242 Ablauf der Referendumsfrist:

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21. April 1948.

Bundesgesetz über

die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts.

(Vom 4. Dezember 1947.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 64 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12. Juni 1939 und in eine Nachtragsbotschaft vom 27. Dezember 1944, beschliesst:

I. Subsidiäre Geltung des gemeinen Betreibungsrechts.

II. Das Betreibungsverfahren.

l .Betreibungsarten.

a. Bundesrecht.

A. Schuldbetreibung im allgemeinen.

Art. 1.

1 Für die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs mit den nachfolgenden Einschränkungen.

2 Auf die Kantone selbst findet das vorliegende Gesetz keine Anwendung.

Art. 2.

1

Die Schuldbetreibung kann nur auf Pfändung oder Pfandverwertung gerichtet sein.

2 Die Betreibung auf Konkurs, mit Einschluss der Wechselbetreibung, und der Arrest sind ausgeschlossen. Nicht anwendbar sind ferner die Vorschriften über den Nachlassvertrag sowie diejenigen Bestimmungen, die sich der Natur der Sache nach zur Anwendung auf solche Körperschaften nicht eignen.

3 Verlustscheine werden nicht ausgestellt. Dagegen erhält jeder an einer Pfändung teilnehmende Gläubiger für den ungedeckt bleibenden Betrag seiner Forderung einen Ausfallschein, der als Schuldanerkennung m Sinne des Artikel 82 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes gilt

243 4

Zur Anhebung der Anfechtungsklage gemäss Artikel 285 bis 292 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes sind der Gläubiger, der einen Ausfallschein erhalten hat, die Beiratschaft im Sinne der Artikel 28 und folgende dieses Gesetzes und die Kantonsregierung berechtigt.

Art. 3.

Die Kantone sind befugt.

Vorschriften über das Nachlassvertrags- &. Kantonales ö , , ,, , ,, ' ° Recht.

recht aufzustellen.

2 Ein Nachlassvertrag darf nur zugelassen werden, nachdem eine Beiratschaft angeordnet worden ist und in angemessener Frist nicht zum Ziele geführt hat. Die Eingriffe in die Gläubigerrechte dürfen nicht über die in Artikel 13 genannten Massnahmen hinausgehen.

3 Die Gültigkeit von Beschlüssen über die Eingriffe in Gläubigerrechte ist1 an die Zustimmung von zwei Drittem der in der GläubigerVersammlung anwesenden Gläubiger und Gläubiger Vertreter zu knüpfen, deren Forderungen zwei Drittel der vertretenen, mindestens aber die Hälfte aller nicht pfandgedeckten Forderungen ausmachen.

4 Wird diese Mehrheit nicht erreicht, so kann das Bundesgericht auf Beschwerde hin ausnahmsweise zur Ermöglichung einer Sanierung einen Beschluss verbindlich erklären, dem die einfache Mehrheit der anwesenden Gläubiger und Gläubigervertreter, welche die Hälfte der vertretenen Forderungssummen besitzt, zugestimmt hat.

6 Die kantonalen Vorschriften über den Nachlassvertrag bedürfen za ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

1

Art. 4.

Die Kantone bezeichnen unter Berücksichtigung von Artikel 10 2. Zuständigkeit, des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes die Stelle, welche die Verrichtungen des Betreibungsamtes auszuüben hat.

2 Gegen die Verfügungen dieser Stelle kann von den Beteiligten und der Kantonsregierung wegen Gesetzesverletzung und Unangemessenheit bei der kantonalen obern Betreibungsaufsichtsbehörde binnen zehn Tagen Beschwerde geführt werden. Der Entscheid der Aufsichtsbehörde kann unter Einhaltung einer gleichen Frist an das Bundesgericht weitergezogen werden.

3 Wegen Eechtsverweigerung und Rechts Verzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.

4 Wo dieses Gesetz von der Aufsichtsbehörde spricht, ist darunter die kantonale obere Betreibungsaufsichtsbehörde verstanden.

1

Art. 5.

1

Bei Beschwerden ist der Kantonsregierung Gelegenheit zur Ver- 3- ^jj^j""88" nehmlassung zu geben.

244 2

Ihr ist auch von jeder Pfändungsankündigung und jedem Verwertungsbegehren ein Exemplar zuzustellen.

Art. 6.

4. Einstellung der Betreibung.

1

Die Aufsichtsbehörde kann die Betreibung vorübergehend einstellen, wenn die Kantonsregierung dafür sorgt, dass sich durch die Einstellung die Lage der Gläubiger nicht verschlechtert.

2 Der betreibende Gläubiger kann jederzeit beim Bundesgericht die Fortsetzung der Betreibung verlangen, wenn die von der Kantonsregierung getroffenen Massnahmen nicht oder nicht mehr genügen.

Art. 7.

III. Pfändbarkeit und Verpftindbarkeit.

1. Pfändbares Vermögen.

o. Im allgemeinen.

b. Bedingte Pfändbarkeit.

2. Unpfändbares Vermögen.

3. Verpfändbarkeit.

a. Im allgemeinen.

1

Pfändbar ist, unter Vorbehalt bestehender dinglicher Eechte, alles Finanzvermögens eines in Artikel l genannten Gemeinwesens.

2 Zum Finanzvermögen gehören die Vermögenswerte, die nicht Verwaltungsvermögen sind.

Art. 8.

Die einem Gemeinwesen gehörenden Anstalten und Werke, die öffentlichen Zwecken dienen, sowie öffentliche Waldungen, Weiden und Alpen, dürfen nur mit Zustimmung der Kantonsregierung gepfändet und verwertet werden.

2 Diese kann die Pfändung oder Verwertung auch unter Bedingungen gestatten.

3 Vorbehalten bleibt Artikel 23 des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei.

1

Art. 9.

Die Vermögenswerte eines Gemeinwesens, die unmittelbar der Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben dienen, stellen sein Verwaltungsvermögen im Sinne dieses Gesetzes dar und können auch mit seiner Zustimmung weder gepfändet noch verwertet werden, solange sie öffentlichen Zwecken dienen.

2 Steuerforderungen dürfen weder gepfändet noch verwertet werden.

Art. 10.

1 Unpfändbare Vermögenswerte können nicht gültig verpfändet werden, läolange sie öffentlichen Zwecken dienen. Wenn das Gesetz die Pfändung an die Zustimmung der Kantonsregierung knüpft, ist diese Zustimmung auch für die Verpfändung nötig.

2 Ist eine Verpfändung zulässig, so erfolgt sie in den Formen und mit den Wirkungen des Zivilrechts.

1

245 Art. 11.

Wird ein mit einem Pfandrecht belastetes privates oder zum 6. Bei überFinanzvermögen gehörendes Grundstück öffentlichen Aufgaben ge- v'erwaifungswidmet, so ist der Pfandgläubiger auf Verlangen zu befriedigen oder vermögen, sicherzustellen.

2 Bis dahin ist das Grundstück als Finanzvermögen zu behandeln.

1

Art. 12.

Alles zugunsten Dritter zweckgebundene Vermögen (stiftungs- i. Zweckähnliche Fonds, Amtskautionen, Pensionskassen usw.) kann nur für vermögen88 Verpflichtungen, die sich aus der Zweckbestimmung dieses Vermögens ergeben, verpfändet, gepfändet und verwertet werden.

2 Die Betreibung für solche Verpflichtungen richtet sich gegen das Gemeinwesen.

1

B. Die Gläubigergemeinschaft.

Art. 13.

Hat ein in Artikel l genanntes Gemeinwesen Anleihensobli- i- Zulässige Eingationen mit einheitlichen Anleihensbedingungen unmittelbar oder Kechtè'der mittelbar mit öffentlicher Zeichnung herausgegeben, und ist es ausser- 1 Grundsatz"6' stände, ihre Verpflichtungen aus einem solchen Anleihen rechtzeitig zu erfüllen, so können auf Grund des nachstehend geregelten Verfahrens die folgenden Eingriffe in die Rechte der Obligationäre vorgenommen werden : a. Erstreckung der für ein Anleihen vorgesehenen Amortisationsfrist um höchstens fünf Jahre durch Herabsetzung der Annuität und Erhöhung der Zahl der Rückzahlungsquoten oder vorübergehende gänzliche Einstellung dieser Leistungen; b. Stundung des bereits verfallenen oder binnen Jahresfrist fällig werdenden Gesamtbetrages oder von Teilbeträgen eines Anleihens auf höchstens fünf Jahre vom Tage des Beschlusses der Gläubigerversammlung an; c. "Stundung für einen Teilbetrag, ausnahmsweise für den ganzen Betrag, von verfallenen oder innerhalb der nächsten fünf Jahre fällig werdenden Zinsen für die Dauer von höchstens fünf .Jahren; d. Einräumung eines Pfandrechts für Kapitalbeträge, die der Schuldnerin neu zugeführt werden, mit Vorgang vor einem bereits bestehenden Anleihen sowie Änderungen an den für ein Anleihen bestellten Sicherheiten oder teilweiser Verzicht auf solche; Bundesblatt. 100. Jahrg. Bd. I.

17

246 e. ausnahmsweise Herabsetzung des Zinsfusses bis zur Hälfte für die in den nächsten fünf Jahren verfallenden Zinse; /. ausnahmsweise Nachlass verfallener Zinse um höchstens die Hälfte.

Art. 14.

2. Ergänzende Beatimmungen.

II. Einleitung des Verfahrens.

1. Gesuch.

2. Prüfung der finanziellen Lage.

III. Gläubigerversammlung.

1. Allgemeines.

1

Die in Artikel 13 genannten Massnahrnen können weder durch die Anleihensbedingungen noch durch sonstige Vereinbarungen gültig ausgeschlossen werden.

2 Es können mehrere dieser Massnahmen miteinander verbunden werden.

3 Die unter Buchstaben a--c und e vorgesehenen Massnahmen können frühestens ein Jahr vor Ablauf der Frist höchstens zweimal für je fünf Jahre verlängert werden.

Art. 15.

l'as Gesuch um Einleitung des Verfahrens ist von der Schuldnerin bei der Kantonsregierung einzureichen, die es mit ihrer Begutachtung an das Bundesgericht weiterleitet.

2 Das Gesuch hat eine einlässliche Darstellung der finanziellen Lage der Schuldnerin zu enthalten. Die Jahresrechnungen und allfälligen Jahresberichte der letzten fünf Jahre und der Voranschlag des laufenden Jahres iäind beizulegen.

3 Die Eingaben sind auf Verlangen der Behörde zu ergänzen.

1

Art. 16.

Das Bundesgericht trifft sofort die nötigen Massnahmen zur genauen Feststellung der finanziellen Lage der Schuldnerin. Es ernennt, wenn nötig, zu diesem Zwecke nach Anhörung der Nationalbank eine Expertenkommission von höchstens drei Mitgliedern. Über das Gutachten dieser Kommission holt es die Vernehmlassung der Kantonsregierung ein.

2 Steht die Schuldnerin unter einer administrativen Zwangsverwaltung des kantonalen Eechtes oder einer Beiratschaft im Sinne dieses Gesetzes, so kann das Bundesgericht sich mit ihren Feststellungen begnügen.

3 Das Bundesgericht kann eine provisorische Stundung der fälligen Ansprüche der Obligationäre und, soweit es dies für notwendig erachtet, auch anderer Forderungen verfügen.

1

Art. 17.

Ergibt die vorläufige Prüfung, dass der finanziellen Notlage der Schuldnerin auf andere Art zur Zeit nicht abgeholfen werden kann, so beruft das Bundesgericht die Obligationäre, denen Opfer zugemutet werden sollen, zur Gläubigerversammlung ein.

1

247 2 Stehen mehrere Anleihen in Frage, so ist für jedes eine besondere Gläubigerversammlung einzuberufen.

3 Der Instruktionsrichter des Bundesgerichts leitet die Gläubigerversammlungen, veranlasst die Protokollierung der Beschlüsse und sorgt für deren Ausführung.

Art. 18.

Die zur Gläubigerversammlung zusammentretenden Obligationäre 2. Teilnahme an oder deren Vertreter haben sich vor Beginn der Beratungen über ihre sammïnng.

Berechtigung auszuweisen.

2 Zur Vertretung von Obligationären bedarf es, sofern die Vertretung nicht auf Gesetz beruht, einer schriftlichen Vollmacht.

3 Die Ausübung der Vertretung von Obligationen durch Organe der Schuldnerin ist ausgeschlossen.

1

Art. 19.

Stimmberechtigt ist der Eigentümer einer Obligation oder sein 3. stimmrecht.

Vertreter, bei in Nutzniessung stehenden Obligationen jedoch der Nutzniesser oder sein Vertreter.

2 Obligationen, die im Eigentum oder in Nutzniessung der Schuldnerin stehen, geben kein Stimmrecht und fallen bei der Berechnung des im Umlauf befindlichen Kapitals und des in der Gläubigerversammlung vertretenen Kapitals ausser Betracht.

1

Art. 20.

Die in Artikel 13 genannten Eingriffein die Gläubigerrechte bedür- «· Erforderliche fen der Zustimmung von zwei Dritteln des vertretenen, mindestens aber ,,. im aiider einfachen Mehrheit des im Umlauf befindlichen Obligationenkapitals, sememon.

2 Kommt in der Gläubigerversammlung ein Beschluss nicht zustande, so kann die Schuldnerin die fehlenden Stimmen durch Vorlegung schriftlicher und beglaubigter Erklärungen noch während zweier Monate nach dem Versammlungstage beim Bundesgericht einreichen und dadurch einen Mehrheitsbeschluss herstellen.

3 Ausnahmsweise kann das Bundesgericht einen Beschluss, dem nur die einfache Mehrheit des in der Gläubigerversammlung vertretenen, nicht aber des im Umlauf befindlichen Kapitals zugestimmt hat, für die Gesamtheit der Obligationäre verbindlich erklären.

1

Art. 21.

1

Bestehen mehrere Gläubigergemeinschaften, so kann jede die *· n^ubiehreren Gültigkeit ihrer Beschlüsse davon abhängig machen, dass andere Gläu- gemeinbigergemeinschaften gleiche oder entsprechende Opfer zu tragen haben. scnaften-

248 2

Hat in einem solchen Falle ein Vorschlag der Schuldnerin die Zustimmung der einfachen Mehrheit des im Umlauf befindlichen Kapitals aller Glä'ubigergemeinschaften zusammen gefunden, so kann das Bundesgericht den Beschluss auch für die nicht zustimmenden Gemeinschaften verbindlich erklären.

Art. 22.

1

5. VorausDie in Artikel 18 vorgesehenen Massnahmen sind nur zulässig, soweit Beschlusses.68 sie zur Beseitigung der Notlage der Schuldnerin erforderlich und geeignet sind, und wenn zur Abwendung der Notlage alles getan worden ist, was billigerweisa erwartet werden darf.

2 Die Massnahmen müssen alle Obligationâre, die sich in der gleichen Kechtslage befinden, gleichmässig treffen, es sei denn, dass jeder etwa ungünstiger Behandelte ausdrücklich zustimmt.

3 Zusicherungen oder Zuwendungen an einzelne Gläubiger, durch die sie gegenüber andern der Gemeinschaft angehörenden Gläubigern begünstigt werden, sind ungültig.

Art. 23.

iv. verbindlicharung.

i Die Beschlüsse der Gläubigergemeinschaft sind erst verbindlich, werm g j e vom Bun(jeSgericht genehmigt sind; sie verpflichten dann auch die nicht zustimmenden Obligationâre.

2 Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn der Beschluss die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, die · gemeinsamen Interessen der Obligationâre genügend wahrt und nicht auf unredliche Weise zustande gekommen ist.

3 Bei Stundungsbeschlüssen kann die Genehmigung an die Bedingung geknüpft werden, dass die finanzielle Geschäftsführung der Schuldnerin während der Stundung beaufsichtigt werde.

Art. 24.

1 v. Einbeziehung Wenn die Billigkeit es verlangt, kann das Bundesgericht neben en Gläubiger ^ Obligationären andere Gläubiger in das Verfahren einbeziehen und i. Grundsatz, ihnen gleiche oder entsprechende Opfer auferlegen.

2 Dies ist insbesondere dann zulässig, wenn andernfalls die Sanierung unbilligerweise verunmöglicht würde.

3 Übersteigen jedoch die Forderungen dieser Gläubiger einen Drittel des in Frage stehenden Obligationenkapitals, so können ihnen Opfer nur auferlegt werden, wenn die einfache Mehrheit dieser Gläubiger zugestimmt hat und die von ihnen vertretenen Forderungen mehr als die Hälfte des Gesamtbetrages der einbezogenen Forderungen ausmachen.

249 1

Art. 25.

Diese Gläubiger sind vor ihrer Einbeziehung m das Verfahren 2. Anhörung.

& &

, ..

anzunoren.

2

Gleichbehandlung.

:

Sie sind, jedoch unter Berücksichtigung bestehender Pfand und anderer Vorzugsrechte und allenfalls bereits gebrachter Opfer, unter sich gleich zu behandeln.

Art. 26.

Nicht betroffen werden die gesetzlich begründeten öffentlichrecht- ' liehen Verpflichtungen der Schuldnerin, Versicherungsbeiträge, Besoldungen, sonstige Dienstentschädigungen, Pensionen und andere Verpflichtungen der Schuldnerin, die unpfändbare Forderungen darstellen.

U9na men

'

Art. 27.

Ist eine Stundung gewährt worden, so muss sie vom Bundesgericht vi. widerruf auf Antrag eines Obligationärs oder eines andern in dieses Verfahren einaSigStun" bezogenen Gläubigers widerrufen werden: a. wenn die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen; fe. wenn die Schuldnerin den an die Stundung geknüpften Bedingungen zuwiderhandelt ; c. wenn während der Stundungsfrist die finanzielle Lage der Schuldnerin sich wesentlich verschlechtert und damit die Sicherheit der Gläubiger ernstlich gefährdet wird.

2 Ebenso hat das Bundesgericht auf Antrag eines Obligationärs oder eines andern in das Verfahren einbezogenen Gläubigers eine Herabsetzung des Zinsfusses für die Zukunft aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für die Herabsetzung nicht mehr vorliegen, oder wenn die Schuldnerin den an sie geknüpften Bedingungen zuwiderhandelt.

1

C. Die Beiratschaft.

Art. 28.

1 Wenn ein in Artikel l genanntes Gemeinwesen sich zahlungsunfähig i. Anordnung erklärt oder voraussichtlich während längerer Zeit nicht in der Lage sein schart wird, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, und wenn 1- ^'C1n^ato~ gleichwohl eine administrative Zwangsverwaltung des kantonalen Eechts in angemessener Frist nicht angeordnet wird oder diese sich als ungenügend erweist, hat die Aufsichtsbehörde auf Verlangen eines Antragsberechtigten die Beiratschaft im Sinne dieses Gesetzes anzuordnen.

2 Davon kann abgesehen werden, wenn die Durchführung des Gläubigergemeinschaftsverfahrens möglich und genügend ist, oder wenn

250 die Interessen der Gläubiger auf andere Weise hinreichend gewahrt werden können.

3 Antragsberechtigt sind die Schuldnerin selbst, die Kantonsregierung und jeder Gläubiger, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht.

Art. 29.

2. Fakultative.

1

Die Aufsichtsbehörde kann im Sinne von Artikel 6 zur Vermeidung der Fortsetzung einer Betreibung auf Antrag der Schuldnerin oder der Kantonsregierung die Beiratschaft auch anordnen, wenn die Durchführung dei: Pfandverwertung nicht tunlich erscheint und die Interessen der Gläubiger durch die Beiratschaft ebenfalls gewahrt werden können.

2 Wenn die Pfändung ungenügend oder eine Benachteiligung der nicht betreibenden Gläubiger zu befürchten ist, oder wenn den Obligationären Beschränkungen ihrer Rechte gemäss Artikel 13 zugemutet werden, kann die Behörde die Beiratschaft auf Antrag eines solchen Gläubigers oder eines Obligationärs anordnen.

Art. 30.

1

3. Dauer und Die Beiratschaft kann längstens für die Dauer von drei Jahren Beachrän, , , kung.

angeordnet werden.

2 Sie kann aber, wenn die Umstände es erfordern, frühestens ein halbes 'Jahr vor Ablauf der Frist für längstens drei Jahre verlängert werden.

3 Die Beiratschaft kann auf einen Teil der Verwaltung beschränkt werden.

4. Begeiiten.

Art. 81.

i Das Begehren um Anordnung einer Beiratschaft ist bei der Aufsichtsbehörde einzureichen.

2 Ist das Begehren von der Gläubigerseite gestellt worden, so ist es der Schuldnerin und der Kantonsregierung zur Vernehmlassung mitzuteilen unter Hinweis darauf, dass darüber entschieden werde, falls die in Frage stehenden Gläubiger nicht innerhalb eines Monats befriedigt werden. ' 3 Wird das Begehren von der Schuldnerseite gestellt, so ist es von der Kantonsregierung zu begutachten. Das Gesuch hat eine einlässliche Darstellung der finanziellen Lage der Schuldnerin zu enthalten. Die Jahresrechnungen und allfälligen Jahresberichte der letzten fünf Jahre und der Voranschlag des laufenden Jahres sind beizulegen. Die Eingaben sind auf Verlangen der Behörde zu ergänzen.

251 Art. 32.

Von jeder in Aussicht genommenen Anordnung einer Beiratschaft 6. Anordnungsist der Kantonsregierung Kenntnis zu geben. Spricht sich diese innerhalb zehn Tagen gegen die Beiratsehaft aus, so kann die Aufsichtsbehörde binnen zehn Tagen seit der Mitteilung der Kantonsregierung den Entscheid des Bundesgericbts anrufen.

2 Die Anordnung einer Beiratschaft ist der Schuldnerin und der > Kantonsregierung schriftlich mitzuteilen und öffentlich bekanntzumachen.

3 Die Aufsichtsbehörde kann der Schuldnerin vor Bestellung der Beiratschaft durch provisorische Verfügung für die Dauer von höchstens drei Monaten Stundung gewähren und nach Einholung der Vernehmlassung der Kantonsregierung die ordentlichen Organe der Schuldnerin während dieser Zeit in ihrer Tätigkeit beschränken oder einstellen.

1

Art. 33.

Die Aufsichtsbehörde überträgt die Beiratschaft im Einvernehmen o. Bestellung mit der Kantonsregierung einer oder mehreren Personen.

2 Die Kantonsregierung bestimmt zu Lasten der Schuldnerin die den Beiräten zukommende Entschädigung.

3 Für die Verantwortlichkeit der Beiräte gelten die Artikel 5 und folgende des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes.

1

Art. 34.

Die Beiratschaft hat dafür zu sorgen, dass, unbeschadet der n. Aufgaben der laufenden Verwaltung, die verfallenen Verpflichtungen der Schuldnerin Beiratschaft, im Bahmen des Finanzplanes möglichst bald und gleichmässig, nach ' gemeinen.

Massgabe ihrer Fälligkeit und unter Berücksichtigung der für sie bestehenden Sicherheiten eingelöst werden.

2 Sie hat den Finanzhaushalt zu ordnen und nach Möglichkeit die Ausgaben zu vermindern und die Einnahmen zu erhöhen.

1

Art. 35.

1

Die Beiratschaft hat zu diesem Zwecke insbesondere Steuer- 2. Eintreibung von rde rückstände und andere ausstehende Forderungen einzutreiben.

i"°und ° rangen 2 Sie ist ermächtigt, die für ihre Geltendmachung nötigen Eechts- - ^^Aktiven handlungen vorzunehmen und, soweit nötig, das Finanzvermögen zu verwerten. Sie kann die Verwertung selbst vornehmen. Den Erlös aus Pfändern hat sie aber in erster Linie zur Bezahlung der pfandgesicherten Forderungen nach ihrem Bang zu verwenden.

252 Art. 86.

Die Beiratschaft hatVerantwortlichkeits- und Anfechtungsansprüche tend zu machen, sofern nicht die Aufsichtsbehörde Aufsic Anfechtüngs1- geltend dem Verzicht auf anspräche.

die Klage oder einem Vergleich zustimmt.

3. Verantwort-

Art. 87.

4. Anordnung i Soweit es notwendig und nach den gegebenen Verhältnissen zweokimd Abgaben, massig >ind tragbar erscheint, hat die Beiratschaft von Amtes wegen oder auf Antrag eines Gläubigers mit Zustimmung der Kantonsregierung die bestehenden Steuern und sonstigen Abgaben zu erhöhen und für Leistungen von öffentlichen Werken und Einrichtungen oder aus öffentlichen Gütern ein Entgelt einzuführen oder bestehende Vergütungen angemessen zu erhöhen. Sie ist dabei nicht an die Bestimmungen des kommunalen Eechtes gebunden.

2 In gleicher Weise kann sie mit Zustimmung der Kantonsregierung Steuern und Abgaben neu einführen, zu deren Einführung die Schuldnerin nach kantonalem Eecht ermächtigt wäre.

Art. 38.

5. Bilanz und Finanzplan.

m. Kompetenzen.

1

Die Beiratschaft hat zu Beginn ihrer Tätigkeit einen Eechnungsruf zu erlassen, sofern nicht besondere Verhältnisse eine Ausnahme rechtfertigen, und ein Inventar aufzunehmen, in welchem die zum FinanzVermögen gehörenden Vermögenswerte gesondert aufzuführen sind, eine Vermögensbilanz aufzustellen und einen Plan über die zur Sanierung in Aussicht genommenen Massnahmen auszuarbeiten. Ebenso ist jeweils nach Ablauf eines Verwaltungsjahres eine Bilanz aufzustellen.

2 Eine Abschrift der Bilanz und des Finanzplanes ist der Schuldnerin und der Kantonsregierung mit einem Bericht über die Vermögenslage der Schuldnerin zuzustellen.

3 Der Finanzplan ist während dreissig Tagen öffentlich aufzulegen, wovon den Gläubigern Kenntnis zu geben ist. Er kann innerhalb dieser Frist von jedem Interessierten bei der Aufsichtsbehörde angefochten werden.

Art. 39.

Bei Anordnung der Beiratschaft hat die Aufsichtsbehörde deren Kompetenzen genau zu umschreiben. Soweit die Beiratschaft als zuständig erklärt wird, gehen die Kompetenzen der ordentlichen Verwaltungsorgane und ihrer Verwaltungsaufsichtsbehörden bezüglich der finanziellen Geschäftsführung auf sie über.

2 Abgesehen von der Bestreitung laufender Ausgaben aus schon vorhandenen Einnahmequellen, bedürfen Beschlüsse und Verfügungen der 1

253 ordentlichen Organe über Ausgaben und Einnahmen, die Veräusserung und Verpfändung von Vermögenswerten und die Eingehung neuer Verpflichtungen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Beiratschaft. Vorbehalten bleiben die Eechte des gutgläubigen Erwerbers.

3 Das Gemeindereferendum und das Eecht der Gemeindeinitiative können gegenüber Verfügungen der Beiratschaft nicht geltend gemacht werden.

4 Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde kann die Beiratschaft einzelne Befugnisse an die ordentlichen Organe der Schuldnerin übertragen.

Art. 40.

Die ordentlichen Organe der Schuldnerin haben die ihnen von v. Pflichten der der Beiratschaft in diesem Eahmen erteilten Weisungen zu vollziehen.

2 Wer diese Vorschriften schuldhaft verletzt, wird persönlich haftbar.

3 Hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Eechtshandlungen, die vor Anordnung der Beiratschaft vorgenommen wurden, sind die Bestimmungen der Artikel 285 bis 292 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes entsprechend anwendbar.

1

Art. 41.

Während der Beiratschaft können gegen die Schuldnerin für die v. Wirkungen schon vor Anordnung der Beiratschaft eingegangenen Verpflichtungen bungen und keine Betreibungen angehoben oder fortgesetzt werden.

Fristen.

2 Ebenso ist der Lauf der Verjährungs- und Verwirkungsfristen, welche durch Betreibung unterbrochen werden können, für solche Verpflichtungen gehemmt.

1

Art. 42.

Die Beiratschaft fällt mit Ablauf der Zeit, für die sie bestellt ist, vi. Beendigung dahin, wenn diese nicht vorher verlängert worden ist.

schaft.

2 Die Aufsichtsbehörde hat die Beiratschaft auf Antrag oder von ' g?ündef*D83~ Amtes wegen schon vorher aufzuheben, sobald die Umstände es erlauben, insbesondere wenn die Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts gewährleistet erscheint.

1

Art. 43.

Die Aufsichtsbehörde kann bestimmen, dass einzelne während der 2. Wirkungen Beiratschaft getroffene Anordnungen für bestimmte Zeit weiter gelten. Beendigung.

2 Eine Stundung für Verpflichtungen der Schuldnerin kann aber höchstens für die Dauer von drei Jahren nach Beendigung der Beiratschaft gewährt werden.

1

254 3 Die Stundung ist von der Aufsichtsbehörde zu widerrufen, wenn die in Artikel 27 genannten Voraussetzungen gegeben sind.

Art. 44.

viLBeschwerde.

Gegen Verfügungen der Beiratschaft kann ieder Interessierte binnen 1. An die Auf, L i j.

-o n\ · -n i i m sichtsbehörde. zehn Tagen wegen nGesetzesverletzung, Bechtsverweigerung, Kechtsverzögerung und Unangemessenheit bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde führen.

2. AH das gericht.

Art. 45.

Durch Beschwerde an das Bundesgericht können binnen dreissig Tagen von der Zustellung an gerechnet aus den gleichen Gründen folgende Entscheidungen der Aufsichtsbehörde angefochten werden: a. von der Schuldnerin und der Kantonsregierung: die Anordnung einer Beiratschaft oder die Verweigerung ihrer Aufhebung sowie die Verweigerung einer Stundung im Anschluss an eine Beiratschaft oder der Widerruf einer solchen Stundung; b. von jedem, der einen gültigen Antrag gestellt hat: die Ablehnung eines Antrages auf Anordnung einer Beiratschaft, die Verweigerung des Widerrufes einer im Anschluss an eine Beiratschaft angeordneten Stundung, die Verweigerung der Einführung oder Erhöhung von Steuern oder sonstigen Abgaben oder Vergütungen sowie die Unterlassung, die Zustimmung der Kantonsregierung gemäss Artikel 37 einzuholen ; c. von jedem Gläubiger, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht: die vorzeitige Aufhebung der Beiratschaft sowie die Anordnung einer Stundung im Anschluss an eine Beiratschaft.

D. Schiassbestimmungen.

Art. 46.

1

i. verordnungsDas Bundesgericht erlässt die erforderlichen Ausführungs- und recht ' Übergangsbestimmungen.

2 Die ihm in diesem Gesetz zugewiesenen Befugnisse kann es der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer oder einer andern Abteilung übertragen.

3 Die Kantone können die der Aufsichtsbehörde in diesem Gesetz zugewiesenen Obliegenheiten auf dem Verordnungswege einer besondern Behörde übertragen.

255 1

Art. 47.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses n. inkraft-

, b-esetzes.

n

2

Die mit diesem Gesetz im Widerspruch stehenden eidgenössischen und kantonalen Vorschriften sind aufgehoben.

3 Aufgehoben ist insbesondere der Bundesbeschluss vom 5. Oktober 1945 über den Schutz der Anleihensgläubiger von Körperschaften des öffentlichen Eechts.

4 Auf Anleihen des Bundes, der Kantone und Gemeinden sowie von andern Körperschaften oder von Anstalten des öffentlichen Eechts sind die Vorschriften des zweiten Abschnittes des vierunddreissigsten Titels des Obligationenrechts sowie diejenigen der Verordnung vom 20. Februar 1918 betreffend die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen nicht anwendbar.

Also beschlossen vom Ständerat, Bern, den 4. Dezember 1947.

Der Präsident: Iten.

Der Protokollführer: Ch. Oser.

Also beschlossen vom Nationalrat, Bern, den 4. Dezember 1947.

Der Präsident: A. Picot.

Der Protokollführer: Leimgruber, Der schweizerische Bundesrat beschliesst : Das vorstehende Bundesgesetz ist gemäss Art. 89, Abs. 2, der Bundesverfassung und Art. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874' betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Bern, den 4. Dezember 1947.

5492

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeskanzler: Leimgrubcr.

Datum der Veröffentlichung 22. Januar 1948.

Ablauf der Referendumsfrist 21. April 1948.

treten, Aufhebung bestehender stehender Vorschriften.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts. (Vom 4. Dezember 1947.)

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1

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---

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22.01.1948

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