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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Bundesbeschluss vom 13. März 1956 über die Erstellung eines eidgenössischen Verwaltungsgebäudes an der Eschmannstrasse in Bern (Vom 16. Juni 1958)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Mit Beschluss vom 13.März 1956 bewilligte die Bundesversammlung einen Objektkredit von 5,3 MiDionen Franken für die Erstellung eines Verwaltungsgebäudes an der Eschmannstrasse in Bern. Der geplante Neubau sollte einerseits technische Ergänzungsbauten des Eidgenössischen Amtes für Mass und Gewicht enthalten, namentlich einen Wiegeraum mit Spezialfundamenten und einen grossen Baum für einen Bundlauf (Schleuder zur Prüfung des Verhaltens von Apparaturen gegenüber Beschleunigung), und andererseits die Aufnahme des Eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum ermöglichen.

Das diesem Beschluss zugrunde liegende Projekt musste in der Folge auf Grund von privatrechtlichen Einsprachen der Anstösser in verschiedenen Punkten abgeändert werden. So erwies sich u.a. die Zurücknahme der Fassaden als notwendig, was eine wesentliche Verminderung des Gebäudevolumens und damit eine Verminderung des verfügbaren Büroraumes zur Folge hatte. Die anschliessende Detailprojektierung sowie das eingehende Studium der mutmasslichen Entwicklung der beiden Ämter durch die Zentralstelle für Organisationsfragen der Bundes Verwaltung, durch einen vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement beauftragten Experten und durch die beiden Ämter selbst liessen erkennen, dass die Vereinigung der beiden punkto Einrichtungen, spezifische Platzbeanspruchung und innere räumliche Zusammenhänge so verschiedenartigen Ämter angesichts der knappen Platzverhältnisse schon in absehbarer Zeit zu unbefriedigenden, den Interessen der Verwaltung nicht dienenden Verhältnissen führen könnte.

Der Experte Prof. Dr. Vieweg, der an der Planung der dem Eidgenössischen Amt für Mass und Gewicht in Westdeutschland entsprechenden physikalisch-

1122 technischen Bundesanstalt Braunschweig massgeblich beteiligt war, äusserte sich in seinem Gutachten hierzu wie folgt : «Von dem Plan, das Gelände jetzt voll zu bebauen und als Hauptnutzniesser der Erweiterungen das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum (AGE) vorzusehen, rate ich dringend ab. Das AGE ist gewiss auch eine Behörde, die mit ständiger Erweiterung ihrer Aufgaben rechnen muss. Es wäre geradezu tragisch, wenn zwei für den Fortschritt der Technik und Wirtschaft des Landes so massgebliche Institutionen dazu verurteilt würden, sich in gegenseitiger Umklammerung und Durchdringung zu hemmen. Am meisten leidtragend wäre aber das AMG, das mit seinen kostbaren, an besondere Umweltbedingungen geknüpften Einrichtungen naturgemäss die geringere Beweglichkeit besitzt. Eine vollständige Blockierung von unabweisbaren neuen Entwicklungen oder Erweiterungen kann sich schon in wenigen Jahren für beide Amter ergeben. »

Mit einer Erweiterung des Eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum wäre zu rechnen, wenn die durch das am 1. Januar 1956 in Kraft getretene neue Patentgesetz in seinem vierten Titel vorgesehene, auf zwei kleinere Teilgebiete der Technik eingeschränkte amtliche Vorprüfung auf weitere Gebiete der Technik ausgedehnt würde.

Unter diesen Umständen erachtete es -der Bundesrat für seine Pflicht, nach einer glücklicheren und auf weite Sicht besser dienenden Lösung zu suchen, die nur darin bestehen konnte, dass eines der beiden Ämter auf sein Projekt an der Eschmannstrasse verzichten musste. Eine objektive Prüfung der Frage, welches von den beiden Ämtern aus rein technischen Erwägungen heraus weichen musste, zeigte, dass für das Amt für Mass und Gewicht als Laboratoriumsbetrieb mit relativ wenig Personal pro Flächeneinheit und vielen empfindlichen Apparaturen nach dem Vorbild anderer Staaten besser am Eand der Stadt gebaut wird, und zwar in aufgelockerter Weise, während für das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum als Bürobetrieb eine mehrstöckige, kompakte Bauweise nach Art des heutigen Projektes Eschmannstrasse eher das Gegebene ist.

Dieser Standpunkt wurde vom Eidgenössischen Amt für Mass und Gewicht geteilt, und auch der deutsche Experte Prof. Dr.Vieweg bezeichnete es in seinem Gutachten «als für die Berner Verhältnisse günstig, wenn man am Bande der Stadt ein Gelände finden könnte, das mit Sicherheit langfristigen Wachstumsansprüchen des Amtes für Mass und Gewicht genügen könnte».

Der Bundesrat beschloss daher am 11. Juni 1957, auf den Ausbau des Amtes für Mass und Gewicht an der Eschmannstrasse gemäss dem dem Bundesbeschluss vom 18. März 1956 zugrunde hegenden Projekt zu verzichten, mit dem Auftrag an das Finanz- und Zolldepartement sowie das Departement des Innern, so bald als möglich Antrag für die Verlegung dieses Amtes zu stellen. Das Departement des Innern wurde ferner eingeladen, die Planung der Bauten an der Eschmannstrasse durch die Baudirektion fortsetzen zu lassen, unter der Annahme, dass das Amt für Mass und Gewicht in absehbarer Zeit gänzlich verlegt werde und die projektierten Neubauten sowie der Altbau in erster Linie den Bedürfnissen des Amtes für geistiges Eigentum zu dienen haben.

Bei der Planung unter der neuen Annahme zeigte es sich, dass eine Einschränkung des Bauvolumens nicht in Betracht kommen konnte. Das Amt für

1123 geistiges Eigentum machte geltend, dass es sein ursprüngliches Bauprogramm im Bestreben, möglichst bald eine Unterkunft zu erhalten, die es ihm ermögliche, die ihm durch das Bundesgesetz vom '25. Juni 1954 übertragene neue Aufgabe (amtliche Vorprüfung) auszuführen, auf das allernotwendigste ausgerichtet habe. Mit der Verlegung des Amtes für Mass und Gewicht eröffne sich ihm nun die Möglichkeit, auf dem Baugrund an der Eschmannstrasse eine Unterkunft zu erhalten, die seinen Bedürfnissen besser Eechnung trage und auch gewisse Eeserven für Zukunftsentwicklungen biete. Den wohlbegründeten Argumenten des Amtes für geistiges Eigentum hat sich die Direktion der Eidgenössischen Bauten nicht verschlossen und die Planung entsprechend fortgesetzt. Dabei erwies es sich als notwendig, ein drittes Untergeschoss vorzusehen, um dem grossen, rasch anwachsenden Archivraumbedürfnis des Amtes für geistiges Eigentum auf längere Zeit genügen zu können. Trotz des zusätzlichen dritten Untergeschosses weist das in Ausführung begriffene gegenüber dem der Botschaft zugrunde liegenden Projekt keine Vergrösserung des Bauvolumens auf. Bei dem Entschluss, das Bauprojekt um ein drittes Untergeschoss zu erweitern, spielte ganz unabhängig von den Bedürfnissen des Amtes für geistiges Eigentum auch die Überlegung mit, dass bei den heutigen Bodenpreisen eine maximale Ausnützung des Baugrundes erforderlich sei.

In den Ausführungen der Botschaft über die Baukosten waren für 240 000 Pranken spezielle Installationen und Ausrüstungen des Amtes für Mass und Gewicht erwähnt. Um diesen Betrag, so sollte man meinen, sollte der Objektkredit auf alle Fälle herabgesetzt werden können. Tatsächlich trug man sich auch mit dem Gedanken, eine Eeduktion zu beantragen. In der Folge zeigte es sich aber, dass das wegen der inzwischen eingetretenen Teuerung nicht möglich ist.

Seit der Ausarbeitung des Kostenvoranschlages im Januar 1956 ist eine Teuerung der Baukosten um rund 5 Prozent eingetreten (Index Januar 1956 = 202,6; April 1958 = 213,2) ; es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kosten bis zur Fertigstellung des Baues noch weiter ansteigen werden. Eine Reduktion des Objektkredites um den Betrag, der für die speziellen Installationen des Amtes für Mass und Gewicht vorgesehen war, wäre aber sinnlos, wenn auf der anderen Seite ein ungefähr gleich
grosser Zusatzkredit für die durch die Teuerung bedingten Mehrkosten notwendig wäre. Der Bundesrat ist daher der Ansicht, dass der Objektkredit auf der Höhe von 5 300 000 Franken belassen werden sollte, auch wenn die in der Botschaft vom 13. Januar 1956 vorgesehenen Spezialinstallationen für das Amt für Mass und Gewicht nicht ausgeführt werden.

Nach Artikel 11 der Bauordnung der Stadt Bern verliert eine erteilte Bewilligung ihre Gültigkeit, wenn die Bauarbeiten nicht innert Jahresfrist nach der Erteilung der Baubewilligung begonnen werden. Diese Frist lief für den Neubau an der Eschmannstrasse anfangs Dezember 1957 ab. Eine Wiederholung des Bewilligungsverfahrens konnte angesichts der Dringlichkeit des Neubaues und der Möglichkeit neuer Baueinsprachen nicht verantwortet werden. Mit den Bauarbeiten wurde infolgedessen noch vor Ablauf der Frist begonnen.

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Der Bundesbeschluss vom 13.März 1956 steht dem Vorgehen, das sich seither als notwendig erwiesen hat, in keiner Weise entgegen, weil er - der Übung entsprechend - keine Bestimmung darüber enthält, mit was für Ämtern der Bau zu belegen ist. Da diese Belegung aber stark von dem abweichen wird, was in der Botschaft vom 13. Januar 1956 ausgeführt wurde, wollten wir nicht unterlassen, die eidgenössischen Bäte zu orientieren. Dies geschieht mit dem vorliegenden Bericht, von dem wir Sie bitten, zustimmend Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 16. Juni 1958.

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Holenstcin Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Bundesbeschluss vom 13. März 1956 über die Erstellung eines eidgenössischen Verwaltungsgebäudes an der Eschmannstrasse in Bern (Vom 16. Juni 1958)

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19.06.1958

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