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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung des Bundesgesetzes über die Militärversicherung (Vom 15. Juli 1958)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wie beehren uns, Ihnen nüt dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes vom 20. September 1949 über die Militärversicherung (nachstehend Militärversicherungsgesetz genannt) sowie den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend Teuerungszulagen zu den Militärpensionen vorzulegen.

I. Revisionsgründe und Umfang der Teilrevision Schon Ende 1955, anlässlich der Vorbereitung des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1955 betreffend Gewährung neuer Teuerungszulagen zu den Militärpensionen als Ausgleich für die seit 1950 (Inkrafttreten des neuen Militärversicherungsgesetzes) eingetretene Teuerung, war das Eidgenössische Militärdepartement der Ansicht, es sei der versicherbare Maximaljahresverdienst von 11 000 Franken im Hinblick auf die ständig fortschreitende Teuerung und das noch stärkere Ansteigen der Löhne und Einkommen bei nächster Gelegenheit entsprechend zu erhöhen. Diese Ansicht war auch den Militärpatientenkreisen bekannt. Nachdem die Aufwärtsbewegung der Lebenskosten und der Löhne sich letztes Jahr eher noch verstärkt hat, ist nun eine solche Erhöhung als dringend zu betrachten. Da diese aber eine Änderung der Artikel 20 und 24 des Militärversicherungsgesetzes bedingt, wurde geprüft, ob nicht im Zusammenhang mit dieser notwendigen Eevision noch andere Gesetzesbestimmungen einer Änderung bedürfen.

Als diese internen Abklärungen bereits im Gang waren, hat im Laufe der Frühjahrssession 1957 Herr Nationalrat Sollberger eine Motion eingereicht, die Bundesblatt. 110. Jahrg. Bd. II.

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398 am 25. September 1957 vom Nationalrat in Form eines Postulates angenommen worden ist. Unter Hinweis auf die heutige Fassung des Artikels 24, Absatz 5, des Militärversicherungsgesetzes wird in diesem Postulat festgestellt, dass der Grundsatz, wonach der einmal festgesetzte anrechenbare Jahresverdienst während der ganzen Pensionsdauer massgebend bleibe, zu starr sei und in Zeiten rasch fortschreitender Geldentwertung manchmal Härten aufweise. Der Bundesrat wurde deshalb eingeladen, Bericht und Antrag über eine Eevision der fraglichen Gesetzesbestimmungen vorzulegen. Über diese Frage wird weiter unten berichtet.

Anderseits haben im Sommer 1957 der Bund Schweizer Militärpatienten und der Eidgenössische Wehrbund dem Militärdepartement gemeinsame Anträge zu einer Teilrevision des Militärversicherungsgesetzes eingereicht. Neben den bereits erwähnten Punkten (Erhöhung des anrechenbaren Maxirnaljahresverdientes und Lockerung des Grundsatzes der Unantastbarkeit des einmal festgesetzten Verdienstes) beantragen die Gesuchsteller eine Besserstellung der Militärpatienten teilweise durch Änderung von Verfahrensvorschriften und Erhöhung einiger Ansätze, teilweise durch Erweiterung der Bundeshaftung.

Soweit die Anträge der beiden Patientenverbände die gegenwärtige Struktur der Militärversicherung nicht berühren, kann darauf eingetreten werden.

Hingegen wäre es verfrüht, in der heutigen Vorlage, deren Inkrafttreten auf I.Januar 1959 als sehr wünschbar erscheint, die Grundlagen des Militärversicherungsgesetzes, nämlich den sachlichen und persönlichen Geltungsbereich sowie die Haftungsgrundsätze in Diskussion zu stellen. Es ist darauf hinzuweisen, dass anlässlich der Beratung des heutigen Gesetzes in den Jahren 1945 bis 1949 die Gestaltung dieser Grundlagen sorgfältig erwogen und geprüft worden ist.

Es sollte deshalb an der erst vor wenigen Jahren erarbeiteten Grundstruktur des Gesetzes ohne erneute reifliche Überlegung nichts geändert werden. Es ist beabsichtigt, eine Expertenkommission zu bestellen, welcher alle sowohl von Seiten der Patientenkreise wie auch von der Verwaltung aufgeworfenen Fragen grundsätzlicher Natur unterbreitet werden sollen. Diese Beratungen werden ergeben, ob und in welchem Mass die Grundlagen der heutigen Ordnung revisionsbedürftig sind. Vielleicht wird auch das Inkrafttreten der Invalidenversicherung zu gewissen Anpassungen des Militärversicherungsgesetzes Anlass geben, die bei dieser Gelegenheit zu prüfen wären.

II. Der Teuerungsausgleich

In Artikel 24, Absatz 5, des Militärversicherungsgesetzes ist der Grundsatz verankert, der für die Bentenberechnung einmal festgesetzte anrechenbare Jahresverdienst bleibe für die ganze Pensionsdauer massgebend. Herr Nationalrat Sollberger hat in seinem Postulat die Frage einer Bevision dieser Bestimmung aufgeworfen.

Soweit das Postulat die Lage der alten Militärpensionen im Auge hat, kann festgestellt werden, dass diese Pensionen durch das Gesetz vom 21. März 1956 weitgehend an die neuen Pensionen angeglichen worden sind.

399 Eine gründliche Prüfung der Frage einer allgemeinen Eevision der anrechenbaren Verdienste, welche den Dauerpensionen zugrunde liegen, zeigt eindeutig, dass man damit in ganz unübersichtliche Verhältnisse gelangen würde. Ferner ist auch zu beachten, dass die Militärversicherung gernäss Artikel 24, Absatz 4, die Pension nach demjenigen Verdienst zu berechnen hat, den der Versicherte als voll leistungsfähiger Angehöriger seiner Berufsart ohne Gesundheitsschädigung hätte erzielen können. Hier handelt es sich um genaue, leicht kontrollierbare Unterlagen. Wenn hingegen der Verdienst nach gewissen Zeitspannen revidiert werden könnte, würde man dabei zwangsläufig in das Gebiet von Vermutungen und damit unweigerlich auch zu Auseinandersetzungen gelangen, da ja in den allermeisten Fällen der Versicherte nie in der Lage sein würde, seine Behauptungen irgendwie zu belegen. Gerade aus diesen Erwägungen besteht der Grundsatz der Unabänderlichkeit des einmal festgesetzten Verdienstes seit Jahrzehnten und wird in der privaten wie in der Sozialversicherung ganz allgemein anerkannt.

Der Text des Postulates läss.t übrigens erkennen, dass es dessen Verfasser eher darum geht, dass eine einmal festgesetzte Pension, wie auch die Umstände sein mögen, ihren effektiven Wert, d.h. ihre Kaufkraft, bewahre. Die Barleistungen der Militärversicherung sind im Gegensatz zu denjenigen eigentlicher Versicherungen oder anderer sozialer Werke an keine mathematisch-technischen Probleme gebunden. Vielmehr hat eine Pension der Militärversicherung die Existenz des im Militärdienst gesundheitlich geschädigten Wehrmannes oder dessen Hinterlassenen ungeachtet aller Veränderungen der Lebenskostenverhältnisse zu sichern. Es darf in der Tat nicht geduldet werden, dass ein Militärpatient oder dessen Hinterlassene in Not geraten, weil ihre Pension an Kaufkraft eingebüsst hat. In dieser Richtung bringt aber die durch das Postulat beantragte Eevision materiell nichts Neues, indem die Bundesversammlung schon mehrmals bei wesentlicher Änderung der Lebenshaltungskosten Teuerungszulagen zu den Militärpensionen beschlossen hat. Seit 1941 wurden 9 derartige Beschlüsse gefasst, zunächst auf dem Vollmachtenweg, dann dringlich und schliesslich 1948 und 1955 in Form allgemein verbindlicher Bundesbeschlüsse.

Bis jetzt ist in der ganzen Bundesgesetzgebung
absichtlich nirgends eine automatische Anpassung irgendwelcher dauernder Bezüge an eine nachträgliche Änderung der Lebenskosten vorgesehen worden. Sowohl in der Besoldungspolitik des Bundes als auch bei den Sozialversicherungswerken haben sich Bundesrat und Parlament von derartigen Absichten, die gelegentlich geltend gemacht wurden, stets distanziert. Es sollte deshalb weiterhin Sache des Parlamentes sein, wenn die Verhältnisse es erfordern, die für eine Anpassung der Pensionen erforderlichen Beschlüsse zu fassen.

Es steht nun fest, dass die seit 1950 weiter fortgeschrittene Teuerung eine Anpassung der Militärpensionen als dringlich erscheinen lässt. In dieser Vorlage werden daher auch Vorschläge für einen neuen Teuerungsausgleich gemacht. In diesem Sinne kann also dem Postulat des Nationalrates Rechnung getragen

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werden; dies geschieht auch weitgehend durch die vorgesehene Bevision des Artikels 26, Absatz l, über welche nachstehend berichtet wird.

Durch die Tprozentige Teuerungszulage von 1955 wurden sämtliche bis Ende 1950 zugesprochenen Pensionen bis zu einem Indexstand von 170/172 Punkten an die Teuerung angeglichen. Diese Zulage soll nun stabilisiert und in die Pensionen einbezogen werden. Die 1951 zugesprochenen Pensionen wurden damals nicht berücksichtigt, weil sie noch nicht in einem beachtlichen Ausmass entwertet waren. Um nun einen einheitlichen Teuerungsausgleich zu gestatten, müssen diese Pensionen nachträglich um 3 Prozent erhöht und diese Erhöhung ebenfalls stabilisiert werden. Damit würden- sämtliche vor 1955 festgesetzten Pensionen einem Indexstand von 170/172 Punkten entsprechen. Diese Bereinigung ist Gegenstand der Übergangsbestimmungen zum Bevisionsentwurf.

In einem zweiten Erlass ist zudem die Ausrichtung von neuen Teuerungszulagen vorgesehen; mit einer solchen von 5 Prozent könnten die vor 1955 zugesprochenen Pensionen bis zum Indexstand von 179/181 Punkten angeglichen werden. Für die in den Jahren 1955 und 1956 festgesetzten Pensionen ist eine Zulage von 4 bzw. 3 Prozent ausreichend. Dadurch wird die Anpassung aller Pensionen in bezug auf ihre Kaufkraft zu denjenigen von 1957 geschaffen.

in. Die einzelnen Bestimmungen des Revisionsentwurfes Unsere Änderungsanträge stützen sich auf folgende Erwägungen : Art. 11, Abs. 2. Der beantragte Zusatz, es sei im Abklärungsverfahren auf Wunsch des Versicherten jedenfalls über seine Einvernahme ein schriftliches Protokoll zu erstellen, entspricht weitgehend der bisherigen Praxis.

Art. 11, Abs. 3. Die geltende Bestimmung, dass der von der Militärversicherung zu ernennende Sachverständige womöglich Militärdienst leisten oder geleistet haben soll, ist zu streichen, nachdem diese, die Expertenwahl einengende Vorschrift für die Militärversicherung praktisch bedeutungslos geworden ist.

Art. 11, Abs. 6. Die vorgeschlagene Ergänzung, dass im Erhebungsverfahren bei den einstweiligen Anordnungen für die zweckmässige Behandlung, Beobachtung und Kontrolle des Versicherten auf dessen Wünsche in billiger Weise Bücksicht zu nehmen sei, entspricht der bisher schon auf Grund von Artikel 17, Absatz 3, von der Militärversicherung ebenfalls hier geübten Praxis,
die nun aber doch auch in diesem Artikel ausdrücklich aufzunehmen ist.

Art. 13, Abs. 4, und Art. 58, Abs. 3. Die Praxis hat gezeigt, dass es zufolge der Weiterentwicklung der medizinischen Wissenschaft immer wieder Fälle gibt, bei denen die Bevisionsgründe erst nach Ablauf der fünfjährigen Frist ersichtlich werden. Diese Frist sollte deshalb in Artikel 13, Absatz 4, zugunsten der Versicherten auf zehn Jahre verlängert werden. Es ist dann aber auch Artikel 103 des Bundesbeschlusses betreffend das Verfahren des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes vom 28.März 1917 in Militärversicherungssachen ent-

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sprechend durch Fristverlängerung von fünf auf zehn Jahre zu ändern, was durch einen neuen Absatz 3 zu Artikel 58 erreicht werden kann.

Art. 15. Nach dem bisherigen Wortlaut dieses Artikels sind «Versicherungsleistungen vom Tage des ärztlich festgestellten Eintritts der Gesundheitsschädigung oder der wirtschaftlichen Schädigung an zu gewähren, auch wenn die Anmeldung'erst später erfolgt». Diese Fassung schliesst gewisse Missbräuche nicht aus und steht zudem sichtlich in Widerspruch zu Artikel 9 und 10, in welchen verlangt wird, dass jede Gesundheitsschädigung sofort vom Versicherten dem Arzt und von diesem der Militärversicherung zu melden sei.

In der Botschaft zum Militärversicherungsgesetz von 1949 wurde seinerzeit zu dieser Fragte erläutert : Der Artikel 15 des Entwurfes setzt den Beginn der Leistungspflicht der Militärversicherung auf den Tag des Eintrittes der gesundheitlichen bzw. wirtschaftlichen Schädigung fest. Diese Regelung ergibt sich aus dem sozialen Gedanken, auf dem das Gesetz aufgebaut ist. Dem Versicherten wird damit eine gewisse Bedenkzeit für die Vornahme der Anmeldung eingeräumt. Es darf sich aber nicht um eine krasse, unentschuldbare Verzögerung handeln.

Nun kommt es aber vor, dass gewisse Fälle ohne sichtlichen Grund sogar erst nach Jahren der Militärversicherung erstmals gemeldet werden. Diese muss dann die nötigen Abklärungen vornehmen, wobei Beweise natürlich je schwerer beizubringen sind, je später die Anmeldung erfolgt. Eine entsprechende Anpassung von Artikel 15 an die Absichten des Gesetzgebers und damit auch eine Übereinstimmung mit Artikel 9 und 10 -liegt deshalb ebensosehr im Interesse des Versicherten wie der Versicherung. Zudem wird mit der vorgeschlagenen Einfügung einer Begründung für verspätete Anmeldung bloss eine Verdeutlichung der Absichten des Gesetzgebers angestrebt, die bereits der bisherigen Gerichtspraxis entspricht und die Unverjährbarkeit des Versicherungsanspruches in keiner Weise beeinträchtigt.

Art. 20, Abs. 3, Art. 24, Abs. 2, und Art. 6öbls, Abs. 2. Wie schon in Abschnitt I erwähnt, ist der im Gesetz von 1949 auf 11 000 Franken festgesetzte versicherbare Maximalverdienst wegen der seitherigen allgemeinen Erhöhung der Löhne zu niedrig geworden, was einer der Hauptgründe für die Auslösung der Gesetzesrevision bildete. Eine letztes Jahr durchgeführte Teilerhebung hat gezeigt, dass bereits 15 bis 20 Prozent der Versicherten einen höhern Verdienst als 11 000 Franken ausweisen, so dass die Versicherung nicht den vollen Lohn berücksichtigen konnte. Solche Fälle sollten nur die Ausnahme bilden, ansonst der Versicherungsschutz als ungenügend zu betrachten ist. Aus diesem Grunde wird eine namhafte Erhöhung des bisherigen Verdienstmaximums von 11 000 Franken auf 15 000 Franken beantragt. Eine Erhöhung um bloss 1000 Franken auf 12 000 Franken, d. h. auf das gleiche versicherbare Verdienstmaximum wie bei der SUVA, würde dem Sinn und Zweck der Militärversicherung nicht gerecht. Der Wehrmann soll, wenn ihm im Dienste des Vaterlandes ein Unglück zustösst, für den Verdienstausfall grundsätzlich in jedem Falle ungefähr einen gleichwertigen Anspruch haben. Schon heute erzielen viele gelernte Speziai-

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arbeitet und ein grosser Teil der Angestelltenschaft Jahresarbeitseinkommen von mehr als 12 000 Franken. Bei der Militärversicherung sind ferner auch die selbständig Erwerbenden versichert, welche zu einem grossen Teil ebenfalls mehr als 12 000 Franken Jahresverdienst erzielen. Beim heutigen anrechenbaren Höchstverdienst von 11 000 Franken wird ein derart grosser Teil der Wehrmänner in seinen Ansprüchen gekürzt, dass wir die Heraufsetzung dieser Grenze auf 15 000 Franken für gerecht und angemessen halten.

Selbstverständlich sind auch die Erhöhungen der Militärpensionen gemäss Artikel 60Ms in bezug auf den anrechenbaren maximalen Jahresverdienst neu zu berechnen, was eine entsprechende Änderung des 2. Absatzes dieses Artikels bedingt.

Art. 20, Abs. 4, und Art. 24, Abs. 3. Im Hinblick auf die seit dem Inkrafttreten des Militär Versicherungsgesetzes von 1949 eingetretene Teuerung soll auch der anrechenbare Mindestverdienst angemessen von 5 auf 6 Franken pro Tag und von 1500 auf 1800 Franken pro Jahr erhöht werden. Eine weitergehende Erhöhung dieser Ansätze ist nicht notwendig, da dem Minimalverdienst, im Gegensatz zum versicherbaren Maximalverdienst, keine einschränkende Wirkung zukommt, indem steigenden Mindestlöhnen automatisch durch höhere Entschädigungen Eechnung getragen wird. Wegen der Lehrlinge und Studenten ist eine stärkere Erhöhung des anrechenbaren Verdienstminimums ebenfalls nicht erforderlich, weil diesen Versicherten allfällige Nachteile, die sie durch Verzögerung ihrer Ausbildung erleiden, mit Artikel 40, dessen Verbesserung ebenfalls vorgeschlagen wird, ausgeglichen werden.

Art. 26, Abs. 1. Herr Nationalrat Sollberger hat wahrscheinlich auch an die Pensionsrevisionen nach Artikel 26 gedacht, bei denen die Pension für einen erheblich erhöhten Invaliditätsgrad auf Grund des ursprünglich für die Anfangspension anrechenbaren Jahresverdienstes festgesetzt wird. Hier besteht tatsächlich noch eine gewisse Härte in der gegenwärtigen gesetzlichen Eegelung, indem Teilinvalide, welche den Beruf gewechselt und dadurch einen höheren Verdienst erzielt haben, weiterhin auf der Basis ihres ursprünglichen Berufseinkommens entschädigt werden. Ein Beispiel mag dies veranschaulichen: Der Sohn eines Landwirtes kann wegen 25prozentiger Invalidität nicht mehr auf dem Feld arbeiten und wird deshalb
Versicherungsinspektor oder kaufmännischer Angestellter. In dieser neuen Tätigkeit verschlimmert sich später seine Invalidität auf 80 Prozent, und er kann seinen neuen Beruf nicht mehr ausüben. Gemäss der bisherigen Fassung von Artikel 26, Absatz l, muss seine neue, SOprozentige Invalidenpension nach dem ursprünglich anrechenbaren Verdienst als Landwirtssohn, auf dessen Grund schon die 20prozentige Pension berechnet worden ist, festgesetzt werden. Um diese Härte auszumerzen, wird eine Neufassung von Artikel 26, Absatz l, vorgeschlagen, nach welcher bei Eevisionen von Invalidenpensionen die Pension aufgehoben und durch eine neue ersetzt wird, was auch eine Neufestsetzung des versicherten Verdienstes erlaubt.

Art. 27, Abs. 2. Nach der bisherigen Eegelung wird dem Versicherten bei Wiederaufnahme der ärztlichen Behandlung lediglich eine Aufzahlung auf seine

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laufende Pension ausgerichtet, wie dies für eine ärztliche Untersuchung oder Beobachtung anlässlich einer Bevision gemäss Artikel 26 geschieht.

Bei den Eevisionen von Invalidenpensionen ist meistens nur eine kurze ärztliche Untersuchung oder Beobachtung notwendig. Der Versicherte kommt dadurch nicht oder nur in ganz beschränktem Masse zu einer erhöhten Verdiensteinbusse. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei der Wiederaufnahme der ärztlichen Behandlung gemäss Artikel 27, Absatz 1. Eine solche Behandlung wird angeordnet, wenn davon eine Besserung des Zustandes des Pensionsbezügers erwartet werden kann oder wenn unvorhergesehene Spätfolgen des versicherten Leidens sie erfordern. In diesen, in der Eegel längerdauernden Behandlungsfällen hat also an Stelle einer Aufzahlung der Pension die Ausrichtung des Krankengeldes wie bei der ersten Behandlung zu erfolgen, weil solche Patienten wieder für längere Zeit aus dem Arbeitsprozess herausgenommen werden. Dieser Grundsatz hat aber nur bei gänzlicher Verdiensteinbusse zu gelten.

Art. 40. Dieser Artikel setzt neben der üblichen Entschädigung des Verdienstausfalles (Pension oder Krankengeld) noch zusätzliche Leistungen für Verzögerungen in der Berufsausbildung fest. Nachdem der feste Ansatz von 500 Franken seit 1950 durch die Teuerung leicht abgewertet worden ist, beantragen wir Ihnen eine Erhöhung dieser jährlichen Zusatzentschädigung für Verzögerung der Berufsausbildung um einen Fünftel, d. h. auf 600 Franken. Ausserdem sollte auch schon das erste Jahr, sofern es voll verzögert wird, entschädigt werden, womit dann die entschädigungsberechtigte Gesamtdauer auf höchstens vier Jahre auszudehnen wäre. Mit diesen drei Verbesserungen wird eine Maximale Leistungsvermehrung von bisher 3mal 500 = 1500 Franken, auf 4mal 600 = 2400 Franken, d. h. um 60 Prozent, erzielt, was den tatsächlichen Verhältnissen genügend Eechnung tragen sollte.

Übergangsbestimmungen Mit den Übergangsbestimmungen unter Ziffer II des Entwurfes soll die sofortige Anpassung der laufenden Versicherungsfälle an das neue Eecht erzielt werden, womit die auf Grund des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1955 betreffend Teuerungszulagen zu den Militärpensionen ausgerichteten Teuerungszulagen nach neuem Eecht berechnet und durch ihren Einbezug in die Pensionen stabilisiert werden. Die Erhöhung der
Pensionen des Jahres 1951 um 3 Prozent ist ebenfalls dort vorgesehen (vgl. Ziff. II oben).

IV. Die Kosten Von den Leistungsverbesserungen, welche die beantragten Gesetzesänderungen bringen sollen, wird die Erhöhung des anrechenbaren Maximalverdienstes (Art. 20, Abs. 3, und Art. 24, Abs. 2) die meisten Mehrausgaben verursachen.

Die Pensionen werden, soweit bereits bei ihrem Zuspruch mehr als 11 000 Franken Jahresverdienst ausgewiesen war, eine entsprechende Taxationsanpas-

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sung, d. h. Erhöhung, erfahren. Aussèrdem werden aber auch die Bezüger von Altpensionen, sofern sie bisher, weil Pension und Teuerungszulage zusammen die nach dem anrechenbaren Maximalverdienst von 11 000 Franken berechnete Höchstpension nicht übersteigen durften, nicht die ganze Teuerungszulage erhalten haben, dank der wesentlichen Erhöhung des anrechenbaren Maximalverdienstes ebenfalls in den Genuss gewisser, zum Teil recht beachtlicher Pensionsaufbesserungen gelangen. Die dadurch entstehenden jährlichen Mehrkosten werden rund l 300 000 Pranken ausmachen. Mit der Erhöhung des anrechenbaren Maximalverdienstes bei den für kurzfristige Arbeitsunfähigkeit auszurichtenden Krankengeldern sind Kosten im Betrage von rund 500 000 Pranken zu erwarten. Zu diesen Beträgen sind noch die durch die Änderung der Artikel 26 und 27 entstehenden Mehrbelastungen von jährlich ca. 100 000 Franken beizufügen. Für die Erhöhung des anrechenbaren Mindestverdienstes und der Entschädigung für Verzögerung in der Berufsausbildung sowie für eine allfällige Vermehrung der Revisionsfälle müssen zusammen nur einige tausend Franken Zusatzkosten veranschlagt werden. Für die Ausrichtung der Teuerungszulagen werden noch rund 900 000 Franken benötigt, so dass die Vorlage jährlich insgesamt zu rund 2,9 Millionen Franken Mehrausgaben, d.h. zu einer etwa siebenprozentigen Vermehrung der Gesamtausgaben der Militärversicherung 'führt.

Gestützt auf die vorstehenden Darlegungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Gesetzesentwurfes und des Entwurfes zu einem Bundesbeschluss betreffend Teuerungszulagen zu den Militärpensionen zu empfehlen. Wir benützen die Gelegenheit, um Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 15. Juli 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Holenstein Der Vizekanzler : F. Weber

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(Entwurf)

Biiindesgesetz betreffend

Änderung des Bundesgesetzes über die Militärversicherung

Die Bundesversammlung .der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. Juli-1958, beschliesst: I.

Das Bundesgesetz vom 20. September 1949 über die Militärversicherung wird nach Massgabe der folgenden Bestimmungen geändert:

Art. 11, Abs. 2 Zur Abklärung des Sachverhaltes und der gesetzlichen Ansprüche gegenüber der Militärversicherung kann diese jederzeit den Versicherten, seine Angehörigen und Drittpersonen einvernehmen. Auf Wunsch des Versicherten ist jedenfalls über seine Einvernahme ein schriftliches Protokoll zu erstellen.

Art. 11, Abs. 8 Die Militärversicherung ernennt die Sachverständigen in billiger Berücksichtigung der Wünsche des Versicherten oder seiner Angehörigen und des behandelnden Arztes. Sie teilt dem Versicherten den Namen der Sachverständigen mit. Für diese gelten die gleichen Ausschliessungs- und Ablehnungsgründe wie vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht. Die Sachverständigen geben ihr mit Begründung versehenes Gutachten zu den Akten.

Art. 11, Abs. 6 Die Militärversicherung trifft für die Dauer des Erhebungsverfahrens die sich als notwendig erweisenden einstweiligen Anordnungen für die zweckmässige Behandlung, Beobachtung und Kontrolle des Versicherten; dabei ist auf die Wünsche des Versicherten in billiger Weise Bücksicht zu nehmen.

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Art, 13, Abs. 4 Nach Ablauf von 10 Jahren ist die Eevision einer Verfügung der Militärversicherung nicht mehr zulässig.

Art. 15 Die Versicherungsleistungen sind vom Tage des ärztlich festgestellten Eintritts der Gesundheitsschädigung oder der wirtschaftlichen Schädigung an zu gewähren, auch wenn die Anmeldung aus beachtlichen Gründen erst später erfolgt.

Art. 20, Abs. 3 Der Verdienst wird nur berücksichtigt bis zu 50 Franken im Tag, 300 Franken in der Woche, 1250 Franken im Monat und 15 000 Franken im Jahr.

Art. 20, Abs. 4 Für Versicherte, die keinen Verdienst oder einen Tagesverdienst bis 6 Franken haben, wird das Krankengeld auf Grund dieses Ansatzes berechnet.

Art. 24, Abs. 2 Der Jahresverdienst wird nur bis 15 000 Franken berücksichtigt.

Art. 24, Abs. 3 Für Versicherte, die während der voraussichtlichen Pensionsdauer keinen Verdienst oder einen Jahresverdienst bis 1800 Franken haben, wird die Invalidenpension auf Grund dieses Ansatzes berechnet.

Art. 26, Abs. l Wird in der Folge der körperliche oder psychische Nachteil des Versicherten erheblich grösser oder erheblich geringer, als bei der Festsetzung der Pension angenommen wurde, oder besteht überhaupt kein Nachteil mehr, so wird die bisherige Pension aufgehoben und gegebenenfalls eine neue festgesetzt.

Art. 27, Abs. 2 Für die Dauer dieser ärztlichen Behandlung wird, sofern sie eine Verdiensteinbusse bedingt, die Pension auf bezahlt ; bei gänzlicher Verdiensteinbusse kann an Stelle der Pension Krankengeld gemäss Artikel 20 ausgerichtet werden.

Art. 40 Wenn wegen einer Gesundheitsschädigung die Berufsausbildung (Studium, Berufslehre) des Versicherten um wenigstens ' ein Jahr verzögert wird, so leistet die Militärversicherung für die Dauer der Verzögerung während höchstens vier Jahren eine jährliche Entschädigung von 600 Franken. Bei einer Beruf sumschulung wird diese Entschädigung nicht gewährt.

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Art. 58, Abs. 3 (neu) Die Frist von Artikel 103, Absatz 2, des erwähnten Beschlusses wird in Militärversicherungssachen auf 10 Jahre erstreckt.

Art. 60Ws, Abs. 2 Die gemäss Absatz l erhöhten Pensionen dürfen den Pensionsbetrag nicht überschreiten, der sich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes unter Zugrundelegung des anrechenbaren maximalen Jahresverdienstes von 15 000 Franken ergeben würde.

II.

1

Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes sind die laufenden Pensionen wie folgt zu ändern : a. Der den Pensionen zugrunde liegende Jahresverdienst ist dem neuen Recht anzupassen ; b. die auf Grund des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1955 betreffend Teuerungszulagen zu den Militärpensionen ausgerichteten Teuerungszulagen werden nach neuem Eecht berechnet und in die Pensionen einbezogen; c. die im Jahre 1951 zugesprochenen Pensionen werden um 3 Prozent des Pensionsbetrages erhöht. Das neue Eecht ist anwendbar. Als Tag des Zuspruches gilt das Datum der Festsetzung der Dauerpension, auch wenn diese später abgeändert worden ist.

2 Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch nicht rechtskräftig entschiedenen Militärversicherungsfälle werden nach neuem Eecht beurteilt.

3 Die Eevisionsfrist von Artikel 13, Absatz 4, und 58, Absatz 3, gilt für alle Verfügungen und Entscheidungen, für welche die Eevisionsfrist nach altem Eecht noch nicht abgelaufen ist.

III.

1

Durch dieses Gesetz wird der Bundesbeschluss vom 22. Dezember 1955 betreffend Teuerungszulagen zu den Mihtärpensionen aufgehoben.

2 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Teuerungszulagen zu den Militärpensionen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. Juli 1958, beschliesst :

Art. l Vom Inkrafttreten des Gesetzes vom 1958 betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Militärversicherung hinweg gewährt die Eidgenössische Militärversicherung folgende Teuerungszulagen : a. 5 Prozent des Pensionsbetrages zu den bis 81. Dezember 1954 zugesprochenen Dauerpensionen; b. 4 Prozent des Pensionsbetrages zu den im Jahre 1955 zugesprochenen Dauerpensionen; c. 8 Prozent des Pensionsbetrages zu den im Jahre 1956 zugesprochenen Dauerpensionen.

Art. 2 Als Tag des Zuspruches einer Pension im Sinne des Artikels l hievor gilt das Datum der Festsetzung der Dauerpension, auch wenn sie später abgeändert worden ist.

Art. 8 Der Bundesrat wird beauftragt, diesen Beschluss gemäss Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung des Bundesgesetzes über die Militärversicherung (Vom 15. Juli 1958)

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1958

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24.07.1958

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