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Bundesblatt

Bern, den 3. September 1971

123. Jahrgang

Band II

Nr. 35 Erscheint wöchentlich. Preis: Inland Fr. 44.- im Jahr, Fr.26.-im Halbjahr, Ausland Fr. 58.im Jahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr. Inseratenverwaltung: Permedia, Publicitas-Zentraldienst für Periodika, Hirschmattstrasse 36, 6002 Luzern, Tel. 041/23 66 66

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11007 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das internationale Haager Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung

(Vom l I.August 1971) Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Mit der vorliegenden Botschaft beehren wir uns, Ihnen einen Entwurf zu einem Bundesbeschluss zu unterbreiten, womit das Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 genehmigt wird. Dieses soll die ausländischen öffentlichen Urkunden vom Erfordernis der Beglaubigung befreien.

Bisher ist dieses Übereinkommen von acht Staaten ratifiziert worden, nämlich von Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Japan, Jugoslawien, den Niederlanden, Österreich und Portugal. Alle diese Staaten sind Mitglieder der Haager Konferenz für internationales Privatrecht. Ausserdem haben einige Staaten, die nicht Mitglieder sind, ihren Beitritt zum Übereinkommen erklärt, nämlich Malawi, Malta, Botswana und Mauritius. Schliesslich ist das Übereinkommen von einigen Staaten unterzeichnet worden, ohne dass bis heute die Ratifikation erfolgt wäre. Das trifft ausser der Schweiz, die am S.Oktober 1961 unterzeichnet hat, für Belgien, Finnland, Griechenland, Italien, Luxemburg und die Türkei zu.

Übersicht Das Übereinkommen erstrebt eine Vereinfachung und Verbilligung des Verfahrens für die Bescheinigung der Echtheit «öffentlicher Urkunden», welche in einem Vertragsstaat ausgestellt wurden und in einem anderen Vertragsstaat vorgelegt werden sollen. Unter öffentlichen Urkunden versteht das Übereinkommen die Gerichtsakten, die Schriftstücke der Verwaltung und die notariellen Urkunden. Um sein Ziel zu erreichen, verbietet das Übereinkommen in den Beziehungen unter Vertragsstaaten die Beglaubigung öffentlicher Urkunden durch eine diplomatische oder konsularische Vertretung des Staates, in welchem sie vorgelegt werden sollen. Indessen entzieht es dem Empfänger einer ausländischen Urkunde keineswegs jede Möglichkeit, sich über ihre Echtheit zu vergewissern.

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Damit die Aufhebung der Beglaubigung nicht die Rechts- und Handelssicherheit gefährde, führt nämlich das Übereinkommen als einzige Formalität die sogenannte «Apostille» ein, welche im Gegensatz zur Beglaubigung keine weiteren, sich überlagernden Bescheinigungen nach sich zieht.

Die Apostille wird durch eine Behörde des Landes, in welchem die öffentliche Urkunde errichtet wurde, ausgestellt ; sie bescheinigt die Echtheit dieser Urkunde. Sie ist mit einer Ordnungsnummer und dem Ausstellungsdatum zu versehen. Die ausstellende Behörde vermerkt in einem Register oder in einer Kartei die in der Apostille enthaltenen Angaben. Dieses Verfahren stellt ein praktisches, rasches und zuverlässiges Kontrollmittel dar, kann sich doch der Empfänger der Urkunde, wenn er es wünscht, über deren Echtheit vergewissern, indem er die auf der Apostille bezeichnete Behörde anfragt, ob sie die Apostille mit der betreffenden Ordnungsnummer und dem betreffenden Datum tatsächlich ausgestellt habe.

Die bejahende Antwort dieser Behörde kommt der Gewissheit gleich, dass die mit der Apostille versehene Urkunde wirklich echt ist. Im Bedarfsfall können die Anfrage des Empfängers der Urkunde und die Antwort der Behörde telegraphisch oder telephonisch erfolgen.

L Die Beglaubigung im allgemeinen 1. Vom juristischen Gesichtspunkt aus ist die Beglaubigung ein Beweismittel vor den Gerichten, in der Verwaltung und im Geschäftsleben. In vielen Fällen dient die Beglaubigung nur dazu, eine Unterschrift auf einem Aktenstück öffentlich zu beurkunden; dabei spielt es keine Rolle, ob diese Urkunde (englisch «document») öffentlichen oder privaten Charakter hat. In ändern Fällen jedoch, wenn es sich um öffentliche Akten handelt, z. B. um ein Verwaltungs- oder Gerichtsdokument oder um eine notarielle Urkunde, soll ausserdem die Eigenschaft bezeugt werden, in welcher der Unterzeichner des Dokuments gehandelt hat, unter Umständen auch die Echtheit seines Siegels oder Stempels. Ausnahmsweise kann die Beglaubigung auch bezwecken, die verwaltungsmässige oder gerichtliche Befugnis des Urhebers des Dokuments zu bescheinigen.

Der Beglaubigung wird somit zugetraut, dass sie dem Empfänger der Urkunde eine gewisse Sicherheit verbürgt, besonders wenn das Dokument aus dem Ausland stammt. Ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde, ein Geschäftsmann, ein Bankier müssen sich darauf verlassen können, dass ein Gerichtsurteil, ein Erbenausweis, eine Vollmacht oder ein Vertrag echt sind; es wird angenommen, dass durch die Beglaubigung die Gefahr einer Fälschung beseitigt ist.

2. Im Inland ist die Beglaubigung mehr und mehr aus der Gewohnheit gekommen. Insbesondere im Zivilprozess werden bei uns die Aktenstücke schweizerischer Herkunft üblicherweise ohne Beglaubigung vorgelegt, ausser wenn die Echtheit einer Urkunde angefochten wird.

Auch in d^n zwischenstaatlichen Beziehungen - um die es hier geht - neigen die Verwaltungs- und Gerichtsgebräuche immer mehr dazu, die Urkunden ohne

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Beglaubigung anzunehmen. Zwar fordern gewisse Zivilprozessordnungen (z. B.

diejenige der Kantone Bern, Art. 234, und Aargau, Par. 159) die Beglaubigung öffentlicher Urkunden des Auslandes.

Wenn die Beglaubigung einer ausländischen Urkunde gefordert wird oder wenn sie einem Betroffenen als ratsam erscheint, dann ergibt sich oft eine «Beglaubigungskette» zwischen dem Ursprungsort des Schriftstückes bis zu seinem Bestimmungsort. Das auslandische Dokument erhält vorerst eine Beglaubigung durch die zuständige Ortsbehörde, dann geht es zu der übergeordneten Behörde des betreffenden Landes, schliesslich zu Ministerien und zu diplomatischen Vertretungen ; wenn das Aktenstück in das Bestimmungsland gelangt, ist es mit einer langen Reihe von Erklärungen, Bescheinigungen und Unterschriften versehen, die alle dem einzigen Zweck dienen, sich der Reihe nach gegenseitig zu beglaubigen und auf diese Weise die Echtheit der ersten Unterschrift oder die Eigenschaft zu bezeugen, in welcher der Unterzeichner gehandelt hat. Das ist ein kostspieliger Verfahrensweg, weil üblicherweise für jede Bescheinigung eine Gebühr erhoben wird. Vor allem aber ist es ein Vorgehen, das meist sehr zeitraubend ist, was heute immer weniger in Kauf genommen wird. Was aber die Sicherheit betrifft, die mit der Beglaubigung angestrebt wird, so sind einige Zweifel angebracht; denn die Beglaubigungen werden anerkanntermassen oft durch untergeordnete Beamte vorbereitet, die sicher gewissenhaft sind, denen jedoch die Möglichkeit fehlt, alles angemessen zu prüfen.

u. Die gegenwärtige Rechtslage in der Schweiz im Hinblick auf die Abschaffung der Beglaubigung oder auf die Befreiung davon 1. Für private Urkunden wie Vollmachten oder Verträge gibt es weder im schweizerischen Recht noch in den von der Schweiz abgeschlossenen internationalen Verträgen irgendeine Befreiung von der Beglaubigung. Somit muss jeder Beteiligte - sofern es sich um Privatpersonen wie Bankiers oder Geschäftsleute handelt - in jedem Einzelfall selber entscheiden, ob er die Beglaubigung fordern will oder nicht. Auch den Verwaltungs- oder Gerichtsbehörden steht es frei, darüber zu entscheiden, sofern die Prozessordnungen nicht bindende Vorschriften aufstellen.

2. Anders verhält es sich, sobald es sich um öffentliche Urkunden handelt, d. h. solche, welche von Gerichts- oder Verwaltungsbehörden oder von Notaren (als öffentlichen Urkundspersonen) ausgefertigt werden. Die Schweiz hat zahlreiche zweiseitige oder vielseitige Verträge abgeschlossen, die solche öffentliche Urkunden von jeder Beglaubigung befreien.

a. Die Abkommen mit Deutschland vom 14. Februar 1907 (BS 12 401), mit Österreich vom 21. August 1916 (BS 12 404) und mit der Tschechoslowakei vom 21. Dezember 1926 (BS 12 337) befreien die Urkunden der Gerichtsbehörden und diejenigen gewisser hoher Verwaltungsstellen in den Beziehungen zwischen der Schweiz und diesen Ländern von jeder Beglaubigung.

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b. Folgende Abkommen sehen die Befreiung der zu unterbreitenden Urkunden von der Beglaubigung vor, sofern es sich um die Vollstreckung von Urteilen handelt: Abkommen mit Italien vom 3. Januar 1933 (BS 12 363), mit Belgien vom 29. April 1959 (AS 1962 894) und mit Liechtenstein vom 25. April 1968 (AS 1970 77).

c. Über Zivilstandsurkunden wurden zweiseitige Abkommen geschlossen mit Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich, Italien und den Niederlanden (BS 11 811, 814; AS I960 573; 1962 1601; 1968 937), wobei diese Aktenstücke von jeder Beglaubigung befreit wurden. Das gleiche gilt für die multilateralen Abkommen vom 27. September 1956 und 26. September 1957, denen die Schweiz beigetreten ist (AS 1958 1321,1960 1365).

d. Im Gebiet des gewerblichen Eigentums ist das Abkommen von Paris vom 20. März 1883 über den Schutz des gewerblichen Eigentums zu nennen, das am 31. Oktober 1958 in Lissabon geändert wurde und-dem die Schweiz beigetreten ist (AS 1963 121); es verfügt in seinem Artikel 4 D (3) die Befreiung von der Beglaubigung für Abschriften einer Patentanmeldung, «die von der Behörde, die diese Anmeldung empfangen hat, als übereinstimmend bescheinigt ist.» e. Schliesslich hebt das kürzlich abgeschlossene Europäische Übereinkommen vom 7. Juni 1968 (AS 7970 1211) die Beglaubigung auf, sofern es sich um Urkunden handelt, die von den diplomatischen und konsularischen Vertretern ausgefertigt wurden.

Wie man feststellen kann, entspricht die Befreiung der öffentlichen Urkunden von der Beglaubigung im internationalen Verkehr einem zunehmenden Bedürfnis, das auch die Schweiz stets anerkannt hat. Trotzdem sind die Befreiungen von der Beglaubigungspflicht bloss Ausnahmen im grossen Strom der Urkunden, die über die Grenzen hinweg ausgetauscht werden. Noch gibt es viele Staaten, die lebhafte Beziehungen mit der Schweiz unterhalten, und zahlreiche Sachgebiete, für welche die Formalität der Beglaubigung aufrechterhalten wird, mit all den Nachteilen, die damit verbunden sind.

Das Haager Übereinkommen, das wir Ihnen unterbreiten, scheint uns eine Gelegenheit zu bieten, in der gewünschten Richtung einen guten Schritt voranzukommen.

III. Ursprung, Ziel und Tragweite des Übereinkommens 1. Schon im Jahre 1951 hat der Europarat den Wunsch geäussert, die Haager Konferenz für internationales Privatrecht möge den
Abschluss eines multilateralen Vertrages ins Auge fassen, um die Beglaubigung in den Beziehungen zwischen den vertragschliessenden Staaten abzuschaffen. Die Konferenz beschloss an ihrer Tagung von 1956, diesem Wunsch zu entsprechen, und setzte den Gegenstand auf die Tagesordnung ihrer Tagung von 1960.

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2. Wie es schon im Titel ausgedrückt ist, besteht das Ziel des Übereinkommens in der Abschaffung der Beglaubigung. Nicht dass nun einfach jedes Beweismittel verschwinden sollte, also jedes Verfahren, das geeignet wäre, dem Empfänger einer ausländischen Urkunde die Echtheit dieses Dokuments zu verbürgen.

Was man vor allem erreichen wollte, war die Beseitigung der «Beglaubigungsketten», von denen wir weiter oben gesprochen haben; denn derartige Formalitäten sind offensichtlich überlebt.

Es ging also darum, eine Lösung zwischen zwei Extremen zu finden : Entweder hätte man die bisherige Praxis vereinfachen können, indem man ihre Umständlichkeit und ihre Kosten vermindert hätte; das wäre aber nur eine bescheidene Reform gewesen. Oder man hätte überhaupt jede Massnahme zur Verbürgung der Echtheit einer ausländischen öffentlichen Urkunde abschaffen können, was aber angesichts der grossen Zahl von Staaten, die der Übereinkunft beitreten können, kaum denkbar war.

Aus diesem Grunde weist das Übereinkommen in zwei Richtungen. Einerseits begünstigt es in grosszügiger Weise die zweiseitigen und die regionalen Abkommen, die schon jetzt oder künftig die Beglaubigung abschaffen. Anderseits führt es ein einfaches, rasches und sicheres Verfahren ein, das die Bescheinigung der ausländischen Urkunde sichert, sofern keine andere Abmachung besteht : es handelt sich um die Apostille.

IV. Die Apostille als Formalität, welche die Beglaubigung ersetzt 1. Wie die Beglaubigung, so ist auch die Apostille (vom lateinischen «post illa») eine Sicherheitsvorkehrung, womit die Echtheit einer Urkunde bestätigt wird, aber das Vorgehen ist sehr viel einfacher.

Jeder vertragschliessende Staat bezeichnet in seinem Lande eine oder mehrere Behörden, welche die Apostille ausfertigen, und er gibt diese Ernennung dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande offiziell bekannt (Art. 6).

Jede so bezeichnete Dienststelle führt ein Register oder eine Kartei der von ihr ausgefertigten Apostillen. Auf Anfrage hin besorgt sie die nötige Kontrolle. Das bedeutet, dass ein Schweizer Bankier oder eine schweizerische Behörde, denen ein ausländisches Dokument mit beigefügter Apostille vorgelegt wird, von der zuständigen Behörde des Auslandes mit Brief, Telephonanruf oder Telegramm die Bestätigung anfordern kann, dass die mit Nummer
und Datum versehene Apostille tatsächlich von ihr ausgestellt worden ist (Art. 7).

Da die für die Ausstellung der Apostille zuständigen Behörden vom vertragschliessenden Staat, in der Schweiz also vom Bund, zu bezeichnen sind, halten wir es im Hinblick auf die Struktur des schweizerischen Bundesstaates für angezeigt, dass diese Zuständigkeit auf kantonaler Ebene den Staatskanzleien und auf Bundesebene der Bundeskanzlei zugewiesen wird. Dies kann im Bundesbeschluss über die Genehmigung des Übereinkommens geschehen.

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2. Im Vergleich zur Beglaubigung ist die Apostille von grösster Einfachheit: a. Sie stellt eine einheitliche Formalität dar; die Vermerke, welche sie enthält (entsprechend dem Muster, das diesem Übereinkommen beigefügt ist), sind überall dieselben, gleichgültig in welchem Land die Apostille ausgefertigt wird.

b. Die Apostille ist eine einmalige Formalität; nur eine einzige Dienststelle im Ursprungsland der Urkunde fertigt sie an.

c. Die Apostille ist eine Erklärung, die aus sich selber Beweiskraft hat; sie ist von jeder ändern Bescheinigung befreit, sowohl im Ursprungsland als auch auf diplomatischer oder konsularischer Ebene oder im Empfängerland.

d. Schliesslich ist es dem freien Ermessen überlassen, ob man die Apostille nachprüfen lassen will, und diese weiter oben bereits erwähnte Kontrolle findet nachträglich statt.

3. Die Apostille bescheinigt (Art. 5): - die Echtheit der Unterschrift der öffentlichen Urkunde, worauf sie angebracht ist; - die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat; - die Echtheit des Siegels oder Stempels dieses Unterzeichners, sofern ein Siegel oder ein Stempel vorhanden ist; - die Echtheit der Unterschrift und des Siegels oder Stempels der Person, welche die Apostille ausgefertigt hat.

Die Apostille bescheinigt aber weder die Zuständigkeit des Unterzeichners der öffentlichen Urkunde noch den Inhalt dieses Dokuments, noch die Bezeichnung des Dokuments, auf dem die Apostille angebracht ist, als öffentliche Urkunde. Was diesen Punkt betrifft, so steht es also durchaus offen, in dem Staate, in dem die Urkunde vorgelegt wird, zu behaupten und zu beweisen, dass es sich trotz ausgefertigter Apostille nicht um eine öffentliche Urkunde im Sinne des Übereinkommens handle.

Schliesslich wird durch die Apostille auch die Beweiskraft des Inhalts einer öffentlichen Urkunde nicht bescheinigt.

Man muss unterscheiden zwischen der Beweiskraft des Inhalts einer mit Apostille versehenen öffentlichen Urkunde und der Beweiskraft der Apostille selber im Hinblick auf die Bescheinigungen, die sie enthält. Das Übereinkommen bestimmt in Artikel 5 Absatz 3, dass die Apostille nicht ihrerseits noch einer Bescheinigung bedarf. Man kann sich nun aber fragen, was zu geschehen hat, wenn der Wert der Apostille als Beweis der Echtheit der Unterschrift, die sie bescheinigt,
oder gar der Unterschrift, die sie selber aufweist, bestritten wird ? Nach welchem Recht wird ein Gericht zu entscheiden haben, wenn diese Frage bei ihm anhängig gemacht wird? Nach dem Recht des Ursprungslandes der Urkunde oder nach demjenigen des Landes, wo die Urkunde vorgelegt wird, d. h. im allgemeinen nach der lex fori (Recht des Gerichtsortes) ? Da das Übereinkommen zu diesem Punkt schweigt, wird die Kollisionsregel der lex fori die Frage beantworten.

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4. Wenn man vom Erfordernis der Apostille spricht, so heisst das nicht, diese sei im Sinne des Übereinkommens eine obligatorische Formalität; es bedeutet nur, diese Formalität könne verlangt werden. Wer an der öffentlichen Urkunde ein Interesse hat, ist berechtigt, die Apostille zu fordern; dasselbe Recht kommt der Behörde zu, die das Aktenstück empfängt, wobei die jeweilige Verwaltungs- oder Gerichtspraxis den Ausschlag gibt. Aber beide können, vom Standpunkt des Übereinkommens aus und unter Vorbehalt des innerstaatlichen Rechts, auf eine Echtheitskontrolle mittels der Apostille verzichten.

5. Das Übereinkommen (Art. 3 Abs. 2) geht noch weiter: Es stellt die allgemeine Regel auf, dass die Gesetze, Verordnungen oder Gebräuche des Staates, in dem die Urkunde vorgelegt wird, die Formalität der Apostille ganz ausschliessen oder sie vereinfachen können. Und wenn diese Gesetze, Verordnungen oder Gebräuche dahin lauten, dass die ausländische Urkunde von jeder Beglaubigung befreit sei, kann auch die Apostille nicht verlangt werden.

Dasselbe gilt für jede internationale Vereinbarung, ungeachtet, ob sie nun diplomatische Form auf weise oder nicht; sie kann die Befreiung von der Apostille bewirken (Art. 3 Abs. 2). Zu erwähnen ist noch Artikel 8, der alle ändern internationalen Abkommen vorbehält, welche noch weiter gehende Befreiungen vorsehen; das gilt auch für solche, die vor diesem Übereinkommen abgeschlossen wurden. Das Übereinkommen greift nur ändernd ein, wenn die betreffenden Abkommen strengere Formalitäten vorsehen als die Apostille.

V. Wirkungen des Übereinkommens auf das schweizerische Recht Die Ratifikation des Übereinkommens wird auf das schweizerische Recht vor allem folgende Wirkungen haben : 1. Das Übereinkommen hat seiner Natur nach negative Wirkungen. Es verhindert, dass ein diplomatischer oder konsularischer Vertreter der Schweiz an einem Beglaubigungsverfahren einer schweizerischen öffentlichen Urkunde, die für das Ausland bestimmt ist, oder einer ausländischen öffentlichen Urkunde, die für die Schweiz bestimmt ist, mitwirkt. Zudem verhindert das Übereinkommen, dass eine schweizerische Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde verlangt, dass eine ausländische öffentliche Urkunde, die ihr unterbreitet wird, vorher durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter der Schweiz im Ausland
beglaubigt werde. Alles, was sie verlangen kann, ist die Apostille.

Das Übereinkommen hat aber auch positive Wirkungen, indem es jedem Interessenten ermöglicht, der zuständigen schweizerischen Behörde eine für das Ausland bestimmte öffentliche Urkunde vorzulegen und sie mit einer Apostille versehen zu lassen.

2. Was die internationalen Vereinbarungen betrifft, durch welche die Schweiz verpflichtet ist, so gilt es zwischen solchen zu unterscheiden, die ausdrücklich entweder die Beglaubigung vorschreiben oder sie abschaffen.

a. Unter den alten Abkommen, welche die Beglaubigung ausländischer öffentlicher Urkunden vorschreiben, nennen wir als Beispiele auf dem Gebiet

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des Armenrechts im Zivilprozess die Haager Übereinkünfte von 1905 und 1954 über das Zivilprozessrecht (Art. 21; BS 12 277 und AS 7957 467), die Übereinkunft von 1886 mit Belgien (Art. 2 Abs. 2; BS 12 290) und den Vertrag von 1933 mit der Türkei (Art. 5 Abs. 2; BS 12 341); sodann inbezug auf die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen den Vertrag von 1869 mit Frankreich (Art. 16 Abs. l Ziff. l ; BS 12 347), den Vertrag von 1896 mit Spanien (Art. 2 Abs. 2 Ziff. 3; BS 12 378) und das Abkommen von 1936 mit Schweden (Art. 10 Abs. 3; BS 12 373).

Das Erfordernis der Beglaubigung, wie es in all diesen Vereinbarungen vorgesehen ist, wird inskünftig dank dem Grundsatz «lex posterior derogai priori» wegfallen, soweit die an diesen Vereinbarungen beteiligten Staaten auch dem vorliegenden Übereinkommen beitreten. Dabei ist die im vorliegenden Übereinkommen vorgesehene Apostille vorbehalten.

Hier muss eine Präzisierung angebracht werden : Was wegfällt, ist die im Übereinkommen gemeinte Beglaubigung, d. h. diejenige, welche die Echtheit der Unterschrift unter einem öffentlichen Schriftstück bezeugt sowie die Echtheit eines Siegels oder Stempels oder die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat (Art. 2). Das Übereinkommen wird aber nicht einfach jede Beglaubigung abschaffen; z. B. wird die Beglaubigung im weiteren Sinne beibehalten, wonach die Richtigkeit einer Übersetzung bescheinigt wird, wie das etwa die Übereinkunft mit Griechenland von 1934 (Art. 2 Abs. 3; BS 12 305) und der oben genannte Vertrag von 1933 mit der Türkei (Art. 7 Abs. 1) vorschreiben.

b. Wir haben bereits (unter II.2) die internationalen Abkommen erwähnt, welche die Schweiz früher abgeschlossen hat und die weiter gehen als das vorliegende Übereinkommen, indem sie jede Beglaubigung gewisser öffentlicher Urkunden des Auslandes bereits abgeschafft haben. Diese Abkommen sind aber durch das vorliegende Übereinkommen ausdrücklich vorbehalten (Art. 3 Abs. 2: «... eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Vertragsstaaten»). Die damit gemeinten Urkunden sind nicht nur von der Beglaubigung ausgenommen, sondern das Übereinkommen ist auf sie überhaupt nicht anwendbar, und deshalb kommt für sie auch die Apostille nicht in Frage.

VI. Die Stellungnahme der Kantone Als das Eidgenössische Justiz- und Polizei département im Jahre 1960 den im Haag ausgearbeiteten Vorentwurf erhielt, gab es den Kantonsregierungen und dem Schweizerischen Notaren-Verband davon Kenntnis.

Eine Kantonsregierung tadelte damals die im Vorentwurf enthaltene Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Gerichtsurkunden; diese Unterscheidung wurde dann aber im endgültigen Text mit Recht aufgegeben. Einige Kantonsregierungen regten sogar an, man solle auf die Apostille und auf das Apostillenregister verzichten. Die Haager Konferenz konnte jedoch nicht so weit

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gehen, da sie nicht jede Beweismöglichkeit ausschalten wollte. Im grossen und ganzen hatten die Kantone die vertragliche Lösung des Beglaubigungsproblems gutgeheissen; 13 Kantone hatten dem Vorentwurf sogar ohne Bemerkungen zugestimmt.

Der Schweizerische Notaren-Verband jedoch hatte sich, ohne Angabe von Gründen, für die Beibehaltung der Beglaubigungsformalität durch die diplomatischen und konsularischen Stellen ausgesprochen.

VII. Die einzelnen Bestimmungen des Übereinkommens Artikel l umschreibt die öffentlichen Urkunden, d. h. die Schriftstücke, welche durch das Übereinkommen von der Beglaubigung befreit werden. Wie es der Titel des Übereinkommens sagt, handelt es sich um die ausländischen öffentlichen Urkunden.

Die öffentliche Urkunde ist im Gegensatz zur privaten Urkunde eine Akte, die von einer Gerichtsperson, einem Staatsbeamten oder auch einem Notar abgefasst wird. Artikel l gibt eine sehr allgemein gehaltene Aufzählung der öffentlichen Urkunden. Diese können in drei Hauptgruppen eingeteilt werden: die Gerichtsakten, die Schriftstücke der Verwaltung und die notariellen Urkunden.

Damit eine öffentliche Urkunde unter die Bestimmungen des Übereinkommens falle, muss sie ausländischer Herkunft sein. Das Übereinkommen umschreibt die ausländische Urkunde als eine solche, die im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates ausgefertigt wurde und die im Hoheitsgebiet eines ändern Vertragsstaates vorgelegt werden soll.

Das Übereinkommen schliesst die von diplomatischen oder konsularischen Vertretern ausgefertigten Urkunden ausdrücklich von seinem Anwendungsbereich aus. Der Grund ist darin zu suchen, dass man vermeiden muss, dass eine solche Urkunde, die in einem Staate A durch den Vertreter eines Staates B ausgefertigt wurde, in den Staat A zurückkehre, nur um dort die in Artikel 3 vorgesehene Apostille zu erhalten. Wir erinnern daran, dass das weiter oben erwähnte Europäische Übereinkommen vom 7. Juni 1968 (AS 7970 1211) alle von diplomatischen und konsularischen Vertretern ausgefertigten Urkunden von jeder Beglaubigungsformalität - also auch von der Apostille - befreit.

Artikel 2 stellt den Grundsatz der Befreiung von der Beglaubigung auf; mehr oder weniger stillschweigend erhärtet er zwei Gesichtspunkte : a. Keine Privatperson oder Behörde eines Vertragsstaates kann die Beglaubigung einer ausländischen öffentlichen Urkunde fordern, die ihm vorgelegt wird. Das bedeutet umgekehrt, dass das Übereinkommen nicht verbietet, dass man die Beglaubigung einer im selben Staate ausgefertigten Urkunde for-

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dere. Mit ändern Worten: das Verbot der Beglaubigung gilt nur für den Staat, in dem die Urkunde vorgelegt werden soll, nicht aber für den Staat, aus dem sie stammt.

b. Unter verbotener Beglaubigung ist nur diejenige durch eine diplomatische oder konsularische Vertretung des Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Urkunde vorgelegt werden soll, zu verstehen. Das ist das geeignetste Mittel, um die Beglaubigungskette, von der wir weiter oben gesprochen haben, zu durchbrechen.

Artikel 3 führt das System der Apostille ein, eine für die Verbürgung der Echtheit einer Urkunde einfachere, raschere und mindestens so wirksame Sicherheitsmassnahme wie die Beglaubigung. Wir haben weiter oben die Merkmale dieser Formalität beschrieben.

Zu bemerken ist, dass die Apostille ausschliesslich auf öffentlichen Urkunden angebracht wird; denn das Übereinkommen betrifft nur diese Schriftstücke.

Dabei wird kein Unterschied gemacht zwischen Gerichts- und Verwaltungsakten, wie der Vorentwurf das tat.

Die Artikel 4 und 5 beschreiben die Formalität und die Wirkungen der Apostille. Wir haben das bereits erläutert.

Die Artikel 6 und 7 kehren das vor, was man die durch die Apostille gewährte Sicherheit nennen kann. Wir haben dieses Vorgehen weiter oben beschrieben.

Das Übereinkommen lässt die Frage offen, wie Private es anstellen, um die ausländische Behörde ausfindig zu machen, die in einem Vertragsstaat zum Ausfertigen von Apostillen befugt ist. In der Schweiz wird sich da jedoch keine Schwierigkeit bieten, denn wir werden das Nötige vorkehren, damit die Bundeskanzlei und die kantonalen Staatskanzleien darüber genau im Bild sind und die Antragsteller informieren können.

Das Übereinkommen sagt auch nichts aus über die für die Apostille zu erhebenden Gebühren. Es ist somit jedem Staat selber überlassen, wie er diese Frage regeln will. Immerhin waren sich die Regierungsvertreter im Haag darüber einig, die Gebühr müsse sich in einem vernünftigen Rahmen bewegen, d. h. weder prohibitiven noch fiskalischen Charakter aufweisen.

Artikel 8 enthält den Vorbehalt aller internationalen Abkommen, die eine weniger strenge Formalität als die Apostille einführen würden, um die Echtheit einer ausländischen Urkunde zu bescheinigen. Wir haben in dieser Hinsicht die nötigen Erklärungen bereits gegeben.

Artikel 9 stipuliert für die Vertragsstaaten
die Verpflichtung, die nötigen Massnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass ihre diplomatischen oder konsularischen Vertreter Beglaubigungen in Fällen vornehmen, in denen das Übereinkommen die Befreiung von der Beglaubigung vorschreibt. Man wollte erreichen, dass die diplomatischen oder konsularischen Vertreter gewappnet seien, um Beglaubigungen zu verweigern, die von ihnen missbräuchlicherweise verlangt würden, und dass sie es auch tatsächlich tun.

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Die Artikel 10 und 12 machen aus dem Übereinkommen das, was man in der Diplomatensprache einen «halbgeschlossenen Vertrag» nennt. Es kann nur von Staaten unterzeichnet werden, die an der Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht von 1960 vertreten waren, ferner von Irland, von der Türkei (beide sind Mitglieder der Haager Konferenz, waren jedoch verhindert, Vertreter an die Tagung von 1960 zu entsenden) sowie von Island (auf Ersuchen des Europarates) und von Liechtenstein (auf Ersuchen Österreichs und der Schweiz). Wenn andere Staaten dem Übereinkommen beitreten wollen, so sind sie nicht ausgeschlossen, doch ist ihr Beitritt gemäss Artikel 12 nur zwischen dem beitretenden Staat und denjenigen Vertragsstaaten wirksam, die innerhalb von sechs Monaten keinen Einspruch erheben.

Für die Artikel Il,13,14undl5sind keine besondern Erläuterungen nötig.

YUI. Verfassungsmässigkeit Die Bestimmungen des Übereinkommens - die meisten sind Regeln einheitsrechtlichen Charakters - werden sowohl für die Kantone als auch für den Bund in ihrer Verwaltungs- und Gerichtstätigkeit zwingendes Recht sein. Der Bund hat jedoch die Befugnis, das Übereinkommen abzuschliessen und dadurch auch die Kantone zu verpflichten. Gemäss ständiger Praxis der eidgenössischen Räte - die übrigens durch die herrschende Lehre gestützt ist - verleiht Artikel 8 der Bundesverfassung dem Bund die Befugnis, jeden beliebigen Vertrag abzuschliessen, ohne durch die innerstaatliche Kompetenzabgrenzung gebunden zu sein (s. Aubert, Droit constitutionnel suisse, Nr. 676 und zugehörige Zitate). In diesem Zusammenhang rufen wir nicht nur die wichtigen Haager Übereinkommen von 1905 und 1954 über den Zivilprozess inErinnerung, sondern auch die zweiseitigen Abkommen über die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen (BS12 277 und 347 ff; AS 7957 467; 1962 263 und 894; 1970 77).

Was schliesslich die Befugnis der Bundesversammlung betrifft, so stützt sie sich auf Artikel 85 Ziffer 5 der Verfassung.

Zum Schluss sei erwähnt, dass der Europarat mit einer Entschliessung vom 8. März 1968 alle Mitgliedstaaten, die dem Übereinkommen noch nicht beigetreten sind, eingeladen hat, sich an diesem Abkommen zu beteiligen.

Wir beehren uns somit, Ihnen vorzuschlagen, dieses Übereinkommen durch Annahme des beigefügten Beschlussentwurfes zu genehmigen und uns zur Ratifikation zu ermächtigen.

Das Übereinkommen beschränkt die Dauer seiner Gültigkeit auf fünf Jahre, mit der Möglichkeit stillschweigender Erneuerung um jeweils fünf Jahre und der Kündigung auf Ende jeder Fünf jahrperiode (Art. 14). Aus diesem Grunde ist der Bundesbeschluss dem im Artikel 89 Absatz 4 der Bundesverfassung vorgesehenen fakultativen Referendum nicht unterstellt.

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Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den Ausdruck unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 11. August 1971 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Gnägi Der Bundeskanzler: Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung des internationalen Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 8 und 85 Ziffer 5 der Verfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 11. August 197l1', beschliesst:

Art. l 1

Das Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung, das am gleichen Tag von der Schweiz unterzeichnet wurde, wird genehmigt.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, es zu ratifizieren.

Art. 2 Die Zuständigkeit zur Ausstellung der Apostille wird gemäss Artikel 6 des Übereinkommens den kantonalen Staatskanzleien und der Bundeskanzlei zugewiesen.

v BB1 1971 II 405

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Übersetzung des französischen Originaltextes

Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung Die Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkommens, vom Wunsche geleitet, ausländische öffentliche Urkunden von der diplomatischen oder konsularischen Beglaubigung zu befreien, haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Übereinkommen zu schliessen, und haben die folgenden Bestimmungen vereinbart : Artikel l Dieses Übereinkommen ist auf öffentliche Urkunden anzuwenden, die in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates errichtet wurden und die in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates vorgelegt werden sollen.

Als öffentliche Urkunden im Sinne dieses Übereinkommens gelten : a) Urkunden einer an der staatlichen Rechtspflege beteiligten Behörde oder Amtsperson, einschliesslich der Urkunden, die von der Staatsanwaltschaft, einem Gerichtsschreiber oder einem Gerichtsbeamten ausgestellt sind; b) Urkunden der Verwaltungsbehörden; c) notarielle Urkunden; d) amtliche Bescheinigungen, die auf Privaturkunden angebracht sind, wie Eintragungsvermerke, Sichtvermerke zur Feststellung eines bestimmten Zeitpunktes und Beglaubigungen von Unterschriften.

Dieses Übereinkommen ist jedoch nicht anzuwenden : a) auf Urkunden, die von diplomatischen oder konsularischen Vertretern errichtet sind; b) auf Urkunden der Verwaltungsbehörden, die sich unmittelbar auf den Handelsverkehr oder auf das Zollverfahren beziehen.

Artikel 2 Jeder Vertragsstaat befreit die Urkunden, auf die dieses Übereinkommen anzuwenden ist und die in seinem Hoheitsgebiet vorgelegt werden sollen, von der Beglaubigung. Unter der Beglaubigung im Sinne dieses Übereinkommens ist nur

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die Formalität zu verstehen, durch welche die diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, in dessen Hoheitsgebiet die Urkunde vorgelegt werden soll, die Echtheit der Unterschrift, die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, und gegebenenfalls die Echtheit des Siegels oder Stempels, mit dem die Urkunde versehen ist, bestätigen.

Artikel 3 Die einzige Formalität, die zur Bestätigung der Echtheit der Unterschrift, der Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, und gegebenenfalls der Echtheit des Siegels oder Stempels, mit dem die Urkunde versehen ist, verlangt werden darf, ist die gemäss Artikel 4 angebrachte Apostille, welche durch die zuständige Behörde des Staates ausgestellt wird, in dem die Urkunde errichtet wurde.

Die im vorstehenden Absatz erwähnte Formalität darf jedoch nicht verlaugt werden, wenn entweder die Gesetze, Verordnungen oder Gebräuche des Staates, in dem die Urkunde vorgelegt wird, oder eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Vertragsstaaten sie ausschliessen, sie vereinfachen oder die Urkunde von der Beglaubigung befreien.

Artikel 4 Die in Artikel 3 Absatz l vorgesehene Apostille wird auf der Urkunde selbst oder einem Anhang angebracht; sie muss dem Muster entsprechen, das diesem Übereinkommen als Anlage beigefügt ist.

Die Apostille kann jedoch in der Amtssprache der Behörde, die sie ausstellt, abgefasst werden. Der vorgedruckte Text des Musters kann auch in einer zweiten Sprache wiedergegeben werden. Die Überschrift «Apostille (Convention de La Haye du 5 octobre 1961)» muss in französischer Sprache abgefasst sein.

Artikels Die Apostille wird auf Antrag des Unterzeichners oder des jeweiligen Inhabers der Urkunde ausgestellt.

Ist die Apostille ordnungsgemäss ausgefüllt, so bestätigt sie die Echtheit der Unterschrift, die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, und gegebenenfalls die Echtheit des Siegels oder Stempels, mit dem die Urkunde versehen ist.

Die Unterschrift und das Siegel oder der Stempel auf der Apostille bedürfen keiner Bestätigung.

Artikel 6 Jeder Vertragsstaat bestimmt die Behörden, die zuständig sind, die Apostille nach Artikel 3 Absatz l auszustellen.

Er notifiziert diese Bestimmung dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande anlässlich
der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde oder seiner Erklärung über die Ausdehnung des Übereinkommens. Er notifiziert ihm auch jede Änderung, die in der Bestimmung dieser Behörden eintritt.

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Artikel?

Jede nach Artikel 6 bestimmte Behörde hat ein Register oder eine Kartei zu führen, worin die Ausstellung der Apostillen eingetragen wird; dabei sind zu vermerken : a) die Ordnungsnummer und das Ausstellungsdatum der Apostille ; b) der Name des Unterzeichners der öffentlichen Urkunde und die Eigenschaft, in der er gehandelt hat, oder bei Urkunden ohne Unterschrift die Behörde, die das Siegel oder den Stempel beigefügt hat.

Auf Antrag eines Beteiligten hat die Behörde, welche die Apostille ausgestellt hat, festzustellen, ob die Angaben, die in der Apostille enthalten sind, mit denen des Registers oder der Kartei übereinstimmen.

Artikel 8 Besteht zwischen zwei oder mehreren Vertragsstaaten ein Vertrag, ein Übereinkommen oder eine Vereinbarung des Inhalts, dass die Bestätigung der Unterschrift, des Siegels oder des Stempels gewissen Formalitäten unterworfen ist, so greift dieses Übereinkommen nur ändernd ein, wenn jene Formalitäten strenger sind als die in den Artikeln 3 und 4 vorgesehene.

Artikel 9 Jeder Vertragsstaat trifft die notwendigen Massnahmen, um zu vermeiden, dass seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter Beglaubigungen in Fällen vornehmen, in denen dieses Übereinkommen von der Beglaubigung befreit.

Artikel 10 Dieses Übereinkommen steht den Staaten, die auf der Neunten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vertreten waren, sowie Irland, Island, Liechtenstein und der Türkei zur Unterzeichnung offen.

Es bedarf der Ratifizierung, und die Ratifikationsurkunden sind beim Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.

Artikel 11 Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tage nach der in Artikel 10 Absatz 2 vorgesehenen Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde in Kraft.

Das Übereinkommen tritt für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert, am sechzigsten Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.

Artikel 12 Jeder in Artikel 10 nicht genannte Staat kann diesem Übereinkommen beitreten, nachdem es gemäss Artikel 11 Absatz l in Kraft getreten ist. Die Beitrittsurkunde ist beim Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.

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Der Beitritt wirkt nur im Verhältnis zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die innerhalb von sechs Monaten nach Empfang der Notifikation gemäss Artikel 15 Buchstabe d keinen Einspruch dagegen erhoben haben.

Ein solcher Einspruch ist dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Das Übereinkommen tritt zwischen dem beitretenden Staat und den Staaten, die gegen den Beitritt keinen Einspruch erhoben haben, am sechzigsten Tage nach Ablauf der im vorstehenden Absatz vorgesehenen Frist von sechs Monaten in Kraft.

Artikel 13 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, bei der Ratifizierung oder beim Beitritt erklären, dass dieses Übereinkommen auf alle oder auf eines oder mehrere der Gebiete ausgedehnt wird, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt. Eine solche Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den Staat, der sie abgegeben hat, in Kraft tritt.

Später kann dieses Übereinkommen auf solche Gebiete durch eine an das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande gerichtete Notifikation ausgedehnt werden.

Wird die Erklärung über die Ausdehnung durch einen Staat abgegeben, der das Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert hat, so tritt das Übereinkommen für die in Betracht kommenden Gebiete gemäss Artikel 11 in Kraft. Wird die Erklärung über die Ausdehnung durch einen Staat abgegeben, der dem Übereinkommen beigetreten ist, so tritt das Übereinkommen für die in Betracht kommenden Gebiete gemäss Artikel 12 in Kraft.

Artikel 14 Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von seinem Inkrafttreten gemäss Artikel 11 Absatz l, und zwar auch für Staaten, die es später ratifizieren oder ihm später beitreten.

Ausser im Falle einer Kündi gung gilt das Übereinkommen als stillschweigend um jeweils fünf Jahre erneuert.

Die Kündigung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der Frist von fünf Jahren dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Sie kann sich auf einzelne der Gebiete, auf die das Übereinkommen anzuwenden ist, beschränken.

Die Kündigung ist nur für den Staat wirksam, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.

Artikel 15 Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den in Artikel 10 bezeichneten Staaten sowie den Staaten, die gemäss Artikel 12 beigetreten sind:

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a) die Notifikationen gemäss Artikel 6 Absatz 2 ; b) die Unterzeichnungen und Ratifikationen gemäss Artikel 10; c) den Tag, an dem dieses Übereinkommen gemäss Artikel 11 Absatz l in Kraft tritt; d) die Beitrittserklärungen und Einsprüche gemäss Artikel 12 sowie den Tag, an dem die Beitrittserklärungen wirksam werden ; e) die Erklärungen über die Ausdehnung gemäss Artikel 13 sowie den Tag, an dem sie wirksam werden; f) die Kündigungen gemäss Artikel 14 Absatz 3.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig ermächtigten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen in Den Haag am 5. Oktober 1961 in französischer und englischer Sprache, wobei im Falle von Abweichungen der französische Wortlaut massgebend ist, in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv der Regierung der Niederlande hinterlegt wird und wovon jedem der Staaten, welche auf der Neunten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vertreten waren, sowie Irland, Island, Liechtenstein und der Türkei auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift übergeben wird.

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Anlage zu dem Übereinkommen Muster der Apostille

Die Apostille soll die Form eines Quadrats mit Seiten von mindestens 9 Zentimetern haben

APOSTILLE (Convention de La Haye du 5 octobre 1961) 1 . Land: Diese öffentliche Urkunde 2 . ist unterschrieben von 3 in seiner Eigenschaft als . . .

4 . sie ist versehen mit dem Siegel/Stempel d es (der) 5 . in 7 durch

8 unter Nr 9. Siegel/Stempel:

Bestätigt 6 . am

10. Unterschrift:

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das internationale Haager Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (Vom 11.August 1971)

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Bundesblatt

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Jahr

1971

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

35

Cahier Numero Geschäftsnummer

11007

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.09.1971

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405-423

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10 045 162

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