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Bundesblatt 110. Jahrgang

Bern, den 25. September 1958

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, 16 franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährung eines jährlichen Beitrages an die Stiftung «Schweizerische Volksbibliothek» (Vom 16. September 1958) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Erhöhung des jährlichen Bundesbeitrages an die Stiftung «Schweizerische Volksbibliothek» zu unterbreiten und dazu folgendes auszuführen: I.

Auf Grund des Bundesbeschlusses vom I.April 1949 betreffend die Unterstützung der Stiftung Schweizerische Volksbibliothek (BB1 1949, I, 655) ist dieser Institution an ihre Betriebskosten ein Bundesbeitrag von höchstens 120 000 Franken im Jahr auszurichten, «unter der Voraussetzung, dass mindestens ein gleich hoher jährlicher Betrag von der Stiftung aus andern Quellen aufgebracht wird».

Am I.August 1957 hat die Stiftung durch Eingabe an das Eidgenössische Departement des Innern um Erhöhung der Bundessubvention von 120 000 Franken auf 180 000 Franken nachgesucht. Das Gesuch wird folgendermassen begründet : 1. Dem Erlass des Bundesbeschlusses vom I.April 1949 - wie schon demjenigen des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1921, der eine jährliche Beitragsleistung im Höchstbetrage von 60 000 Franken statuiert hatte - lag der Gedanke zugrunde, dass es als angemessen erscheine, wenn der Bund etwa die Hälfte, aber nicht mehr, an die Aufwendungen der Schweizerischen Volksbibliothek beiBundesblatt. 110. Jahrg. Bd. II.

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trage. Seit 1949 hat sich aber einerseits der Geldwert, anderseits das Mass der Aufgaben der Schweizerischen Volksbibliothek erheblich geändert. Wir zitieren aus der Eingabe der Stiftung vom I.August 1957: «Vermehrte Arbeitsleistung, erhöhte Preise und verminderte Kaufkraft dos Geldes haben Zahlenverschiebungen zur Folge gehabt, die schon im laufenden Jahre einen Geldbedarf von rund 400 000 Pranken erheischen. Diese Summe ist aber unerschwinglich, wenn der Bundesbeitrag mit solchen Veränderungen nicht Schritt hält. Die Besoldungen und Löhne des Personals unserer Hauptund Kreisstelle Bern und der andern sechs Kreisstellen (Bellinzona, Chur, Freiburg, Lausanne, Luzern und Zürich) mussten in den vergangenen Jahren, wie auch im gegenwärtigen Jahre den veränderten Lebensbedingungen angepasst werden. Die Mieten und alle Preise für Bücher, Bucheinbände, Papier und jegliches Material und Mobiliar sind andauernd gestiegen. Auch ist die Aufnahme des Personals in die eidgenössische Versicherungskasse von finanziellen Auswirkungen begleitet, denen unsere Stiftung nur mit Hilfe vermehrter Einnahmen gerecht werden kann. Deshalb scheint eine Erhöhung des Bundesbeitrages doppelt gerechtfertigt.» 2. Auch heute ist es weiten Landesteilen kaum möglich, für einen zweckentsprechenden Ausbau ihrer Volksbibliotheken genügend finanzielle Mittel aus eigener Kraft aufzubringen. Es bleiben auf dem Boden des kantonalen und kommunalen Bibliothekwesens nach wie vor wesentliche Lücken, bestehen, die auszufüllen der gesamtschweizerischen Institution zufällt.

3. Eine Festigung des Werkes der Schweizerischen Volksbibliothek wird im Hinblick auf die bekannte Flut minderwertiger und zum Teil verderblicher Publikationen vorwiegend ausländischer Provenienz als ganz unerlässlich bezeichnet.

n.

Eine 1911 durchgeführte Statistik ergab, dass das durch'allgemein zugängliche Bibliotheken dem Schweizervolk dargebotene Geistesgut in den verschiedenen Landesgegenden recht ungleich verteilt sei. Diese Erkenntnis veranlasste die Vereinigung · Schweizerischer Bibliothekare im Jahre 1919, zur Ausfüllung der bestehenden Lücken die Errichtung einer Schweizerischen Volksbibliothek anzuregen. Dieser Gedanke gewann am 6. Mai 1920 in Form einer das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft umfassenden Stiftung juristische Gestalt; praktisch war er schon verwirklicht in der während des ersten Weltkrieges vom Armeestab geschaffenen Soldatenbibliothek, deren durch Schenkung und Kauf erworbene Bände den zum Grenzschutz aufgebotenen Truppen in gesunden und kranken Tagen die Freizeit verkürzten. Die Bücher und Kisten dieser ersten Wanderbibliothek der Schweiz, die seit 1919 auf Wunsch auch zivile Lesestationen bediente, übergab die Armee zu Beginn des Jahres 1921, vom Bundesrat dazu ermächtigt, dem neuen Unternehmen, dessen bibliothekarische Leitung dem bisherigen Chef der Soldatenbibliothek anvertraut wurde. Den Bestimmungen des Zivilgesetzbuches gemäss übernahm der Bundesrat die Aufsicht über die

.755 junge Stiftung, deren Oberleitung einem aus Vertrauensleuten aller Landesteile und Volkskreise zusammengesetzten Stiftungsrat und dem von diesem bestellten Vorstand zufiel.'

Die Übergabe der Soldatenbibliothek war an die Bedingung geknüpft, dass die Pflicht, die Armee in Kriegs- und Friedenszeiten zu bedienen, künftig von der Schweizerischen Volksbibliothek erfüllt werde. Diese wichtige Aufgabe verpflichtete sie während des zweiten Weltkrieges für die im Aktivdienst stehenden Truppen zu Höchstleistungen, die nur dank grosszügiger Unterstützung durch die Schweizerische Nationalspende für unsere Soldaten und ihre Familien bewältigt werden konnten. Hauptaufgabe war jedoch die Bedienung der Zivilbevölkerung zu Stadt und Land überall da, wo die bestehenden Bibliotheken nicht ausreichten. Im Hinblick auf den anfänglich auf etwa 120 000 Franken berechneten Geldbedarf wurde die Stiftung auf Grund einer Botschaft des Bundesrates vom 13. Dezember 1920 durch Bundesbeschluss vom 28. Juni 1921 der Zuwendung eines regelmässigen Bundesbeitrages von 60 000 Franken für wert erachtet. Und die Kantonsregierungen entschlossen sich Schritt für Schritt, dem Werk ihre moralische und finanzielle Unterstützung zu ·gewähren.

In den 38 Jahren ihrer Existenz hat die Schweizerische Volksbibliothek eine beträchtliche Entwicklung erfahren. Die äussere Entfaltung zeigt sich in folgenden Zahlen betreffend die den Lesestationen der Stiftung zur Verfügung gestellten Büchereien mit der entsprechenden Anzahl Bänden: Jahr

1921 1927 1938 1951 1956 1957

Lesestationen

'.

122 811 1100 1502 2000 2000

Büchereien

Bände

220 1407 2229 3774 5647 5784

18189 66493 90284 123751 177692 182413

Hatten die Gesamteinkünfte der Stiftung im Jahre 1921 bei 6011 Franken Betriebseinnahmen, 16 900 Franken Kantonsbeiträgen, 60 000 Franken Bundesbeitrag (bedingungslos für 1921) und 17 587 Franken übrigen Beiträgen die Summe von 100 498 Franken erreicht, so weist die Gestaltung der Einnahmen im Jahre 1957 nachstehendes Bild auf: Franken

Betriebseinnahmen Kantonsbeiträge Bundesbeitrag Übrige Beiträge Gesamteinkünfte 1957

85 457 95 870 120000 57 943 359 270

Die Betriebsrechnung 1957 der Schweizerischen. Volksbibliothek schliesst bei Gesamteinnahmen von 359 269,90 Franken und Gesamteinnahmen von 388 432,43 Franken mit einem Defizit von 29 162,53 Franken ab. Dieser Fehl-

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betrag wirkte sich in einem entsprechenden Eückgang des aus Betriebsfonds, Katalogfonds und Eeservefonds bestehenden Barvermögens der Stiftung auf 63 081,32 Pranken aus.

Das Budget für 1958 errechnet bei Gesamteinnahmen von 375 000 Franken und Gesamtausgaben von 451000 Franken einen Fehlbetrag von 76 000 Franken.

Die Kantonsbeiträge sind mit, insgesamt 102 400 Franken, der Bundesbeitrag noch mit 120 000 Franken, die übrigen Beiträge (zum Teil unsicher bzw. ausserordentlich) mit. 66 600 Franken, die Betriebseinnahmen und Zinsen mit 86 000 Franken eingesetzt.

Aus vorstehenden Zahlen ergibt sich die doppelte Tatsache, dass der Bundesbeitrag von 120 000 Franken heute erheblich unter der Summe der von der Stiftung aus andern Quellen aufgebrachten Mitteln liegt und dass der Haushalt der Stiftung infolge der ständigen Zunahme der Aufgaben aus dem Gleichgewicht geraten ist.

III.

Nachdem die Stiftung im Sommer vorigen Jahres ihr Gesuch um Erhöhung der Bundessubvention eingereicht hatte, wurde von den Vertretern der Vereinigung schweizerischer Bibliothekare im Stiftungsrat eine gewisse Eeorganisation des Instituts als wünschenswert bezeichnet. Es handelt sich dabei einerseits um die Notwendigkeit, den Wortlaut des Stiftungsstatuts vom 9. Juli 1920 und die heutige Praxis der Stiftung, soweit sie eine andere Eichtung eingeschlagen hat, miteinander in Einklang zu bringen, anderseits um die aus der Entwicklung des Bibliothekwesens in den vergangenen Jahrzehnten und aus den spezifischen Bedürfnissen der Gegenwart sich ergebenden Fragen. Im Zusammenhang damit sind von der gleichen Seite auch gewisse Bemerkungen zur Bücheranschaffungs'praxis angebracht worden.

Diese Fragen haben bereits Gegenstand eines Meinungsaustausches unter den Leitern der Kreisstellen sowie einer ersten Aussprache im Schosse des Stiftungsvorstandes gebildet. Der für die Beschlussfassung zuständige Stiftungsrat (Art. 13 des Stiftungsstatuts) hat an seiner Sitzung vom 20. März 1958 in Bern beschlossen, die Sache, die laut Sitzungsprotokoll «eine sorgfältig erwogene Vorbereitung und ausführliche Beratung erfordert», späteren Verhandlungen vorzubehalten. Gegenüber dem Eidgenössischen Departement des Innern wurde anlässlich einer konferenziellen Besprechung vom 17. April 1958 die Erklärung abgegeben, dass die einschlägigen Fragen vom Stiftungsvorstand zuhanden des Stiftungsrates eingehend geprüft werden sollen.

rv.

Der dem Eidgenössischen Departement des Innern vom Stiftungsrat der Schweizerischen Volksbibliothek gleichzeitig mit dem Gesuch vom l. August 1957 unterbreitete Jahresbericht 1957 der Stiftung schliesst mit dem freimütigen Be-

757 kenntnis, dass das Gedeihen des Instituts auch künftig nicht zuerst von äusserer Sicherheit, vom Umfang seiner Geldmittel, vom Zuwachs seines Bücherbestandes und von der Zahl seiner Leser abhängen wird, sondern «vor allem von der inneren geistigen Kraft ihrer Diener, Gönner und Benutzer». Diese Grundvoraussetzung kann jedoch die Notwendigkeit, über ein der Bedeutung und Weite der Aufgabe entsprechendes Minimum finanzieller Mittel zu verfügen, nicht aufheben.

Dass die finanziellen Voraussetzungen für eine Erhöhung des jährlichen Bundesbeitrages auf höchstens 180 000 Franken gegeben sind, dürfte aus den Darlegungen in den Abschnitten I und II hiervor mit hinlänglicher Deutlichkeit hervorgehen. Um der für die nächsten Jahre zu erwartenden weiteren Entfaltung des Werkes aber schon heute wenigstens in bescheidenem Masse Eechnung zu tragen, halten wir es für zweckmässig, das neue Beitragsmaximum auf 200 000 Franken festzusetzen, wobei es im Interesse eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen der jährlichen Leistung des Bundes einerseits und der Kantone und Gemeinden anderseits als angezeigt erscheint, auf dieses Verhältnis vom Jahre 1961 hinweg, vorbehaltlich des für den Bundesbeitrag vorgesehenen neuen Maximums^ den Grundsatz der Parität anzuwenden. Praktisch bedeutet eine solche Klausel, wie wir sie in Artikel l, Absatz 2, des Entwurfs zu einem neuen Bundesbeschluss aufgenommen haben, die Notwendigkeit für die' Stiftungsorgane, sich in den kommenden zwei Jahren mit Nachdruck um eine Erhöhung der zurzeit insgesamt rund 120 000 Franken betragenden Kantons- und Gemeindebeiträge um ungefähr 80 000 Franken zu bemühen, falls die Stiftung Aussicht darauf haben soll, über das Jahr 1960 hinaus im Genüsse eines Bundesbeitrages von 200 000 Franken zu bleiben.

Abschliessend darf darauf hingewiesen werden, dass die Förderung des Volksbibliothekwesens enge Zusammenhänge mit der heute in der Öffentlichkeit vieldiskutierten Erwachsenenbildung sowie mit, der dem Problem der Arbeitszeitverkürzung innewohnenden Frage der Freizeitgestaltung aufweist.

Gestützt auf vorstehende Ausführungen beantragen wir Ihnen die Annahme des angeschlossenen Entwurfs zu einem Bundesbeschluss.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den Ausdruck unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 16. September 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Holenstein Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Gewährung eines jährlichen Beitrages an die Stiftung «Schweizerische Volksbibliothek»

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 16. September 1958, . beschliesst:

Art. l 1

Der Stiftung «Schweizerische Volksbibliothek» wird ein jährlicher Bundesbeitrag bis zum Höchstbetrage von 200 000 Franken ausgerichtet.

2 Massgebend für die Berechnung der Beitragshöhe im Eahmen des in Absatz l festgesetzten Maximums ist bis zum Jahre 1960 die Höhe der von der Stiftung jährlich aus allen andern Quellen aufgebrachten Mittel, vom Jahre 1961 hinweg die Summe der jährlichen Beiträge der Kantone und Gemeinden.

Art. 2 Dieser Beschluss ersetzt den Bundesbeschluss vom I.April 1949 betreffend die Unterstützung der Stiftung «Schweizerische Volksbibliothek».

2 Er tritt, als nicht allgemein verbindlich, sofort in Kraft.

3 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährung eines jährlichen Beitrages an die Stiftung «Schweizerische Volksbibliothek» (Vom 16. September 1958)

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1958

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38

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7679

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25.09.1958

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753-758

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