei der Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses für die betreffenden Arbeitnehmer, ihr Umfeld und die Gesellschaft insgesamt zu ernsten Problemen führen können, ist der Auffassung, dass die Unsicherheit hinsichtlich des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses angegangen werden muss, um einen fairen Wettbewerb und einen wirksamen Schutz von Arbeitnehmern in einem Arbeitsverhältnis auf eine der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis entsprechenden Weise zu gewährleisten, verweist auf alle einschlägigen internationalen Arbeitsnormen, insbesondere diejenigen, die sich mit der besonderen Lage der Frau befassen, sowie diejenigen, die sich mit dem Erstreckungsbereich des Arbeitsverhältnisses befassen, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend das Arbeitsverhältnis, eine Frage, die den fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 15. Juni 2006, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend das Arbeitsverhältnis, 2006, bezeichnet wird.

I. Innerstaatliche Politik zum Schutz von Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis 1. Die Mitglieder sollten eine innerstaatliche Politik ausarbeiten und anwenden, die darauf abzielt, den Geltungsbereich der einschlägigen Rechtsvorschriften in geeigneten Zeitabständen zu überprüfen und erforderlichenfalls zu klären und anzupassen, um Beschäftigten, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausüben, einen wirksamen Schutz zu gewährleisten.

2. Art und Ausmass des Schutzes, der Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis gewährt wird, sollten durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder Praxis oder beide festgelegt werden, wobei die einschlägigen internationalen Arbeitsnormen zu berücksichtigen sind. Diese Gesetzgebung oder Praxis, einschliesslich der Elemente, die sich auf den Geltungs- und Anwendungsbereich sowie die Verantwortung für die Durchführung beziehen, sollte klar und ausreichend sein, um Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis einen wirksamen Schutz zu gewährleisten.

3. Die innerstaatliche Politik sollte im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis und in Beratung mit den massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnemerverbänden ausgearbeitet und angewendet werden.

5727

Empfehlung Nr. 198 betreffend das Arbeitsverhältnis, 2006

4. Die innerstaatliche Politik sollte zumindest Massnahmen vorsehen, um: a)

den Beteiligten, insbesondere den Arbeitgebern und den Beschäftigten, Leitlinien hinsichtlich einer eindeutigen Bestimmung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses und hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und selbständig Erwerbstätigen an die Hand zu geben;

b)

verschleierte Arbeitsverhältnisse zu bekämpfen, zum Beispiel im Rahmen anderer Verhältnisse, die die Verwendung anderer Formen vertraglicher Regelungen beinhalten können, die den wahren rechtlichen Status verdecken, wobei ein verschleiertes Arbeitsverhältnis vorliegt, wenn ein Arbeitgeber eine Person anders als einen Arbeitnehmer auf eine Weise behandelt, die deren wahren rechtlichen Status als Arbeitnehmer verdeckt, und Situationen entstehen können, in denen vertragliche Regelungen dazu führen, dass Arbeitnehmern der ihnen zustehende Schutz vorenthalten wird;

c)

Normen zu gewährleisten, die für alle Formen vertraglicher Regelungen gelten, einschliesslich derer, an denen mehrere Parteien beteiligt sind, damit Arbeitnehmer über den ihnen zustehenden Schutz verfügen;

d)

zu gewährleisten, dass für alle Formen vertraglicher Regelungen geltende Normen festlegen, wer für den darin vorgesehenen Schutz verantwortlich ist;

e)

den Beteiligten, insbesondere den Arbeitgebern und den Beschäftigten, einen effektiven Zugang zu zweckmässigen, raschen, kostengünstigen, fairen und effizienten Verfahren und Mechanismen für die Beilegung von Streitigkeiten über das Vorliegen und den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen;

f)

die Einhaltung und effektive Anwendung der Rechtsvorschriften über das Arbeitsverhältnis sicherzustellen;

g)

eine zweckmässige und ausreichende Ausbildung in einschlägigen internationalen Arbeitsnormen, vergleichendem Recht und Rechtsprechung für die Justiz, Schlichter, Vermittler, Arbeitsinspektoren und andere Personen vorzusehen, die mit der Lösung von Streitigkeiten und dem Vollzug innerstaatlicher Arbeitsrechtsvorschriften und -normen befasst sind.

5. Im Rahmen der innerstaatlichen Politik sollten die Mitglieder insbesondere auf die Sicherstellung eines wirksamen Schutzes für Beschäftigte achten, die von der Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses besonders betroffen sind, insbesondere weibliche Beschäftigte sowie die verletzlichsten Beschäftigten, junge Beschäftigte, ältere Beschäftigte, Beschäftigte in der informellen Wirtschaft, Wanderarbeitskräfte und Beschäftigte mit Behinderungen.

6. Die Mitglieder sollten: a)

5728

in der innerstaatlichen Politik besonders darauf achten, die Gleichstellungsdimension zu berücksichtigen, da in bestimmten Berufen und Sektoren mehrheitlich weibliche Beschäftigte anzutreffen sind, wo es einen hohen Anteil verschleierter Arbeitsverhältnisse gibt oder wo das Arbeitsverhältnis durch mangelnde Klarheit gekennzeichnet ist;

Empfehlung Nr. 198 betreffend das Arbeitsverhältnis, 2006

b)

eine klare Politik im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter verfolgen und die einschlägigen Gesetze und Vereinbarungen auf nationaler Ebene besser umsetzen, damit die Gleichstellungsdimension effektiv berücksichtigt werden kann.

7. Im Rahmen der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerbewegungen: a)

sollte jedes Mitglied bei der Ausarbeitung einer innerstaatlichen Politik nach Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer erwägen, innerhalb seiner Zuständigkeit und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern geeignete Massnahmen zu ergreifen, um einen effektiven Schutz zu gewähren und die Verletzung der Rechte von Wanderarbeitnehmern in seinem Hoheitsgebiet, die möglicherweise von Unsicherheit hinsichtlich des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses betroffen sind, zu verhindern;

b)

wenn Arbeitnehmer in einem Land angeworben werden, um in einem anderen zu arbeiten, können die betreffenden Mitglieder erwägen, bilaterale Vereinbarungen abzuschliessen, um missbräuchliche und betrügerische Praktiken zu verhindern, deren Zweck darin besteht, die bestehenden Regelungen zum Schutz von Beschäftigten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu umgehen.

8. Die innerstaatliche Politik für den Schutz von Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis sollte echte zivil- und handelsrechtliche Beziehungen nicht berühren und gleichzeitig sicherstellen, dass Personen in einem Arbeitsverhältnis über den Schutz verfügen, der ihnen zusteht.

II. Bestimmung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnis 9. Für die Zwecke der innerstaatlichen Politik zum Schutz von Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis sollte das Vorliegen eines solchen Verhältnisses in erster Linie auf der Grundlage von Tatsachen bestimmt werden, die sich auf die Erbringung der Dienstleistungen und die Entlohnung des Beschäftigten beziehen, ungeachtet dessen, wie das Verhältnis in einer gegenteiligen vertraglichen oder sonstigen Vereinbarung, die möglicherweise zwischen den Parteien geschlossen worden ist, charakterisiert wird.

10. Die Mitglieder sollten klare Methoden fördern, um die Beschäftigten und die Arbeitgeber hinsichtlich der Bestimmung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses zu beraten.

11. Um die Bestimmung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses zu erleichtern, sollten die Mitglieder im Rahmen der in dieser Empfehlung genannten innerstaatlichen Politik folgende Möglichkeiten in Erwägung ziehen: a)

eine grosse Vielfalt von Mitteln zur Bestimmung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses zuzulassen;

b)

eine Rechtsvermutung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses zu begründen, wenn ein oder mehrere einschlägige Indikatoren gegeben sind; 5729

Empfehlung Nr. 198 betreffend das Arbeitsverhältnis, 2006

c)

nach Anhörung der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände zu bestimmen, dass Beschäftigte mit bestimmten Merkmalen allgemein oder in einem bestimmten Sektor entweder als Arbeitnehmer oder als selbstständig Erwerbstätige anzusehen sind.

12. Für die Zwecke der in dieser Empfehlung genannten innerstaatlichen Politik können die Mitglieder erwägen, klar die Voraussetzungen festzulegen, die für die Bestimmung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses massgebend sind, wie beispielsweise Unterstellung oder Abhängigkeit.

13. Die Mitglieder sollten die Möglichkeit in Betracht ziehen, in ihren Rechtsvorschriften oder durch andere Mittel spezifische Indikatoren für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses festzulegen. Diese Indikatoren könnten Folgendes umfassen: a)

die Tatsache, dass die Arbeit nach den Weisungen und unter der Kontrolle einer anderen Person verrichtet wird; dass sie die Integration des Beschäftigten in die Organisation des Unternehmens mit sich bringt; dass sie ausschliesslich oder hauptsächlich für eine andere Person verrichtet wird; dass sie von dem Beschäftigten persönlich verrichtet werden muss; dass sie innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens oder an dem von der Person, die die Arbeit verlangt, angegebenen oder vereinbarten Arbeitsplatz ausgeführt wird; dass die Arbeit mit einer bestimmten Dauer verbunden ist und eine bestimmte Kontinuität aufweist; dass sich der Beschäftigte zur Verfügung hält; oder dass die Werkeuge, Materialien und Maschinen von der Person, die die Arbeit verlangt, gestellt werden;

b)

die regelmässige Zahlung des Entgelts des Beschäftigten; die Tatsache, dass ein solches Entgelt die einzige oder die Haupteinnahmequelle des Beschäftigten darstellt; Sachbezüge wie Nahrungsmittel, Wohnung oder Transport; die Anerkennung von Ansprüchen wie wöchentliche Ruhezeit und Jahresurlaub; die Bezahlung der berufsbedingten Fahrten des Beschäftigten durch die Person, die die Arbeit verlangt; oder das Fehlen finanzieller Risiken für den Beschäftigten.

14. Die Beilegung von Streitigkeiten über das Vorliegen und den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses sollte in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, sonstiger Gerichte oder der Schiedsorgane fallen, zu denen die Beschäftigten und die Arbeitgeber gemäss der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis effektiv Zugang haben.

15. Die zuständige Stelle sollte Massnahmen treffen, um die Einhaltung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das Arbeitsverhältnis in Bezug auf die verschiedenen in der vorliegenden Empfehlung behandelten Aspekte sicherzustellen, zum Beispiel durch Arbeitsaufsichtsdienste und deren Zusammenarbeit mit Sozialversicherungs- und Steuerbehörden.

16. Was das Arbeitsverhältnis betrifft, so sollten die innerstaatlichen Arbeitsverwaltungen und ihre angeschlossenen Dienste ihre Vollzugsprogramme und -verfahren regelmässig überwachen. Besondere Aufmerksamkeit sollte Berufen und Sektoren mit einem hohen Anteil weiblicher Beschäftigter geschenkt werden.

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Empfehlung Nr. 198 betreffend das Arbeitsverhältnis, 2006

17. Die Mitglieder sollten im Rahmen der in dieser Empfehlung genannten innerstaatlichen Politik wirksame Massnahmen mit dem Ziel ergreifen, Anreize für die Verschleierung eines Arbeitsverhältnisses zu beseitigen.

18. Im Rahmen der innerstaatlichen Politik sollten die Mitglieder die Rolle der Kollektivverhandlungen und des sozialen Dialogs fördern, unter anderem als Instrument, um Lösungen für Fragen im Zusammenhang mit dem Erstreckungsbereich des Arbeitsverhältnisses auf innerstaatlicher Ebene zu finden.

III. Überwachung und Durchführung 19. Die Mitglieder sollten einen geeigneten Mechanismus schaffen oder einen bestehenden Mechanismus nutzen, um die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Arbeitsorganisation zu verfolgen und um Rat im Hinblick auf die Annahme und Anwendung von das Arbeitsverhältnis betreffenden Massnahmen im Rahmen der innerstaatlichen Politik zu erteilen.

20. Die massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sollten in dem Mechanismus zur Beobachtung des Arbeitsmarkts und der Arbeitsorganisation gleichberechtigt vertreten sein. Ausserdem sollten diese Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände im Rahmen des Mechanismus so oft wie erforderlich und, soweit dies möglich und nützlich ist, auf der Grundlage von Sachverständigenberichten oder technischen Untersuchungen konsultiert werden.

21. Die Mitglieder sollten soweit wie möglich Informationen und statistische Daten sammeln und Untersuchungen über die Entwicklung der Struktur und der Muster der Arbeit auf nationaler und sektoraler Ebene durchführen, die der Verteilung von Männern und Frauen und anderen einschlägigen Aspekten Rechnung tragen.

22. Die Mitglieder sollten spezifische innerstaatliche Mechanismen einrichten, um zu gewährleisten, dass Arbeitsverhältnisse im Rahmen der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen wirksam bestimmt werden können. Es sollte erwogen werden, zu dieser Frage mit anderen Ländern systematisch Kontakte zu unterhalten und Informationen auszutauschen.

IV. Schlussabsatz 23. Durch diese Empfehlung wird die Empfehlung (Nr. 188) betreffend private Arbeitsvermittler, 1997, nicht neu gefasst; auch das Übereinkommen (Nr. 181) über private Arbeitsvermittler, 1997, kann durch sie nicht neu gefasst werden.

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Anhang 5

Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 30. Mai 2007 zu ihrer sechsundneunzigsten Tagung zusammengetreten ist, erkennt an, dass die Globalisierung tiefgreifende Auswirkungen auf den Fischereisektor hat, verweist auf die Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit, 1998, berücksichtigt die grundlegenden Rechte, die in den folgenden internationalen Arbeitsübereinkommen enthalten sind: dem Übereinkommen (Nr. 29) über Zwangsarbeit, 1930, dem Übereinkommen (Nr. 87) über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes, 1948, dem Übereinkommen (Nr. 98) über das Vereinigungsrecht und das Recht zu Kollektivverhandlungen, 1949, dem Übereinkommen (Nr. 100) über die Gleichheit des Entgelts, 1951, dem Übereinkommen (Nr. 105) über die Abschaffung der Zwangsarbeit, 1957, dem Übereinkommen (Nr. 111) über die Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958, dem Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter, 1973, und dem Übereinkommen (Nr. 182) über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit, 1999, verweist auf die einschlägigen Urkunden der Internationalen Arbeitsorganisation, insbesondere das Übereinkommen (Nr. 155) und die Empfehlung (Nr. 164) über den Arbeitsschutz, 1981, und das Übereinkommen (Nr. 161) und die Empfehlung (Nr. 171) über die betriebsärztlichen Dienste, 1985, verweist ferner auf das Übereinkommen (Nr. 102) über die Mindestnormen der Sozialen Sicherheit, 1952, und vertritt die Ansicht, dass die Bestimmungen von Artikel 77 dieses Übereinkommens nicht ein Hindernis für den Schutz sein dürfen, den Mitglieder Fischern im Rahmen von Systemen der Sozialen Sicherheit gewähren, erkennt an, dass die Internationale Arbeitsorganisation die Fischerei als eine im Vergleich mit anderen Tätigkeiten gefährliche Tätigkeit ansieht, verweist ausserdem auf Artikel 1 Absatz 3 des Übereinkommens (Nr. 185) über Ausweise für Seeleute (Neufassung), 2003, ist sich des Kernmandats der Organisation bewusst, das darin besteht, menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu fördern, ist sich der Notwendigkeit bewusst, die Rechte der Fischer in dieser Hinsicht zu schützen und zu fördern, erinnert an das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, 1982,

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

berücksichtigt die Notwendigkeit, die von der Internationalen Arbeitskonferenz angenommenen internationalen Übereinkommen, die sich ausdrücklich auf den Fischereisektor beziehen, neu zu fassen, nämlich das Übereinkommen (Nr. 112) über das Mindestalter (Fischer), 1959, das Übereinkommen (Nr. 113) über die ärztliche Untersuchung (Fischer), 1959, das Übereinkommen (Nr. 114) über den Heuervertrag der Fischer, 1959, und das Übereinkommen (Nr. 126) über die Quartierräume auf Fischereifahrzeugen, 1966, um sie auf den neuesten Stand zu bringen und um eine grössere Zahl der Fischer der Welt zu erreichen, insbesondere diejenigen, die an Bord von kleineren Fahrzeugen arbeiten, stellt fest, dass das Ziel dieses Übereinkommens darin besteht sicherzustellen, dass Fischer über menschenwürdige Arbeitsbedingungen an Bord von Fischereifahrzeugen verfügen in Bezug auf Mindestanforderungen für die Arbeit an Bord, Dienstbedingungen, Unterkunft und Verpflegung, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung und Soziale Sicherheit, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Arbeit im Fischereisektor, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 14. Juni 2007, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Arbeit in der Fischerei, 2007, bezeichnet wird.

Teil I Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich Begriffsbestimmungen Art. 1 Im Sinne des Übereinkommens: a)

bedeutet der Begriff gewerbliche Fischerei alle Fischereitätigkeiten, einschliesslich Fischereitätigkeiten auf Flüssen, Seen oder Kanälen, mit Ausnahme der Subsistenzfischerei und der Freizeitfischerei;

b)

bedeutet der Begriff zuständige Stelle den Minister, die Regierungsstelle oder eine andere Stelle mit der Befugnis, Vorschriften, Anordnungen oder sonstige Weisungen mit bindender Wirkung bezüglich des Gegenstands der betreffenden Bestimmung zu erlassen und durchzusetzen;

c)

bedeutet der Begriff Beratung die Beratung der zuständigen Stelle mit den betroffenen repräsentativen Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und insbesondere den repräsentativen Verbänden der Fischereifahrzeugeigner und der Fischer, soweit solche bestehen;

d)

bedeutet der Begriff Fischereifahrzeugeigner den Eigner des Fischereifahrzeugs oder jede andere Organisation oder Person wie den Leiter, Agenten oder Bareboat-Charterer, die vom Eigner die Verantwortung für den Betrieb des Fahrzeugs übernommen hat und die sich mit der Übernahme dieser Ver5733

Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

antwortung bereiterklärt hat, die Aufgaben und Pflichten zu erfüllen, die den Fischereifahrzeugeignern gemäss dem Übereinkommen auferlegt werden, ungeachtet dessen, ob andere Organisationen oder Personen bestimmte dieser Aufgaben oder Pflichten im Auftrag des Fischereifahrzeugeigners erfüllen; e)

bedeutet der Begriff Fischer alle Personen, die an Bord eines Fischereifahrzeugs in irgendeiner Eigenschaft beschäftigt oder angeheuert sind oder eine berufliche Tätigkeit ausführen, einschliesslich der an Bord arbeitenden Personen, die auf der Grundlage einer Fangbeteiligung entlohnt werden, aber ausschliesslich Lotsen, Marinepersonal, anderer Personen im ständigen Staatsdienst, an Land tätiger Personen, die Arbeit an Bord eines Fischereifahrzeugs durchführen, und Fischereibeobachtern;

f)

bedeutet der Begriff Arbeitsvertrag für Fischer einen Arbeitsvertrag, einen Heuervertrag oder eine ähnliche Vereinbarung oder jeden anderen Vertrag, der die Lebens- und Arbeitsbedingungen eines Fischers an Bord eines Fahrzeugs regelt;

g)

bedeutet der Begriff Fischereifahrzeug oder Fahrzeug alle Schiffe oder Boote jeglicher Art, ungeachtet der Eigentumsform, die zur gewerblichen Fischerei verwendet werden oder verwendet werden sollen;

h)

bedeutet der Begriff Bruttoraumzahl den gemäss den Regeln für die Ermittlung der Raumzahlen berechneten Bruttoraumgehalt, die in Anhang I zu dem Internationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommen, 1969, oder in jedem Übereinkommen, das es abändert oder ersetzt, enthalten sind;

i)

ist der Begriff Länge (L) zu verstehen als 96 Prozent der Gesamtlänge, gemessen in einer Wasserlinie in Höhe von 85 Prozent der geringsten Seitenhöhe oberhalb der Oberkante des Kiels, oder als die Länge von der Vorkante des Vorstevens bis zur Drehachse des Ruderschafts in dieser Wasserlinie, falls dieser Wert grösser ist. Bei Schiffen mit Kielfall hat die Wasserlinie, in der diese Länge gemessen wird, parallel zur Konstruktionswasserlinie zu verlaufen;

j)

ist der Begriff Länge über alles (Lüa) zu verstehen als die Entfernung in gerader Linie parallel zur Konstruktionswasserlinie zwischen der vordersten Spitze des Bugs und dem hintersten Punkt des Hecks;

k)

bedeutet der Begriff Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienst alle Personen, Unternehmen, Institutionen, Agenturen oder sonstigen Organisationen im öffentlichen oder privaten Sektor, die die Anwerbung von Fischern im Auftrag von Fischereifahrzeugeignern oder ihre Vermittlung an Fischereifahrzeugeigner betreiben;

l)

bedeutet der Begriff Schiffsführer den Fischer, dem die Befehlsgewalt über ein Fischereifahrzeug übertragen ist.

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

Geltungsbereich Art. 2 1. Soweit nichts anderes bestimmt wird, gilt das Übereinkommen für alle Fischer und alle Fischereifahrzeuge, die in der gewerblichen Fischerei eingesetzt werden.

2. Im Zweifelsfall hat die zuständige Stelle nach Beratung zu entscheiden, ob ein Fahrzeug in der gewerblichen Fischerei eingesetzt wird.

3. Jedes Mitglied kann nach Beratung den in diesem Übereinkommen vorgesehenen Schutz für Fischer, die auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr arbeiten, ganz oder teilweise auf diejenigen ausdehnen, die auf kleineren Fahrzeugen arbeiten.

Art. 3 1. Wo die Durchführung des Übereinkommens in Anbetracht der besonderen Dienstbedingungen der Fischer oder Einsatzbedingungen der Fischereifahrzeuge besondere Probleme von erheblicher Bedeutung aufwirft, kann ein Mitglied nach Beratung von den Anforderungen dieses Übereinkommens oder einzelnen seiner Bestimmungen ausnehmen: a)

Fischereifahrzeuge, die zu Fischereitätigkeiten auf Flüssen, Seen oder Kanälen eingesetzt werden;

b)

begrenzte Gruppen von Fischern oder Fischereifahrzeugen.

2. Im Fall von Ausnahmen gemäss dem vorstehenden Absatz hat die zuständige Stelle, soweit es möglich und erforderlich ist, Massnahmen zu treffen, um die Anforderungen dieses Übereinkommens schrittweise auf die betreffenden Gruppen von Fischern und Fischereifahrzeugen auszudehnen.

3. Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, hat: a)

in seinem ersten Bericht über die Durchführung des Übereinkommens, den es gemäss Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegen hat: i) alle Gruppen von Fischern oder Fischereifahrzeugen anzugeben, die gemäss Absatz 1 ausgenommen worden sind; ii) die Gründe für deren Ausnahme anzugeben, unter Darlegung der jeweiligen Standpunkte der betroffenen repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, insbesondere der repräsentativen Verbände der Fischereifahrzeugeigner und der Fischer, soweit solche bestehen; iii) alle Massnahmen anzugeben, die getroffen worden sind, um den ausgenommenen Gruppen einen gleichwertigen Schutz zu gewähren.

b)

in folgenden Berichten über die Durchführung des Übereinkommens alle Massnahmen anzugeben, die im Einklang mit Absatz 2 getroffen worden sind.

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

Art. 4 1. Kann ein Mitglied aufgrund besonderer Probleme von erheblicher Bedeutung in Anbetracht einer unzureichend entwickelten Infrastruktur oder unzureichend entwickelter Institutionen sämtliche in diesem Übereinkommen vorgesehenen Massnahmen nicht sofort durchführen, kann das Mitglied nach einem in Beratung erstellten Plan schrittweise alle oder einige der nachstehenden Bestimmungen schrittweise durchführen: a)

Artikel 10 Absatz 1;

b)

Artikel 10 Absatz 3, soweit er sich auf Fahrzeuge bezieht, die länger als drei Tage auf See bleiben;

c)

Artikel 15;

d)

Artikel 20;

e)

Artikel 33;

f)

Artikel 38.

2. Absatz 1 gilt weder für Fischereifahrzeuge: a)

deren Länge 24 Meter oder mehr beträgt; oder

b)

die länger als sieben Tage auf See bleiben; oder

c)

die normalerweise in mehr als 200 Seemeilen Entfernung von der Küstenlinie des Flaggenstaates oder jenseits des äusseren Randes seines Festlandsockels eingesetzt werden, wenn diese Entfernung von der Küstenlinie grösser ist; oder

d)

die der Hafenstaatkontrolle unterliegen, wie in Artikel 43 dieses Übereinkommens vorgesehen, es sei denn, die Hafenstaatkontrolle ergibt sich infolge höherer Gewalt,

noch für Fischer, die auf solchen Fahrzeugen tätig sind.

3. Jedes Mitglied, das die in Absatz 1 gebotene Möglichkeit für sich in Anspruch nimmt, hat: a)

in seinem ersten Bericht über die Durchführung des Übereinkommens nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation: i) die Bestimmungen des Übereinkommens anzugeben, die schrittweise durchzuführen sind; ii) die Gründe zu erläutern und die jeweiligen Standpunkte der betroffenen repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und insbesondere der repräsentativen Verbände der Fischereifahrzeugeigner und der Fischer, soweit solche bestehen, darzulegen; iii) den Plan für die schrittweise Durchführung zu beschreiben;

b)

in folgenden Berichten über die Durchführung des Übereinkommens die Massnahmen anzugeben, die getroffen worden sind, um alle Bestimmungen des Übereinkommens durchzuführen.

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

Art. 5 1. Für den Zweck dieses Übereinkommens kann die zuständige Stelle nach Beratung entscheiden, gemäss der in Anhang I dargestellten Äquivalenz die Länge über alles (Lüa) anstelle der Länge (L) als Vermessungsgrundlage zu verwenden. Ausserdem kann die zuständige Stelle nach Beratung für den Zweck der in Anhang III dieses Übereinkommens aufgeführten Absätze entscheiden, gemäss der in Anhang III dargestellten Äquivalenz die Bruttoraumzahl anstelle der Länge (L) oder der Länge über alles (Lüa) als Vermessungsgrundlage zu verwenden.

2. In den gemäss Artikel 22 der Verfassung vorgelegten Berichten hat das Mitglied die Gründe für die gemäss diesem Artikel getroffene Entscheidung und etwaige Bemerkungen mitzuteilen, die sich aus der Beratung ergeben haben.

Teil II Allgemeine Grundsätze Durchführung Art. 6 1. Jedes Mitglied hat die Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen, die es angenommen hat, um seine Verpflichtungen aus dem Übereinkommen in Bezug auf die seiner Hoheitsgewalt unterliegenden Fischer und Fischereifahrzeuge zu erfüllen, durchzuführen und durchzusetzen. Zu den sonstigen Massnahmen können Gesamtarbeitsverträge, gerichtliche Entscheidungen, Schiedssprüche oder sonstige der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis entsprechende Mittel gehören.

2. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens lassen Gesetze, Schiedssprüche oder Gewohnheitsrecht oder Vereinbarungen zwischen Fischereifahrzeugeignern und Fischern unberührt, die günstigere Bedingungen als dieses Übereinkommen gewähren.

Zuständige Stelle und Koordinierung Art. 7 Jedes Mitglied hat: a)

die zuständige Stelle oder die zuständigen Stellen zu bezeichnen;

b)

Mechanismen für die Koordinierung zwischen den für den Fischereisektor zuständigen Stellen je nach den Umständen auf innerstaatlichen und örtlichen Ebenen einzurichten und deren Aufgaben und Zuständigkeiten festzulegen, unter Berücksichtigung ihrer Komplementärität und der innerstaatlichen Verhältnisse und Gepflogenheiten.

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

Verantwortlichkeiten der Fischereifahrzeugeigner, der Schiffsführer und der Fischer Art. 8 1. Der Fischereifahrzeugeigner hat die Gesamtverantwortung sicherzustellen, dass der Schiffsführer die erforderlichen Mittel und Möglichkeiten erhält, um die Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen erfüllen zu können.

2. Der Schiffsführer hat die Verantwortung für die Sicherheit der Fischer an Bord und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs, insbesondere, aber nicht ausschliesslich, in den folgenden Bereichen: a)

eine Aufsicht, durch die sichergestellt wird, dass die Fischer soweit wie möglich ihre Arbeit unter optimalen Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen verrichten;

b)

Führung der Fischer in einer Weise, die auf Sicherheit und Gesundheit Rücksicht nimmt, einschliesslich der Verhütung von Übermüdung;

c)

Ausbildung zur Sensibilisierung für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an Bord;

d)

Sicherstellung der Einhaltung der Normen für die Sicherheit der Schifffahrt, den Wachdienst und der damit verbundenen guten Seemannschaft.

3. Der Schiffsführer darf vom Fischereifahrzeugeigner nicht daran gehindert werden, alle Entscheidungen zu treffen, die nach dem fachlichen Ermessen des Schiffsführers für die Sicherheit des Fahrzeugs und seine sichere Fahrt, seinen sicheren Betrieb oder die Sicherheit der Fischer an Bord erforderlich sind.

4. Die Fischer haben die rechtmässigen Anordnungen des Schiffsführers und die anwendbaren Massnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu befolgen.

Teil III Mindestanforderungen für die Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen Mindestalter Art. 9 1. Das Mindestalter für die Arbeit an Bord eines Fischereifahrzeugs beträgt 16 Jahre. Die zuständige Stelle kann jedoch ein Mindestalter von 15 Jahren für Personen zulassen, die nicht mehr der durch die innerstaatliche Gesetzgebung vorgeschriebenen Schulpflicht unterliegen und eine Berufsausbildung in der Fischerei absolvieren.

2. Die zuständige Stelle kann in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis Personen im Alter von 15 Jahren gestatten, leichte Arbeiten während der Schulferien zu verrichten. In solchen Fällen hat sie nach Beratung die Arten von Arbeit zu bestimmen, die erlaubt sind, und hat die Bedingungen, unter 5738

Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

denen solche Arbeiten durchzuführen sind, und die erforderlichen Ruhezeiten vorzuschreiben.

3. Das Mindestalter für die Beschäftigung mit Tätigkeiten an Bord von Fischereifahrzeugen, die ihrer Natur nach oder aufgrund der Umstände, unter denen sie verrichtet werden, voraussichtlich die Gesundheit, die Sicherheit oder die Sittlichkeit von Jugendlichen gefährden, darf 18 Jahre nicht unterschreiten.

4. Die Arten von Tätigkeiten, für die Absatz 3 dieses Artikels gilt, sind durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder durch die zuständige Stelle nach Beratung zu bestimmen, wobei die betreffenden Risiken und die anwendbaren internationalen Normen zu berücksichtigen sind.

5. Die Durchführung der in Absatz 3 dieses Artikels genannten Tätigkeiten ab dem Alter von 16 Jahren kann durch innerstaatliche Rechtsvorschriften oder durch eine Entscheidung der zuständigen Stelle nach Beratung unter der Voraussetzung gestattet werden, dass die Gesundheit, Sicherheit und Sittlichkeit der betreffenden Jugendlichen in vollem Umfang geschützt werden und dass die betreffenden Jugendlichen eine angemessene spezifische Unterweisung oder Berufsausbildung erhalten und vor Aufnahme der Tätigkeit auf See eine grundlegende Sicherheitsausbildung abgeschlossen haben.

6. Das Anheuern von Fischern unter 18 Jahren für Nachtarbeit ist zu verbieten. Für die Zwecke dieses Artikels ist der Begriff Nacht in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis zu bestimmen. Die Nacht umfasst einen Zeitraum von mindestens neun Stunden, der die Zeit zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens einschliesst. Die zuständige Stelle kann von der strengen Einhaltung der Nachtarbeitsbeschränkung Ausnahmen zulassen, wenn: a)

die wirksame Ausbildung der betreffenden Fischer nach festgelegten Programmen und Zeitplänen beeinträchtigt würde; oder

b)

die Besonderheit der Aufgabe oder ein anerkanntes Ausbildungsprogramm es erforderlich macht, dass die von der Ausnahme erfassten Fischer Aufgaben in der Nacht verrichten und die zuständige Stelle nach Beratung festgestellt hat, dass diese Arbeit auf ihre Gesundheit oder ihr Wohlbefinden keinen schädlichen Einfluss haben wird.

7. Verpflichtungen, die das Mitglied aufgrund der Ratifizierung anderer internationaler Arbeitsübereinkommen übernommen hat, bleiben von den Bestimmungen dieses Artikels unberührt.

Ärztliche Untersuchung Art. 10 1. Fischer dürfen an Bord eines Fischereifahrzeugs nur mit einem gültigen ärztlichen Zeugnis arbeiten, das ihre Tauglichkeit für die zu leistende Arbeit bescheinigt.

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

2. Die zuständige Stelle kann nach Beratung Ausnahmen von der Anwendung von Absatz 1 zulassen, wobei die Sicherheit und Gesundheit der Fischer, die Grösse des Fahrzeugs, die Verfügbarkeit von ärztlicher Hilfe und von Evakuierungsmitteln, die Reisedauer, das Einsatzgebiet und die Art der Fischereitätigkeit zu berücksichtigen sind.

3. Die in Absatz 2 vorgesehenen Ausnahmen gelten nicht für einen Fischer, der auf einem Fischereifahrzeug arbeitet, dessen Länge 24 Meter oder mehr beträgt oder das normalerweise länger als drei Tage auf See bleibt. In dringenden Fällen kann die zuständige Stelle einem Fischer gestatten, auf einem solchen Fahrzeug während eines Zeitraums von begrenzter und vorgeschriebener Dauer zu arbeiten, bis ein ärztliches Zeugnis erlangt werden kann, vorausgesetzt, dass der Fischer im Besitz eines abgelaufenen ärztlichen Zeugnisses jüngeren Datums ist.

Art. 11 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen, die vorsehen: a)

die Art der ärztlichen Untersuchungen;

b)

die Form und den Inhalt der ärztlichen Zeugnisse;

c)

dass das ärztliche Zeugnis von einer ordnungsgemäss qualifizierten ärztlichen Fachkraft oder, im Fall eines nur das Sehvermögen betreffenden Zeugnisses, von einer Person auszustellen ist, die von der zuständigen Stelle zur Ausstellung eines solchen Zeugnisses als qualifiziert anerkannt worden ist; diese Personen haben bei ihrer fachlichen Beurteilung völlige Unabhängigkeit zu geniessen;

d)

die Häufigkeit der ärztlichen Untersuchungen und die Gültigkeitsdauer der ärztlichen Zeugnisse;

e)

das Recht auf eine weitere Untersuchung durch eine andere unabhängige ärztliche Fachkraft für den Fall, dass einer Person ein Zeugnis verweigert worden ist oder dass Einschränkungen der Arbeit verfügt worden sind, die sie verrichten darf;

f)

sonstige in Frage kommende Anforderungen.

Art. 12 Zusätzlich zu den in Artikeln 10 und 11 genannten Anforderungen gilt auf einem Fischereifahrzeug, dessen Länge 24 Meter oder mehr beträgt, oder auf einem Fahrzeug, das normalerweise länger als drei Tage auf See bleibt: 1. Das ärztliche Zeugnis eines Fischers hat mindestens Angaben darüber zu enthalten, dass: a)

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das Hör- und Sehvermögen des betreffenden Fischers im Hinblick auf seine Aufgaben auf dem Fahrzeug zufriedenstellend ist;

Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

b)

der Fischer nicht unter einem Krankheitszustand leidet, der sich durch die Tätigkeit auf See verschlimmern oder den Fischer für eine solche Tätigkeit untauglich machen oder die Sicherheit oder Gesundheit anderer Personen an Bord gefährden könnte.

2. Die Geltungsdauer des ärztlichen Zeugnisses darf höchstens zwei Jahre betragen, es sei denn, der Fischer ist jünger als 18 Jahre; in diesem Fall beträgt die Geltungsdauer höchstens ein Jahr.

3. Läuft die Geltungsdauer eines Zeugnisses während einer Reise ab, so bleibt das Zeugnis bis zum Ende der Reise gültig.

Teil IV Dienstbedingungen Bemannung und Ruhezeit Art. 13 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen, die die Eigner von Fischereifahrzeugen, die seine Flagge führen, dazu verpflichten sicherzustellen, dass: a)

ihre Fahrzeuge für die sichere Fahrt und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs ausreichend und sicher bemannt sind und einem fähigen Schiffsführer unterstehen;

b)

den Fischern regelmässige Ruhepausen gewährt werden, die von ausreichender Dauer sind, um ihre Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten.

Art. 14 1. Zusätzlich zu den in Artikel 13 dargelegten Anforderungen hat die zuständige Stelle: a)

für Schiffe, deren Länge 24 Meter oder mehr beträgt, eine Mindestbesatzungsstärke für die sichere Fahrt des Fahrzeugs unter Angabe der erforderlichen Anzahl und Qualifikationen der Fischer festzulegen;

b)

für Fischereifahrzeuge unabhängig von ihrer Grösse, die länger als drei Tage auf See bleiben, nach Beratung und zur Begrenzung von Ermüdung, die Mindestruhezeit festzulegen, die den Fischern zu gewähren ist. Die Mindestruhezeit darf nicht unterschreiten: i) 10 Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden; ii) 77 Stunden in jedem Zeitraum von sieben Tagen.

2. Die zuständige Stelle kann aus begrenzten und bestimmten Gründen zeitweilige Ausnahmen von den in Absatz 1 Buchstabe b) festgelegten Ruhezeiten zulassen. In solchen Fällen hat sie jedoch vorzuschreiben, dass den Fischern sobald wie möglich Ausgleichsruhezeiten zu gewähren sind.

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

3. Die zuständige Stelle kann nach Beratung Alternativen zu den in den Absätzen 1 und 2 genannten Anforderungen festlegen. Solche Alternativanforderungen müssen im Wesentlichen gleichwertig sein und dürfen nicht die Sicherheit und Gesundheit der Fischer gefährden.

4. Keine der Bestimmungen dieses Artikels ist so auszulegen, als würde dadurch das Recht des Schiffsführers beeinträchtigt, von Fischern die Leistung der Arbeitszeiten zu verlangen, die für die unmittelbare Sicherheit des Fahrzeugs, der Personen an Bord oder des Fangs oder zur Hilfeleistung für andere Boote oder Schiffe oder Personen, die sich in Seenot befinden, erforderlich sind. Demgemäss kann der Schiffsführer den Arbeits- oder Ruhezeitplan ausser Kraft setzen und von den Fischern die Leistung der Arbeitszeiten verlangen, die erforderlich sind, bis die normale Situation wiederhergestellt worden ist. Sobald es nach Wiederherstellung der normalen Situation praktisch möglich ist, hat der Schiffsführer sicherzustellen, dass alle Fischer, die während einer planmässigen Ruhezeit Arbeit geleistet haben, eine ausreichende Ruhezeit erhalten.

Besatzungsliste Art. 15 Jedes Fischereifahrzeug hat eine Besatzungsliste mitzuführen, von der eine Kopie vor dem Auslaufen den befugten Personen an Land zu übergeben oder unmittelbar nach dem Auslaufen des Fahrzeugs an Land zu übermitteln ist. Die zuständige Stelle hat festzulegen, an wen, wann und für welchen Zweck oder welche Zwecke solche Informationen zu übermitteln sind.

Arbeitsvertrag für Fischer Art. 16 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen: a)

durch die vorgeschrieben wird, dass Fischer, die auf Fahrzeugen unter seiner Flagge arbeiten, den Schutz eines Arbeitsvertrags für Fischer geniessen, der ihnen verständlich ist und mit den Bestimmungen dieses Übereinkommens im Einklang steht;

b)

durch die die Mindestangaben vorgeschrieben werden, die in Arbeitsverträge für Fischer gemäss den Bestimmungen in Anhang II aufzunehmen sind.

Art. 17 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen bezüglich:

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

a)

Verfahren, um sicherzustellen, dass ein Fischer Gelegenheit hat, die Bedingungen des Arbeitsvertrags für Fischer zu überprüfen und Rat hierzu einzuholen, bevor der Vertrag abgeschlossen wird;

b)

gegebenenfalls der Führung von Nachweisen über die Arbeit des Fischers gemäss eines solchen Vertrags;

c)

der Mittel für die Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit einem Arbeitsvertrag für Fischer.

Art. 18 Der Arbeitsvertrag für Fischer, von dem ein Exemplar dem Fischer auszuhändigen ist, ist an Bord mitzuführen und hat dem Fischer und in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis anderen Beteiligten auf Verlangen zugänglich zu sein.

Art. 19 Die Artikel 16 bis 18 und Anhang II gelten nicht für einen Fischereifahrzeugeigner, der das Fahrzeug allein betreibt.

Art. 20 Es obliegt dem Fischereifahrzeugeigner sicherzustellen, dass jeder Fischer über einen vom Fischer und dem Fischereifahrzeugeigner oder einem bevollmächtigten Vertreter des Fischereifahrzeugeigners unterschriebenen Arbeitsvertrag verfügt (oder, wenn der Fischer nicht vom Fischereifahrzeugeigner beschäftigt oder angeheuert wird, muss der Fischereifahrzeugeigner im Besitz eines Nachweises über vertragliche oder ähnliche Vereinbarungen sein), der angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord des Fahrzeugs vorsieht, wie sie dieses Übereinkommen verlangt.

Heimschaffung Art. 21 1. Die Mitglieder haben sicherzustellen, dass Fischer auf einem Fischereifahrzeug, das ihre Flagge führt und in einen ausländischen Hafen einläuft, Anspruch auf Heimschaffung haben, wenn der Arbeitsvertrag für Fischer ausgelaufen ist oder aus berechtigten Gründen vom Fischer oder vom Fischereifahrzeugeigner beendet worden ist oder der Fischer nicht mehr in der Lage ist, die im Arbeitsvertrag vorgesehenen Aufgaben auszuführen, oder von ihm nicht erwartet werden kann, dass er sie unter den gegebenen Umständen ausführt. Dies gilt auch für Fischer eines solchen Fahrzeugs, die aus denselben Gründen vom Fahrzeug in den ausländischen Hafen überführt werden.

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

2. Die Kosten der in Absatz 1 genannten Heimschaffung sind vom Fischereifahrzeugeigner zu tragen, es sei denn, der Fischer hat sich gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen einer schweren Verletzung seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag schuldig gemacht.

3. Die Mitglieder haben durch Rechtsvorschriften oder andere Massnahmen die genauen Umstände, unter denen ein Fischer, für den Absatz 1 gilt, Anspruch auf Heimschaffung hat, die Höchstdauer der Dienstzeiten an Bord, nach denen ein Fischer Anspruch auf Heimschaffung hat, und die Orte, nach denen die Fischer heimgeschafft werden können, vorzuschreiben.

4. Unterlässt es ein Fischereifahrzeugeigner, für die in diesem Artikel vorgesehene Heimschaffung zu sorgen, hat das Mitglied, dessen Flagge das Fahrzeug führt, die Heimschaffung des betreffenden Fischers zu veranlassen und das Recht, sich die Kosten von dem Fischereifahrzeugeigner erstatten zu lassen.

5. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften dürfen in keiner Weise das Recht des Fischereifahrzeugeigners beeinträchtigen, sich die Kosten für die Heimschaffung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Dritten erstatten zu lassen.

Anwerbung und vermittlung Art. 22 Anwerbung und Vermittlung von Fischern 1. Jedes Mitglied, das einen öffentlichen Anwerbungs- und Vermittlungsdienst für Seeleute betreibt, hat sicherzustellen, dass der Dienst Teil eines öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienstes für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist oder mit diesem koordiniert ist.

2. Jeder private Anwerbungs- und Vermittlungsdienst für Fischer, der im Gebiet eines Mitglieds tätig ist, ist in Übereinstimmung mit einem vereinheitlichten Bewilligungs- oder Zulassungssystem oder einer anderen Art der Regulierung zu betreiben, die nur nach Beratung eingerichtet, aufrechterhalten oder geändert werden dürfen.

3. Jedes Mitglied hat durch Rechtsvorschriften oder sonstige Massnahmen: a)

zu verbieten, dass die Anwerbungs- und Vermittlungsdienste Mittel, Verfahren oder Listen verwenden, die dazu bestimmt sind, Fischer an der Anheuerung zu hindern oder sie davon abzuhalten;

b)

vorzuschreiben, dass von den Fischern weder unmittelbar noch mittelbar Gebühren oder sonstige Kosten für ihre Anwerbung oder Vermittlung ganz oder teilweise zu tragen sind;

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

c)

die Bedingungen festzulegen, unter denen eine Bewilligung, Zulassung oder ähnliche Erlaubnis eines privaten Anwerbungs- und Vermittlungsdienstes bei einem Verstoss gegen die einschlägigen Rechtsvorschriften vorübergehend aufgehoben oder ganz entzogen werden kann und die Bedingungen festzulegen, unter denen private Anwerbungs- und Arbeitsvermittlungsdienste betrieben werden können.

Private Arbeitsvermittler 4. Ein Mitglied, das das Übereinkommen (Nr. 181) über private Arbeitsvermittler, 1997, ratifiziert hat, kann bestimmte Verantwortlichkeiten gemäss dem vorliegenden Übereinkommen privaten Arbeitsvermittlern zuweisen, die die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b) jenes Übereinkommens erwähnten Dienstleistungen erbringen. Die jeweiligen Verantwortlichkeiten solcher privaten Arbeitsvermittler und der Fischereifahrzeugeigner, die im Sinne jenes Übereinkommens als «Einsatzbetrieb» anzusehen sind, sind wie in Artikel 12 jenes Übereinkommens vorgesehen festzulegen und zuzuweisen. Ein solches Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen um sicherzustellen, dass die Zuweisung der jeweiligen Verantwortlichkeiten oder Verpflichtungen an die privaten Arbeitsvermittler, die die Dienstleistung erbringen, und den «Einsatzbetrieb» gemäss dem vorliegenden Übereinkommen den Fischer nicht daran hindert, an dem Fischereifahrzeug ein Sicherungsrecht auszuüben.

5. Ungeachtet der Bestimmungen von Absatz 4 ist der Fischereifahrzeugeigner haftbar, wenn der private Arbeitsvermittler seine Verpflichtungen gegenüber einem Fischer nicht erfüllt, für den der Fischereifahrzeugeigner im Rahmen des Übereinkommens (Nr. 181) über private Arbeitsvermittler, 1997, den «Einsatzbetrieb» darstellt.

6. Keine der Bestimmungen dieses Übereinkommens ist so auszulegen, als wäre ein Mitglied dadurch verpflichtet, in seinem Fischereisektor die in Absatz 4 erwähnte Inanspruchnahme privater Arbeitsvermittler zu gestatten.

Bezahlung der Fischer Art. 23 Jedes Mitglied hat nach Beratung Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen, die vorsehen, dass Fischer, denen eine Heuer gezahlt wird, eine monatliche oder andere regelmässige Zahlung erhalten.

Art. 24 Jedes Mitglied hat vorzuschreiben, dass allen Fischern, die an Bord von Fischereifahrzeugen arbeiten, die Möglichkeit zu geben ist, die erhaltenen Zahlungen, einschliesslich der Vorschüsse, kostenlos ganz oder teilweise an ihre Familien zu überweisen.

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

Teil V Unterkunft und Verpflegung Art. 25 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen in Bezug auf Unterkunft, Nahrungsmittel und Trinkwasser an Bord von Fischereifahrzeugen unter seiner Flagge.

Art. 26 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen, die vorschreiben, dass die Unterkünfte an Bord von Fischereifahrzeugen, die seine Flagge führen, im Hinblick auf die Verwendung des Fahrzeugs und die Aufenthaltsdauer der Fischer an Bord von ausreichender Grösse und Qualität und angemessen ausgestattet sein müssen. Diese Massnahmen haben gegebenenfalls insbesondere die folgenden Fragen zu regeln: a)

die Genehmigung von Plänen für den Bau oder Umbau von Fischereifahrzeugen in Bezug auf die Unterkünfte;

b)

die Unterhaltung der Unterkünfte und der Schiffsküche unter Berücksichtigung angemessener Bedingungen im Hinblick auf Hygiene, Sicherheit, Gesundheit und Bequemlichkeit;

c)

Belüftung, Heizung, Kühlung und Beleuchtung;

d)

die Verminderung von übermässigem Lärm und übermässigen Vibrationen;

e)

Lage, Grösse, Baumaterialien, Einrichtung und Ausstattung der Schlafräume, Messräume und sonstigen Unterkunftsräume;

f)

die sanitären Einrichtungen, einschliesslich Toiletten und Waschgelegenheiten, und die Versorgung mit ausreichendem warmem und kaltem Wasser;

g)

Verfahren für die Behandlung von Beschwerden über Unterkünfte, die nicht den Anforderungen dieses Übereinkommens genügen.

Art. 27 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen, die vorschreiben, dass: a)

die an Bord von Fischereifahrzeugen mitgeführten und ausgegebenen Nahrungsmittel von ausreichendem Nährwert und ausreichender Qualität und Quantität sein müssen;

b)

das Trinkwasser von ausreichender Qualität und Quantität sein muss;

c)

Nahrungsmittel und Trinkwasser vom Fischereifahrzeugeigner zur Verfügung zu stellen sind, ohne dass dem Fischer Kosten entstehen. Im Einklang mit innerstaatlichen Rechtsvorschriften können die Kosten jedoch als Betriebskosten zurückerstattet werden, wenn ein Gesamtarbeitsvertrag über ein Beteiligungssystem oder ein Arbeitsvertrag für Fischer dies vorsieht.

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Art. 28 1. Die Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen, die das Mitglied in Übereinstimmung mit Artikel 25 bis 27 zu erlassen oder zu treffen hat, haben den Anhang III über Unterkunftsräume auf Fischereifahrzeugen in vollem Umfang umzusetzen. Anhang III kann in der in Artikel 45 vorgesehenen Weise geändert werden.

2. Ein Mitglied, das nicht in der Lage ist, die Bestimmungen des Anhangs III umzusetzen, kann nach Beratung Bestimmungen in seiner Gesetzgebung erlassen oder sonstige Massnahmen treffen, die im Wesentlichen den in Anhang III enthaltenen Bestimmungen gleichwertig sind, mit Ausnahme der Bestimmungen, die Artikel 27 betreffen.

Teil VI Medizinische Betreuung, Gesundheitsschutz und Soziale Sicherheit Medizinische Betreuung Art. 29 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen, die vorschreiben, dass: a)

Fischereifahrzeuge eine medizinische Ausrüstung und einen medizinischen Bedarf mitführen müssen, die der Verwendung des Fahrzeugs angepasst sind, wobei die Zahl der Fischer an Bord, das Einsatzgebiet und die Dauer der Reise zu berücksichtigen sind;

b)

Fischereifahrzeuge mindestens einen Fischer an Bord haben müssen, der in Erster Hilfe und anderen Formen der medizinischen Betreuung qualifiziert oder ausgebildet ist und die erforderlichen Kenntnisse zur Verwendung der medizinischen Ausrüstung und des medizinischen Bedarfs für das betreffende Fahrzeug besitzt, wobei die Zahl der Fischer an Bord, das Einsatzgebiet und die Dauer der Reise zu berücksichtigen sind;

c)

die mitgeführte medizinische Ausrüstung und der mitgeführte medizinische Bedarf von Anleitungen oder sonstigen Informationen in einer Sprache und einem Format begleitet sein müssen, die von den in Buchstabe b) genannten Fischern verstanden werden;

d)

Fischereifahrzeuge mit einer Funk- oder Satellitenfunkanlage zur Kommunikation mit Personen oder Diensten an Land ausgerüstet sein müssen, die ärztliche Beratung erteilen können, wobei das Einsatzgebiet und die Dauer der Reise zu berücksichtigen sind;

e)

Fischer das Recht auf ärztliche Behandlung an Land und das Recht auf rechtzeitigen Transport an Land haben müssen, damit sie bei einer schweren Verletzung oder Erkrankung behandelt werden können.

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Art. 30 Für Fischereifahrzeuge, deren Länge 24 Meter oder mehr beträgt, hat jedes Mitglied unter Berücksichtigung der Zahl der Fischer an Bord, des Einsatzgebietes und der Dauer der Reise Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen, wonach: a)

die zuständige Stelle die mitzuführende medizinische Ausrüstung und den mitzuführenden medizinischen Bedarf vorzuschreiben hat;

b)

die mitgeführte medizinische Ausrüstung und der mitgeführte medizinische Bedarf ordnungsgemäss instand zu halten und in regelmässigen Zeitabständen, die von der zuständigen Stelle festgelegt werden, durch verantwortliche Personen, die von der zuständigen Stelle bestimmt oder anerkannt werden, zu überprüfen sind;

c)

die Fahrzeuge einen von der zuständigen Stelle angenommenen oder genehmigten ärztlichen Leitfaden oder die neueste Ausgabe des Internationalen ärztlichen Leitfadens für Schiffe mitzuführen haben;

d)

die Fahrzeuge jederzeit Zugang zu einem bestehenden System für funk- oder satellitenfunkärztliche Beratung, einschliesslich fachärztlicher Beratung, für Fahrzeuge auf See haben müssen;

e)

die Fahrzeuge ein Verzeichnis der Funk- oder Satellitenfunkstationen mitzuführen haben, über die eine ärztliche Beratung erhältlich ist;

f)

soweit dies mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis des Mitglieds vereinbar ist, die medizinische Betreuung des Fischers während seines Aufenthalts an Bord oder während des Landgangs in einem ausländischen Hafen für ihn kostenfrei sein muss.

Arbeitsschutz und Unfallverhütung Art. 31 Jedes Mitglied hat Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen betreffend: a)

die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbezogenen Risiken an Bord von Fahrzeugen, einschliesslich der Risikobeurteilung und des Risikomanagements, der Ausbildung und der Unterweisung der Fischer an Bord;

b)

die Ausbildung von Fischern in der Handhabung der Art von Fanggerät, das sie verwenden werden, und in der Kenntnis der Fischereitätigkeiten, mit denen sie befasst sein werden;

c)

die Pflichten der Fischereifahrzeugeigner, der Fischer und sonstiger Beteiligter, wobei die Sicherheit und Gesundheit von Fischern unter 18 Jahren gebührend zu berücksichtigen sind;

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d)

die Meldung und Untersuchung von Unfällen an Bord von Fischereifahrzeugen unter seiner Flagge;

e)

die Einrichtung gemeinsamer Arbeitsschutzausschüsse oder, nach Beratung, anderer geeigneter Gremien.

Art. 32 1. Die Anforderungen dieses Artikels gelten für Fischereifahrzeuge, deren Länge 24 Meter oder mehr beträgt oder die normalerweise länger als drei Tage auf See bleiben, sowie, nach Beratung, für andere Fahrzeuge, wobei die Zahl der Fischer an Bord, das Einsatzgebiet und die Dauer der Reise zu berücksichtigen sind.

2. Die zuständige Stelle hat: a)

nach Beratung vorzuschreiben, dass der Fischereifahrzeugeigner in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, den innerstaatlichen Gesamtarbeitsverträgen und der innerstaatlichen Praxis Verfahren an Bord für die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten festzulegen hat, wobei die spezifischen Gefahren und Risiken auf dem betreffenden Fischereifahrzeug zu berücksichtigen sind;

b)

vorzuschreiben, dass Fischereifahrzeugeigner, Schiffsführer, Fischer und andere in Frage kommende Personen ausreichende und geeignete Anleitung, Ausbildungsmaterial oder sonstige zweckdienliche Informationen darüber erhalten, wie Gefahren für Sicherheit und Gesundheit an Bord von Fischereifahrzeugen zu bewerten und zu bewältigen sind.

3. Die Fischereifahrzeugeigner haben sicherzustellen, dass: a)

jeder Fischer an Bord geeignete persönliche Schutzkleidung und Schutzausrüstung erhält;

b)

jeder Fischer an Bord eine grundlegende, von der zuständigen Stelle genehmigte Sicherheitsausbildung erhalten hat; die zuständige Stelle kann schriftliche Ausnahmen von dieser Anforderung für Fischer gewähren, die gleichwertige Kenntnisse und Erfahrungen nachgewiesen haben;

c)

die Fischer mit der Ausrüstung und ihrem Gebrauch ausreichend und angemessen vertraut gemacht werden, einschliesslich der jeweiligen Sicherheitsmassnahmen, bevor sie die Ausrüstung verwenden oder an den betreffenden Tätigkeiten teilnehmen.

Art. 33 Es ist eine Risikobeurteilung in Bezug auf die Fischerei durchzuführen, gegebenenfalls mit Teilnahme der Fischer oder ihrer Vertreter.

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Soziale Sicherheit Art. 34 Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass Fischer, die sich gewöhnlich in seinem Gebiet aufhalten, und ihre Unterhaltsberechtigten, soweit dies in der innerstaatlichen Gesetzgebung vorgesehen ist, Anspruch auf Schutz der Sozialen Sicherheit unter Bedingungen haben, die nicht ungünstiger sind als die, die für andere Arbeitnehmer, einschliesslich abhängig Beschäftigter und selbstständig Erwerbstätiger, gelten, die sich gewöhnlich in seinem Gebiet aufhalten.

Art. 35 Jedes Mitglied verpflichtet sich, entsprechend den innerstaatlichen Gegebenheiten Massnahmen zu ergreifen, um schrittweise einen umfassenden Schutz der Sozialen Sicherheit für alle Fischer zu erreichen, die sich gewöhnlich in seinem Gebiet aufhalten.

Art. 36 Die Mitglieder haben durch zwei- oder mehrseitige Verträge oder andere Übereinkünfte im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis zusammenzuarbeiten, um: a)

schrittweise einen umfassenden Schutz der Sozialen Sicherheit für Fischer zu erreichen, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung unabhängig von der Staatsangehörigkeit;

b)

die Wahrung der Ansprüche und Anwartschaften im Bereich der Sozialen Sicherheit durch alle Fischer sicherzustellen, unabhängig von ihrem Wohnsitz.

Art. 37 Unbeschadet der Zuweisung von Verantwortlichkeiten in den Artikeln 34, 35 und 36 können die Mitglieder durch zwei- oder mehrseitige Verträge und durch Bestimmungen, die im Rahmen von Organisationen der regionalen wirtschaftlichen Integration angenommen worden sind, andere Regelungen zur Gesetzgebung der Sozialen Sicherheit festlegen, die auf Fischer anwendbar sind.

Schutz bei Krankheit, Unfall oder Tod im Zusammenhang mit der Arbeit Art. 38 1. Jedes Mitglied hat Massnahmen zu treffen, um Fischern im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis einen Schutz bei Krankheit, Unfall oder Tod im Zusammenhang mit der Arbeit zu gewähren.

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2. Im Fall eines durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursachten Schadens muss der Fischer: a)

Zugang zu angemessener medizinischer Betreuung haben;

b)

die entsprechende Entschädigung gemäss der innerstaatlichen Gesetzgebung erhalten.

3. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Fischereisektors kann der in Absatz 1 erwähnte Schutz sichergestellt werden durch: a)

ein System der Verpflichtung der Fischereifahrzeugeigner; oder

b)

ein Pflichtversicherungssystem, ein Entschädigungssystem für Arbeitnehmer oder sonstige Systeme.

Art. 39 1. Wenn es keine innerstaatlichen Bestimmungen für Fischer gibt, hat jedes Mitglied Rechtsvorschriften zu erlassen oder sonstige Massnahmen zu treffen um sicherzustellen, dass Fischereifahrzeugeigner auf einem Schiff, das seine Flagge führt, für den Gesundheitsschutz und die medizinische Betreuung der Fischer verantwortlich sind, wenn sie auf See oder in einem ausländischen Hafen beschäftigt oder angeheuert sind. Diese Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen haben sicherzustellen, dass Fischereifahrzeugeigner bei einer ärztlichen Behandlung im Ausland bis zur Heimschaffung des Fischers für die Begleichung der Kosten der medizinischen Betreuung aufkommen, einschliesslich der dazugehörigen materiellen Hilfe und Unterstützung.

2. Innerstaatliche Rechtsvorschriften können den Ausschluss der Verpflichtung des Fischereifahrzeugeigners zur Fürsorge gestatten, wenn die Verletzung ausserhalb des Dienstes auf dem Fischereifahrzeug eingetreten ist, die Krankheit oder das Gebrechen beim Anheuern verschwiegen wurde oder die Verletzung oder Krankheit auf vorsätzliches Fehlverhalten des Fischers zurückzuführen ist.

Teil VII Einhaltung und Durchsetzung Art. 40 Jedes Mitglied hat seine Hoheitsgewalt und Kontrolle über Fahrzeuge unter seiner Flagge wirksam auszuüben, indem es ein System für die Sicherstellung der Einhaltung der Anforderungen dieses Übereinkommens einrichtet, gegebenenfalls einschliesslich Überprüfungen, Meldungen, Überwachung, Beschwerdeverfahren, angemessener Strafen und Abhilfemassnahmen in Übereinstimmung mit innerstaatlichen Rechtsvorschriften.

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Art. 41 1. Die Mitglieder haben vorzuschreiben, dass Fischereifahrzeuge, die länger als drei Tage auf See bleiben und: a)

deren Länge 24.Meter oder mehr beträgt; oder

b)

die normalerweise in mehr als 200 Seemeilen Entfernung von der Küstenlinie des Flaggenstaates oder jenseits des äusseren Randes seines Festlandsockels eingesetzt werden, wenn diese Entfernung von der Küstenlinie grösser ist, ein gültiges, von der zuständigen Stelle ausgestelltes Dokument mitführen müssen, in dem angegeben wird, dass das Fahrzeug von der zuständigen Stelle oder in deren Auftrag im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Übereinkommens über die Lebens- und Arbeitsbedingungen überprüft worden ist.

2. Die Gültigkeitsdauer eines solchen Dokuments kann mit der Gültigkeitsdauer eines nationalen oder internationalen Fischereifahrzeug-Sicherheitszeugnisses übereinstimmen, darf jedoch in keinem Fall fünf Jahre überschreiten.

Art. 42 1. Die zuständige Stelle hat eine ausreichende Anzahl qualifizierter Inspektoren zu bestimmen, um ihren Verantwortlichkeiten gemäss Artikel 41 nachzukommen.

2. Bei der Einrichtung eines wirksamen Systems für die Überprüfung der Lebensund Arbeitsbedingungen an Bord von Fischereifahrzeugen kann ein Mitglied gegebenenfalls öffentliche Einrichtungen oder andere Organisationen, die es als befähigt und unabhängig anerkennt, zur Durchführung von Überprüfungen und zur Ausstellung von Dokumenten ermächtigen. In allen Fällen muss das Mitglied für die Überprüfung und die Ausstellung der damit zusammenhängenden Dokumente betreffend die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Fischer auf Fischereifahrzeugen unter seiner Flagge in vollem Umfang verantwortlich bleiben.

Art. 43 1. Ein Mitglied, das eine Beschwerde oder Beweismaterial erhält, dass ein Fischereifahrzeug, das seine Flagge führt, nicht den Anforderungen dieses Übereinkommens genügt, hat die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um die Angelegenheit zu untersuchen und sicherzustellen, dass Massnahmen zur Behebung der festgestellten Mängel getroffen werden.

2. Wenn ein Mitglied, dessen Hafen ein Fischereifahrzeug auf seinem planmässigen Kurs oder aus betriebstechnischen Gründen anläuft, eine Beschwerde oder Beweismaterial erhält, dass dieses Fahrzeug nicht den Anforderungen des Übereinkommens genügt, so kann es der Regierung des Flaggenstaates des Fahrzeugs einen Bericht mit einer Abschrift an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermitteln und die notwendigen Massnahmen zur Beseitigung aller Bedingungen an Bord treffen, die offensichtlich eine Gefahr für Sicherheit oder Gesundheit darstellen.

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3. Werden die in Absatz 2 erwähnten Massnahmen getroffen, so hat das Mitglied unverzüglich den nächsten erreichbaren Vertreter des Flaggenstaats hiervon zu benachrichtigen und ihn zu ersuchen, wenn möglich persönlich anwesend zu sein.

Das Mitglied darf das Fahrzeug nicht über Gebühr festhalten oder seine Weiterfahrt verzögern.

4. Für die Zwecke dieses Artikels kann die Beschwerde von einem Fischer, einer Berufsvereinigung, einem Verband, einer Gewerkschaft oder allgemein jeder Person eingereicht werden, die ein Interesse an der Sicherheit des Fahrzeugs hat, insbesondere im Zusammenhang mit etwaigen Gefahren für die Sicherheit oder Gesundheit der Fischer an Bord.

5. Dieser Artikel gilt nicht für Beschwerden, die ein Mitglied als offensichtlich unberechtigt erachtet.

Art. 44 Jedes Mitglied hat dieses Übereinkommen so anzuwenden, dass sichergestellt wird, dass Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines Staates führen, der dieses Übereinkommen nicht ratifiziert hat, nicht günstiger behandelt werden als Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines Mitglieds führen, das es ratifiziert hat.

Teil VIII Änderung der Anhänge I, II und III Art. 45 1. Vorbehaltlich der einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens kann die Internationale Arbeitskonferenz die Anhänge I, II und III ändern. Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes kann einen Gegenstand bezüglich Vorschlägen für solche Änderungen in die Tagesordnung der Konferenz aufnehmen, die von einem dreigliedrigen Sachverständigenausschuss ausgearbeitet worden sind. Der Beschluss über die Annahme der Vorschläge erfordert eine Mehrheit von zwei Dritteln der von den auf der Konferenz anwesenden Delegierten abgegebenen Stimmen, darunter mindestens die Hälfte der Mitglieder, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben.

2. Eine gemäss Absatz 1 angenommene Änderung tritt für jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, sechs Monate nach ihrer Annahme in Kraft, es sei denn, das Mitglied hat dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes schriftlich mitgeteilt, dass die Änderung für das betreffende Mitglied nicht in Kraft tritt oder erst zu einem späteren Zeitpunkt nach einer neuen schriftlichen Mitteilung in Kraft treten wird.

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Teil IX Schlussbestimmungen Art. 46 Durch dieses Übereinkommen werden das Übereinkommen (Nr. 112) über das Mindestalter (Fischer), 1959, das Übereinkommen (Nr. 113) über die ärztliche Untersuchung (Fischer), 1959, das Übereinkommen (Nr. 114) über den Heuervertrag der Fischer, 1959, und das Übereinkommen (Nr. 126) über die Quartierräume auf Fischereifahrzeugen, 1966, neu gefasst.

Art. 47 Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Art. 48 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikationen durch den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes eingetragen worden sind.

2. Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen von zehn Mitgliedern, von denen acht Küstenstaaten sind, durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Art. 49 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird zwölf Monate nach ihrer Eintragung wirksam.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf der in Absatz 1 genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen innerhalb des ersten Jahres jedes neuen Zehnjahres-Zeitraums nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Art. 50 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen, Erklärungen und Kündigungen, die ihm von Mitgliedern der Organisation mitgeteilt worden sind.

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2. Der Generaldirektor macht die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der letzten für das Inkrafttreten des Übereinkommens notwendigen Ratifikation Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Art. 51 Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle gemäss diesem Übereinkommen eingetragenen Ratifikationen, Erklärungen und Kündigungen.

Art. 52 Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für notwendig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner vollständigen oder teilweisen Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll, wobei auch die Bestimmungen von Artikel 45 zu berücksichtigen sind.

Art. 53 1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen neu fasst, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt Folgendes: a)

die Ratifikation des neu gefassten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikels 49 ohne Weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neu gefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist;

b)

vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neu gefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neu gefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Art. 54 Der englische und französische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise verbindlich.

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Anhang I Äquivalenz der Masseinheiten Für die Zwecke dieses Übereinkommens ist, falls die zuständige Stelle nach Beratung beschliesst, Länge über alles (Lüa) statt Länge (L) als Vermessungsgrundlage zu verwenden: a)

eine Länge über alles (Lüa) von 16,5 Metern als entsprechend einer Länge (L) von 15 Metern anzusehen;

b)

eine Länge über alles (Lüa) von 26,5 Metern als entsprechend einer Länge (L) von 24 Metern anzusehen;

c)

eine Länge über alles (Lüa) von 50 Metern als entsprechend einer Länge (L) von 45 Metern anzusehen.

Anhang II Arbeitsvertrag für Fischer Der Arbeitsvertrag für Fischer hat die folgenden Angaben zu enthalten, soweit sich die Aufnahme einer oder mehrerer dieser Angaben nicht deshalb erübrigt, weil der Gegenstand bereits in anderer Weise durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder gegebenenfalls durch einen Gesamtarbeitsvertrag geregelt ist: a)

den Nachnamen und die übrigen Namen, das Geburtsdatum oder Alter und den Geburtsort des Fischers;

b)

den Tag und Ort des Abschlusses des Vertrags;

c)

den Namen des Fischereifahrzeugs oder der Fischereifahrzeuge und die Registriernummer des Fahrzeugs oder der Fahrzeuge, für die sich der Fischer zur Arbeit verpflichtet;

d)

den Namen des Arbeitgebers oder Fischereifahrzeugeigners oder der sonstigen Vertragspartei der Vereinbarung mit dem Fischer;

e)

die Reise oder Reisen, die unternommen werden sollen, falls sie im Zeitpunkt der Anheuerung angegeben werden können;

f)

den Dienst, für den der Fischer angeheuert oder verwendet werden soll;

g)

wenn möglich, den Ort und Tag, an denen sich der Fischer zum Dienstantritt an Bord einzufinden hat;

h)

die dem Fischer zustehende Beköstigung, es sei denn, dass die innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine andere Regelung vorsehen;

i)

den Betrag der Heuer oder die Höhe des Anteils und dessen Berechnungsart, wenn das Entgelt in einer Beteiligung besteht, oder den Betrag der Heuer und die Höhe des Anteils sowie dessen Berechnungsart, wenn beide Formen des Entgelts miteinander verbunden werden, und die gegebenenfalls vereinbarte Mindestheuer;

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j)

die Beendigung des Vertrags und die dafür massgeblichen Bedingungen, nämlich: i) wenn der Vertrag auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist, den Tag des Ablaufs des Vertrags; ii) wenn der Vertrag für eine Reise abgeschlossen ist, den Bestimmungshafen und die Frist nach der Ankunft, nach deren Ablauf der Fischer zu entlassen ist; iii) wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist, die Voraussetzungen, die jede Partei zur Kündigung berechtigen, sowie die Kündigungsfrist, wobei die Kündigungsfrist des Arbeitgebers oder Fischereifahrzeugeigners oder der sonstigen Vertragspartei nicht kürzer sein darf als diejenige des Fischers;

k)

den Schutz des Fischers bei Krankheit, Unfall oder Tod im Zusammenhang mit dem Dienst;

l)

den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub oder gegebenenfalls die Formel für seine Berechnung;

m) die Leistungen des Gesundheitsschutzes und der Sozialen Sicherheit, die dem Fischer gegebenenfalls vom Arbeitgeber, Fischereifahrzeugeigner oder einer anderen Vertragspartei oder anderen Vertragsparteien des Arbeitsvertrags für Fischer zu gewähren sind; n)

den Anspruch des Fischers auf Heimschaffung;

o)

gegebenenfalls einen Verweis auf den Gesamtarbeitsvertrag;

p)

die Mindestruhezeiten, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen;

q)

alle weiteren Angaben, die die innerstaatlichen Rechtsvorschriften gegebenenfalls vorschreiben.

Anhang III Unterkünfte auf Fischereifahrzeugen Allgemeine Bestimmungen 1. Im Sinne dieses Anhangs: a)

bedeutet der Begriff neues Fischereifahrzeug ein Fahrzeug, für das: i) der Bau- oder grössere Umbauauftrag zum oder nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übereinkommens für das betreffende Mitglied erteilt worden ist; oder ii) der Bau- oder grössere Umbauauftrag vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übereinkommens für das betreffende Mitglied erteilt worden ist und das frühestens drei Jahre nach diesem Zeitpunkt geliefert wird; oder

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Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor, 2007

iii) falls kein Bauauftrag vorliegt, zum oder nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übereinkommens für das betreffende Mitglied: ­ der Kiel gelegt wird, oder ­ der für ein bestimmtes Fahrzeug erkennbare Bau begonnen wird, oder ­ die Montage von mindestens 50 Tonnen oder 1 Prozent des geschätzten Gesamtbedarfs an Baumaterial begonnen hat, wenn dieser Wert kleiner ist; b)

bedeutet der Begriff vorhandenes Fahrzeug ein Fahrzeug, das kein neues Fischereifahrzeug ist.

2. Die folgenden Bestimmungen gelten für alle neuen gedeckten Fischereifahrzeuge, vorbehaltlich etwaiger Ausnahmen, die in Übereinstimmung mit Artikel 3 des Übereinkommens vorgesehen sind. Die zuständige Stelle kann die Anforderungen dieses Anhangs auch auf vorhandene Fahrzeuge anwenden, wenn und insoweit sie entscheidet, dass dies angemessen und durchführbar ist.

3. Die zuständige Stelle kann nach Beratung Abweichungen von den Bestimmungen dieses Anhangs für Fischereifahrzeuge zulassen, die normalerweise weniger als 24 Stunden auf See bleiben, falls die Fischer nicht an Bord des Fahrzeugs wohnen, wenn es im Hafen liegt. Für solche Fahrzeuge hat die zuständige Stelle sicherzustellen, dass den betreffenden Fischern ausreichende Ruhe-, Verpflegungs- und sanitäre Einrichtungen zur Verfügung stehen.

4. Alle von einem Mitglied gegebenenfalls nach Absatz 3 dieses Anhangs vorgenommenen Abweichungen sind dem Internationalen Arbeitsamt nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation mitzuteilen.

5. Die Anforderungen für Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr können auf Fahrzeuge mit einer Länge von 15 bis 24 Metern angewendet werden, wenn die zuständige Stelle nach Beratung entscheidet, dass dies angemessen und durchführbar ist.

6. Fischern, die an Bord von Zubringerfahrzeugen arbeiten, die nicht über geeignete Unterkunftsräume und sanitäre Einrichtungen verfügen, sind solche Unterkunftsräume und Einrichtungen an Bord des Mutterfahrzeugs zur Verfügung zu stellen.

7. Die Mitglieder können die Anforderungen dieses Anhangs über Lärm und Vibrationen, Lüftung, Heizung und Klimatisierung und Beleuchtung auf geschlossene Arbeitsräume und für Lagerungszwecke genutzte Räume ausdehnen, wenn, nach Beratung, eine Ausdehnung als sinnvoll angesehen wird und sich nicht nachteilig auf die Arbeitsbedingungen oder die Verarbeitung oder die Qualität des Fangs auswirkt.

8. Die Verwendung der in Artikel 5 des Übereinkommens genannten Bruttoraumzahl beschränkt sich auf die folgenden Absätze dieses Anhangs: 14, 37, 38, 41, 43, 46, 49, 53, 55, 61, 64, 65 und 67. Für diese Zwecke ist, falls es die zuständige Stelle nach Beratung beschliesst, die Bruttoraumzahl als Vermessungsgrundlage wie folgt zu verwenden: a)

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eine Bruttoraumzahl von 75 entspricht einer Länge (L) von 15 Metern oder einer Länge über alles (Lüa) von 16,5 Metern;

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b)

eine Bruttoraumzahl von 300 entspricht einer Länge (L) von 24 Metern oder einer Länge über alles (Lüa) von 26,5 Metern;

c)

eine Bruttoraumzahl von 950 entspricht einer Länge (L) von 45 Metern oder einer Länge über alles (Lüa) von 50 Metern.

Planung und Überwachung 9. Jedes Mal, wenn ein Fahrzeug neu gebaut wird oder die Unterkunftsräume der Besatzung eines Fahrzeugs umgebaut worden sind, hat sich die zuständige Stelle zu vergewissern, dass es die Anforderungen dieses Anhangs erfüllt. Die zuständige Stelle hat, soweit es möglich ist, die Einhaltung der Bestimmungen dieses Anhangs zu verlangen, wenn die Unterkunftsräume der Besatzung eines Fahrzeugs wesentlich geändert worden sind, und im Fall eines Fahrzeugs, das von der Flagge, die es führt, zur Flagge des Mitglieds überwechselt, die Einhaltung der Bestimmungen dieses Anhangs zu verlangen, die gemäss Absatz 2 dieses Anhangs anwendbar sind.

10. In den in Absatz 9 dieses Anhangs genannten Fällen ist für Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr vorzuschreiben, dass der zuständigen Stelle oder einer von ihr ermächtigten Stelle detaillierte Pläne und Angaben in Bezug auf die Unterkunftsräume zur Genehmigung vorzulegen sind.

11. Im Fall von Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr hat die zuständige Stelle jedes Mal, wenn die Unterkunftsräume der Besatzung des Fischereifahrzeugs umgebaut oder wesentlich geändert worden sind, die Unterkunftsräume im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen dieses Übereinkommens zu überprüfen, und wenn das Fahrzeug von der Flagge, die es führt, zur Flagge des Mitglieds überwechselt, die Einhaltung der Anforderungen dieses Anhangs zu überprüfen, die gemäss Artikel 2 dieses Anhangs anwendbar sind. Die zuständige Stelle kann nach eigenem Ermessen weitere Überprüfungen der Unterkunftsräume der Besatzung durchführen.

12. Wenn ein Fahrzeug die Flagge wechselt, sind alternative Anforderungen, die die zuständige Stelle des Mitglieds, dessen Flagge das Fahrzeug vorher geführt hat, gemäss den Absätzen 15, 39, 47 oder 62 dieses Anhangs angenommen hat, nicht länger auf das Fahrzeug anwendbar.

Entwurf und Bau Lichte Höhe 13. In allen Unterkunftsräumen ist eine ausreichende lichte Höhe vorzusehen. Für Räume, in denen Fischer längere Zeit stehen müssen, ist die mindestens vorzusehende lichte Höhe von der zuständigen Stelle vorzuschreiben.

14. Für Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr hat die zulässige lichte Höhe in allen Unterkunftsräumen, in denen volle Bewegungsfreiheit erforderlich ist, mindestens 200 cm zu betragen.

15. Ungeachtet
der Bestimmungen des Absatzes 14 kann die zuständige Stelle nach Beratung beschliessen, dass die zulässige lichte Höhe in jedem Raum ­ oder Raumteil ­ dieser Unterkünfte mindestens 190 cm zu betragen hat, wenn dies nach ihrer

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Überzeugung angemessen ist und das Wohlbefinden der Fischer dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Verbindungen zu und zwischen Unterkunftsräumen 16. Direkte Verbindungen von Fischräumen und Maschinenräumen zu den Schlafräumen sind unzulässig, ausser für Notausgangszwecke. Soweit es angemessen und praktisch durchführbar ist, sind direkte Verbindungen von Küchen, Vorratsräumen, Trockenräumen oder Gemeinschaftswaschräumen und Gemeinschaftstoiletten zu vermeiden, es sei denn, dass ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

17. Auf Schiffen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr sind direkte Verbindungen von Fischräumen und Maschinenräumen oder von Küchen, Vorratsräumen, Trockenräumen oder Gemeinschaftswaschräumen und Gemeinschaftstoiletten zu den Schlafräumen unzulässig, ausser für Notausgangszwecke; die Wände zwischen solchen Räumen und den Schlafräumen und die Aussenwände der Schlafräume müssen aus Stahl oder einem anderen genehmigten Werkstoff hergestellt und wasser- und gasdicht sein. Diese Bestimmung schliesst nicht die Möglichkeit aus, dass sanitäre Bereiche von zwei Kabinen gemeinsam genutzt werden.

Isolierung 18. Die Unterkunftsräume müssen wirksam isoliert sein; die für die Herstellung der Innenwände, Verschalungen, Fussböden und Verbindungen verwendeten Werkstoffe müssen zweckmässig und der Wohnlichkeit förderlich sein. In allen Unterkunftsräumen müssen ausreichende Wasserabflüsse vorhanden sein.

Sonstiges 19. Es sind alle durchführbaren Massnahmen zu treffen, um die Unterkunftsräume auf Fischereifahrzeugen gegen das Eindringen von Fliegen und anderen Insekten zu schützen, insbesondere wenn Fahrzeuge in stechmückenverseuchten Gebieten eingesetzt werden.

20. Alle Unterkunftsräume der Besatzung sind mit den erforderlichen Notausgängen zu versehen.

Lärm und Vibrationen 21. Die zuständige Stelle hat Massnahmen zu treffen, um übermässigen Lärm und übermässige Vibrationen in den Unterkunftsräumen und, soweit möglich, im Einklang mit einschlägigen internationalen Normen zu begrenzen.

22. Für Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr hat die zuständige Stelle Normen für Lärm und Vibrationen in den Unterkunftsräumen zu erlassen, die den Fischern einen ausreichenden Schutz vor den Auswirkungen solchen Lärms und solcher Vibrationen gewährleisten, einschliesslich der Auswirkungen von durch
Lärm und Vibrationen hervorgerufener Ermüdung.

Lüftung 23. Die Unterkunftsräume sind unter Berücksichtigung der klimatischen Verhältnisse mit Lüftung zu versehen. Die Lüftungsanlage hat für befriedigende Luftverhältnisse zu sorgen, wann immer die Fischer sich an Bord befinden.

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24. Die Lüftungsanlage oder andere Massnahmen sind so zu gestalten, dass Nichtraucher vor Tabakrauch geschützt werden.

25. Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr müssen mit einer Lüftungsanlage für die Unterkunftsräume ausgerüstet sein, die so einstellbar sein muss, dass bei jedem Wetter und Klima die Luftbeschaffenheit befriedigend bleibt und eine ausreichende Lufterneuerung gewährleistet ist. Lüftungsanlagen müssen ständig in Betrieb sein, wenn sich die Fischer an Bord befinden.

Heizung und Klimatisierung 26. Die Unterkunftsräume sind unter Berücksichtigung der klimatischen Verhältnisse angemessen zu heizen.

27. Für Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr ist durch eine geeignete Heizanlage für ausreichende Wärme zu sorgen, ausser auf Fischereifahrzeugen, die ausschliesslich in tropischen Klimazonen eingesetzt werden. Die Heizanlage hat unter allen Bedingungen entsprechend den Erfordernissen für Wärme zu sorgen und hat in Betrieb zu sein, wenn die Fischer an Bord wohnen oder arbeiten und die Bedingungen es erfordern.

28. Für Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr, mit Ausnahme derjenigen, die regelmässig in Gebieten eingesetzt werden, in denen das gemässigte Klima es nicht erfordert, ist eine Klimatisierung der Unterkunftsräume, der Brücke, des Funkraums und gegebenenfalls des zentralen Maschinensteuerraums vorzusehen.

Beleuchtung 29. Alle Unterkunftsräume sind mit angemessener Beleuchtung auszustatten.

30. Wann immer möglich, ist in den Unterkunftsräumen neben der künstlichen Beleuchtung natürliche Beleuchtung vorzusehen. Falls die Schlafräume über natürliche Beleuchtung verfügen, ist ein Mittel zur Verdunkelung vorzusehen.

31. Neben der normalen Schlafraumbeleuchtung ist für jede Koje eine zum Lesen ausreichende Beleuchtung vorzusehen.

32. In Schlafräumen ist eine Notbeleuchtung vorzusehen.

33. Wenn auf einem Fahrzeug in den Messräumen, Durchgängen und sonstigen Räumen, die als Notausgang verwendet werden oder verwendet werden können, keine Notbeleuchtung vorhanden ist, ist in solchen Räumen eine ständige Nachtbeleuchtung vorzusehen.

34. Bei Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr hat die Beleuchtung der Unterkunftsräume einer von der zuständigen Stelle festgesetzten Norm zu entsprechen. An jeder frei zugänglichen Stelle des Unterkunftsraums
ist als Mindestnorm für eine solche Beleuchtung festzusetzen, dass eine Person mit normaler Sehschärfe in der Lage sein muss, an einem klaren Tag eine normal gedruckte Zeitung zu lesen.

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Schlafräume Allgemeines 35. Falls die Konstruktion, die Abmessungen oder der Zweck des Fahrzeugs es gestatten, sind die Schlafräume so anzuordnen, dass die Bewegungs- und Beschleunigungsauswirkungen auf ein Mindestmass herabgesetzt werden; sie dürfen aber keinesfalls vor dem Kollisionsschott angeordnet werden.

Bodenfläche 36. Die Zahl der Personen je Schlafraum und die Bodenfläche je Person, ausschliesslich der von Kojen und Spinden eingenommenen Fläche, müssen so festgelegt sein, dass den Fischern an Bord unter Berücksichtigung der Verwendung des Fahrzeugs genügend Platz und Bequemlichkeit geboten wird.

37. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr, aber mit einer Länge von weniger als 45 Metern, darf die Bodenfläche je Person im Schlafraum, ausschliesslich der von Kojen und Spinden eingenommenen Fläche, nicht geringer als 1,5 m2 sein.

38. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 45 Metern oder mehr darf die Bodenfläche je Person im Schlafraum, ausschliesslich der von Kojen und Spinden eingenommenen Fläche, nicht geringer als 2 m2 sein.

39. Ungeachtet der Bestimmungen der Absätze 37 und 38 kann die zuständige Stelle nach Beratung beschliessen, dass die mindestens zulässige Bodenfläche je Person im Schlafraum, ausschliesslich der von Kojen und Spinden eingenommenen Fläche, nicht geringer als 1,0 und 1,5 m2 sein darf, wenn dies nach Überzeugung der zuständigen Stelle angemessen ist und das Wohlbefinden der Fischer dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Anzahl der Personen je Schlafraum 40. Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, darf die Belegung jedes Schlafraums sechs Personen nicht überschreiten.

41. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr darf die Belegung je Schlafraum vier Personen nicht überschreiten. Die zuständige Stelle kann in besonderen Fällen Ausnahmen von dieser Anforderung zulassen, wenn die Grösse, die Art oder die beabsichtigte Verwendung des Fahrzeugs diese Anforderung als unverhältnismässig oder undurchführbar erscheinen lassen.

42. Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, sind für Offiziere ein getrennter Schlafraum oder getrennte Schlafräume vorzusehen, wann immer dies möglich ist.

43. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr sind die Schlafräume für Offiziere nach Möglichkeit mit einer Person zu belegen und
dürfen die Schlafräume keinesfalls mehr als zwei Kojen enthalten. Die zuständige Stelle kann in besonderen Fällen Ausnahmen von den Anforderungen dieses Absatzes zulassen, wenn die Grösse, die Art oder die beabsichtigte Verwendung des Fahrzeugs diese Anforderungen als unverhältnismässig oder undurchführbar erscheinen lassen.

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Sonstiges 44. In jedem Schlafraum ist die Höchstzahl der Personen, die darin untergebracht werden dürfen, an leicht sichtbarer Stelle lesbar und dauerhaft anzugeben.

45. Es sind Einzelkojen von angemessener Grösse vorzusehen. Die Matratzen müssen aus einem geeigneten Material bestehen.

46. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr müssen die Innenmasse einer Koje mindestens 198 mal 80 Zentimeter betragen.

47. Ungeachtet der Bestimmungen des Absatzes 46 kann die zuständige Stelle nach Beratung beschliessen, dass die Innenmasse einer Koje mindestens 190 mal 70 Zentimeter betragen müssen, wenn dies nach ihrer Überzeugung angemessen ist und das Wohlbefinden der Fischer dadurch nicht beeinträchtigt wird.

48. Die Schlafräume müssen so angelegt und ausgestattet werden, dass sie den Bewohnern angemessene Bequemlichkeit bieten und leicht in Ordnung gehalten werden können. Die Ausstattung hat Kojen, für die Unterbringen von Kleidung und sonstiger persönlicher Habe ausreichende Einzelspinde und eine geeignete Schreibfläche zu umfassen.

49. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr ist ein Schreibpult mit einem Stuhl vorzusehen.

50. Soweit es möglich ist, müssen die Schlafräume so angeordnet oder ausgestattet sein, dass die Privatsphäre von Männern und Frauen angemessen geschützt wird.

Messen 51. Messen sind möglichst nahe an der Küche anzuordnen, sie dürfen aber keinesfalls vor dem Kollisionsschott angeordnet werden.

52. Die Fahrzeuge sind mit ihrer Verwendung entsprechenden Messen auszustatten.

Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, müssen die Messen von den Schlafräumen getrennt sein, soweit es möglich ist.

53. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr müssen die Messen von den Schlafräumen getrennt sein.

54. Die Grösse und Einrichtung von Messen müssen für die Anzahl der Personen ausreichen, die sie üblicherweise gleichzeitig benutzen.

55. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr müssen ein Kühlschrank mit ausreichendem Fassungsvermögen und Einrichtungen für die Zubereitung heisser und kalter Getränke zur Verfügung stehen und den Fischern jederzeit zugänglich sein.

Badewannen oder Duschen, Toiletten und Waschbecken 56. Sanitäre Einrichtungen, die Toiletten, Waschbecken und Badewannen oder Duschen umfassen, sind für alle
Personen an Bord entsprechend der Verwendung des Fahrzeugs vorzusehen. Diese Einrichtungen haben Mindestgesundheits- und Hygieneanforderungen sowie einem angemessenen Qualitätsstandard zu genügen.

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57. Die sanitären Einrichtungen müssen so beschaffen sein, dass eine Kontaminierung anderer Räume so weit wie möglich ausgeschlossen ist. Die sanitären Einrichtungen müssen einen angemessenen Schutz der Privatsphäre ermöglichen.

58. Kaltes und warmes Frischwasser muss allen Fischern und anderen Personen an Bord in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen, um eine angemessene Hygiene zu gewährleisten. Die zuständige Stelle kann nach Beratung die Mindestwassermenge festlegen, die bereitzustellen ist.

59. Soweit sanitäre Einrichtungen bereitgestellt werden, sind sie mit Ablufteinrichtungen ins Freie zu versehen, die von anderen Teilen der Unterkunftsräume unabhängig sind.

60. Alle Oberflächen in den sanitären Einrichtungen müssen so beschaffen sein, dass sie leicht und gründlich gereinigt werden können. Die Fussböden müssen mit einem rutschfesten Belag versehen sein.

61. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr sind für alle Fischer, die nicht über Räume mit eigenen sanitären Einrichtungen verfügen, mindestens eine Badewanne oder eine Dusche oder beides, eine Toilette und ein Waschbecken für je vier oder weniger Personen vorzusehen.

62. Ungeachtet der Bestimmungen des Absatzes 61 kann die zuständige Stelle nach Beratung beschliessen, dass für je sechs oder weniger Personen mindestens eine Badewanne oder Dusche oder beides und ein Waschbecken sowie für je acht oder weniger Personen eine Toilette vorzusehen ist, wenn dies nach ihrer Überzeugung angemessen ist und das Wohlbefinden der Fischer dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Waschvorrichtungen 63. Unter Berücksichtigung der Verwendung des Fahrzeugs sind Vorrichtungen zum Waschen und Trocknen von Kleidung entsprechend den Erfordernissen vorzusehen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

64. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr sind Vorrichtungen zum Waschen, Trocknen und Bügeln von Kleidung vorzusehen.

65. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 45 Metern oder mehr ist für das Waschen, Trocknen und Bügeln von Kleidung ein von den Schlafräumen, Messen und Toiletten getrennter Raum mit angemessener Lüftung und Heizung und mit Leinen oder anderen Mitteln zum Trocknen von Kleidung vorzusehen.

Einrichtungen für kranke und verletzte Fischer 66. Wann immer erforderlich, ist einem erkrankten oder verletzten
Fischer eine Kabine zur Verfügung zu stellen.

67. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 45 Metern oder mehr ist ein getrennter Krankenraum vorzusehen. Der Raum muss angemessen ausgestattet sein und in einem hygienischen Zustand gehalten werden.

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Sonstige Einrichtungen 68. Für das Aufhängen von Schlechtwetterausrüstung und sonstiger persönlicher Schutzausrüstung ist ein Raum ausserhalb der Schlafräume, aber in bequemer Nähe vorzusehen.

Bettzeug, Messeausstattung und andere Gegenstände 69. Allen Fischern an Bord sind geeignete Essutensilien sowie Bettzeug und sonstige Wäsche zur Verfügung zu stellen. Die Kosten der Wäsche können als Betriebskosten rückerstattet werden, wenn der Gesamtarbeitsvertrag oder der Arbeitsvertrag für Fischer dies vorsieht.

Freizeiteinrichtungen 70. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr sind für alle Fischer an Bord geeignete Freizeiteinrichtungen und -dienste bereitzustellen. Gegebenenfalls können Messen für Freizeitaktivitäten genutzt werden.

Kommunikationseinrichtungen 71. Allen Fischern an Bord ist, soweit es möglich ist, angemessener Zugang zu Kommunikationseinrichtungen zu gewähren, und zwar zu angemessenen Kosten, die nicht höher sind als die dem Fischereifahrzeugeigner entstehenden Kosten.

Schiffsküche und Einrichtungen für das Aufbewahren von Nahrungsmitteln 72. An Bord sind Kocheinrichtungen vorzusehen. Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, sind diese Einrichtungen nach Möglichkeit in einer gesonderten Schiffsküche unterzubringen.

73. Die Schiffsküche oder der Kochbereich, falls keine gesonderte Schiffsküche vorhanden ist, muss von zweckentsprechender Grösse, gut beleuchtet und belüftet und ordnungsgemäss ausgestattet sein und unterhalten werden.

74. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr muss eine gesonderte Schiffsküche vorgesehen werden.

75. Die Behälter mit Butan- oder Propangas, das zum Kochen in einer Schiffsküche verwendet wird, sind auf offenem Deck in einem Unterstand zu lagern, der so konstruiert ist, dass sie vor äusseren Hitzequellen und äusserer Krafteinwirkung geschützt sind.

76. Es ist ein geeigneter und ausreichend grosser Raum für Vorräte vorzusehen, der trocken und kühl gehalten und gut belüftet werden kann, damit die Vorräte nicht verderben, und es sind, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, wenn möglich Kühlschränke oder andere Kühllagerungseinrichtungen zu verwenden.

77. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr sind ein Vorratsraum und ein Kühlschrank und sonstige Kühllagereinrichtungen zu verwenden.

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Nahrungsmittel und Trinkwasser 78. Nahrungsmittel und Trinkwasser müssen unter Berücksichtigung der Anzahl der Fischer und der Dauer und Art der Reise ausreichend sein. Ausserdem müssen sie nach Nährwert, Güte, Menge und Abwechslung geeignet sein, wobei die religiösen Gebräuche und kulturellen Eigenheiten der Fischer in Bezug auf das Essen zu berücksichtigen sind.

79. Die zuständige Stelle kann Mindestanforderungen an die Qualität und Quantität der Nahrungsmittel und des Wassers festlegen, die an Bord mitzuführen sind.

Sauberkeit und Bewohnbarkeit 80. Die Unterkunftsräume sind rein, bewohnbar und frei von Gütern und Vorräten zu halten, die nicht persönliches Eigentum der Bewohner der Räume sind oder ihrer Sicherheit oder Rettung dienen.

81. Die Schiffsküche und die Einrichtungen zur Aufbewahrung von Nahrungsmitteln sind in einem hygienischen Zustand zu halten.

82. Abfall ist in geschlossenen, gut versiegelten Behältern zu lagern und, wann immer erforderlich, aus den Bereichen zu entfernen, in denen Nahrungsmittel gehandhabt werden.

Überprüfungen durch den Schiffsführer oder unter der Verantwortung des Schiffsführers 83. Für Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr hat die zuständige Stelle häufige Überprüfungen vorzuschreiben, die durch den Schiffsführer oder unter seiner Verantwortung durchzuführen sind, um sicherzustellen, dass: a)

die Unterkunftsräume sauber, angemessen bewohnbar und sicher sind und sich in einem guten Allgemeinzustand befinden;

b)

die Nahrungsmittel- und Wasservorräte ausreichen;

c)

die Küche und die Räume für die Lagerung von Nahrungsmitteln und die entsprechende Ausrüstung hygienisch sind und sich in einem guten Allgemeinzustand befinden.

Die Ergebnisse solcher Überprüfungen und die Massnahmen, die zur Abstellung etwaiger Mängel getroffen werden, sind aufzuzeichnen und für Kontrollen bereitzuhalten.

Abweichungen 84. Die zuständige Stelle kann nach Beratung Abweichungen von den Bestimmungen dieses Anhangs zulassen, um ohne Diskriminierung die Interessen von Fischern mit unterschiedlichen und besonderen religiösen und sozialen Gebräuchen zu berücksichtigen, unter der Voraussetzung, dass die durch solche Abweichungen entstehenden Verhältnisse insgesamt nicht ungünstiger sind als diejenigen, die sich aus der Anwendung dieses Anhangs ergeben würden.

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Anhang 6

Empfehlung Nr. 199 betreffend die Arbeit im Fischereisektor, 2007

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 30. Mai 2007 zu ihrer sechsundneunzigsten Tagung zusammengetreten ist, verweist auf die Empfehlung (Nr. 126) betreffend die berufliche Ausbildung der Fischer, 1966, berücksichtigt die Notwendigkeit, die Empfehlung (Nr. 196) betreffend die Arbeit im Fischereisektor, 2005, abzulösen, die die Empfehlung (Nr. 7) betreffend die Arbeitszeit (Fischerei), 1920, neu fasst, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Arbeit im Fischereisektor, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über die Arbeit in der Fischerei, 2007 (im Folgenden «das Übereinkommen» genannt), und zur Ablösung der Empfehlung (Nr. 196) betreffend die Arbeit im Fischereisektor, 2005, erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 14. Juni 2007, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Arbeit in der Fischerei, 2007, bezeichnet wird.

Teil I Voraussetzungen für die Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen Schutz von Jugendlichen 1. Die Mitglieder sollten die Erfordernisse festlegen für die vor Aufnahme der Tätigkeit auf See durchzuführende Ausbildung von Personen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren, die an Bord von Fischereifahrzeugen arbeiten, wobei die internationalen Urkunden über die Ausbildung für die Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen berücksichtigt werden sollten, einschliesslich Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes wie Nachtarbeit, gefährliche Aufgaben, Arbeit mit gefährlichen Maschinen, manuelle Handhabung und Beförderung von schweren Lasten, Arbeit in hohen Breiten, Arbeit während übermässig langer Zeiträume und anderer einschlägiger Fragen, die nach einer Bewertung der betreffenden Risiken ermittelt werden.

2. Die Ausbildung von Personen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren könnte durch die Teilnahme an einer Lehrlingsausbildung oder an einem zugelassenen Ausbildungsprogramm vermittelt werden, die nach feststehenden Regeln durchgeführt und von der zuständigen Stelle überwacht werden und die allgemeine Schulbildung der Person nicht beeinträchtigen sollten.

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Empfehlung Nr. 199 betreffend die Arbeit im Fischereisektor, 2007

3. Die Mitglieder sollten Massnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die Ausrüstung für die Sicherheit, Lebensrettung und das Überleben an Bord von Fischereifahrzeugen, die Personen unter 18 Jahren an Bord haben, für die Grösse dieser Personen geeignet sind.

4. Die Arbeitszeit von Fischern unter 18 Jahren sollte acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich nicht überschreiten, und sie sollten keine Überstunden leisten, ausser wenn dies aus Sicherheitsgründen unvermeidbar ist.

5. Fischern unter 18 Jahren sollte für die Einnahme aller Mahlzeiten genügend Zeit eingeräumt werden und für die Hauptmahlzeit des Tages eine Pause von mindestens einer Stunde.

Ärztliche Untersuchung 6. Bei der Festsetzung der Art der Untersuchung sollten die Mitglieder das Alter der zu untersuchenden Person und die Art der zu leistenden Arbeit gebührend berücksichtigen.

7. Das ärztliche Zeugnis sollte von einer von der zuständigen Stelle anerkannten ärztlichen Fachkraft unterzeichnet werden.

8. Personen, die nach der Untersuchung als untauglich für die Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen oder an Bord von bestimmten Arten von Fischereifahrzeugen oder für bestimmte Arten von Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen eingestuft worden sind, sollte durch entsprechende Massnahmen die Möglichkeit gegeben werden, eine neue Untersuchung durch einen oder mehrere ärztliche Obergutachter zu beantragen, die in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu einem Fischereifahrzeugeigner oder zu einem Berufsverband der Fischereifahrzeugeigner oder der Fischer stehen sollten.

9. Die zuständige Stelle sollte die internationalen Richtlinien über die ärztliche Untersuchung und die Zertifizierung von Personen berücksichtigen, die auf See arbeiten, wie die IAO/WHO-Richtlinien für die Durchführung von Tauglichkeitsuntersuchungen für Seeleute vor Aufnahme der Beschäftigung auf See und in regelmässigen Zeitabständen.

10. Für Fischer, die von der Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens über die ärztliche Untersuchung ausgenommen sind, sollte die zuständige Stelle ausreichende Massnahmen treffen, um für eine Überwachung der Gesundheit für die Zwecke der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu sorgen.

Befähigung und Ausbildung 11. Die Mitglieder sollten: a)

bei der Festlegung der für Schiffsführer, Steuerleute, Maschinisten und andere Personen, die an Bord von Fischereifahrzeugen arbeiten, erforderlichen Befähigungen den allgemein anerkannten internationalen Normen für die Ausbildung und Befähigungen der Fischer Rechnung tragen;

b)

hinsichtlich der Berufsausbildung der Fischer die folgenden Fragen behandeln: innerstaatliche Organisation und Verwaltung, einschliesslich Koordinierung; Finanzierung und Ausbildungsnormen; Ausbildungsprogramme,

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einschliesslich der vorberuflichen Ausbildung und auch Kurzlehrgängen für berufstätige Fischer; Ausbildungsmethoden; und internationale Zusammenarbeit; c)

sicherstellen, dass es beim Zugang zur Ausbildung nicht zu Diskriminierung kommt.

Teil II Dienstbedingungen Dienstnachweis 12. Am Ende jedes Vertrags sollte dem betreffenden Fischer eine Dienstbescheinigung über diesen Vertrag ausgestellt oder eine entsprechende Eintragung im Arbeitsbuch des Fischers vorgenommen werden.

Besondere Massnahmen 13. Für Fischer, die vom Geltungsbereich des Übereinkommens ausgenommen sind, sollte die zuständige Stelle Massnahmen treffen, um ihnen einen ausreichenden Schutz in Bezug auf ihre Arbeitsbedingungen und Mittel für die Beilegung von Streitigkeiten zu gewähren.

Bezahlung der Fischer 14. Fischer sollten unter vorgeschriebenen Bedingungen ein Anrecht auf einen Vorschuss auf ihr Einkommen haben.

15. Auf Fahrzeugen, deren Länge 24 Meter oder mehr beträgt, sollten alle Fischer Anspruch auf eine Mindestbezahlung in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder innerstaatlichen Gesamtarbeitsverträgen haben.

Teil III Unterkunft 16. Bei der Festlegung von Anforderungen oder Richtlinien sollte die zuständige Stelle die einschlägigen internationalen Richtlinien über Unterkünfte, Verpflegung sowie Gesundheit und Hygiene für Personen berücksichtigen, die an Bord von Fahrzeugen arbeiten oder leben, einschliesslich der neuesten Ausgaben des FAO/IAO/IMO-Sicherheitscodes für Fischer und Fischereifahrzeuge und der Freiwilligen Leitlinien der FAO/ IAO/IMO für den Entwurf, den Bau und die Ausrüstung von kleinen Fischereifahrzeugen.

17. Die zuständige Stelle sollte in Zusammenarbeit mit den einschlägigen Organisationen und Stellen Aufklärungsmaterial und Bordinformationen und Leitlinien über sichere und gesunde Unterkunft und Verpflegung an Bord von Fischereifahrzeugen entwickeln und verbreiten.

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18. Die von der zuständigen Stelle vorgeschriebenen Überprüfungen der Unterkunftsräume der Besatzung sollten zusammen mit erstmaligen oder regelmässigen Besichtigungen oder Überprüfungen für andere Zwecke durchgeführt werden.

Entwurf und Bau 19. Eine ausreichende Isolierung sollte vorgesehen werden für offene Decks über den Unterkunftsräumen der Besatzung, die Aussenwände von Schlafräumen und Messräumen, Maschinenkästen und Wände von Küchen und anderen Räumen mit Wärmeabstrahlung, und erforderlichenfalls, um Kondensation oder Überhitzung in Schlafräumen, Messen, Erholungsräumen und Gängen zu vermeiden.

20. Es sollten Massnahmen zum Schutz gegen Hitzeausstrahlung von Dampf- oder Heisswasserrohren vorgesehen werden. Hauptdampf- und Abdampfrohre sollten weder durch Unterkunftsräume der Besatzung noch durch die zu Unterkunftsräumen der Besatzung führenden Gänge verlaufen. Wo sich dies nicht vermeiden lässt, sollten die Rohre angemessen isoliert und verkleidet sein.

21. Die in Unterkunftsräumen verwendeten Werkstoffe und Einrichtungen sollten feuchtigkeitsfest, leicht zu reinigen und so beschaffen sein, dass sich Ungeziefer nicht leicht einnisten kann.

Lärm und Vibrationen 22. Die von der zuständigen Stelle festgelegten Lärmpegel für Arbeits- und Wohnbereiche sollten den Leitlinien der Internationalen Arbeitsorganisation für die Exposition gegenüber Umgebungsfaktoren in der Arbeitsstätte und gegebenenfalls den von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation empfohlenen spezifischen Schutzmassnahmen zusammen mit allen späteren Änderungs- und Ergänzungsinstrumenten für akzeptable Lärmpegel an Bord von Schiffen entsprechen.

23. Die zuständige Stelle sollte gemeinsam mit den zuständigen internationalen Gremien und mit Vertretern von Verbänden der Fischereifahrzeugeigner und Fischer und gegebenenfalls unter Berücksichtigung einschlägiger internationaler Normen das Problem der Vibrationen an Bord von Fischereifahrzeugen ständig überprüfen, um den Schutz der Fischer, soweit möglich, vor den nachteiligen Auswirkungen der Vibrationen zu verbessern.

(1) Eine solche Überprüfung sollte sich mit den Auswirkungen der Exposition gegenüber exzessiven Vibrationen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Fischer und den Massnahmen befassen, die vorzuschreiben oder zu empfehlen sind, um zum Schutz der Fischer
Vibrationen auf Fischereifahrzeugen zu verringern.

(2) Die zur Verringerung von Vibrationen oder ihrer Auswirkungen zu erwägenden Massnahmen sollten Folgendes umfassen: a)

Unterweisung der Fischer in den gesundheitlichen Gefahren einer längeren Exposition gegenüber Vibrationen;

b)

Bereitstellung vorschriftsmässiger persönlicher Schutzausrüstung, wo dies erforderlich ist;

c)

eine Risikobeurteilung und eine Verringerung der Exposition in Schlafräumen, Messen, der Erholung dienenden Unterkünften und Verpflegungsein-

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richtungen und anderen Fischerunterkünften, indem im Einklang mit den Vorgaben der IAO-Sammlung praktischer Richtlinien über Umweltfaktoren am Arbeitsplatz und folgenden Neufassungen unter Berücksichtigung der Unterschiede einer Exposition am Arbeitsplatz und im Wohnraum Massnahmen ergriffen werden.

Heizung 24. Die Heizanlage sollte imstande sein, die Temperatur in den Unterkunftsräumen der Besatzung unter den gewöhnlich herrschenden Wetter- und Klimabedingungen, denen das Fahrzeug auf der Fahrt wahrscheinlich ausgesetzt ist, auf einem befriedigenden Stand zu halten, wie von der zuständigen Stelle festgelegt, und sollte so ausgelegt sein, dass die Sicherheit und Gesundheit der Fischer sowie die Sicherheit des Fahrzeugs nicht gefährdet werden.

Beleuchtung 25. Die Beleuchtungssysteme dürfen die Sicherheit und Gesundheit der Fischer sowie die Sicherheit des Schiffs nicht gefährden.

Schlafräume 26. Jede Koje sollte mit einer komfortablen Matratze mit gepolsterter Unterseite oder einer kombinierten Matratze, einschliesslich eines Sprungfederbodens, oder einer Sprungfedermatratze ausgestattet sein. Kojen sollten nicht so nebeneinander aufgestellt sein, dass eine Koje überstiegen werden muss, um zur Nachbarkoje zu gelangen. Die untere von zwei übereinander liegenden Kojen sollte mindestens 0,3 m über dem Boden angebracht werden, und die obere Koje sollte mit einem staubdichten Boden versehen und annähernd in der Mitte zwischen dem Boden der unteren Koje und der Unterseite der Deckbalken angebracht werden. Übereinander sollten nicht mehr als zwei Kojen aufgestellt sein. Wo sich über einer Koje eine Luke befindet, sollten Kojen der Schiffswand entlang nicht übereinander aufgestellt sein.

27. Die Schlafräume sollten mit Vorhängen für die Luken sowie mit einem Spiegel, kleinen Spinden für Toilettenbedarf, einem Bücherbrett und einer ausreichenden Zahl von Kleiderhaken ausgestattet werden.

28. Soweit möglich, sollten die Besatzungsmitglieder so auf die Schlafräume aufgeteilt werden, dass die Wachen getrennt werden und dass eine im Tagesdienst tätige Person nicht einen Schlafraum mit einem Wache gehenden Besatzungsmitglied teilt.

29. Auf Fahrzeugen mit einer Länge von 24 Metern oder mehr sind separate Schlafräume für Männer und für Frauen vorzusehen.

Sanitäre Einrichtungen 30. Die sanitären Einrichtungen sollten: a)

Böden aus einem zugelassenen dauerhaften Material haben, die leicht zu reinigen, feuchtigkeitsfest und mit einem angemessenen Abfluss versehen sind;

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b)

mit Wänden aus Stahl oder einem anderen zugelassenen Werkstoff versehen sein, die bis zur Höhe von mindestens 0,23 m über dem Deckboden wasserdicht sein sollten;

c)

ausreichend beleuchtet, geheizt und belüftet sein;

d)

mit ausreichend dimensionierten Abfluss- und Auslassrohren versehen sein, die so ausgeführt sind, dass die Verstopfungsgefahr möglichst gering ist und sie leicht gereinigt werden können; diese Rohre sollten nicht durch Süsswasser- oder Trinkwasserbehälter und möglichst nicht entlang der Decke von Mess- oder Schlafräumen verlaufen.

31. Die Toiletten sollten einem zugelassenen Typ entsprechen und mit einer starken und jederzeit verwendungsbereiten Einzelwasserspülung versehen werden. Sie sollten in bequemer Nähe von Schlaf- oder Waschräumen, aber getrennt von ihnen angebracht werden. Sind mehrere Toiletten im gleichen Raum untergebracht, sollten sie zum Schutz der Privatsphäre durch Wände ausreichend abgeschirmt sein.

32. Für Männer und Frauen sind separate sanitäre Einrichtungen vorzusehen.

Freizeiteinrichtungen 33. Falls Freizeiteinrichtungen vorgeschrieben sind, sollte die Ausstattung mindestens einen Bücherschrank und Möglichkeiten zum Lesen und Schreiben und, soweit möglich, für Spiele umfassen. Die Freizeiteinrichtungen und -dienste sollten häufig überprüft werden um sicherzustellen, dass sie unter Berücksichtigung technischer, betrieblicher und sonstiger Entwicklungen den sich wandelnden Bedürfnissen der Fischer entsprechen. Es sollte auch erwogen werden, wo es möglich ist, Folgendes kostenlos für Fischer bereitzustellen: a)

einen Raucherraum;

b)

Empfang von Fernseh- und Rundfunkprogrammen;

c)

Vorführung von Filmen, deren Bestand für die Dauer der Reise ausreichend sein und, falls erforderlich, in angemessenen Zeitabständen ausgetauscht werden sollte;

d)

Sportgeräte, einschliesslich Fitnessgeräten, Tisch- und Deckspielen;

e)

eine Bibliothek mit berufsbildenden und anderen Büchern, deren Bestand für die Dauer der Reise ausreichend sein und in angemessenen Abständen ausgetauscht werden sollte;

f)

Einrichtungen für handwerkliche Tätigkeiten zur Entspannung;

g)

elektronische Geräte wie Radio, Fernseher, Videorekorder, DVD-CD-Spieler, PC und Software, Kassettenrekorder und -spieler.

Verpflegung 34. Fischer, die als Köche beschäftigt werden, sollten für ihre Tätigkeit an Bord ausgebildet und qualifiziert sein.

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Teil IV Medizinische Betreuung, Gesundheitsschutz und Soziale Sicherheit Medizinische Betreuung an Bord 35. Die zuständige Stelle sollte ein Verzeichnis des medizinischen Bedarfs und der medizinischen Ausrüstung aufstellen, die entsprechend den betreffenden Risiken von Fischereifahrzeugen mitzuführen sind; ein solches Verzeichnis sollte Hygieneartikel für Frauen und diskrete, umweltfreundliche Entsorgungsmittel umfassen.

36. An Bord von Fischereifahrzeugen mit 100 oder mehr Fischern sollte sich ein ausgebildeter Arzt befinden.

37. Fischer sollten eine Ausbildung in grundlegender Erster Hilfe gemäss der innerstaatlichen Gesetzgebung erhalten, wobei die geltenden internationalen Instrumente berücksichtigt werden sollten.

38. Ein einheitliches ärztliches Berichtsformular sollte so gestaltet sein, dass der vertrauliche Austausch von medizinischen und verwandten Angaben über einzelne Fischer zwischen Fischereifahrzeug und Land bei Erkrankungen oder Unfällen erleichtert wird.

39. Für Fahrzeuge mit einer Länge von 24 Metern oder mehr sollte neben den Bestimmungen des Artikels 32 des Übereinkommens Folgendes zusätzlich berücksichtigt werden: a)

bei der Festlegung der medizinischen Ausrüstung und des medizinischen Bedarfs, die mitzuführen sind, sollte die zuständige Stelle die einschlägigen internationalen Empfehlungen wie diejenigen berücksichtigen, die in der neuesten Ausgabe des Internationalen ärztlichen Leitfadens für Schiffe der IAO/IMO/WHO und in der WHO-Liste der unentbehrlichen Medikamente enthalten sind, sowie die Fortschritte in den medizinischen Kenntnissen und in den anerkannten Behandlungsmethoden;

b)

Überprüfungen der medizinischen Ausrüstung und des medizinischen Bedarfs sollten in Zeitabständen von höchstens zwölf Monaten stattfinden.

Der Inspektor sollte sicherstellen, dass die Verfalldaten und die Aufbewahrungsbedingungen aller Arzneimittel kontrolliert werden, der Inhalt der Schiffsapotheke in einem Verzeichnis erfasst wird und dem auf innerstaatlicher Ebene verwendeten ärztlichen Leitfaden entspricht, und der medizinische Bedarf mit Etiketten versehen wird, auf denen zusätzlich zu den Markennamen die Gattungsbezeichnungen, die Verfalldaten und die Aufbewahrungsbedingungen anzugeben sind;

c)

der ärztliche Leitfaden sollte die Verwendung der medizinischen Ausrüstung und des medizinischen Bedarfs erläutern und so gestaltet sein, dass auch Personen, die keine Ärzte sind, in die Lage versetzt werden, Kranke oder Verletzte an Bord mit oder ohne funk- oder satellitenfunkärztliche Beratung zu betreuen. Bei der Ausarbeitung des Leitfadens sollten die einschlägigen internationalen Empfehlungen berücksichtigt werden, einschliesslich derjenigen, die in der neuesten Ausgabe des Internationalen ärztlichen Leitfadens

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für Schiffe der IAO/IMO/WHO und den IMO-Richtlinien für medizinische erste Hilfe bei Unfällen durch gefährliche Güter enthalten sind; d)

die funk- oder satellitenfunkärztliche Beratung sollte allen Fahrzeugen ungeachtet der Flagge, die sie führen, unentgeltlich zur Verfügung stehen.

Arbeitsschutz Forschung, Informationsverbreitung und Konsultationen 40. Um zu einer anhaltenden Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit der Fischer beizutragen, sollten die Mitglieder über Politiken und Programme für die Verhütung von Unfällen an Bord von Fischereifahrzeugen verfügen, die das Sammeln und Verbreiten von Materialien und Informationen über Forschung und Analysen über die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz vorsehen sollten, wobei die diesbezüglichen technologischen Fortschritte und Kenntnisse sowie die einschlägigen internationalen Instrumente zu berücksichtigen sind.

41. Die zuständige Stelle sollte Massnahmen für regelmässige Konsultationen über Sicherheits- und Gesundheitsfragen treffen um sicherzustellen, dass alle Beteiligten in angemessener Weise über nationale, internationale oder sonstige einschlägige Entwicklungen und deren mögliche Anwendung auf Fischereifahrzeuge, die die Flagge des Mitglieds führen, auf dem Laufenden gehalten werden.

42. Um zu gewährleisten, dass die Fischereifahrzeugeigner, Schiffsführer und Fischer und andere in Frage kommende Personen ausreichende und geeignete Anleitungen, Ausbildungsmaterialien oder sonstige zweckdienliche Informationen erhalten, sollte die zuständige Stelle die einschlägigen internationalen Normen, Richtliniensammlungen, Anleitungen und sonstigen Informationen berücksichtigen und sich über die internationalen Forschungsarbeiten und Anleitungen im Bereich der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes im Fischereisektor auf dem Laufenden halten und diese verwenden, einschliesslich der einschlägigen Forschungsarbeiten im Bereich der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes im Allgemeinen, die auf die Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen anwendbar sein können.

43. Informationen über besondere Gefahren sollten allen Fischern und anderen Personen an Bord durch amtliche Bekanntmachungen oder andere geeignete Mittel zur Kenntnis gebracht werden, die Weisungen oder Anleitungen enthalten.

44. Es sollten gemeinsame Arbeitsschutzausschüsse eingerichtet werden: a)

an Land; oder

b)

auf Fischereifahrzeugen, falls die zuständige Stelle sich nach Beratung vergewissert hat, dass dies in Anbetracht der Zahl der Fischer an Bord des Fahrzeugs möglich ist.

Arbeitsschutzmanagementsysteme 45. Bei der Festlegung von Methoden und Programmen für die Sicherheit und Gesundheit im Fischereisektor sollte die zuständige Stelle alle einschlägigen internationalen Vorgaben für Arbeitsschutzmanagementsysteme berücksichtigen, einschliesslich der Leitlinien für Arbeitsschutzmanagementsysteme, ILO-OSH 2001.

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Empfehlung Nr. 199 betreffend die Arbeit im Fischereisektor, 2007

Risikobeurteilung 46. (1) Im Zusammenhang mit der Fischerei sollten gegebenenfalls unter Beteiligung der Fischer oder ihrer Vertreter Risikobeurteilungen durchgeführt werden und Folgendes umfassen: a)

Risikobewertung und -management;

b)

Ausbildung, unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen von Kapitel III des von der IMO angenommenen Internationalen Übereinkommens über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Personal auf Fischereifahrzeugen, 1995 (STCW-F-Übereinkommen);

c)

Unterweisung der Fischer an Bord.

(2) Zur Durchführung von Unterabsatz 1 Buchstabe a) sollten die Mitglieder nach Beratung Rechtsvorschriften oder sonstige Massnahmen annehmen, die Folgendes vorschreiben: a)

die regelmässige und aktive Beteiligung aller Fischer an der Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit, indem sie fortlaufend Gefahren ermitteln, Risiken bewerten und durch das Sicherheitsmanagement Massnahmen gegen die Risiken ergreifen;

b)

ein Arbeitsschutzmanagementsystem, das eine Arbeitsschutzpolitik, Bestimmungen für die Beteiligung der Fischer und Bestimmungen für die Organisation, Planung, Verwirklichung und Evaluierung des Systems sowie Massnahmen zur Verbesserung des Systems umfassen kann;

c)

ein System für den Zweck, die Durchführung einer Arbeitsschutzpolitik und eines Arbeitsschutzprogramms zu unterstützen und den Fischern ein Forum für die Einflussnahme auf Sicherheits- und Gesundheitsfragen zu bieten.

Präventionsverfahren an Bord sollten so konzipiert sein, dass sie die Fischer an der Bestimmung von Gefahren und potentiellen Gefahren und an der Umsetzung von Massnahmen zur Verringerung oder Beseitigung solcher Gefahren beteiligen.

(3) Bei der Ausarbeitung der in Unterabsatz 1 Buchstabe a) genannten Bestimmungen sollten die Mitglieder die einschlägigen internationalen Instrumente über Risikobewertung und -management berücksichtigen.

Technische Anforderungen 47. Die Mitglieder sollten Folgendes prüfen, soweit dies praktisch möglich ist und den Bedingungen im Fischereisektor entspricht: a)

Seetüchtigkeit und Stabilität von Fischereifahrzeugen;

b)

Funkverbindungen;

c)

Temperatur, Belüftung und Beleuchtung von Arbeitsbereichen;

d)

Rutschhemmung von Deckoberflächen;

e)

Maschinensicherheit, einschliesslich Maschinenschutz;

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Empfehlung Nr. 199 betreffend die Arbeit im Fischereisektor, 2007

f)

Vertrautmachung von Fischern oder Fischereibeobachtern, die neu auf dem Fahrzeug sind, mit dem Fahrzeug;

g)

persönliche Schutzausrüstung;

h)

Brandbekämpfung und Lebensrettung;

i)

Be- und Entladen des Fahrzeugs;

j)

Hebezeug;

k)

Verankerungs- und Festmachevorrichtungen;

l)

Sicherheit und Gesundheit in Aufenthaltsräumen;

m) Lärm und Vibrationen in Arbeitsbereichen; n)

Ergonomie, auch in Bezug auf die Gestaltung der Arbeitsplätze und das manuelle Heben und Handhaben;

o)

Ausrüstung und Verfahren für den Fang, die Handhabung, die Lagerung und die Verarbeitung von Fisch und anderen Meeresressourcen;

p)

Entwurf, Bau und bauliche Veränderung von Fahrzeugen, die für den Arbeitsschutz von Belang sind;

q)

Navigation und Fahrzeugführung;

r)

an Bord des Fahrzeugs verwendete gefährliche Materialien;

s)

sichere Mittel für das Betreten und Verlassen von Fischereifahrzeugen im Hafen;

t)

spezielle Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen für Jugendliche;

u)

Verhütung von Übermüdung;

v)

sonstige Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit und Gesundheit.

48. Bei der Entwicklung von Rechtsvorschriften oder sonstigen Massnahmen betreffend technische Normen für die Sicherheit und Gesundheit an Bord von Fischereifahrzeugen sollte die zuständige Stelle die neueste Ausgabe des FAO/IAO/IMO-Sicherheitscodes für Fischer und Fischereifahrzeuge, Teil A, berücksichtigen.

Aufstellung einer Liste der Berufskrankheiten 49. Die Mitglieder sollten ein Verzeichnis der Krankheiten aufstellen, die nachweislich auf die Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen oder Bedingungen im Fischereisektor zurückzuführen sind.

Soziale Sicherheit 50. Um den Schutz durch die Soziale Sicherheit schrittweise auf alle Fischer auszudehnen, sollten die Mitglieder auf dem neuesten Stand befindliche Informationen über Folgendes führen:

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a)

den Prozentsatz der erfassten Fischer;

b)

die Bandbreite der gedeckten Fälle;

c)

die Höhe der Leistungen.

51. Jeder gemäss Artikel 34 des Übereinkommens geschützten Person sollte das Recht eingeräumt werden, ein Rechtsmittel einzulegen, falls die Leistung abgelehnt oder ihre Art oder ihr Ausmass in nachteiliger Weise festgesetzt wird.

52. Die in den Artikeln 38 und 39 des Übereinkommens erwähnten Leistungen sollten während der gesamten Dauer des gedeckten Falls gewährt werden.

Teil V Sonstige Bestimmungen 53. Die zuständige Stelle sollte eine Politik für ermächtigte Bedienstete entwickeln, um die in Artikel 43 Absatz 2 des Übereinkommens genannten Massnahmen durchzuführen.

54. Die Mitglieder sollten bei der Annahme international vereinbarter Leitlinien zu der in Absatz 53 der Empfehlung genannten Politik so weit wie möglich zusammenarbeiten.

55. Ein Mitglied kann in seiner Eigenschaft als Küstenstaat bei der Gewährung von Lizenzen für das Fischen in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone verlangen, dass die Fischereifahrzeuge den Normen des Übereinkommens entsprechen. Wenn solche Lizenzen von Küstenstaaten ausgegeben werden, haben diese Küstenstaaten Bescheinigungen oder andere gültige Dokumente zu berücksichtigen, in denen erklärt wird, dass das betreffende Fahrzeug von der zuständigen Stelle oder in ihrem Auftrag inspiziert worden ist und die Einhaltung der Bestimmungen des Übereinkommens nachweislich erfüllt.

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