08.050 Botschaft über die Gewährung eines A-fonds-perdu-Beitrags an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) zur Finanzierung der Renovation des Sitzgebäudes der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf vom 30. Mai 2008

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit der vorliegenden Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Gewährung eines A-fonds-perdu-Beitrages von 45 Millionen Franken an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) zur Finanzierung der Renovation des Sitzgebäudes der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf (einschliesslich des Umbaus und der Kapazitätserhöhung des Konferenzsaals «Salle William Rappard»), mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. Mai 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2008-0408

5033

Übersicht Den eidgenössischen Räten wird beantragt, in der Form eines Verpflichtungskredits einen A-fonds-perdu-Beitrag von 45 Millionen Franken an die FIPOI für die Renovation des WTO-Sitzgebäudes in Genf zu gewähren.

Die Schweiz verfügt über eine langjährige Tradition als Sitzstaat internationaler Organisationen und als Durchführungsort von Konferenzen und multilateralen Treffen. Diese Rolle als Gaststaat verschafft unserem Land eine wertvolle und einzigartige Plattform, um seine aussenpolitischen Ziele zu verfolgen und seine Interessen zu verteidigen. Der Gaststaatpolitik und ganz besonders dem internationalen Genf kommt deshalb in der schweizerischen Aussenpolitik grosse Bedeutung zu.

Ein wesentliches Element dieser Gaststaatpolitik bilden die Leistungen, welche der Bund über die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) gewähren kann. So erlaubt das neue Gaststaatgesetz dem Bund unter anderem, zwischenstaatlichen Organisationen mit Sitz in der Schweiz entweder direkt oder über die FIPOI finanzielle Beiträge sowie Darlehen für Bauprojekte zu gewähren.

Es handelt sich dabei um eine besondere Art der Standortförderung der Schweiz, mit welcher die Verankerung von anerkannten, vorwiegend in Genf etablierten internationalen Organisationen gestärkt wird.

Mit der vorliegenden Botschaft ersucht der Bundesrat die eidgenössischen Räte um die Gewährung eines Verpflichtungskredits, welcher für einen finanziellen Beitrag des Bundes an die FIPOI im Rahmen der schweizerischen Gaststaatpolitik bestimmt ist. Der Beitrag dient der Finanzierung der Renovation des Centre William Rappard (CWR), des Sitzgebäudes der Welthandelsorganisation (WTO) (einschliesslich der Kapazitätserweiterung der «Salle William Rappard» (SWR), des WTO-Konferenzsaals in unmittelbarer Nähe des CWR). Die Renovation bildet die erste Phase zur Realisierung des sogenannten «site unique» der WTO, um der WTO die Zusammenführung ihrer Aktivitäten unter einem Dach zu erlauben und das mittel- und langfristige Wachstum ihres Personalbestandes zu bewältigen. Die zweite Phase besteht in einer Verdichtung und Vergrösserung im Innern des bestehenden Gebäudekomplexes, ohne aber dessen Grundfläche zu erhöhen oder die Aussenfassade zu verändern. In der dritten Phase wird das CWR über einen Annexneubau erweitert. Für die zweite
und die dritte Phase wird zu gegebener Zeit je eine separate Botschaft vorgelegt werden.

Die WTO ist eine der bedeutendsten zwischenstaatlichen Organisationen mit Sitz in der Schweiz. Die FIPOI soll das Renovationsprojekt begleiten und die Bauherrschaft bei der Umsetzung des Projekts beraten.

Die Gewährung des für den A-fonds-perdu-Beitrag bestimmten Verpflichtungskredits bringt für die Eidgenossenschaft finanzielle Lasten von 45 Millionen Franken mit sich.

5034

Abkürzungsverzeichnis AITIC BIZ BKP CDH CERN CICG CIM CWR EFTA EKG FIPOI GATT GATS GEC GSG IAO IBE/UNESCO IEC IKRK INGO IOM ITU LDCs MWSt NGO OCSTAT OTIF ÖRK SIA SWR TRIPS UICN UNAIDS UNHCHR UNHCR UNOG

Agentur für Internationale Handelsinformation und -kooperation Bank für internationalen Zahlungsausgleich Baukostenplan UN-Menschenrechtsrat Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung Internationales Konferenzzentrum von Genf Zwischenstaatliches Komitee für Auswanderung (1989 umgewandelt in die Internationale Organisation für Migration IOM) Centre William Rappard Europäische Freihandelsassoziation Elementkostengliederung Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen Geneva Executive Center (heute Internationales Umwelthaus IEH) Gaststaatgesetz vom 22. Juni 2007 (SR 192.12) Internationale Arbeitsorganisation Internationales Erziehungsamt Internationale Elektrotechnische Kommission Internationales Komitee vom Roten Kreuz Internationale Nichtregierungsorganisation Internationale Organisation für Migration Internationale Fernmeldeunion Least developed countries Mehrwertsteuer Nichtregierungsorganisation Kantonales Statistisches Amt Genf Zwischenstaatliche Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr Ökumenischer Rat der Kirchen Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein Salle William Rappard (Konferenzgebäude beim CWR) Vereinbarung über handelsrelevante Aspekte der geistigen Eigentumsrechte Internationale Union zur Erhaltung der Natur und der natürlichen Lebensräume HIV/AIDS-Programm der Vereinten Nationen Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Menschenrechte Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge Büro der Vereinten Nationen in Genf 5035

UPU WEF WHO WIPO WMO WTO

5036

Weltpostverein Weltwirtschaftsforum Weltgesundheitsorganisation Weltorganisation für geistiges Eigentum Weltorganisation für Meteorologie Welthandelsorganisation

Botschaft 1

Einführung

1.1

Die internationale Rolle Genfs

Die Schweiz verfügt über eine langjährige Tradition als Gaststaat internationaler Organisationen. Die ältesten dieser Organisationen wurden bereits im 19. Jahrhundert gegründet. Heute haben zahlreiche zwischenstaatliche Organisationen und andere institutionelle Begünstigte im Sinne des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 2007 (GSG)1 ihren Sitz in der Schweiz. Ihre starke Präsenz stellt ein charakteristisches Element unseres Landes dar. Sie bietet der schweizerischen Aussenpolitik eine wichtige Plattform. Der Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO) stärkte das Gastland Schweiz und im Besonderen das internationale Genf, denn die Mitgliedschaft erleichtert unserem Land die Festigung seiner Position als Sitz zahlreicher zwischenstaatlicher Organisationen sowie als Ort der Durchführung von Konferenzen und multilateralen Treffen.

Insgesamt 25 Organisationen haben mit der Schweiz ein Sitzabkommen geschlossen, und mit 6 quasizwischenstaatlichen internationalen Organisationen besteht ein Fiskalabkommen. Dazu kommt eine grosse Zahl von weiteren Organismen, Programmen und Sekretariaten internationaler Abkommen. Die Zahl der Nichtregierungsorganisationen (NGO) mit Sitz in der Schweiz beläuft sich auf rund 250, wovon rund 170 beratenden Status bei den Vereinten Nationen haben, darunter etwa der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) oder das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Genf.

Traditionell der bedeutendste Treffpunkt und Standort institutioneller Begünstigter in der Schweiz ist Genf, das zusammen mit New York eines der beiden wichtigsten Zentren für multilaterale Zusammenarbeit darstellt. In Genf haben zum Beispiel das Genfer Büro der Vereinten Nationen (UNOG), der UN-Menschenrechtsrat (CDH), mehrere UNO-Sonderorganisationen (Internationale Arbeitsorganisation IAO, Weltgesundheitsorganisation WHO, Weltorganisation für Meteorologie WMO, Weltorganisation für geistiges Eigentum WIPO, Internationale Fernmeldeunion ITU, Internationales Erziehungsamt IBE/UNESCO) sowie die Hochkommissariate für Flüchtlinge (UNHCR) und für Menschenrechte (UNHCHR) ihren Sitz. Dazu kommen eine Reihe von Organisationen ausserhalb des UNO-Systems, etwa die Welthandelsorganisation (WTO), die Europäische Organisation für Kernforschung (CERN), die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das Internationale Komitee
vom Roten Kreuz (IKRK). Weitere wichtige zwischenstaatliche Organisationen befinden sich in Bern (Weltpostverein UPU) und in Basel (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ).

1

SR 192.12

5037

Aufgrund der Bedeutung Genfs unterhalten dort 160 ausländische Staaten und die Schweiz eine ständige Mission. Jedes Jahr werden in Genf mehrere tausend internationale Tagungen und Konferenzen veranstaltet, an denen rund 170 000 Delegierte und Experten teilnehmen (inkl. Konferenzen, die von INGO organisiert werden).2 Das sogenannte «internationale Genf» ist aber nicht nur von herausragender politischer Bedeutung für die Schweiz. Es bildet gleichzeitig auch einen wichtigen Bestandteil des Wirtschaftslebens des Kantons Genf und der gesamten Eidgenossenschaft. Die Gesamtzahl des internationalen Personals einschliesslich Familienangehörige und Hausangestellte in der Schweiz umfasst rund 40 000 Personen. Zudem werden rund 14 000 Stellen im Privatsektor (insbesondere in Gastgewerbe und Hotellerie) indirekt durch die Präsenz der internationalen Organisationen geschaffen und hängen vom internationalen Genf ab. Die jährlichen Ausgaben in der Schweiz der zwischenstaatlichen Organisationen mit Sitzabkommen belaufen sich gemäss Schätzungen auf ca. 4,5 Milliarden Franken (2006), wovon über die Hälfte in Form von Löhnen oder als Entgelt für Waren und Dienstleistungen wieder in die Schweizer Wirtschaft fliesst.3 Seit über zehn Jahren ist auf dem Gebiet der Gaststaatpolitik ein lebhafter internationaler Wettbewerb zu spüren. Wie der Bundesrat in den vergangenen Jahren verschiedentlich dargelegt hat, führte das Ende des Kalten Krieges auch im Bereich der internationalen Organisationen zu einem grundlegenden Wandel. Mit dem Wegfall des Blockdenkens verstärkte sich die Konkurrenz bei der Ansiedlung von multilateralen Organisationen und bei der Vergabe internationaler Konferenzen.4 Als Antwort auf diese neuen Herausforderungen hat der Bundesrat eine Strategie entwickelt, welche in Bezug auf die Ansiedlung internationaler Organisationen den Akzent auf die Konsolidierung der Position der Schweiz setzt. Qualität wird der Quantität vorgezogen. Der Bund konzentriert seine Bemühungen auf klar definierte prioritäre Bereiche, in denen Arbeitssynergien erhalten und weiterentwickelt werden können. Bei der Aufnahme neuer Organisationen verfolgt er dadurch ein selektives Vorgehen unter Fokussierung auf die traditionellen Kernbereiche: humanitäre Fragen und Menschenrechte, Sicherheits- und Abrüstungspolitik, Wirtschaft und Arbeit,
Wissenschaft und Technologie sowie Gesundheit, Umwelt und nachhaltige Entwicklung. Diese Strategie ermöglicht es, die Stellung des Gaststaates Schweiz und insbesondere Genfs als Zentrum für internationale Konferenzen und Tagungen gezielt zu festigen und auszubauen.

2

3

4

Communiqué de presse: Résultats 2007 de l'enquête auprès des organisations internationales. Office cantonal de la statistique (OCSTAT), Genf 25. Febr. 2008.

ftp://ftp.geneve.ch/statistique/compresse/2008/geneve_cp_2008_07.pdf Vgl. dazu Anhang 3 zum Bericht 2007 des Bundesrats vom 15. Juni 2007 über das Verhältnis zur UNO und zu den internationalen Organisationen mit Sitz in der Schweiz (BBl 2007 5591).

Vgl. dazu Botschaft vom 13. Sept. 2006 zum Bundesgesetz über die von der Schweiz als Gaststaat gewährten Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen sowie finanziellen Beiträge (BBl 2006 8017).

5038

1.2

Immobilienpolitik und die FIPOI

Wie sich in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt hat, ist eine gezielte Immobilienpolitik ein ausserordentlich wichtiger Aspekt der Gaststaatpolitik. Es handelt sich dementsprechend um ein stark genutztes Instrument. Dies gilt insbesondere für Genf, wo erschwinglicher Büroraum auf dem freien Markt nur schwer zu finden ist.

Zur Unterstützung bei der Beschaffung von Lokalitäten steht den internationalen Organisationen in Genf die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) zur Seite. Die FIPOI ist eine Stiftung des schweizerischen Privatrechts, welche 1964 von Bund und Kanton Genf gegründet wurde, um die Rolle Genfs als Zentrum internationaler Begegnungen zu unterstützen.5 Die FIPOI steht unter der Kontrolle der eidgenössischen Stiftungsaufsicht sowie der eidgenössischen und kantonalen Finanzkontrolle. Bund und Kanton Genf als Gründungsmitglieder sind mit je drei Personen im Stiftungsrat vertreten und nehmen alternierend den Vorsitz wahr.

Das Mandat der Stiftung besteht darin, internationalen Organisationen ein attraktives Raumangebot zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck kann der Bund der FIPOI einmalige oder wiederkehrende finanzielle Beiträge (à fonds perdu) sowie zinsfreie, innert 50 Jahren rückzahlbare Darlehen gewähren, womit die FIPOI ihrerseits den internationalen Organisationen den Kauf, den Bau oder die Umnutzung von Gebäuden ermöglicht. Gleichzeitig ist die FIPOI befugt, selber Immobilien zu kaufen oder zu bauen, zu vermieten und zu verwalten.

Die Gewährung eines zinsfreien Darlehens oder, in Ausnahmefällen, einer Schenkung zum Bau oder Erwerb eines eigenen Gebäudes stellt für eine Organisation, welche unter Raumnot leidet, eine sehr attraktive Option dar. Zugleich ist sie auch im Interesse des Gaststaates Schweiz. Denn indem die Organisation unter Beratung und Begleitung durch die FIPOI ein grösseres Bauvorhaben unternimmt und schliesslich Besitzerin eines Gebäudes wird, verankert sich die Organisation stärker in der Schweiz. Die Möglichkeit, ein FIPOI-Darlehen oder finanzielle Beiträge im Rahmen der bewilligten Kredite zu gewähren, bildet deshalb ein zentrales Element bei der Umsetzung der Gaststaatpolitik.

Seit ihrer Gründung und bis zum 31. Dezember 2007 gewährte der Bund der FIPOI Darlehen in der Höhe von 699 Millionen Franken sowie Schenkungen von 372
Millionen Franken, was einem Gesamttotal von 1071 Millionen Franken entspricht. Ende 2007 hatte die FIPOI für diese Bundesdarlehen bereits 528 Millionen Franken überwiesen, wovon 341 Millionen Franken als reguläre Rückzahlungen und 187 Millionen Franken als Zinszahlungen galten. Entsprechend schuldet die FIPOI der Eidgenossenschaft per 31. Dezember 2007 die Summe von 358 Millionen Franken. Das zum Brandversicherungswert geschätzte Immobilienvermögen der FIPOI betrug per 31. Dezember 2007 664 Millionen Franken (878 Millionen Franken, wenn man das CWR mitrechnet).

Bei der Umsetzung der geschilderten Immobilienpolitik ist der Kanton Genf ein aktiver Partner des Bundes. Gemäss einer langjährigen Praxis verzichtet der Kanton auf die Erhebung von Baurechtszinsen für die den internationalen Organisationen oder der FIPOI zur Verfügung gestellten Grundstücke, wenn der Bund die damit 5

Bundesbeschluss vom 11. Dez. 1964 über die Gewährung von Darlehen an die FIPOI (BBl 1964 II 1490).

5039

verbundenen Baudarlehen an die FIPOI unverzinslich ausgestaltet. Seit die eidgenössischen Räte 1996 beschlossen haben, künftig alle FIPOI-Darlehen zinsfrei zu gewähren, stellt der Verzicht des Kantons auf die Erhebung von Baurechtszinsen die Regel dar.

1.3

Die Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO)

Die Welthandelsorganisation bildet seit zehn Jahren den institutionellen Rahmen des multilateralen Handelssystems und regelt als einzige zwischenstaatliche Organisation die grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen der Staaten auf globaler Ebene.

Gleichzeitig ist die WTO ein Forum, in welchem auf multilateraler Ebene Verhandlungen zur Weiterentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen geführt werden.

Die WTO nahm ihre Tätigkeit am 1. Januar 1995 auf, nach Abschluss der mehr als sieben Jahre dauernden Verhandlungen, die unter dem Namen «Uruguay-Runde» geführt wurden. Integrale Bestandteile der WTO sind das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT), welches bereits seit 1948 als «provisorisches» Vertragswerk die Regeln für den internationalen Güterhandel festgeschrieben hat, das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) und die Vereinbarung über handelsrelevante Aspekte der geistigen Eigentumsrechte (TRIPS). Eine zentrale institutionelle Errungenschaft und wesentliche Neuerung gegenüber dem GATT besteht im Streitbeilegungsrat (Dispute Settlement Body), auch Streitschlichtungsorgan genannt, und in der Rekursinstanz (ständiges Berufungsorgan, Appellate Body), welche mit der Schaffung der WTO entstanden sind.

Regierungen von WTO-Mitgliedstaaten können mit Hilfe dieses Verfahrens gegen WTO-rechtswidrige Praktiken anderer Staaten vorgehen.

Heute werden im Rahmen der WTO insgesamt über dreissig multilaterale Abkommen betreut und deren Einhaltung überwacht. Die WTO-Abkommen zielen auf eine schrittweise Liberalisierung des internationalen Handels ab, die im Rahmen von Verhandlungsrunden gefördert werden soll. Die WTO steht somit für einen möglichst offenen Weltmarkt, dessen Regeln und Grenzen das Höchstmass an Konsens zwischen den Mitgliedstaaten reflektiert. Im November 2001 wurde in Doha (Qatar) bereits die neunte Welthandelsrunde, die sogenannte Doha-Entwicklungsagenda, lanciert. Diese ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Neben den Abkommen, die alle WTO-Mitglieder binden, gibt es Verträge, die allein die jeweiligen Vertragsstaaten verpflichten.

Die WTO hat ihren Sitz und zugleich ihr einziges Büro in Genf. Sie zählt gegenwärtig 152 Mitgliedländer und -territorien, wovon etwa drei Viertel Entwicklungsländer sind. Wiederum knapp ein Viertel der Entwicklungsländer (32) gehören zu
den am wenigsten entwickelten Ländern (least-developed countries, LDCs). Die Schweiz, die der WTO per 1. Juli 1995 beitrat, gehört zu den Gründerstaaten der Organisation. Die letzten Beitritte betrafen die Ukraine (2008), Tonga (2007), Vietnam (2007) und Saudi Arabien (2005). Weitere rund 30 Länder, darunter beispielsweise die Russische Föderation, verhandeln derzeit über ihren Beitritt. Angesichts ihrer stetig wachsenden Anzahl Mitglieder entwickelt sich die WTO zunehmend in Richtung einer universellen Organisation. 132 Mitglieder der WTO verfügen über eine diplomatische Vertretung in Genf, manchmal sogar über eine eigene Mission für die WTO, so auch die Schweiz.

5040

Oberstes Organ der WTO ist die Ministerkonferenz, welche mindestens alle zwei Jahre tagt. Darunter ist der Allgemeine Rat angesiedelt, der sich mehrmals jährlich am Sitz der WTO in Genf trifft, um über grundsätzliche Fragen zu befinden.

Schliesslich befassen sich zahlreiche Spezialausschüsse sowie Arbeitsgruppen mit der Implementierung der einzelnen WTO-Abkommen und anderen handelsspezifischen Fragen. Hingegen verfügt die WTO über keinen selbstständigen und mit weitgehenden Befugnissen ausgestatteten Exekutivrat, wie dies andere zwischenstaatliche Organisationen kennen. In den erwähnten Leitorganen und in den verschiedenen Ausschüssen und Arbeitsgruppen der WTO nehmen die Regierungen der Mitgliedländer gleichberechtigt teil, und die Entscheide werden von allen Mitgliedstaaten zusammen, normalerweise im Konsens, gefällt. So können beispielsweise Änderungen von Kernbestimmungen der WTO nur nach Annahme durch alle Mitglieder der WTO in Kraft treten, nach Ratifikation gemäss den landeseigenen, von der jeweiligen Verfassung vorgeschriebenen Verfahren.

Das Budget der WTO beläuft sich auf rund 182 Millionen Franken (2007). Seine Finanzierung erfolgt über Mitgliederbeiträge, deren Beitragshöhe sich nach dem jeweiligen Welthandelsanteil der einzelnen Mitglieder richtet. Infolgedessen bezahlt die Schweiz rund 1,4 % des Budgets, was im Jahr 2007 einem Jahresbeitrag von 2,5 Millionen Franken entsprach.

Seit September 2005 ist der Franzose Pascal Lamy Generaldirektor der WTO. Der Generaldirektor steht dem Sekretariat der Organisation am Sitz in Genf vor, wo derzeit rund 750 Angestellte arbeiten. Unter «Sekretariat» wird die allgemeine Administration der WTO verstanden, welche in verschiedene Abteilungen unterteilt und für folgende Hauptaufgaben zuständig ist: Vorbereitung und Unterstützung von Verhandlungen zwischen den WTO-Mitgliedern; Beratung der Handelspartner; Analyse; Darstellung und Veröffentlichung der Welthandelsentwicklung sowie Organisation der Streitschlichtungsverfahren.

Wie mit allen zwischenstaatlichen Organisationen, die sich in der Schweiz niederlassen, hat der Bundesrat mit der WTO am 2. Juni 1995 ein Sitzabkommen abgeschlossen.6

2

Renovation und Ausweitung des WTO-Sitzes

2.1

Ausgangslage

Die WTO ist eine der bedeutendsten internationalen Organisationen mit Sitz in der Schweiz. Seit der Gründung der WTO im Jahr 1995 befindet sich der Sitz der Organisation in Genf im Centre William Rappard (CWR), welches zuvor bereits teilweise das Sekretariat des GATT beherbergt hat. Das historische Gebäude, welches 1926 für das Internationale Arbeitsamt errichtet wurde, liegt an der Rue de Lausanne in unmittelbarer Nähe des Sees.

Nach der Überführung des ursprünglichen GATT in die WTO setzte sich der Bundesrat mit Unterstützung der eidgenössischen Räte und des Kantons Genf erfolgreich dafür ein, dass der von Bonn begehrte Sitz der WTO in Genf verblieb. Nach schwierigen Verhandlungen wurde zwischen dem Bund, dem Kanton Genf, der FIPOI und der WTO ein sogenannter «Infrastrukturvertrag» abgeschlossen, um die 6

SR 0.192.122.632

5041

gegenüber der WTO eingegangenen Verpflichtungen im Immobilienbereich zu regeln. So entschied sich die Schweiz in einer ausserordentlichen Geste, der WTO das Centre William Rappard zu schenken sowie den baulichen Unterhalt des Gebäudes zu übernehmen.7 Gleichzeitig verpflichtete sie sich zum Bau eines Konferenzsaals ­ der am 16. Februar 1998 eingeweiht wurde und seither voll ausgelastet ist ­ sowie zur Übernahme von dessen Unterhalts- und Betriebskosten.8 Aufgrund dieses Infrastrukturvertrags leistet die Schweiz einen jährlichen Unterhaltsbeitrag von ca.

1,7 Millionen Franken an die WTO.

Der Verbleib der WTO in Genf gilt als einer der wichtigsten Erfolge der schweizerischen Gaststaatpolitik der letzten Jahrzehnte.

Als Gaststaat hat die Schweiz ein wesentliches Interesse, den internationalen Organisationen bestmögliche Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Falle der WTO war bereits während den Verhandlungen zum Abschluss des Infrastrukturvertrags von 1995 erkennbar, dass das CWR für die Bedürfnisse der WTO in absehbarer Zukunft zu klein werden könnte.

Der Bedarf der WTO nach zusätzlichen Räumlichkeiten ist ausgewiesen; verschiedene Faktoren haben dazu geführt:

7 8

a)

Die Organisation ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen; über 30 Staaten sind der WTO seit 1995 neu beigetreten. Der Beitritt weiterer grosser Staaten wie beispielsweise der Russischen Föderation und Kasachstans ist absehbar. Mit jedem Beitritt vergrössert sich einerseits die Zahl der potenziellen Länder, welche Unterstützung durch das Sekretariat benötigen.

Zudem sind die Verhandlungen immer komplexer geworden, sodass vermehrt auch in kleineren Gruppen vorverhandelt werden muss. Ein Beispiel dafür sind die Agrarverhandlungen mit ihrem Drei-Stufen-System (formelle Plenarsitzung, informelle Plenarsitzung, technische Diskussionen). Zudem nimmt der regionale Koordinationsbedarf zu. Die Anzahl der Meetings erhöht sich kontinuierlich: Während im Jahr 2002 noch 5224 Treffen verzeichnet wurden, fanden im Jahr 2007 7615 Zusammenkünfte statt. Reservationen für Säle und Verhandlungsräume müssen in Anbetracht der aktuellen engen Raumverhältnisse mit grossem zeitlichen Aufwand getätigt werden.

b)

Das Mandat der WTO erweitert sich mit jeder neuen Verhandlungsrunde, zusätzliche Aufgaben stehen an. Mit neuen Abkommen entstehen zumeist neue Gremien wie Komitees oder Arbeitsgruppen zur Umsetzung und Verwaltung der entsprechenden Bestimmungen. Das Sekretariat seinerseits unterstützt die WTO-Mitglieder, insbesondere die Entwicklungsländer, bei der Umsetzung der Verhandlungsresultate. Neue Abkommen erhöhen somit den Bedarf an Sekretariatspersonal und Büroräumlichkeiten sowie an Sitzungssälen.

c)

Das Streitbeilegungsverfahren hat sich bewährt; die Zahl der erfolgreich behandelten Streitfälle ist hoch. Während zwischen 1947 und 1994 im Rahmen des GATT-Streitschlichtungsmechanismus gegen 200 Verfahren eingeleitet und in rund 90 Fällen schliesslich von eingesetzten Expertengruppen ­ sogenannten «Panels» ­ Streitbeilegungsempfehlungen formuliert wurden, endeten seit der Gründung der WTO und bis Oktober 2004 über 80 Streitig-

BBl 1996 I 518 Bundesbeschlüsse vom 13. und vom 24. März 1995 (BBl 1995 II 461; AS 1998 1460).

5042

keiten mit einem Panel- oder Appellate-Body-Bericht bei insgesamt 317 notifizierten Konsultationsbegehren. Das System wurde somit allein in den ersten zehn Jahren seines Bestehens öfters genutzt als unter dem GATT 1947.9 Allein 2006 hat das Streitschlichtungsgremium 20 Konsultationsbegehren erhalten und Panels für 12 neue Streitfälle eingesetzt.

In der Praxis werden rund drei Viertel aller Panelberichte angefochten und damit dem Appellate Body zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Einerseits wird dadurch die Arbeitslast für das Sekretariat erhöht, das die Panelisten bei der Vorbereitung ihrer Berichte umfassend unterstützt, andererseits steigt der Bedarf der Rekursinstanz selbst an Personal und Raum erheblich.

Die WTO, stets bemüht um einen schlanken Organisationsapparat, ist bedacht, trotz wachsenden Aufgaben ein Aufblähen ihrer Administration zu vermeiden. Dennoch war angesichts der geschilderten Entwicklung der Organisation ein Anstieg der Zahl ihrer Angestellten unvermeidlich: Das Sekretariatspersonal hat sich seit 1995, als die WTO 445 Angestellte zählte, markant erhöht. Heute beschäftigt die Organisation über 750 Mitarbeitende aller Kategorien von Arbeitsverträgen. Davon arbeiten heute bereits 100 bis 110 Personen in einem Provisorium an der Rue Rothschild, da die Raumkapazitäten des CWR nicht mehr für alle ausreichen. Angesichts der in absehbarer Zeit bevorstehenden Neubeitritte, der laufenden Doha-Verhandlungen sowie der daraus resultierenden neuen Aufgaben der WTO ist ein weiterer Personalanstieg in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich. Die der Ausweitung des WTOSitzes zugrunde liegenden Berechnungen gehen von einem mittel- bis langfristigen Personalbestand der WTO von 1100 Personen aus.

Das geplante Immobilienprojekt umfasst die Renovation, eine punktuelle Verdichtung und gezielte Vergrösserung im Innern des bestehenden Gebäudekomplexes (d.h. ohne Veränderung der Aussenfassade bzw. Erhöhung der Grundfläche) sowie dessen Erweiterung durch einen Annexneubau. Dies soll den spezifischen Aufgaben der Rekursinstanz wie auch dem Sekretariat genügend Büroraum bieten sowie die für die Abläufe der WTO unumgänglichen Begegnungszonen, Konferenzräume und -säle umfassen. Das Projekt erfüllt den ausdrücklichen Wunsch des WTO-Generaldirektors, den er kurz nach seinem Amtsantritt geäussert hat,
alle Aktivitäten der Organisation unter einem Dach (dem sog. «site unique») zu vereinen. Dieses Projekt ersetzt das ursprünglich von der WTO für 60 Millionen Franken geplante zusätzliche Gebäude an der Avenue de France («WTO-II-Projekt»), für welches sie die Schweiz Ende 2001 um ein entsprechendes Darlehen gebeten hatte. Das parlamentarische Verfahren zur Bewilligung des entsprechenden Verpflichtungskredites für das WTO-II-Projekt10 ist seit dem Bekanntwerden der Kursänderung der Immobilienstrategie der WTO suspendiert. Sobald ein formeller Entscheid der zuständigen Instanzen der WTO vorliegt, kann das WTO-II-Projekt endgültig ad acta gelegt werden.

9

10

Oesch, Matthias: Das Streitbeilegungsverfahren der WTO. In: Zeitschrift «recht», 2004, Heft 5, S. 192­205. Zimmermann, Thomas A.: Zehn Jahre WTO-Streitschlichtung: Eine Zwischenbilanz. In: Die Volkswirtschaft. Das Magazin für Wirtschaftspolitik. (12-2004, S. 63­66).

Vgl. dazu Botschaft vom 9. Nov. 2005 über die Gewährung eines Darlehens an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) zur Finanzierung eines Gebäudes der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf (BBl 2005 6843).

5043

Die Schweiz hatte der WTO für die Projektierung des Neubaus an der Avenue de France ein Planungsdarlehen von 5 Millionen Franken gewährt. Betreffend die Rückvergütung dieses Darlehens hat die Schweiz mit der WTO Folgendes ausgehandelt: Die FIPOI kauft der WTO die Projektstudien für das WTO-II-Projekt ab, damit sie als Bauherrin das Projekt in eigener Regie entwickeln kann, mit dem Ziel, Büroräumlichkeiten an institutionelle Begünstigte im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 GSG und allenfalls an NGO sowie private Unternehmungen zu vermieten. Die FIPOI stellt angesichts der nach wie vor angespannten Immobiliensituation in Genf eine grosse Nachfrage fest und geht von einem mehr als nur kostendeckenden Betrieb aus. Die Finanzierung des Vorhabens erfolgt mittels Fremdkapital, das von Banken oder sonstigen Finanzinstituten zur Verfügung gestellt wird. Von der Kaufsumme für die Projektstudien wird der Betrag von 5 Millionen Franken im Einvernehmen mit der WTO direkt von der FIPOI an die Eidgenossenschaft überwiesen.

Mit dieser Summe wird das der WTO gewährte Planungsdarlehen dem Bund zurückbezahlt. Diese Regelung wird in einem entsprechenden Abkommen zwischen der Schweiz und der WTO festgehalten (vgl. Ziff. 2.3 hinten).

Das «site-unique»-Projekt ist das Ergebnis eines Verhandlungsmandats des Bundesrates vom 4. Juli 2007, in welchem sich der Bundesrat grundsätzlich für den «site unique» ausgesprochen und einen Kostenplafond von 130 Millionen Franken (inkl.

Darlehen und sonstigen Beiträgen) als Verhandlungsziel vorgegeben hat. Die von der Schweizer Delegation unter der Leitung der EDA-Vorsteherin ausgehandelte Lösung hält diesen Kostenplafond ein. Der Allgemeine Rat der WTO hat am 19. Dezember 2007 den gemeinsamen «site-unique»-Entwurf bestätigt und dem Generaldirektor der Organisation ein formelles Mandat für die Verhandlung der Details und der konkreten Ausgestaltung des Projektes erteilt. In einem am selben Tag an die Bundespräsidentin verschickten Brief hat der WTO-Generaldirektor die positive Entscheidung des Allgemeinen Rates mitgeteilt und seinen Willen zur raschen Umsetzung des «site-unique»-Projektes bekräftigt. Der Bundesrat hat am 21. Dezember 2007 seinerseits das Verhandlungsergebnis gutgeheissen und gleichzeitig das EDA ermächtigt, beim Parlament über den Nachtrag I/2008 die im Hinblick auf die
Umsetzung des «site unique» notwendigen Finanzmittel anzubegehren.

Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte hat am 21. Februar 2008 die vom EDA beantragten Nachtrags- und Verpflichtungskredite für die Finanzierung der dringlichen Planungsarbeiten sowie der sofortigen Zumiete von zusätzlichen Büroräumlichkeiten am Chemin des Mines 15 in Genf, welche in den kommenden 5 Jahren den durch die Renovation entstehenden zusätzlichen Raumbedarf der WTO decken sollen, gutgeheissen und einer ordentlichen Bevorschussung derselben zugestimmt. Das Parlament wird in der Sommersession 2008 formell über diese Kredite beraten.

2.2

Bauvorhaben

2.2.1

Einleitende Bemerkungen

Der «site unique» der WTO soll zwischen 2008 und 2012 in drei Bauphasen realisiert werden, die zeitlich aufeinander abgestimmt und sich ­ soweit bauplanerisch möglich und sinnvoll ­ teilweise überschneiden werden. Phase I (Herbst 2008 ­ Ende 2011) beinhaltet die Renovation des CWR (einschliesslich des Umbaus und der Kapazitätserweiterung des Konferenzsaals SWR), Phase II (Anfang 2010 ­ Ende 5044

2012) die Verdichtung und Vergrösserung im Innern des CWR und Phase III (Winter 2010 ­ Ende 2012) die Erweiterung des CWR mit einem neuen Annexgebäude.

Die WTO und die Schweiz teilen sich die Finanzierung wie folgt auf: Für die erste Phase (Renovation) ist ein A-fonds-perdu-Beitrag des Bundes in Höhe von 45 Millionen Franken vorgesehen. Zudem soll der Bund für 10 Millionen Franken den Bau einer neuen Tiefgarage im neuen Annexgebäude finanzieren. Zusammen mit den 15 Millionen Franken für die Mietkosten des Provisoriums am Chemin des Mines, welche ebenfalls vom Bund übernommen werden, ergibt sich ein Gesamtbeitrag des Bundes von 70 Millionen Franken. Die WTO wird ihrerseits 60 Millionen Franken in den «site unique» investieren, wobei 20 Millionen Franken für die Verdichtungsund Vergrösserungsarbeiten im Innern des CWR (Phase II) und 40 Millionen Franken für den Neubau (Phase III) vorgesehen sind. Zur Finanzierung dieser Investitionen soll die WTO FIPOI-Darlehen in Höhe von insgesamt 60 Millionen Franken erhalten (gleicher Betrag wie für das WTO-II-Projekt).

Aufgrund der Bedeutung der Organisation für die schweizerische Aussenhandelspolitik und als treibende Kraft für das internationale Genf ist die Verbesserung ihrer räumlichen Situation mittels der geplanten Kapazitätserhöhung und Ausweitung des CWR von höchster Priorität für die Schweiz. Die Verankerung der WTO in Genf wird durch die Umsetzung des «site-unique»-Projektes zweifellos nochmals gefestigt werden. In Anbetracht dieser Umstände erscheint es angezeigt, das Projekt zur Renovation, Verdichtung/Vergrösserung und Erweiterung des WTO-Sitzes so effizient als möglich und in Höhe der obgenannten Beiträge und Darlehen zu unterstützen.

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat nur die Mittel für die Phase I (Renovation). Für die zwei späteren Phasen sollen zu gegebener Zeit je eine weitere Botschaft vorgelegt werden.

2.2.2

Renovation

Das CWR, Sitzgebäude der WTO, befindet sich an der Rue de Lausanne in Genf auf der Bauparzelle 246, welche dem Kanton Genf gehört und die der Kanton kostenlos im Baurecht zur Verfügung stellt. Das CWR wurde zwischen 1923 und 1926 für die Internationale Arbeitsorganisation gebaut, 1937 und 1950 vergrössert, 1975 von der Eidgenossenschaft für 18 Millionen Franken gekauft und anschliessend für rund 40 Millionen Franken renoviert. Aufgrund des Alters und des Zustands des Gebäudes ist nun wieder eine umfassende Renovation der Räumlichkeiten sowie eine Modernisierung der Anlagen angezeigt. Die Gebäudehülle, Telematik, Raumeinteilung, Aufzüge, sanitären Einrichtungen wie auch Elektrotechnik entsprechen nicht mehr den heutigen Standards.

Es sind nur kleine Eingriffe an der Gebäudestruktur vorgesehen. Die Mauern und Böden sind massiv gebaut und deren Belastbarkeit von 200 kg/m2 genügt den heutigen und zukünftigen Anforderungen. Zusätzliche Stahlstützträger werden allenfalls temporär bei gewissen technischen Aufrüstungsarbeiten eingesetzt, welche Bohrarbeiten am Fussboden bzw. an der Decke benötigen. Mit einer leichten Reorganisation der Raumeinteilung im Zuge der Renovation wird den veränderten Arbeitsbedürfnissen Rechnung getragen, indem modular einteilbare Arbeits- und Sitzungsräume geschaffen werden. Eine solche Reorganisation erhöht die Ausnützung der zur Verfügung stehenden Fläche und erlaubt somit die Erhöhung der Zahl 5045

der Arbeitsplätze im bestehenden Gebäude. Gleichzeitig werden Wände, Decken, Böden, Elektroinstallationen sowie die Verkabelung erneuert. Die Raumakustik und Schalldämmung in den Büros wie auch den Sitzungszimmern genügen grösstenteils den Normen und werden nur wo nötig verbessert. Alle Sanitäranlagen werden durch entsprechende moderne Anlagen ersetzt, welche einen tieferen (Wasser-)Verbrauch aufweisen. Sämtliche Aufzüge im Gebäude werden ebenfalls durch neue Modelle ersetzt. Die Räume im Attikageschoss (4. Stock), welche für heutige Bedüfnisse zu klein sind, werden umgebaut und gegen den Innenhof vergrössert (gleichzeitig wird die Terrasse entsprechend verkleinert).

Charakteristische und historische Elemente des CWR werden bewahrt und durch die Renovation wieder zur Geltung gebracht, so zum Beispiel die kunsthistorisch bedeutenden Fresken im Eingangsbereich des Gebäudes. Der repräsentative Aspekt des Eingangsbereichs, welcher sich zwischen dem Nordtrakt und dem 1937 erbauten Annexgebäude der Generaldirektion befindet und als zentrale Verteilstelle im CWR funktioniert, wird dadurch wieder stärker hervorgehoben.

Die Renovation soll zukünftig einen effizienteren und wirtschaftlicheren Umgang mit den natürlichen Ressourcen und somit eine nachhaltige Bewirtschaftung des Gebäudes erlauben. Die Auswahl der Materialien wird auf Basis folgender Kriterien erfolgen: architektonische Eignung, Ökobilanz und Kosten. Durch die Verbesserung der Wärmedämmung der Gebäudehülle wird eine signifikante Einsparung von Heizenergie erzielt. Der Wärmeleitkoeffizient der Gebäudewände wird nach der verbesserten Isolation von U ± 2,1 (W/m2.k) auf U ± 0,6 (W/m2.k) reduziert. Die Fenster im Untergeschoss werden durch moderne Isolationsfenster ersetzt (die übrigen Fenster müssen nicht ersetzt werden, da diese schon 2003 entsprechend aufgerüstet wurden). Die Wärmeerzeugung wird technisch angepasst, sodass sowohl Erdöl wie Erdgas als Energieträger genutzt werden können. Zudem werden die Radiatoren in den Räumen mit Thermostaten ausgerüstet. Neben einem tieferen Energieverbrauch führt dies zu einem besseren Raumklima für die Mitarbeitenden.

Das bestehende Kühlsystem des Gebäudes, welches im Zuge des regulären Gebäudeunterhalts schon modernisiert wurde, benötigt keine Renovation. Vorkehrungen für die fachgerechte Beseitigung von
Asbestrückständen, welche im Zuge der Sanierung allenfalls zu Tage treten, werden getroffen.

Durch die Renovation wird ebenfalls die Brandsicherheit im Gebäude erhöht, sodass sie den neuesten Normen entspricht. In den Fluchtwegen und Büros werden Sprinkleranlagen und in allen geschlossenen Räumen Rauchmelder eingebaut. Notausgänge werden gemäss den Anforderungen erstellt. Der Arbeitsplatzsicherheit wird auch während der Renovationsarbeiten generell besondere Aufmerksamkeit zuteil werden.

In den Räumlichkeiten der ehemaligen Bibliothek des Universitätsinstituts für höhere internationale Studien (IUHEI), welche sich im überdachten Innenhof des Südtraktes befinden, werden während der Umbauarbeiten temporäre Arbeitsplätze für bis 80 Mitarbeitende entstehen. Die Renovationsarbeiten werden sich dort vorerst auf eine Auffrischung der Mauern beschränken. Zudem werden Öffnungen ins Dach eingebaut, um natürliches Tageslicht in den bislang geschlossenen Raum einzulassen. Im Zuge der Phase II (Verdichtung/Vergrösserung), sollen diese Räumlichkeiten definitiv in Sitzungszimmer umgebaut und das Dach vollständig ersetzt werden (s. Ziff. 2.2.3).

5046

Die Renovation wird in mehreren Etappen durchgeführt werden, sodass das CWR auch während der Renovationsarbeiten grösstenteils genutzt werden kann. Während der Arbeiten werden jeweils 200 der rund 650 Mitarbeitenden, welche gegenwärtig im CWR untergebracht sind, vorübergehend in Provisorien innerhalb des CWR (z.B.

in der ehemaligen IUHEI-Bibliothek) oder ausserhalb des CWR untergebracht. Zu diesem Zweck hat der Bund zusätzliche Büros in unmittelbarer Nähe des CWR am Chemin des Mines 15 in Genf zugemietet.

Ebenfalls Bestandteil der ersten Renovationsphase wird die Verdichtung des in unmittelbarer Nähe des CWR gelegenen Konferenzgebäudes Salle William Rappard (SWR) sein. Ziel des Umbaus ist die Erhöhung der Kapazität des SWR von 514 auf 700 Sitzplätze für Delegierte. Zusammen mit den bestehenden 130 Plätzen für Beobachter ergibt sich neu eine Gesamtkapazität von 830 Personen. Diese Verdichtung wird keine grösseren Umbauarbeiten benötigen, sondern durch eine Neuanordnung der Sitzplätze und den Ersatz des veralteten Mobiliars bewerkstelligt. Die Kabinen für die Simultanübersetzung werden durch neue, technologisch moderne Übersetzungsanlagen ersetzt, welche den neuen Dimensionen des Konferenzsaals angepasst werden.

Bauherrin der Renovation wird die FIPOI sein. Das Vorhaben wird durch den Bund über einen entsprechenden A-fonds-perdu-Beitrag von gesamthaft 45 Millionen Franken (40 Millionen für die Renovation im CWR und 5 Millionen für die Verdichtung des SWR) finanziert. Für die Planung und Realisierung des Vorhabens hat die FIPOI die folgenden Architektur- und Ingenieurbüros beauftragt: group8 architectes associés, Genf, sowie Atelier d'architecture Jean-Yves Wicht, Grand-Lancy (Architekten), Thomas Jundt SA, Carouge (Tiefbauingenieur), RG Riedweg & Gendre SA, Carouge (Heizungsingenieure), MAB Ingénierie SA, Morges (Elektroingenieure), Zanini V. Baechli P. et Associés Ingénieurs-Conseils SA, Genf (Sanitäringenieure), Gilbert Money, Lausanne (Akustikingenieur) und Institut de Sécurité, Neuenburg (Sicherheitsingenieure).

Die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten für die Renovation laufen seit Anfang Jahr. Die Finanzdelegation des Parlaments hat in diesem Zusammenhang einen Verpflichtungskredit von 4,5 Millionen Franken mit ordentlichem Vorschuss bewilligt, sodass die FIPOI die für die Einhaltung des Zeitplans nötigen Projektarbeiten an die betroffenen Architektur- und Ingenieurbüros schon vergeben konnte.

2.2.3

Verdichtung/Vergrösserung

Der von der Schweiz und der WTO gemeinsam aufgearbeitete gemeinsame «siteunique»-Entwurf sieht in der zweiten Phase eine punktuelle Verdichtung und gezielte Vergrösserung des CWR vor, ohne aber das Volumen oder die Grundfläche des Gebäudes zu erhöhen oder auszudehnen.

Das Hauptelement der geplanten Vergrösserung ist die Abdeckung des Innenhofes des Nordtraktes mit einem Glasdach. Die so neu entstehende Innenfläche soll zu einem zentralen Raum und Treffpunkt für Delegierte sowie Mitarbeitende werden, welcher allgemeine Dienstleistungen (Dokumentenverteilzentrum, Bank, Reisebüro etc.) beherbergt und als Knotenpunkt zu den umliegenden Sitzungs- und Konferenzräumen, welche im Zuge der Renovation neu geschaffen werden sollen, fungiert.

Die see- und strassenseitigen Flügel des Nordtraktes (Sektoren II und VII) sollen mit 5047

der neuen Fläche im Innenhof verbunden werden und ebenfalls Bestandteil des neuen Begegnungsraums für Vertreter der Mitgliedstaaten und Mitarbeitende des Sekretariats werden.

Es sind sonst nur wenige Verdichtungsmassnahmen innerhalb des bestehenden Komplexes vorgesehen. In erster Linie betreffen diese den Bereich der ehemaligen IUHEI-Bibliothek, welche sich im Untergeschoss des südlichen Innenhofes befindet.

Als Bestandteil der Phase I (s. Ziff 2.2.2) wird diese zu Beginn der Renovationsarbeiten in temporäre Büros für bis zu 80 Mitarbeitende umgewandelt werden, um einen Teil der Mitarbeitenden, die während der Renovationsarbeiten temporär umgesiedelt werden müssen, beherbergen zu können. Gegen Ende der Renovationsphase ist der definitive Umbau der ehemaligen IUHEI-Bibliothek zu modular unterteilbaren Sitzungsräumen vorgesehen. Zusammen mit weiteren punktuellen Verdichtungsmassnahmen (z.B. indem offene, modular einteilbare Büroräume, welche eine Doppelbelegung erlauben, geschaffen oder gewisse allgemeine Aktivitäten ­ Cafeteria, Druckerei, Bücherei etc. ­ wie auch die Büros des Streitbeilegungs- und Berufungsorgans der WTO in den zukünftigen Neubau umgesiedelt werden) soll die nominelle Kapazität des CWR summa summarum von heute 630 auf 800 Mitarbeitende erhöht werden.

Für die Verdichtung/Vergrösserung des CWR sind 20 Millionen Franken vorgesehen, welche der WTO in Form eines FIPOI-Darlehens zur Verfügung gestellt werden sollen. Die konkreten Elemente dieser Phase II sind im Rahmen entsprechender Projektstudien auszuarbeiten. Die Finanzdelegation des Parlaments hat in diesem Zusammenhang einen Verpflichtungskredit von 2,5 Millionen Franken bewilligt, welche der FIPOI die Gewährung eines entsprechenden Planungsdarlehens an die WTO erlaubt. Für die Phase II soll die WTO als Bauherrin auftreten. Die FIPOI wird für das Planungsdarlehen sowie für das spätere Darlehen für die Umsetzung der Phase II entsprechende Verträge mit der WTO abschliessen, in welchem das finanzielle Engagement des Bundes klar begrenzt wird.

Für die Finanzierung der Phase II soll zu gegebener Zeit eine zweite Botschaft vorgelegt werden. Voraussichtlicher Baubeginn ist Anfang 2010, mit dem Ziel die Arbeiten bis Ende 2012 abschliessen zu können.

2.2.4

Erweiterung (Neubau)

In der dritten Phase des «site-unique»-Projektes soll das CWR durch einen Annexneubau erweitert werden. Der Neubau auf dem südseitigen Parkplatzareal des CWR soll eine Nutzfläche von 11 000 m2 aufweisen und 300 zusätzliche Arbeitsplätze bereitstellen. Der Neubau soll neben Büroräumen, verschiedene Sitzungsräume, die Dokumentendruckerei sowie eine neue Cafeteria enthalten und das Streitbeilegungsund Berufungsorgan der WTO beherbergen. Der Neubau soll über einen Flügel direkt mit dem CWR verbunden werden. Die ca. 160 Autoabstellplätze, welche durch den Neubau aufgehoben werden, sollen durch den Bau einer Tiefgarage mit bis zu 200 Parkplätzen kompensiert werden. Aus Sicherheitsgründen ist der Einbau einer verstärkten, bombensicheren Decke in der Tiefgarage vorgesehen.

Die Erstellung eines Neubaus auf dem Areal des CWR setzt u.a. eine Änderung des Zonenplans sowie eine Anpassung des kantonalen Gesetzes zum Schutz der Seeufer (loi sur la protection des rives du lac) voraus. Beide Anpassungen unterliegen im 5048

Kanton Genf dem fakultativen Referendum. Gemäss Schätzungen der FIPOI dürfte somit die Baubewilligung frühestens im Sommer 2010 vorliegen. Ein Referendum oder allfällige Einsprachen könnten den Baubeginn allerdings verzögern, wobei die FIPOI und der Kanton Genf die Wahrscheinlichkeit von Einsprachen bzw. einem Referendum als eher gering einstufen. Die tatsächlichen Bauarbeiten dürften rund 2½ Jahre in Anspruch nehmen, sodass der Neubau frühestens per Ende 2012 abgeschlossen werden kann.

Der Neubauentwurf soll im Rahmen eines Architekturwettbewerbes, welcher 2008 lanciert werden soll, erarbeitet werden. Die Finanzdelegation hat für die Finanzierung des Architekturwettbewerbs einen Verpflichtungskredit von 500 000 Franken bevorschusst, welcher die Gewährung eines entsprechenden Darlehens der FIPOI an die WTO ermöglicht. Die Gesamtkosten für den Neubau werden auf 50 Millionen Franken veranschlagt, wovon 10 Millionen für den Bau der Tiefgarage anfallen. Der Bau der Tiefgarage soll von der Eidgenossenschaft finanziert werden, um den Verlust der Parkplätze auf dem Areal, auf dem der Neubau erstellt wird, zu kompensieren. Das FIPOI-Darlehen an die WTO für den Neubau wird demnach 40 Millionen Franken betragen (zuzüglich der 20 Millionen Franken für die Verdichtung/ Vergrösserung wird die Summe der FIPOI-Darlehen 60 Millionen Franken betragen). Die FIPOI wird für das Darlehen für den Architekturwettbewerb sowie für die späteren Planungs- und Baudarlehen entsprechende Verträge mit der WTO abschliessen, in welchen das finanzielle Engagement des Bundes klar begrenzt wird.

Für die Erweiterung (Phase III) soll zu gegebener Zeit eine weitere Botschaft vorgelegt werden.

2.3

Vertragliche Regelungen mit der WTO

Die WTO war an der Entwicklung des «site-unique»-Projekts massgeblich mitbeteiligt, und der Allgemeine Rat der WTO hat sich am 19. Dezember 2007 eindeutig für den «site unique» ausgesprochen und dem Generaldirektor der Organisation ein Mandat erteilt, die konkrete Umsetzung desselben mit der Schweiz zu verhandeln.

Seither hat eine Schweizer Delegation unter Führung des EDA ein Abkommen mit der WTO ausgehandelt, welches u.a. die Details des Projektes festhält und die jeweiligen (finanziellen) Verpflichtungen des Bundes und der WTO unter Vorbehalt der Budgetkompetenz der Bundesversammlung regelt. Es wurde dem Bundesrat zur Genehmigung vorgelegt. Dieses Abkommen wird den WTO-Mitgliedstaaten erlauben, abschliessend über das «site-unique»-Projekt zu entscheiden und dem WTOSekretariat ein Mandat zur Umsetzung des Vorhabens zu erteilen. Zudem wird das Abkommen der WTO erlauben, das Vorgängerprojekt WTO II endgültig ad acta zu legen und die Rückvergütung des Planungsdarlehens von 5 Millionen Franken via die FIPOI an den Bund vorzunehmen. Seitens des Bundes fällt die Genehmigung des Abkommens in die Kompetenz des Bundesrates, gestützt auf Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe d GSG, da bei finanziellen Verpflichtungen des Bundes im Abkommen jeweils der Entscheid der eidgenössischen Räte vorbehalten bleibt.

Im Infrastrukturvertrag von 1995 hat sich die Schweiz zu einer Schenkung des CWR an die WTO und dessen baulichen Unterhalt verpflichtet. Formell ist aber nach wie vor die Eidgenossenschaft Eigentümerin des CWR (bzw. die FIPOI, auf deren Namen das Gebäude eingetragen ist), da seitens des Kantons Genf eine Verpflichtung aus dem Infrastrukturvertrag noch nicht erfüllt wurde (Bau eines neuen Park5049

hauses im Sécheron-Quartier, in welchem 400 Parkplätze kostenlos der WTO zur Verfügung gestellt werden sollen). Der Bau des Parkhauses, welcher noch nicht begonnen hat, wird nicht vor 2012 abgeschlossen. Es ist allerdings unerlässlich, dass der Eigentumsübertrag schon vor dem Beginn der Phase II (Verdichtung/Vergrösserung) geregelt wird, da ein FIPOI-Darlehen nur dann gewährt werden kann, wenn die begünstigte Organisation auch Bauherrin des Projektes ist. Im vorliegenden Ausbau des CWR kann die WTO nur dann als Bauherrin auftreten, wenn sie Eigentümerin des CWR ist. Daher wird das Abkommen der Schweiz mit der WTO ebenfalls Präzisierungen zu dem im Infrastrukturvertrag vorgesehenen Eigentumsübertrag des CWR an die WTO beinhalten. Die Schweiz wird aufgrund des Infrastrukturvertrages nach wie vor für den baulichen Unterhalt des CWR aufkommen müssen (siehe Botschaft vom 12. Juni 1995 über die Schenkung des Centre William Rappard (CWR) an die Welthandelsorganisation (WTO) und ihre finanziellen Konsequenzen11). Dies ist so, weil die Bezahlung des baulichen Unterhalts durch die Schweiz an den Infrastrukturvertrag und nicht an den Status der Eigentümerschaft des CWR gebunden ist. Mit dieser Regelung wollte man sicherstellen, dass das Gebäude bei Ablauf des Nutzungsrechts oder bei vorzeitigem Auszug der WTO der FIPOI in gutem Zustand übergeben wird.

2.4

Kosten

2.4.1

Einleitende Bemerkungen

Der Bundesrat hat vor den offiziellen Verhandlungen ein Kostendach von 130 Millionen Franken für das Gesamtprojekt vorgegeben, welches sowohl die Renovations- und Baukosten als auch die Kosten für die Zumiete von Provisorien umfassen sollte. Der nun mit der WTO ausgehandelte Projektentwurf, welcher sich an den bundesrätlichen Kostenrahmen hält, sieht folgende Aufteilung des Gesamtbudgets vor: Budgetaufteilung WTO-Immobilienprojekt «site unique» Phase

Teilprojekte/Budgetposten

I-III I II III III

Zumiete Chemin des Mines Renovation Verdichtung / Vergrösserung Erweiterung (Neubau) Erweiterung (Parkplätze) Gesamttotal

Kosten (in CHF)

Finanzierung

15 000 000 45 000 000 20 000 000 40 000 000 10 000 000

Bund Bund FIPOI-Darlehen FIPOI-Darlehen Bund

130 000 000

FIPOI-Darlehen des Bundes

60 Mio. Franken

A-fonds-perdu-Beitrag des Bundes

70 Mio. Franken

11

BBl 1995 III 1016

5050

Die vorliegende Botschaft befasst sich nur mit dem Verpflichtungskredit zur Finanzierung der Renovation. Die Mittel für die Zumiete der Büroräumlichkeiten am Chemin des Mines 15 in Genf zu 3 Millionen Franken pro Jahr für die Dauer von 5 Jahren werden im Rahmen des Nachtrags I/2008 beim Parlament beantragt. Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte hat den entsprechenden Verpflichtungskredit von 15 Millionen Franken mit ordentlichem Vorschuss sowie den Nachtragskredit von 3 Millionen Franken am 21. Februar 2008 gutgeheissen, wobei die Hälfte des Nachtragskredites bevorschusst wurde. Für die Verdichtung/Vergrösserung sowie die Erweiterung des CWR werden zu gegebener Zeit separate Botschaften vorgelegt.

2.4.2

Kostenaufstellung Renovation

Die Kosten für die Umsetzung der ersten Phase des «site-unique»-Projekts (Renovation des CWR, inkl. Umbau des SWR) werden auf insgesamt 45 Millionen Franken veranschlagt. Darin enthalten sind die Ausgaben von 4,5 Millionen Franken für die Planungs- und Vorprojektphase (Projektstudie, Kostenvoranschlag und sonstige Vorbereitungsarbeiten), eine Reserve von gesamthaft 2,5 Millionen Franken für Unvorhergesehenes und die Teuerung sowie 3,2 Millionen Franken für die Mehrwertsteuer (MWSt). Aufträge des Bundes bzw. der FIPOI unterliegen der MWSt.

Der Gesamtbetrag wird durch einen A-fonds-perdu-Beitrag des Bundes finanziert.

Die aufgeführten Kosten verteilen sich auf die nachfolgend aufgeführten Positionen.

Kostenaufstellung nach Baukostenplan (BKP) BKP

Kostenkategorie Hauptgruppen

Kosten (in CHF)

%

1 2 3 4 5 6 7

Vorbereitungsarbeiten Gebäude Betriebseinrichtungen Baunebenkosten Diverses und Unvorhergesehenes Reserven für Teuerung Honorare

2 128 420 26 697 560 1 988 970 836 430 1 784 380 720 260 7 665 540

5,08 63,84 4,76 2,00 4,27 1,72 18,33

Gesamttotal (ohne MWSt) MWSt (7.6%)

41 821 560 3 178 439

100,00

Gesamttotal (mit MWSt)

45 000 000

A-fonds-perdu-Beitrag des Bundes

45 Mio. Franken

Der allgemeine Kostenvoranschlag beruht auf der Grundlage des Genfer Baukostenindexes vom Oktober 2007 = 111.6 (April 2003 = 100).

5051

Die aufgeführten Rubriken des BKP umfassen insbesondere folgende Positionen: Vorbereitungsarbeiten (BKP 1): Darunter fallen die vor Beginn der Renovation erforderlichen Vorbereitungsarbeiten, zum Beispiel betreffend Erschliessung und Einrichtung der Baustelle.

Gebäude (BKP 2): Aufwendungen für jene Bauleistungen, welche dazu dienen, das Gebäude nach der Renovation für seine Benutzerinnen und Benutzer dauerhaft brauchbar zu machen (einschliesslich Baumeisterarbeiten, elektrische sowie sanitäre Installationen und Transportanlagen).

Betriebseinrichtungen (BKP 3): Kosten für die fest eingebauten Einrichtungen, welche einer spezialisierten Nutzung des Gebäudes dienen. Dazu gehören insbesondere die Einrichtungen für den Konferenzsaal.

Baunebenkosten (BKP 4): Kosten für Bewilligungen und Gebühren, Kosten für Reproduktionen und Modelle sowie Versicherungen und übrige Auslagen.

Reserven für Diverses und Unvorhergesehenes (BKP 5): Diese Gruppe umfasst eine Reserve für Auslagen, welche nach Baubeginn unerwartet auftauchen könnten, sowie für Diverses.

Reserven für Teuerung (BKP 6): Dieses Element umfasst eine Reserve für mögliche Auswirkungen der Teuerung (vgl. Ziff. 3.2, Auswirkungen der Teuerung).

Honorare (BKP 7): Sämtliche Honorare für das Projekt, d.h. Honorare für die Bauvorbereitung, für das Bauwerk, und für die Betriebsausrüstung.

3

Finanzierung des Gebäudes der WTO

3.1

Finanzieller Beitrag an die FIPOI

Das Zurverfügungstellen von Immobilien zur Deckung der Bedürfnisse von zwischenstaatlichen Organisationen und anderen institutionellen Begünstigten im Sinne des GSG stellt eines der wichtigsten Instrumente der schweizerischen Gaststaatpolitik dar. Dies geschieht über die FIPOI. So kann der Bund im Rahmen seiner Gaststaatpolitik namentlich beschliessen, einer bauwilligen Organisation zur Finanzierung eines bestimmten Projekts via die FIPOI ein zinsfreies, innert fünfzig Jahren rückzahlbares Darlehen zu gewähren. Zudem kann der Bund einmalige oder wiederkehrende finanzielle Beiträge gewähren.

5052

Um für die institutionellen Begünstigten angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen, hat der Bund in der Vergangenheit bereits zahlreiche zinsfreie Baudarlehen gewährt. Es sei an dieser Stelle an frühere Botschaften12 erinnert, auf deren Grundlage die eidgenössischen Räte Bundesbeschlüsse zur Bewilligung von Verpflichtungskrediten für Darlehen an die FIPOI verabschiedet haben. Solche FIPOI-Darlehen sind für die Finanzierung der zweiten und der dritten Phase des «site-unique»-Projektes der WTO (Verdichtung/Vergrösserung sowie Erweiterung) vorgesehen.

Die Renovation des CWR wie auch die Verdichtung des Konferenzsaals SWR (Phase I), welche Gegenstand der vorliegenden Botschaft bilden, werden hingegen durch einen A-fonds-perdu-Beitrag des Bundes finanziert. Laut Infrastrukturvertrag von 1995 ist der Bund verpflichtet, das Gebäude in gutem Zustand zu erhalten und für dessen Unterhalt aufzukommen. Zudem ist das CWR nach wie vor auf die FIPOI eingetragen (vgl. Ziff. 2.3, Vertragliche Regelungen mit der WTO).

Auf Antrag des Bundesrats gewährte die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte über den ersten Nachtrag zum Budget 2008 der FIPOI innerhalb des FIPOI-Budgetkredites einen ersten A-fonds-perdu-Beitrag von 4,5 Millionen Franken für die Renovation des CWR. Dieser Betrag war zur Finanzierung des Vorprojekts, einer Projektstudie sowie eines Kostenvoranschlags bestimmt. Die erwähnten Unterlagen sind in der Zwischenzeit erarbeitet worden und bilden die Grundlage der vorliegenden Botschaft. Gestützt darauf beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten die Bewilligung eines Gesamtpakets in Form eines Verpflichtungskredits von 45 Millionen Franken, um die Realisierung des beschriebenen Renovationsvorhabens (einschliesslich des Umbaus bzw. der Kapazitätserhöhung des SWR) zu finanzieren. Der erste, bereits teilweise ausbezahlte Beitrag von 4,5 Millionen Franken ist in diesem Betrag inbegriffen. Die Gesamtdauer des Renovationsprojektes wird gegenwärtig auf rund 42 Monate veranschlagt (voraussichtlicher Abschluss der Arbeiten: Ende 2011).

3.2

Auswirkungen der Teuerung

Den eidgenössischen Räten unterbreitete Kreditbegehren für zivile oder militärische Bauten des Bundes berücksichtigen in der Regel die Teuerung nicht. Das Renovationsvorhaben, welches Gegenstand der vorliegenden Botschaft bildet, kann jedoch diesen Kategorien nicht gleichgestellt werden. Dieses ist letztlich für einen Dritten bestimmt, welcher nicht der Verordnung über das Bauwesen des Bundes untersteht.

12

Botschaften vom 18. September 1964 (FIPOI, GATT, EFTA; BBl 1964 II 769), vom 6. Juni 1966 (IAO; BBl 1966 I 969), vom 5. Juni 1967 (UNO, ITU, WMO, UPU; BBl 1967 I 1127), vom 17. Februar 1971 (EFTA, CICG, WIPO; IAO; BBl 1971 I 425), vom 1. Mai 1974 (CERN; BBl 1974 I 1377), vom 7. August 1974 (ITU, IAO, WIPO; BBl 1974 II 441), vom 2. März 1977 (WIPO; BBl 1977 I 1292), vom 25. Mai 1983 (CIM; BBl 1983 II 1501), vom 5. März 1984 (CERN; BBl 1984 I 1205), vom 27. November 1985 (ITU; BBl 1985 III 485), vom 18. Februar 1987 (WIPO; BBl 1987 I 816), vom 13. Februar 1989 (UNHCR; BBl 1989 I 1229), vom 17. Februar 1993 (CERN, WMO; BBl 1993 I 1225), vom 30. Mai 1994 (GEC, Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften; BBl 1994 III 1049), vom 19. September 1994 (WMO, CWR; BBl 1994 V 227), vom 15. Mai 1996 (ITU; BBl 1996 III 1), vom 16. April 2003 (WHO, UNAIDS; BBl 2003 3439), vom 7. Dezember 2007 (IUCN; BBl 2008 225) und vom 27. Februar 2008 (CERN; BBl 2008 1571).

5053

Es ist allerdings schwierig, den Umfang der jährlichen Teuerung bis zum Abschluss der Renovation abzuschätzen. Die Berechnungen, welche der Botschaft zugrunde liegen, enthalten eine Reserve von 1,72 Prozent zum Auffangen von teuerungsbedingten Preisanstiegen während der Renovationszeit (voraussichtlich die Jahre 2008­2011, wobei die Hauptarbeiten 2009 und 2010 anfallen werden). Eine unerwartet hohe Teuerung könnte auch über die Reserven für Diverses und Unvorhergesehenes (BPK 5) von 4,27 Prozent aufgefangen werden.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle Auswirkungen

Dieser Antrag auf die Gewährung eines A-fonds-perdu-Beitrags an die FIPOI zur Finanzierung der Renovation des CWR in Genf wird den Bund mit einem finanziellen Aufwand von insgesamt 45 Millionen Franken (inkl. der ersten Tranche für die Planungs- und Projektarbeiten), verteilt auf die Jahre 2008­2011, belasten. Ein Teil der entsprechenden Finanzmittel sind im Voranschlag 2008 und im Finanzplan vorgesehen. Die verbleibenden notwendigen Mittel werden im Verlaufe des Budgetprozesses eingestellt.

4.2

Anwendung der Ausgabenbremse

Der beiliegende Entwurf für einen Bundesbeschluss sieht in Artikel 1 die Gewährung eines Verpflichtungskredits nach Artikel 21 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 200513 im Umfang von 45 Millionen Franken vor. Es handelt sich dabei um eine neue einmalige Ausgabe von mehr als 20 Millionen Franken. Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung14 muss Artikel 1 des beiliegenden Entwurfs für einen Bundesbeschluss deshalb der Ausgabenbremse unterstellt werden.

4.3

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf den Personalbestand des Bundes.

4.4

Finanzielle Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Dem Kanton Genf und der Gemeinde Genf werden durch das Renovationsprojekt keine Kosten entstehen.

13 14

SR 611.0 SR 101

5054

5

Legislaturplanung

Das Vorhaben, im Rahmen der Schweizer Gaststaatpolitik die WTO bei der Umsetzung des Immobilienprojekts «site-unique» finanziell zu unterstützen, ist im Gesetzgebungsprogramm zur Legislaturplanung 2007­201115 unter Ziffer 5 «Stellung der Schweiz in einer vernetzten Welt ­ Multilaterales Regelwerk gestalten» namentlich enthalten. Die Realisierung des Vorhabens wird voraussichtlich über den zeitlichen Rahmen der aktuellen Legislatur hinausreichen.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Gesetzliche Grundlagen

Das Gaststaatgesetz vom 22. Juni 2007 (GSG)16 bildet die gesetzliche Grundlage für die Gewährung von finanzieller Unterstützung an die FIPOI. Artikel 20 Buchstabe a des Gesetzes sieht vor, dass der Bund einmalige oder wiederkehrende finanzielle Beiträge gewähren kann, in deren Genuss gemäss Artikel 19 Buchstabe c Stiftungen, deren Aktivitäten den Zwecken nach Artikel 18 dienen, sowie gemäss Artikel 19 Buchstabe a GSG zwischenstaatliche Organisationen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a GSG kommen. Die FIPOI als gegenwärtige Besitzerin des Gebäudes ist die direkte Empfängerin des finanziellen Beitrags. Die WTO als Inhaberin und zukünftige Besitzerin des Gebäudes ist die Endbegünstigte.

Die Budgetkompetenz der eidgenössischen Räte ergibt sich aus Artikel 167 der Bundesverfassung17.

6.2

Rechtsform des Erlasses

Gemäss Artikel 163 Absatz 2 der Bundesverfassung und Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200218 ist für den vorliegenden Fall ein Erlass in der Form des einfachen Bundesbeschlusses, der nicht dem Referendum untersteht, vorgesehen.

15 16 17 18

Botschaft vom 23. Jan. 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011 (BBl 2008 753 826).

SR 192.12 SR 101 SR 171.10

5055

Anhang 1 Abbildung des Centre William Rappard mit Kennzeichnung der verschiedenen Gebäudeteile

5056

Anhang 2 Gesamtplan

Legende zum Gesamtplan ONU OMC OMPI UIT

Vereinte Nationen (UNO) (Palais des Nations) Welthandelsorganisation (WTO) Centre William Rappard

CICR

Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) Internationale Fernmeldeunion (ITU)

OMS

HCR

BIT

Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge (UNHCR) Weltgesundheitsorganisation (WHO) Internationales Arbeitsamt, Sitz der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO)

5057

Anhang 3 Planungsübersicht des Renovationsprojektes

5058