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Bundesblatt 110. Jahrgang

Bern, den 13. Februar 1958

Band I

Erscheint wöchentlich.

Preis Franken im Jahr, Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Happen die Petitzelle oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ «P-16» (Vom 31. Januar 1958) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Am 15.November 1957 unterbreiteten wir Ihnen eine Botschaft und einen Beschlussesentwurf über die Beschaffung von 100 Kampfflugzeugen «Hunter Mk 6». Heute haben wir die Ehre, Ihnen die Beschaffung von weiteren 100 Kampfflugzeugen des in der Schweiz entwickelten Typs «P-16» zu beantragen.

Die Gründe, welche uns zu diesem Vorgehen zwingen, haben wir bereits im ersten Kapitel unserer Botschaft vom 15. November 1957 kurz dargelegt. Wir möchten hier der Vollständigkeit halber teilweise auf unsere damaligen Ausführungen zurückkommen und diese ausserdem noch etwas ergänzen: Im Zuge der ordentlichen Erneuerung unseres Bestandes an Kampfflugzeugen müssen in den Jahren 1959-1962, nach ungefähr zehnjähriger Betriebsdauer, die auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 23. September 1947 und vom 24.März 1949 beschafften 175 Kampfflugzeuge «Vampire» ersetzt werden. Wegen der Lieferfristen war es notwendig, die Beschaffung derjenigen Kampfflugzeuge, welche die erste «Vampire»-Serie ersetzen sollten, so rasch als möglich in die Wege zu leiten, um ein auch nur vorübergehendes Absinken des Kampfflugzeugbestandes unter die einmal als absolut notwendiges Minimum festgelegte Anzahl verhindern zu können.

Für den Ersatz dieser ersten «Vampire»-Serie konnte aus Gründen, die wir in unserer Botschaft vom 15.November 1957 bereits eingehend dargelegt haben, nur der «Hunter Mk 6» in-Frage kommen. Abgesehen von der Notwendigkeit, ein vorübergehendes Absinken unseres Kampfflugzeugbestandes zu verhindern, sprachen hier noch zwei weitere Gründe für eine möglichst baldige Beschlussfassung. Einmal war das Preisangebot der Lieferfirma bis 31. Dezember 1957 Bundesblatt. 110. Jahrg. Bd. L 26

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befristet, konnte jedoch auf 81. Januar 1958 verlängert werden. Sodann wurden die in unserer Botschaft vom 15.November 1957 erwähnten Lieferfristen unter der Voraussetzung zugesichert, dass eine Bestellung bis Ende 1957 aufgegeben werde und dass inzwischen keine grössere Bestellung von dritter Seite erfolgt.

Nachdem sich andere Länder auch für den Kauf des « Hunter Mk 6 » interessierten, galt es, sich rasch zu entscheiden.

Ein schwierigeres Problem stellt nun die Typenwahl für die in den Jahren 1961/62 zu ersetzenden «Vampire»-Flugzeuge der zweiten Serie dar. Es gilt hier, heute schon ein Flugzeug zu wählen, welches 1961/62 und in den folgenden Jahren den zu stellenden Anforderungen genügt und den Vergleich mit andern dann verfügbaren Flugzeugen aushält. Besondere Tragweite wird dem Entscheid noch durch den Umstand verliehen, dass das Schicksal der schweizerischen Flugzeugindustrie eng mit der Beschaffung des «P-16» verknüpft ist.

Die ausserordentliche Bedeutung aller dieser Fragen veranlasste uns, zusammen mit der durch ihre neu gewählten Mitglieder erweiterten Landesverteidigungskommission das ganze Problem am 19. November 1957 in einer gemeinsamen Sitzung eingehend zu beraten. Dabei kamen namentlich die Ergebnisse der Informationsreisen unserer Fachleute nach den USA, Schweden und Frankreich und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur Sprache. Gestützt auf das Ergebnis dieser Beratung haben wir uns am 2. Dezember 1957 grundsätzlich für die Anschaffung einer Serie von 100 Flugzeugen «P-16» entschlossen.

Wir haben indessen wegen ihrer besondern Tragweite die Vorlage der Botschaft über die Beschaffung des «P-16» an die eidgenössischen Eäte vom Ergebnis der Vertragsverhandlungen mit den hauptsächlichsten Herstellerfirmen abhängig gemacht. Diese sind seither mit aller Intensität gefördert und weitgehend zum Abschluss gebracht worden. Näheres über den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen wird in den nachfolgenden Kapiteln ausgeführt.

1. Wahl des Flugzeugtyps für den Ersatz der zweiten «Vampireb-Serie In unserer Botschaft vom 15.November 1957 über die Beschaffung von Kampfflugzeugen werden im Kapitel «II.Typenwahl» die Gesichtspunkte dargelegt, welche die Wahl der zu- beschaffenden Kampfflugzeuge bestimmen. Die darin vertretene Auffassung, dass der Einsatz im Erdkampf nach wie vor die
Hauptaufgabe unserer Luftwaffe bilde und dass darum die Wahl vor allem im Hinblick auf diese Aufgabe zu treffen sei, behält ihre Gültigkeit auch für die Wahl des Flugzeugtyps für den Ersatz der zweiten «Vampire»-Serie.

In der Botschaft wird ferner geschildert, was alles zur Sicherstellung des Ersatzes der «Vampire» und zur Ermittlung der geeigneten Flugzeugtypen unternommen wurde. Den Ausführungen ist zu entnehmen, dass Erhebungen auf breiter Basis im In- und Ausland angestellt und eingehende Erprobungen durchgeführt wurden. Nach sorgfältiger Abwägung aller in Betracht kommenden Faktoren (Anforderungen, Leistungen, spezifische Eignung, Liefertermine, Preise usw.), fiel die Wahl auf die beiden Flugzeugtypen «Hunter Mk 6» und «P-16». In der Botschaft heisst es : «Diese beiden Typen erfüllen die Bedingungen,

379 welche wir an Flugzeuge stellen müssen, die unsere Flugwaffe erneuern und verstärken sollen.» Für den Ersatz der ersten «Vampire»-Serie kamen indessen aus Termingründen nur die «Hunter Mk 6» in Frage. Ihre Beschaffung bildet Gegenstand der Botschaft vom 15.November 1957.

Da der Ersatz der zweiten Serie «Vampire» weniger dringend war, weil er bis Ende 1962 vollzogen sein muss, konnten hier der «P-16» oder ausländische Modelle mit gleichen oder besseren Leistungen in Frage kommen. Es wurde ebenfalls in Erwägung gezogen, eine weitere Serie «Hunter Mk 6» zu bestellen oder sie in Lizenz selbst zu fabrizieren. Eine solche Lizenzfabrikation hätte aber nicht fristgerecht erfolgen können. Ausserdem wurde auch berücksichtigt, dass der «P-16» für den Erdkampf nicht nur über eine bessere Bewaffnung verfügt, sondern auch für unsere speziellen Verhältnisse (kurze Start- und Landelängen, kleinere Kurvenradien, hohe Festigkeit) sogar noch gewisse Vorteile auf weist.

Er wurde von Anfang an für die genannte Aufgabe konzipiert unter Berücksichtigung der durch unsere Geländeverhältnisse bedingten besondern Forderungen bezüglich der Manövrierfähigkeit. Der «Hunter», ursprünglich als Jäger entworfen, wurde erst später zum Jagdbomber weiterentwickelt und durch verschiedene Verbesserungen auf den Stand des neuesten Typs, des «Mk 6», gebracht.

Bei dem heutigen raschen Tempo der technischen Entwicklung war damit zu rechnen, dass für den Ersatz der zweiten «Vampire»-Serie in den Jahren 1960-1962 Typen mit noch besseren Leistungen verfügbar sein könnten. Die diesbezüglichen Möglichkeiten wurden eingehend geprüft. Die Erhebungen erstreckten sich in der Hauptsache auf amerikanische, schwedische und französische Erzeugnisse.

Die nach den USA entsandte Mission besichtigte und erprobte vier verschiedene Typen. Von diesen käme nur einer für eine allfällige Beschaffung in Betracht. Die übrigen drei schieden aus. In einem Fall erwiesen sich die Leistungen und Bewaffnung als den zu stellenden Ansprüchen nicht mehr gewachsen, in einem weitern Fall zeigte es sich, dass die Start- und Landerollstrecken für die Verwendung auf unseren Flugplätzen im Zentralraum zu gross waren und die Manövrierfähigkeit in Bodennähe für den Einsatz in unserem Gelände ungenügend ist; im dritten Fall bestand der Grund der Ablehnung ebenfalls in den
zu grossen Start- und Landerollstrecken, und ausserdem verfügt das betreffende Flugzeug über keine Jagdbomber-Bewaffnung.

Dasjenige Modell, für welches das Ergebnis positiv lautete, zeigt sowohl als Erdkampf-Flugzeug wie als Jäger vorzügliche Leistungen. Seine Verwendung erfordert aber Flugpisten von mindestens 2000 m Länge. Die Beurteilung für den Einsatz in unserem Gelände lautet günstig. Die Typenerprobung ist allerdings noch nicht vollständig abgeschlossen. Nach den Angaben der Firma wären indessen 100 Flugzeuge bis Mitte 1960 lieferbar.

Einer Beschaffung dieses Flugzeuges stehen nun aber die ausserordentlich hohen Kosten entgegen. Eine lOOer-Serie käme zusammen mit dem Ersatz- und

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Eeservematerial, der Bodenausrüstung für Wartung und Unterhalt sowie der Kriegsmunition auf das Doppelte einer entsprechenden '«P-16»-Sefie zu stehen.

Näher geprüft wurde auch ein in Schweden entwickelter Typ. Dieser ist jedoch primär als Höhenjäger entwickelt worden und zeichnet sich vor allem durch grosses Steigvermögen und hohe Geschwindigkeit aus. Die Flugqualitäten sind gut und der Einsatz von der Mehrzahl unserer Flugplätze aus wird als möglich erachtet. Die Kampfzuladung für den Einsatz in den Erdkampf ist jedoch geringer als beim «P-16». Obschon erst 3 Prototypen vorhanden sind, deren Erprobung im Zeitpunkt der Besichtigung noch nicht einmal so weit vorangeschritten war wie die des «P-16», ist die Serienfabrikation als Jäger für die schwedische Luftwaffe bereits im Gange. Der Preis liegt über dem des «P-16».

Für eine Beschaffung würde das schwedische Flugzeug nur in einer Jagdbomber-Version mit, erhöhter Kampfzuladung Interesse bieten. Eine diesbezügliche Ergänzung'der Ausrüstung wurde studiert und wäre voraussichtlich realisierbar; sie würde aber konstruktive Änderungen sowie zusätzliche Erprobungen erfordern und sich vor allen Dingen auch preiserhöhend und terminverzögernd auswirken.

In unsere Erhebungen einbezogen wurden auch die in Frankreich und Italien entwickelten sogenannten «Leichtkampfflugzeug»-Typen. Als Vorteile dieser Konzeption werden die geringen Anschaffungskosten und die Möglichkeit des Operierens von Easenpisten aus hervorgehoben. Abgesehen davon, dass beim «P-16» letztere Voraussetzung ebenfalls erfüllt ist, genügen diese Typen bezüglich des Kampfpotentials unsern Anforderungen nicht. Diese Feststellung trifft übrigens auch zu für ein von gewisser Seite besonders angepriesenes britisches Flugzeug dieser Klasse, von welchem ein Vorläufer schon in einem früheren Zeitpunkt besichtigt worden war.

Ein weiterer französischer Prototyp, allerdings nicht mehr zur Kategorie der Leichtkampfflugzeuge gehörend, ist im Hinblick auf Leistungen und Kampfzuladung auch für uns interessant. Immerhin kann gesagt werden, dass kein Grund besteht, heute dieses Flugzeug dem für unsere besondern Anforderungen gebauten «P-16» vorzuziehen.

Auch auf ein kürzlich erfolgtes Angebot eines französischen Musters der Gewichtsklasse des «P-16» konnte nicht mehr eingetreten werden, da sich bereits
anlässlich einer früheren Prüfung der Eignungsfrage gezeigt hatte, dass dieser Typ hinsichtlich Manövrierfähigkeit unsern Anforderungen nicht entsprach.

Nach A b w ä g u n g aller Möglichkeiten, die für den E r s a t z der zweiten «Vampire»-Serie untersucht w u r d e n , gelangen wir deshalb zum Ergebnis, dass die B e s c h a f f u n g des «P-16» die zweckmässigste Lösung bildet.

Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass im Zeitpunkt, in dem die «Vampire» als Frontflugzeuge zurückgezogen werden müssen, noch besserer Ersatz verfügbar sein könnte. Bei der verhältnismässig grossen Zeitspanne zwischen Beschaffungsbeschluss und Ablieferung des Materials wird ein solches

381 Eisiko immer bestehen, selbst dann, wenn auf die Flugzeugbeschaffung durch Herstellung im eigenen Lande verzichtet wird. Mit einem Verzicht, sei es auf Eigenentwicklung, sei es auf Lizenzbau, würden wir uns zudem auf diesem Sektor in die vollständige Abhängigkeit vom Ausland begeben, was nicht nur aus volkswirtschaftlichen Gründen, sondern vor allen Dingen im Interesse der Landesverteidigung - die Erfahrungen des zweiten Weltkrieges haben dies zur Genüge gezeigt - auf jeden Fall vermieden werden muss. Das Eisiko, gegebenenfalls nicht das allerneueste Flugzeug zur Verfügung zu haben, muss deshalb abgewogen werden gegen die Vorteile, welche die ganze oder teilweise Eigenfabrikation bringt, und namentlich gegen die Gefahr, bei einer Veränderung der internationalen Lage von ausländischen Lieferungen abgeschnitten zu sein. Diese Gründe sowie auch die technischen und taktischen Leistungen sprechen eindeutig für den «P-16».

2. Die Herstellung des Kampfflugzeuges «P-16» Ein kurzer Eückblick auf den Werdegang der schweizerischen Flugzeugindustrie zeigt, dass ihre Anfänge bis auf die Jahre 1914-1918 zurückreichen.

Es handelte sich damals darum, die bei Ausbruch des ersten Weltkrieges neu aufgestellte Fliegertruppe mit dem notwendigen Flugmaterial auszurüsten. Vom Ausland war während der ganzen Dauer des Krieges -- ausser einigen Flugzeugen (5 Jagdeinsitzer «Nieuport» und den Fabrikations-Lizenzen für die 120-PS-Argus- und 150-PS-Hispano-Flugmotoren) -- nichts erhältlich.

Diese Umstände erforderten den Aufbau einer inländischen Flugzeug- und Motorenindustrie.

Um bei der laufenden Erneuerung des Flugzeugparks unserer Luftwaffe nicht dauernd vom Ausland abhängig und bezüglich Nachschub an neuem Flugmaterial weniger den Wechselfällen der Weltpolitik ausgesetzt zu sein, wurde auch nach dem ersten Weltkrieg die Beschaffung nach Möglichkeit auf dem Wege der Eigenentwicklung oder der Lizenznahme und somit die Herstellung im Lande weitergeführt. Dieses Vorgehen wurde bis heute mit einigen wenigen Ausnahmen, bei denen es darum ging, Lücken durch Ankauf fertiger Flugzeuge aus dem Ausland innert nützlicher Frist aufzufüllen, befolgt. Dabei war die Herstellung von Militärflugzeugen lange Jahre fast ausschliesslich Sache der Eidgenössischen Konstruktionswerkstätte in Thun, während die Motoren von Anfang an durch
die Privatindustrió hergestellt wurden.

Ab Anfang der dreissiger Jahre, insbesondere für die erste grössere Flugzeugbeschaffung (65 Jagdeinsitzer D-27 und 40 Beobachterzweisitzer Fokker C V), wurde dann in zunehmendem Masse die Privatindustrie herangezogen.

Während des zweiten Weltkrieges war man wiederum vollständig auf die inländische Flugzeugindustrie angewiesen. Diese ist heute noch mit den allerletzten Arbeiten im Zusammenhang mit der Fabrikation der «Venom» beschäftigt und wäre bereit, die Serienfabrikation des im eigenen Lande entwickelten «P-16» sofort aufzunehmen,

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In unserer Botschaft vom 28.Dezember 1955 an die Bundesversammlung betreffend die Beschaffung einer Versuchsserie des Kampfflugzeuges «P-16» haben wir ausführlich auf die Entwicklungsgeschichte dieses Flugzeuges hingewiesen. Es sei hier nur kurz wiederholt, dass der erste Auftrag für ein Vorprojekt der Firma Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein im Jahre 1949 erteilt wurde, und dass der Bau von zwei Prototypen zu Lasten der dem Militärdepartement zur Verfügung stehenden Entwicklungskredite im Jahre 1952 beschlossen wurde. Die Flugerprobung des ersten Prototyps begann am 28. April 1955 und wurde am 81. August des gleichen Jahres infolge des durch eine Störung in der Brennstoffzufuhr erfolgten Verlustes dieses Prototyps unterbrochen. Am 16. Juni 1956 begannen die Flugversuche mit dem Prototyp Nr.2.

In der Märzsession 1956 stimmten die eidgenössischen Eäte dem Antrage des Bundesrates auf Beschaffung einer Versuchsserie von vier Stück zu und am 15. April 1957 führte das erste Flugzeug dieser Versuchsserie, versehen mit dem stärkeren Triebwerk, seinen Erstflug aus. Der Erstflug des zweiten Flugzeuges der Versuchsserie steht bevor.

Schon bei der Herstellung der Prototypen und der Versuchsserie des «P-16» wirkten ausser der Firma Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein zahlreiche andere Firmen mit. Es ist vorgesehen, eine Serienfabrikation in ähnlicher Weise zu organisieren wie bei der Lizenzfabrikation der Flugzeuge «Vampire» und «Venom», wo allein für den Zellenbau über 400 Firmen des Inlandes beigezogen wurden.

Die Verteilung der Aufträge würde durch das Eidgenössische Flugzeugwerk Emmen, welches für diese schwierige Aufgabe über den notwendigen bewährten Apparat verfügt, vorgenommen. Die schon bisher auf dem Gebiete des Flugzeugbaues tätigen Firmen würden Aufträge erhalten, welche ihrer gegenwärtigen Fabrikationskapazität entsprechen, ohne dass wesentliche Neuinvestitionen vorgenommen werden müssten. Die Montage der Flugzeuge würde durch die Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein vorgenommen. Die Kontrolle und Abnahme der Flugzeuge ist Sache der Bauaufsicht für Flugwesen der Kriegstechnischen Abteilung.

Es ist vorgesehen, dass die Beschaffung sämtlicher Eohmaterialien durch das Eidgenössische Flugzeugwerk Emmen erfolgt, welches sie den einzelnen Lieferanten nach durchgeführter Materialkontrolle zur Verfügung
stellt. Dieses System hat sich schon bei den bisherigen Lizenzfabrikationen sehr bewährt.

Damit ergibt sich, dass keine einzige der beteiligten Firmen der Flugzeugindustrie, Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein nicht ausgeschlossen, Aufträge erhält, die im Umfang mehr als 15 Prozent der totalen Kreditsumme ausmachen.

Die in Aussicht genommene vertragliche Eegelung mit den Hauptlieferanten sieht eine Klausel vor, bei welcher eine Begrenzung allfälliger Übergewinne dadurch ermöglicht wird, dass im Falle von Einsparungen an der devisierten Zahl der produktiven Arbeitsstunden, der damit erzielte Gewinn hälftig zwischen dem Lieferanten und dem Bund geteilt wird. Die beiden wichtigsten Lieferanten

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(Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein und Pilatuswerke AG Stans) haben sich mit einer solchen Eegelung einverstanden erklärt.

Die Bedeutung der Erhaltung einer schweizerischen Flugzeugindustrie ist verschiedentlich schon erwähnt worden. Sie sei hier deshalb nur noch kurz gestreift.

In militärischer Hinsicht ist es wertvoll, über Fabrikationseinrichtungen zu verfügen, in welchen Eeparaturen und die erfahrungsgemäss stets zahlreichen sich im Verlaufe des Betriebes als notwendig erweisenden Änderungen vorgenommen werden können. Zudem bilden die Betriebe der Flugzeugindustrie zahlreiche Fachleute aus, die militärisch im Bodenpersonal als Spezialisten eingeteilt werden, unschätzbare Voraussetzungen für ihre militärischen Funktionen mitbringen und in unserer Milizarmee unentbehrlich sind.

In wirtschaftlicher Beziehung ist der Fortbestand einer einheimischen Flugzeugindustrie von grosser Bedeutung. Dies wird besonders in Erscheinung treten, wenn der Beschäftigungsgrad der Industrie abnehmen sollte. Flugzeugbau ist ganz besonders arbeitsintensiv und verlangt höchste Zuverlässigkeit und Genauigkeit in der Ausführung, entspricht also in aussergewöhnlicher Weise den Eigenschaften unserer einheimischen Produktion. Auch wenn berücksichtigt wird, dass beim «P-16» die Triebwerke und einzelne andere Aggregate sowie ein Teil der Eohmaterialien aus dem Ausland bezogen werden müssen, bleibt doch die Tatsache, dass ca. 65 Prozent der verlangten Kredite im Inland verbleiben, während beispielsweise bei der Beschaffung von «Hawker-Hunter »-Flugzeugen nur ein sehr geringer Teil der Kredite für einen Teil der Munition für Aufträge im Inland verwendet werden kann.

Leider muss auf eine Fabrikation der Triebwerke im Inland verzichtet und es müssen diese aus Grossbritannien bezogen werden. Die Mehrkosten einer Inlandfabrikation der benötigten relativ kleinen Serie sind zu beträchtlich.

Es ist dies sehr bedauerlich, da die schweizerische Industrie mit der Fabrikation der Triebwerke für die «Venom »-Flugzeuge ihre Qualität und ihre Leistungsfähigkeit bewiesen hat und es als grosser Vorteil für das Unterhalts- und Beparaturwesen gewertet werden müsste, die für diesen Zweck aufgebaute Organisation in Betrieb zu halten.

Da die Arbeiten an den «Venom»-Flugzeugen im Auslaufen begriffen sind, müsste bei Verzicht auf die Beschaffung
des «P-16» ein Produktionsunterbruch eintreten, der zur Folge hätte, dass die spezialisierten Arbeitskräfte abwandern würden und ein späterer Wiederaufbau der schweizerischen Flugzeugindustrie kaum mehr möglich wäre.

Ob jedoch auch in Zukunft die Eigenentwicklung der für uns bessere Weg zur Erhaltung einer Flugzeugindustrie und zur Flugzeugbeschaffung ist, bleibt abzuwarten. Die Frage, ob nicht eher wieder der Lizenzbau ausländischer Typen in der Schweiz vorzuziehen sei, wird sehr gründlich geprüft; ebenso die Frage, inwiefern die Kampfflugzeuge durch Fernlenkwäffen zu ergänzen seien.

Die Mihtärkommissionen der eidgenössischen Bäte werden frühzeitig über die

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diesbezüglichen Studien und Entwicklungen orientiert werden. Für die jetzt zur Diskussion stehende Beschaffung fallen sie indessen ausser Betracht.

3. Preis der «P-16i>-Beschaffung

Die Kosten sind so genau als möglich auf Grund der heute verfügbaren technischen Unterlagen sowie auf der Basis der Löhne und Materialpreise vom Herbst 1957 ermittelt worden. Es wird ferner vorausgesetzt, dass sämtliche Triebwerke inklusive der zugehörigen Reserve- und Ersatzteile fertig im Ausland gekauft werden, da aus den unter Ziffer 2 genannten Gründen auf eine Lizenzfabrikation der Triebwerke verzichtet wird.

Unter obigen Voraussetzungen betragen die Gesamtkosten einer Serie von 100 Flugzeugen «P-16» rund 407 000 000 Franken, welche sich auf die Jahre 1958-1962 verteilen würden. Darin sind enthalten: die betriebsbereiten Flugzeuge, Reservetriebwerke, Reserve- und Ersatzmaterial, Fabrikationseinrichtungen, Lizenzkosten; Bodenorganisation, Instruktionsmaterial, Munition und übrige Kampflast sowie Bodenfunkausrüstungen zu den neuen Bordfunkgeräten.

Dagegen ist der von Ihnen in der Dezembersession 1956 zur Beschleunigung der Entwicklung und Vorbereitung der Serienfabrikation des «P-16» bewilligte Kredit von 20 000 000 Franken, über welchen inzwischen praktisch verfügt worden ist, nicht mehr enthalten.

Bei Preisvergleichen mit ausländischen Typen ist Vorsicht geboten, da nur Flugzeuge von etwa gleichen Verwendungsbereichen, Gesamtgewichten, Kampfzuladungen, Ausrüstungen und Bodeneinrichtungen verglichen werden dürfen.

Es darf festgestellt werden, dass die Kosten des «P-16»-Flugzeuges in der gleichen Grössenordnung liegen wie die ausländischen Flugzeuge ähnlicher Klasse.

Was im besondern die Mehrkosten des «P-16» gegenüber dem «Hunter Mk 6» - einem Flugzeug, das an sich verglichen werden kann - betrifft, so können hiefür folgende Gründe angeführt werden: das höhere Leergewicht, verbunden mit etwas höheren Festigkeiten der Zelle dieses typischen Erdkampfflugzeuges ; die stärkere Bewaffnung besonders inbezug auf Raketen. Dazu kommen die erheblich höheren Kosten der Munitionsvorräte, da der «P-16» eine modernere Raketenmunition verschiesst, während beim «Hunter» vorhandene « Vampire »Bestände gebraucht werden. Ferner ist die umfangreichere und modernere, aber auch teurere Ausrüstung an Navigations- und Funkgeräten zu berücksichtigen.

Darüber hinaus fällt besonders ins Gewicht, dass der «P-16» in einer Serie von nur 100 Stück gebaut wird, während vom «Hunter» in England über 1000 Stück bereits
ausgeliefert "wurden. Es ist klar, dass der Stückpreis des «P-16» durch die Fabrikationseinrichtungen und die mit jeder Neufabrikation verbundenen Anlaufkosten prozentual stark belastet wird. Dieser Mehrkostenanteil ist der Preis, der für die Aufrechterhaltung einer eigenen Flugzeugindustrie bezahlt werden muss und dem anderseits die an anderer Stelle erwähnten Vorteile gegenüberstehen,

385 4. Ablieferungsverhältnisse Unter der Voraussetzung, dass der Übergang zur Serienproduktion normal verläuft, ist damit zu rechnen, dass die 100 Flugzeuge «P-16» in der Zeit vom Herbst 1959 bis Frühling 1962 der Truppe abgeliefert werden können. Damit wäre der rechtzeitige Ersatz der nach 10-jähriger Betriebszeit bei den Frontstaffeln auszuscheidenden zweiten «Vampire»-Serie durch moderne Kampfflugzeuge sichergestellt.

Aus diesen Erwägungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Beschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ «P-16» zur Annahme zu empfehlen.

Da der mitfolgende Beschluss die vorgesehene Kreditgrenze von 5 Millionen Franken überschreitet, benötigt er, gemäss Bundesbeschluss über die Finanzordnung, das absolute Mehr in beiden Bäten (Ausgabenbremse).

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 81. Januar 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Holenstein 3645

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

386 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Beschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ «P-16»

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bündesrates vom 81. Januar 1958, beschliesst :

Art. l Der mit Botschaft vom 81. Januar 1958 beantragten Beschaffung von 100 Kampfflugzeugen vom Typ «P-16» mit Munition, Ersatzmaterial und weiterem Zubehör wird zugestimmt' und hiefür ein Kredit von 407 Millionen Franken bewilligt.

Art. 2 Der jährliche Zahlungsbedarf ist in den Voranschlag bzw. in die Nachtragskreditbegehren aufzunehmen.

Art. 8 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat wird mit seinem Vollzug beauftragt.

Für die Annahme dieses Beschlusses ist das absolute Mehr in beiden Bäten erforderlich.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ «P-16» (Vom 31. Januar 1958)

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1958

Année Anno Band

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06

Cahier Numero Geschäftsnummer

7572

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.02.1958

Date Data Seite

377-386

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10 040 103

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