zu 07.463 Parlamentarische Initiative Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates bei der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat Bericht vom 19. Oktober 2007 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 21. Dezember 2007

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 19. Oktober 2007 über die Änderung des Parlamentsgesetzes (ParlG) und des Geschäftsreglements des Nationalrates nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des ParlG nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. Dezember 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2007-2989

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Gemäss Artikel 145 Absatz 1 ParlG (SR 171.10) vertritt die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident den Geschäftsbericht des Bundesrates in den Räten. Gemäss Bericht der GPK-N vom 19. Oktober 2007 über die Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates bei der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat, hat die Erfahrung von fast zwei Legislaturperioden gezeigt, dass der Nationalrat mit dieser Regelung seine Oberaufsicht über die Geschäfte des Bundesrates nicht in einem zufriedenstellenden Masse ausüben kann. Die Nationalratsdebatte über den Geschäftsbericht bleibe an der Oberfläche und folge einem festen Zeremoniell.

Präzisere Fragen zu Entwicklungen in den einzelnen Departementen könne das präsidierende Bundesratsmitglied, das den Geschäftsbericht über das Amtsjahr seines Vorgängers vertritt, nicht beantworten. Zudem würden die einzelnen Regierungsmitglieder für die Führung ihrer Departemente vor den Räten nicht zur Verantwortung gezogen.

Im Februar 2006 fragten die Geschäftsprüfungskommissionen den Bundesrat an, ob er trotz anderslautender gesetzlicher Regelung bereit wäre, in corpore an der Debatte des Geschäftsberichtes in den Räten teilzunehmen. In seiner Antwort vom 1. März 2006 verwies der Bundesrat darauf, dass er sich per Gesetz in den Räten durch das präsidierende Bundesratsmitglied vertreten lassen könne und dieses Recht auch weiterhin in Anspruch zu nehmen gedenke.

Auf Grund der ablehnenden Antwort des Bundesrates entschied die GPK-N am 25. August 2006 mit 17 zu 1 Stimmen (1 Enthaltung) eine Kommissionsinitiative zu ergreifen, die nicht die Anwesenheit des Bundesrates in corpore verlangt, sondern des jeweiligen Mitglieds, dessen Departementsgeschäfte gerade anhand des Geschäftsberichtes beraten werden.

Am 29. Juni 2007 gab die GPK-S ihrer Schwesterkommission die Zustimmung zur Ausarbeitung einer Kommissionsinitiative mit folgender Stossrichtung: Das ParlG soll dahingehend geändert werden, dass das Anliegen der GPK-N umgesetzt werden kann, während der Ständerat beim bestehenden System bleibt.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat bekräftigt seine Haltung, die er bereits in seiner Antwort vom 1. März 2006 auf die Anfrage der Geschäftsprüfungskommissionen vom Februar 2006 gegeben hat.

Die ausführlichen Aussprachen, die seit dem Jahr 2000 in den Kommissionen mit den Mitgliedern des Bundesrates geführt werden, bieten genügend Gelegenheit, die Geschäftsführung im Detail zu prüfen und politisch zu würdigen. Für den Bundesrat ist die kritische Offenheit im vertraulichen Rahmen der Kommissionssitzungen sehr wertvoll. Die GPK erhalten dadurch interne Informationen, was die Wirksamkeit der Oberaufsicht stärkt.

Die Debatte in den Räten sollte sich hingegen ­ wie bis anhin ­ auf eine Beurteilung der Gesamtbilanz der Geschäftsführung des Bundesrates beschränken. Dabei bleibt 1106

auch künftig die Möglichkeit offen, festgestellte Probleme, die von einer gewissen politischen Bedeutung für die Oberaufsicht sind, in den Räten zu thematisieren und so die nötige Öffentlichkeit zu schaffen, sofern dies die Kommissionen als zweckmässig und erforderlich erachten. Deshalb möchte sich der Bundesrat wie bis anhin durch den Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin vertreten lassen. Aufgeworfene Fragen in den Räten, die der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin nicht beantworten kann, beantwortet der Bundesrat auf dem schriftlichen Weg.

Im Weiteren verweist der Bundesrat auf die Debatte zu Staatsrechnung und Voranschlag, in welcher der Finanzminister und nicht die einzelnen Departementsvorstehenden jeweils die Budgets aller Departemente vertritt ­ ein Verfahren, das der Bundesrat als zweckmässig erachtet.

Die Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates bei der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat könnte die Debatte deutlich ausweiten und von der eigentlichen Aufgabe wegführen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass dieses Verfahren eine Doppelspurigkeit zur Aussprache in den Kommissionen wäre. Es könnte zudem schwierig sein, einen Tag während einer laufenden Session für den Geschäftsbericht zu reservieren und damit möglicherweise andere Geschäfte zu blockieren.

Der Bundesrat möchte daher das geltende Recht beibehalten und sich weiterhin durch den Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin vertreten lassen.

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Antrag des Bundesrates

Aus Sicht des Bundesrates hat sich die bisherige Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat bewährt. Der Bundesrat lehnt deshalb die angestrebte Änderung des Parlamentsgesetzes und des Geschäftsreglements des Nationalrates ab.

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