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Bundesblatt 110. Jahrgang

Bern, den 20. März 1958

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stampili & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung der Bundesverfassung (Verbot der Spielbanken) (Vom 10. März 1958) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Am 4. Oktober 1956 hat der Ständerat, am 13.März 1957 der Nationalrat, eine Motion folgenden Wortlautes angenommen : Der Bundesrat wird eingeladen, der Bundesversammlung Bericht und Antrag zu unterbreiten, zur Anpassung des 1928 auf 2 Pranken festgesetzten Höchsteinsatzes bei dem in den schweizerischen Kursälen üblichen Unterhaltungsspielen (Art. 35, Abs. 3, BV) an den heutigen Geldwert, um dadurch zusätzliche Mittel zur Förderung des Fremdenverkehrs und für die Hilfeleistung an Opfer von Elementarschäden zu schaffen.

Wir beehren uns, in Ausführung des durch die Motion erhaltenen Auftrages, mit nachfolgender Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Revision des Artikels 35, Absatz 3, der Bundesverfassung zu unterbreiten.

I.

Die Frage der Spielbanken hat die Öffentlichkeit und die eidgenössischen Behörden seit vielen Jahrzehnten immer wieder beschäftigt. Mehrfach sind Volk und Stände zum Entscheid über Spielbankfragen aufgerufen worden. In den Beratungen der eidgenössischen Bäte und in den Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit stiessen die Meinungen jeweilen hart aufeinander. Freunde und Gegner der Spielbanken waren ungefähr gleich stark. Die Entscheide fielen deshalb meist sehr knapp aus.

Erst 1874 erhielt der Bund die Zuständigkeit, in das Glückspielwesen einzugreifen. Artikel 35 der damals revidierten Verfassung untersagte die Errichtung von Spielbanken. Die bestehenden Spielhäuser mussten bis Ende 1877 geschlossen Bundesblatt. HO. Jahrg. Bd. I.

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582 werden. Da der Verfassungsartikel keine Begriffsumschreibung der Spielbanken enthielt und auch kein Ausführungsgesetz folgte, blieb es Sache des Bundesrates, den Begriff der Spielbank zu bestimmen. Dem Ermessen der vollziehenden Behörde blieb dabei ein weiter Spielraum. Das Verbot wurde deshalb nicht zu allen Zeiten übereinstimmend gehandhabt.

Diese Ordnung brachte eine gewisse Unsicherheit mit sich, hatte aber andererseits auch Vorteile. Eine starre und unabänderliche Begriffsumschreibung in der Verfassung, an die der Bundesrat gebunden gewesen wäre, hätte ihm zum vorneherein die Möglichkeit genommen, gegen Spielunternehmen einzuschreiten, für die die Umschreibung nicht zugetroffen hätte, für die aber vielleicht nicht weniger Grund zum Verbot bestand.

Bei der Auslegung des Spielbankenartikels ging der Bundesrat vom innern Grund des Verbotes aus und sah als verbotene Spielbanken Spielbetriebe an, die für die Bevölkerung ökonomisch und moralisch gefährlich sind ; denn eben dieser Gefahren wegen waren sie durch die Verfassung verboten worden. Einsätze bis zu 2 Franken in Spielsälen, zu denen das Publikum unbeschränkt Zutritt hatte, und bis zu 5 Pranken in Spielsälen, wo der Eintritt nur gegen Ausweiskarte gestattet wurde, hielt er nicht für gefährlich und damit die so beschränkten Kursaalspiele als nicht unter das Verbot des Artikels 85 der Bundesverfassung fallend.

Die vielfachen Übermarchungen an verschiedenen Spielplätzen veranlassten schliesslich den Bundesrat im Jahre 1912, die Kantonsregierungen zu einer Konferenz einzuladen, an der die Grundsätze festgesetzt wurden, nach denen die Kursaalspiele als zulässig erscheinen sollten. Am 12. September 1913 erliess er ein in Zusammenarbeit mit dem Verband Schweizerischer Kursaalgesellschaften bereinigtes Spielreglement, das die Voraussetzungen festlegte, unter denen die Spiele nicht als unter das Verbot von Artikel 35 fallend betrachtet wurden. Das Eeglement entsprach im wesentlichen der heute geltenden Verordnung über die Kursaalspiele, wobei allerdings Einsätze bis zu 5 Franken toleriert wurden, sofern der Zutritt zu den Spielsälen nur gegen besondern Ausweis gestattet war.

Diese Eegelung vermochte aber die Spielbankengegner nicht zu befriedigen.

Im Juli 1914 reichten sie ein von über 100 000 Bürgern unterzeichnetes Volksbegehren auf Abänderung
und Ergänzung des Artikels 35 der Bundesverfassung ein. Nach dem Text der Initiative war die Errichtung der Spielbanken untersagt.

Als Spielbank sollte jede Unternehmung angesehen werden, die Glückspiele betreibt. Die damals bestehenden Spielbanken waren binnen 5 Jahren nach der Annahme der Bestimmung zu schliessen.

Da der Bundesrat ein vollständiges Verbot jeglicher gewerbsmässig betriebener Glückspiele als zuweitgehend erachtete, beantragte er den eidgenössischen Bäten, ohne Gegenentwurf dem Volk Ablehnung der Initiative zu empfehlen und es bei der bisherigen Eegelung zu belassen, die beschränkte Spiele gestattete. Die Bäte beschlossen nach einlässlicher Diskussion doch einen Gegenentwurf aufzustellen. Danach sollten Glückspielunternehmungen zugelassen werden, die der Unterhaltung oder gemeinnützigen Zwecken dienen, sofern sie unter den vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen betrieben werden.

583 Initiative und Gegenentwurf wurden am 21. März 1920 Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet. Der Gegenvorschlag der eidgenössischen Eäte wurde mit, grossem Mehr abgelehnt, der Initiativvorschlag dagegen knapp angenommen. Nachdem anfänglich eine Mehrheit von etwas über 50 000 annehmenden Stimmen festgestellt worden war, ergab die spätere Erwahrung durch die Bundesversammlung mit Sicherheit nur noch eine annehmende Mehrheit von mindestens 6633 Stimmen und einer halben Standesstimme.

Einer lebhaften Diskussion rief die Frage, auf welchen Zeitpunkt die bestehenden Spielsäle zu schliessen seien. Lief die 5jährige Frist, während der die Spielsäle noch offen bleiben durften, vom Tag der Abstimmung oder von der ungefähr ein Jahr später erfolgten Erwahrung an ? Der Bundesrat war der Meinung, dass der Tag der Volksabstimmung massgebend sei. Die Eäte entschieden bei äusserst knappem Stimmenverhältnis verschieden. Der Ständerat wollte auf den Tag der Erwahrung abstellen, während der Nationalrat schliesslich bei einem unter Namensaufruf festgestellten Stimmenverhältnis von 91:91 Stimmen durch Stichentscheid des Präsidenten sich für die Auffassung des Bundesrates entschied. Da die Eäte abweichend entschieden hatten, hielt der Bundesrat an seiner Weisung fest, dass die Kursäle am 21. März 1925 die Spielsäle zu schliessen hätten.

Schon kurz nach der Schliessung der Spielsäle regten sich die Spielbankfreunde wieder. Sie sammelten Unterschriften für eine neue Initiative, die die Kantonsregierungen ermächtigte, unter den vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen die bis zum Frühjahr 1925 üblich gewesenen Unterhaltungsspiele zu gestatten, wobei der Einsatz allerdings 2 Franken nicht übersteigen sollte. Am 10. November 1926 reichte das Initiativkommitee die Unterschriftenbogen mit 131 593 Unterschriften ein.

Im Bericht an die eidgenössischen Eäte beantragte der Bundesrat, dem Volk Annahme des Initiativbegehrens zu empfehlen. Er erklärte u. a., die Berechtigung der wirtschaftlichen Klagen der Kursaalgesellschaften, hinter denen auch die Kantonsregierungen ständen, nicht bestreiten zu können. Allerdings sei nicht allein der Ertrag der Kursaalspiele für das Gedeihen eines Fremdenortes massgebend, doch hange von den Spieleinnahmen vielerlei, wie z.B. eine gute Kurmusik, wohl erhaltene Parkanlagen und
Spazierwege, ab. Das seienAufgaben, die den Schutz des Bundes verdienten und doch nicht der Allgemeinheit Überbunden werden könnten. Überdies erleichtere die neue Fassung die Handhabung des Verbotes. In so eng begrenztem und streng geregeltem Spiel könne für die Bevölkerung keine Gefahr mehr erblickt werden.

Diese vierte Eevision des Verfassungsartikels wurde in den eidgenössischen Eäten wiederum sehr einlässlich diskutiert. Neben dem Bericht des Bundesrates lag eine Anzahl Eingaben von Kantonsregierungen, von Verbänden und Privaten vor, die sich mit mehr oder weniger Temperament für oder gegen die Vorlage aussprachen. Die Eäte stimmten schliesslich mit grosser Mehrheit für den Antrag des Bundesrates.

Am 2. Dezember 1928 nahm das Schweizervolk mit 296 395 Ja gegen 274 528 Nein und 14% gegen 7% Standesstimmen den Initiativvorschlag an. Die Er-

584 Währung fand am 14. März 1929 statt. Damit trat die neue, heute geltende Fassung des Artikels 35 der Bundesverfassung in Kraft (Abs. 6, der sich auf die Lotterien bezieht, ist durch Volksabstimmung vom 21. März 1920 aufgenommen worden) : Die Errichtung und der Betrieb von Spielbanken sind verboten.

Die Kantonsregierungen können unter den vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen den Betrieb der bis zum Frühjahr 1925 in den Kursälen üblich gewesenen Unterhaltungsspiele gestatten, sofern ein solcher Betrieb nach dem Ermessen der Bewilligungsbehörde zur Erhaltung oder Förderung des Fremdenverkehrs als notwendig erscheint und durch eine Kursaalunternehmung geschieht, welche diesem Zwecke dient. Die Kantone können auch Spiele dieser Art verbieten.

Über die vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen wird der Bundesrat eine Verordnung erlassen. Der Einsatz darf zwei Franken nicht übersteigen.

Jede kantonale Bewilligung unterliegt der bundesrätlichen Genehmigung.

Ein Viertel der Roheinnahmen aus dem Spielbetrieb ist dem Bunde abzuliefern, der diesen Anteil ohne Anrechnung auf seine eigenen Leistungen den Opfern von Elementarschäden sowie gemeinnützigen Fürsorgeeinrichtungen zuwenden soll.

Der Bund kann auch in Beziehung auf die Lotterien geeignete Massnahmen treffen.

Der Verfassungsartikel war früher weder durch Gesetz noch durch Verordnung näher ausgeführt worden. Auf Grund der ungünstigen Erfahrungen, die damit gemacht worden sind, schlug der Bundesrat den Erlass eines Bundesgesetzes über die Spielbanken vor; er wurde von den eidgenössischen Katen am 5. Oktober 1929 beschlossen und trat nach unbenutztem Ablauf der Referendumsfrist auf den l. Februar 1930 in Kraft. Ferner erliess der Bundesrat am l. März 1929 eine Verordnung über den Betrieb der Kursaalspiele, die später (1947 und 1949) in allerdings nicht entscheidenden Punkten leicht geändert worden ist.

II.

Der neue Artikel 35 der Bundesverfassung befriedigte aber selbst die Initianten nicht. Sobald die Auswirkungen der neuen Verfassungsbestimmung einigermassen überblickt werden konnten, wurden Forderungen laut, die neuerdings eine Abänderung des so oft revidierten Verfassungsartikels verlangten. Der auf maximal 2 Franken angesetzte Einsatz sollte durch Verfassungsrevision auf mindestens 5 Franken oder 10 Franken erhöht werden. Ein anderer Vorschlag ging dahin, es dem Bundesrat zu überlassen, die Höhe der Einsätze in der Verordnung festzulegen.

Zuerst verlangte der Schweizerische Fremdenverkehrsverband in einer Eingabe an den Bundesrat u.a. Prüfung dieser Frage. Am 21. April 1936 ersuchte der Verband Schweizerischer Kursaalgesellschaften den Bundesrat in einer einlässlichen Eingabe, die Revision des Verfassungsartikels einzuleiten und der Bundesversammlung unverzüglich Vorschläge zu unterbreiten. Zugleich stellte er das Gesuch um Ausrichtung einer Bundessubvention an die schweizerischen Kursäle.

Das Begehren wurde namentlich mit den finanziellen Schwierigkeiten begründet, mit denen die Kursäle ständig zu kämpfen hätten und die es ihnen nicht mehr erlaubten, die für die Fremden vorgesehenen Unterhaltungen im bisherigen

585 Umfang durchzuführen. Ohne Steigerung der Spieleinnahmen sähen sich die meisten Kursäle gezwungen, über kurz oder lang die Tore zu schliessen, was für den Fremdenverkehr der betreffenden Kurorte katastrophale Folgen nach sich ziehen müsste. Der Verband schlug vor, in einem neuen Verfassungsartikel es dem Bundesrat zu überlassen, jeweilen unter Berücksichtigung der Verhältnisse die Spielmaxima festzulegen. Er stützte sich dabei auf ein Gutachten von Prof.

Blumenstein, worin ausgeführt wurde, dass die Beschränkung des Spieleinsatzes auf 2 Franken als blosse Polizeivorschrift nicht in die Verfassung gehöre. Gerade die Begrenzung des Einsatzes falle unter die vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen und sei daher vom Bundesrat durch Verordnung festzulegen.

Der Bundesrat lehnte es damals ab, in der vom Verband Schweizerischer Kursaalgesellschaften geforderten Weise vorzugehen. Nachdem der neue Artikel 35 erst 7% Jahre in Kraft war und seinerzeit vom Volk nur mit knappem Mehr angenommen worden war, erachtete er es nicht als seine Sache, für die eine oder andere Gruppe Partei zu ergreifen und selbst die Eevision an die Hand zu nehmen.

Im Sommer 1936 reichte Nationalrat L.F.Meyer mit 22 Mitunterzeichnern ein Postulat ein, worin der Bundesrat ersucht wurde, die Eevision des Artikels 35 der Bundesverfassung in der vom Kursaalverband vorgeschlagenen Weise einzuleiten. Bevor das Postulat im Nationalrat zur Diskussion gelangte, ersuchte der Schweizerische Fremdenverkehrsverband den Bundesrat, die im Postulat aufgestellten Forderungen durch dringlichen Bundesbeschluss zu verwirklichen, um die durch die Frankenabwertung für den Fremdenverkehr geschaffenen günstigen Bedingungen auszunützen. Der Bundesrat lehnte dies jedoch durch Beschluss vom T.November 1936 ab. Das Postulat Meyer wurde mit, 63 gegen 56 Stimmen für erheblich erklärt, wobei vor allem die wirtschaftlichen Eücksichten auf die Bedürfnisse'des Fremdenverkehrs den Ausschlag gaben.

Am 19./22.Februar 1938 reichte der Eegierungsrat des Kantons Zug eine Initiative gemäss Artikel 93, Absatz 2, der Bundesverfassung auf Partiahrevision von Artikel 35 der Bundesverfassung ein. Sie enthielt die gleichen Anträge wie das Postulat Meyer. Da weitere derartige Initiativen anderer Kantone in Aussicht standen, wurde die Behandlung der Eingabe des Kantons
Zug zurückgestellt.

Offenbar, weil bald darauf der Krieg ausbrach und die Voraussetzungen für eine Verfassungsänderung auf diesem Gebiet veränderte, wurde die Angelegenheit nicht weiter verfolgt.

Nach Kriegsende wurde wiederum die Frage aufgeworfen, ob nicht dem Begehren der Kursaalgesellschaften entsprechend die engen Bestimmungen gelockert werden sollten. Herr Ständerat Vieli schnitt die Frage bei der Prüfung des Geschäftsberichtes des Bundesrates für das Jahr 1951 an. Die grosse Expertenkommission, die die Lage in der Hôtellerie zu untersuchen hatte, nahm die Forderung nach einer Anpassung der Spieleinsätze in ihren Bericht vom Mai 1952 auf. Ende Juni 1952 reichten die Schweizerische Zentrale für Verkehrsförderung, der Schweizerische Fremdenverkehrsverband, der Schweizerische Hotelierverein und der Verband Schweizerischer Kursaalgesellschaften eine einlässlich begründete

586 Eingabe an den Bundesrat ein, in der die Erhöhung des Einsatzes auf 5 Franken gefordert wurde. Im Herbst 1952 hat das Postulat Wey die Frage vor den Nationalrat getragen. Mit Schreiben vom 20. Mai 1955 an den Bundesrat teilte der Präsident der Finanzkommission des Nationalrates mit, dass diese das Postulat unterstütze und um beförderliche Behandlung ersuche.

Der Bundesrat hat mit Schreiben vom 12. Dezember 1955 das Begehren der vier Verbände abgelehnt, da er sich nicht entschliessen konnte, die Initiative zur Änderung des Artikels 35 der Bundesverfassung zu ergreifen. Er erachtete es damals als nicht sehr aussichtsreich, eine Änderung des Spieleinsatzes zu erreichen.

Aus dem gleichen Grund beantragte er den eidgenössischen Eäten im Bericht über seine Geschäftsführung im Jahre 1955, das Postulat Wey abzuschreiben. Der Bat stimmte diesem Antrag stillschweigend zu.

Am 15.März 1956 stellte Nationalrat Tschumi an den Bundesrat die Kleine Anfrage, ob er bereit sei, im Interesse des Fremdenverkehrs auf die Frage der Erhöhung des Spieleinsatzes zurückzukommen und ob er sich der Auffassung anschliessen könnte, dass die Festsetzung des Höchsteinsatzes dem Bundesrat übertragen werden sollte.

Am 4. Oktober 1956 nahmen der Ständerat die Motion Fauquex, am 18. März 1957 der Nationalrat die gleichlautende, eingangs im Wortlaut wiedergegebene Motion Kämpfen an.

Der Bundesrat erklärte sich in der Beantwortung der Kleinen Anfrage Tschumi und bei der Beratung der Motionen in den beiden Eäten bereit, den Entwurf zu einer Eevision des Artikels 35 der Bundesverfassung vorzulegen, welcher auf eine zahlenmässige Fixierung des Einsatzes in der Verfassung verzichtet.

III.

Zur Begründung der beiden Motionen wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt : Die Erhöhung des Einsatzes sei eine dringende Notwendigkeit im Interesse des schweizerischen Fremdenverkehrs. Dieser so wichtige Zweig der schweizerischen Volkswirtschaft dürfe nicht vernachlässigt werden. Nach Schätzungen der Verkehrszentrale bringe der Fremdenverkehr unserem Land jährlich 460 Millionen Franken ein. Der Gesamtumsatz aus dem Fremdenverkehr betrage nicht weniger als 1,6 Milliarden Franken. Die 16 Kursaalorte vereinigten zirka 22 Prozent des gesamten schweizerischen Bettenangebots und wiesen die grösste Frequenzsteigerung der letzten Jahre auf, gemessen an der Gesamtfrequenz im Fremdenverkehr. 60 Prozent der Logiernächte in Orten mit, Kursälen entfielen auf Ausländer. Dies zeige die Bedeutung der Kursaalorte im schweizerischen Fremdenverkehr, an dem Hôtellerie, Handel, Handwerk und Verkehrsmittel interessiert seien. Namentlich der ausländische Gast suche unsere Kurorte nicht nur mehr wegen der Schönheit unseres vielgestaltigen Landes auf, wenn auch die Naturschönheiten der grösste Anziehungspunkt blieben. Er wolle daneben aber nicht auf Unterhaltung verzichten. Diese zu bieten sei Aufgabe der Kur-

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sale. Die Ansprüche des Gastes seien stark gestiegen, und die Schweiz dürfe nicht hinter dem Ausland zurückbleiben, sollen ihr die ausländischen Gäste erhalten bleiben. Die vielfach antiquierten Kursäle böten nicht mehr den genügenden Eahmen für die nötigen Mehrleistungen. Für die dringliche Modernisierung und die damit verbundenen Umbauten seien zirka 7-10 Millionen Franken erforderlich. Aber auch die von den Kursälen ausbezahlten Lohnsummen für Orchester, Kurtheater, Attraktionen usw. und für das übrige Personal seien wesentlich gestiegen. Neuanlage und Unterhalt der Parkanlagen, Spazierwege usw. erforderten ebenfalls grössere Mittel. Alle diese Beträge könnten aber nicht aus den Wirtschaftsbetrieben gewonnen werden, sondern lediglich aus dem Ertrag des Spiels. Die Aufgabe der Kursäle liege eben nicht in der Verpflegung der Gäste, sondern in ihrer Unterhaltung. Die Kestaurationsbetriebe müssten sich an die im schweizerischen Gastgewerbe üblichen Ansätze halten und könnten daher keine wesentliche Steigerung der Einnahmen herauswirtschaften. Sie bleiben vielmehr auf die Zuschüsse aus dem Spielbetrieb angewiesen, die aber infolge der eingetretenen Geldentwertung nicht mehr genügen. Durch eine Erhöhung der zulässigen Einsätze könnte wenigstens ein Teil der dringlich erforderlichen Mittel beschafft werden.

Trotz der beantragten bescheidenen Erhöhung auf 5 Franken würden sich die schweizerischen Kursäle weiterhin von den ausländischen Spielkasinos grundlegend unterscheiden. Sie würden wie bisher im Sinne des Artikels 85 der Bundesverfassung den allgemeinen touristischen Interessen dienen und im volkswirtschaftlichen Interesse dem Gast möglichst viel bieten, der durch seine ' Beteiligung am Spiel lediglich einen Beitrag an die Ausgestaltung der für ihn vorgekehrten Annehmlichkeiten leiste. Die ausländischen Kasinos dagegen zögen den eigentlichen Spieler an, mit dem Zweck, aus dem Spiel so grosse Gewinne wie nur möglich zu erzielen. Die Erträgnisse aus dem Spielbetrieb der schweizerischen Kursäle, hinter denen" sich keine anonymen Interessenten verstecken können, kämen verschiedensten Branchen unserer Wirtschaft zugut, welche darauf angewiesen seien. Es dürfe auch erwähnt werden, dass in den letzten Jahren namhafte Beträge aus den Spieleinnahmen dem Elementarschadenfonds zugeführt worden seien, der für
die Bergbevölkerung von grosser Bedeutung sei. Ihn durch vermehrte Einnahmen aus dem Spielbetrieb weiter zu äufnen, sei eine vornehme Aufgabe.

Das Spiel werde durch die Erhöhung des Einsatzes nicht gefährlich, denn heutige fünf Franken entsprächen dem Wert von zwei Fjranken im Jahre 1928.

Zwei Franken habe man damals als ungefährlichen Einsatz bewertet. Die Kursäle unterstünden strenger Kontrolle, und nur Erwachsene würden zum Spiel zugelassen. Dagegen könne jedermann, auch Schulkinder und Jugendliche, allwöchentlich beim Sport-Toto beliebige Beträge setzen und ebenso an den verschiedenen Grosslotterien unbeschränkt teilnehmen, bei denen im allgemeinen ein Los 5 Franken koste. Trotzdem bezwecke derVorstoss zur Abänderung des Artikels 35 der Bundesverfassung nicht eine Aufhebung der Höchstgrenze für die Einsätze im Spielbetrieb der Kursäle, sondern lediglich eine Anpassung des

588 auf 2 Franken begrenzten Einsatzes an den heutigen Geldwert und damit eine Erhöhung auf 5 Franken. Der Einsatz sollte aber nicht mehr in der Verfassung selbst festgesetzt werden. Es sollte dem Bundesrat überlassen bleiben, ob er die Höhe des Spieleinsatzes in eigener Kompetenz in einer Verordnung regeln wolle oder die Festlegung in einem referendumspflichtigen Bundesgesetz oder Bundesbeschluss vorziehe.

Die früher erwähnten vier Verbände schlugen nach Annahme der Motionen in einer Eingabe vor, den Einsatz in einer bundesrätlichen Verordnung festzulegen. Um aber dem Stimmbürger Gewissheit zu geben, dass auch von den interessierten Verbänden damit nicht die Absicht verfolgt werde, in naher Zukunft weitere Erhöhungen zu verlangen, die über den Geldwert von 2 Franken im Jahre 1928 hinausgehen, sollte im Artikel 35, Absatz 3, der Passus aufgenommen werden: «Der Einsatz darf wertmässig den am 2.Dezember 1928 festgesetzten, nicht übersteigen.» IV.

Die Eingabe der Verbände sowie das Protokoll über die Diskussion des Postulates Wey im Nationalrat sind seinerzeit den Polizeidirektionen der Kantone zur Stellungnahme unterbreitet worden. Diese haben die Frage vielfach dem Gesamtregierungsrat vorgelegt. Die Antworten ergeben folgendes Bild: 16 Kantone oder Halbkantone unterstützten das Begehren um Erhöhung des Einsatzes ausdrücklich. 7 haben sich dagegen ausgesprochen. Einer enthielt sich der Stellungnahme, und einer hat nicht geantwortet. Von den 11 Kantonen, die Kursaalspiele bewilligt haben, setzten sich 9 für eine Erhöhung des Einsatzes ein. Einer hat sich dagegen ausgesprochen und einer nicht geantwortet.

Die meisten Kantone, die sich für die Verfassungsänderung einsetzten, haben die in der Eevisionseingabe enthaltenen Argumente übernommen. Bern unterstrich, dass die drei im Kanton betriebenen Kursäle vermehrte Mittel benötigten und dass die Erhöhung des Einsatzes ein taugliches Mittel sei, um die Einkünfte zu vermehren. Die Kursäle ständen unter einer strengen polizeilichen Kontrolle. Die Erhöhung der Spieleinsätze in den schweizerischen Kursälen werde bewirken, dass ein Teil der Spielgelder nicht mehr in die der Grenze nahe gelegenen Spielsäle im Ausland fliesse. Luzern schrieb, dass der Betrieb des Kursaals in den letzten Jahren ständig mit einem Eechnungsdefizit abgeschlossen habe und die Erhöhung
des Spieleinsatzes dringend nötig sei. Angesichts der scharfen polizeilichen Kontrolle seien Auswüchse nicht zu befürchten. Schwyz betonte, dass der beantragte Maximaleinsatz immer noch so bescheiden sei, dass eine Parallele zu ausländischen Kursälen gerechterweise nicht gezogen werden könne. Nidwaiden, Glarus, Zug und Basel-Stadt erklärten, nicht besonders interessiert zu sein, hielten aber eine Erhöhung für gerechtfertigt. Freiburg glaubte, dass die Erhöhung des Spieleinsatzes überdies zur Folge habe, dass Leute, die möglicherweise bei geringen Einsätzen gefährdet gewesen seien, am Spiel nicht mehr teilnehmen würden. Appenzell A.-Eh. regte zudem an, die Kursaalspiele fiskalisch viel kräftiger zu erfassen. Graubünden stellte fest, dass

589 sich das Publikum in den drei bündnerischen Kursälen durchschnittlich zu 43 Prozent aus ausländischen Gästen, zu 42 Prozent aus schweizerischen Gästen, zu 8 Prozent aus Saisonangestellten und nur zu 7 Prozent aus Ortsangehörigen zusammensetzt. Die drei zur Vernehmlassung aufgeforderten Gemeindevorstände von Arosa, Davos und St. Moritz unterstützen das Begehren um Erhöhung einhellig. Auch Aargau bestätigte, dass sich aus dem Spielbetrieb in Baden bisher keinerlei polizeiliche Anstände ergeben hätten und dass solche auch bei einer Erhöhung der Einsätze nicht zu erwarten seien. Thurgau kam auf Grund seiner Beobachtungen an der Grenze von Konstanz zur Überzeugung, dass diejenigen, die spielen wollen, doch nicht daran gehindert werden könnten und dass versucht werden sollte, wenigstens einen Teil des Geldes, das z.B. Schweizerbürger in Konstanz verlieren, schweizerischen Einrichtungen zuzuhalten.

Tessin, Waadt, Wallis und Genf unterstützten das Ersuchen um Erhöhung.

Die Kantone Uri, Basel-Land, Schaffhausen und Appenzell I.-Eh. lehnten die Erhöhung des Einsatzes aus grundsätzlichen, nicht näher ausgeführten Überlegungen ab und hielten sie für nicht notwendig. Solothurn empfahl, eher von einer Erhöhung abzusehen, weil sonst die Spielsucht gefördert werde. St. Gallen, das sich als einziger Kursaalkanton gegen die Erhöhung aussprach, erklärte, dass der Besuch des Spielsaales in Bad Bagaz bescheiden sei und der Spielsaal den Kursaalbetrieb eher belaste. Die Erhöhung des Einsatzes habe jedenfalls für Eagaz keine ins Gewicht fallende Vermehrung der Einnahmen zur Folge.

Vor allem aber ständen die Interessen des öffentlichen Wohls entgegen. Glückspiele bedeuteten eine Gefahr für die Öffentlichkeit. Es liege nicht im Interesse des Staates, sie zu fördern. Neuenburg bezweifelte zudem, dass die Erhöhung des Einsatzes einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Fremdenverkehrs haben könnte. Zürich erklärte, dass es bis anhin Gesuche um Errichtung und Betrieb von Spielbanken abgelehnt habe und sich deshalb einer Stellungnahme zum Eevisionsbegehren enthalte. Obwalden, das den Kursaal Engelberg beherbergt, hat nicht geantwortet.

V. .

Bevor wir die gegenwärtige Begelung und die Auswirkungen, die die Berücksichtigung des Revisionsbegehrens haben müsste, prüfen, sei kurz dargestellt, was für die Zulassung
von Spielbanken in einigen anderen europäischen Staaten gilt. Auch wenn das ausländische Recht kaum die für uns als richtig angesehene Lösung zu beeinflussen vermag, bietet es doch ein gewisses Interesse. Die Umfrage bei unsern diplomatischen Vertretungen hat folgendes ergeben : In Grossbritannien, Spanien und den Niederlanden sind Spielbanken gänzlich verboten. Auch in Schweden sind Spielbanken untersagt ; doch können Roulettespiele und dergleichen in Verbindung mit, off entlichen'Vergnügungen und Festen für wohltätige, kulturelle und gemeinnützige Zwecke zugelassen werden.

Die Gewinne dürfen aber nur in Waren bestehen oder Anweisungen, die nur

590 innerhalb der Vergnügungsstätte als Zahlungsmittel gelten. Ferner darf der Hauptgewinn 5 Kronen nicht übersteigen.

In Belgien sind Glückspiele durch ein Gesetz von 1902 grundsätzlich untersagt worden. Die damals schon bestehenden Spielbanken, wie in Ostende und Namur, wurden seither lediglich toleriert. Neueröffnungen sind nicht erlaubt.

In den tolerierten Spielbanken sind die Einsätze nicht beschränkt.

Auch in Deutschland sind Spielbanken grundsätzlich verboten. Es sind aber Einzelbewilligungen möglich, wenn die ausländischen Konkurrenz in Grenznähe ausgeschaltet oder verhindert werden soll, dass im geheimen Glückspiele betrieben werden. Im ganzen sind bis 1954 9 Spielbanken bewilligt worden, wo Glückspiele mit hohen Einsätzen (bis zu 6000 DM und mehr) betrieben werden dürfen.

Frankreich erteilt Fremdenplätzen unter .ähnlichen Voraussetzungen wie die Schweiz Spielbewilligungen. Dagegen variiert der Einsatz je nach den zugelassenen Glückspielen und kann sehr hoch sein. Staatliche Vorschriften regeln die Spiele sehr einlässlich.

In Italien sind Glückspielunternehmungen verboten, mit Ausnahme der drei Spielbanken Campione, San Eemo und Venedig, die eine besondere Konzession besitzen und die sogenannten grossen Spiele mit hohen Einsätzen betreiben.

VI.

Die gegenwärtige Eegelung verbietet die Errichtung und den Betrieb von Spielbanken, ermächtigt aber die Kantonsregierungen, unter Vorbehalt der bundesrätlichen Genehmigung, unter den vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen, den Betrieb der bis zum Frühjahr 1925 in den Kursälen üblich gewesenen Unterhaltungsspiele zu gestatten, sofern ein solcher Betrieb nach dem Ermessen der Bewilligungsbehörde zur Erhaltung oder Förderung des Fremdenverkehrs als notwendig erscheint und durch eine Kursaalunternehmung geschieht, welche diesem Zweck dient. In der vom Bundesrat erlassenen Verordnung über die vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen wird der Kursaal definiert als Unternehmung, welche von einer Gesellschaft betrieben wird, die als berufener Förderer der mit dem Fremdenverkehr verbundenen allgemeinen Interessen des Platzes oder seines engeren oder weiteren Umkreises anzusehen ist und sich zum Zweck setzt, für die Unterhaltung der Gäste zu sorgen .und ihnen einen gesellschaftlichen Sammelpunkt zu bieten. 16 Kursaalbetriebe, nämlich
Arosa, Baden, Bern, Brunnen, Crans, Davos, Engelberg, Genf, Interlaken, Locamo, Lugano, Luzern, Montreux, Eagaz, St. Moritz und Thun, haben die Spielbewilligung erhalten. Die Bewilligungsbehörden haben damit anerkannt, dass diese Betriebe zur Erhaltung des Fremdenverkehrs notwendig und die Kursaalunternehmungen berufene Förderer der mit dem Fremdenverkehr verbundenen allgemeinen Interessen des Platzes sind. Die Unternehmen sind teils Aktiengesellschaften oder Genossenschaften, teils Regiebetriebe von Kur- oder Verkehrs vereinen.

591 Der Spielbetrieb in diesen Kursälen wurde im grossen und ganzen seit Inkrafttreten des Artikels 35 der Bundesverfassung im Jahre 1929 ordnungsgemäss geführt. Gegen Mißstände, wie sie vor einigen Jahren im Kursaal Genf und später im Kursaal Montreux aufgedeckt wurden, sind die zuständigen Behörden eingeschritten und haben für Abhilfe gesorgt. Eine wirksame Kontrolle durch die Kantone kann Unregelmässigkeiten weitgehend verhindern. Vor allem bemüht sich auch der Verband Schweizerischer Kursaalgesellschaften, seine Mitglieder zu strikter Beobachtung der Vorschriften anzuhalten.

Die Bruttoeinnahmen aus dem Spielbetrieb haben in den letzten Jahren folgende Beträge erreicht: Jahr

Franken

1945 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1955

1876625 2295816 2402573 2457559 2333309 2186797 2812471 3278592 2858459 2765620 2777099

Von diesen Beträgen ist gemäss Absatz 5 des Artikels 35 der Bundesverfassung ein Viertel dem Bund abgeliefert worden, von 1945 bis 1955 insgesamt 7 011 230 Franken. Dieser Betrag ist dem Elementarschadenfonds und gemeinnützigen Fürsorgeeinrichtungen zugewendet worden. Es wird nicht behauptet werden können, dass der Bund wegen seines Anteils die Spiele fördere oder eine laxe Kontrolle begünstige. Diese Bestimmung verpflichtet ihn vielmehr, die Abrechnungen genau zu prüfen und die bestimmungsgemässe Verwendung des Spielgewinnes zu überwachen.

VII.

Der Fremdenverkehr hat für die schweizerische Volkswirtschaft ausser ordentliche Bedeutung. Besonders in industriearmen Kantonen und in Landes gegenden, in denen der Landwirtschaft, dem Handwerk und dem Gewerbe enge Grenzen gezogen sind, bildet der Tourismus für viele die einzige Existenzgrundlage. Namentlich in Berggegenden ist die Bevölkerung in weitgehendem Masse direkt oder indirekt vom Fremdenverkehr abhängig. Bundesrat und Bundesversammlung haben dieser Tatsache durch verschiedene Massnahmen Eechnung getragen und beträchtliche Bundesgelder sind direkt oder indirekt zur Förderung des Fremdenverkehrs ausgelegt worden.

Die Fremden kommen allerdings nicht allein und nicht in erster Linie wegen der Kursäle an unsere Fremdenorte. Es wäre aber falsch, daraus den

592 Schluss zu ziehen, dass diesen Unternehmungen deshalb keine wichtige Eolle in der Förderung des Fremdenverkehrs zukommt. Wohl wird der Gast durch die Naturschönheiten, das günstige Klima, gutgeführte Hotels usw. an einen Fremdenplatz gezogen. Er lässt aber bei der Auswahl seines Ferien- oder Kur- ' ortes nicht ausser acht, welche Unterhaltungsmöglichkeiten der Platz aufweist und in welchem Eahmen sie geboten werden. Er legt auch Wert auf einen gepflegten Allgemeineindruck und schätzt gut unterhaltene Park- und Gartenanlagen, Spazierwege, Schwimmbäder usw. Es liegt auf der Hand, dass nicht jedes Hotel selbst all dies bieten kann. Hier kommt dem Kursaal eine zentrale Bedeutung zu. Er hat die Aufgabe, den Gästen einen gesellschaftlichen Sammelpunkt zu bieten und für ihre Unterhaltung zu sorgen. Der Wirtschaftsbetrieb und Unterhaltungsanlässe, wie Bälle, Konzerte, werfen aber, wenn überhaupt, nur eine beschränkte Eendite ab. Die Mittel für die Erfüllung der weiteren Aufgaben, zu denen die Aufwendungen für das Kurorchester, der Unterhalt des Platzes, Beiträge an die Fremdenwerbung, insbesondere aber auch der Unterhalt der Gebäulichkeiten gehören, fHessen aus dem Spielbetrieb. Die Spielerträge sind seit einigen Jahren ziemlich stabil. Infolge der Geldentwertung kommt ihnen nurmehr ein Teil der Kaufkraft zu. Die Ausgaben sind anderseits nicht nur zahlen-, sondern auch wertmässig weit stärker gestiegen; sie müssen noch gesteigert werden, sollen die Kursäle ihre Aufgabe im allgemeinen Interesse des Fremdenverkehrs weiterhin erfüllen können.

Es stellt sieh die Frage, ob die erforderlichen zusätzlichen Mittel nur aus dem Spielbetrieb gewonnen werden können. Zwar strengen sich die Hoteliers im allgemeinen kräftig an, nach Leistungsfähigkeit angemessen an die Kosten des Unterhalts des Fremdenplatzes beizutragen. Weitere am Fremdenverkehr interessierte Kreise beteiligen, sich aber kaum im Eahmen ihrer Leistungsfähigkeit und ihres Interesses. Es unterhegt jedoch keinem Zweifel, dass es schwer ist, diese Kreise zu vermehrten Leistungen heranzuziehen. Gesetzliche Grundlagen dazu bestehen nicht. Es wird aber weiterhin das Bestreben der Fremdenverkehrsverbände sein müssen, diese Quellen vermehrt zu erschliessen. Der Vorschlag, wenigstens teilweise die benötigten Mittel durch die Erhöhung des Spieleinsatzes aus
dem Spielbetrieb zu gewinnen, ist daher verständlich. Es kann nicht bestritten werden, dass die durch die Erhöhung des Einsatzes erwarteten Mehrbeträge nötig erscheinen und kaum auf anderem Wege zu beschaffen sind.

Das Spiel mit erhöhtem Einsatz würde für die bereits anwesenden Fremden anziehender und dadurch grössere Beachtung finden, so dass es grössere Einnahmen abwerfen würde. Diese würden es ihrerseits wiederum ermöglichen, den Gästen mehr zu bieten und damit die schweizerischen Kurorte attraktiver und im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähiger zu machen. Falsch wäre aber anzunehmen, die Kursaalspiele mit Einsätzen von 5 Franken würden mehr Fremde zur Einreise in die Schweiz veranlassen. Die wirklichen Geldspieler, die grosse Summen setzen wollen, werden nach wie vor Orte vorziehen, wo sie ohne Limite spielen können.

593 Trotz der guten Gründe, die dafür sprechen, dürfte aber der Einsatz nicht erhöht werden, wenn die Kursaalspiele dadurch ihres harmlosen Charakters beraubt würden. Die Höhe der zugelassenen Einsätze ist nicht der einzige Faktor, der die Gefährlichkeit oder Harmlosigkeit eines Glückspieles bestimmt. Er ist aber neben dem Tempo, in dem sich die einzelnen Spielgänge folgen, der wirksamste Faktor. Allerdings gibt es keine absolute Grenze, von der an das Spiel als gefährlich angesehen werden müsste. Je nach den individuellen Verhältnissen kann für einen Spieler schon ein sehr kleiner Einsatz grosse Gefahren aufweisen, während für einen andern wesentlich höhere Einsätze noch ungefährlich sind.

Dabei kommt es nicht nur auf die finanziellen Verhältnisse der Spielenden an, sondern auch auf Charakter und Veranlagung.

Vor dem Ersten Weltkrieg wurden 2 Franken als Einsatz in den Kursälen, zu denen jedermann Zutritt hatte, und von 5 Franken, in denen der Zutritt nur gegen Ausweiskarte möglich war, als zulässig erachtet. Der Bundesrat nahm damals an, dass Spiele in diesem Kahmen nicht unter das Spielbankenverbot fallen, also einen verhältnismässig harmlosen Charakter haben. Wenn das Volk im Jahre 1928 mit der neuen Verfassungsbestimmung Spiele mit Einsätzen bis zu 2 Franken bewilligte, war nicht zuletzt der Gedanke wegleitend, dass man sich der Grenze, wo die Spiele gefährlich werden .könnten, möglichst nicht nähert.

Stellt man auf die Verhältnisse vor dem Ersten Weltkrieg ab, müsste der heute vorgeschlagene Einsatz von 5 Franken unter Berücksichtigung der seitherigen Geldentwertung als weit harmloser betrachtet werden. Aber auch bezogen auf die Verhältnisse von 1928 kann kaum von einer Steigerung der Gefährlichkeit des Spiels durch die Erhöhung des Einsatzes auf 5 Franken gesprochen werden. Das Netto-Volkseinkommen stieg von 9,9 Milliarden Franken im Jahre 1929 auf 24,7 Milliarden Franken im Jahre 1956. Auf einer Basis von 100 im Jahre 1914 gerechnet, betrug der Lebenskostenindex im Jahre 1925 168 und ist seither auf 244,2 gestiegen. Die Steigerung der Eealeinkommen während dieser Zeit ist ebenfalls beträchtlich. So betrachtet, steht einer Erhöhung des Einsatzes auf 5 Franken unseres Erachtens nichts entgegen, denn es handelt sich praktisch vor allem um eine Wertberichtigung und nur um eine geringfügige
Erhöhung.

Die Befürworter der Erhöhung weisen nicht zu Unrecht auf das immer stärkere Überhandnehmen der Grosslotterien und des Sport-Totos hin. Bei den Grosslotterien beträgt der Lospreis in der Eegel 5 Franken, und die Lose können in unbeschränkter Anzahl erworben werden. Beim Sport-Toto kann ebenfalls mit beliebig hohen Einsätzen gespielt werden. Bei diesen Lotterieveranstaltungen liegt jedoch zwischen Einsatz und Bekanntwerden des [Resultats eine gewisse Zeitspanne. Dies mag die Spielleidenschaft weniger fördern als die rasche Spielfolge beim Boulespiel. Dieses Moment darf aber nicht überschätzt werden. Es ist nicht zu übersehen, dass Lotterien und Sport-Toto die weitesten Kreise der Bevölkerung mit ihrer Propaganda erreichen und insbesondere Jugendliche, aber auch Kinder, zu erheblichen Einsätzen verleiten. Die regel-

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massige allwöchentliche Teilnahme am Toto oder der regelmässige Kauf von Lotterielosen bei jeder Tranche fördert die Spielleidenschaft ebenfalls. Bei den Kursaalspielen hingegen sind nur Erwachsene zugelassen. Die Gewinnmöglichkeiten beim Boulespiel sind unbedeutend im Vergleich zu den Gewinnsummen, die Sport-Toto und Grosslotterien ausbezahlen. Gerade aber auch die Aussicht, mühelos einen grossen Gewinn einheimsen zu können, fördert die Spielleidenschaft in erheblichem Masse. Im Vergleich mit den Grosslotterien und dem Toto kann das Boulespiel, auch bei einem Einsatz von 5 Franken, nicht als gefährlicher bezeichnet werden als jene.

Gesamthaft betrachtet bleibt nach unserer Beurteilung das Boulespiel mit einem erhöhten Einsatz von 5 Franken im gleichen ungefährlichen Eahmen, wie man ihn im Jahre 1928 mit einem Höchsteinsatz von 2 Franken festgesetzt hat.

Liegen somit keine zwingenden Gründe gegen eine Erhöhung vor - es sei denn, man lehne solche Glückspiele aus grundsätzlichen Überlegungen überhaupt ab -, stellt sich die Frage, bei welcher Höhe der Spieleinsatz neu festgesetzt werden soll. Wir haben bisher immer von einer Heraufsetzung auf 5 Franken gesprochen und sind der Meinung, diese Erhöhung entspreche dem, was die Mehrheit der Stimmenden und der Stände seinerzeit mit der Annahme des Artikels 35 der Bundesverfassung bewilligt haben. Durch die Erhöhung soll dem Einsatz im grossen Ganzen wiederum der Wert gegeben werden, den er 1928 besass. Eine weitergehende Erhöhung im jetzigen Zeitpunkt müssten wir ablehnen. Es sei festgehalten, dass auch die in erster Linie interessierten Verbände sich von Anfang an in ihren Begehren auf 5 Franken beschränkt haben.

Der Höchsteinsatz ist seinerzeit in die Verfassung aufgenommen worden, um den Spielbankengegnern eine Garantie dafür zu bieten, dass nur Verhältnismassig harmlose Spiele zugelassen werden. Es gelang damit, den jahrzehntelangen Kampf zwischen zwei fast gleichstarken Gruppen von Gegnern zu beenden.

Es besteht kein Zweifel darüber, dass auch heute namentlich kirchliche Kreise den Spielbetrieb in den Kursälen aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen. Während der Eevisionsarbeiten haben sie den Wunsch ausgesprochen, es möchte der Höchsteinsatz wiederum in der Verfassung festgelegt werden, da sie sonst die Vorlage bekämpfen müssten. Der Kursaalverband
hat dieses Begehren unterstützt, da er damit mit aller Deutlichkeit dokumentieren wollte, dass er eine Erhöhung auf 5 Franken wünscht, aber keine darüber hinausgehende Fernziele verfolgt. Es sind aber auch Stimmen laut geworden, die die Festsetzung des Einsatzes in der Verfassung ablehnen, weil sie der Auffassung sind, die Bedeutung des Gegenstandes rechtfertige es nicht, bei jeder notwendig werdenden Änderung des Einsatzes eine Volksabstimmung durchzuführen. Diese Kreise wünschen, dass die Kompetenz zur Festsetzung des Höchsteinsatzes in die Hand 'des Bundesrates gelegt werde. Wieder andere sehen eine Zwischenlösung darin, dass das Parlament in einem, allenfalls dem Eeferendum zu unterstellenden Beschluss über den Höchsteinsatz entscheide. Allen diesen Wünschen

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gleichzeitig Bechnung zu tragen ist unmöglich. Eine vermittelnde Lösung, der Gegner und Freunde des Spielbetriebes in den Kursälen zustimmten, hätte folgende Formulierung dargestellt : «Über die vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen erlässt der Bundesrat eine Verordnung. Er setzt den Höchsteinsatz fest, der jedoch den Geldwert von 5 Franken am Tage des Inkrafttretens dieser Bestimmung nicht übersteigen darf.» Dieser Formulierung lag der Gedanke zugrunde, eine Lösung vorzuschlagen, die Gegner wie Freunde zu befriedigen vermöchte. Sie hat aber den entscheidenden Nachteil, dass damit die Festsetzung eines Betrages mit einer Klausel, die als Indexklausel ausgelegt werden kann, in die Verfassung Eingang fände, was zu unliebsamen Konsequenzen führen müsste. Auch würden manche daraus den Schluss ziehen, der Bundesrat rechne mit einer weiteren rasch fortschreitenden Geldentwertung und sehe deshalb ein einfacheres Verfahren zur Festsetzung des Höchsteinsatzes vor, obwohl er keineswegs mit dieser Formulierung diesen Gedanken zum Ausdruck bringen möchte. Diese schwerwiegenden Bedenken zwingen dazu, diese Kompromissfassung fallen zu lassen.

Auch auf den Vorschlag, den Spieleinsatz in einem dem Eeferendum unterstellten Bundesbeschluss festzusetzen, muss verzichtet werden. Wohl wäre damit eine polizeiliche Bestimmung aus der Verfassung ausgemerzt. Es ist aber nicht Sache des Parlamentes, Polizeivorschriften zu erlassen, und es sollte nicht mit Gegenständen belastet werden, die nicht in seinen Aufgabenkreis fallen. Es stehen sich somit nur noch die bestehende Regelung, die den Einsatz in der Verfassung fixiert, und die Lösung, die Festsetzung des Höchsteinsatzes dem Bundesrate zu übertragen, gegenüber.

Die Gründe, die gegen die Beibehaltung der bisherigen Regelung sprechen, sind verfassungsrechtlicher Natur. Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass die Beschränkung des Einsatzes eine reine Polizeivorschrift ist, die ihrer Natur nach nicht in die Verfassung gehört, sondern in die Verordnung des Bundesrates über die dem Spielbetrieb im Interesse des öffentlichen Wohls aufzuerlegenden Beschränkungen. Für die Beibehaltung der heutigen Regelung spricht, dass sie seit bald 30 Jahren in Kraft ist und, obwohl seit bald ebensolanger Zeit Bestrebungen auf ihre Revision im Gange waren, unter praktischen
Gesichtspunkten bis heute nicht zu Unzukömmlichkeiten geführt hat.

Trotzdem möchten wir nicht bei dieser Lösung bleiben, sondern die verfassungs- und staatsrechtlich richtige Regelung vorschlagen, die den Höchsteinsatz aus der Verfassung eliminiert und dessen Festsetzung dem Bundesrate überträgt. Dabei halten wir darauf, zu erklären, dass es bei der Erhöhung des Spieleinsatzes auf 5 Franken sein Bewenden haben muss. Der Bundesrat will damit eindeutig und klar zum Ausdruck bringen, dass er gewillt ist, den Grad der relativen Harmlosigkeit des Boulespielbetriebes, wie er in der Abstimmung von 1928 vom Volke gebilligt wurde und der durch eine Erhöhung auf 5 Franken nicht beeinträchtigt wird, auch in Zukunft beizubehalten.

596 Gestützt auf diese Ausführungen schlagen wir vor, Artikel 35, Absatz 8, der Bundesverfassung, der bisher lautete : «Über die vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen wird der Bundesrat eine Verordnung erlassen. Der Einsatz darf 2 Franken nicht übersteigen» durch folgenden Text zu ersetzen : «Über die vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen erlässt der Bundesrat eine Verordnung, worin er insbesondere den Höchsteinsatz festsetzt.» Wir beantragen Ihnen, dem beiliegenden Beschlussesentwurf zuzustimmen und ihn Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 10. März 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Holenstein Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Änderung der Bundesverfassung (Spielbanken)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung der Artikel 85, Ziffer 14,118 und 121, Absatz l, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. März 1958, beschliesst : I.

Artikel 35, Absatz 3, der Bundesverfassung wird durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. 35, Abs. 3 Über die vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen erlässt der Bundesrat eine Verordnung, worin er insbesondere den Höchsteinsatz festsetzt.

II.

Dieser Beschluss wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

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l Bundesblatt. 110. Jahrg. Bd. L

'

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung der Bundesverfassung (Verbot der Spielbanken) (Vom 10. März 1958)

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Bundesblatt

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Jahr

1958

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

7593

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.03.1958

Date Data Seite

581-597

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