219 Ablauf der Referendumsfrist : 21. April 1948.

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Bundesgesetz über den

Bundeszivilprozess.

(Vom 4. Dezember 1947.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 106 bis 114 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 14. März 1947, beschliesst: Erster Titel.

Anwendungsbereich des Gesetzes und Zuständigkeit.

Art. 1.

1 1 Dieses Gesetz regelt das Verfahren in den vom Bundesgericht als Anwendung», einziger Instanz zu beurteilenden Streitsachen, die in Artikel 41 und 42 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1948 über die Organisation der Bundesrechtspflege angeführt sind.

2 Es wird ergänzt durch die Vorschriften des ersten, neunten und zehnten Titels des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, soweit die folgenden Bestimmungen nicht Abweichendes enthalten.

Art. 2.

Die Klage beim Bundesgericht setzt voraus, dass nach eidgenös- Zuständigkeit, sischem oder kantonalem Eecht ein Gerichtsstand in der Schweiz begründet ist.

2 Die Vereinbarung eines Gerichtsstandes in der Schweiz bindet das Bundesgericht nicht, es kann die Klage von Amtes wegen zurückweisen. Hat jedoch der Kläger seinen Wohnsitz in der Schweiz oder besitzt eine Partei die schweizerische Staatsangehörigkeit, so ist das Bundesgericht zur Annahme der Klage verpflichtet.

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Zweiter Titel.

Allgemeine Grundsätze des Verfahrens.

Art. 8.

Titciiterpflidit. i Der Siebter prüft von Amtes wegen die Zulässigkeit der Klage und aller weiteren Prozesshandlungen.

2 Der Eichter darf über die Eechtsbegehren der Parteien nicht hinausgeben u:ad sein Urteil nur auf Tatsachen gründen, die im Verfahren geltend gemacht worden sind. Er soll jedoch die Parteien auf unzulängliche Eechtsbegehren aufmerksam machen und darauf hinwirken, dass sie Tatsachen und Beweismittel, die für die Feststellung des wahren Tatbestandes notwendig erscheinen, vollständig angeben. Zu diesem Instruktionszwecke kann er jederzeit die Parteien persönlich einvernehmen.

, Art. 4.

1 Sprache der Der Eichter und die Parteien haben sich einer der Nationalsprachen Verhandlungen. j i T des -n Bundes zu ibedienen.

2 Nötigenfalls ordnet der Eichter Übersetzung an.

Instructionsrichter.

Aussetzen und llulicn des Verfahrens.

Art. 5.

Bin Instruktionsrichter leitet den Schriftenwechsel und bereitet den Eechtsstreit für die Hauptverhandlung vor.

2 Er bestimmt die von den Parteien für Gerichtskosten und Entschädigung zu leistenden Sicherstellungen und Vorschüsse gemäss Artikel 150 und 151 des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege. Er entscheidet über die Gerichtskosten bei Streitbeendigung vor der Hauptverhandlung durch gerichtlichen Vergleich oder Abstand und bestimmt bei Abstand die Höhe der Parteientschädigung.

3 Zu Zeugeneinvernahmen, Augenschein und Parteiverhör ist ein zweiter Eichter beizuziehen.

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Art. 6.

Der Eichter kann aus Gründen der Zweckmässigkeit das Verfahren aussetzen, insbesondere wenn das Urteil von der Entscheidung in einem anderen Eechtsstreit beeinflusst werden kann.

2 Von Gesetzes wegen ruht das Verfahren in den besonders bestimmten Fällen und bei Tod einer Partei.

3 Im letzteren Falle ist die Fortsetzung zu verfügen, sobald die Erbschaft nicht mehr ausgeschlagen werden kann oder die amtliche Liquidation angeordnet ist. Vorbehalten bleibt die vorherige Fortsetzung dringlicher Prozesse durch Erbschaftsvertreter.

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Sind die für die Verfügung der Fortsetzung erforderlichen Angaben über die Kechtsnachfolge weder von der Erbengemeinschaft noch von der Gegenseite erhältlich, so wird der Prozess abgeschrieben.

Art. 7.

Das Protokoll ist während der Verhandlungen niederzuschreiben.

Aufzunehmen sind die Anträge der Parteien und die Verfügungen des Eichters. Dem wesentlichen Inhalte nach sind zu protokollieren die in den Schriftsätzen der Parteien nicht enthaltenen Ausführungen tatsächlicher Natur, die Ergebnisse des Augenscheins und des Parteiverhörs, sowie die Aussagen der Zeugen und Sachverständigen.

2 Den Parteien, Zeugen und Sachverständigen sind ihre Aussagen vom Gerichtsschreiber vorzulesen oder zu lesen zu geben ; sie sind von ihnen zu unterzeichnen. Das übrige Protokoll liest er zur allfälligen Berichtigung den Parteien auf Verlangen am Schlüsse der Verhandlung vor und merkt dies an.

3 Stenographischen Protokollen sind vom Gerichtsschreiber beglaubigte Übertragungen beizufügen.

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Protokoll.

Art. 8.

Nach Beendigung des Eechtsstreites sind die Beweisurkunden den Rückgabe und Personen, die sie vorgelegt haben, gegen Empfangschein zurückzugeben, von Akten.

2 Das gerichtliche Aktenheft mit den Schriftsätzen der Parteien, den Vollmachten ihrer Vertreter, den richterlichen Verfügungen und Mitteilungen, den Protokollen und der Urteilsausfertigung ist zu archivieren.

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Dritter Titel.

Zeitbestimmung, Zustellung, Säumnis und Wiederherstellung.

Art. 9.

Der Richter bestimmt die Fristen, soweit nicht das Gesetz sie festlegt,'und erlässt die Vorladungen.

Art. 10.

Gerichtliche Mitteilungen werden der Partei zugestellt; hat die Partei einen bevollmächtigten Vertreter, so erfolgt die Zustellung an diesen. Wird das persönliche Erscheinen einer Partei verlangt, so ist dies in die Vorladung aufzunehmen.

2 Verfügungen und Urteile werden in der Eegel durch die Post auf dem für die Übermittlung gerichtlicher Urkunden vorgesehenen Wege zugestellt; sie können in anderer Weise gegen Empfangsbescheinigung zugestellt werden.

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Fristen und Vorladungen.

Form der Zustellung.

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Im Ausland vorzunehmende Zustellungen sind nach den zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder, wo solche fehlen, durch Vermittlung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vorzunehmen.

Art. 11.

Öffentliche Zustellung.

Mllmnnisfolgeu.

Wiederherstellung.

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Ist die Adresse des Empfängers unbekannt, so erfolgt die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung. Die Zustellung der Klage durch off entliehe Bekanntmachung setzt voraus, dass der Kläger die ihm zumutbaren Nachforschungen nach der Adresse des Beklagten gemacht hat.

2 Die öffentliche Bekanntmachung ist auch zulässig, wenn eine im Auslande notwendige Zustellung voraussichtlich unausführbar ist.

3 Die öffentliche Bekanntmachung geschieht durch Auskündung im Bundesiblatt und, nach Ermessen des Eichters, in weitern Blättern.

Der Erscheinungstag des Bundesblattes gilt als Tag der Zustellung.

Art. 12.

Sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, hat die Versäumung einer Prozesshandlung nur zur Folge, dass das Verfahren ohne diese weitergeht.

2 Bleibt eine Partei von einem Eechtstag aus, so wird dieser gleichwohl durchgeführt. Bisheriges Anbringen der ausgebliebenen Partei wird berücksichtigt.

3 Sind infolge Versäumung einer Prozeßschrift oder Ausbleibens einer Partei vom. Bechtstage tatsächliche Behauptungen der Gegenpartei unbestritten geblieben, so ist darüber Beweis zu erheben, wenn Gründe vorliegen, an ihrer Eichtigkeit zu zweifeln.

4 Der ausgebliebenen Partei wird eine Abschrift des Protokolls der Verhandlung zugestellt. Die Zustellung unterbleibt, wenn sie nach Artikel 11 durch öffentliche Bekanntmachung zu geschehen hätte.

5 Bleiben beide Parteien von einem Eechtstag aus, so fordert sie der Eichter zur Eechtfertigung auf. Erweist sich, dass das Ausbleiben nicht gerechtfertigt war, so kann er den Eechtsstreit abschreiben und den Parteien die Kosten zu gleichen Teilen auferlegen.

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Art. 13.

Gegen die Folgen der Versäumung einer Frist oder eines Bechtstages wird Wiederherstellung gewährt, wenn der Säumige oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten war. Dabei muss er innert 10 Tagen nach Wegfall des Hindernisses die Wiederherstellung verlangt und, im Falle der Fristversäumnis, die versäumte Prozesshandlung nachgeholt haben. Das Hindernis ist glaubhaft zu machen.

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Die Wiederherstellung ist zu versagen, wenn sie für den Prozessausgang offenbar unerheblich wäre.

3 Über das Gesuch entscheidet der Instruktionsrichter, -wenn er die versäumte Prozesshandlung verfügt hat, sonst das Gericht.

Vierter Titel.

Parteien und am Rechtsstreite beteiligte Dritte.

Art. 14.

Die Partei kann insoweit selbständig Prozess führen als sie handProzesalungsfähig ist.

fähigkeit.

Art. 15.

1 Wer ein eigenes rechtliches Interesse glaubhaft zu machen vermag, intervention, dass in einem zwischen andern Personen hängigen Eechtsstreite die eine Partei obsiege, kann ihr als Gehilfe beitreten. Über die Zulassung entscheidet der Instruktionsrichter, im Falle des Beitritts in der Hauptverhandlung das Gericht. Den Entscheid des Instruktionsrichters tonnen die Beteiligten innert 10 Tagen an das Gericht weiterziehen.

2 Der Intervenient ist berechtigt, entsprechend der Lage des Verfahrens bei seinem Beitritt Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle übrigen Prozesshandlungen vorzunehmen, soweit sie nicht im Widerspruch zu Prozesshandlungen der unterstützten Partei stehen.

3 Wird jedoch das Urteil kraft materiellen Eechts unmittelbar auch für die Eechtsbeziehungen des Intervenienten zur gegnerischen Partei wirksam sein, so ist dieser in seinen Prozesshandlungen von der unterstützten Partei unabhängig.

4 Der Eichter soll von seinen Verfügungen dem Intervenienten ebenfalls Kenntnis geben. Dem unabhängigen Intervenienten sind alle Zustellungen zu machen wie der unterstützten Partei.

Art. 16.

Wenn eine Partei einem Dritten, gegen den sie im Falle des Unterliegens im Eechtsstreite einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung zu haben oder dem sie für den Ausgang desselben haftbar zu sein glaubt, Anzeige vom Eechtsstreit macht, kann der Dritte der anzeigenden Partei als Intervenient beitreten, ohne sein Interesse glaubhaft machen zu müssen.

2 Das gleiche Eecht steht weitern Dritten zu, denen der Empfänger der Streitverkündung unter den gleichen Voraussetzungen seinerseits Anzeige macht.

3 Wird die Anzeige durch den Eichter zugestellt, so hat sie die Gründe der Benachrichtigung und die Lage des Verfahrens anzugeben.

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Streitverküudung.

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Art. 17.

Parteiwechsel.

Vertretung der Parteien.

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Wechsel der Partei ist nur mit Zustimmung der Gegenpartei gestattet.

2 Die ausscheidende Partei haftet für die bisher entstandenen Gerichtskosten solidarisch mit der eintretenden.

3 Die Rechtsnachfolge auf Grund von Gesamtnachfolge sowie kraft besonderer gesetzlicher Bestimmungen gilt nicht als Parteiwechsel.

Art. 18.

Unter Vorbehalt von Artikel 29, Absatz 5, des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege kann die Partei ihren Prozéss selbst oder durch einen bevollmächtigten Vertreter führen.

2 Die Vorschriften des Obligationenrechts über Umfang und Erlöschen der Ermächtigung gelten auch für die Vollmacht dem Gerichte gegenüber.

8 Prozesshandlungen, die von einem nicht bevollmächtigten Vertreter vorgenommen wurden und vom Vertretenen nicht genehmigt werden, sind von Amtes wegen nichtig zu erklären. Die Kosten des Verfahrens sind dem Vertreter aufzuerlegen.

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Fünfter Titel.

Schriftenwechsel.

Art. 19.

Vorbringen der Angriffs- und Verteidigungsmitte].

1 Die Parteien sollen sämtliche Angriffs- oder Verteidigungsmittel auf einmal vorbringen. Vorbehalten bleibt Artikel 30, Absatz 1.

2 Tatsachen und Beweismittel können zur Ergänzung noch im allfälligen weiteren Schriftenwechsel und mündlich in der Vorbereitungsverhandlung bis zum Beginn der Beweisführung vorgebracht werden; später nur, wenn die Verspätung entschuldbar ist sowie wenn das Vorbringen im Sinne von Artikel 8, Absatz 2, zweiter Satz, von Amtes wegen berücksichtigt werden kann. Die gleiche Beschränkung gilt, wenn eine Partei die Frist zur Einreichung einer Bechtsschrift versäumt hat.

3 Die durch nachträgliche Ergänzung entstehenden Mehrkosten des Verfahrens sind von der Partei zu tragen, sofern sie zu rechtzeitigem Vorbringen in der Lage war.

Art. 20.

zahl der Die Bechtsschriften sind in je einer Ausfertigung für das Gericht Rechtsschriften. un(j fjj,. je(je Gegenpartei einzureichen. Haben mehrere Kläger oder mehrere Beklagte den gleichen Vertreter bestellt, so genügt eine Ausfertigung für sie.

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Fehlen notwendige Ausfertigungen oder die schriftliche Vollmacht des Vertreters, so ist nach Artikel 30, Absatz 2, des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, und wenn die Eechtsschrift formwidrig oder unschicklich ist, nach Absatz 3 der nämlichen Bestimmung zu verfahren.

Art. 21.

1 Die Klage wird angehoben durch Einreichung der Klageschrift beim Bundesgericht.

2 Die Zuständigkeit des Gerichts wird durch nachherige Änderung der sie begründenden Tatsachen nicht berührt. Die Veräusserung der im Streite liegenden Sache oder die Abtretung des streitigen Anspruchs während der Eechtshängigkeit bleibt ohne Einfluss auf die Legitimation zur Sache.

3 Im übrigen bewirkt die Eechtshängigkeit nicht die Festlegung des Sachverhalts auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung.

Kechtsmi,,Bigk.it.

Art. 22.

Die Klage ist unzulässig, wenn der Anspruch bereits rechtshängig Unzuiassigkeitsoder rechtskräftig beurteilt ist.

grumi.

Art. 23.

Die Klageschrift hat zu enthalten: a. den Namen, den Wohnort und die genaue Bezeichnung dei Parteien; b. das Bechtsbegehren des Klägers; c. die Angaben, die für die Zuständigkeit des Bundesgerichts erheblich sind; d. die klar gefasste Darstellung der Tatsachen, die das Eechtsbegehren begründen (Art. 19); e. die genaue Angabe der Beweismittel für jede Tatsache, unter Beifügung der Verzeichnisnummern der Beilagen (lit. /) ; /. das numerierte Verzeichnis der Beilagen; g. das Datum und die Unterschrift des Verfassers.

Klageschrift.

Art. 24.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können Klagenhäufung, in der gleichen Klage geltend gemacht werden, wenn das Bundesgericht *· ",,^èktïve für jeden einzelnen Anspruch zuständig ist. Dieses Erfordernis gilt (Streit· i j. £·· -vr i -i genossen).

nicht für Nebenanspruche.

2 Mehrere Personen können in der gleichen Klage als Kläger auftreten oder als Beklagte belangt werden, 1

226 a. wenn sie mit Eücksicht auf den Streitgegenstand in Eechtsgemeinschaft stellen oder aus dem gleichen tatsächlichen und rechtlichen Grunde berechtigt oder verpflichtet, sind. Der Eichter kann einen Dritten, der in der Eechtsgemeinschaft steht, zum Streite beiladen. Der Beigeladene wird Partei.

b. wenn gleichartige, auf einem im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche den Streitgegenstand bilden und die Zuständigkeit des Bundesgerichts für jeden einzelnen Anspruch begründet ist.

3 Der Eichter kann jederzeit verbundene Klagen trennen, wenn er es für zweckmässig hält.

Teststellungsklixge.

Klagefinderung.

lliicknahme der Klage.

Zustellung der Klage.

Art. 25.

Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eechtsverhältnisses kann geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an sofortiger Feststellung hat.

Art. 26.

Das Eechtsbegehren kann in der Weise geändert werden, dass ein anderer oder weiterer Anspruch erhoben wird, der mit dem bisher geltendgemachten im Zusammenhang steht.

2 Neues tatsächliches Vorbringen zur Begründung der geänderten Klage unterliegt den Beschränkungen des Artikel 19, Absatzes 2 und .3.

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Art. 27.

Der Kläger kann die Klage vor Zustellung an den Beklagten zurücknehmen. Der Instruktionsrichter macht ihn darauf aufmerksam, wenn sich die Klage infolge Prozessmangels als unzulässig erweist.

2 Wird sie innert 20 Tagen unter Hebung des Prozessmangels wieder eingereicht, so wird die Eechtshängigkeit auf die erste Einreichung zurückbezogen. Dasselbe gilt, wenn die Klage wegen eines Prozessmangels vom Gericht zurückgewiesen wird.

3 Nach der Zustellung bedarf die Eücknahme der Klage der Zustimmung des Beklagten; ohne diese ist sie als Abstand auszulegen.

Vorbehalten bleibt Artikel 78, Absatz 3.

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Art. 28.

Die Klage wird dem Beklagten unter Ansetzung einer Frist zur Beantwortung zugestellt.

2 Stellt der Beklagte das Begehren um Sicherstellung der Parteikosten gemäss Artikel 150, Absatz 2, des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, so wird der Lauf der Antwortfrist unterbrochen.

Wird das Begehren abgewiesen oder die Sicherheit geleistet, so setzt der . Eichter eine neue Antwortfrist an.

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227 Art. 29.

Die Klageantwort hat zu enthalten: a. alle Einwendungen gegen die prozessuale Zulässigkeit der Klage mit Begründung; b. die Anträge in der Sache; c. die Widerklage, wenn der Beklagte eine solche erheben will (Art. 31) ; d. die Antwort auf das Klageanbringen und die tatsächliche Begründung der Anträge in klar gefasster Darstellung (Art. 19).

Die Begründung der Widerklage kann mit der Antwort verbunden oder gesondert angeschlossen werden; e. die genaue Angabe der Beweis- und Gegenbeweismittel für jede Tatsache unter Beifügung der Verzeichnisnummern der Beilagen (lit. /), sowie die Einwendungen gegen die vom Kläger angerufenen Beweismittel; /. das numerierte "Verzeichnis der Beilagen; g. das Datum und die Unterschrift des Verfassers.

Art. 30.

Der Instruktionsrichter kann verfügen, dass die Antwort sich auf Einwendungen gegen die prozessuale Zulässigkeit der Klage beschränke, wenn erhebliche Zweifel gegen diese bestehen oder der Beklagte ohne Verzug nach Zustellung der Klage ernsthafte Gründe dagegen vorbringt.

2 Erweist sich nachträglich die Voraussetzung der Beschränkung als unbegründet, so ist der Schriftenwechsel zu vervollständigen.

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Art. 81.

Widerklage ist zulässig für Ansprüche gemäss Artikel 41 und 42 des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege. Der Gegenanspruch muss mit dem Klageanspruch in rechtlichem Zusammenhang stehen oder beide Ansprüche müssen verrechenbar sein.

2 Die Widerklage bleibt bestehen, auch wenn die Klage dahinfällt.

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Art. 32.

Die Antwort wird dem Kläger zugestellt unter Ansetzung einer Frist zur Beantwortung der Widerklage, wenn eine solche erhoben worden ist. Artikel 28 und 29, lit. a, b, d bis g, sind entsprechend anwendbar.

2 Eine schriftliche Eeplik ist einzuholen, wenn sie zur Erklärung des Klägers über das Vorbringen der Antwort geboten erscheint. Unter entsprechender Voraussetzung kann dem Beklagten Frist zur Duplik angesetzt werden.

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Klageantwort.

Beschränkung der Autwort.

Widerklage.

Weiterer Sohriftenweclisel.

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Art. 33.

Urkunden* Dio Partei hat die Urkunden, auf die sie sich zum Beweise beruft, Zeichnung der und bei Berufung auf öffentliche Eegister beglaubigte Auszüge daraus Beweismittel, geheftet und numeriert der Bechtsschrift beizulegen. Vorbehalten bleibt Erlass der Vorlage gemäss Artikel 53. In umfangreichen Beilagen sind die angerufenen Stellen kenntlich zu machen. v 2 Befinden sich die Urkunden nicht in Händen der Partei, so sind die Inhaber mit Namen und Adresse zu bezeichnen. In gleicher Weise sind dia angerufenen Zeugen zu bezeichnen.

Sechster Titel.

Anwendung.

Vorbereitungsverfahren.

Art. 34.

1 Nach Abschluss des Schriftenwechsels führt der Instruktionsrichter das Vor ber eitungs verfahren durch.

2 Das Vorbereitungsverfahren ist entsprechend zu beschränken, wenn eine Beschränkung der Antwort gemäss Artikel 30 stattgefunden hat oder eir.e solche Anordnung nunmehr zweckmässig erscheint. Es kann auch auf eine einzelne materielle Frage beschränkt werden, durch deren Beurteilung der Eechtsstreit voraussichtlich seinen Abschluss finden wird.

Art. 35.

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Mündliche In mündlicher Vorbereitungsverhandlung erörtert der Instruktionsverhandlung. Achter mit den Parteien den Streitfall und veranlasst sie nötigenfalls, ihre Ausführungen zu verdeutlichen, zu berichtigen, zu vereinfachen oder zu ergänzen. Die Parteien sind dazu in der Eegel persönlich vorzuladen.

2 Der Instruktionsrichter führt darauf das Beweisverfahren durch.

3 Die Beweisführung wird auf die Hauptverhandlung verschoben, wenn die unmittelbare Wahrnehmung durch das Gericht aus besondern Gründen geboten ist.

4 Im Einverständnis mit den Parteien kann die mündliche Vorbereitungsverhandlung unterbleiben.

Siebenter Titel.

Beweis.

1. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 36.

Beweis* Beweis wird nur über erhebliche und soweit nicht der Sachverhalt Tateîkchèn'; von Amtes wegen zu erforschen ist oder ein Fall nach Artikel 12, Absatz 3, Geständnis, vorliegt, nur über bestrittene Tatsachen geführt.

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Ob mangels eines ausdrücklichen Geständnisses eine Tatsache als bestritten anzusehen sei, hat der Eichter unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts des Vorbringens und des Verhaltens der Partei im Prozesse zu beurteilen.

3 Inwiefern das Geständnis durch beigefügte Zusätze und Einschränkungen oder durch Widerruf unwirksam wird, beurteilt der Eichter nach freiem Ermessen.

4 In gleicher Weise beurteilt er, inwiefern infolge eines aussergerichtlichen Geständnisses der Beweis unnötig wird.

Art. 37.

Der Eichter ist an die von den Parteien angebotenen Beweismittel nicht gebunden; er berücksichtigt nur die notwendigen. Er kann auch von den Parteien nicht angebotene Beweismittel beiziehen.

Bestimmung der Beweismittel durch den llichter.

Art. 88.

Die Parteien sind berechtigt, der Beweiserhebung beizuwohnen und in die vorgelegten Urkunden Einsicht zu nehmen. Wo es zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen einer Partei oder eines Dritten nötig ist, hat der Eichter von einem Beweismittel unter Ausschluss der Gegenpartei oder der Parteien Kenntnis zu nehmen.

Beweiserhebung in 'Anwesenheit der Parteien und Urkundenciusicht.

Art. 39.

Im Ausland notwendige Beweisaufnahmen sind im Wege der Eechtshilfe herbeizuführen. Kann der Beweis durch einen schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertreter aufgenommen werden, SO ist das Ersuchen an diesen zu richten.

Art. 40.

Der Eichter würdigt die Beweise nach freier Überzeugung. Er wägt mit das Verhalten der Parteien im Prozesse, wie das Nichtbefolgen einer persönlichen Vorladung, das Verweigern der Beantwortung richterlicher Fragen und das Vorenthalten angeforderter Beweismittel.

Beweismassimlmien im Ausland.

Freie Beweiswürdiguug.

Art. 41.

Zur Sicherung gefährdeter Beweise trifft der Instruktionsrichter die geeigneten Vorkehren. Beweissicherung vor Einreichung der Klage ist Sache der kantonalen Gerichtsbarkeit.

Bundesblatt.

100. Jahrg.

Bd. I.

16

BeweisSicherung.

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2. Beweismittel, a. Zeugen.

Art. 42.

Zeugnisverwcigeruugsrecht.

1

Das. Zeugnis kann verweigert werden: a. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Ehegatten, Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie und im zweiten Grad der Seitenlinie, den Adoptiveltern oder dem Adoptivkind die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder einer schweren Benachteiligung der Ehre zuziehen kann oder einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde; b. von den in Artikel 821, Ziffer l, des Strafgesetzbuches genannten Personen über Tatsachen, die nach dieser Vorschrift unter das Berufsgeheimnis fallen, sofern der Berechtigte nicht in die Offenbarung des Geheimnisses eingewilligt hat.

2 Die Offenbarung anderer Berufsgeheimnisse sowie eines Geschäftsgeheimnisses kann der Eichter dem Zeugen erlassen, wenn dessen Interesse an der Geheimhaltung auch bei Berücksichtigung der Sicherungsmassnahmen gemäss Art. 38 das Interesse des Beweisführers an der Preisgabe überwiegt.

3 Für die Zeugnispflicht von Beamten über Wahrnehmungen in Ausübung itires Amtes sind die einschränkenden Vorschriften des Verwaltungsrechtes des Bundes und der Kantone massgebend.

Art. 43.

Zeugenvorladung.

In der Zeugenvorladung ist der Gegenstand der Einvernahme summarisch zu bezeichnen. Auf den Entschädigungsanspruch des Zeugen und die Folgen unentschuldigten Ausbleibens ist hinzuweisen.

Art. 44.

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* Beruft sich der Zeuge auf das Recht der Zeugnisverweigerung, so hat er gleichwohl der Vorladung zu folgen, sofern diese nicht ausdrücklich widerrufen worden ist.

2 Der ohne genügende Entschuldigung ausbleibende Zeuge ist zu den durch sein Ausbleiben entstehenden Kosten zu verurteilen. Er kann zwangsweise vorgeführt werden.

3 Bleibt der Zeuge wiederholt ohne genügende Entschuldigung aus oder verweigert er trotz Hinweises auf die Straffolgen unbefugt seine Aussage, so ist er mit Haft bis zu 10 Tagen oder mit Busse bis zu Fr. 300 zu bestrafen.

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Über das Eecht zur Verweigerung des Zeugnisses und die Ungehorsamsstrafe befindet der Instruktionsrichter, in der Hauptverbandlüng das Gericht.

Art. 45.

1 Jeder Zeuge wird in Abwesenheit der später abzuhörenden einvernommen. Bei Widerspruch der Aussagen kann er andern Zeugen gegenübergestellt werden.

2 Der Zeuge soll gegebenenfalls auf das Becht der Zeugnisverweigerung aufmerksam gemacht werden; er soll zur wahrheitsgemässen Aussage ermahnt und auf die strafrechtlichen Folgen des falschen Zeugnisses gemäss Artikel 307 des Strafgesetzbuches hingewiesen werden.

Art. 46.

Der Zeuge wird durch den Eichter einvernommen. Die Parteien erhalten Gelegenheit, Brläuterungs- und Ergänzungsfragen zu beantragen, über deren Zulässigkeit der Eichter entscheidet.

Art. 47.

Zur Vermeidung unverhältnismässig hoher Kosten kann die Einvernahme des Zeugen dem Eichter des "Wohnortes übertragen werden.

Er führt sie in den Formen des kantonalen Prozessrechts durch.

Art. 48.

Der Zeuge hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen Eeiseauslagen.

Erleidet er durch die Zeitversäumnis eine Einbusse an seinem Arbeitserwerb, so ist er auch hierfür zu entschädigen, und zwar vollständig, wenn er darauf angewiesen ist, sonst nach billigem Ermessen des Eichters.

Art. 49.

Der Eichter kann von Amtsstellen und ausnahmsweise auch von Privatpersonen schriftliche Auskunft einziehen. Er befindet nach freiem Ermessen, ob sie zum Beweise tauglich ist oder der Bekräftigung durch gerichtliches Zeugnis bedarf.

Einvernahme.

Fragcrecht.

Rogatorische Einvernahme.

ZeugengcM.

Schriftliche Auskunft.

b. Urkunden.

Art. 50.

Die Partei ist verpflichtet, die in ihren Händen befindlichen Urkunden dem Eichter vorzulegen. Bestreitet sie den Besitz einer Urkunde, so kann sie gemäss Artikel 64 über ihren Verbleib zur Aussage unter S traf folge verhalten werden.

1

Editionspflicht, der Partei.

232 2

Weigert sieh die Partei, die Urkunde vorzulegen oder über deren Verbleib Auskunft zu geben, oder hat sie die Urkunde absichtlich be. seitigt oder untauglich gemacht, so würdigt der Richter dieses Verhalten nach Artikel 40.

Art. 51.

Edi

Dritte?'chfc

)...'

1 Dritte sind verpflichtet, die in ihren Händen befindlichen Urkunden dem Richter vorzulegen. Sie sind dieser Verpflichtung enthoben, wenn die Urkunden sich auf Tatsachen beziehen, über die sie als Zeugen gemäss Artikel 42 die Aussage verweigern könnten. Ist die Verweigerung nur in. bezug auf einzelne Teile einer Urkunde begründet, die durch Versiegelung oder auf andere Weise der Einsicht entzogen werden können, so besteht die Verpflichtung zur Vorlegung unter dieser Sicherung.

2 Bestreitet der Dritte den Besitz der Urkunde, so kann er über ihren Verbleib als Zeuge einvernommen werden.

3 Bei Nichtbefolgen der Aufforderung zur Vorlegung und bei Verweigerung der Vorlegung finden Artikel 44, Absatz 3 und 4, entsprechende Anwendung.

4 Für die Vorlegung der Urkunden öffentlicher Verwaltungen des Bundes und der Kantone bleiben deren besondere Vorschriften vorbehalten.

Art. 52.

Art und Weise der Edition.

Besichtigung an Ort und

Stelle.

1

Die Urkunde ist im Original oder in beglaubigter Abschrift oder in Photokopie vorzulegen. Der Richter kann das Original verlangen.

2 Die Teile, die nicht dßm Beweise dienen, können mit Ermächtigung des Richters durch Versiegeln oder auf andere Weise der Einsicht des Richters und der Parteien entzogen werden.

Art. 53.

In Urkunden, deren Vorlegung bei Gericht infolge ihrer Beschaffenheit nicht tunlich ist oder deren Herausgabe berechtigte Interessen verletzen würde, kann an Ort und Stelle Einsicht genommen werden.

Art. 54.

Bestreitung der Echtheit.

1

Ist die Echtheit einer Urkunde bestritten und sind Zweifel daran begründet, so ist darüber Beweis anzuordnen.

2 Ist die Fälschung einer Urkunde Gegenstand eines Strafverfahrens, so kann der Richter bis zu dessen Erledigung den Rechtsstreit einstellen.

233 c. Augenschein.

Art. 55.

Die Partei ist verpflichtet, an ihrer Person und an den in ihrem Gewahrsam stehenden Sachen den Augenschein zu dulden. Ihre Weigerung würdigt der Kichter nach Artikel 40.

2 Dritte sind verpflichtet, an den in ihrem Gewahrsam stehenden Sachen den Augenschein zu dulden, soweit sie nicht in sinngemässer Anwendung von Artikel 42 zur Weigerung berechtigt sind. Unbefugte Weigerung zieht Bestrafung gemäss Artikel 44, Absatz 8 und 4, nach sich. Der Binlass in Liegenschaften zur Besichtigung kann überdies polizeilich erzwungen werden.

3 Kann die zu besichtigende Sache vor Gericht gebracht werden, so ist sie wie eine Urkunde vorzulegen.

1

Verpflichtung zur Duldung.

Art. 56.

Der Eichter zieht nach Bedürfnis die Zeugen und Sachverständigen Durchführung, zum Augenschein bei.

2 Ist die eigene Wahrnehmung des Eichters unnötig oder unangemessen, so kann er anordnen, dass der Sachverständige den Augenschein ohne seine Anwesenheit vornehme.

3 Die Parteien sind von der Teilnahme ausgeschlossen, wenn die Geheimniswahrung gemäss Artikel 38, Satz 2, oder die Natur der Be. .

sichtigung es verlangen.

1

d. Sachverständige.

Art. 57.

Sind zur Aufklärung des Sachverhaltes Fachkenntnisse erforderlieh, so zieht der Eichter einen oder mehrere Sachverständige als Gehilfen bei. Sie beteiligen sich nach seiner Anordnung an der Instruktion des Prozesses und begutachten die 'ihnen vom Eichter vorgelegten Fragen.

2 Der Eichter gibt den Parteien Gelegenheit, sich zu den Fragen an die Sachverständigen zu äussern und Abänderungs- und Ergänzungsanträge zu stellen.

Art. 58.

1 Für Sachverständige gelten die gleichen Ausstandsgründe, die für die Eichter in Artikel 22 und 23 des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vorgesehen sind.

2 Die Parteien erhalten Gelegenheit, vor der Ernennung von Sachverständigen Einwendungen gegen die in Aussicht Genommenen vorzubringen.

1

Aufgabe,

Ernennung,

234 pflichten.

Gutachten.

Art. 59.

Der Sachverständige imi nach bestem Wissen und Gewissen zu amten und sich der strengsten Unparteilichkeit zu befleissen. Auf diese Pflicht ist er bei der Ernennung aufmerksam zu machen.

2 Ungehörige Erfüllung des angenommenen Auftrages zieht Ordnungsbuiäse gemäss Artikel 31, Absatz l, des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege nach sich.

l

Art. 60.

i Der Sachverständige erstattet sein Gutachten mit Begründung entweder schriftlich innert zu bestimmender Frist oder in mündlicher Verhandlung zu Protokoll. Mehrere Sachverständige verfassen das schriftliche Gutachten gemeinsam, wenn ihre Ansichten übereinstimmen, sonst gesondert. Entspricht das Gutachten den Anforderungen, so ist den Parteien eine Abschrift zuzustellen. Sie erhalten Gelegenheit, Erläuterung und Ergänzung oder eine neue Begutachtung zu beantragen 2 Der Richter stellt die ihm notwendig erscheinenden Erläuterungsund Erge'.nzungsfragen in mündlicher Verhandlung oder zu schriftlicher Beantwortung. Er kann andere Sachverständige beiziehen, wenn er das Gutachten für.ungenügend hält. Artikel 58 ist anwendbar.

Art. 61.

Entschädigung. Der Sachverständige hat Anspruch auf Vergütung seiner Auslagen sowie auf ein Honorar nach freiem Ermessen des Richters.

e. Parteiverhör.

Durchführung.

Parte istcllung im Verhör.

Art. 62.

Die Partei kann zum Beweise einer Tatsache dem Verhör unterzogen werden. Kommt eine Wahrnehmung beider Parteien in Betracht, so sollen beide verhört werden.

2 Die Parteien sind vor dem Verhör zur Wahrheit zu ermahnen und darauf aufmerksam zu machen, dass sie zur Beweisaussage unter Straffolge angehalten werden können. Artikel 46 ist entsprechend anwendbar.

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Art. 63.

Führt die Partei den Prozess durch ihren gesetzlichen Vertreter, so ist sie selbst zu verhören, wenn sie urteilsfähig ist und eigene Wahrnehmungen gemacht hat, sonst der Vertreter.

2 Ist die Partei eine juristische Person, so bestimmt der Richter, welches von den Mitgliedern mit Organeigenschaft, und ist sie eine Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, welcher von den Gesellschaftern zu verhören ist.

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235 3 Im Prozess der Konkursmasse kann sowohl der Konkursverwalter als auch der Gemeinschuldner als Partei verhört werden.

Art. 64.

Der Bichter kann eine Partei zur Beweisaussage unter Straffolge Beweisaussage über bestmimte Tatsachen verhalten, wenn er es nach dem Ergebnis des unter straffol»ceinfachen Parteiverhörs für geboten erachtet.

2 Vor dem nochmaligen Verhör ist die Partei neuerdings zur Wahrheit zu ermahnen. Die Straffolgen der falschen Aussage gemäss Artikel 306 des Strafgesetzbuches sind ihr bekanntzugeben.

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Art. 65.

Der Bichter würdigt den Beweiswert der Parteiaussage nach freiem Ermessen.

2 Bleibt eine Partei ohne genügende Entschuldigung aus, obschon sie persönlich vorgeladen war, oder verweigert sie die Antwort, so würdigt der Bichter dieses Verhalten nach Artikel 40.

1

Würdigung.

Achter Titel.

Hauptverhandlung.

Art. 66.

Der Abschluss des Vorbereitungsverfahrens wird den Parteien mitgeteilt.

2 Der Abteilungspräsident erlässt die Vorladungen zur Hauptverhandlung vor dem Gericht.

3 Artikel 84, Absatz 2, ist entsprechend anwendbar.

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Art. 67.

Das Gericht erhebt gemäss. Artikel 35, Absatz 3, auf die HauptA . . .

. .

°_ Verhandlung verschobene Beweise.

2 Beweiserhebungen des Instruktionsrichters kann das Gericht auf Antrag, der innert 10 Tagen seit dem Abschluss des Vorbereitungsverfahrens zu stellen ist, oder von Amtes wegen bis zum Schluss der Hauptverhandlung ergänzen. Es kann auch vom Instruktionsrichter erhobene Beweise wiederholen, wenn besondere Gründe hierfür sprechen, insbesondere wenn ihm die unmittelbare Wahrnehmung geboten erscheint.

3 Das Gericht kann auf Antrag oder von Amtes wegen die Sache zur Ergänzung der Instruktion an den Instruktionsrichter zurückweisen.

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Ansetzung,

Beweis-

massnahmen.

236

Parteivorträge, Urteilsfällung.

Prozesskosten.

Urteilseröffnung.

Rechtskraft des Urteils.

Art. 68.

Hält das Gericht die Beweiserhebungen für vollständig, so erhalten die Parteien das Wort zur Begründung ihrer Anträge, zu Eeplik und Duplik.

2 Werden nachträglich noch Beweise aufgenommen, so kann das Gericht einen weiteren Vortrag gestatten.

3 Soweit tunlich, finden Beratung und Abstimmung anschliessend an die mündliche Verhandlung statt.

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Art. 69.

Über die Prozesskosten entscheidet das Gericht von Amtes wegen nach Ma.ssgabe der Artikel 153, 156 und 159 des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege.

2 Es bestimmt nach seinem Ermessen, ob mehrere Kläger oder Beklagte solidarisch und in welchem Verhältnis unter sich oder ob sie nach Kopfteilen oder entsprechend ihrer Beteiligung am Bechtsstreit kostenpflichtig oder ersatzberechtigt sind. Ebenso bestimmt es, inwieweit der Intervenient an die Gerichtskosten und die Entschädigung des Gegners der unterstützten Partei beitragspflichtig oder diesem gegenüber ersatzberechtigt ist.

3 Die Parteien sollen vor dem Urteil ein spezifiziertes Verzeichnis ihrer Kostenforderung einreichen.

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Art. 70.

Das Urteil wird sogleich mündlich eröffnet. Mit Einwilligung der Parteien kann es schriftlich eröffnet werden.

2 Jeder Partei wird eine Ausfertigung mit den vollständigen Entscheidungsgründen zugestellt.

3 Der abwesenden Partei ist das Dispositiv des Urteils sogleich schriftlich mitzuteilen. Die Zustellung der vollständigen Urteilsausfertigung an sie unterbleibt, wenn sie nach Artikel 11 durch öffentliche Bekanntmachung zu geschehen hätte. An ihre Stelle tritt die Aufnahme in das gerichtliche Aktenheft; das Datum ist anzumerken.

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Art. 71.

Das Urteil wird mit der Ausfällung rechtskräftig.

2 Die Eechtskraft erstreckt sich auf die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der einredeweise geltend gemachten Gegenforderung bis zur Höhe des Betrages, mit dem verrechnet werden soll.

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237 Neunter Titel.

Erledigung des Rechtsstreites ohne Urteil.

Art. 72.

Wird ein Kechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels recht- Gegenstandslos liehen Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht nach Vernehmlassung Rechtsstreit, der Parteien ohne weitere Parteiverhandlung als erledigt und entscheidet mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes.

Art. 78.

Der vor dem Eichter erklärte oder dem Eichter zur Verurkundung im Protokoll eingereichte Vergleich der Parteien und der Abstand einer Partei beenden den Eechtsstreit.

2 In den gerichtlichen Vergleich können ausserhalb des Prozesses liegende Streitfragen zwischen den Parteien und einer Partei mit Dritten einbezogen werden, sofern es der Beilegung des Prozesses dient.

â Ist die Einrede erhoben worden, der Anspruch sei nicht fällig oder er sei von einer Bedingung abhängig, oder ist ein Prozessmangel gerügt worden, so kann der Kläger die Klage unter dem Vorbehalt zurücknehmen, sie nach Eintritt der Fälligkeit oder der Bedingung oder nach Behebung des Prozessmangels wieder einzureichen.

* Gerichtlicher Vergleich und Abstand sind wie das Urteil vollstreckbar.

1

Gerichtlicher Vergleich und Abstand.

Zehnter Titel.

Vollstreckung.

Art.'74.

1 Das Urteil ist sofort vollstreckbar.

2 Macht das Urteil die einer Partei auferlegte Leistung von einer Bedingung oder Gegenleistung abhängig, so ist es vollstreckbar, sobald das Bundesgericht festgestellt hat, dass die Bedingung eingetreten oder die Gegenleistung erbracht ist. Die Feststellung erfolgt auf Antrag des Berechtigten nach Anhörung des Pflichtigen und amtlicher Erhebung des Sachverhalts ohne Parteiverhandlung.

Art. 75.

Urteile, die zur Zahlung einer Geldsumme oder zur Sicherheitsleistung in Geld verpflichten, werden nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vollstreckt.

Vollstreckbarkeit.

urteile auf e za UD8 '

238

Urteile auf Tun und Unterlassen.

Art. 76.

In Urteilen, die Private zur Vornahme einer Handlung verpflichten, sind für den Fall der Nichtvornahme innert zu bestimmender Frist und in Urteilen, die sie zum Unterlassen einer Handlung verpflichten, für jede Widerhandlung die Ungehorsamsstrafen des Artikel 292 des Strafgesietzbuches von Amtes wegen anzudrohen.

2 Die Strafverfolgung findet auf Antrag der berechtigten Partei gemäss Artikel 28--31 des Strafgesetzbuches statt. Sie sehliesst den Anspruch auf Vollstreckung des Urteils nicht aus.

3 Der berechtigten Partei bleibt vorbehalten, statt der zwangsweisen Durchführung oder Fortführung der Vollstreckung oder nach erfolgloser Vollstreckung Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.

1

Art. 77.

Realvollstreckung.

"

1

Die Vollstreckung des Urteils liegt dem Bundesrat ob.

Auf Gesuch der berechtigten Partei trifft er durch Vermittlung der kantonalen Behörde oder unmittelbar alle hierzu erforderlichen Massnahmen, wie polizeiliche Wegnahme der herauszugebenden Sache, Vornahme anderer, nicht notwendig persönlich auszuführender Handlungen und Beseitigung des der Unterlassungspflicht widersprechenden Zustandes durch einen Dritten, nötigenfalls unter polizeilichem Schutz, sowie Beiordnung solchen Schutzes gegen den zur Duldung Verpflichteten.

3 Die berechtigte Partei hat die Kosten dieser Massnahmen vorzuschiessen; nach deren Durchführung ist der Pflichtige durch den Bundesrat zum Ersatz dieser Kosten zu verurteilen.

2

Art. 78.

Abgabe einer * Ist der Beklagte zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so erkiärung. wird, die Erklärung durch das Urteil ersetzt. Ist sie von einer Bedingung oder Gegenleistung abhängig, so tritt diese Wirkung mit der Feststellung gemäss Artikel 74, Absatz 2, ein.

2 Betrifft die Willenserklärung ein im Grundbuch einzutragendes Eecht, so erteilt der Eichter im Urteil die Ermächtigung zur Eintagung im Sinne von Artikel 18 und 19 der Grundbuchverordnung vom 22. Februar 1910.

239 Elfter Titel.

Vorsorgliche Verfügungen.

Art. 79.

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Fälle.

Vorsorgliche Verfügungen können getroffen werden: a. zum Schütze des Besitzes gegen verbotene Eigenmacht und widerrechtliche Vorenthaltung ; o. zur Abwehr eines drohenden, nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteils, insbesondere durch Veränderung des bestehenden Zustandes vor oder während der Eechtshängigkeit des Anspruchs.

2 Ausgeschlossen ist die vorsorgliche Verfügung zur Sicherung von Forderungen, die dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs unterliegen.

Art. 80.

1 Zuständig zur vorsorglichen Verfügung vor rechtshängiger Klage Zuständigkeit, ist der Abteilungspräsident, nachher der Instruktionsrichter, in der Hauptverhandlung das Gericht.

2 Der Entscheid kann innert zehn Tagen an das Gericht weitergezogen werden. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, soweit diese nicht ausdrücklich erteilt wird.

Art. 81.

Das Gesuch um vorsorgliche Verfügung ist schriftlich einzureichen.

In der Vorbereitungs- und in der Hauptverhandlung kann es mündlich gestellt werden.

2 Die begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.

3 Der Gesuchsgegner erhält Gelegenheit zur Vernehmlassung. In Fällen dringender Gefahr können vorläufige Massnahmen schon auf Einreiehung des Gesuches hin getroffen werden.

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Gesuch.

Art. 82.

Wird die vorsorgliche Verfügung vor rechtshängiger Klage ge- Klagefrist und troffen, so kann dem Gesuchsteller Frist zur Einreichung der Klage S1ieSrgte" gesetzt werden.

2 Die vorsorgliche Verfügung wie die vorläufigen Massnahmen sind von Sicherheitsleistung abhängig zu machen, wenn dem Gesuchsgegner durch sie Schaden entstehen kann.

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Art. 83.

Vorsorgliche Verfügungen und vorläufige Massnahmen werden wie Vollstreckung, Urteile vollstreckt.

"SaßSSv.

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240 2

Der Eichter kann von sich aus oder auf Antrag der Parteien auf seinen Entscheid zurückkommen, wenn die Umstände sich geändert haben.

3 Er hebt die vorsorgliche Verfügung auf, wenn sie sich nachträglich als ungerechtfertigt erweist oder wenn die zur Einreichung der Klage gesetzte Frist unbenutzt verstrichen ist.

4 Bei einem Entscheid über Abänderung oder Aufhebung einer Verfügung ist Artikel 80, Absatz 2, entsprechend anwendbar.

Schadenersatz.

Art. 84.

Dei: durch vorsorgliche Verfügung oder durch vorläufige Massnahmen entstandene Schaden ist zu ersetzen, wenn der Anspruch, für den sie bewilligt wurden, nicht zu Eecht bestand oder nicht fällig war.

2 Zuständig für die Schadenersatzklage ist das Bundesgericht.

3 Eine bestellte Sicherheit ist erst freizugeben, wenn feststeht, dass eine Schadenersatzklage nicht erhoben wird. Bei Ungewissheit kann der Eichter Frist zur Klage setzen.

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Art. 85.

Vorbehalt Die besondern Vorschriften anderer Bundesgesetze über vorsorgVorschriften, liehe Verfügungen bleiben vorbehalten.

Zwölfter Titel.

Schluss- und Übergangsbestimmungen.

Revision.

Inkrafttreten.

Art. 86.

Artikel 139 des Bundesgesetzes · über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 ist aufgehoben, soweit er die Bevision von Zivilurteilen des Bundesgerichts als einziger Instanz betrifft.

Art. 87.

j^ Buadegrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

2 Mit seinem Inkrafttreten ist das Bundesgesetz über das Verfahren bei dem Bundesgerichte in bürgerlichen Eechtsstreitigkeiten vom 22. November 1850 aufgehoben.

3 Hängige Verfahren werden nach dem bisherigen Gesetze zu Ende geführt. Die* Artikel 3, 19 und 26 des neuen Gesetzes finden jedoch sinngemässe Anwendung.

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241

Also beschlossen vom Ständerat, Bern, den 4. Dezember 1947.

Der Präsident: Iten.

Der Protokollführer: Ch. Oser.

Also beschlossen vom Nationalrat, Bern, den 4. Dezember 1947.

Der Präsident: A. Picot.

Der Protokollführer: Leimgruber.

Der schweizerische Bundesrat beschliesst : Das vorstehende Bundesgesetz ist gemäss Art. 89, Abs. 2, der Bundesverfassung und Art. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Bern, den 4. Dezember 1947.

7143

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeskanzler: Leimgruber.

Datum der Veröffentlichung 22. Januar 1948.

Ablauf der Referendumsfrist 21. April 1948.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz über den Bundeszivilprozess. (Vom 4. Dezember 1947.)

In

Bundesblatt

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Jahr

1948

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

03

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.01.1948

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219-241

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10 036 120

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