565 #ST#

N o

3 4

Bundesblatt 110. Jahrgang

Bern, den 28. August 1958

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzelle oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

# S T #

7585

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung zweier vom Rate der OECE unterzeichneter Übereinkommen über die Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke (Vom 15. Juli 1958)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Am 20. Dezember 1957 hat der Eat der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit verschiedene Vertragstexte betreffend die Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke genehmigt. Es handelt sich um 1. die Satzung der Europäischen Kernenergie-Agentur (nicht zu verwechseln mit der Internationalen Atomenergie-Agentur (AIEA) in Wien, die unter dem Patronat der Vereinigten Nationen gegründet wurde) ; 2. das Übereinkommen zur Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie und das ihren Anhang bildende Protokoll; 3. das Übereinkommen über die Gründung der Europäischen Gesellschaft für die Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe (EUEOCHEMIC) ; 4. die Satzung der Europäischen Gesellschaft für die chemische Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe (EUEOCHEMIC).

Wir beehren uns, Ihnen die beiden unter Ziffer 2 und 3 erwähnten Abkommen zur Genehmigung zu unterbreiten.

I. Einleitung Europa geht bekanntlich einem zunehmenden Energiemangel entgegen; angesichts des wachsenden Verbrauches, der in den modernen Staaten zu verBundesblatt. 110. Jahrg. Bd. II.

40

566 zeichnen ist, steht zu befürchten, dass Europa bald die obern Grenzen seiner einheimischen, klassischen Energieproduktion erreicht und dass deshalb mehr und mehr zu kostspieligen Einfuhren Zuflucht genommen werden muss. Von der Energie hängt aber der wirtschaftliche und soziale Fortschritt, ja sogar die Aufrechterhaltung des Lebensstandards einer industriell entwickelten Wirtschaft ab.

Es liegt somit auf der Hand, dass die Verwendungsmöglichkeiten der Atomenergie im zivilen Bereich von äusserster Wichtigkeit für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft sind ; tatsächlich ist zu erwarten, dass die aus dem Atom gewonnenen Kräfte die traditionellen Energiequellen ergänzen werden.

Immerhin erfordert die friedliche Verwendung der Atomenergie langfristige Vorbereitungsarbeiten; es ist unerlässlich, zunächst die wissenschaftliche Forschung zu entwickeln, Techniker auszubilden, den Gelehrten und Fachleuten Laboratorien und Versuchsreaktoren zur Verfügung zu stellen. Erst die auf dem Gebiete der Wissenschaft und der Technik erworbene Erfahrung wird es erlauben, diejenigen Leistungsreaktoren auszuwählen, zu bauen und zu betreiben, die gleichzeitig am wirksamsten und am wirtschaftlichsten sind.

Die Durchführung der Forschungsprogramme ist. äusserst kostspielig; sie erfordert eine grosse Zahl erfahrener Leute und grosse finanzielle Mittel. Nur wenige Länder können hoffen, dass es ihnen - zum mindesten in einer nahen Zukunft - möglich sein wird, ganz aus eigener Kraft vollständige Programme auf dem Gebiete der Atomenergie zu verwirklichen. Deshalb müssen gewisse gemeinsame Projekte ausgearbeitet werden, die sich auf die finanziellen und personellen Hilfsquellen verschiedener Staaten stützen und die Eisiken auf diese verteilen. In diesem Zusammenhang sind folgende Tatsachen von Interesse : bis und mit dem Jahre 1957 haben die Vereinigten Staaten von Nordamerika für die Erforschung und die Entwicklung der Atomenergie 22,3 Milliarden Dollar ausgegeben, wogegen sich die entsprechenden Aufwendungen in Westeuropa auf 2,6 Milliarden Dollar beliefen; davon entfielen 1,8 Milliarden auf England und 700 Millionen auf Frankreich. Während in den Vereinigten Staaten 68 Beaktoren verschiedener Typen im Betrieb stehen, 49 im Bau und mehr als 83 geplant sind, laufen in Westeuropa gegenwärtig 25 Beaktoren, 10 weitere
sind im Bau, und für ungefähr 40 Eeaktoren wurden Pläne ausgearbeitet. Die meisten dieser fertiggestellten oder geplanten Beaktoren sind in Grossbritannien und in Frankreich zu finden. Andrerseits unternehmen die Sowjetunion und die europäischen Staaten gewaltige Anstrengungen, um die Kernforschung und die Kerntechnik zu entwickeln.

Neben den wissenschaftlichen und technischen Problemen der Konstruktion und des Betriebes der Beaktoren gibt es noch andere, zu deren Lösung es, ebenfalls einer internationalen Zusammenarbeit und, in gewissem Umfange, einer Übereinstimmung der einschlägigen Gesetze und Verordnungen bedarf.

Es sind dies vor allem die Probleme des Gesundheitsschutzes, insbesondere unter Berücksichtigung internationaler Transporte radioaktiver Stoffe, die Haftpflicht und Versicherung sowie der freie Handelsverkehr mit Kernstoffen und Ausrüstungen.

567 Damit der Eückstand gegenüber den bedeutendsten Atommächten nicht ein beunruhigendes Ausmass annehme, war es notwendig, gewisse von den europäischen Ländern unternommene Anstrengungen zu vereinigen oder zu koordinieren und unter ihnen binnen kürzester Frist Instrumente der Zusammenarbeit zu schaffen. Die OECE bot den günstigsten Boden für ein solches gemeinsames Vorgehen von Staaten, die ungefähr dieselbe Stufe der wirtschaftlichen Entwicklung erreicht haben.

II. Chronologische Darstellung der Bestrebungen der OECE auf dem Gebiete der Atomenergie · Im Jahre 1953 ersuchte der Hat der OECE den damaligen Generaldirektor der SNCF und heutigen Präsidenten der EUEATOM, Herrn Louis Armand, einen Bericht über die Probleme auszuarbeiten, vor die Europa infolge seiner Energieknappheit gestellt ist.

Am 10. Juni 1955 beschloss der Eat auf Empfehlung von Herrn Armand, eine Umfrage durchzuführen, um zu ermitteln, inwiefern und in welcher Form ein gemeinsames Vorgehen unter den Mitgliedstaaten der OECE im Hinblick auf die Verwendung der Atomenergie für friedliche Zwecke nützlich und möglich wäre.

Auf Grund dieser Studien beschloss der Eat am 18. Juli 1956^ eine Gemeinschaftsaktion auf dem Gebiete der Verwendung der Kernenergie einzuleiten und empfahl die Schaffung europäischer Anlagen zur Förderung der Forschung und der industriellen Nutzung. Gleichzeitig gründete er einen Direktionsausschuss für Kernenergie und beauftragte ihn, ihm Vorschläge bezüglich der Verwirklichung dieser Absichten zu unterbreiten.

Der Direktionsausschuss stellte seinen Schlussbericht Ende 1957 fertig.

Dieser Bericht sowie die grundlegenden Studien, die auf Veranlassung der OECE an die Hand genommen worden waren, konnten dank der unermüdlichen Mitarbeit tüchtigster Sachverständigen erfolgreich zu Ende geführt werden; ein grosser Teil dieser Spezialisten war der OECE durch die Privatwirtschaft zur Verfügung gestellt worden. Die Arbeiten waren innerhalb von Arbeitsgruppen und Studiensyndikaten organisiert worden, in denen die Schweiz vertreten war.

Sie beanspruchten viel Zeit, da der Gegenstand der Untersuchung oft völlig neu und oft sehr komplex war. Dazu kam, dass die sechs Mitgliedstaaten der EUEATOM ebenfalls der OECE angehören, was verschiedene Schwierigkeiten mit sich brachte. Es galt, darüber zu wachen, dass zwischen den beiden Organisationen keine Doppelspurigkeiten entstanden, und es galt, eine solide Grundlage für ihre enge Zusammenarbeit zu gewinnen. Schliesslich mussten auch die nationalen Interessen eines jeden der beteiligten Staaten berücksichtigt werden.

Von dem Augenblick an, als der Bericht des Direktionsausschusses vorlag, durfte die OECE hoffen, vom Stadium der Studien in dasjenige der Verwirklichung einzutreten. Der Direktionsausschuss beantragte die Schaffung einer

568

neuen europäischen Agentur und eines Bureaus für die Sicherheitskontrolle.

Ferner wurde die Errichtung der ersten Gemeinschaftsanlage vorgeschlagen.

Gestützt auf die Anträge des Direktionskomitees fasste der Bat am 17. Dezember 1957 folgende Beschlüsse : a. Gründung der Europäischen Agentur für Kernenergie; b. Annahme des Übereinkommens zur Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiete der Kernenergie; o. Annahme des Übereinkommens über die Gründung einer Europäischen Gesellschaft zur chemischen Aufbereitung bestrahlter Kernbrennstoffe (EUBOCHEMIC).

Mit Beschluss vom 18.Dezember 1957 hatte der Bundesrat die schweizerische Delegation bei der OECE ermächtigt, den Beschluss des Bates auf Errichtung der Europäischen Agentur für Kernenergie anzunehmen sowie die Übereinkommen betreffend die Schaffung einer Sicherheitskontrolle und die Gründung der Gesellschaft EUBOCHEMIC zu unterzeichnen. Die Vertreter des Bundesrates waren überdies ermächtigt, der Satzung der EUBOCHEMIC zuzustimmen und sie zu unterzeichnen. Die Unterzeichnung der beiden Übereinkommen erfolgte am 20. Dezember 1957 unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Eidgenössischen Bäte. Die Gutheissung der Satzung der europäischen Atomagentur dagegen erfolgte definitiv, da ein solcher Beschluss gemäss den ihm durch das Abkommen über die europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit von 1948 übertragenen Befugnissen in die Kompetenz des Bates der OECE fällt.

Es ist deshalb nicht erforderlich, diesen Beschluss, dem nicht die Bedeutung eines Staatsvertrages zukommt, durch die Parlamente der Mitgliedstaaten genehmigen zu lassen. Desgleichen erübrigt sich die .parlamentarische Gutheissung der Satzung der EUBOCHEMIC, weil das Bestehen der Satzung von demjenigen des Übereinkommens abhängt, indem sie nur gleichzeitig mit dieser in Kraft treten können. Wie einleitend bemerkt wurde, besteht der Zweck dieser Botschaft somit darin, Ihnen einzig die beiden Übereinkommen zur Genehmigung vorzulegen. Die Satzung der Europäischen Agentur, das Kontroll-Büro, das Übereinkommen betreffend die EUBOCHEMIC und deren Satzung stellen aber unter einander verbundene Teile eines Ganzen dar, weshalb es uns angebracht erscheint, Ihnen nachfolgend einen kurzen 'Überblick über jedes der vom Bat der OECE gutgeheissenen Vertragsinstrumente zu vermitteln.

III. Satzung
der Europäischen Agentur für Kernenergie (Beilage 1) Zunächst galt es, eine möglichst einfache .organisatorische Begelung zu treffen, die der OECE erlauben sollte, ihre Tätigkeit auf dem neuen Gebiete auszuüben. Auf Grund des Abkommens der OECE von 1948 ist der Bat befugt, die nötigen administrativen Massnahmen zu ergreifen, um das Ziel der Organisation zu erreichen. Gestützt darauf schuf er die neue Agentur, die am I.Februar 1958 in Kraft trat. Damit wurde lediglich ein bereits bestehender Sachverhalt recht-

569 lieh untermauert, indem zuvor der Direktionsausschuss für Atomenergie die Punktionen ausübte, die nunmehr den leitenden Organen der neuen Agentur übertragen wurden. In Zukunft wird der Direktionsausschuss eine ähnliche Eolle spielen wie andere Ausschüsse - z.B. der Handelsausschuss-, die früher im Kahmen der OECE geschaffen wurden. Dem Eate unterstellt, besitzt es eine Autonomie, die ihm erlaubt, die ihm zufallenden praktischen Aufgaben zu erfüllen.

Die Ausgaben der Agentur werden durch das ordentliche Budget der OECE gedeckt.

Das leitende Organ der Agentur, der « Direktionsausschuss », wird durch Vertreter aller Mitgliedstaaten der OECE gebildet, die an dem Beschluss über die Errichtung der Agentur beteiligt waren. Jede Eegierung kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr ihren Austritt aus der Agentur erklären.

Die Beschlüsse des Direktionsausschusses sind nur für diejenigen Länder verbindlich, die ihnen zustimmen. Die Agentur übt somit keinerlei überstaatliche Autorität aus.

Die Agentur ist in erster Linie ein Koordinationsorgan. Sie beschränkt sich darauf, Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zu richten. Ihre Aufgaben bestehen darin, die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen der Mitgliedstaaten zu fördern, ihre Forschungs- und Produktionsprogramme zu diskutieren, ihren Bedarf an Spaltstoffen und Atom-Ausrüstungen abzuklären, Ausbildungsmöglichkeiten für Techniker zu entwickeln, die Liberalisierung des Handelsverkehrs mit Spaltstoffen und Atom-Ausrüstungen zu fördern, für die nötige Koordination unter den Gemeinschaftsanlagen zu sorgen und endlich die Harmonisierung der Gesetzgebungen der einzelnen Staaten, namentlich soweit sie den Schutz der Gesundheit, die Verhütung von Unfällen, die Haftpflicht und die Versicherung gegen Eisiken von Kernumwandlungsprozessen betreffen, zu betreiben.

Bei der Erfüllung dieser Aufgaben wird die Agentur die von andern internationalen Organisationen geleistete Arbeit berücksichtigen und mit ihnen zusammenarbeiten. So ist mit Eücksicht auf die von sechs Mitgliedstaaten an die EUEATOM übertragenen Befugnisse vorgesehen, so rasch als möglich eine enge Zusammenarbeit mit diesem zu vereinbaren. Gleichermassen wird die Verbindung mit der Weltagentur in Wien unterhalten.

Endlich betont die Satzung der Agentur die Notwendigkeit einer Sicherheitskontrolle,
die Gewähr dafür bietet, dass die Gemeinschaftsunternehmen sowie die von der Agentur gelieferten Materialien, Ausrüstungen oder Dienstleistungen nicht zu militärischen Zwecken verwendet werden.

IV. Übereinkommen zur Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiete der Kernenergie und Protokoll im Anhang zu diesem Abkommen (Beilage 2) Um die durch die Satzung der Agentur vorgesehene Kontrolle, die gewährleisten soll, dass die Gemeinschaftsaktion der OECE nur friedlichen Zwecken dient, zu organisieren, wurde ein besonderes Übereinkommen ausgearbeitet. Da die Tragweite'der Kontrolle den Eahmen des Abkommens der OECE von 1948

570

sprengt, wurde beschlossen, dass diese nicht durch einen einfachen Beschluss des Eates der OECE, sondern durch ein internationales Abkommen, das der parlamentarischen Gutheissung durch die Mitgliedstaaten bedarf, erfolgen solle.

Wie die Satzung der Europäischen Agentur konnte auch das Übereinkommen über die Kontrollen nur im Verlaufe zahlreicher Sitzungen vorbereitender Aus Schüsse, die mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden hatten, bereinigt werden. Die Notwendigkeit, im Bahmen der OECE eine Kontrolle zu schaffen, rührt in erster Linie von der Tatsache her, dass die Organisation nicht damit hätte rechnen dürfen, von den wichtigsten Produktionsländern mit spaltbaren Stoffen beliefert zu werden, wenn sie nicht die nötige Gewähr hinsichtlich deren ausschliesslich friedlichen Verwendung geboten hätte. Die Errichtung des Sicherheitssystems hätte sich verhältnismässig einfach gestaltet, wenn nicht die Lage der sechs Mitglieder der OECE, die unter einander die EUEATOM mit ihrem autonomen System der Sicherheit gegründet hatten, hätte berücksichtigt werden müssen. Es handelte sich somit darum, die beiden Kontrollsysteme auf einen Nenner zu bringen und das Entstehen von Komplikationen zu vermeiden, zumal das EUEATOM-Übereinkommen bekanntlich die militärische Verwendung der Atomenergie nicht unbedingt ausschliesst. Um der politischen Situation der der EUEATOM nicht angehörenden Staaten Eechnung zu tragen, musste vor allem vermieden werden, sie dem Vorwurf der Mitwirkung an Unternehmen auszusetzen, welche nicht einer Kontrolle ihrer friedlichen Zweckerfüllung unterhegen.

Das Sicherheitsübereinkommen gleicht in den grossen Zügen stark demjenigen der Internationalen Atomenergie-Agentur in Wien, die unter dem Patronat der UNO gegründet wurde. Es ähnelt ferner den einschlägigen Bestimmungen des am 21. Juni 1956 unterzeichneten Abkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Schweiz über die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der friedlichen Verwendung der Atomenergie (BB vom 21. Dezember 1956).

Auf alle Fälle geht es weder über die Bestimmungen der Satzung der Internationalen Agentur, noch über diejenigen des genannten Abkommens hinaus; seme Vorschriften sind im Gegenteil in gewisser Hinsicht weniger streng.

Die Sicherheitskontrolle der Europäischen Agentur wird auf die im Eahmen der OECE
geschaffenen Gemeinschaftsunternehmen wie die EUEOCHEMIC anwendbar sein, ferner auf die von diesen Anlagen gelieferten Produkte und auf die Materialien, Ausrüstungen und Dienstleistungen, welche die Mitgliedstaaten durch die Agentur beziehen. Die Kontrolle erstreckt sich auf das Produkt bei seiner Überführung von einer Anlage in eine andere; dies ist unter dem Ausdruck «Folgerecht» zu verstehen.

In Ausübung ihrer Kontrolle wird die Agentur die Verfahren genehmigen, die bei der chemischen Aufbereitung von bestrahlten Stoffen zur Anwendung gelangen, über die spaltbaren Stoffe Buch führen, Berichte über den Fortschritt der mit Hilfe der Organisation unternommenen Arbeiten einverlangen. Sie wird über zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtete Inspektoren verfügen, die nach Bücksprache mit dem betreffenden Staat die Anlagen besichtigen kön-

571 nen, wobei sie auf dessen Wunsch von staatlichen Vertretern begleitet sein müssen.

Wenn ein Mitgliedstaat die sich aus dem Sicherheits-übereinkommen ergebenden Verpflichtungen nicht einhält, kann die Agentur ihre Hilfe vorübergehend oder dauernd einstellen und die Bückerstattung des Materials und der Ausrüstungen verlangen.

Ein «Kontrollbüro», das dem Direktionsausschuss der Agentur untersteht, wird mit der Durchführung der Kontrollen betraut werden. Es wird sich aus Vertretern aller am Übereinkommen beteiligten Staaten zusammensetzen. Wichtige Beschlüsse hinsichtlich der Kontrollen fallen gemäss Artikel 10 des Übereinkommens nach wie vor in die Kompetenz des Direktionsausschusses. Sie sind einstimmig zu fassen, ausgenommen wenn sie die in Artikel 5 vorgesehenen sichernden Massnahmen bei Vertragsverletzung seitens eines beteiligten Staates betreffen; in einem solchen Falle werden sie mit einem Mehr von zwei Drittem gefasst, aber unter Ausschluss des Vertreters desjenigen Staates, auf dessen Territorium die Vertragsverletzung begangen wurde.

Die Artikel 12, 13, 14 und 15 beschreiben das Eechtsmittelverfahren, das den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsunternehmen offensteht, welche die gegen sie ergangenen Beschlüsse des Direktionsausschusses anfechten wollen.

Zu diesem Zweck wird ein unabhängiges Gericht geschaffen, dessen Organisation in einem dem Übereinkommen angefügten Protokoll festgelegt ist. Das Gericht ist keine ständige Einrichtung ; es tritt nur zur Beurteilung der bei ihm anhängig gemachten Fälle zusammen. Die Mitgliedstaaten können das Gericht im übrigen auch in andern Streitigkeiten anrufen, die ihr gemeinschaftliches Vorgehen auf dem Gebiete der Atomenergie berühren und die dem Gericht entweder auf Grund einer internationalen Vereinbarung oder eines Beschlusses des Eates unterbreitet werden.

Mit Bücksicht auf das Kontrollsystem, das von den an die EUBATOM beteiligten Ländern eingerichtet wurde, bestimmt das Übereinkommen in Artikel 16 zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten, dass zwischen der Organisation und der EUBATOM eine Vereinbarung getroffen wird. Sie soll die Bedingungen festlegen, unter denen die von der OECE vorgesehene Kontrolle im EUBATOM-Gebiet durch das zuständige EUBATOM-Organ ausgeübt wird, das im Auftrag der OECE handeln wird ; für die Unternehmen der OECE,
die auf dem Territorium eines der sechs Mitglieder der EUBATOM errichtet werden, würde nämlich der Grundsatz anerkannt, dass sie der Kontrolle der OECE unterstehen. Ferner kann die Kontrolle der OECE auf bilaterale Abkommen angewendet werden, wenn die daran beteiligten Parteien es wünschen. Die Schweiz mag gelegentlich ein Interesse daran haben, diese in Artikel I (o) des Übereinkommens enthaltene Klausel anzurufen.

Vereinbarungsgemäss wird das Übereinkommen in Kraft treten, sobald es mindestens zehn der Signatarstaaten ratifiziert haben. Jede Begierung kann unter Beobachtung einer Kündigungsfrist von einem Jahr von ihm zurücktreten.

572 V. Übereinkommen über die Gründung einer Europäischen Gesellschaft zur chemischen. Aufbereitung bestrahlter Kernbrennstoffe (EUROCHEMIC) (Beilage 8) Die EUEOCHEMIC stellt das erste durch die OECE errichtete Gemeinschaftsunternehmen dar ; sie ist das erste industrielle Unternehmen dieser Art, das von einer Gruppe europäischer Staaten gemeinsam gebaut und betrieben ·werden soll.

Das Übereinkommen und die Satzung der EUEOCHEMIC wurden von 12 Mitgliedstaaten der OECE unterzeichnet. Neben der Schweiz sind dies: Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Italien, Norwegen, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und die Türkei. Grossbritannien, das bereits eine chemische Trennanlage besitzt, hat sich nicht beteiligt, betrachtet das Unternehmen aber mit Interesse und wird nötigenfalls technische Eatschläge beisteuern.

Die chemische Aufarbeitung der bestrahlten Atombrennstoffe stellt eine .unentbehrliche Phase in der Nutzbarmachung der Atomenergie dar. Bei der Verwendung des Urans in Eeaktoren bilden sich in den Brennstoffelementen Plutonium und andere hochradioaktive Spaltstoffe, welche mit der Zeit so viel Neutronen absorbieren, dass die Kettenreaktion behindert wird. Gleichzeitig verarmen die Spaltstoffelemente an U 235 und erleiden Strahlungsschäden. Deshalb kann nur ein kleiner Bruchteil ihrer Energie ausgenutzt werden. Der Ausnutzungsgrad lässt sich aber erheblich erhöhen, wenn das durch die Spaltprodukte verunreinigte Uran chemisch regeneriert wird, mit dem Erfolg, dass die Elemente wiederholt in den Eeaktoren eingesetzt werden können. Die chemische Aufarbeitung besteht somit darin, das Uran, das Plutonium und die Spaltprodukte zu trennen. Das Nebenprodukt -der Aufarbeitung, das Plutonium, stellt seinerseits einen hochwertigen Spaltstoff dar.

Ausgenommen in Prankreich und in England besteht in Westeuropa noch kerne Anlage für die chemische Aufarbeitung von Spaltstoffen. Man rechnet damit, dass der Anfall aufzuarbeitender Atombrennstoffe von 30 t im Jahre 1960 über 250 t im Jahre 1964 auf 4500 t im Jahre 1970 anwachsen wird.

Die Prüfung der Mengen und der Arten von Atombrennstoffen, die in einer europäischen Gemeinschaftsanlage aufgearbeitet werden könnten, haben die Experten veranlasst, zunächst den Bau einer Kleinanlage mit einer Aufarbeitungskapazität von jährlich
ungefähr 100 t natürlichem oder leicht angereichertem Uran ins Auge zu fassen. Die sehr beschränkte Kapazität des Unternehmens wird ihm vermutlich nicht gestatten, eine rentable wirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten; doch liegt das überwiegende Interesse der.beteiligten Länder einstweilen darin, wissenschaftliche und technische Erfahrungen zu sammeln und Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Von 1960-1961 an.soll die Anlage für die Aufarbeitung von verschiedenen Arten von Kernbrennstoffen, die aus Eeaktoren verschiedener Art stammen, verwendet werden; ferner würde sie als Versuchsanlage im Hinblick auf den - eventuell gemeinschaftlichen - Bau

573 grösserer Einrichtungen dienen, die von 1964-1965 an notwendig sein werden, um den Brennstoff zu regenerieren, der dannzumal in Atomkraftwerken der beteiligten Länder verwendet werden mag.

Gestützt auf die Anträge der Experten wurde beschlossen, die Anlage in Mol in Belgien zu erstellen. Sollte später vereinbart werden, einen Betrieb mit grosser Produktionskapazität zu bauen, so wird man im gegebenen Zeitpunkt seinen Standort unter Berücksichtigung der nun zu gewinnenden Erkenntnisse und Erfahrungen wählen. Mol bietet den Vorteil der Nachbarschaft eines wissenschaftlichen Zentrums, was den Betrieb der Anlage erleichtern wird.

Nach Fühlungnahme mit den beteiligten Kreisen der Wissenschaft und der Privatwirtschaft hat die Schweiz schon anlässlich der ersten durch das Studiensyndikat durchgeführten Untersuchungen ihr Interesse an der geplanten EUEOCHEMlC bekundet. Dank den ihr von der Privatwirtschaft zur Verfügung gestellten Fachleuten war es ihr möglich, bei der Ausarbeitung des Projektes eine massgebende Eolle zu spielen.

Die Kosten für den Bau und den Betrieb der EUEOCHEMlC bis zum Jahre 1964 werden auf 20 Millionen Dollar berechnet (nämlich 12 Mio für den Bau, 7 Mio für die reinen Betriebskosten und l Mio als Eeservefonds). Der Schlüssel, nach dem dieser Betrag unter die beteiligungsbereiten Länder aufgeteilt werden soll, geht vom dualistischen Charakter des Unternehmens aus, welches halb dem wirtschaftlichen Zweck der Aufarbeitung, halb der Forschung und der Ausbildung von Technikern dienen soll. Die wirtschaftliche Komponente wird zu gleichen Teilen unter die Teilnehmer aufgeteilt, die Forschungskomponente nach Massgabe von deren Nationaleinkommen. Folgende Anteile sind vorgesehen : Belgien 8,5 Prozent, Dänemark 5,5 Prozent, Deutschland 16 Prozent, Frankreich 16 Prozent, Niederlande 7,5 Prozent, Italien 11 Prozent, Norwegen 5 Prozent, Österreich 5 Prozent, Portugal 3 Prozent, Schweden 8 Prozent, Schweiz 7,5 Prozent, Türkei 4 Prozent. Die Zuteilung der restlichen 3 Prozent bleibt offen. Der Anteil der Schweiz beläuft sich somit auf 6,45 Millionen Schweizerfranken.

Es ist vorgesehen, dass der Betrieb der Anlage höchstens 400 Personen beschäftigen wird.

Als Eechtsgrundlagen des Unternehmens bestehen das Übereinkommen und die seinen Anhang bildende Satzung.

Das Übereinkommen ordnet die
völkerrechtlichen Beziehungen zwischen den Teilnehmerstaaten und enthält die grundlegenden Eechtsvorschrif ten für das Unternehmen, für das im übrigen die Satzungen und subsidiär das Eecht des Sitzstaates massgebend sind. Das Übereinkommen verleiht der EUEOCHEMlC die Beehtspersönlichkeit des internationalen Eechts und zwar in Form einer Aktiengesellschaft nach privatrechtlichem Muster, an der sowohl die Vertragsstaaten als auch private Unternehmungen teilnehmen können.

Die Einflussnahme der Eegierungen auf die Tätigkeit der Gesellschaft erfolgt durch Vermittlung eines aus Vertretern aller an der EUEOCHEMlC teilnehmenden Staaten gebildeten besonderen Organs, des «Groupe spécial» des

574 Direktionsausschusses der OECE. Der « Groupe spécial » übt eine Art Oberaufsicht aus ; jede Satzungsänderung sowie jeder Beschluss, durch den der Charakter oder die Tätigkeit der Gesellschaft verändert wird, bedarf seiner Genehmigung (Art. 11 bis 15). Ferner amtet der «Groupe spécial» als Schiedsgericht in allen Streitigkeiten zwischen den einzelnen Kegierungen betreffend die Auslegung oder die Anwendung des Übereinkommens. Gelingt es nicht, den Streit auf friedlichem Wege beizulegen, so kann er in der Folge auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Parteien dem durch das Übereinkommen über die Sicherheitskontrolle geschaffenen Gericht unterbreitet werden (Art.. 16).

Gemäss den Zielen der OECE soll die Aufarbeitungsanlage ausschliesslich friedlichen Zwecken dienen. Um den friedlichen Charakter seiner Tätigkeit zu gewährleisten, wird das Unternehmen der durch das Übereinkommen vom 20. Dezember 1957 geschaffenen Sicherheitskontrolle unterstellt.

Ferner räumt das Übereinkommen dem Unternehmen bestimmte Privilegien und Immunitäten ein und gewährt ihm verschiedene Erleichterungen, namentlich fiskalischer und zolltechnischer Art, sowie Freizügigkeit für das Personal.

Diese Bestimmungen betreffen jedoch in erster Linie den Sitzstaat. Sie sollen übrigens, wie in der Präambel des Übereinkommens ausdrücklich festgestellt wird, kein Präjudiz für allfällige spätere Gemeinschaftsunternehmen der OECE bilden.

Das Übereinkommen gilt für 15 Jahre und kann nach Ablauf dieser Zeit um je 5 Jahre automatisch verlängert werden. Sie fällt dahin, sobald die Liquidation der Gesellschaft beendet ist. Jeder Vertragsstaat kann unter Beobachtung einer dreimonatigen Kündigungsfrist ausscheiden, sofern im betreffenden Zeitpunkt weder er selbst noch einer seiner Angehörigen Aktionär der Gesellschaft ist.

Das Übereinkommen über die EUEOCHEMIC wird in Kraft treten, sobald es von Belgien und Signatarstaaten, die mindestens 80 Prozent des Gesellschaftskapitals repräsentieren, ratifiziert sein wird.

Die den Anhang des Übereinkommens bildende Satzung bestimmt Form, Sitz und Zweck der Gesellschaft und setzen deren Kapital auf 20 Millionen EZUEinheiten, d.h. 20 Millionen Dollar fest. Sie regeln die Aufteilung dieses Betrages unter die Mitgliedstaaten.

Die Gesellschaft ist nach dem Muster einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft
organisiert. Ihre Organe sind der Verwaltungsrat und die Generalversammlung. Die Funktionen dieser Organe sind aber eingeschränkt durch die auf Grund des Übereinkommens dem «Groupe spécial» eingeräumten Befugnisse. Der Besitz von mindestens 5 Prozent der Aktien gibt Anrecht auf einen Sitz im Verwaltungsrat. Die Schweiz besitzt 30 Aktien zu je 50 000 EZU-Bechnungseinheiten und ist also mit einem Betrag von l 500 000 beteiligt. Sie hat infolgedessen Anspruch auf einen Sitz im Verwaltungsrat. Die Aktien der Gesellschaft sind auf den Namen ausgestellt; sie können mit Zustimmung der Generalver-

575 Sammlung abgetreten werden. Die Generalversammlung kann sich einer Übertragung auf eine Person gleicher Nationalität aber nicht widersetzen, wenn die Eegierung des betreffenden Staates ihrerseits zugestimmt hat. Im Falle einer Kapitalerhöhung hat jeder Aktionär das Eecht, nach Massgabe seines bisherigen Aktienbesitzes neue Aktien zu zeichnen. Die Artikel 18 bis 25 regeln die Kompetenzen des Verwaltungsrates.

Die Aktionäre werden über das Ergebnis der mit der Tätigkeit der Gesellschaft verbundenen wissenschaftlichen Forschung orientiert. Sie sind berechtigt, Lizenzen auf die der Gesellschaft gehörenden Erfindungen zu erwerben.

Um die Zeit bis zur tatsächlichen Gründung der Gesellschaft nicht unbenutzt verstreichen zu lassen, sondern die Vorarbeiten für die Vorbereitung des Standortes und den Bau der Anlage unverzüglich an die Hand nehmen zu können, hat der Eat beschlossen, dass eine Belegschaft von Technikern die Arbeit bereits aufnehmen soll; für diese Übergangsperiode hat er einem Voranschlag von höchstens 500 000 Dollar zugestimmt. Diese Aufwendungen werden nach Massgabe ihrer Anteile am Gesellschaftskapital unter die beteiligten Staaten aufgeteilt und von der Gesellschaft bei ihrer Gründung zu ihren Lasten übernommen werden.

Beteiligung der P r i v a t w i r t s c h a f t Die von der EUEOCHEMIC verfolgten Zwecke, Brennstoffregenerierung, Entwicklung der industriellen Einrichtungen für die ökonomische Durchführung derselben, die Ausbildungsmöglichkeiten und die geplante Forschung, die in das Gebiet der Nutzung radioaktiver Isotopen reicht, berühren unmittelbar den Interessenbereich der Industrie. Vorab sind die künftigen Eeaktorenunter-, nehmer (die Elektrizitätsgesellschaften) interessiert, nicht weniger aber werden auch andere Zweige der Wirtschaft (z.B. Maschinenindustrie und Chemie) von den Erfahrungen und Forschungsergebnissen des Unternehmens profitieren können.

Unter dem Ansporn des Vororts haben daher Kreise der schweizerischen Wirtschaft ihre grundsätzliche Bereitschaft bekundet, Mittel an die schweizerische Beteiligung beizusteuern. Das Bestreben geht dahin, in dieser Weise den Bund um etwa die Hälfte der schweizerischen Quote von 6,45 Millionen Franken zu entlasten. Es wird in Aussicht genommen zu diesem Zwecke eine private, Organisation unter dem Namen «Gesellschaft für die
Förderung der Eurochemic» zu bilden, worüber zurzeit Verhandlungen im Gange sind.

Da der Betrag, den die Privatwirtschaft aufzubringen in der Lage sein wird, noch nicht feststeht, werden die Bäte ersucht, durch Genehmigung des EUEOCHEMIC-Übereinkommens den Kredit in der Höhe der vollen schweizerischen Beitragsquote zu gewähren, in der Annahme, dass dieser Kredit wegen des Eingangs der privaten Mittel nur zum Teil beansprucht wird.

576 VI. Schlussfolgerungen Angesichts der von der OECE aufgestellten Programme zur Verwendung der Kernenergie für zivile Zwecke stellt sich die sehr natürliche Frage: sind diese Programme erforderlich, wenn man berücksichtigt, dass mit der Internationalen Atomenergie-Agentur und der EUKATOM der Europäischen KernenergieAgentur ähnliche Organisationen bereits existieren? Besteht nicht die Gefahr, dass die Tätigkeit der OECE und diejenige dieser andern Organisationen sich überschneiden? Unseres Erachtens sind die von der OECE in Angriff genommenen Projekte unerlässlich ; sie entsprechen einem tatsächlichen Bedürfnis, dem keine der übrigen Institutionen in angemessener Weise gerecht zu werden vermöchte.

Durch die Errichtung von Gemeinschaftsunternehmen schafft die OECE die Basis für eine Zusammenarbeit vorwiegend auf dem Gebiete der Verwendung der Atomenergie für industrielle Zwecke. Die Internationale AtomenergieAgentur von Wien, die unter der Ägide der UNO gegründet wurde und die, wie wir in unserer Botschaft vom I.März 1957 ausgeführt haben, allumfassende Aufgaben zu erfüllen hat, könnte sich nicht in gleich wirksamer Weise mit Fragen befassen, die ausschliesslich diesen oder jenen Teil der Erde betreffen.

Europa hat auf diesem Gebiet spezifische Aufgaben zu lösen, deren wichtigste und dringendste darin besteht, dem Energiemangel entgegenzuwirken. Die Gleichartigkeit der Probleme, denen sich die OECE-Staaten gegenüber sehen, stellt ein Element dar, das ihnen ermöglichen sollte, gemeinsam in rationeller Weise vorzugehen.

Der Internationalen Atomenergie-Agentur in Wien fällt die unentbehrliche Eolle zu, die Probleme der Atomenergie auf weltweiter Basis zu prüfen und die regionalen Anstrengungen auf diesem Gebiete so weit als möglich zu koordinieren. Es entspricht dem Gebote der Billigkeit, dass, wenigstens für den Anfang, die Agentur sich in erster Linie derjenigen Länder annimmt, deren Wirtschaft am wenigsten entwickelt ist und die deshalb der technischen Hilfe am dringendsten bedürfen, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern.

Die Probleme, die sich hinsichtlich der Verwendung der Atomenergie hauptsächlich für Europa stellen, werden bekanntlich auch im Bahmen der BUBATOM behandelt, einer Organisation, der auf Grund des EUBATOM-Übereinkommens vom 25. März 1957 Belgien, Deutschland, Frankreich,
die Niederlande, Italien und Luxemburg angehören. Diese sechs Länder haben einen Teil ihrer Souveränität an die Kommission, das ausführende Organ der EUEATOM abgetreten, das eine überstaatliche Autorität über die Mitglieder ausübt. Andererseits schliesst das EUBATOM-Übereinkommen die Verwendung der Atomenergie zu militärischen Zwecken nicht völlig aus. Aus diesem Grunde könnten gewisse europäische Staaten, worunter die Schweiz, der EUEATOM nicht beitreten; es war deshalb angezeigt, eine grössere und weniger starre Organisation zu schaffen, die einer möglichst grossen Zahl europäischer Länder Gelegenheit bietet,

577 ihre Anstrengungen zu vereinigen, und die gleichzeitig den sechs Mitgliedern der EUBATOM gestattet, weiterhin in einem engern Bahmen zusammenzuarbeiten.

Bei der Ausarbeitung ihrer Pläne haben die Mitgliedstaaten der OECE die Tatsache, dass bereits andere zwischenstaatliche Organisationen bestehen, welche bestimmte Aufgaben zu erfüllen haben, übrigens voll berücksichtigt und in den vorliegenden Ver.tragstexten ausdrücklich eine enge Zusammenarbeit mit, ihnen vorgesehen.

Die OECE schien der geeignetste Boden zu sein, um im europäischen Bahmen eine möglichst rationelle und weitgehende Zusammenarbeit aufzuziehen und gleichzeitig jedem Teilnehmer seine Autonomie zu belassen. Tatsächlich hatte sich die Pariser Organisation bereits auf andern wirtschaftlichen Gebieten bewährt, und es konnte in der Vorbereitungsphase der Arbeiten viel Zeit gewonnen werden, indem man sich ihrer Verwaltungseinrichtungen bediente.

Bei der EUBOCHEMIC und den weitem Projekten für. Gemeinschaftsanlagen, die gegenwärtig von der OECE geprüft werden (Bau und Betrieb von besondern Typen von Versuchsreaktoren) handelt es sich nicht um abstrakte Pläne. Sie stehen, auf Grund von Untersuchungen und Empfehlungen von Technikern und Nationalökonomen gefasst, in enger Beziehung zu den praktischen Bedürfnissen technischer und wirtschaftlicher Natur. Überdies lässt es sich die OECE angelegen sein, unter den in Erwägung gezogenen Projekten ·diejenigen auszuwählen^ die nicht zu anspruchsvoll sind und bei denen man vernünftigerweise auf Erfolg hoffen darf. Es wurde also vermieden, auf ein Programm einzutreten, das zuviele Unsicherheitsfaktoren enthalten hätte. Andererseits wird nur denjenigen Projekten, die eine internationale Zusammenarbeit erfordern, Beachtung geschenkt.

Wie wir weiter oben dargelegt haben, erfordern die meisten Atomanlagen grosse finanzielle Mittel sowie die Kenntnisse von Gelehrten und Spezialisten aus verschiedenen Gebieten der Wissenschaft. Der Schweiz, wie übrigens den meisten Ländern Europas, wäre es deshalb kaum möglich, solche Projekte auf rein nationaler Basis zu verwirklichen.

Die Eatifikation der Übereinkommen über die Kontrolle und die EUEOCHEMIC werden der Europäischen Agentur einen Ansporn zur Weiterverfolgung der übrigen Arbeiten geben, die ihr vom Eat übertragen wurden. Wir legen Wert darauf, dass
diese Arbeiten rasch fortschreiten. Es handelt sich um die Herbeiführung einer Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Ausbildung in Atomfragen, die es den Mitgliedstaaten erleichtern soll, dem Mangel an wissenschaftlich gebildetem Personal und an Technikern zu begegnen. Ferner muss die Agentur-die Anpassung der nationalen Gesetzgebungen fördern, namentlich was den Schutz der Gesundheit, die Haftpflicht und die Versicherung gegen Eisiken aus Kernumwandlungsprozessen sowie die Verhütung von Unfällen anbelangt.

Der Agentur obliegt es auch, die Liberalisierung des Handelsverkehrs mit Atom-

578

ausrüstungen zu fördern ; sie wird sich dafür einsetzen, eine Diskriminierung so weit als möglich zu verhindern.

Die EUKOCHEMIC ist für uns nicht nur als Mittel zur theoretischen und praktischen Ausbildung von Technikern von Interesse, sondern wird es überdies erlauben, die Pläne, die in der Folge ausgearbeitet werden müssen, um die Aufbereitungsmöglichkeiten entsprechend den zunehmenden Bedürfnissen Europas zu vermehren, auf Grund einer wertvollen Erfahrung aufzustellen. Bis dahin bestehen nur in den Vereinigten Staaten und in England Anlagen, denen wir tatsächlich die aus unsern Eeaktoren anfallenden bestrahlten Atombrennstoffe zur Aufarbeitung senden können. Die Entfernung der amerikanischen Unternehmen und gewisse Bedingungen, an welche die Aufarbeitung der Brennstoffe in den englischen Betrieben geknüpft ist, sind aber Nachteile, die offensichtlich wegfallen, wenn nahe unserer Grenzen eine europäische Anlage besteht, an deren Betrieb wir mit den gleichen Rechten und Pflichten beteiligt sind wie die übrigen Staaten, die dem Übereinkommen über die EUBOCHEMIC beitreten.

Wie wir gesehen haben, wird die EUBOCHEMIC das erste im Bahmen der OECE gegründete Gemeinschaftsunternehmen und tatsächlich das erste europäische Unternehmen seiner Art sein. Sie stellt deshalb ein wertvolles Experiment der Zusammenarbeit dar und wird für andere europäische Gemeinschaftsunternehmen bahnbrechend sein. Diese Unternehmen werden dazu beitragen, den Stand der Technik auf dem Gebiete der Atomenergie zu heben, indem sie auf rationelle Weise und ohne Verschleuderung den so reichen Vorrat des europäischen Kontinents an Kenntnissen und Gütern aller Art unterhalten. Der Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedstaaten wird sich im Bahmen der Gemeinschaftsunternehmen auf einfachste und wirksamste Weise vollziehen.

Neben dem technischen und wirtschaftlichen Interesse, dem die Schaffung solcher Unternehmen dient, dürfen auch ihre politischen Vorteile nicht übersehen werden. Tatsächlich werden die EUBOCHEMIC sowie die andern von der OECE erwogenen Projekte Gelehrten, Industriellen, Wirtschaftlern und Beamten der Mitgliedstaaten Gelegenheit bieten, grosse Probleme gemeinsam anzugehen und sie nicht nur unter dem Gesichtswinkel des nationalen, sondern auch unter dem weitern des gesamt-europäischen Interesses zu betrachten. Sie
entrichten deshalb einen Beitrag zum guten Einvernehmen innerhalb Europas.

Die Pariser Organisation steht im Einklang mit unsern Institutionen und unsern wirtschaftlichen Anschauungen. Wir waren in der Lage, die Art und Weise ihres Wirkens seit ihrer Gründung zu würdigen, indem die Schweiz von Anfang an aktiv dabei mitgewirkt hat. Sie erlaubt es der Privatwirtschaft, eng mit ihr zusammenzuarbeiten. Es empfiehlt sich deshalb, die OECE zu unterstützen und ihr zu ermöglichen, ihre wirtschaftliche Tätigkeit in Europa aufrechtzuerhalten und zu verstärken.

Aus den dargelegten Gründen sind wir der Auffassung, dass es im Interesse der Schweiz liegt, sich an den Anstrengungen der OECE auf dem Gebiete der zivilen Verwendung der Atomenergie zu beteiligen, und wir empfehlen Ihnen deshalb, dem im Entwurf beiliegenden Bundesbeschluss zuzustimmen.

579 Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Juli 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Holenstein Der Vizekanzler : F. Weber

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreifend

die Genehmigung der Übereinkommen der OECE über die Sicherheitskontrolle auf dem Gebiete der Kernenergie sowie die Gründung der Gesellschaft EUROCHEMIC

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. Juli 1958, beschliesst: Einziger Artikel Das Übereinkommen der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit über die Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiete der Kernenergie und das ihren Anhang bildende Protokoll sowie das Übereinkommen der OECE betreffend die Gründung der Europäischen Gesellschaft für die chemische Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe (EUEOCHEMIC) werden genehmigt.

Der Bundesrat ist ermächtigt, diese beiden Übereinkommen zu ratifizieren.

3940

580

Satzung der

Europäischen Kernenergie-Agentur

Beschluss des Rates der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit über die Gründung der Europäischen KernenergieAgentur

Der Bat,

· gestützt auf das Übereinkommen vom 16. April 1948 betreffend die Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit, insbesondere die Artikel 13, 15 und 19 dieses Übereinkommens; in Erwägung, dass gemäss Artikel 15 des genannten Übereinkommens der Eat befugt ist, technische Ausschüsse oder andere zur Erfüllung der Aufgaben der Organisation notwendige Organe einzusetzen; gestützt auf den Beschluss des Bates vom 10. Juni 1955 über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Verwendung der Kernenergie, sowie auf den Beschluss des Bates vom 18. Juli 1956 über die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Kernenergie; in Erwägung, dass der Eat durch Beschluss vom 18. Juli 1956 einen Direktionsausschuss für Kernenergie mit der Aufgabe eingesetzt hat, ihm binnen einer Frist von 6 Monaten Vorschläge über die zwischen den Mitgliedstaaten aufzunehmende Zusammenarbeit zu unterbreiten und einen Entwurf der Satzung für die Europäische Atomenergie-Agentur vorzubereiten, die diese Zusammenarbeit in die Wege zu leiten hat, um die Entwicklung der Produktion und Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu gewährleisten ; in Erwägung, dass die dem Direktionsausschuss gesetzte Frist durch den Bat in seiner Sitzung vom 13.Februar 1957 verlängert worden ist; in Erwägung, dass die Grundsätze der Bestimmungen dieses Beschlusses den Grundsätzen des in Born am 25.März 1957 geschlossenen Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Atomenergie (EUBÀTOM) nicht zuwiderlaufen; gestützt auf den Bericht des Direktionsausschusses vom 27. September 1957 für die Kernenergie, beschliesst:

581 Teil I Artikel l a. Hiermit wird im Rahmen der Organisation die Europäische Kernenergie-Agentur (im folgenden als «Agentur» bezeichnet) gegründet.

b. Zweck der Agentur ist die Förderung der Entwicklung der Produktion und Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken durch die Mitgliedstaaten mittels deren Zusammenarbeit und der gegenseitigen Anpassung der Massnahmen, die auf deren innerstaatlichem Bereich aus öffentlicher und privater Initiative ergriffen werden.

Artikel 2 ' Unter der Aufsicht des Eates werden die der Agentur anvertrauten Aufträge ausgeführt : durch den Direktionsausschuss für Kernenergie (im folgenden als «Direktionsausschuss» bezeichnet); durch die gemäss den folgenden Bestimmungen geschaffenen Organe, die den Direktionsausschuss in seiner Arbeit unterstützen oder Aufgaben erfüllen, welche im gemeinsamen Interesse einer Gruppe von Staaten liegen; durch das Sekretariat der Agentur.

Artikel 3 Unter den in den folgenden Bestimmungen und anderen anwendbaren Beschlüssen der Rates festgelegten Voraussetzungen ist der Direktionsausschuss zuständig zur Behandlung sämtlicher Fragen, die in den Aufgabenbereich der Agentur fallen.

Artikel 4 a. Die Agentur hat nach Möglichkeit die Angleichung und die gegenseitige Anpassung der Programme und Pläne der Mitgliedstaaten für die Entwicklung von Forschung und Industrie auf dem Gebiet der Produktion und der Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu fördern; hierbei berücksichtigt sie die vom Beratenden Ausschuss für Energie angestellten Schätzungen über den zukünftigen Energieverbrauch und Energienanfall.

6. Zu diesem Zwecke werden die Mitgliedstaaten, sofern dies vom Direktionsausschuss beschlossen wird, unter den von ihm festgelegten Voraussetzungen eingeladen, (i) der Agentur in regelmässigen Abständen ihre nationalen oder gemeinsamen Programme oder Schätzungen wie auch sämtliche zweckdienlichen Auskünfte über die bei deren Verwirklichung erreichten Fortschritte mitzuteilen, (ii) der Agentur ihre Pläne aus staatlicher oder privater Initiative mitzuteilen.

c. Die Programme und Pläne werden durch den Direktionsausschuss gemäss einem, von ihm festzulegenden Verfahren geprüft. Der Direktionsausschuss darf den betreffenden Staaten gegenüber seine diesbezügliche Meinung äussern, was insbesondere in der Form von Empfehlungen geschehen kann.

Bundesblatt. 110. Jahrg. Bd. II.

41

582

Artikel 5 a. Die Agentur hat gegebenenfalls auf die Errichtung von Gemeinschaftsunternehmen für die Produktion und Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken hinzuwirken; sie hat sich dabei zu bemühen, die Teilnahme einer grösstmöglichen Anzahl von Staaten zu sichern.

b. Hat eine Gruppe von Mitglied- oder assoziierten Staaten die Absicht, ein Gemeinschaftsunternehmen zu bilden, so können diese Staaten vereinbaren, die hierzu notwendigen Arbeiten im Eahmen der Organisation, aber auf ihre eigene Rechnung, durchzuführen. Auf die Haltung der übrigen Mitgliedstaaten brauchen sie dabei keine Eücksicht zu nehmen. Die Arbeits- oder Studiengruppen, die gemäss diesem Artikel gebildet werden, haben den Direktionsausschuss über den Gang und die Ergebnisse ihrer Arbeiten auf dem laufenden zu halten.

c. Im Falle der Errichtung von Gemeinschaftsunternehmen auf Anregung oder mit Hilfe der Agentur (i) übt der Direktionsausschuss oder, gegebenenfalls, eine nur aus den Vere tretern der an dem Unternehmen beteiligten Staaten bestehende Gruppdes Direktionsausschusses diejenigen Kompetenzen aus, die der Agentur gemäss den Verträgen allenfalls übertragen werden, durch welche die in Frage stehenden Gemeinschaftsunternehmen gegründet .worden sind; (ii) haben die Gemeinschaftsunternehmen dem Direktionsausschuss jährlich über ihre Lage und Entwicklung Bericht zu erstatten; (iii) hat der Direktionsausschuss die das gemeinsame Interesse berührenden Fragen zu prüfen, welche allenfalls durch das Bestehen von Gemeinschaftsunternehmen aufgeworfen werden, um den Begierungen gegebenenfalls zweckdienliche Massnahmen vorzuschlagen; (iv) müssen die im Hinblick auf die Schaffung von Gemeinschaftsunternehmen, geschlossenen Verträge Bestimmungen enthalten, die den am Gemeinschaftsunternehmen nicht beteiligten Mitgliedstaaten oder Gruppen von Mitgliedstaaten erlauben, dem Gemeinschaftsunternehmen später beizutreten oder an den Ergebnissen dessen Tätigkeit teilzunehmen.

Artikel 6 a. Die Agentur hat nach Kräften die Bemühungen um die regelmässige Versorgung der Gemeinschaftsunternehmen wie der Mitgliedstaaten mit den zur Durchführung ihrer Programme auf dem Gebiete der Kernenergie notwendigen Eohstoffen zu unterstützen.

b. Zu diesem Zwecke hat die Agentur gegebenenfalls auf den Abschluss von Verträgen zur Lieferung dieser Rohstoffe,
auch seitens Drittstaaten, hinzuwirken. Diese Verträge werden entweder von der Organisation gemäss Artikel 18fr der Konvention vom 16.April 1948 oder durch die Mitgliedstaaten geschlossen. Der Direktionsausschuss übt die Kompetenzen aus, die diese Verträge der Organisation allenfalls übertragen.

583 Artikel 7 a. Die Agentur hat gemeinsam mit dem Direktionsausschuss für den Handel alle diejenigen Massnahmen zu prüfen, mit denen sich eine möglichst weitgehende Liberalisierung des internationalen Handels mit, den für die Produktion und Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken notwendigen ' Erzeugnissen erreichen lässt.

b. Der Direktionsausschuss hat insbesondere diejenigen Kompetenzen auszuüben, die ihm auf diesem Bereiche vom Eat übertragen werden.

Artikel 8 a. Eine Sicherheitskontrolle ist einzusetzen, die gewährleisten soll, dass die Gemeinschaftsunternehmen sowie Materialien, Ausrüstungen oder Dienstleistungen, die durch die Agentur oder unter ihrer Aufsicht geliefert oder zur Verfügung gestellt werden, keinen militärischen Zwecken dienen.

b. Die Sicherheitskontrolle kann auf Wunsch der betreffenden Parteien auf jede zweiseitige oder mehrseitige Vereinbarung oder auf Wunsch eines Mitgliedstaates auf die gesamte Tätigkeit dieses Landes auf dem Gebiet der Kernenergie ausgedehnt werden.

c. Die Organisation dieser Sicherheitskontrolle und die Kompetenzen, die der Agentur zu deren Ausübung einzuräumen sind, sind durch ein besonderes Übereinkommen über die Sicherheitskontrolle zu regeln.

Artikel 9 a. Die Agentur hat die Entwicklung der Forschung auf dem Gebiete der Produktion und Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken in den Mitgliedstaaten zu fördern.

b. Zu diesem Zwecke hat sie gegebenenfalls auf den Abschluss von Verträgen über die gemeinsame Benützung von den durch die Mitgliedstaaten erstellten Forschungsanstalten sowie die Errichtung von gemeinschaftlichen Forschungsanstalten unter den Voraussetzungen von Artikel 5 dieser Statuten hinzuwirken.

c. Die Agentur hat den Austausch von wissenschaftlichen und technischen Informationen über ihr Tätigkeitsgebiet zwischen den Mitglied- und assoziierten Staaten zu fördern.

Artikel 10 a. Die Agentur hat die Entwicklung des Unterrichtswesens auf dem Gebiete der Kernenergie in den Mitgliedstaaten zu fördern und auf diese Weise mitzuhelfen, dass der Nachfrage nach wissenschaftlichem und technischem Personal auf diesem Bereich wirksam begegnet werden kann.

584 b. Zu diesem Zwecke ergreift der Direktionsausschuss Massnahmen, die auf der Grundlage der Zusammenarbeit zwischen den Mitglied- und assoziierten Staaten erlauben, (i) die Ausbildungsmöglichkeiten, die im Eahmen der in diesen Staaten vorhandenen öffentlichen und privaten Einrichtungen gegeben sind, voll auszunützen und sie weiter auszubauen ; (ii) auf internationaler Ebene Möglichkeiten für die ergänzende Ausbildung von Professoren, Studenten oder Ingenieuren zu schaffen, soweit sich dies als notwendig erweist.

Artikel 11 a. Die Agentur hat die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Kernenergie zu fördern und darauf hinzuwirken, dass die rechtlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet ' einander angeglichen werden. Vor allem betrifft dies: (i) Gesundheitsschutz und Unfallverhütung in der Atomindustrie; (ii) Haftpflicht für und Versicherung gegen die Folgen der mit Kernumwandlungsprozessen verbundenen Gefahren; (üi) Massnahmen zur bestmöglichen Ausnützung der patentierten Erfindungen.

6. Zu diesem Zwecke hat der Direktionsausschuss (i) sobald als möglich gemeinsame Grundsätze aufzustellen, die den landesrechtlichen Gesetzen und Verordnungen zugrunde gelegt werden können; diese Grundsätze hat er den Mitgliedstaaten zwecks Übernahme in das Landesrecht vorzulegen.'

(ii) die Schaffung der erforderlichen gemeinsamen Ämter, insbesondere für den Gesundheitsschutz und die Unfallverhütung in der Atomindustrie, durch die interessierten Mitgliedstaaten zu fördern.

Teil II Artikel 12 a. Der Direktionsausschuss setzt sich aus den Vertretern der Regierungen aller Mitgliedstaaten der Organisation zusammen, welche an diesem Beschluss mitgewirkt haben.

6. Die Regierungen von Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika werden hiermit eingeladen, an den Arbeiten der Agentur teilzunehmen.

Artikel 13 a. Aus seinen Mitgliedern ernennt der Direktionsausschuss alljährlich einen Präsidenten und mehrere Vizepräsidenten. Er legt seine Geschäftsordnung selber fest.

585 b. Über alle Fragen, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen, kann der Direktionsausschuss den Mitgliedstaaten gegenüber seine. Meinung äussern, insbesondere in Form von Empfehlungen.

c. Wenn immer für die Eegierungen verbindliche Beschlüsse gefasst werden müssen, welche die dem Direktionsausschuss auf dem in Frage stehenden Gebiet übertragene Zuständigkeit überschreiten, so hat dieser dem Eat entsprechende Anträge zu unterbreiten.

d. Der Direktionsausschuss erstattet dem Eat alljährlich über seine Geschäftsführung und über die Lage sowie die Zukunftsaussichten der Atomindustrie in den Mitgliedstaaten Bericht.

Artikel 14 a. Allfällige abweichende Meinungen müssen in die vom Direktionsausschuss beschlossenen Berichte und Anträge aufgenommen werden.

b. Die Beschlüsse, Meinungsäusserungen oder Empfehlungen des Direktionsausschusses gelten als angenommen, wenn dessen anwesende und abstimmende Mitglieder mit ihnen einverstanden sind.

c. Die Beschlüsse des Direktionsausschusses über die Tagesordnung, anzustellende Studien, die Schaffung von Arbeitsgruppen und die Zustellung von Fragebogen an die Mitgliedstaaten gelten als angenommen, wenn ihnen die Mehrheit der anwesenden Mitglieder des Direktionsausschusses zustimmt.

d. Für die Eegierungen verbindliche Beschlüsse, die vom Direktionsausschuss im Eahmen der ihm übertragenen Zuständigkeit gefasst worden sind, verpflichten nur diejenigen Staaten, die ihnen zugestimmt haben.

Artikel 15 a. Der Direktionsausschuss kann die von ihm als notwendig erachteten Arbeitsausschüsse und -gruppen bilden, um sich von ihnen bei der Durchführung seiner Aufgaben unterstützen zu lassen ; er kann sie auch mit der Durchführung jeder Aufgabe im Bereich des Zweckes der Agentur beauftragen.

b. Zum Studium von Fragen oder zur Durchführung von Aufgaben, welche eine Gruppe von Mitglied- oder assoziierten Staaten betreffen, können unter den Voraussetzungen von Artikel 5 dieser Statuten oder gemäss Beschluss des Eates Organe geschaffen werden, deren Zusammensetzung sich auf die betreffenden Staaten beschränkt. Besondere Ausgaben, die aus der Tätigkeit dieser Organe erwachsen, wie Studienkosten oder Expertenhonorare, haben die daran interessierten Staaten allein zu tragen.

Artikel 16 a. Der Direktionsausschuss erfüllt seine Aufgabe in Verbindung mit den zuständigen Organen der Organisation.

586

b. Der Direktionsausschuss hat diese Organe in allen Fragen zu begrüssen, die deren Zuständigkeit berühren. Diese Organe haben ihrerseits den Direktionsausschuss in jeder sie beschäftigenden Frage der Produktion und Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu begrüssen.

Artikel 17 a. Der Direktionsausschuss und seine Hilfsorgane werden in ihrer Arbeit durch das Sekretariat der Agentur unterstützt, das als Abteilung des Sekretariates der Organisation eingerichtet wird ; b. Die aus der Tätigkeit der Agentur erwachsenden Ausgaben werden durch das Budget der Organisation gedeckt. Zu diesem Zwecke bereitet der Direktionsausschuss alljährlich einen Voranschlag der Ausgaben vor, welcher dem Bat zur Genehmigung zu unterbreiten ist.

c. Die Ausgaben der Agentur, die einer besonderen finanziellen Eegelung unterstehen, sind in einem getrennten Voranschlag anzuführen. Diejenigen Staaten, die zur Deckung dieser Ausgaben nicht beitragen, haben sich bei der Genehmigung des entsprechenden Titels des Budgets ihrer Stimme zu enthalten.

Artikel 18 a. Bei der Durchführung seiner Aufgaben hat der Direktionsausschuss die von den anderen einschlägigen internationalen Organisationen unternommenen Arbeiten zu berücksichtigen und, soweit immer möglich, diese Organisationen zur Mitarbeit aufzufordern.

b. Im Einvernehmen mit dem Rat tritt der Direktionsausschuss mit den an den Fragen der Atomenergie interessierten internationalen staatlichen Organisationen in Verbindung.

c. Der Direktionsausschuss kann im Rahmen der durch den Rat genehmigten Beschlüsse oder Vereinbarungen mit den einschlägigen nichtstaatlichen internationalen Organisationen in Verbindung treten.

Artikel 19 a. Die Bestimmungen dieses Beschlusses berühren in keiner Weise die Rechte und Pflichten, die auf Grund der Verträge bestehen, welche die an diesem Beschluss teilnehmenden Regierungen vor ihm abgeschlossen haben.

b. Dieser Beschluss berührt die Ausübung der der Europäischen Gemeinschaft für Atomenergie (EURATOM) durch den in Rom am 25.März 1957 geschlossenen Vertrag übertragenen Kompetenzen in keiner Weise. Die Agentur stellt mit der Europäischen Gemeinschaft für Atomenergie eine enge Zusammenarbeit her, deren Einzelheiten durch Vereinbarung zu regem sind.

587 Artikel 20 a. Mitgliedstaaten sind diejenigen Staaten, deren Eegierungen bei diesem Beschluss mitwirken. Die assoziierten Staaten sind Kanada und die Vereinigten Staaten von Amerika.

b. Jede Eegierung, die bei diesem Beschluss mitwirkt, kann dessen Geltung für sich dadurch aufheben, dass sie unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten dem Generalsekretär der Organisation diesen Willen erklärt.

c. Der vorerwähnte Beschluss des Eates vom 18. Juli 1956 wird hiermit aufgehoben.

Artikel 21 Dieser Beschluss tritt am I.Februar 1958 in Kraft.

588

Übereinkommen ZUT

Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie

Die Eegierungen des Königreichs Belgien, des Königreichs Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Eepublik, des Königreichs Griechenland, des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland, Irlands, der Eepublik Island, der Italienischen Eepublik, des Grossherzogtums Luxemburg, des Königreichs der Niederlande, des Königreichs Norwegen, der Eepublik Österreich, der Portugiesischen Eepublik, des Königreichs Schweden, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Türkischen Eepublik; Entschlossen, die Erzeugung und Verwendung der Kernenergie in den Mitgliedstaaten der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (im folgenden als «Organisation» bezeichnet) durch Zusammenarbeit zwischen ihren Staaten und durch Abstimmung ihrer innerstaatlichen Massnahmen zu fördern; In der Erwägung, dass das hierfür im Eahmen der Organisation eingeleitete gemeinsame Vorgehen die Entwicklung der europäischen Kernenergie-Industrie auf ausschliesslich friedliche Ziele ausrichten soll und keinen militärischen Zwecken dienen darf; 0 In der Erwägung, dass der Eat der Organisation (im folgenden als «Bat» bezeichnet) auf seiner Sitzung vom 18. Juli 1956 beschlossen hat, hierfür eine internationale Sicherheitskontroìle einzurichten ; In der Erwägung, dass der Eat durch einen Beschluss vom heutigen Tage im Eahmen der Organisation eine Europäische Kernenergie-Agentur (im folgenden als «Agentur» bezeichnet) errichtet und mit der Aufgabe betraut hat, das bereits eingeleitete gemeinsame Vorgehen fortzuführen -- Sind wie folgt übereingekommen : Teil I Artikel l a. Zweck der Sicherheitskontrolle ist es, zu gewährleisten, dass i) der Betrieb von Gemeinschaftsunternehmen, die von mehreren Eegierungen oder von Angehörigen mehrerer Staaten auf Veranlassung oder mit Hilfe der Agentur gegründet werden, sowie

589 ii) Materialien, Ausrüstungen und Dienstleistungen, die aufgrund der mit den betreffenden Kegierungen zu schliessenden Vereinbarungen von der Agentur oder unter ihrer Aufsicht zur Verfügung gestellt werden, keinen militärischen Zwecken dienen.

b. Die Sicherheitskontrolle kann, wenn die Parteien einer zwei- oder mehrseitigen Vereinbarung es beantragen, auf diese Vereinbarung oder, wenn eine Eegierung dies beantragt, auf jede Tätigkeit angewendet werden, für welche diese Regierung im Bereich der Kernenergie verantwortlich ist.

Artikel 2 a. Für die in Artikel l genannten Zwecke findet die Sicherheitskontrolle Anwendung i) auf die Gemeinschaftsunternehmen sowie auf solche Unternehmen, die in den Eahmen einer nach Artikel l, Absatz (a), Ziffer (ii), geschlossenen Vereinbarung oder eines nach Artikel l, Absatz (b), gestellten Antrages fallen; ii) auf alle Einrichtungen, die besonders spaltbares oder Ausgangsmaterial verwenden, das in solchen Unternehmen wiedergewonnen wird oder anfällt ; iii) auf alle Einrichtungen, die besonders spaltbares Material verwenden, das aus dem nach Artikel l kontrollpflichtigen besonderen spaltbaren oder Ausgangsmaterial wiedergewonnen wird oder anfällt.

b. Wird besonderes spaltbares Material in ein Land ausserhalb-der Hoheitsregierungen ausgeführt, so kann der Direktionsausschuss der Agentur (im folgenden als «Direktionsausschuss» bezeichnet) die Anwendung der Sicherheitskontrolle einstellen, wenn dieses Material einer gleichwertigen Sicherheitskontrolle unterliegt.

Artikel 3 Die Agentur ist gegenüber allen der Kontrolle unterliegenden Unternehmen oder Einrichtungen nach Massgabe der in Artikel 8 vorgesehenen Sicherheitsregelungen berechtigt und verpflichtet, a. die Pläne aller Spezialausrüstungen und -einrichtungen einschliesslich von Kernreaktoren zu prüfen; dies jedoch nur, um sicherzustellen, dass eine wirksame Kontrolle im Sinne dieses Übereinkommens ausgeübt werden kann; b. die für die chemische Aufarbeitung bestrahlten Materials anzuwendenden Verfahren zu genehmigen; dies jedoch nur, um die Erfüllung des in Artikel l genannten Zwecks sicherzustellen; c. die Führung und Vorlage von Betriebszeichnungen zu verlangen, um den buchmässigen Nachweis über das besondere spaltbare und Ausgangsmaterial, das von dem Unternehmen oder der Einrichtung verwendet oder erzeugt wird, gewährleisten zu helfen ; d. Berichte über den Fortgang der Arbeiten anzufordern und zu erhalten.

590 Artikel 4 a. Das aus kontrollpflichtigem besonderem spaltbarem oder Ausgangsmaterial wiedergewonnene oder angefallene besondere spaltbare Material darf unter der Kontrolle der Agentur nur zu friedlichen Zwecken in der Forschung oder in den von der oder den betreffenden Eegierungen bezeichneten Eeaktoren verwendet werden.

b. Alles wiedergewonnene oder angefallene besondere spaltbare Material soweit es die für die genannten Verwendungszwecke benötigten Mengen übersteigt unterliegt weiterhin der Kontrolle der Agentur ; diese kann verlangen, dass es in ihren eigenen oder in sonstigen von ihr kontrollierten oder kontrollierbaren Lagern hinterlegt wird, jedoch mit der Massgabe, dass späterhin dieses hinterlegte besondere spaltbare Material den Berechtigten auf ihren Antrag unverzüglich zur Verwendung gemäss den oben genannten Bestimmungen zurückzugeben ist.

Artikel 5 ^ o. Die Agentur ist berechtigt und verpflichtet, in die Hoheitsgebiete der Vertragsregierungen Inspektoren zu entsenden, die von ihr nach Konsultierung der betreffenden Eegierung oder Eegierungen bestimmt werden; ihnen ist jederzeit zu allen Orten und Unterlagen sowie zu jeder Person Zugang zu gewähren, die beruflich mit kontrollpflichtigen Materialien, Ausrüstungen oder Einrichtungen zu tun hat, und zwar soweit dies erforderlich ist, um den buchmässigen Nachweis über das kontrollpflichtige besondere spaltbare und Ausgangsmaterial zu erbringen und um festzustellen, ob die Verpflichtungen eingehalten werden, die sich aus diesem Übereinkommen und aus Vereinbarungen der Agentur mit der oder den betreffenden Eegierungen ergeben.

b. Sind diese Verpflichtungen nicht eingehalten worden, so kann die Agentur die notwendigen Abhilfemassnahmen verlangen; werden diese innerhalb einer angemessenen Frist nicht getroffen, so kann die-Agentur eine oder mehrere der folgenden Massnahmen verfügen : i) Aussetzung oder Einstellung der seitens der Agentur oder unter ihrer Aufsicht erfolgten Lieferungen von Materialien, Ausrüstungen oder Dienstleistungen ; ii) Eückgabe der von der Agentur oder unter ihrer Aufsicht gelieferten Materialien oder Ausrüstungen.

Artikel 6 Die Vertragsregierungen gewährleisten die Durchführung der nach Artikel 5, Absatz (b) verfügten Massnahmen und der nach Artikel 11, Absatz (e), vom Präsidenten des Gerichts erlassenen Anordnungen ; sie veranlassen erforderlichenfalls, dass Zuwiderhandlungen durch deren Urheber abgestellt werden.

591

Teil II Artikel 7 Die in diesem Übereinkommen vorgesehene Kontrolle wird im Bahmen der Agentur von folgenden Organen ausgeübt : i) dem Direktionsausschuss, ii) einem Kontrollbüro, dem je ein Vertreter jeder Vertragsregierung angehört.

Artikel 8 a. Das Kontrollbüro ist zuständig für: i) die Ausarbeitung der Sicherheitsregelungen, in denen die technischen Kontrollverfahren für die verschiedenen Arten von Unternehmen festgelegt werden ; · ii) die Ausarbeitung der die Anwendung der Sicherheitsregelungen betreffenden Klauseln, welche in die Vereinbarungen mit den in Betracht kommenden Eegierungen aufzunehmen sind ; iii) die Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Übereinkommen und aus den in Ziffer (ii) erwähnten Vereinbarungen ergeben ; iv) die Prüfung der Berichte über die Ausübung der Kontrolle; liegt nach Auffassung des Kontrollbüros eine Zuwiderhandlung vor, so ist es befugt zu verlangen, dass die erforderlichen Abhilfemassnahmen getroffen werden, und gegebenenfalls dem Direktionsausschuss Vorschläge über die zu verfügenden Massnahmen zu unterbreiten.

b. Das Kontrollbüro teilt dem Direktionsausschuss jede Zuwiderhandlung mit, die nach seiner Ansicht begangen worden ist, und berichtet ihm in regelmässigen Abständen über seine Tätigkeit.

Artikel 9 a. Die Beschlüsse des Kontrollbüros bedürfen der Mehrheit seiner Mitglieder, soweit seine Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt.

b. Dem Kontrollbüro steht ein internationaler Mitarbeiterstab zur Seite; er besteht aus dem Kontrolldirektor, dem für die Durchführung der Aufgaben des Kontrollbüros erforderlichen technischen und Verwaltungspersonal sowie insbesondere einem internationalen Inspektorenstab. Die Inspektoren und die sonstigen Mitglieder dieses internationalen Stabes gehören zum Personal der Organisation.

c. Unter Vorbehalt ihrer Verantwortlichkeit gegenüber der Agentur dürfen die Inspektoren und sonstigen Mitglieder des internationalen Stabes auch nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt Tatsachen oder Informationen, die ihnen bei der Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit bekannt geworden sind, nicht preisgeben.

Jede Zuwiderhandlung unterliegt ohne Eücksicht auf die Staatsangehörigkeit

592 des Zuwiderhandelnden in jedem Hoheitsgebiet der Vertragsregierungen den dort für die Übertretung der Eechtsvorschriften zur Wahrung des Berufsgeheimnisses geltenden Strafen.

d. Die Organisation kommt für jeden von der Agentur oder Mitgliedern des Mitarbeiterstabes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben verursachten ungebührlichen Schaden auf.

Artikel 10 a. Der Direktionsausschuss ist für sämtliche zur Anwendung dieses Übereinkommens erforderlichen Beschlüsse zuständig, insbesondere : i) genehmigt er die Geschäftsordnung des Kontrollbüros ; ii) genehmigt er die Sicherheitsregelungen ; iii) schliesst er vorbehaltlich der Genehmigung durch den Eat Vereinbarungen mit den betreffenden Eegierungen ; iv) verfügt er gegebenenfalls die in Artikel 5, Absatz (b), vorgesehenen Massnahmen.

b. Beschlüsse des Direktionsausschusses, welche die Anwendung dieses Übereinkommens betreffen, bedürfen der einstimmigen Annahme durch die anwesenden und abstimmenden Mitglieder. Jedoch erfordern die nach Absatz (a), Ziffer (iv), gefassten Beschlüsse einer Zweidrittelsmehrheit der Mitglieder des Direktionsausschusses unter Ausschluss desjenigen Mitglieds, das die Regierung vertritt, in deren Hoheitsgebiet die Zuwiderhandlung begangen worden ist.

Artikel 11 a. Die Inspektionen werden kraft einer vom Kontrollbüro ausgestellten Anordnung durchgeführt, in der die zu inspizierenden Einrichtungen anzugeben sind.

fe. Jede einzelne Inspektion wird der betreffenden Eegierung im voraus angekündigt ; die Ankündigung enthält keinen Hinweis darauf, welche Einrichtungen inspiziert werden sollen.

c. Wenn die betreffende Regierung es verlangt, begleiten Vertreter dieser Regierung die internationalen Inspektoren, jedoch mit der Massgabe, dass die Inspektoren hierdurch nicht aufgehalten oder auf andere Weise bei der Durch- führung ihrer Aufgaben behindert werden.

d. Den internationalen Inspektoren obliegt es, sich die in Artikel 3, Absatz c, erwähnten buchmässigen Nachweise über das besondere spaltbare und Ausgangsmaterial zu beschaffen, sie nachzuprüfen und festzustellen, ob die Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen und aus den mit der oder den betreffenden Regierungen geschlossenen Vereinbarungen beachtet werden. Die Inspektoren melden dem Kontrollbüro jede Zuwiderhandlung.

e. Im Falle eines Widerstandes gegen die Durchführung
einer Inspektionsmassnahme kann das Kontrollbüro beim Präsidenten des in Artikel 12 vorgesehenen Gerichts eine gegen das betreffende Unternehmen gerichtete Anordnung

593 zur Durchführung dieser Inspektionsmassnahme beantragen. Der Präsident des Gerichts entscheidet binnen drei Tagen. Diese Entscheidung greift dem Urteil des Gerichts nicht vor, wenn es in derselben Sache gemäss Artikel 13 angerufen wird.

Teil III Artikel 12 a. Hiermit wird ein Gericht errichtet, das aus sieben unabhängigen Eichtern besteht ; diese werden auf fünf Jahre entweder durch Eatsbeschluss ernannt oder mangels eines solchen durch das Los aus einer Liste bestimmt, die je einen Kandidaten jeder Vertragsregierung enthält.

b. Gehört dem Gericht kein Eichter an, der die Staatsangehörigkeit einer Partei eines beim Gericht anhängig gemachten Eechtsstreites besitzt, so kann die betreffende Eegierung einen zusätzlichen Eichter ihrer Wahl für dieses Verfahren bestellen.

c. Die Organisation des Gerichts sowie der Status der Eichter haben dem Protokoll zu entsprechen, das diesem Übereinkommen beigefügt ist.

d. Das Gericht erlässt seine Verfahrensordnung, die der Genehmigung des . Eates bedarf.

Artikel 13 a. Jede Vertragsregierung sowie jedes betroffene Unternehmen kann das gemäss Artikel 12 errichtete Gericht anrufen gegen Beschlüsse, i) die sich auf die Anwendung des Artikels 3 beziehen; wird binnen zwei.Monaten nach Einbringung eines Prüfungs- oder Genehmigungsantrages eine Antwort nicht erteilt, so gilt dies als eine ablehnende Entscheidung; ii) die eine oder mehrere der in Artikel 5, Absatz (b), vorgesehenen Massnahmen verfügen.

fe. Wird das Gericht aufgrund des Absatzes (a) angerufen, so entscheidet es, ·ob der angefochtene Beschluss diesem Übereinkommen, den Sicherheitsregelun.gen und den in Artikel 8 vorgesehenen Vereinbarungen entspricht. Stellt das Gericht fest, dass er diesen Bestimmungen zuwiderläuft, so hat der' Direktionsausschuss alle Massnahmen zu treffen, die zur Vollstreckung der Entscheidung des Gerichtes erforderlich sind.

c. Das Gericht kann die Agentur zur Wiedergutmachung eines durch den angefochtenen Beschluss entstandenen Schadens anhalten.

d. Ferner kann jedes Unternehmen beim Gericht beantragen, dass die Agentur zur Wiedergutmachung jedes aussergewöhnlichen Schadens verurteilt wird, den es wegen einer nach Artikel 5 durchgeführten Inspektion erlitten hat.

Artikel 14 Das Gericht ist im Eahmen des gemeinsamen Vorgehens der Mitgliedstaaten der Organisation im Bereich der Kernenergie für jede weitere Frage zuständig,

594 welche ihm die betreffenden Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen vorlegen.

Artikel 15 a. In den in Artikel 13, Absatz (a), genannten Fällen müssen Klagen beim Gericht binnen zwei Monaten nach Erlass des angefochtenen Beschlusses erhoben werden, in allen anderen Fällen binnen drei Jahren, nachdem das Unternehmen von den Tatsachen, die ihm einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz einräumen, Kenntnis erlangt hat.

b. Vorbehaltlich des Absatzes (c) haben Klagen bei dem Gericht keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch, falls nach seiner Auffassung die Umstände dies erfordern, die Durchführung des angefochtenen Beschlusses aussetzen.

c. Die beim Gericht gegen Beschlüsse aufgrund des Artikels 5, Absatz (b), Ziffer (ii), erhobenen, Klagen haben aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch auf Antrag einer Vertragsregierung die unverzügliche Durchführung des Beschlusses anordnen.

Teil IV Artikel 16 a. Zwischen der Organisation und der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) wird eine Vereinbarung über die Bedingungen getroffen, zu denen, um die Ziele dieses Übereinkommens zu erreichen, die zuständigen Organe von EURATOM im Auftrag der Agentur die durch dieses Übereinkommen eingerichtete Kontrolle in den Hoheitsgebieten ausüben, auf die der am 25. März 1957 in Rom unterzeichnete Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) Anwendung findet. Vorschläge hierzu werden der durch den erwähnten Vertrag errichteten Europäischen Kommission sofort nach ihrer Einsetzung unterbreitet, damit diese Vereinbarung möglichst rasch zustande kommt.

b. Zwischen der Organisation und der Internationalen Atomenergie-Organisation kann gleichfalls eine Vereinbarung geschlossen werden, um die zwischen den beiden Organisationen herzustellende Zusammenarbeit festzulegen.

Artikel 17 Der Begriff des militärischen Zweckes im Sinne des Artikels l umfasst die Verwendung besonderen spaltbaren Materials in Kriegswaffen, nicht jedoch dessen Verwendung in Reaktoren zur Erzeugung von Elektrizität oder Wärme oder für Antriebszwecke.

Artikel 18 a. Der Ausdruck «besonderes spaltbares Material» bedeutet: Plutonium 239, Uranium 233, mit den Isotopen 235 oder 233 angereichertes Uran; jedes Material, das eines oder mehrere der erwähnten Isotope enthält, und alles sonstige, jeweils

595 vom Direktionsausschuss bezeichnete spaltbare Material; der Ausdruck «besonders spaltbares Material» schliesst jedoch Ausgangsmaterial nicht ein.

b. Der Ausdruck «mit den Isotopen 235 oder 233 angereichertes Uran» bedeutet : Uran, das die Isotope 235 oder 233 oder beide in einer solchen Menge enthält, dass das Verhältnis der Summe dieser Isotope zum Isotop 238 höher liegt als das in der Natur vorkommende Verhältnis des Isotops 235 zum Isotop 238.

c. Der Ausdruck «Ausgangsmaterial» bedeutet: Uran, das die in der Natur vorkommende Isotopen-Mischung enthält; Uran, dessen Gehalt an dem Isotop 235 unter dem normalen liegt ; Thorium ; jeden der erwähnten Stoffe in Form von Metall, Legierung, chemischer Verbindung oder Konzentrat; alles sonstige Material, das einen oder mehrere der erwähnten Stoffe in einer vom Direktionsausschuss jeweils zu bestimmenden Konzentration enthält, sowie jedes sonstige jeweils vom Direktionsausschuss bezeichnete Material.

d. Der Ausdruck «Material» bedeutet Ausgangsmaterial und besonderes spaltbares Material.

Artikel 19 a. Die Eegierung eines Mitglieds- oder assoziierten Staates der Organisation, die dieses Übereinkommen nicht unterzeichnet hat, kann ihm durch eine an den Generalsekretär der Organisation zu richtende Notifikation unter der Bedingung beitreten, dass sie Mitglied der Agentur wird.

b. Die Eegierung eines sonstigen Staates, die dieses Übereinkommen nicht unterzeichnet hat, kann ihm durch eine an den Generalsekretär der Organisation zu richtende Notifikation unter der Bedingung beitreten, dass sie Mitglied der Agentur wird ; der Beitritt bedarf der einmütigen Zustimmung der Mitglieder der Organisation. Er wird mit dem Zeitpunkt der Zustimmung wirksam.

Artikel 20 Jede Vertragsregierung kann unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten durch ein an den Generalsekretär der Organisation zu richtendes Kündigungsschreiben von diesem Übereinkommen zurücktreten; der Eücktritt beendet jedoch nicht die Kontrolle der vorher von der Agentur oder unter ihrer Aufsicht gelieferten Materialien.

Artikel 21 a. Dieses Übereinkommen bedarf der Eatifikation. Die Eatifikationsurkunden werden beim Generalsekretär der Organisation hinterlegt.

b. Dieses Übereinkommen tritt mit Hinterlegung der Eatifikationsurkunden durch mindestens zehn Unterzeichner in Kraft. Für jeden später
ratifizierenden Unterzeichner tritt es mit Hinterlegung seiner Eatifikationsurkunde in Kraft.

c. In den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten der Europäischen Atomgemeinschaft (EUEATOM) findet dieses Übereinkommen erst nach Abschluss der inArtikel 16, Absatz (a), vorgesehenenVereinbarung Anwendung; unbeschadet

596 der darin festzulegenden Bestimmungen gilt dies nicht für Einrichtungen in Gemeinschaftsunternehmen.

Artikel 22 Der Generalsekretär der Organisation setzt sämtliche Vertragsregierungen vom Empfang der Eatifikations- und Beitrittsurkunden in Kenntnis. Er notifiziert ihnen den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens.

Anlage Auslegung zu Artikel l Die Bestimmungen des Artikels l, Absatz (a), Ziffer (ii), über «Dienstleistungen, die von der Agentur oder unter ihrer Aufsicht zur Verfügung gestellt werden», beziehen sich auf die besondere Hilfe, die einem Staat aufgrund einer mit seiner Eegierung getroffenen Sondervereinbarung gewährt werden kann. Sie bewirken keine Erweiterung des Anwendungsbereichs von Artikel 2 im Sinne eines Folgerechts zur Kontrolle der Tätigkeit von Personen, die in Gemeinschaftsunternehmen mitgearbeitet haben, oder zur Kontrolle der Verwertung von Kenntnissen, die von Teilnehmern an diesen Unternehmen erworben worden sind.

Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten hierzu gehörig Bevollmächtigten dieses Übereinkommen mit ihren Unterschriften versehen.

Geschehen zu Paris am 20. Dezember 1957 in französischer, englischer, deutscher, italienischer und niederländischer Sprache, in einer Urschrift, die bei dem Generalsekretär der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit hinterlegt wird; dieser übermittelt jedem Unterzeichner eine beglaubigte Abschrift.

Es folgen die Unterschriften:

597

Protokoll über

das durch das Übereinkommen zur Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie errichtete Gericht Die Begierungen, die Vertragsparteien des Übereinkommens vom heutigen Tage zur Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie (im folgenden als «Übereinkommen» bezeichnet) sind: In dem Wunsch, gemäss Artikel 12 des Übereinkommens die Organisation des durch den genannten Artikel errichteten Gerichts sowie den Status seiner Bichter zu bestimmen: Haben folgende Bestimmungen vereinbart, die dem Übereinkommen beigefügt sind: c Artikel l Das durch Artikel 12, Absatz (a), des Übereinkommens errichtete Gericht übt seine Tätigkeit gemäss den Bestimmungen des Übereinkommens und dieses Protokolls aus.

Artikel 2 a. Die in Artikel 12, Absatz (a), des Übereinkommens vorgesehene Bestellung der Bichter findet binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des Übereinkommens statt; spätere Bestellungen erfolgen binnen sechs Monaten nach Freiwerden eines Sitzes.

b. Bin freigewordener Sitz wird für die verbleibende Amtszeit nach dem bei der ersten Bestellung geübten Verfahren besetzt.

Artikel 8 a. Als Bichter sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung sind.

b. Ein Bichter darf nicht an der Erledigung einer Sache teilnehmen, in der er vorher als Bevollmächtigter, Bechtsbeistand oder Anwalt einer der Parteien, als Mitglied eines nationalen oder internationalen Gerichts oder einer Untersuchungskommission oder in anderer Eigenschaft tätig gewesen ist. In Zweifelsfällen entscheidet das Gericht.

c. Das Gericht darf nicht mehr als einen Angehörigen desselben Staates zum Mitglied haben.

Bundesblatt. 110. Jahrg. Bd. II.

42

598 Artikel 4 a. Die Richter sind hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen keiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Diese Immunität steht ihnen auch nach Abschluss ihrer Amtstätigkeit zu. Das Gericht kann diese Immunität aufheben.

b. Ein Eichtet kann nur dann seines Amtes enthoben werden, wenn er nach einstimmiger Auffassung der anderen Eichter nicht mehr die für seine Bestellung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt.

c. Der betroffene Eichter wirkt bei den in diesem Artikel vorgesehenen Beratungen und Beschlüssen nicht mit.

Artikel 5 a. Das Gericht wählt seinen Präsidenten.

b. Das Gericht ernennt seinen Kanzler.

Artikel 6 Die Vorschriften über die Bezüge der Eichter werden vom Eat der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (im folgenden als «Organisation» bezeichnet) erlassen.

Artikel 7 a. Der Präsident beruft das Gericht je nach Bedarf ein.

b. Das Gericht tagt am Sitz der Organisation.

c. Der Präsident führt in den Verhandlungen des Gerichts den Vorsitz. Ist der Präsident verhindert oder hat er dieselbe Staatsangehörigkeit wie eine der Parteien, so führt der älteste der anderen Eichter den Vorsitz.

Artikel 8 a. Das Gericht ist verhandlungs- und beratungsfähig, wenn fünf Eichter anwesend sind.

b. Alle Entscheidungen des Gerichts werden mit Stimmenmehrheit der anwesenden Eichter gefasst.

c. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten oder des ihn vertretenden Eichters den Ausschlag.

Artikel 9 a. Die Verhandlungen sind öffentlich, wenn nicht das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien etwas anderes beschliesst.

599 b. Die Beratungen des Gerichts sind geheim. Seine Entscheidungen sind mit Gründen zu versehen ; sie haben die Namen der Eichter zu enthalten, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben.

Artikel 10 a. Die Mitgliedstaaten sowie die Organisation werden vor dem Gericht durch einen Bevollmächtigten vertreten, der für jede Sache bestellt wird. Er kann sich vor dem Gericht durch Eechtsbeistände oder Anwälte unterstützen b. Die anderen Parteien können durch Personen vertreten werden, die befugt sind, vor einem Gericht eines Mitgliedstaates zu plädieren.

c. Die in diesem Artikel erwähnten Bevollmächtigten, Kechtsbeistände und Anwälte gemessen Befreiung von der Gerichtsbarkeit für die mündlichen und schriftlichen Äusserungen, die sie in Verbindung mit ihren in diesem Artikel vorgesehenen Aufgaben machen. Darüber hinaus gemessen sie Bewegungsfreiheit für Eeisen zwischen dem Sitz des Gerichts und ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort; ihre Dokumente sind unverletzlich.

d. Diese Befreiungen werden den genannten Personen ausschliesslich im Interesse einer ordnungsgemässen Eechtspflege und in dem für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Umfang gewährt. Das Gericht kann diese Befreiungen aufheben, wenn dies nach seiner Auffassung einer ordnungsgemässen Eechtspflege nicht im Wege steht.

e. Das Gericht hat nach Massgabe der Verfahrensordnung gegenüber den vor ihm auftretenden Eechtsbeiständen und Anwälten die den Gerichten üblicherweise zuerkannten Befugnisse.

Artikel 11' a. Zeugen und Sachverständige können nach Massgabe der Verfahrensordnung vernommen werden.

b. Zeugen und Sachverständige können entweder unter Benutzung der in der Verfahrensordnung vorgeschriebenen Eidesformel oder auf die in der Eechtsordnung ihres Landes vorgesehene Weise eidlich vernommen werden.

Artikel 12 a. Das Gericht kann beantragen, dass ein Zeuge oder Sachverständiger von der Justizbehörde seines Wohnortes vernommen wird.

b. Dieser Antrag ist an die betreffende Eegierung zu richten; diese leitet ihn der zuständigen Justizbehörde zu.

Artikel 13 a. Jede von einem Zeugen oder einem Sachverständigen vor dem Gericht be angene Eidesverletzung wird wie die entsprechende strafbare Handlung vor

600

einem in Zivilsachen zuständigen Gericht des Staates behandelt, in welchem das Gericht seine Sitzungen abgehalten hat.

6. Wird eine solche strafbare Handlung während einer im Artikel 12 vorgesehenen Vernehmung vor einer staatlichen Justizbehörde begangen, so finden die für diese geltenden innerstaatlichen Eechtsvorschriften Anwendung.

Artikel 14 Das Gericht entscheidet über Höhe und Aufteilung der Kosten.

Artikel 15 Die Ausgaben für die Tätigkeit des Gerichts gehen zu Lasten des Haushalts der Organisation.

Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Protokoll mit ihren Unterschriften versehen.

Geschehen zu Paris am 20. Dezember 1957 in französischer, englischer, deutscher, italienischer und niederländischer Sprache, in einer Urschrift, die bei dem Generalsekretär der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit hinterlegt wird; dieser übermittelt jedem Unterzeichner eine beglaubigte Abschrift.

Es folgen die Unterschriften:

601

Übereinkommen über

die Gründung der Europäischen Gesellschaft für die Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe EUROCHEMIC

Die Eegierungen des Königreichs Belgien, des Königreichs Dänemark,- der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, des Königreichs der Niederlande, des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, des Königreichs Schweden, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Türkischen Republik; In der Erwägung, dass aufgrund eines vom Rat der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit am 18. Juli 1956 gefassten Beschlusses eine Studiengruppe aus einer Reihe von Mitgliedstaaten dieser Organisation gebildet wurde, die an der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens für die chemische Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe interessiert sind; In der Erwägung, dass aufgrund der Arbeiten dieser Studiengruppe die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, die Regierung der Republik Österreich, die Regierung des Königreichs Belgien, die Regierung des Königreichs Dänemark, das Commissariat à l'Energie Atomique in Paris, das Comitato Nazionale per le Ricerche Nucleari in Rom, die Regierung des Königreichs Norwegen, die Regierung des Königreichs der Niederlande, die Junta de Energia Nuclear in Lissabon, die Aktiebolaget Atomenergi in Stockholm, die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und die Regierung der Türkischen Republik übereingekommen sind, ein Gemeinschaftsunternehmen unter der Firma «Europäische Gesellschaft für die Chemische Aufarbeitung Bestrahlter Kernbrennstoffe (EUROCHEMIC)» zu gründen; In der Erwägung, dass diese Gesellschaft nach ihrer Zusammensetzung und ihren Zielen internationalen Charakter hat und dem allgemeinen Interesse der an ihr beteiligten Staaten dient; In der Erwägung, dass es der Zweck dieser Gesellschaft ist, jegliche Forschung oder industrielle Tätigkeit in bezug auf die Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe und die Verwendung der so gewonnenen Erzeugnisse durchzuführen, zur Ausbildung von Fachkräften auf diesem Gebiet beizutragen und dadurch die Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke

602

durch die Mitgliedstaaten der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit zu fördern, sowie hierfür ein Werk zur chemischen Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe und ein Forschungslaboratorium noch vor 1961 zu errichten und sodann zu betreiben; Von dem Wunsch geleitet, unter diesen Umständen der Gesellschaft jede von ihr benötigte Unterstützung zu gewähren; In der Erkenntnis, dass die Gründung und die Tätigkeit der Gesellschaft durch Sondérmassnahmen der Eegierungen der an ihr beteiligten Staaten erleichtert werden sollen, ohne dass jedoch die der Gesellschaft eingeräumten Erleichterungen einen Präzedenzfall für vielleicht später zu errichtende andere Gemeinschaftsunternehmen darstellen ; Sind wie folgt übereingekommen: Teil I Artikel l |'a. Unter der Firma «Europäische Gesellschaft für die Chemische Aufarbeitung Bestrahlter Kernbrennstoffe (EUEOCHEMIC) » (im folgenden als «Gesellschaft» bezeichnet) wird ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet.

6. Die Errichtung der Gesellschaft findet entsprechend der diesem Übereinkommen beigefügten Satzung (im folgenden als «Satzung» bezeichnet) nach deren Unterzeichnung und mit Inkrafttreten dieses Übereinkommens statt.

Artikel 2 a. Für die Gesellschaft sind dieses Übereinkommen, die Satzung und · subsidiär das Kecht - soweit diesem das Übereinkommen oder die Satzung nicht entgegensteht - des Staates massgebend, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat.

6. Die Gesellschaft besitzt Eechtspersönlichkeit. Sie ist befähigt, alle Handlungen vorzunehmen, die dem Gesellschaftszweck entsprechen, insbesondere Verträge zu schliessen, bewegliches und unbewegliches Eigentum zu erwerben und zu veräussern sowie vor Gericht zu stehen.

c. Für den Erwerb von unbeweglichem Eigentum, das zur Errichtung der Anlagen der Gesellschaft erforderlich ist, wird nach innerstaatlichem Eecht das Vorliegen eines öffentlichen Interesses anerkannt. Das Enteignungsverfahren aus Gründen des öffentlichen Interesses kann von der betreffenden Eegierung nach'innerstaatlichem Eecht zur Herbeiführung des Erwerbs in Fällen eingeleitet werden, in denen eine gütliche Einigung nicht zustande kommt.

Artikel 3 Die Vertragsregierungen werden die in ihrer Zuständigkeit hegenden erforderlichen Massnahmen treffen, um der Gesellschaft die Vornahme aller

603

ihrem Zweck entsprechenden Handlungen, besonders im Zusammenhang mit aufgearbeitetem Kernbrennstoff und wieder gewonnenem Material, zu erleichtern.

Artikel 4 a. Dieses Übereinkommen lässt die Eechte und Pflichten aus dem am 25. März 1957 zu Born unterzeichneten Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EUBATOM) unberührt.

b. Für Verträge über besonderes spaltbares oder Ausgangsmaterial, das aus Ländern geliefert wird, die nicht Mitglied der Europäischen Atomgemeinschaft (EUEATOM) sind, oder das für solche bestimmt ist, gelten die in Artikel 75 des genannten Vertrags vorgesehenen Ausnahmen.

Artikel 5 Die in dem Übereinkommen vom 20. Dezember 1957 über die Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie vorgesehene Sicherheitskontrolle findet auf die Tätigkeit der Gesellschaft sowie auf ihre Erzeugnisse Anwendung und wird nach Massgabe des genannten Übereinkommens und der in seinem Artikel 16, Absatz (a) vorgesehenen Vereinbarung ausgeübt.

Artikel 6 a. Die Einrichtungen und Archive der Gesellschaft sind unverletzlich Das Eigentum und die Vermögenswerte der Gesellschaft sowie die an sie oder von ihr zum Versand gebrachten Materialien dürfen von Verwaltungsbehörden weder beschlagnahmt noch eingezogen noch enteignet werden.

b. Das Eigentum und die Vermögenswerte der Gesellschaft können nur aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung beschlagnahmt werden oder Gegenstand von Zwangsvollstreckungsmassnahmen sein. Die Einrichtungen und Materialien, die für die Tätigkeit der Gesellschaft notwendig sind, können weder beschlagnahmt werden noch Gegenstand von Zwangsvollstreckungsmassnahmen sein.

c. Dieser Artikel hindert die zuständigen Behörden eines Staates, in dem sich der Sitz oder Einrichtungen und Archive der Gesellschaft befinden, nicht am Zugang zu diesen Einrichtungen und Archiven, um im Hoheitsgebiet dieses Staates die Durchführung von gerichtliehen Entscheidungen oder von Begelungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und zur Verhütung von Unfällen zu gewährleisten.

Artikel 7 a. Die Gesellschaft ist in dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat, von allen Steuern und sonstigen Abgaben anlässlich ihrer Gründung, der Zeichnung oder Erhöhung ihres Kapitals und der Ausgabe von Aktien, sowie von den verschiedenen Formalitäten befreit, die hiermit in diesem Staat verbunden sind.

604 Desgleichen ist sie von allen Abgaben und Steuern anlässlich ihrer Auflösung und Liquidation befreit.

b. In einem Staat, in dem sich der Sitz oder Einrichtungen der Gesellschaft befinden, ist sie von allen Abgaben und Steuern, die anlässlich des Erwerbs von unbeweglichem Eigentum erhoben werden, sowie von allen Umschreibungsund Eintragungsgebühren befreit.

c. Die Gesellschaft ist in dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat, hinsichtlich ihrer selbst, ihres Eigentums, ihrer Vermögenswerte und Einkünfte von allen direkten Steuern befreit.

d. Der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, befreit sie von allen Steuern ausserordentlicher oder diskriminierender Art, wie beispielsweise von besonderen Kapitalabgaben oder Steuern, die nicht auch von anderen Gesellschaften mit vergleichbarer Tätigkeit erhoben werden.

e. Die in diesem Artikel vorgesehenen Befreiungen erstrecken sich nicht auf Abgaben, die als Vergütung von Leistungen gemeinnütziger Versorgungsbetriebe erhoben werden.

Artikel 8 a. Vorbehaltlich des Artikels 9 sind die für die Einrichtungen und den Betrieb der Gesellschaft erforderlichen Kohstoffe, Ausrüstungsgüter, wissenschaftlichen und technischen Materialien von allen Zöllen und Abgaben ähnlicher Wirkung sowie von sämtlichen Einfuhrbeschränkungen befreit.

b. Die so eingeführten Erzeugnisse dürfen in dem Hoheitsgebiet des Staates, in den sie eingeführt worden sind, nicht weiter verkauft werden, es sei denn unter Bedingungen, die mit dessen Eegierung vereinbart sind.

c. Das für die Gesellschaft bestimmte spaltbare Material sowie von der Gesellschaft erzeugtes oder wiedergewonnenes Material, das für einen Staat bestimmt ist, dessen Eegierung Vertragspartei dieses Übereinkommens und Aktionär der Gesellschaft ist oder unter dessen Staatsangehörigen sich Aktionäre der Gesellschaft befinden (im folgenden als «Teilnehmerstaaten» bezeichnet), ist bei der Ein- und Ausfuhr von allen Zöllen oder Abgaben ähnlicher Wirkung und von sämtlichen Beschränkungen befreit. · Artikel 9 a. Die Gesellschaft kann zur Durchführung der ihrem Zweck entsprechenden Geschäfte Zahlungsmittel der Vertragsparteien des Abkommens vom 19. September 1950 über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion sowie der sonstigen Staaten, deren Begierungen Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, erwerben, besitzen
und verwenden. Die Vertragsregierungen erteilen ihr erforderlichenfalls alle notwendigen Genehmigungen in Übereinstimmung mit den in den einschlägigen Regelungen und Vereinbarungen vorgesehenen Verfahren.

605 b. Die Vertragsregierungen erteilen der Gesellschaft möglichst grosszügig die notwendigen Genehmigungen, um ihr den Erwerb, den Besitz und die Verwendung von Zahlungsmitteln zu ermöglichen, die unter Absatz (a) nicht erfasst sind.

. Artikel 10 a. Die Gesellschaft kann ohne jede Behinderung oder Einschränkung Angehörige der Teilnehmerstaaten als technisches Personal, Bürokräfte und Facharbeiter anwerben.

b. Insbesondere wendet der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, seine Bestimmungen über die Einwanderung oder die Meldepflicht von Ausländern gegebenenfalls so an, dass sie weder die Einstellung noch die Heimkehr des aus anderen Teilnehmerstaaten stammenden Fachpersonals hindern, vorbehaltlich etwaiger Ausnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheitspflege.

c. Die von der Gesellschaft beschäftigten Personen haben das Recht, i)' ihre Wohnungseinrichtung und ihre persönlichen Gebrauchsgegenstände aus dem Staat ihres letzten ständigen Aufenthaltes oder dem Staat, dem sie angehören, bei Antritt ihres Dientses zollfrei in den in Frage stehenden Staat einzuführen und bei Beendigung ihrer Amtstätigkeit zollfrei aus diesem Staat wiederauszuführen, jedoch in beiden Fällen vorbehaltlich der Bedingungen, welche die Regierungen des Staates, in dem dieses Eecht ausgeübt wird, für erforderlich erachtet ; ii) das zu ihrem eigenen Gebrauch bestimmte Kraftfahrzeug, sofern es im Staat ihres letzten ständigen Aufenthalts oder in dem Staat, dem sie angehören, zu den auf dem Binnenmarkt dieses Staates geltenden Bedingungen erworben worden ist, zollfrei einzuführen und es zollfrei wieder auszuführen, jedoch in beiden Fällen vorbehaltlich der Bedingungen, welche die Regierung des in Frage stehenden Staates für erforderlich erachtet.

Teil II Artikel 11 a. Die Gesellschaft erstattet den Regierungen der Teilnehmerstaaten jedes Jahr einen Bericht über die Entwicklung und die Finanzlage der Gesellschaft.

b. Die Berichte der Gesellschaft werden einer zum Direktionsausschuss der Europäischen Kernenergie-Agentur gehörenden Sondergruppe (im folgenden als «Sondergruppe» bezeichnet) vorgelegt, die aus Vertretern der Regierungen der Teilnehmerstaaten besteht.

Artikel 12 a. Die Sondergruppe prüft alle im gemeinsamen Interesse der Vertragsregierungen liegenden Probleme, die sich aus der Tätigkeit der Gesellschaft ergeben, und schlägt die Massnahmen vor, die sie in diesem Zusammenhang für notwendig hält.

606

b. Sollte sich später zeigen, dass die Anwendung von Rechtsvorschriften in dem Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, oder in einem anderen Teilnehmerstaat bei der Durchführung der dem Gesellschaftszweck entsprechenden Geschäfte Anlass zu Schwierigkeiten gibt, so schlägt die Sondergruppe Massnahmen zu deren Behebung im Geiste dieses Übereinkommens vor.

c. Die Vorschläge der Sondergruppe aufgrund dieses Artikels bedürfen der einfachen Stimmenmehrheit.

Artikel 13 a. Jedes Mitglied des Verwaltungsrates sowie jeder Aktionär der Gesellschaft kann der Sondergruppe alle Schwierigkeiten unterbreiten, die aus folgenden Anlässen entstehen : i) Aufarbeitung von Kernbrennstoffen aus Teilnehmerstaaten oder Zuteilung der wiedergewonnenen Erzeugnisse ; ii) Verwendung der Mittel der Gesellschaft für die Entwicklung der Forschung; iii) Mitteilung der Forschungsergebnisse.

b. Wird die Sondergruppe auf diese Weise befasst, so bedürfen ihre Beschlüsse einer Dreiviertelmehrheit ihrer Mitglieder ; diese Beschlüsse sind für die Gesellschaft bindend.

Artikel 14 a. Die Genehmigung der Sondergruppe ist erforderlich für Änderungen der Satzung, die folgende Punkte betreffen: - den Sitz der Gesellschaft (Artikel 2) ; - ihren Zweck (Artikel 3) ; - die Bedingungen für die Zulassung neuer Aktionäre (Artikel 8) ; - die Annahme von Beschlüssen der Generalversammlung (Artikel 15) ; -- die Zusammensetzung des Verwaltungsrates (Artikel 18); - die Annahme von Beschlüssen des Verwaltungsrates (Artikel 23) ; - Informationen und Patente (Artikel 26) ; - die Übergangszeit (Artikel 27).

6. Die Genehmigung der Sondergruppe ist erforderlich für Beschlüsse der Gesellschaft betreffend i) die Verlängerung der Dauer der Gesellschaft ; ii) den Abschluss von Verträgen über die Aufarbeitung von Kernbrennstoffen aus Nicht-Teilnehmerstaaten oder die Lieferung besonderen spaltbaren Materials an solche Staaten; » iii) die Errichtung jedes neuen Werkes durch die Gesellschaft und die Bestimmung seines Standortes, sowie jede Erweiterung eines bestehenden Werkes zu einer Grossanlage.

c. Bei der Übertragung von Aktien oder Bezugsrechten auf eine Person, die nicht die gleiche Staatsangehörigkeit hat wie der Zedent, bedarf die Wahl des Zessionars der Genehmigung der Sondergruppe. Diese kann jedoch der

607

Übertragung von Aktien durch eine Kegierung, die ihre Absicht zur Kündigung nach Artikel 18, Absatz (a), erklärt hat, oder durch Aktionäre, welche die Staatsangehörigkeit einer solchen Eegierung besitzen, an Vertragsregierungen oder an deren Staatsangehörige nicht widersprechen.

d. Die Beschlüsse der Sondergruppe aufgrund dieses Artikels bedürfen der Einstimmigkeit ihrer Mitglieder.

Artikel 15 a. Die Genehmigung der Sondergruppe ist ferner erforderlich i) für alle nicht bereits in Artikel 14 erwähnten Änderungen der Satzung; ii) für jede Erhöhung oder Herabsetzung des Kapitals, die zu einer Änderung in der Verteilung des Kapitals unter den Aktionären führen würde.

b. Die Beschlüsse der Sondergruppe aufgrund dieses Artikels bedürfen einer Dreiviertelmehrheit ihrer Mitglieder.

Artikel 16 Jede Streitigkeit zwischen den Vertragsregierungen über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens wird von der Sondergruppe geprüft und kann, falls es zu keiner gütlichen Einigung kommt, durch Vereinbarung zwischen den betreffenden Eegierungen dem Gericht unterbreitet werden, das durch das Übereinkommen vom 20. Dezember 1957 über die Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie errichtet wurde.

Artikel 17 a. Dieses Übereinkommen wird auf fünfzehn Jahre geschlossen. Seine Geltungsdauer verlängert sich ohne weiteres um Zeitabschnitte von je fünf Jahren, wenn die Gesellschaft beim Ablauf des jeweiligen Zeitabschnitts noch besteht.

b. Eine über den ersten Zeitabschnitt von fünf Jahren hinausgehende Verlängerung der Geltungsdauer einzelner oder aller Bestimmungen * es Artikels 7 und des Artikels 8, Absätze (a) und (b), erfordert jedoch einen einstimmigen Beschluss sämtlicher Mitglieder der Sondergruppe, in dem die Dauer dieser Verlängerung festgelegt wird.

c. Dieses Übereinkomme^ oritt nach Beendigung der Liquidation der Gesellschaft ausser Kraft.

Artikel 18 o. Eine Vertragsregierung, die nicht oder nicht mehr Aktionär ist und unter deren Staatsangehörigen sich kein Aktionär der Gesellschaft befindet, kann nach fünfzehn Jahren unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten durch ein an den Generalsekretär der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammen-

608

arbeit zu richtendes Kündigungsschreiben von diesem Übereinkommen zurücktreten.

b. Der Eücktritt eines Staates, in dem sich der Sitz oder eine Einrichtung der Gesellschaft befindet, wird für diesen Staat erst dann wirksam, wenn der Sitz oder die Einrichtung in einen anderen Staat verlegt worden ist.

Artikel 19 a. Die Eegierung eines Mitglieds- oder assoziierten Staates der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit, die dieses Übereinkommen nicht unterzeichnet hat, kann ihm durch eine an den Generalsekretär der Organisation zu richtende Notifikation unter der Bedingung beitreten, dass sie Vertragspartei des Übereinkommens vom 20. Dezember 1957 zur Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie wird.

b. Die Eegierung eines sonstigen Staates, die dieses Übereinkommen nicht unterzeichnet hat, kann ihm durch eine an den Generalsekretär der Organisation zu richtende Notifikation unter der Bedingung beitreten, dass sie Vertragspartei des Übereinkommens vom 20. Dezember 1957 zur Einrichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie wird; der Beitritt bedarf der einmütigen Zustimmung der Mitglieder der Sondergruppe. Er wird mit dem Zeitpunkt der Zustimmung wirksam.

Artikel 20 a. Dieses Übereinkommen bedarf der Eatifikation. Die Eatifikationsurkunden werden bei dem Generalsekretär der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit .hinterlegt.

b. Das Übereinkommen tritt in Kraft, wenn es von der Eegierung des Staates, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, ratifiziert worden ist und wenn derjenige Teil des Grundkapitals,, der nach Artikel 4 der Satzung den Eegierungen, die ihre Eatifikationsurkunden hinterlegt haben, oder den Staatsangehörigen dieser Eegierungen zugeteilt wird, 80 v. H. des Kapitals der Gesellschaft ausmacht.

c. Für jeden Unterzeichner, der dieses Übereinkommen in der Folge ratifiziert, tritt es mit Hinterlegung seiner Eatifikationsurkunde in Kraft.

Artikel 21 Der Generalsekretär der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit setzt sämtliche Vertragsregierungen und die Gesellschaft vom Empfang der Eatifikations- und Beitrittsurkunden sowie der Kündigungsschreiben in Kenntnis. Er notifiziert ihnen den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens.

609

Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Übereinkommen mit ihren Unterschriften versehen.

Geschehen zu Paris am 20. Dezember 1957 in französischer, englischer, deutscher, italienischer und niederländischer Sprache, in einer Urschrift, die bei dem Generalsekretär der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit hinterlegt wird; dieser übermittelt jedem Unterzeichner eine beglaubigte Abschrift.

Es folgen die Unterschriften :

610

Satzung der

Europäischen Gesellschaft für die chemische Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe - EUROCHEMIC

Teil I Firma, Zweck, Sitz, Dauer und Kapital Artikel l Unter der Firma «Europäische Gesellschaft für die Chemische Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe (EUEOCHEMIC) » wird in' Form einer Aktiengesellschaft ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, für welches das internationale Übereinkommen über die Gründung der genannten Gesellschaft (im folgenden als «Übereinkommen» bezeichnet), diese Satzung und subsidiär das Becht des Staates massgebend sind, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat.

Artikel 2 Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Mol (Belgien).

Die Gesellschaft wird für die Dauer von fünfzehn Jahren errichtet.

Artikel 8 Diese Gesellschaft wird ein Werk und ein Laboratorium für die Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe noch vor 1961 errichten und sodann betreiben; sie wird die Entwicklung der Verfahren und die Ausbildung von Fachkräften auf diesem Gebiet sicherstellen.

Die Gesellschaft führt jegliche Forschung und industrielle Tätigkeit durch, um die Mitgliedstäaten der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit in die Lage zu versetzen, die in ihren Atomreaktoren verwendeten Kernbrennstoffe unter wirtschaftlichen Bedingungen aufzuarbeiten.

Sobald sich herausstellt, dass die Mengen der bestrahlten Kernbrennstoffe, welche die Mitgliedstaaten der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit zum Zwecke der Aufarbeitung in eine Gemeinschaftsanlage zu senden beabsichtigen, die Kapazität dieses Werkes zu übersteigen drohen, prüft die Gesellschaft Mittel und Wege, um den Bedarf dieser Staaten unter wirtschaftlichen Bedingungen zu befriedigen.

611 Artikel 4 Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 20 Millionen Rechnungseinheiten der Europäischen Zahlungsunion. Es wird in 400 Aktien mit einem Nennwert von je 50 000 Rechnungseinheiten zerlegt, die insgesamt ursprünglich gezeichnet und wie folgt verteilt werden: Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland . . .

68 Aktien 3 400 000 Die Regierung der Republik Österreich 20 Aktien 1000000 Die Regierung des Königreichs Belgien 44 Aktien 2 200 000 Die Regierung des Königreichs Dänemark 22 Aktien 1100 000 Das Commissariat à l'Energie Atomique in Paris . .

68 Aktien 3 400 000 Das Comitato Nazionale per le Ricerche Nucleari in Rom 44 Aktien 2200000 Die Regierung des Königreichs Norwegen 20 Aktien l 000 000 Die Regierung des Königreichs der Niederlande . .

30 Aktien l 500 000 Die Junta de Energia Nuclear in Lissabon . . . : · .

6 Aktien 300 000 Aktiebolaget Atomenergi in Stockholm 32 Aktien l 600 000 Die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 30 Aktien l 500 000 Die Regierung der Türkischen Republik 16 Aktien 800 000 Artikel 5 Die Aktien der Gesellschaft werden bei Errichtung der Gesellschaft zu 20 Prozent'eingezahlt. Weitere Bruchteile werden nach Massgabe der Bedürfnisse der Gesellschaft und des Fortschritts der Arbeiten unter Berücksichtigung des in Artikel 3 bestimmten Zwecks auf Beschluss der Generalversammlung eingezahlt.

Ist ein Unterzeichner des Übereinkommens nicht in der Lage, es binnen sechs Monaten nach seinem Inkrafttreten zu ratifizieren, so wird eine Generalversammlung einberufen, um Massnahmen zur Sicherstellung der Zeichnung des gesamten Kapitals zu beschliessen.

Artikel 6 Die Aktien lauten auf den Namen.

Sie sind nur mit Zustimmung der Generalversammlung übertragbar. Die Generalversammlung kann jedoch der Übertragung von Aktien seitens eines Aktionärs auf eine Person gleicher Staatsangehörigkeit nicht widersprechen, sofern die Regierung, der diese Person untersteht, ihre Genehmigung erteilt hat, Hat eine Regierung jedoch ihre Absicht zur Kündigung des Übereinkommens nach dessen Artikel 18, Absatz (a), erklärt, so kann die Generalversammlung der Übertragung von Aktien dieser Regierung oder die Staatsangehörigkeit dieser Regierung besitzender Aktionäre auf Regierungen, die Vertragsparteien' des Übereinkommens sind, oder auf deren Staatsangehörige nicht widersprechen.

612 Die Gesellschaft führt ein Aktienregister, in welches Name und Wohnort der Aktionäre eingetragen werden. Die Gesellschaft erkennt nur diejenigen als Aktionäre an, die in diesem Eegister eingetragen sind.

Artikel 7 Auf Grund eines Beschlusses der Generalversammlung · kann das Kapital der Gesellschaft entweder durch Ausgabe neuer Aktien für Sach- oder Bareinlagen erhöht oder herabgesetzt werden. Im Falle der Kapitalerhöhung ist jeder Aktionär entsprechend dem Verhältnis der Gesamtzahl der im Zeitpunkt dieser Erhöhung in seinem Besitz befindlichen Aktien vorbehaltlich des Artikels 8 zur Zeichnung neuer Aktien berechtigt. Wird ein Bezugsrecht nicht ausgeübt, so kann es mit Zustimmung der Generalversammlung auf einen anderen Aktionär übertragen werden, ohne dass diese in dem in Artikel 6, Absatz 2, Satz 2, vorgesehenen Fall der Übertragung widersprechen kann.

Die Generalversammlung setzt die Bedingungen für die Ausgabe neuer Aktien sowie die Vorschriften betreffend die Leistung von Sacheinlagen für dièse Aktien fest.

Artikel 8 Jede Eegierung sowie jede Person, die einer Vertragsregierung untersteht, kann als Aktionär der Gesellschaft zugelassen werden, entweder im Wege einer Übertragung von Aktien oder im Wege einer Zeichnung bei Kapitalerhöhung.

In diesem Fall werden sämtliche neuen Aktien oder ein Teil derselben dem neuen Aktionär durch Beschluss der Generalversammlung zugeteilt.

Teil II Die Generalversammlung Artikel 9 Organe der Gesellschaft sind die Generalversammlung und der Verwaltungsrat; sie führen ihre Aufgaben vorbehaltlich der Befugnisse durch, die der durch das Übereinkommen errichteten Sondergruppe übertragen sind.

Artikel 10 Die r Generalversammlung besteht aus sämtlichen Aktionären der Gesellschaft. Je ein Vertreter der Europäischen Kernenergie-Agentur und der Europäischen Atomgemeinschaft (EUEATOM) nehmen an der Generalversammlung in beratender Eigenschaft teil.

Die Generalversammlung ist das oberste Organ der Gesellschaft und hat folgende Befugnisse: 1. Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrates und ihrer Stellvertreter sowie Festsetzung der Vergütung der Mitglieder des Verwaltungsrates;

618 2.

8.

4.

5.

Ernennung der Abschlussprüf er ; Änderung dieser Satzung; Beschlussfassung über die Einzahlung weiterer Bruchteile des Kapitals; Beschlussfassung über jede Erhöhung oder Herabsetzung des Grundkapitals ; 6. Beschlussfassung über die Übertragung von Aktien und Bezugsrechten; 7. Beschlussfassung über die Verlängerung der Dauer der Gesellschaft; 8. Beschlussfassung über die Auflösung der Gesellschaft; 9. Bestellung der Liquidatoren; 10. Genehmigung der in Artikel 21 vorgesehenen Geschäftsordnung; 11. Entgegennahme des Berichts der Abschlussprüfer; Prüfung und Genehmigung des Geschäftsberichts, der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung; Beschlussfassung über die Verwendung des Beingewinns und Entlastung der Verwaltungsratsmitglieder; 12. Genehmigung des Jahresberichts an die Begierungen der Teilnehmerstaaten ; 13. Festsetzung des Höchstbetrages, bis zu welchem innerhalb eines gegebenen Zeitraums Anleihen aufgenommen werden dürfen; 14. Beschlussfassung über alle anderen Gegenstände, die ihr durch Gesetz vorbehalten sind oder vom Verwaltungsrat vorgelegt werden.

Artikel 11 Die erste Sitzung der Generalversammlung wird binnen einem Monat nach Inkrafttreten dieser Satzung durch den Generalsekretär der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit einberufen.

Die ordentliche Generalversammlung wird jedes Jahr vom Verwaltungsrat binnen sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres einberufen.

Artikel 12 1.

2.

3.

4.

Ausserordentliche Generalversammlungen werden wie folgt einberufen: durch Beschluss der Generalversammlung oder des Verwaltungsrates; auf Antrag der in Artikel 11 des Übereinkommens vorgesehenen Sondergruppe; auf Antrag des Ausschusses der Abschlussprüfer; auf Antrag eines oder mehrerer Aktionäre, deren Aktien zusammen mindestens ein Zehntel des Grundkapitals betragen. Dieser Antrag ist unter Angabe des Zwecks schriftlich zu stellen.

Einberufung und Abhaltung einer ausserordentlichen Generalversammlung erfolgen in gleicher Form wie im Falle einer ordentlichen Generalversammlung.

Artikel 13 Die Aktionäre werden zu einer Generalversammlung mindestens zwei Wochen vor dem Tage der Sitzung durch eingeschriebenen Brief einberufen.

Bundesblatt. 110. Jahrg. Bd. II.

43

614 Das Einberufungsschreiben hat die Tagesordnung und, wenn diese eine Änderung der Satzung vorsieht (Art. 10, Nummern 3, 5, 7 und 8), den wesentlichen Inhalt der vorgeschlagenen Änderung anzugeben.

Über nicht auf der Tagesordnung stehende Gegenstände können Beschlüsse nicht gefasst werden, mit Ausnahme eines Beschlusses über einen in der Sitzung gestellten Antrag auf Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung.

Die Generalversammlungen finden am Sitz der Gesellschaft statt, sofern der Verwaltungsrat nichts anderes beschliesst.

Artikel 14 Die Aktionäre üben ihr Stimmrecht in der Generalversammlung im Verhältnis zum Nennwert aller ihnen gehörenden Aktien aus. Jede Aktie gibt Eecht auf eine Stimme.

Artikel 15 Die Generalversammlung ist nach der ersten Einberufung verhandlungsfähig, wenn die Mehrheit der Aktien vertreten ist. Wird diese Mehrheit in der Generalversammlung nicht erreicht, so wird mit einer Mindestfrist von zwei Wochen eine zweite Generalversammlung einberufen, die ohne Eücksicht auf die Zahl der vertretenen Aktien verhandlungsfähig ist.

Die Generalversammlung fasst ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der vertretenen Aktien-Stimmen.

In den unter Artikel 10, Nummern 3 bis 8 und 13, angeführten Fällen bedürfen die Beschlüsse der Zweidrittelmehrheit des Grundkapitals.

Abgestimmt wird durch Handzeichen, wenn kein Aktionär geheime Stimm. abgäbe verlangt.

Artikel 16 Die Generalversammlung wird vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates oder, falls dieser verhindert ist, von einem der stellvertretenden Vorsitzenden oder in Ermangelung eines solchen von einem vom Verwaltungsrat bestimmten Mitglied geleitet.

Die Generalversammlung wählt durch Handzeichen zwei Stimmenzähler.

Sie wählt ferner einen Protokollführer, der nicht Aktionär zu sein braucht.

Artikel 17 Über die Verhandlungen und Beschlüsse der Generalversammlung wird Protokoll geführt.

Das Protokoll ist vom Sitzungsleiter, den Stimmenzählern und dem Protokollführer zu unterzeichnen.

615 Protokollabschriften oder -auszüge sind vom Vorsitzenden oder von einem der stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates zu unterzeichnen.

Teil III Der Verwaltungsrat Artikel 18 · Der Verwaltungsrat ist mit der Führung der Geschäfte der Gesellschaft betraut.

Der Verwaltungsrat besteht aus fünfzehn Mitgliedern. Diese sowie ihre Stellvertreter werden ohne Eücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit von der Generalversammlung bestellt. Je ein Vertreter der Europäischen KernenergieAgentur und der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) nehmen an den Sitzungen des Verwaltungsrats in beratender Eigenschaft teil.

Aktionäre oder Aktionärsgruppen, die mindestens 5 v. H. der Aktien der Gesellschaft besitzen, haben Anspruch auf je einen Sitz im Verwaltungsrat; jeder derart Berechtigte schlägt der Generalversammlung die Bestellung eines Verwaltungsratsmitglieds und eines Stellvertreters vor.

Die Verwaltungsratsmitglieder und ihre Stellvertreter werden auf drei Jahre bestellt. Wiederbestellung ist zulässig. Nach Ablauf der ersten drei Jahre wird jedes Jahr ein Drittel des Verwaltungsrats erneuert. Zu diesem Zweck werden in der Sitzung der Generalversammlung, die auf den Ablauf des dritten Eechnungsjahres der Gesellschaft folgt, die Verwaltungsratsmitglieder, die zum Ende des vierten und fünften Eechnungsjahres der Gesellschaft ausscheiden, durch das Los bestimmt.

Alle Verwaltungsratsmitglieder haben gleiches Stimmrecht.

Artikel 19 Die Wahl der Verwaltungsratsmitglieder und ihrer Stellvertreter erfolgt in der ordentlichen Generalversammlung. Das gleiche gilt für etwaige Ersatzwahlen, sofern nicht ein Aktionär die sofortige Besetzung eines freigewordenen Sitzes verlangt. In diesem Falle beruft der Verwaltungsrat unverzüglich eine ausserordentliche Generalversammlung zur Vornahme der Ersatzwahl ein.

Artikel 20 Der Vorsitzende und die stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates werden alljährlich vom Verwaltungsrat bestellt. Wiederbestellung ist zulässig. Der Verwaltungsrat bestellt einen Sekretär, der nicht dem Kreise seiner Mitglieder anzugehören braucht.

Ist der Vorsitzende verhindert, so führt einer der stellvertretenden Vorsitzenden oder in Ermangelung eines solchen das älteste in der Sitzung anwesende Verwaltungsratsmitglied den Vorsitz im Verwaltungsrat.

616

Artikel 21 Der Verwaltungsrat beschliesst über alle Angelegenheiten, die nicht einem anderen Organ der Gesellschaft übertragen sind.

Der Verwaltungsrat ist ermächtigt, die Führung der Geschäfte der Gesellschaft ganz oder teilweise einem oder mehreren seiner Mitglieder oder Dritten zu übertragen, die nicht Verwaltungsratsmitglieder zu sein brauchen. Er erlässt eine Geschäftsordnung, in der die Eechte und Pflichten des Verwaltungsrats, serner Delegierten und der Geschäftsleitung festgelegt sind.

In dieser Geschäftsordnung, die von der Generalversammlung zu genehmigen ist, hat der Verwaltungsrat seiner eigenen Beschlussfassung folgendes vorzubehalten : 1. die Zusammensetzung der Geschäftsleitung, die Festlegung der Bedingungen für die Einstellung und Abberufung ihrer Mitglieder und die Annahme ihres Eücktritts; 2. die Bestellung der Verwaltungsratsmitglieder, die im Namen der Gesellschaft zeichnungsberechtigt sind, sowie die Erteilung des Zeichnungsrechts an Personen, die dem Verwaltungsrat nicht angehören (Geschäftsleiter, Prokuristen) ; 3. die Bestellung des Generaldirektors der Gesellschaft; 4. die Aufnahme von Anleihen jeder Art in dem durch die Generalversammlung festgelegten Bahmen; 5. den Abschluss von Verträgen über die Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe oder über die Zuteilung des wiedergewonnenen besonderen spaltbaren Materials ; 6. den Abschluss von Verträgen über Patente, über vorläufige Schutzrechte oder über Gebrauchsmuster, die Eigentum der Gesellschaft sind; 7. die notwendigen Abmachungen über die Ausübung der Sicherheitskontrolle und sämtliche Abmachungen mit der Europäischen Kernenergie-Agentur ; 8. den Bau jedes neuen Werkes durch die Gesellschaft und die Festlegung seines Standortes sowie die Erweiterung eines bestehenden Werkes zu einer Grossanlage ; 9. die Aufstellung des Geschäftsberichts, des Jahresberichts an die Begierungen der Teilnehmerstaaten und der Jahresbilanz sowie die Formulierung der Vorschläge, die der Generalversammlung vorzulegen sind. Er lässt die Buchführung durch Buchsachverständige prüfen, die an der Geschäftsführung der Gesellschaft unbeteiligt sind.

Artikel 22 Der Verwaltungsrat tritt auf Einberufung durch seinen Vorsitzenden oder einen der stellvertretenden Vorsitzenden, so oft es die Geschäfte erfordern, mindestens aber einmal vierteljährlich, zusammen. Die Einberufung erfolgt

617 durch eingeschriebenen Brief, dem die Tagesordnung beiliegt und der mindestens acht Tage vor der Sitzung abzusenden ist.

Der Vorsitzende hat den Verwaltungsrat einzuberufen, wenn ein Verwaltungsratsmitglied dies schriftlich unter Angabe des Gegenstandes verlangt, den es auf die Tagesordnung gesetzt sehen möchte. In diesem Falle muss die Sitzung spätestens zwei Wochen nach Empfang des betreffenden Schreibens stattfinden.

Im Einberufongsschreiben ist der Sitzungsort anzugeben.

Ein Verwaltungsratsmitglied, das verhindert ist, an der Sitzung teilzunehmen, und dessen Stellvertreter gleichfalls verhindert ist, kann seine Stimme schriftlich abgeben oder sich von einem anderen Verwaltungsratsmitglied oder Stellvertreter, dem es ausdrücklich sein Stimmrecht überträgt, vertreten lassen. Ein Verwaltungsratsmitglied oder Stellvertreter kann nur einen seiner Kollegen vertreten.

In dringenden Fällen können Beschlüsse auch briefüch oder telegrafisch gefasst werden, sofern nicht ein Verwaltungsratsmitglied verlangt, dass die Beschlussfassung in einer Sitzung erfolgt.

Artikel 23 Der Verwaltungsrat ist weder verhandlungs- noch beschlussfähig, wenn er nicht ordnungsgemäss einberufen wurde und wenn nicht die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend oder durch Stellvertreter oder Bevollmächtigte vertreten ist.

Die Beschlüsse des Verwaltungsrates erfordern die Stimmenmehrheit der anwesenden oder durch Stellvertreter oder Bevollmächtigte vertretenen Verwaltungsratsmitglieder. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Sitzungsleiters den Ausschlag. Beschlüsse über die in Artikel 21, Nummern 3 bis 8, aufgezählten Angelegenheiten bedürfen jedoch der Zweidrittelmehrheit.

Artikel 24 Über die Verhandlungen und Beschlüsse des Verwaltungsrates wird ein Protokoll geführt.

Das Protokoll ist vom Sitzungsleiter und vom Protokollführer zu unterzeichnen.

Protokollabschriften oder -auszüge sind von dem Vorsitzenden oder einem der stellvertretenden Vorsitzenden zu unterzeichnen.

Artikel 25 Die den Verwaltungsratsmitgliedern zustehende Vergütung wird von der Generalversammlung festgesetzt.

618 Teil IV Informationen und Patente Artikel 26 a. Die Aktionäre werden über die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung und über die Kenntnisse unterrichtet, die sich aus der Tätigkeit der Gesellschaft ergeben, mit Ausnahme der Informationen, die der Gesellschaft erteilt wurden und über die sie nicht frei verfügen kann. Diese Verpflichtung hindert die Gesellschaft jedoch nicht daran, die zum Schutz ihrer Erfindungen notwendigen Massnahmen zu treffen.

b. Die unter Absatz (a) erwähnten Ergebnisse und Kenntnisse werden durch Berichte den Aktionären zugänglich gemacht, die überdies Praktikanten, deren Vergütung sie tragen, in die Einrichtungen der Gesellschaft entsenden können.

Der Verwaltungsrat arbeitet die Vorschriften für die Zulassung von Praktikanten aus. Die Höchstzahl der Praktikanten, die auf jeden Aktionär, entfällt, wird unter Berücksichtigung seiner Beteiligung am Grundkapital bestimmt.

c. Die Aktionäre sind berechtigt, nichtausschliessliche Lizenzen auf Patente, vorläufige Schutzrechte oder Gebrauchsmuster zu erwerben, die Eigentum der Gesellschaft sind. Sie sind ferner berechtigt, Unterlizenzen der Lizenzen zu erwerben, die der Gesellschaft mit der Befugnis zustehen, die Unterlizenzen zu gewähren. Die Bedingungen für diese Lizenzen und Unterlizenzen werden für alle beteiligten Aktionäre ohne Diskriminierung festgelegt.

d. Die Weitergabe der von der Gesellschaft empfangenen Informationen durch Aktionäre, sowie die Erteilung von Unterlizenzen an Dritte durch Aktionäre, die von der Gesellschaft eine Lizenz erhalten haben, bedürfen der Zustimmung des Verwaltungsrates. Der Verwaltungsrat kann jedoch der Weitergabe von Informationen oder der Erteilung einer Unterlizenz durch eine Eegierung oder eine öffentliche Stelle an ein Unternehmen nicht widersprechen, das in diesem Staat die betreffende Information oder Erfindung auswerten will.

e. die Arbeitnehmer und Praktikanten der Gesellschaft dürfen Informationen, die sie über die Arbeit der Gesellschaft erworben haben, ohne Genehmigung nicht weitergeben.

Teil V Buchführung, Liquidation Artikel 27 Die Gesellschaft tritt in die von der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit zur Verwirklichung des Zwecks der Gesellschaft eingegangenen Eechte und Pflichten ein und erstattet ihr alle diesbezüglichen besonderen Ausgaben.

619

Artikel 28 Die Buchführung der Gesellschaft wird durch einen von der Generalversammlung auf drei Jahre gewählten Ausschuss von drei Abschlussprüfern geprüft. Ihre Wiederwahl ist zulässig.

Aktionäre oder Aktionärs'gruppen, die 20 v. H. des Grundkapitals vertreten, können die Bestellung je eines weiteren Abschlussprüfers verlangen.

Die Abschlussprüfer haben insbesondere die Aufgabe, zu prüfen, ob die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung mit den Geschäftsbüchern übereinstimmen, ob letztere ordnungsgemäss geführt sind Und ob das ausgewiesene Gesellschaftsvermögen und die ausgewiesenen Ergebnisse des Finanzgebarens der Gesellschaft den Bestimmungen entsprechen, die für die Gesellschaft gemäss Artikel l massgebend sind.

Zur Durchführung ihrer Aufgabe sind die Abschlussprüfer berechtigt, die Geschäftsbücher der Gesellschaft und alle Buchungsbelege einzusehen. Die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung müssen ihnen mindestens dreissig Tage vor dem Zusammentritt der Generalversammlung vorgelegt werden.

Sie erstatten der Generalversammlung, die über den Geschäftsabschluss zu befinden hat, einen schriftlichen Bericht nebst ihren Vorschlägen.

Artikel 29 Die Buchführung und die Bilanz der Gesellschaft werden am Ende eines jeden Kalenderjahres abgeschlossen.

Die Bilanz ist nach den anerkannten Grundsätzen einer gesunden kaufmännischen Geschäftsführung aufzustellen.

Artikel 80 Von dem nach Abzug der Abschreibungen verbleibenden Gewinn werden zunächst 5 v. H. dem ordentlichen Eeservefonds zugewiesen, bis dieser ein Fünftel des eingezahlten Grundkapitals erreicht. Der Eeservefonds darf nur zur Deckung von Verlusten in Anspruch genommen werden.

Artikel 31 Bei Auflösung der Gesellschaft tritt diese in Liquidation. Sie gilt von diesem Zeitpunkt an als fortbestehend soweit der Zweck der Liquidation es erfordert.

Die Liquidation wird durch Liquidatoren durchgeführt, die von der Generalversammlung bestellt werden. Aktionäre oder Aktionärsgruppen, die 20 v. H. des Grundkapitals vertreten, können die Bestellung je eines Liquidators verlangen. Die Liquidatoren haben weitestgehende Vollmacht, das Gesellschaftsvermögen in Geld umzusetzen.

Nach Tilgung der Schulden und Eückzahlung der Aktien wird der verfügbare Überschuss unter die Aktionäre im Verhältnis des Nennbetrags der ihnen gehörenden Aktien verteilt.

620

Artikel 32 Anlässlich der Liquidation der Gesellschaft wird mit der Regierung des Staates, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, und gegebenenfalls mit den Regierungen der Staaten, in denen sich Anlagen der Gesellschaft befinden, über die mögliche Übernahme der Gesamtheit oder eines Teils der Anlagen sowie über die Lagerung und Überwachung der radioaktiven Abfälle eine Vereinbarung geschlossen.

Teil VI Schlussbestimmungen Artikel 33 Mitteilungen an die Aktionäre erfolgen durch eingeschriebenen Brief.

Amtliche Bekanntmachungen werden im «Moniteur Belge» veröffentlicht.

Bei allen anderen Bekanntmachungen entscheidet der Verwaltungsrat, wie sie zu erfolgen haben, und bestimmt gegebenenfalls die Zeitungen, in denen sie erscheinen.

Artikel 34 Jede Änderung dieser Satzung wird der Regierung des Staates notifiziert, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat.

Artikel 35 Diese Satzung tritt gleichzeitig mit d im Übereinkommen in Kraft.

Geschehen zu Paris am 20. Dezember 1957 in französischer, englischer, deutscher, italienischer und niederländischer Sprache, in einer Urschrift, die bei dem Generalsekretär der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit hinterlegt wird; dieser übermittelt jedem Aktionär, der diese Satzung unterzeichnet hat, eine beglaubigte Abschrift.

Es folgen die Unterschriften:

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung zweier vom Rate der OECE unterzeichneter Übereinkommen über die Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke (Vom 15. Juli 1958)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1958

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

34

Cahier Numero Geschäftsnummer

7585

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.08.1958

Date Data Seite

565-620

Page Pagina Ref. No

10 040 302

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.