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Bundesblatt 110. Jahrgang

Bern, den 31. Dezember 1958

Band II

Erscheint wöchentlich. Frei» SO Franken im -Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Kappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern '

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58. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die gemäss Bundesbeschluss erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland (Vom 30. Dezember 1958) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend von den weiteren Massnahmen Kenntnis zu geben, die wir auf Grund des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland getroffen haben.

I. Verkehr mit den einzelnen Ländern

l, Argentinien Die neue argentinische Regierung, die am I.Mai 1958 ihr Amt antrat, hat als eine der.ersten Massnahmen auf wirtschaftlichem Gebiet das bereits bestehende Austerity-Regime verschärft. Wie bereits im 57.Bericht angedeutet wurde, führten diese Massnahmen zu einem weitern Bückgang argentinischer Bestellungen bei der schweizerischen Exportindustrie.

Der in der Angelegenheit der Elektrizitätsgesellschaft CADE hängige Rechtsstreit konnte in der Berichtsperiode durch eine Verständigung zwischen der Begierung und der Gesellschaft beigelegt werden.

2. Belgien, Niederlande, Luxemburg (Bénélux) Das im 55.Bericht erwähnte Handelsabkommen vom 21. Juni 1957 galt erstmals für das Vertragsjahr I.April 1957 bis 31.März 1958. Da keine Kündigung erfolgte, bleibt es bis zum 31. März 1959 in Kraft.

Der Handelsverkehr mit den Benelux-Ländern und ihren Überseegebieten (Belgischer Kongo mit Buanda-Urundi, Niederländische Antillen, Surinam und Bundesblatt. 110. Jahrg. Bd. II.

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1734 Niederländisch-Neuguinea) zeigt folgendes Bild: Die schweizerische Einfuhr stieg von 741 Millionen Franken im Jahr 1956 auf 758 Millionen im Jahr 1957 und betrug in den ersten 11 Monaten des laufenden Jahres 637 Millionen; 1956 belief sich die Ausfuhr auf 560 Millionen Pranken, 1957 auf 590 Millionen und vom Januar bis November 1958 auf 490 Millionen.

Der Zahlungsverkehr mit den Benelux-Staaten wickelt sich weiterhin auf getrennter Grundlage ab : Mit der niederländischen Guldenzone auf Grund des Zahlungsabkommens vom 24. Oktober 1945 und mit dem belgischen Währungsgebiet über das Zahlungsabkommen vom 24. Oktober 1951. Auch diese beiden Abkommen wurden stillschweigend von Jahr zu Jahr verlängert.

3. Bundesrepublik Deutschland Der Warenverkehr zeigt im Vertragsjahr (1. Oktober 1957 bis 30. September 1958) im Vergleich mit der entsprechenden Periode des Vorjahres folgende Entwicklung : Die Einfuhr ging von 2193 auf 1973 Millionen Pranken zurück, während die Ausfuhr von 936 auf 1038 Millionen Franken stieg und damit erstmals die Milliardengrenze überschritt. Die nach wie vor starke Passivität der schweizerischdeutschen Handelsbilanz erfährt eine gewisse Milderung durch das Aktivum bei den unsichtbaren Leistungen. Der noch verbleibende Saldo wird im Rahmen der Europäischen Zahlungsunion ausgeglichen.

Die Besprechungen des Gemischten Regierungsausschusses über den gegenseitigen Warenverkehr (Festsetzung der Einfuhrkontingente für die noch nicht liberalisierten Waren sowie der schweizerischen Bezugskontingente für Kohle, Petrolkoks, Roheisen, Walzwerkserzeugnisse und Holz für die Zeit ab I.Oktober 1958) konnten infolge anderweitiger Beanspruchung der beiden Verhandlungsdelegationen nicht vor Ablauf des Vertragsjahres stattfinden und mussten verschoben werden. Um keinen Unterbruch eintreten zu lassen, wurde durch Notenwechsel die Gültigkeit der bisherigen Warenliste pro rata temporis über den 30. September 1958 hinaus um drei Monate verlängert.

4. Dänemark Die Gültigkeitsdauer der gegenseitigen Kontingentslisten wurde stillschweigend um ein weiteres Vertragsjahr bis Ende September 1959 verlängert.

Durch einen Briefwechsel vom 30. September 1958 zwischen der Schweizerischen Botschaft in Kopenhagen und dem Dänischen Aussenministerium wurden diese Listen dem beutigen Stand der Liberalisierung in
den beiden Ländern angepasst.

Im Vergleich zum Vorjahr zeigt der Handelsverkehr in beiden Richtungen eine Ausdehnung; in den ersten 11 Monaten betrug die Ausfuhr 97,8 Millionen Franken (1957: 81,7 Millionen) und die Einfuhr 63,3 Millionen Franken (1957: 61,2 Millionen).

1735 5. Frankreich .Während der letzten Monate setzte Frankreich seine Anstrengungen fort, um die Zahlungsbilanz, vor allem durch eine Steigerung der Exporte, ins Gleichgewicht zu bringen ; die leichte Verbesserung der Lage genügte aber nicht, um die Handels- und Zahlungsrestriktionen ganz oder auch nur teilweise zurückzuziehen.

Angesichts der wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten Frankreichs entband der OBCE-Eat die französische Eegierung von der Auflage, am 18. Juni 60 Prozent der Einfuhr wieder zu liberalisieren, wozu es gemäss Liberalisierungskodex der OECE verpflichtet gewesen wäre. Im Eahmen des Importprogramms für das zweite Halbjahr 1958 wurden gegenüber dem vorhergehenden Semester weder die Globalkontingente des Sektors B (ex-liberalisierte Produkte) noch die bilateralen Kontingente des Sektors C (Handelsabkommen) vermindert, während die Quoten für den Sektor A (Rohstoffe) eine wesentliche Herabsetzung erfuhren. Die im Mai 1958 eingestellten Devisenzuteilungen im Fremdenverkehr wutden nicht wieder aufgenommen. Indessen wurden auf dem Gebiete des Tourismus beschränkte Milderungsmassnahmen verfügt. So erhielten z.B. die Reiseagenturen Devisen zugeteilt, um die früher gegenüber dem Ausland eingegangenen Verpflichtungen erfüllen zu können.

Die Bemühungen zur Steigerung des Exportes zeitigten nicht die erwarteten Ergebnisse. Einerseits war die ausländische Nachfrage auch während des zweiten Semesters 1958 rückläufig; anderseits wurde die zusätzliche Produktion leicht vom einheimischen Markte aufgenommen.

Immerhin verbesserte sich die französische Gesamt-Zahlungsbilanz während der Monate September und Oktober in einem gewissen Masse, wenn auch die französische Position in der Europäischen Zahlungsunion weiterhin stark defizitär blieb.

Die Handelsbilanz zeigte wohl einen gewissen Fortschritt im Sinne eines besseren Gleichgewichts; die Situation bleibt trotzdem noch unbefriedigend.

Entsprechend dem Liberalisierungskodex sollte Frankreich auf den 18. Dezember grundsätzlich wieder 75 Prozent der gesamten privaten Importe sowie mindestens 60 Prozent der Einfuhren in jedem der drei Hauptsektoren (landwirtschaftliche Produkte, Rohstoffe, Fabrikate) liberalisieren.

Nach dem Römer Vertrag ist Frankreich gegenüber seinen Partnern im Gemeinsamen Markt u.a. verpflichtet, ab I.Januar 1959
die Kontingente zu globalisieren und um 20 Prozent zu erhöhen. Die französische Regierung hat verlauten lassen, dass sie ihre Verpflichtungen in dieser Beziehung einzuhalten gedenke. ' Es ist zu hoffen, dass sie die in der OECE eingegangenen Verpflichtungen ebenfalls im Rahmen des Möglichen wird erfüllen können und dass sie die notwendigen Vorkehrungen treffen wird, damit ihre Partner in dieser Organisation keine Diskriminierung zu erleiden haben, wenn die erwähnten Bestimmungen des Römer Vertrages zur Anwendung gelangen.

1736 6. Iran Im Zusammenhang mit der stetigen Entwicklung der iranischen Wirtschaft nahm unsere Ausfuhr erneut zu, während sich die Einfuhr ungefähr auf der bisherigen Höhe hielt. Der dadurch bedingte Fehlbetrag im gebundenen Zahlungsverkehr mit Iran konnte wiederum durch Zuschüsse der Bank Melli in der Höhe von Lg. 580 000 ausgeglichen werden, die wie bisher im Eahmen unseres gebundenen Zahlungsverkehrs mit dem Sterlinggebiet zum offiziellen Kurs übernommen wurden. Es ergaben sich somit weder Zahlungsrückstände noch Wartelristen für die schweizerischen Exporteure.

7. Österreich

Wie wir im 57.Bericht erwähnten, wurde die im Eahmen des bestehenden Abkommens über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr vereinbarte Kontingentsliste für die Einfuhr schweizerischer Waren in Österreich von keiner Seite gekündigt und bleibt daher ab I.August 1958 für ein weiteres Jahr in Kraft. Anlässlich der dritten Tagung der gemischten Eegierungskomniission, die im Zusammenhang mit den GATT-Zollverhandlungen im August und September 1958 in Genf abgehalten wurde, gelang es, diese Kontingentsliste an die Entwicklung des Warenverkehrs und den neuesten Stand der österreichischen Einfuhrliberalisierung anzupassen und damit für verschiedene schweizerische Waren die Einfuhrmöglichkeiten in Österreich zu verbessern.

S. Schweden

Durch ein am 30. Oktober 1958 in Stockholm unterzeichnetes Protokoll ·wurde die Geltungsdauer des Abkommens vom 20. Juni 1951 über den Warenaustausch zwischen der Schweiz und Schweden für ein weiteres Vertragsjahr, d.h. bis zum 80. September 1959, verlängert. Die beiden Kontingentslisten erfuhren keine Änderungen und finden während der neuen Vertragsperiode in der bisher gültigen Form weiterhin Anwendung.

9. Spanien Die Ausfuhr nach Spanien nahm auch in der zweiten Hälft.i des Jahres 1958 zu und überstieg bereits Ende November mit 170 Millionen Franken den Jahres·export 1957. Die Importe zeigen ebenfalls eine erfreuliche Zunahme und liegen mit 62 Millionen Franken in den ersten elf Monaten 1958 rund 20 Prozent höher als in der Vergleichsperiode des Vorjahres. Der Zahlungsverkehr wickelte sich im allgemeinen zufriedenstellend ab.

10. Sterlinggebiet

Im Zuge einer weiteren Ausdehnung der Liberalisierung gab Grossbritannien am 7. Juli 1958 die Einfuhr verschiedener, die schweizerische Export-

1737 industrie interessierender Erzeugnisse (wie Ätzstickereien, pharmazeutische Spezialitäten und Zwischenprodukte, Schokolade usw.) frei, welche bisher nur im Eahmen vertraglicher bilateraler Kontingente importiert werden konnten.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg die schweizerische Ausfuhr in den ersten 11 Monaten 1958 von 338 auf 341 Millionen Franken, während die Einfuhr von 422 auf 380 Millionen Pranken zurückging.

Wie dies erwartet werden musste, war Indien mit Eücksicht auf seine weiterhin angespannte Finanzsituation nicht in der Lage, die Einfuhrregelung für die Zeit vom I.Oktober 1958 bis 31.März 1959 gegenüber der vorherigen Lizenzperiode zu lockern. Nachdem die schweizerische Ausfuhr sich dank früher erteilter Bewilligungen, trotz den im Frühjahr und Sommer 1957 von Indien angeordneten Importbeschränkungen, in den ersten 11 Monaten 1957 noch auf dem hohen Stand von 141 Millionen Franken hatte halten können, sank sie in der gleichen Periode des laufenden Jahres als Folge dieser Massnahmen auf 97 Millionen. Die im 57.Bericht erwähnten Verhandlungen über die Möglichkeit schweizerischer Investitionsgüterlieferungen nach Indien mit hinausgeschobenem Transfer wurden Ende Oktober wieder aufgenommen.

Nach dem Eegierungswechsel im Irak wurde das bisherige liberale Einfuhrregime für alle Waren aufgehoben. Die neue Wirtschaftspolitik sieht eine Einschränkung der Importe von nicht lebenswichtigen Erzeugnissen vor, was einen Eückgang der schweizerischen Ausfuhr zur Folge haben kann.

Infolge der weiteren Verschlechterung der Zahlungsbilanzlage sah sich Neuseeland gezwungen, mit Wirkung ab I.Januar 1959 die Kontingente für eine Eeihe von Waren, namentlich Verbrauchsgüter, erneut zu kürzen. Dank dem multilateralen neuseeländischen Einfuhrregime konnten sich aber die schweizerischen Lieferungen, trotz den Ende 1957 angeordneten Einfuhrbeschränkungen, in den ersten 11 Monaten 1958 mit rund 18 Millionen Franken auf der bisherigen Höhe halten.

11. Türkei Die türkische Wirtschaftskrise erreichte im Jahre 1958 einen Höchststand.

Der beträchtliche Eückgang der Produktion, die schweren Störungen im Aussenhandel und eine Anzahl anderer Faktoren veranlassten die türkischen Behörden, eine radikale Lösung für die Sanierung der Lage zu suchen. Unter Mitwirkung des Internationalen Währungsfonds und der Organisation
für die europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit haben sie einen umfassenden Sanierungsplan aufgestellt, der einerseits eine massive finanzielle Hilfe des Auslandes vorsieht und anderseits ein Programm für eine anti-inflatorische Politik enthält. Die Finanzhilfe des Auslandes soll in drei Formen erfolgen: a. ein Moratorium, das nahezu alle kommerziellen türkischen Zahlungen von Anfang August bis Ende des Jahres 1958 trifft, fe. die Konsolidierung von kommerziellen Forderungen im Umfange von ca. 500 Millionen Dollars und c. die Gewährung eines neuen Kredites im Betrage von 225 Millionen Dollars.

1738 Der Anteil der Schweiz am Kredit ist mit 1,5 Millionen Dollars in Aussicht genommen, während ihr Anteil an der Konsolidierungsoperation für kommerzielle Forderungen annähernd 6 Millionen Dollars betragen" dürfte. Für weitere Einzelheiten verweisen wir auf die Botschaft des Bundesrates vom 10. Oktober 1958 betreffend die Gewährung eines Kredites an die Türkei (BB11958, II, 842).

Die rasche Entwicklung der Lage in der Türkei hat die Durchführung der im Schweizerischen Handelsamtsblatt Nr.87 vom 14.Februar 1958 veröffentlichten Vereinbarungen vom 6. Januar 1958 verunmöglicht. Im September wurden in Paris Verhandlungen über den Abschluss von Kredit- und Konsolidierungsabkommen sowie zur Sicherstellung der Liquidation der schweizerischtürkischen Vereinbarungen vom Januar 1958 aufgenommen.

Die schweizerischen Exporte nach der Türkei, die infolge der türkischen Krise von jährlich 40 bis 50 Millionen Franken im Zeitraum 1951 bis 1955 auf 18 Millionen Franken im Jahre 1957 zurückgegangen waren, werden voraussichtlich wieder eine Zunahme erfahren. In den ersten 11 Monaten des Jahres 1958 erreichten sie bereits 21,4 Millionen Franken, d.h. 4 Millionen mehr als in der entsprechenden Periode des Vorjahres und 8 Millionen mehr als im ganzen Jahre 1957.

12. Ungarn Nachdem dio Gültigkeit der dem Abkommen vom 27. Juni 1950 beigogebenen Warenlisten I und II am 30. September 1958 abgelaufen war, wurden diese Kontingentslisten durch ein vom schweizerischen Gesandten in Ungarn am 24. Oktober 1958 unterzeichnetes Protokoll der 6. Zusammenkunft der schweizerisch-ungarischen Begierungskommission wiederum unverändert für ein weiteres Vertragsjahr vom I.Oktober 1958 bis 80.September 1959 in Kraft gesetzt.

Die Einfuhr ungarischer Waren in die Schweiz erreichte in den ersten 11 Monaten 1958 rund 25 Millionen Franken (Vorjahr 27 Millionen Franken), während die schweizerischen Exporte in der gleichen Zeit 24 Millionen Franken (Vorjahr 21 Millionen Franken) betrugen.

II. Zolltariîentwurî und Zollverhandlungen im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT)

Die Zollverhandlungen im Bahmen des GATT, über die wir im 57.Bericht allgemein orientierten, wurden nach sechsmonatiger Dauer am 22. November .durch die Unterzeichnung der «Déclaration» über den provisorischen Beitritt der Schweiz zum GATT abgeschlossen. Zu den im 56. und 57.Bericht aufgeführten Ländern kam im Verlaufe der Verhandlungen noch die Dominikanische Bepublik hinzu. Bilaterale Zollkonzessionslisten wurden jedoch schliesslich nur mit den 11 folgenden Staaten ausgetauscht: Bénélux (Belgien, Niederlande, Luxemburg), Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Kanada, Norwegen, Österreich und Schweden.

1739 Mit dem Abs'chluss der Zollverhandlungen ist der Schweiz der Zugang zum GATT, dieser weltweiten Handelsorganisation, der heute 37 Staaten angehören, geöffnet worden. Damit wurde zugleich der neue schweizerische Zolltarif international anerkannt. Die Ansätze des bundesrätlichen Tarifentwurfes vom Jahre 1957 haben damit die noch notwendige Abschleifung erfahren. Die nächste, im Hinblick auf die internationale Entwicklung - die insbesondere durch das Inkrafttreten des Tarifs der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichnet ist - dringende Aufgabe wird nun sein, den Tarifentwurf endgültig zu bereinigen, damit er vom Bundesrat so bald wie möglich den eidgenössischen Eäten unterbreitet werden kann. Diese Botschaft wird gleichzeitig auch die GATT-Vereinbarungen einschliessen, die, soweit sie die Zollkonzessionen betreffen, einen Bestandteil des Zolltarifs bilden werden.

III. Die Verhandlungen zur Errichtung einer Europäischen Freihandelszone Der unter der Leitung des englischen General-Zahlmeisters Maudling stehende Intergouvernementale Ausschuss der Europäischen Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECE) setzte in der zweiten Jahreshälfte seine Bemühungen zur Errichtung einer Europäischen Freihandelszone fort. Er hielt zwischen Ende Juli und Mitte November vier mehrtägige Sessionen ab, in denen zwar bei wichtigen Nebenpunkten deutliche Fortschritte in Eichtung auf einen Kompromiss erzielt werden konnten, eine vollständige Einigung über die wesentlichen Grundlagen einer multilateralen Verbindung zwischen der OECE und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) aber nicht zu erreichen war.

Während die überwiegende Mehrheit dee OECE-Staaten weiterhin versuchte, dem Gedanken und der Form einer Freihandelszone zum Durchbruch zu verhelfen, wurde es im Laufe der Verhandlungen immer deutlicher, dass Frankreich unter den gegenwärtigen Umständen nicht bereit ist, sich auf längere Frist in dieser Eichtung zu verpflichten. Begründet wurde diese Haltung mit dem Hinweis, dass die der Freihandelszone eigentümliche Freiheit ihrer Mitgliedstaaten, gegenüber Drittländern eine autonome Handelspolitik betreiben zu können, das Gleichgewicht in den Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Zone erschüttern müsste. Die von den andern Ländern vorgeschlagene Ursprungskontrolle der zwischen den Zonenpartnern
ausgetauschten Waren könne nicht so ausgestaltet werden, dass schädliche Verkehrsverlagerungen ausgeschlossen seien. Mit der Forderung nach einem harmonisierten Zolltarif, nach Vereinheitlichung der Handelspolitik gegenüber Drittstaaten und nach Beschränkung des Wettbewerbes innerhalb der Zone wurden Postulate vorgebracht, die von vornherein wenig Aussicht auf Annahme durch die Mehrzahl der Verhandlungspartner haben konnten. Die tatsächlichen Beweggründe dürften allerdings in dem angewöhnten Schutzbedürfnis der französischen Wirtschaft zu suchen sein, die bereits im Eahmen des Gemeinsamen Marktes einen verschärften Wettbewerb erwartet.

1740 Am 14. November gab ein Sprecher der französischen Eegierung schliesslich offiziell bekannt, dass sie es nicht für möglich erachte, dem bisher in der OECE erörterten Projekt für eine Freihandelszone zuzustimmen. Daraufhin erklärte die britische Regierung am 17. November die Verhandlungen für unterbrochen.

Seither sind alle Bemühungen sämtlicher OECE-Staaten darauf gerichtet, Mittel und Wege zu finden, damit die am I.Januar 1959 in Kraft tretenden Bestimmungen des Vertrages über die EWG nicht den Grundsatz der NichtDiskriminierung verletzen, zu dem sich seit 10 Jahren alle westeuropäischen Länder im Eahmen der OECE und der Europäischen Zahlungsunion bekannt haben.

Die Schweiz beteiligt sich auch nach dem Unterbruch der OECE-Verhandlungen aktiv an der Suche nach einer befriedigenden Regelung. Sie hat deshalb darauf verzichtet, sich auf Jahresende aus der Europäischen Zahlungsunion zurückzuziehen, welches Recht sie sich auf Grund des Bundesbeschlusses vom 18. Juni 1958 betreffend die Verlängerung der Mitgliedschaft der Schweiz in der Europäischen Zahlungsunion (AS 1958, 369) von der OECE ausbedungen hatte. Dieses Entgegenkommen kann jedoch die handels- und zahlungspolitische Freiheit unseres Landes in keiner Weise binden, falls sich innert der nächsten Monate keine befriedigende Ordnung zwischen den Mitgliedstaaten der EWG und den übrigen OECE-Ländern ergeben sollte.

Am S.Dezember 1958 beschloss der Ministerrat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Massnahmen, welche das Ausmass der durch die EWGRegeln bedingten Diskriminierungen im Sinne eines Provisoriums vermindern sollen. Der Ministerrat der OECE diskutierte anlässlich seiner Tagung vom 15. Dezember diesen Beschluss, wobei nur mit Mühe eine Spaltung zwischen der EWG und den übrigen OECE-Mitgliedern vermieden werden konnte. Die letzteren, darunter auch die Schweiz, brachten klar zum Ausdruck, dass sie sich mit dem einseitigen Beschluss der EWG nicht abfinden körinten, weil durch ihn eine Diskriminierung in die intra-europäischen Handelsbeziehungen eingeführt würde. Die OECE wird die Angelegenheit durch ihren Ministerrat weiter verfolgen.

Gestützt auf die vorstehende Berichterstattung stellen wir den Antrag, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben
sollen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 30.Dezember 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, 4227 Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Holenstein Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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58. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die gemäss Bundesbeschluss erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland (Vom 30. Dezember 1958)

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