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Bundesblatt 114; Jahrgang

Bern, den 11. Januar 1962

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 33 Franken im Jahr, 18 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 60 Kappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Revision des Artikels 72 der Bundesverfassung (Wahl des Nationalrates) (Vom 22. Dezember 1961) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen eine Botschaft betreffend die Eevision des Artikels 72 der Bundesverfassung über die Wahl des Nationalrates vorzulegen.

I.Kapitel Geschichte des Artikels 72 der Bundesverfassung a. Vom Jahre 1848 bis 1931 wurde der Nationalrat auf der Grundlage von einem Abgeordneten auf je 20 000 Seelen der Wohnbevölkerung gewählt. Die einschlägige Bestimmung - Artikel 72 der Bundesverfassung - wurde nie ernstlich beanstandet, bis im Jahre 1897 Herr Amsler, Nationalrat, Zürich, in einer Motion verlangte, dass die für das Jahr 1900 vorgesehene Volkszählung so vorverlegt werde, dass die Wahlen des Jahres 1899 auf Grund der neuen Zahlen stattfinden können, was den im vollen Aufschwung begriffenen Städtekantonen erlaubt hätte, ihre Vertretung sofort zu verstärken. Die Vertreter der weniger begünstigten Kantone reagierten mit einer Motion Hochstrasser/Fonjallaz, wonach nur die Bevölkerung schweizerischer Nationalität als Wahlgrundlage berücksichtigt werden sollte. Beide Motionen wurden erheblich erklärt, jedoch ein Jahr später auf Grund eines ablehnenden Berichtes des Bundesrates abgeschrieben. Der Gedanke der Wahl des Nationalrates auf Grund der schweizerischen Bevölkerung, statt der Gesamtbevölkerung, wurde in einem, im Jahre 1902 eingereichten, Volksbegehren wieder aufgenommen. In Übereinstimmung mit dem Antrage des Bundesrates beschlossen die eidgenössischen Eäte, Volk und Ständen die Verwerfung des Volksbegehrens zu empfehlen. Das VolksBundesblatt. 114. Jahrg. Bd. L

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begehren wurde in der Volksabstimmung vom 25. Oktober 1903 mit 295085 gegen 95 131 Stimmen und von 16 Kantonen und 4 Halbkantonen gegen 3 Kantone und 2 Halbkantone (Uri, Obwalden, Nidwaiden, Freiburg, Wallis) verworfen.

b. Während der Jahre 1903 bis 1930 wurde die Vertretungsziffer des Artikels 72 nicht mehr aufgegriffen. Da die Bevölkerung jedoch weiter anwuchs, hätte der Nationalrat, der sich 1848 noch aus 111 Mitgliedern zusammensetzte und 1923 schon deren 198 zählte, im Jahre 1931 die Zahl von 206 Mitgliedern erreicht, wenn man die bisherige Grundlage beibehalten hätte. Im Juni 1930 nahm aber der Nationalrat zwei Postulate an, die beide eine Herabsetzung der Mitgliederzahl vorsahen. Das erste (Postulat Guntli) schlug vor, entweder die Vertretungsziffer von 20 000 Seelen der Bevölkerung zu erhöhen oder, ohne Heraufsetzung der Vertretungsziffer, die Bevölkerung schweizerischer Nationalität als Grundlage zu nehmen. Das zweite, von Herrn Klöti eingereichte Postulat sah die Annahme einer bestimmten, unveränderlichen Mitgliederzahl des Nationalrates vor, wobei nach jeder Volkszählung die Sitze unter die Kantone und die Halbkantone proportional zur Zahl der Wohnbevölkerung zu verteilen gewesen wären.

c. Am 2. September 1930 unterbreitete der Bundesrat der Bundesversammlung den Entwurf eines geänderten Artikels 72 der Bundesverfassung, wonach künftig ein Abgeordneter auf 23 000, statt auf 20 000 Einwohner, zu wählen war.

Die Erstbehandlung fiel dem Nationalrat zu. Die Mehrheit seiner Kommission nahm den Gedanken des Postulates Klöti wieder auf und beantragte, dass der Nationalrat aus 200 Abgeordneten bestehen solle. Die Minderheit der Kommission schloss sich der Vorlage des Bundesrates an, wobei sie aber eine Vertretungsziffer von 22 000 Einwohnern beantragte. Schliesslich nahm der Nationalrat den Antrag der Minderheit der Kommission mit 96 gegen 56 Stimmen an und lehnte damit den Antrag der Kommissionsmehrheit (feste Zahl) ab. Der Ständerat fasste einen gleichlautenden Beschluss, nachdem er zuerst dem Entwurf des Bundesrates (Vertretungsziffer 23 000 Einwohner) zugestimmt hatte. Der von den eidgenössischen Bäten angenommene Bundesbeschluss wurde von Volk und Ständen in der Abstimmung vom 15.März 1931 mit einer sehr schwachen Mehrheit gutgeheissen (296053 gegen 253-382 Stimmen; 11 ganze und 5 halbe
Kantone gegen 8 ganze und einen, halben Kanton).

Wir erwähnen noch, dass im Laufe der Beratungen der Nationalrat einen Antrag Biroll verwarf, der Artikel 72 der Bundesverfassung durch einen Absatz 3 folgenden Wortlautes ergänzen wollte : Auf Grund der Ergebnisse einer neuen Volkszählung nimmt der obige Einheitssatz von 23 000 bzw. 22 000 in demjenigen Verhältnissse zu oder ab, wie die Bevölkerungszahl zu- oder abnahm.

Dieser Antrag wurde namentlich vom Berichterstatter der Kommissionsmehrheit mit folgenden Begründungen bekämpft:

15 Er bringt eine feste Repräsentationsziffer, die keine ist, indem sie sofort nach der nächsten Volkszählung geändert wird. In Zukunft wird diese Ziffer, die in der Verfassung steht, überhaupt niemals mehr in Erscheinung treten. Der Antrag Biroll bringt, im Grunde genommen, einen reduzierten Nationalrat mit fester Zahl, ohne das zu sagen, denn er stabilisiert genau genommen die Zahl der Nationalräte entweder auf 177 oder auf 190. Es ist möglich, dass infolge der Reste eine Schwankung um einige Mandate entsteht. Also im Prinzip dasselbe Prinzip wie der Antrag der Mehrheit: Stabilisierung auf eine feste Zahl.

d. Am 10. März 1941 reichte der Landesring der Unabhängigen ein Volksbegehren für die Eeorganisation des Nationalrates ein, das vor allem eine Erhöhung der Vertretungsziffer auf 30 000 Einwohner vorsah. Im Hinblick auf den Widerstand, dem die Vertretungsziffer von 23 000 Einwohnern in den Verhandlungen des Jahres 1930 begegnet war, und auf den Umstand, dass in der Volksabstimmung die revidierte Bestimmung mit der Vertretungsziffer 22 000 nur mit einer schwachen Mehrheit angenommen wurde, empfahl der Bundesrat den eidgenössischen Eäten, diesen Vorschlag, durch welchen die Mitgliederzahl des Nationalrates von 187 auf 139 herabgesetzt worden wäre, abzulehnen. Die eidgenössischen Bäte entschieden in diesem Sinne. Das Volksbegehren wurde in der Volksabstimmung mit 408 821 Nein gegen 219 629 Ja und mit den Stimmen von 24% Ständen gegen diejenige eines Halbkantons verworfen. Dazu ist zu bemerken, dass für die Ablehnung des Volksbegehrens auch andere darin enthaltene Vorschläge und nicht nur die Herabsetzung der Zahl der Volksvertreter eine Bolle spielten.

e. Ein Jahr vor der Volkszählung des Jahres 1950, nämlich am S.Dezember 1949, nahm der Nationalrat ein Postulat Häberlin an, worin der Bundesrat eingeladen wurde zu prüfen, ob Artikel 72 BV nicht den zu erwartenden Ergebnissen der Volkszählung des Jahres 1950 angepasst werden solle. Diesem Postulat Folge gebend, unterbreitete der Bundesrat den eidgenössischen Bäten am 18. April 1950 eine Botschaft mit dem Entwurf für einen revidierten Artikel 72 BV. Der Bundesrat beantragte, die Vertretungsziffer auf 24 000 Einwohner festzusetzen, was nach den Voraussagen des Statistischen Amtes über die demographische Entwicklung ermöglichen sollte, die Mitgliederzahl des Nationalrates in den bisherigen Grenzen, d.h. auf ca. 195 Mitglieder zu beschränken.

In der Botschaft wurde ausgeführt, dass ein Verzicht auf die Änderung der Vertretungsziffer zur Folge hätte, dass der Nationalrat bei der nächsten Erneuerung 18 Mitglieder mehr zählen und damit die Zahl der Abgeordneten von 194 auf 212 ansteigen würde.

· ' Zur Begründung seines Antrages, die Erhöhung der Mitgliederzahl zu beschränken, führte der Bundesrat aus, dass sich die Behörden seit ungefähr 50 Jahren bemüht hätten, die Zahl der Mitglieder in gewissen Grenzen zu halten, um die Nachteile zu grosser Parlamente
zu vermeiden und um bis zu einem gewissen Grade das Gleichgewicht zwischen den beiden Bäten zu wahren. Auf Grund der Überlegung, dass man den Mitgliedern der eidgenössischen Räte die «Nachteile zu grosser Parlamente» nicht zu erläutern brauche, verzichtete der Bundesrat des Jahres 1950 auf eine Aufzählung dieser Nachteile, wie sie noch

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in der Botschaft vom Jahre 1930 enthalten war: Länge der Verhandlungen, Erschwerung der parlamentarischen Tätigkeit, Mangel an Fühlungnahme unter den Abgeordneten, Verzettelung der Verantwortlichkeiten.

Der Gedanke, die Mitgliederzahl auf die eine oder andere Art auf rund 200 zu stabilisieren, wurde von den eidgenössischen Katen gutgeheissen. Der bereinigte Beschlussesentwurf wurde bei der ersten Beratung im Nationalrat mit 111 Stimmen gegen 7 und im Ständerat mit 35 ohne Gegenstimme angenommen. Anlass zu ausgiebigen Verhandlungen gaben einzig die Frage, wie die sozusagen allgemein gewünschte Begrenzung der Mitgliederzahl zu erzielen sei, die Frage einer «Bremse» zur Vermeidung weiterer Verfassungsrevisionen im Falle eines Bevölkerungszuwachses und die Frage «Gesamtbevölkerung» statt «Schweizerische Bevölkerung».

Als Freund der Lösung der «festen Zahl» nahm im Nationalrat Herr Philipp Schmid den von Herrn Klöti im Jahre 1930 vertretenen Gedanken wieder auf und beantragte, Artikel 72 sei wie folgt zu fassen : Der Nationalrat wird aus zweihundert Abgeordneten des schweizerischen Volkes gebildet. Die Errechnung der kantonalen Vertretungen erfolgt auf .Grund der Anteile an der gesamten Bevölkerung der Schweiz. Bruchzahlen, die die Hälfte der für ein Mitglied festgesetzten Wohnseelen übersteigen, geben Anspruch auf die Abordnung eines weiteren Mitgliedes des Rates.

In einer Eventualabstimmung vereinigte dieser Antrag nur 8 Stimmen auf sich.

Aus den gleichen Gründen, wie Herr Biroll im Jahre 1930, dass man vermeiden solle, das Volk jedesmal an die Urnen rufen zu müssen, wenn das Ergebnis einer Volkszählung eine als zu hoch erachtete Zahl von Abgeordneten ergeben würde, unterbreiteten die Herren Nationalräte Jaquet und Eoth-Frauenfeld je einen Antrag auf Änderung der bundesrätlichen Fassung und verständigten sich dann auf einen gemeinsamen Antrag folgenden Wortlautes : Würde der gemäss den vorstehenden Bestimmungen gewählte Nationalrat mehr als zweihundert Mitglieder zählen, so erhöht sich die Zahl der Seelen, auf die ein Mitglied des Nationalrates gewählt wird, um je Tausend, die Bruchzahl um je Fünfhundert, bis eine Vertretungsziffer erreicht ist, bei der die Zahl der Mitglieder 200 nicht übersteigt.

In einer Eventualabstimmung wurde dieser Antrag dem Antrag Philipp Schmid gegenübergestellt und vereinigte 122 Stimmen auf sich.

In einer definitiven Abstimmung wurde der Antrag Jaquet-Both dem Antrag der Kommissionsmehrheit und des Bundesrates gegenübergestellt. Der Eat stimmte dem Antrage der Kommissionsmehrheit mit 89 gegen 45 Stimmen, die auf den Antrag Jaquet-Eoth fielen, zu.

Die Herren Nationalräte Keller und Eisenring beantragten, die Worte «Gesamtbevölkerung» durch «schweizerische Bevölkerung» zu ersetzen. Dieser Antrag wurde mit 93 gegen 23 Stimmen verworfen.

17 Bei der Behandlung der Vorlage im Ständerat beantragte die Kommission, dem Beschluss des Nationalrates zuzustimmen. Herr Ständerat Klöti verzichtete auf die Wiederaufnahme des vor 20 Jahren verworfenen Gedankens eines «Numerus clausus», stellte aber einen Antrag, der den vom Nationalrat verworfenen Antrag Jaquet-Eoth in vereinfachter Form übernahm. Herr Ständerat Flückiger nahm den unveränderten Antrag Jaquet-Eoth wieder auf. In einer Everitualabstiinmung stimmte der Ständerat (mit 11 gegen 11 Stimmen, mit Stichentscheid des Präsidenten) dem Antrag Flückiger zu, nahm aber in der definitiven Abstimmung den Antrag seiner Kommission mit 30 gegen 7 Stimmen an.

Auf Grund eines Antrages Ackermann hatte sich der Ständerat zu entscheiden, ob die Worte «Gesamtbevölkerung» durch «schweizerische Bevölkerung» zu ersetzen seien. Mit 28 gegen 8 Stimmen sprach er sich für die Beibe'haltung der Lösung mit der «Gesamtbevölkerung» aus.

Die Volksabstimmung fand am S.Dezember 1950 statt. Der von den Bäten angenommene Verfassungsartikel wurde mit 450 395 gegen 218 541 Stimmen und von 17 Kantonen und 6 Halbkantonen gegen 2 Kantone gutgeheissen.

2. Kapitel Die Frage einer neuen Revision des Artikels 72 BV A. Die Grundlage einer Revision Im Herbst 1960 konnte man nach den Voraussagen des Statistischen Amtes damit rechnen, dass die Volkszählung vom I.Dezember 1960 eine Einwohnerzahl von ca. 5 Millionen ergeben werde, was, bei Beibehaltung der Wahlgrundlage von 24 000 Einwohnern, eine Erhöhung der Mitgliederzahl des Nationalrates auf ungefähr 210 ergeben hätte. In den Jahren 1930 und 1950 hatten sich die eidgenössischen Eäte und nach ihnen das Schweizervolk dafür ausgesprochen, dass eine Stabilisierung der Mitgliederzahl angezeigt sei und dass die Vertretungszahl demgemäss heraufgesetzt werden solle, um den Folgen des Bevölkerungszuwachses zu begegnen. Wir fanden deshalb, dass eine neue Eevision des Artikels 72 BV nach der Volkszählung des Jahres 1960 vorzusehen sei. Abgesehen von der Frage der Einrichtungen, die es braucht, um für eine zusätzliche Zahl Abgeordneter Platz zu finden, sind wir der Meinung, dass auch die früher gegen eine zu grosse Mitgliederzahl ins Feld geführten Gründe noch gelten. Wir verlieren darüber nicht viele Worte, weil es nicht Sache des Bundesrates sein kann, den Parlamentariern die Nachteile
zu schildern, unter denen sie als erste leiden werden. Sicher braucht nicht betont zu werden, dass ein Nationalrat mit einem höheren Mitgliederbestand gezwungen wäre, mehr Sitzungen abzuhalten, um seine Aufgabe zu erfüllen, was den zwischen beiden Eäten bestehenden Unterschied hinsichtlich der für die Beratungen benötigten Zeit noch vergrössern würde. Wir erwähnen noch, dass auf Grund unserer Umfrage über die

18 Möglichkeiten einer Stabilisierung der Mitgliederzahl des Nationalrates, die Kantonsregierungen sich ausdrücklich oder stillschweigend für eine Stabilisierung ausgesprochen haben. Einzig die Eegierung des Kantons Tessin hat beantragt, die Wahlziffer von 24000 Einwohnern beizubehalten, während sich die Eegierung des Kantons Preiburg für 24 000 oder 25 000 ausgesprochen hat.

Eine Stelle aus der Eingabe des Kleinen Eates des Kantons Graubünden scheint uns das Problem von der grundsätzlichen Seite her zu beleuchten, weshalb wir sie hier zitieren. Der Kleine Eat schreibt : Es muss dafür Sorge getragen werden, dass unser Parlament nach wie vor seine Aufgabe gestützt auf die persönliche Fähigkeit des einzelnen Mitgliedes und seines Einflusses auf den Rat erfüllen kann. Eine Übergrosse Zahl der Mitgliedern erschwert, ja verunmöglicht den persönlichen Kontakt und lässt den Einzelnen hinter dem KoEektiv zurücktreten. Die Persönlichkeit des Politikers muss aber nach wie vor im Mittelpunkt der parlamentarischen Arbeit stehen.

Nachdem erst unlängst auch die politischen Parteien darum ersucht hatten, sich zu den den Kantonen, Verbänden usw. unterbreiteten Vorentwürfen äussern zu können, haben wir die Bundeskanzlei angewiesen, sie um ihre Stellungnahme zur Frage der Eevision des Artikels 72 der Bundesverfassung zu bitten. Alle Parteien, mit Ausnahme der Demokratischen Partei, haben sich für den Grundsatz einer Stabilisierung der Zahl der Abgeordneten ausgesprochen.

B. Die in Frage kommenden Lösungen I. Schweizerische Bevölkerung oder Gesamtbevölkerung als Wahlgrundlage Welche Lösung auch immer man für die Verteilung der Sitze unter die Kantone wählt, wird sich die Frage stellen, ob wie dies heute der Fall ist, die Gesamtbevölkerung berücksichtigt werden soll oder lediglich die Bevölkerung schweizerischer Nationalität. Deshalb muss, bevor man zu den verschiedenen Verteilungssystemen Stellung nimmt, geprüft werden, ob man die Formel «Gesamtbevölkerung» oder «Bevölkerung schweizerischer Nationalität» wählen soll.

Wie bereits im historischen Teil erwähnt wurde, stand diese Frage seit Ende des letzten Jahrhunderts wiederholt zur Diskussion. Auf die Ablehnung der Motion Hochstrasser/Fonjallaz im Jahre 1898, die darauf ausging, die Worte «Gesamtbevölkerung» durch «Bevölkerung schweizerischer Nationalität» zu ersetzen, folgte das Volksbegehren von 1902, das ebenfalls abgelehnt wurde.

Bei den Verhandlungen des Jahres 1950 kam es zu den Anträgen Keller/Eisenring im Nationalrat und Ackermann im Ständerat. Da wir die Frage nicht als endgültig erledigt betrachteten, unterbreiteten wir sie im Herbst 1960 den Kantonsregierungen zur Stellungnahme. Fünfzehn Kantonsregierungen erklärten sich für die Formel «Gesamtbevölkerung». Lediglich sechs zogen die andere Lösung vor.

Nachdem die Formel «Bevölkerung schweizerischer Nationalität» Anhänger unter den Kantonsregierungen gefunden hat und möglicherweise auch in den

19 eidgenössischen Bäten finden wird, müssen wir prüfen, ob seit 1903, 1930 und 1950 neue Tatsachen eingetreten sind, die heute eine Annahme dieser Lösung rechtfertigen. Wir glauben, dass dies nicht der Fall sei, womit wir sagen wollen, dass sich der Prozentsatz der ausländischen Wohnbevölkerung, abgesehen von vorübergehenden, auf ausserordentlichen Bedingungen beruhenden Bewegungen, seit Beginn des Jahrhunderts kaum verändert hat. In der Tat betrug die ausländische Wohnbevölkerung 11,6 Prozent der Gesamtbevölkerung im Jahre 1903, 14,7 Prozent im Jahre 1910, 10,4 Prozent im Jahre 1920, 8,2 Prozent im Jahre 1930, 5 Prozent im Jahre 1940 und 8 Prozent im Jahre 1950. Die endgültigen Zahlen für 1960 sind noch nicht bekannt, aber nach den Ergebnissen der Stichprobenerhebungen aus dem Volkszählungsmaterial beträgt der Ausländeranteil ungefähr 11 Prozent. Er ist also kleiner als im Jahre 1910. Trotz der Feststellung, dass keine neuen Tatsachen für eine Änderung der Formel sprechen, muss anerkannt werden, dass man mit guten Gründen die eine oder andere Lösung vertreten kann. Was uns aber bedeutsam scheint, ist das Fehlen hinreichender Gründe für die Wiedereröffnung einer Diskussion über eine Lösung, die von den eidgenössischen Eäten, dem Volke und den Ständen unter Umständen, die sich von den heutigen nicht wesentlich unterschieden, im Jahre 1903 und von den eidgenössischen Eäten im Jahre 1930 und 1950 abgelehnt wurde und gegenüber welcher auch heute noch die Mehrheit der Kantonsregierungen einen ablehnenden Standpunkt eingenommen hat.

Wir müssen beifügen, dass auch eine rein praktische Überlegung für die Beibehaltung der heutigen Lösung spricht. Das Statistische Amt wird nämlich erst nach einer sehr sorgfältigen Nachprüfung imstande sein, genaue Angaben über die Bevölkerung nach ihrer Staatsangehörigkeit zu machen. Die zur Verfügung stehende Zeit zwischen der Volkszählung und der nächsten Erneuerung des Nationalrates würde nicht genügen, um in zuverlässiger Weise die genaue , Zahl der Vertreter zu ermitteln, auf die jeder Kanton Anspruch hätte, sofern Artikel 72 der Bundesverfassung künftig bestimmen sollte, dass die Zahl der Sitze sich nach der Bevölkerung schweizerischer Nationalität richte. Nach der Volkszählung von 1970 müssten beispielsweise die endgültigen Ergebnisse betreffend die Staatsangehörigkeit
noch während der Sommersession 1971 genehmigt werden, damit die Gesamterneuerung des Nationalrates nach der neuen Formel im folgenden Oktober stattfinden könnte, was ganz unmöglich erscheint.

II. Der interkantonale Ausgleich Anlässlich der Umfrage bei den kantonalen Eegierungen schlug der Kleine Eat des Kantons Graubünden eine neue Lösung vor, die ein Ausgleichssystem vorsah, das dahin ging, die Kantone mit geringer Bevölkerungszahl zu begünstigen und die Vertretung der volksreichen Kantone zu beschränken. Hiefür schlägt der Kanton Graubünden folgenden Text vor : Der Nationalrat wird aus Abgeordneten des schweizerischen Volkes gebildet.

Jeder Kanton und jeder Halbkanton wählt so viele Mitglieder, als die Verteilzahl in

20 seiner Wohnbevölkerung enthalten ist, wobei ein Bruchteil von mehr als der Hälfte als Ganzes zählt.

Verteilzahl ist der auf das nächste Tausend abgerundete zweihundertste Teil der schweizerischen Wohnbevölkerung, vermindert um 3000 für die ersten zwei Sitze und vermehrt um 3000 für den zwanzigsten und die folgenden Sitze eines Kantons oder Halbkantons.

Jeder Kanton und jeder Halbkanton wählt mindestens ein Mitglied.

Berechnungen auf der Grundlage der endgültigen Ergebnisse der Volkszählung von 1960 ergeben, dass sich die Anwendung dieser Formel eine Gesamtzahl von 206 Abgeordneten ergeben würde. Will man, dass die Zahl der Abgeordneten nicht so gross wird, so müsste man statt mit der Verteilzahl 200 mit 190 rechnen, wodurch man auf 196 Abgeordnete käme, oder dann müsste man die Verteilzahl statt erst vom zwanzigsten schon vom zehnten Sitze an erhöhen, was 201 Abgeordnete ergäbe.

Bei unveränderter Anwendung der bündnerischen Eechnungsformel zur Ermittlung der kantonalen Vertretung, welche der durch die Volkszählung von 1960 festgestellten Bevölkerungszahl entspricht, würden gegenüber der heutigen Vertretung 9 Kantone Sitze gewinnen. Es wären dies Zürich (2), Luzern (1), Solothurn (1), Basel-Stadt (1), Basel-Land (2), Schaffhausen (1), Aargau (1), Neuenburg (1), und Genf (2). Zwei Kantone, Bern und Freiburg, würden je einen Sitz verlieren.

Würde man, um die Gesamtzahl der Abgeordneten zu vermindern, die Verteilzahl 190 wählen, so würden Zürich einen, Basel-Land zwei, Schaffhausen einen und Genf einen Sitz gewinnen. Bern würde zwei und Freiburg, St. Gallen und Graubünden je einen Sitz verlieren.

Behielte man die Verteilzahl 200 bei, um sie schon vom 10. Sitze an zu erhöhen, so würden gegenüber der heutigen Vertretung die folgenden 8 Kantone Sitze gewinnen: Zürich (1), Luzern (1), Solothurn (1), Basel-Stadt (1), BaselLand (2), Schaffhausen (1), Neuenburg (1) und Genf (2). Vier Kantone würden Sitze verlieren, nämlich Bern (2), Freiburg (1), St. Gallen (1) und Waadt (1).

Die bündnerische Lösung ist originell, sie ist aber kompliziert und verlangt eine ziemlich lange Eechenoperation. Als Beweis diene die folgende Eechnung, die zeigt, wie man beispielsweise vorgehen müsste, um die Abordnung des Kantons Zürich zu ermitteln.

Verteilungszabl (V) = Gesamtbevölkerung der Schweiz geteilt durch 200.
V = 5 429 061:200 = 27 146; abgerundete V = 27 000.

Wohnbebölkerung des Kantons Zürich 952 304.

a. Rechnungsgang zur Ermittlung der ersten zwei Sitze: V - 3000 = 24 000; 2x24 000 = 48 000 Wohnbevölkerung 952 304 - 48 000 Erster Best 904 304

21 b. Rechnungsgang zur Ermittlung des dritten bis neunzehnten Sitzes 904 304:27 000 (V) =33.

Die Verteilungszahl 27 000 kann nur bis und mit, dem 19. Sitz verwendet werden, weshalb man folgende Rechnung zu machen hat : 17x27000 = 459000 904 304 - 459 000 Zweiter Rest 445 304 c. Rechnungsgang vom 20.Sitz an: V + 3000 = 30 000 445304:30000 = 14 Dritter Rest 25 304.

d. Der Rest von 25304 beträgt mehr als die Hälfte der Verteilungszahl 30 000 und ist somit gross genug um Anrecht auf einen weitern Sitz zu geben.

e. Zusammenfassung: 2 Sitze (Rechnungsgang a) + 17 Sitze (Rechnungsgang 6) + 14 Sitze (Rechnungsgang c) -f- l Sitz (Rechnungsgang d) = total 34 Sitze.

Wenn wir die Bündner Lösung nicht empfehlen können, so vor allem deshalb, weil sie - wie wir erwähnt haben - ziemlich lange Rechnungsoperationen erfordert, weil sie für den Verfassungsartikel eine nicht allzuklare Formulierung bringt und auch weil sie ein seit der Gründung unseres Bundesstaates angewandtes System durch eine ganz neue Lösung ersetzen will, die in den Kantonen unbekannt ist und deren Vorteile nicht ohne weiteres einleuchtend erscheinen.

III. Vertretungsziffer

als Wahlgrundlage

Die Beibehaltung der Lösung mit der Verteilungsziffer als Wahlgrundlage hätte den Vorteil, dass man nicht mit einer herkömmlichen Ordnung brechen müsste, die bis an den Beginn des Bundesstaates zurückgeht und die 1930 und 1950 durch die eidgenössischen Räte und das Volk bestätigt wurde. Wir haben deshalb auch die Buhdeskanzlei beauftragt, den Weg im Sinne einer Beibehaltung dieser Lösung zu suchen, wobei die Vertretungsziffer auf 28 000 zu erhöhen wäre, um die Zahl der Abgeordneten auf einer Zahl nahe bei 200 zu stabilisieren.

Eine Festlegung dieser Vertretungszitfer auf 28 000 (oder auf nur 27 000) hat aber den Nachteil, dass eine Reihe von Kantonen Sitze verlieren müssten, wobei der Kanton Glarus, der heute zwei Vertreter stellt, um die Hälfte seiner Vertretung käme. Kann man einer Lösung Anstimmen, die diese Folge hätte und die einen Kanton, der bisher seine Vertretung nach dem Proporzwahlsystem

22 bestellen konnte, unter die kleinen Kantone einreiht, wo die Wahl nach relativem Mehr stattfindet ? Wir hatten ernstliche Bedenken dagegen. Wir haben deshalb auch im Laufe der vorbereitenden Studien nacheinander zwei Korrekturen für die Lösung mit der Vertretungsziffer geprüft.

Die erste Verbesserung hätte darin bestanden, für die Kantone mit weniger als 50 000 Einwohner eine kleinere Vertretungsziffer vorzusehen. 13 Kantone haben sich für die Idee dieser Korrektur ausgesprochen, während 9 Kantone sich ablehnend verhielten. Zwei der ablehnenden Kantone machten geltend, dass die Bestimmung, wonach jeder Kanton und jeder Halbkanton Anspruch auf mindestens einen Sitz und daneben seine Vertretung im Ständerate habe, der föderalistischen Struktur des Landes in genügender Weise Eechnung trage.

In der Folge gab uns der Eegierungsrat des Kantons Glarus Kenntnis von einer Eesolution des Landrates dieses Kantons, worin eine andere Form eines Korrektivs vorgesehen wurde. Weil sie uns den Vorzug zu verdienen schien, indem sie nicht so augenfällig auf einen bestimmten Kanton zugeschnitten Avar, beauftragten wir die Bundeskanzlei, im Entwurf, der den politischen Parteien vorgelegt wurde, dieses Korrektiv vorzusehen.

Diese Glarner Lösung hätte in einer Bestimmung bestanden, wonach jeder Kanton Anspruch auf mindestens zwei Sitze hat und jeder Halbkanton auf mindestens einen Sitz hat. Sie würde der Gruppe der kleinen Kantone Vorteile bringen, ohne Opfer für andere Kantone oder Halbkantone zur Folge zu haben.

Würde sie angenommen, so ergäbe sich bei einer Vertretungsziffer von 27 000 eine Abgeordnetenzahl von 201, bei einer Vertretungsziffer von 28 000 eine solche von 195.

Nach erneuter Prüfung der Frage sind wir zum Schlüsse gekommen, dass es nicht gerechtfertigt sei, das eine oder andere Korrektiv vorzuschlagen.

Es wäre noch zu bemerken, dass Herr Gasser, Professor in Basel, eine dritte Form für ein Korrektiv vorgeschlagen hatte, das ebenfalls zur Folge hätte, gewissen kleinen Kantonen Sitzverluste zu ersparen. Dieses Korrektiv besteht darin, dass man Bruchteile der Vertretungsziffer als volle Vertretungsziffer zählt, auch wenn sie kleiner sind als die Hälfte der Vertretungsziffer. Ein Kanton mit z.B. 54 001 oder 56 001 Einwohnern hätte bei einer Vertretungsziffer von 27 000 oder 28 000 Einwohner bereits
Anspruch auf einen dritten Sitz. Diese Methode, einem kleinen Kanton (Glarus) dadurch einen Sitz zu sichern und einem andern kleinen Kanton (Uri) einen Sitz gewinnen zu lassen, indem man so weithehend auch allerkleinste Beste berücksichtigt, scheint uns zu gekünstelt, um sie für den Fall empfehlen zu können, dass entgegen dem Antrage, den wir stellen werden, die eidgenössischen Bäte sich für das System der Vertretungsziffer aussprechen sollten.

IV. Fesibleibende Zahl der Abgeordneten In seiner Botschaft vom Jahre 1930 hat der Bundesrat verschiedene Einwände gegen die Lösung mit der festbleibenden Zahl der Abgeordneten erhoben.

23 Sein erster Einwand lautete, dass die Anwendung des Grundsatzes der festbleibenden Zahl nicht so einfach sei, wie dies auf den ersten Blick scheinen möge. Er machte geltend, dass verschiedene Lösungen denkbar seien, sowohl hinsichtlich des Vorbehaltes zugunsten der kleinen Kantone als der Zuweisung der Eestmandate.

Der zweite Einwand ging dahin, dass es unmöglich sei, diese verschiedenen Fragen in der Verfassung zu reglen und dass man eines Ausführungsgesetzes bedürfe, für dessen Ausarbeitung und Inkraftsetzung die Zeit fehle.

Der Haupteinwand der Botschaft von 1930 gegen die Lösung mit dem «Numerus clausus» war, dass die Kantone, die zugunsten anderer, besser entwickelter Sitze verlieren müssten, die Empfindung bekommen könnten, von diesen benachteiligt worden zu sein, was zu Mißstimmungen führen könnte.

Da wir die Befürchtungen des Bundesrates von 1930 nicht ganz teilen, halten wir dafür, dass, wenn die Lösung mit der festbleibenden Zahl einmal eingeführt ist, es nicht sehr schwer halten sollte, sich über die Art und Weise der Sitzverteilung zu verständigen, insbesondere wenn man den Verteilungsmodus annehmen würde, der in verschiedenen Kantonen angewandt wird.

Hier wurde der Einwand erhoben, dass es bei Annahme der Lösung mit der festen Zahl in der Folge eines Ausführungsgesetzes bedürfe, um sie zu verwirklichen, wofür aber die Zeit fehle.

Wir glauben nicht, dass diese Überlegung notwendig zu einer Ablehnung dieses Systems führen müsse. Mehrere Kantone, die den Grundsatz des «numerus clausus» für die Wahl ihres Grossen Eates übernommen haben, regeln alles in der Verfassung selbst durch textlich verhältnismässig kurze Bestimmungen.

Wollte man auch auf eidgenössischem Boden in gleicher Weise vorgehen, so könnte man die Angelegenheit durch einen neuen Artikel 72 mit folgendem Wortlaut regem :

Art. 72 Der Nationalrat wird aus 200 Abgeordneten des schweizerischen Volkes gebildet.

2 Die Sitze werden unter die Kantone und Halbkantone im Verhältnis zu ihrer Wohnbevölkerung verteilt.

3 Die Sitze werden nach folgender Berechnungsmethode zugewiesen : a. Alle Kantone und Halbkantone, deren Bevölkerungszahl kleiner ist als die durch 200 geteilte Zahl der Gesamtbevölkerung, erhalten je einen Sitz.

Diese Kantone scheiden für die weiteren Eechnungsgänge aus.

6. Zur Ermittlung der neuen Verteilungszahl wird die Gesamtbevölkerungszahl der nicht ausgeschiedenen Kantone geteilt durch die Zahl der noch zu besetzenden Sitze, wobei jeder Kanton oder Halbkanton Anspruch auf soviel Abgeordnete hat, als die neue Verteilungszahl in seiner Bevölkerungszahl aufgeht.

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e. Die noch nicht verteilten Mandate werden unter die Kantone und Halbkantone verteilt, die die grössten Eestzahlen erreicht haben.

Wir sind jedoch der Meinung, dass man es vermeiden sollte, in der Verfassung einen Artikel aufzunehmen, der zuviele Einzelheiten über Bechnungsoperationen enthält, und dass sich deshalb die Aufnahme einer Bestimmung empfiehlt, die das System der festbleibenden Zahl übernimmt, einen Vorbehalt zugunsten der kleinen Kantone anbringt und es den eidgenössischen Bäten überlässt, die übrigen Einzelheiten in einem einfachen Bundesbeschluss zu regeln.

Dieser Bundesbeschluss müsste so rechtzeitig nach der Abstimmung des Volkes und der Stände über den Verfassungsartikel gefasst werden, dass er noch auf die Wahlen des Jahres 1963 angewendet werden kann. Er würde das Verfahren für die Sitzverteilung in einer Bestimmung reglen, für welche wir folgende Fassung beantragen werden : Die 200 Sitze des Nationalrates werden unter die Kantone und Halbkantone nach folgendem Verfahren verteilt : 1. Die Gesamtbevölkerungszahl wird durch 200 geteilt und so die Verteilungszahl für die erste Verteilung ermittelt.

2. Jedem Kanton oder Halbkanton der die nach Ziffer l ermittelte Verteilungszahl nicht erreicht, wird ein Sitz zugeteilt. Die so berücksichtigten Kantone oder Halbkantone scheiden für die weiteren Rechnungsgänge aus.

8. Zur Ermittlung der Verteilungszahl der zweiten Verteilung wird die Gesamtbevölkerungszahl um die Zahl der Kantone oder Halbkantone, die nach der ersten . Verteilung ausscheiden vermindert und geteilt durch 200, vermindert um die Zahl der schon verteilten Sitze.

4. Jeder nicht nach Ziffer 2 ausscheidende Kanton oder Halbkanton hat Anspruch auf so viele Abgeordnete, als die neue Verteilungszahl in seiner Bevölkerungszahl aufgeht.

5. Die noch übrigbleibenden Mandate werden unter die Kantone und Halbkantone verteilt, die die grössten Bestzahlen erreicht haben.

Bei diesem Verfahren erübrigt es sich selbstverständlich, eine «automatische Bremse» im Sinne des Antrages Jaquet/Both vom Jahre 1950 (s. Seite 4) vorzusehen.

Wie aus beiliegender Tabelle ersichtlich ist, folgt aus der Annahme der Lösung mit der festbleibenden Zahl für die nächste zehnjährige Periode, dass die Kantone Zürich 8 Sitze, Genf 2 Sitze und Basel-Land einen Sitz gewinnen und Freiburg und Graubünden je einen Sitz verlieren.

Nachdem sich die Lösung mit der festbleibenden Zahl sehr gut vertreten lässt, wenn man sich einmal zum Grundsatze der Stabilisierung der Abgeordnetenzahl entschlossen hat, und nachdem diese von einem Dutzend Kantonen für die Wahl des Grossen Bates angewandte Lösung von vierzehn kantonalen Begierungen und von drei politischen Parteien (Freisinnige-demokratische Partei, Sozialdemokratische Partei und Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei) empfohlen wird, beantragen wir Ihnen, dieses System anzunehmen und den

25

«numerus clausus» auf 200 Abgeordnete festzusetzen. Auf diese Weise würde für die nächsten Jahre ohne besondere Kechnungsoperationen auch der Fall, des Kantons Glarus gelöst, der seinen zweiten Sitz behalten würde.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 22.Dezember 1961. .

6208

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates,

Der Bundespfäsident : Wahlen Der Bundeskanzler : Ch. Oser

26 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Änderung des Artikel 72 der Bundesverfassung (Wahl des Nationalrates)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 22. Dezember 1961, beschliesst :

Art. l Artikel 72 der Bundesverfassung wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt : Art. 72 1 Der Nationalrat wird aus 200 Abgeordneten des schweizerischen Volkes gebildet.

2 Die Sitze werden unter die Kantone und Halbkantone im Verhältnis zu ihrer Wohnbevölkerung verteilt, wobei jeder Kanton und Halbkanton Anspruch auf mindestens einen Sitz hat.

3 Die Einzelheiten werden durch die Bundesversammlung geregelt.

Art. 2 Der vorstehende Bundesbeschluss wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterworfen.

2 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

1

27 Anhang l

Zahl der Abgeordneten im Nationalrat

Kantone

Zürich

Bern Luzern . . . .

Uri Schwyz Obwalden Nidwaiden Glarus Zug Freiburg Solothurn Basel-Stadt Basel-Land Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh. . . .

St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin . .

Waadt Wallis Neuenburg Genf . . .

Schweiz

Bevölkerungszahl (I.Dezember 1960)

952 304 889 523 253446 32021 78048 23135 22188 40148 52489 159 194 200 816 225 588 148 282 65981 48920 12943 339 489 147 458 360 940 166 420 195 566 429 512 177 783 147 633 259 234 5 429 061

heute (Grundlage: 24000 Einwohner)

künftig (nach den verschiedenen Lösungen) Wahlgrundlage 24000

27000

28000

Feste Zahl (200)

3 1 1 2 2 7 7 8 4 2 2 1 13 6 13 6 7 16 7 5 8

40 37 11 1 3 1 1 2 2 7 8 9 6 3 2 1 14 6 15 7 8 18 7 6 11

35 33 9 1 3 1 1 1 2 6 7 8 5 2 2 1 13 5 13 6 7 16 7 5 10

34 32 9 1 3 1 1 1 2 6 7 8 5 2 2 1 12 5 13 6 7 15 . 6 5 9

35 33 9 1 3 1 1 2 2 6 7 8 5 2 2 1 13 5 13 6 7 16 7 5 10.

196

226

199

193

200

32

. 33 9 1

28

Schweizerischer Nationalpark im Kanton Graubünden

Mit Bundesbeschluss vom T.Oktober 1959 hat die Bundesversammlung folgende Verträge genehmigt : a. den Vertrag mit der Gemeinde Zernez vom 10./21. November 1958; b. den Vertrag mit der Gemeinde S-chanf vom 20. April/l2.Mai 1959; c. den Vertrag mit der Gemeinde Valchava vom 16. April/12.Mai 1959; d. den Vertrag mit der Gemeinde Scuol/Schuls vom 24. November 1958/11. März 1959.

Gegen den Bundesbeschluss wurde das Eeferendum nicht ergriffen.

Der Bundesrat hat am 25. September 1961 die Veröffentlichung des Bundesbeschlusses in die Sammlung der eidgenössischen Gesetze angeordnet und das Inkrafttreten auf den I.Januar 1961 festgesetzt. Die öffentliche Beurkundung der vier Parkverträge hat am 25.Oktober 1961 stattgefunden. Der Grosse Bat des Kantons Graubünden hat am 80. November 1961 von den vier Parkverträgen zustimmend Kenntnis genommen.

Die Eatifikationsurkunden wurden am 7. Dezember 1961 in Bern ausgetauscht. Die vier Parkverträge lauten wie folgt :

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Revision des Artikels 72 der Bundesverfassung (Wahl des Nationalrates) (Vom 22. Dezember 1961)

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Jahr

1962

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02

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8374

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.01.1962

Date Data Seite

13-28

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