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Bundesblatt

Bern, den 23. April 1971 123. Jahrgang Bandi Nr. 16 Erscheint wöchentlich. Preis: Inland Fr. 44.-im Jahr, Fr. 26.-im Halbjahr, Ausland Fr. 58.im Jahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebùhr. Inseratenverwaltung : Permedia, Publicitas-Zentraldienst für Periodika, Hirschmattstrasse 36, 6002 Luzern, Tel. 041/23 66 66

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Zu 10563

Ergänzungsbotschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung

zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Änderungen des bäuerlichen Zivilrechtes (Vom 8. März 1971) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir hatten die Ehre, Ihnen mit unserer Botschaft vom 29. April 1970 (BB1 1970 I 805) den Entwurf zu einem Bundesgesetz über Änderungen des bäuerlichen Zivilrechtes zu unterbreiten. Inzwischen hat die erste Lesung durch die Kommission des Ständesrates stattgefunden. Sie hat uns veranlasst, den Entwurf einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen. Ohne damit auf die Ziele, die mit der Revision erreicht werden sollen, zu verzichten, halten wir es für zweckmässig, Ihnen unsere Abänderungsvorschläge bekanntzugeben und sie mit der vorliegenden Botschaft zu erläutern. Der Entwurf, den Sie im Anschluss an die Botschaft finden, ersetzt den vom 29. April 1970 und soll als Grundlage für die weiteren Beratungen und Beschlüsse dienen.

Da Anlass und Zweck der Änderungen dieselben geblieben sind, erscheint es als überflüssig, die im allgemeinen Teil der Botschaft vom 29. April 1970 enthaltenen Ausführungen hier zu wiederholen. Es ist jedoch zweckdienlich, vor der Erläuterung der neuen Vorschläge einige Erklärungen zum Anlass und zum Inhalt des revidierten Entwurfes zu geben.

Erster Teil: Allgemeines I. Die Gründe, die zum geänderten Entwurf geführt haben In der Sitzung vom 7. September 1970 gelangte die Kommission des Ständerates zur Auffassung, dass die Kantone mit Rücksicht darauf, dass seit dem für den Vorentwurf von 1963 durchgeführten Vernehmlassungsverfahren doch einige Zeit verstrichen war, nochmals befragt werden sollten. Sie wurden deshalb vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement ersucht, zum Entwurf vom 29. April 1970 Stellung zu nehmen. Die Kommission des Ständerates hat in der Sitzung vom 4./5. November und 17. Dezember 1970 den EntBundesblatt. 123. Jahrg. Bd. l

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wurf in erster Lesung durchberaten. Ausserdem haben die Spezialisten für das Bodenrecht, Bundesrichter Otto K. Kaufmann und Professor Hans-Peter Friedrich von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, an der letzten Generalversammlung des Vereins schweizerischer Notare, die am 23. Oktober 1970 in Neuenburg stattfand, den Entwurf erörtert.

Die Auffassungen, die dabei zu Tage getreten sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Unbestritten ist, dass unser bäuerliches Zivilrecht in vielen Teilen einer Revision bedarf. Dies wird sogar als dringlich betrachtet, und zwar insbesondere in bezug auf die Bestimmungen über den Pachtvertrag. Gesetzgebungspolitisch haben die Vorstellungen, die dem Entwurf vom 29. April 1970 zugrunde liegen, in weiten Kreisen eine gute Aufnahme gefunden. Beinahe alle Kantone waren dazu bereit, den Entwurf zu unterstützen. Doch erachtete man in rechtlicher Hinsicht verschiedene wesentliche Verbesserungen, wenn nicht als unerlässlich, so doch als wünschenswert. In diesem Sinne hat die Kommission des Ständerates in der ersten Lesung eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die ihr unbefriedigend gelöst schienen. Sie verlangte neue Vorschläge, die die Begehren und Beanstandungen, die in der ersten Lesung angebracht worden sind, berücksichtigen sollten.

II. Das eingeschlagene Verfahren

Nach der sonst üblichen Praxis hätten die von der Kommission des Ständerates verlangten neuen Vorschläge in einen Bericht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes gekleidet werden können. Mit Rücksicht auf die grosse Zahl der wünschbaren Änderungen erschien es jedoch als angezeigt, in diesem Fall ein anderes Verfahren einzuschlagen und Ihnen einen geänderten Entwurf zu unterbreiten, der denjenigen vom 29. April 1970 ersetzt. Dieses im Einverständnis mit der Kommission des Ständerates gewählte Vorgehen wird die Aufgabe des Parlamentes erleichtern, indem es erlaubt, auf die zahlreichen Verweisungen auf den ursprünglichen Entwurf zu verzichten.

Es erscheint angebracht, hier festzuhalten, dass, wenn der Bundesrat einen Entwurf nicht ohne die Zustimmung der eidgenössischen Räte zurückziehen kann, es ihm doch erlaubt ist, Vorlagen im Verlaufe des parlamentarisahen Verfahrens zu ändern oder zu ergänzen. Wir stützen uns dabei auf eine Ansichtsäusserung der Eidgenössischen Justizabteilung vom 7. Februar 1952, in der die Zulässigkeit, einen Entwurf durch einen neuen zu ersetzen, eindeutig bejaht wird. Dieses Verfahren sollte unseres Erachtens im vorliegenden Fall eingeschlagen werden (Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden 1952 Nr. 11).

Übrigens gibt es auch schon Präzedenzfälle. Der wichtigste geht auf das Jahr 1946 zurück. Es handelte sich dabei um den Entwurf zum Bundesgesetz über die Finanzierung der Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung mit öifentlichen Mitteln. Dieser Entwurf vom 29. Mai 1946 (BEI 1946 II 655) wurde mit einer Ergänzungsbotschaft vom 24. September 1946 (BB11946III 590) durch einen weitgehend geänderten neuen Entwurf ersetzt. Die «Fahne» für das Parlament enthielt nur die neuen Vorschläge des Bundesrates.

739 III. Der Inhalt des revidierten Entwurfs

Der Entwurf, den wir Ihnen mit der vorliegenden Botschaft zur Kenntnis bringen, wird, wenn Sie ihm zustimmen, die teilweise Änderung verschiedener Bundesgesetze mit sich bringen, nämlich des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, des Schweizerischen Obligationenrechtes, des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes sowie des Bundesgesetzes über die Pachtzinskontrolle. Wegen der Nachteile, die die Zersplitterung der Materie aufweist, haben es nicht nur Prof. Friedrich und Bundesrichter Kaufmann, sondern auch mehrere Mitglieder der ständerätlichen Kommission bedauert, dass die Gelegenheit nicht dazu benützt wurde, etwas mehr System in unsere bodenrechtliche Gesetzgebung zu bringen, indem man soweit als möglich auf Spezialgesetze verzichtet und die wichtigsten Rechtssätze in das gemeine Zivilrecht, d. h. in das Schweizerische Zivilgesetzbuch und das Schweizerische Obligationenrecht, eingegliedert hätte.

In einem Punkt sind wir ebenfalls zur Überzeugung gelangt, dass eine Änderung einzelner Bestimmungen wenig sinnvoll wäre. Es betrifft dies das gesetzliche Vorkaufsrecht im bäuerlichen Bodenrecht. Es trifft zwar zu, dass die durch die Artikel 6 ff. des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG) geschaffene Ordnung zu mannigfacher Kritik Anlass gegeben hat (vgl. hiezu die Zusammenstellung von Professor Meier-Hayoz in der Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, 92, 1956, S. 297).

Indessen darf nicht übersehen werden, dass das Vorkaufsrecht ganz allgemein - das vertragliche wie das gesetzliche - im Zivilgesetzbuch sehr mangelhaft geregelt ist (wie dies aus den Bemerkungen zu Art. 681/2 ZGB im Kommentar Meier-Hayoz über das Grundeigentum II hervorgeht).

Wir sind mit Professor Friedrich der Auffassung, dass eine Neuordnung nicht nur für das gesetzliche Vorkaufsrecht gemäss den Artikeln 6 ff. EGG, sondern für alle Vorschriften, die das Vorkaufsrecht betreffen, anzustreben ist.

Wenn dieses Vorhaben verwirklicht wird, sollten die Bestimmungen, die auf jede Art von Vorkaufsrecht anzuwenden wären, von denjenigen, die entweder nur für das vertragliche oder nur für das gesetzliche gelten sollen, klar auseinandergehalten werden. Eine derartige Umgestaltung würde indessen umfangreiche Vorabklärungen erfordern, die noch nicht vorgenommen sind und
die um so sorgfältiger getroffen werden sollten, als es dabei um die Änderung von Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches geht. Wir halten deshalb dafür, dass im heutigen Zeitpunkt auf eine Revision dei Artikel 6 ff. EGG verzichtet werden sollte.

Es besteht noch ein anderer Grund dafür, von einer Revision der Bestimmungen über das landwirtschaftliche Vorkaufsrecht heute abzusehen. Schon in der Botschaft vom 29. April 1970 (Ziff. 2.2.6) ist darauf hingewiesen worden, dass dieses Recht in der Praxis selten ausgeübt wird. Sein Wert liegt vor allem im indirekten Einfluss auf die Eigentümer landwirtschaftlicher Gewerbe in-

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dem diese nämlich davon abgehalten werden, ihr Gewerbe Personen zu verkaufen, die nach dem EGG nicht vorkaufsberechtigt sind. Wenn aber die Nützlichkeit des bäuerlichen Vorkaufsrechtes eher in seiner indirekten Wirkung als in der Ausübung des Rechtes liegt, kann man sich fragen, ob die Änderung so dringlich ist, dass ein Aufschub nicht zu verantworten wäre. Jedenfalls könnte die Dringlichkeit nicht so bestimmt bejaht werden, wie es für die Änderung der Bestimmungen über den Pachtvertrag der Fall ist.

Der geänderte Entwurf sieht auch von einer Ergänzung der Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches über die Bodenverbesserungen ab.

Die ursprünglich in Aussicht genommene Regelung gehörte eigentlich in das öffentliche Recht. Sie würde jedoch schlecht zum Inhalt des fünften Titels des Landwirtschaftsgesetzes passen. Soweit die Gesetzgebungsbefugnis im Bereiche der Bodenverbesserungen Sache des Bundes und nicht der Kantone ist, sollten die erforderlichen Vorschriften in das Landwirtschaftsgesetz oder in einen ändern Erlass des öffentlichen Rechts eingefügt werden. Übrigens verfügen die Kantone auf dem Gebiete der Bodenverbesserungen nach wie vor über weitgehende Befugnisse, und es steht keineswegs fest, dass deren Ausübung durch verstärkende bundesrechtliche Bestimmungen erleichtert würde. Darin liegt der wichtigste Grund, weshalb die im Entwurf vom 29. April 1970 enthaltenen Artikel 703bl8 und 703ter im revidierten Entwurf gestrichen worden sind.

Schliesslich bleibt noch zu erwähnen, dass eine Kodifikation des ganzen Agrarrechts oder auch nur des ganzen bäuerlichen Zivilrechts gewiss die Unsicherheit, die wegen der Zersplitterung der Materie in zahlreiche Erlasse heute noch herrscht, zu beheben vermöchte. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass die Schaffung eines Gesetzgebungswerkes von solchem Umfang mit grossen Schwierigkeiten verbunden wäre (nicht nur solchen rechtlicher Natur!)

und dass sie sich nicht in kurzer Zeit verwirklichen liesse. Auch wenn der Vergleich nicht unbedingt gerechtfertigt ist, darf doch darauf hingewiesen werden, dass bis heute noch keinem europäischen Staat ein solches Vorhaben gelungen ist. Frankreich, das auf diesem Gebiet wohl am meisten Anstrengungen unternommen hat, verfügt über ein Agrargesetzbuch, das der Direktor der höheren Lehranstalt für Agrar- und
Landwirtschaftsrecht in Paris wie folgt charakterisiert hat: «Das Agrargesetzbuch bleibt ein Flickwerk oder, wenn man es lieber will, eine Fassade; es vereinigt in einem Werk Erlasse, die sich mitunter schlecht vertragen.» (J. J. Megret, Le droit rural, Paris 1969, S. 21). Der gleiche Autor hebt auch das Ungenügen und die Widersprüche des französischen Agrarrechts hervor, das aber trotzdem in verschiedenen Ländern als Vorlage für derartige Erlasse gedient hat. Megret sieht darin «un droit composé de morceaux décousus» (S. 17).

Anschliessend darf gesagt werden, dass eine vollständige Umgestaltung des bäuerlichen Zivilrechtes und seine Eingliederung in das gemeine Zivilrecht grosse Vorteile mit sich brächte. Die Verwirklichung dieses Vorhabens würde sich jedoch über Jahre erstrecken. Dies hätte zur Folge, dass die Revision einzelner Teile des bäuerlichen Zivilrechtes, deren Notwendigkeit und Dringlich-

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keit unbestritten ist, nochmals auf sich warten lassen müsste, was nicht zu verantworten wäre.

IV. Bäuerliches Zivilrecht und Raumplanung In einem Schreiben vom 23. Oktober 1970 gibt der Staatsrat des Kantons Waadt seinem Bedauern darüber Ausdruck, dass der Revisionsentwurf zum bäuerlichen Zivilrecht «nicht unter enger Kontaktnahme mit der Gesetzgebung über die Raumplanung» entstanden sei. Er glaubt, dass sich die Vorschriften über die Raumplanung wahrscheinlich auch auf das bäuerliche Bodenrecht auswirken. Er fragt sich insbesondere, ob die Schaffung von Landwirtschaftszonen nicht zur Folge haben könnte, dass die Bestimmungen über das bäuerliche Bodenrecht nur noch für diese Zonen zur Anwendung kämen, so dass die heute vorgeschlagenen Lösungen schon bald wieder in Frage gestellt würden. Auf diese Fragen wurde auch in der Kommission des Ständerates hingewiesen.

Hierzu ist vorweg festzuhalten, dass die Koordination der beiden Projekte dadurch erreicht worden ist, dass Dr. Gerhard Eggen, Vorsteher des Eidgenössischen Grundbuchamtes, einerseits die mit der Ausarbeitung eines Vorentwurfs für die Revision des bäuerlichen Zivilrechtes betraute Expertenkommission leitete und anderseits auch an den Beratungen der mit der Ausarbeitung eines Raumplanungsgesetzes beauftragten Expertenkommission teilnahm. Gestützt auf die Beobachtungen, die wir während der Beratungen gemacht haben, sind wir zur Überzeugung gelangt, dass zwischen den beiden Erlassen keinerlei Konflikte entstehen können. Inzwischen hat die Kommission Schürmann bereits ihren Entwurf zum Raumplanungsgesetz vorgelegt, und es hat sich bestätigt, dass das Nebeneinanderbestehen der beiden Erlasse keine Nachteile zur Folge haben wird.

Die Möglichkeit, dass die Schaffung von eigentlichen Landwirtschaftszonen später zu neuen einheitlichen Begriffen für den landwirtschaftlichen Boden und für die Landwirtschaftsbetriebe führt, ist immerhin nicht ganz von der Hand zu weisen. Dies wäre sogar wünschenswert, insoweit dadurch die völlige Umgestaltung des bäuerlichen Zivilrechtes erleichtert würde. Im heutigen Zeitpunkt jedoch ist es wesentlich, zu erkennen, dass die Grundsätze, die für eine auf lange Sicht geplante allgemeine Gesetzgebung Geltung haben, nicht ohne weiteres auch auf einen Erlass angewendet werden dürfen, dessen Zweck sich darauf beschränkt,
in möglichst kurzer Zeit die gröbsten Mängel des geltenden Rechtes zu beheben. Wenn man bedenkt, dass das Gesetz über die Raumplanung nur den Grundsatz der Schaffung von Landwirtschaftszonen enthalten wird, so erscheint der Zeitpunkt, in dem die Existenz solcher Zonen eine Neuüberprüfung des bäuerlichen Zivilrechtes erlauben oder gar erfordern sollte, doch noch als weit entfernt.

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Zweiter Teil: Erläuterung des revidierten Entwurfs L Die Forderung der Kinder für die Leistungen, die sie ihren Eltern in gemeinsamem Haushalt erbracht haben

/. Grundsätze Der Vorentwurf zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch enthielt noch keine solchen Bestimmungen, wie wir sie heute in den Artikeln 334 und 633 finden.

Diese beiden Artikel wurden auf Vorschlag des Schweizerischen Bauernverbandes in das Gesetz aufgenommen. Dieser hatte sich darum bemüht, mündigen Kindern, die ihren Eltern ihre Arbeit oder ihre Einkünfte zugewiesen haben und die aus Pietäts- oder Solidaritätsgefühl gegenüber ihrer Familie den ihnen nach der wörtlichen Auslegung von Artikel 320 Absatz 2 OR gebührenden Lohn nicht verlangen, eine billige Entschädigung zu sichern.

Abgesehen von den zahlreichen Fällen, die auf gütlichem Wege ihre Erledigung finden, beweist doch die recht umfangreiche Rechtsprechung, dass den Artikeln 334 und 633 ZGB noch heute eine gewisse praktische Bedeutung zukommt. In ihrer bisherigen Fassung sind sie nicht nur auf Bauernfamilien anwendbar (BGE 90II443 betrifft, um nur ein Beispiel zu erwähnen, eine Bäkkerei), doch kommt ihnen in dieser Hinsicht die grösste Bedeutung zu.

Es trifft zu, dass sich die Anschauungen und die Verhältnisse seit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gewandelt haben, weshalb man sich fragen könnte, ob man nicht auf das Rechtsinstitut des «Lidlohns» hätte verzichten können. Auch wenn es für die Praxis als sehr wünschenswert erscheint, dass Eltern, wenn sie dazu in der Lage sind, die Kinder für ihre Arbeit angemessen und regelmässig entlöhnen, so muss festgestellt werden, dass besonders in landwirtschaftlichen Verhältnissen eine solche Regelung, wenn nicht als undurchführbar, so doch als unzweckmässig erseheint. Gerade in den Fällen, wo Eltern sich in ihrer Lebensweise einschränken müssen, damit sie die für die Erhaltung und die gesunde Entwicklung eines Familienbetriebs notwendigen Mittel aufbringen können, werden die Kinder recht oft diese Anstrengungen verstehen und mit den Eltern vereint das gemeinsame Ziel zu erreichen suchen.

Für solche Verhältnisse behält der «Lidlohn» seine Berechtigung. Es kommt hinzu, dass er nach dem neuen Wortlaut sowohl den Interessen der Eltern wie denjenigen der Kinder gerecht wird. Besässe man keine Spezialvorschrift, so könnten die Kinder, die im Betrieb der Eltern verbleiben, gestützt auf Artikel 320 Absatz 2 OR einen ordentlichen Lohn verlangen (vgl. Jürg Zoller, Lidlohnansprüche, Dissertation,
Zürich, 1969, S. 103). Unser Zivilrecht kennt keine Vorschrift, die für solche Leistungen Unentgeltlichkeit vorsieht (BGE 90II445). Eltern, die sich längere Zeit mit bescheidenen Einkünften zufrieden geben mussten, haben ein Interesse daran, dass sie den Kindern bloss eine angemessene und damit ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten angepasste Entschädigung schulden im Gegensatz zum vollen Entgelt, das sie ihnen bei Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen über den Dienstvertrag, der durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen wäre, ausrichten mussten.

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Wenn man einerseits zur Auffassung gelangt, dass es im heutigen Zeitpunkt unglücklich oder zumindest verfrüht ist, den «Lidlohn» aus dem Gesetz zu streichen, so drängt sich anderseits doch eine vollständige Erneuerung der ihn betreffenden Vorschriften auf. Eine Änderung ist schon deshalb notwendig, weil es unter den heutigen sozialen Verhältnissen nicht mehr als gerechtfertigt erscheint, dass eine (angemessene) Entschädigung erst bei einer Pfändung gegen den Schuldner oder bei der Konkurseröffnung über ihn und sonst sogar erst nach seinem Tode geltend gemacht werden kann. Es kommt noch hinzu, dass in Lehre und Praxis verschiedene Fragen umstritten sind, so insbesondere diejenige der Rechtsnatur des «Lidlohnes». Die neusten Untersuchungen auf diesem Gebiet, so die bereits erwähnte Dissertation von Zoller, sowie eine Abhandlung von Paul Piotet, Professor an der Juristischen Fakultät der Universität Lausanne (Zeitschrift für Schweiz. Recht, 88, 1969,1 S. 165--199) belegen auf eindrückliche Art und Weise die Unzukömmlichkeiten des geltenden Rechtes und liefern gleichzeitig auch nützliche Hinweise für die Neugestaltung. Insbesondere ist daran zu erinnern, dass nach verschiedenen Urteilen des Schweizerischen Bundesgerichtes (so z. B. BGE 79 II 369) der Anspruch gemäss Artikel 633 ZGB erbrechtlicher Natur wäre, während Artikel 334 ZGB einen obligationenrechtlichen Anspruch begründete. Diese Lehre, nach der also dem «Lidlohn», je nachdem er sich auf Artikel 334 oder auf Artikel 633 ZGB stützt, trotz der Übereinstimmung von Gegenstand und Rechtsgrund nicht dieselbe Rechtsnatur zukäme, führt zu Ergebnissen, die störend wirken.

Piotet führt auf Seite 173 seiner Abhandlung drei Beispiele an, die erwähnt werden sollen: Das mündige Kind ist entweder den Gläubigern des Vaters gleichgestellt oder geht ihnen im Range nach, je nachdem, ob es seinen Anspruch noch zu Lebzeiten des Vaters oder erst nach seinem Ableben geltend macht. Zu Lebzeiten des Vaters kann es die Entschädigung nur geltend machen, wenn ein Dritter gegen ihn eine Zwangsvollstreckung einleitet.

Schliesslich könnte der Anspruch eines Bruders des mündigen Kindes einzig davon abhangen, ob dieses eine Stunde vor oder nach dem Vater stirbt.

Um derartige Unstimmigkeiten auszumerzen, war im ursprünglichen Entwurf vorgesehen, den «Lidlohn» im Artikel 334
ZGB abschliessend zu ordnen.

Dies hätte zur Folge, dass dieser Artikel entsprechend ergänzt werden müsste und dass Artikel 633 ZGB ganz aufgehoben werden könnte. Dieser Vorschlag wird hier übernommen. Dagegen wird der Wortlaut im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf vereinfacht, und gleichzeitig ist auch verschiedenen von der Kommission des Ständerates angebrachten Bemerkungen Rechnung getragen worden. Unter anderem wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten nochmals überprüft.

2. Die Rechtsnatur Aus den vorgeschlagenen Formulierungen geht klar hervor, dass der «Lidlohn» als Forderung im Sinne des Schweizerischen Obligationenrechtes verstanden sein will, Aus wirtschaftlichen und familiären Gründen weist dieser

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Anspruch allerdings bestimmte Eigenheiten auf. Sowohl seine Höhe als auch die Zahlungsbedingungen sollten nach dem Grundsatz der Billigkeit ausgerichtet sein. Überdies wird die Fälligkeit durch besondere, wesentlich stärker einschränkende Normen geordnet, als es für Lohnforderungen nach dem Obligationenrecht der Fall ist. Diese Besonderheiten sind der eigentliche Grund für eine besondere Regelung des «Lidlohns», welcher ohne sie kaum denkbar wäre. Für die Annahme, dass es sich dabei um einen erbrechtlichen Anspruch handle, wird das Gesetz künftig keinerlei Anhaltspunkte mehr enthalten. Es wird sich immer um eine obligationenrechtliche Forderung handeln, unabhängig von der Tatsache, ob der Schuldner noch lebt oder ob er gestorben ist.

3. Der Anwendungsbereich Wie schon bisher sollen die Bestimmungen über den «Lidlohn» so lauten, dass sie nicht nur ausschliesslich auf Bauernfamilien anwendbar sind. Doch setzen sie nach wie vor eine häusliche Gemeinschaft voraus, die allerdings vorwiegend in ländlichen Verhältnissen anzutreffen ist.

4. Der Kreis der Anspruchsberechtigten Ein Teil der Doktrin möchte den Kreis der Anspruchsberechtigten für den «Lidlohn» beträchtlich ausgedehnt wissen. Piotet ist beispielsweise der Ansicht, dass er alle Blutsverwandten und Verschwägerten umfassen sollte. Der Entwurf vom 29. April 1970 sah die Ausdehnung auf die Grosskinder, Geschwister, Neffen und Nichten und auf Pflegekinder vor. Die Einwendungen, die gegen eine solche Lösung erhoben wurden, dürften gerechtfertigt sein. Wir leben in einer Zeit «der kleinen Familien». Es gilt auch zu bedenken, dass der «Lidlohn» in gewisser Hinsicht noch das kleinste Übel ist. Wenn es auch verfrüht wäre, ihn aus unseren Gesetzen auszumerzen, so erschiene es doch als unzeitgemäss, die Anwendungsfälle noch zu vermehren. Nach diesen Überlegungen darf man Kindern (ehelichen, ausserehelichen und Adoptivkindern) und mit ihnen auch den Grosskindern wohl zumuten, dass sie sich mit einer angemessenen Entschädigung anstelle des vollen Lohnes begnügen. Demgegenüber sollten die ändern Familienglieder nach Eintritt der Mündigkeit einen regelmässig zu entrichtenden Lohn verlangen können. Eine Lösung, die ihnen nur einen «Lidlohn» zugestehen würde, wäre für sie ungerecht und würde die Erhaltung nicht mehr lebensfähiger Betriebe begünstigen. So sollte
beispielsweise ein Neffe für seine Arbeit nach den Regeln über den Dienstvertrag entschädigt werden, wobei selbstverständlich alle ihm zugekommenen Vorteile von seinen Guthaben abzuziehen wären.

5. Der Schuldner Die Person des Schuldners wird im Entwurf nicht genauer umschrieben, als es im geltenden Recht der Fall ist. Artikel 334bl9 Absatz l des revidierten Entwurfes spricht ganz einfach vom «Empfänger der Zuwendungen». Es trifft

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zu, dass die Person des Schuldners je nach den Umständen nicht immer dieselbe ist. Wenn auch nicht gerade immer, so wird es sich doch in den meisten Fallen um den Vater als den Eigentümer des Familienbetriebes handeln. In seltenen Fällen wird es im Hinblick auf das Güterrecht der Eltern die Mutter sein. Jedenfalls verhält es sich aber so. dass diese Frage nur ausnahmswiese zu Streitigkeiten Anlass geben dürfte, weshalb es sich empfiehlt, die Losung der Rechtsprechung und der Doktrin zu überlassen.

6. Das Erfordernis des gemeinsamen Haushalts Wird man den Anwendungsbereich für den «Lidlohn» auf die mündigen Kinder ausdehnen müssen, die zwar im Betriebe ihrer Eltern arbeiten, aber mit ihnen nicht unter dem gleichen Dach schlafen? Wir glauben das nicht. Wenn man sich die Überlegungen, die man im Hinblick auf den Kreis der Berechtigten angestellt hat, vergegenwärtigt, so muss hier nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Bestimmungen über den «Lidlohn» eben denjenigen über den Dienstvertrag diametral gegenüberstehen. Immerhin sollte dies aber auch nicht überbewertet werden. Das Kind, das einen eigenen Haushalt führt, soll über eigene Einkünfte verfügen können. Eine gerechte Losung wird darin bestehen, dass es für seine Mitarbeit in regelmässigen Abstanden entschädigt wird.

7. Die Beschränkung des Anspruchs auf die mündigen Kinder und Grosskinder Anlässlich der Beratungen der Kommission des Ständerates wurde auch die Frage aufgeworfen, ob sich eine Beschränkung des «Lidlohns» auf den Kreis der mündigen Kinder (oder Grosskinder) rechtfertige. Wir glauben, dass diese Frage bejaht werden muss. Soweit es die Kinder betrifft, erscheint dies schon im Hinblick auf Artikel 295 Absatz l ZGB geboten. Es wäre auch nicht einzusehen, wieso auf Grosskinder andere Grundsätze angewendet werden sollten.

8. Die Höhe der Entschädigung und die Art ihrer Bezahlung In der Terminologie des Schweizerischen Zivilgesetzbuches nimmt der Begriff «angemessen» Bezug auf Artikel 4 ZGB. Er bedeutet, dass der Richter in solchen Fällen seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen habe.

Hat der Richter nach diesem Grundsatz zu urteilen, so wird er die besonderen Umstände eines Falles genau untersuchen müssen, die Interessen sorgfaltig gegeneinander abwägen und prüfen, welche Partei im Einzelfall eines besonderen Schutzes
bedarf, um auf diesem Weg zu einer gerechten und vertretbaren Lösung zu gelangen. Es sind dies die Grundsätze, von denen sich der Richter leiten lassen soll, wenn er über den Bestand, die Höhe und die Zahlungsbedingungen eines sich auf Artikel 334 ZGB stützenden Anspruchs entscheiden muss. Aus Gründen der Billigkeit wird der Richter dem Schuldner insbesondere gewisse Zahlungsfristen zugestehen oder Ratenzahlungen vorsehen. Eine

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derart geschmeidige Regelung drängt sich nicht nur mit Rücksicht auf die fast unbegrenzte Verschiedenheit der Einzelfälle auf, sondern auch im Hinblick auf die engen familiären Bande, die Gläubiger und Schuldner in der Regel miteinander verbinden.

9. Die Fälligkeit Nach dem revidierten Entwurf kann, wie übrigens schon nach dem Wortlaut des Entwurfs vom 29. April 1970, der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung grundsätzlich im Zeitpunkt der Eröffnung des Erbgangs über den Nachlass des Schuldners geltend gemacht werden (Art. 334bl8 Abs. l des revidierten Entwurfs; Zoller, a. a. O., S. 116). In besonderen Fällen sollte aber die Entschädigung schon vorher gefordert werden können. In diesem Punkt ist der ursprüngliche Wortlaut wesentlich vereinfacht worden, indem darauf verzichtet wurde, ihn in demSinne zu verdeutlichen, dass dieLeistungen die fmanziellenMöglichkeiten des Schuldners nicht übersteigen und auch die Weiterführung des Familienbetiiebes nicht übermässig erschweren dürften. Der Umstand, dass das Gesetz eine «angemessene» Entschädigung vorsieht, bedeutet, dass die erörterten Gesichtspunkte in jedem Falle in Betracht gezogen werden sollten, ohne dass ihnen jedoch verbindlicher Charakter zukäme. Anderseits bestimmt der revidierte Entwurf, dass die Entschädigung spätestens im Zeitpunkt der Erbteilung gefordert werden soll (Art. 334Wa Abs. 3).

10. Der Verzicht auf den «Lidlohn» Nach der bisherigen Regelung des Artikels 334 ZGB kann eine angemessene Entschädigung nur fordern, wer darauf nicht ausdrücklich verzichtet hat. Im Gegensatz zum ursprünglichen Entwurf übergeht der revidierte Entwurf diese Frage, so dass die Tragweite eines allfälligen Verzichtes nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts zu würdigen ist. Nach diesen wäre ein ausdrücklicher Verzicht zweifellos verbindlich unter der Voraussetzung, dass ein Anspruch überhaupt bestände und dass der Verzicht nicht mit einem Willensmangel behaftet wäre. Ein zum voraus eingegangener und entgeltlicher Verzicht müsste auch der Geltendmachung eines Anspruchs gestützt auf Artikel 334 entgegenstehen, weil es nicht gerecht wäre, eine Entschädigung für Leistungen zuzuerkennen, die bereits abgegolten sind. Was einen zum voraus geleisteten, unentgeltlichen Verzicht betrifft, so erscheint dieser schon eher als fragwürdig, und er könnte, je nach den Umständen, eine unzulässige Beschränkung der Persönlichkeitsrechte (Art. 27 Abs. 2 ZGB) bedeuten.

11. Artikel 603 Absatz 2 ZGB Nach dem im ursprünglichen Entwurf vorgesehenen Wortlaut des Artikels 603 Absatz 2 wäre die Lidlohnforderung als Nachlassschuld zu betrachten. Diese Lösung ergibt sich folgerichtig schon aus der Rechtsnatur des Anspruchs. An diesem Grundsatz sollte festgehalten werden. Man befürchtet jedoch nicht zu unrecht, dass das Fehlen einer Begrenzung des Umfanges zu einer Vermehrung von überschuldeten Erbschaften und zu missliebigen Familienstreitigkeiten führen

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könnte (vgl. P. Liver, Abhandlungen zum Bodenrecht, 1969,2. Lieferung, S. 8). Im Hinblick auf diese Schwierigkeiten sind «Lidlöhne» nur insoweit als Erbschaftsschulden zu betrachten, als ein Nachlass ihretwegen nicht überschuldet wird.

Eine derartige Einschränkung wird die Erben vor unangenehmen und mitunter unangebrachten Auseinandersetzungen bewahren. Für den Gläubiger wird dies fast nur theoretisch einen Nachteil bedeuten. In Wirklichkeit verhält es sich so, dass, wenn die Höhe des « Lidlohnes » zur Überschuldung eines Nachlasses führt, die Erben in der Regel die Erbschaft ausschlagen mit der Folge, dass der Gläubiger gar nicht bessergestellt ist. Wenn schon aus Billigkeitsgründen eine zu Lebzeiten des Schuldners geforderte Entschädigung seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten angepasst werden soll, dann sprechen die gleichen Gründe auch für die im revidierten Entwurf vorgesehene Beschränkung.

H. Das Erbrecht 1. Grundsätze Am Zweck der Bestimmungen für die Teilung eines Nachlasses, in dem sich ein landwirtschaftliches Gewerbe befindet, ist durch den revidierten Entwurf nichts geändert worden. Vorab soll das Vorrecht auf ungeteilte Zuweisung noch klarer als bisher dem Willen und der Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung untergeordnet werden. Auch ist es jetzt an der Zeit, das im Artikel 621 Absatz 3 ZGB verankerte Vorrecht der Söhne gegenüber den Töchtern aufzuheben. Abgesehen vom Anrechnungswert, der durch Verfügung von Todes wegen bestimmt werden kann, sind wir nach wie vor der Ansicht, dass gewisse Beschränkungen in der Verfügungsfreiheit aufgestellt werden sollten.

Den kritischen Bemerkungen, zu denen die ursprüngliche Fassung Anlass gegeben hat, wurde soweit als möglich Rechnung getragen. Es hat dies zur Folge, dass für die meisten Bestimmungen ein neuer Wortlaut vorgeschlagen wird.

2. Der Anrechnungswert für landwirtschaftliche

Grundstücke

Aus den in der Botschaft vom 29. April 1970 (Ziff. 3.3) dargelegten Gründen muss Absatz 2 des Artikels 618 als überholt betrachtet werden. Unser Vorschlag, den genannten Absatz aus dem Gesetz zu streichen, ist auf keinerlei Widerstand gestossen. Er wird daher aufrechterhalten.

3. Die Bedingungen für einen Ausschluss der Teilung Was Artikel 620 ZGB (der nicht geändert werden soll) betrifft, hat die Regierung eines Kantons die Ansicht vertreten, dass man wieder den Wortlaut annehmen sollte, wie er vor dem 1. Januar 1947 galt, indem die Worte, nach denen die Sondervorschriften über die ungeteilte Zuweisung an einen Miterben nur auf solche landwirtschaftlichen Gewerbe Anwendung finden sollen, «die eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bieten», gestrichen würden.

Schon die Botschaft vom 29. April 1970 (Ziff. 2.2.3) ging davon aus, dass be-

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stimmte Gründe zugunsten eines Verzichts auf diese Bedingung sprechen. Die Notwendigkeit einer Strukturänderung unserer Landwirtschaft scheint uns aber doch Grund genug dafür zu sein, die heutige Fassung des Artikels 620 beizubehalten. Dabei sollte man sich auch bewusst sein, dass die Bestimmungen über die ungeteilte und vorzugsweise Zuweisung landwirtschaftlicher Gewerbe innerhalb unseres Erbrechtes Sonderrecht darstellen (vgl. Tuor/Picenoni, Das Erbrecht, Bern, 1964, S. 934). Insbesondere den Miterben des Übernehmers gegenüber liesse sich die Anwendung dieser Vorschriften nur schwer rechtfertigen, wenn es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe handelt, das keine ausreichende landwirtschaftliche Existenz zu bieten vermöchte und das aus diesen Gründen früher oder später zur Auflösung gelangen wird.

4. Die Erben, die ein Vorzugsrecht auf ungeteilte Zuteilung haben Die Auffassung hat ungeteilte Zustimmung gefunden, dass das Vorrecht solcher Erben, die zur Selbstbewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Gewerbes bereit und geeignet sind, noch wirksamer ausgestaltet werden sollte. Aucri Artikel 621 hat zu zahlreichen Diskussionen Anlass gegeben, so unter anderem zur Frage, ob die Worte «selbst betreiben» die Bedeutung von Selbstbetrieb oder Selbstbewirtschaftung hätten.

Nach seiner neuesten Rechtsprechung, die strenger ist, als sie es früher war, verlangt das Schweizerische Bundesgericht, dass der Übernehmer den Betrieb persönlich leitet und überdies in erheblichem Masse auch selber darin mitarbeitet (BGE 94 II 254, insbesondere S. 259). Diese Begriffsbestimmung erscheint genau genug, dass sich die Fragen, die uns hier beschäftigen, mit ihrer Hilfe lösen lassen, aber auch geschmeidig genug, dass es den zuständigen Behörden möglich ist, der Verschiedenheit der einzelnen Betriebe Rechnung zu tragen. Sie gestattet überdies die notwendige Unterscheidung zwischen der Bereitschaft und der Fähigkeit zur Übernahme des Gewerbes (Art. 620 ZGB) und der Bereitschaft und der Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung. Es erscheint deshalb nicht notwendig, die Begriffsbestimmung im Gesetz zu verankern. Das gleiche gilt auch für die Eignung zur Selbstbewirtschaftung. Rechtsprechung und Doktrin haben hiefür brauchbare Richtlinien aufgestellt. Die Beurteilung der Eignung eines Übernehmers verlangt feine ' Unterscheidungen,
die nur schwer dem Gesetzeswortlaut einverleibt werden könnten.

Die Ergebnisse der Beratungen der Kommission des Ständerates haben uns veranlasst, nochmals zu prüfen, welche Rolle dem Ortsgebrauch innerhalb des Artikels 621 zukommt. Es sind zwei Gründe, die dazu geführt haben, dass im revidierten Entwurf nicht mehr auf den Ortsgebrauch verwiesen wird.

Einerseits verhält es sich so, dass nur wenige Kantone einen solchen kennen.

Der Kanton Bern kennt das Minorât, der Kanton Zug das Majorat, während das freiburgische Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch, ohne es strikte zu verlangen, Zuweisung des Gewerbes an den jüngsten Sohn empfiehlt (vgl.

Tuor/Picenoni, a. a. O., Noten 9--11 zu Art. 621). Vor allem ist es aber doch so, dass eine Ausrichtung der Praxis nach dem Ortsgebrauch etwas Schablo-

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nenhaftes an sich hat, das sich schlecht mit dem Bestreben verträgt, im Einzelfall in Würdigung der Bereitschaft zur Übernahme, der Eignung und der persönlichen Verhältnisse den Erben zu bezeichnen, der die besten Voraussetzungen für eine Übernahme des Betriebes mitbringt. Aus diesem Gesichtswinkel betrachtet, lässt sich ein allgemeines Vorzugsrecht des ältesten oder des jüngsten Sohnes kaum rechtfertigen.

Die vollständige Aufhebung des Vorrechtes der männlichen Nachkommen, wie es bisher im Artikel 621 Absatz 3 ZGB enthalten war, veranlasste die Kommission des Ständerates, nach der genauen Bedeutung der im Artikel 621 Absatz 2 des ursprünglichen Entwurfs enthaltenden Worte «oder dessen Ehegatten» zu fragen und genauere Umschreibung zu verlangen. In dieser Beziehung will Absatz 3 des Artikels 621 des revidierten Entwurfes vorerst ausdrükken, dass das Vorrecht auf die ungeteilte Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes auf jeden Fall nur einem Erben zusteht und dass es auch nur von einem Erben ausgeübt werden kann. Damit ist deutlich gesagt, dass die Zuweisung des Gewerbes an den Ehegatten eines Erben ausgeschlossen sein soll.

Demgegenüber hätte die zuständige Behörde dann, wenn sie die Frage entscheiden soll, ob ein Erbe oder eine Erbin, die die vorzugsweise Zuteilung eines Gewerbes verlangen, hiezu geeignet seien, auch die Fähigkeiten des Ehegatten, sei es des Ehemannes oder der Ehefrau, zu berücksichtigen. Es erscheint nicht zweckmässig, dass das Gesetz noch feinere Unterscheidungen anstrebt, wie sie sich etwa im Falle, wo zwar der Ehegatte eines Erben, aber nicht der Erbe selber zur Übernahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes zum Zwecke der Selbstbewirtschaftung geeignet erschiene, als nötig erweisen könnten. Indem das Gesetz die zuständige Behörde anweist, den persönlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen, dürfte der Schlüssel zu einer befriedigenden Lösung gefunden sein.

Schliesslich hat sich die Kommission des Ständerates noch um die Rangfolge der Erben und ganz besonders um die Stellung der Kinder und des überlebenden Ehegatten bemüht. Nach der heutigen Rechtsprechung und Doktrin haben die Söhne und Töchter gegenüber allen ändern Erben mit Einschluss des überlebenden Ehegatten den Vorrang (vgl. Tuor/Picenoni, a. a. O., Noten 19 und 20 zu Art. 621 ; Escher, Erbrecht 3. Auflage,
Band II, Zürich, 1960, Noten 12--14 zu Art. 621, sowie die dortigen Zitate). Die Mehrheit der Autoren betont jedoch, dass diese Lösung für den überlebenden Ehegatten öfters recht hart und ungerecht ist. Der revidierte Entwurf hält deshalb im Artikel 621 das Vorrecht der Söhne und der Töchter gegenüber dem überlebenden Ehegatten nicht mehr weiter aufrecht. Der Zweck der Sondervorschriften für die Teilung von Nachlässen, zu denen ein landwirtschaftliches Gewerbe gehört, verlangt nämlich keineswegs eine derartige Abweichung vom Artikel 462 ZGB. Vielmehr verlangt er, dass das Gewerbe dem für den Betrieb fähigsten Erben zugeteilt wird. Wenn ein Erblasser vom Ehegatten und seinen Kindern beerbt wird, wird sich oft die Zuweisung des Gewerbes an eines der Kinder aufdrängen, doch kann es auch sein, dass der überlebende Ehegatte einmal den Vorzug verdient. Der Entscheid über diese Frage wird namentlich vom Alter des Ehe-

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gatten und von weiteren Umständen abhängen; er sollte nicht schon durch den Gesetzeswortlaut präjudiziert werden.

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5. Die Einschränkungen in der Verfügungsfreiheit Nach der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichtes wird durch die Artikel 620 ff. ZGB, so wie sie heute noch lauten, die Freiheit eines Erblassers, das künftige Schicksal seines Heimwesens durch eine Verfügung von Todes wegen zu bestimmen, in keiner Weise eingeschränkt (BGE 80 II 208, bestätigt in BGE 90 II1). Es wurde der Vorwurf erhoben, dass man in der Botschaft vom 29. April 1970 mit den erwähnten Urteilen die vorgeschlagenen Beschränkungen der Verfügungsfreiheit habe rechtfertigen wollen. Man hat sich auch gesagt, däss die Tatsache als solche, dass die Verfügungsfreiheit heute noch intakt ist, noch kein genügender Grund dafür sei, sie für die Zukunft zu beschränken. Hinter unserem. Vorschlag verbirgt sich eine lange und recht seltsame Vorgeschichte. Es sei hier' der Hinweis gestattet, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hatte, im Zuge der durch Artikel 94 des Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirschaftlicher Heimwesen (angenommen am 12. Dez. 1940 und in Kraft getreten am 1. Jan. 1947) bewirkten Änderungen die Verfügungsfreiheit zu beschränken. Der Grund, warum dieses Vorhaben nicht verwirklicht worden ist, war, dass das Schweizerische Bundesgericht der Auffassung war, der Wortlaut bringe die Absicht einer Beschränkung der testamentarischen Verfügungsfreiheit nicht klar genug zum Ausdruck.

Wie dem auch sei, sollten doch die verschiedenen Meinungen, die hinsichtlich der Beschränkung der Verfügungsfreiheit bestehen, schliesslich auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Diejenigen, die eine Beschränkung befürworten, müssen sich sagen lassen, dass den Vorschriften über die Teuung von bäuerlichen Nachlässen keine unbedingt zwingende Wirkung zuerkannt werden kann. Der Gesetzgeber könnte zwar einen Erblasser daran hindern,1 dass er ein landwirtschaftliches Gewerbe einem Erben, der es zu übernehmen wünscht und hiezu auch als geeignet erscheint, entzieht. Dagegen hat es abgesehen von den Fällen der Erbunwürdigkeit und der Enterbung wenig Sinn, den Erben eine Teilungsart aufzuzwingen, die sie gar nicht wollen. Auch wenn die Verfügungsfreiheit nicht mehr uneingeschränkt ist, werden immer noch Fälle vorkommen, wo sich der
GrundsatzdervorzugsweisenungeteiltenZuweisung nicht wird durch setzen können. Denjenigen aber, die sich aus grundsätzlichen Überlegungen Einschränkungen jeder Art widersetzen, muss gesagt werden, dass nach unserer Rechtsordnung in der Verfügungsfreiheit nicht ein erratischer Block erblickt werden darf, wie es in gewissen Ländern des Common Law der Fall ist. Vor der Vereinheitlichung des schweizerischen Privatrechts kannten verschiedene Kantone die Verfügungsfreiheit nur für einen geringen Teil des Nachlasses. Das Schweizerische Zivilgesetzbuch ist im Bereiche des Erbrechtes so wenig von.individualistischen Vorstellungen beeinfiusst, !dass es den Nachkommen einen sehr weitgehenden Pflichtteilsschutz zugesteht. Ferner ist festzustellen, dass schon beim heutigen Rechtszustand in zahlreichen landwirtschaftlichen Nachlässen die Verfügungs-

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beschränkungen, die sich aus dem Rechtsinstitut des Pflichtteils ergeben, zwangsläufig dazu führen, dass das Gewerbe dem Erben, der zur Übernahme bereit und hiezu auch geeignet ist, zugewiesen wird. Mithin dürfte der vorgeschlagenen Einschränkung eine geringere Wirkung zukommen, als es für den Pflichtteil der Fall ist.

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Schliesslich hat man sich auch noch gefragt, ob der heutige Umfang der Verfügungsfreiheit nicht doch unerwünschte Auswirkungen gehabt habe.

Unsere Erkundigungen bei den interessierten Kreisen, insbesondere die Be,fragung einiger auf dem Gebiete des bäuerlichen Erbrechtes kompetenter Notare, ergaben folgendes Bild: In den weitaus meisten Fällen denken, die Landwirte nicht daran, die Erben, die eine ungeteilte Zuweisung eines Gewerbes verlangen könnten, zulübergehen. Die meisten kennen nicht einmal die Möglichkeiten, die ihnen die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts offen lässt.

Immerhin lassen sich in allen Kantonen Ausnahmen finden. Die übergangenen Erben werden derartige Verfügungen um so mehr als ungerecht empfinden, als sie das in ländlichen Gegenden recht ausgeprägte. Rechtsgefülü verletzen. Anders ausgedrückt könnten solche Ausnahmefäile als dis Folge einer «missbräuchlichen» Ausschöpfung der Verfügungsfreiheit betrachtet werden, dem man soweit,als möglich,vorbeugen sollte. Im Bestreben, ein gesundes Gleichgewicht zwischen den Interessen des Individuums und denjenigen der Familie und der Allgemeinheit zu finden, betrachten wir es als eine Pflicht des Gesetzgebers, soweit als möglich zu verhindern, dass Verfügungen von Todes wegen dazu dienen, die grpssen Anstrengungen zu durchkreuzen, die zur Verbesserung der Struktur unserer Landwirtschaft und zur Sicherung einer gesunden Entwicklung der einzelnen Betriebe,gemacht werden.

, : .Ganz auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit ausgerichtet, der auch im Privatrecht seine Bedeutung hat, beschränkt Artikel 621Ws des revidierten Entwurfes die Einschränkungen der Verfügungsfreiheit auf das unbedingt Notwendige. Er will verhindern, dass ein Testament oder ein Erbvertrag nur zu dem Zweck errichtet wird, einen zur Selbstbewirtschaftung fähigen und geeigneten Erben1 um sein, Vorzugsrecht zu bringen, mit'der er die .ungeteilte, Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes verlangen könnte.: Artikel 621Wa lässt
demnach dem Erblasser ein nicht unbeachtliches ,Mass .von Freiheit. So behält er den Fall der Enterbung (der Vorbehalt, für den Fall der Erbunwürdigkeit ergibt sich aus dem Gegenstand) ausdrücklich vor. Ausserdem erlaubt :er dem Erblasser - dies ebenfalls ausdrücklich -, unter zwei oder mehreren Erben, die die Voraussetzungen, für eine vozugsweise Zuweisung erfüllen, den Übernehmer zu bestimmen.

Daraus ergibt sich auch, dass dann, wenn kein Erbe zur Selbstbewirtschaftung des Gewerbes bereit und geeignet ist, der Erblasser den Übprnehmer bestimmen können soll. Schliesslich bleibt es, wie schon erwähnt worden ist, den Erben unbenommen, auf gütlichem Wege anders zu teilen, als es das Gesetz vorsieht.

Ein Kanton hat die Frage der Wirkung des neuen Artikels 621bls aufgeworfen und angeregt, dass diese eher in der Nichtigkeit ihm widersprechender Verfügungen bestehen sollte als in der Möglichkeit, eine Ungültigkeitsldage gemäss Artikel 519 ZGB anzustrengen. iNach unserer Auffassung empfiehlt es sich nicht,

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hier Nichtigkeit anzunehmen. Wenn alle Erben bereit sind, sich dem letzten Willen des Verstorbenen zu unterziehen, darf eine solche Einigung nicht einfach übersehen und ihnen die ungeteilte Zuweisung des Gewerbes an einen Erben aufgezwungen werden, der die Übernahme gar nicht wünscht. Dies würde zu einem Widerspruch im System des bäuerlichen Erbrechtes führen; Artikel 620 und 621 (nach dem heute geltenden und nach dem künftigen Wortlaut) setzen nämlich für eine Zuweisung ein Begehren voraus. In Wirklichkeit wird ein Erblasser, der sich nicht an die Vorschrift des Artikels 621bls hält, auch die Schranken der Verfügungsfreiheit überschreiten. Die Folge der Verletzung von Artikel 621bls sollte mithin in der Möglichkeit einer Art von Herabsetzungsklage (Art. 522 ff. ZGB) bestehen, ähnlich wie im Falle der Enterbung, wo die Bestreitung auch als eine besondere Art der Herabsetzungsklage betrachtet wird. Im Bestreben, den Wortlaut nicht zu schwerfällig werden zu lassen, halten wir es nicht für notwendig, darin noch besonders auf eine solche Möglichkeit hinzuweisen, um so weniger, als dieses Problem in der Praxis kaum Schwierigkeiten bereiten dürfte.

Ein anderer Kanton hat die Frage gestellt, ob die Beschränkung der Verfügungsfreiheit nicht bloss auf letztwillige Verfügungen Anwendung finden sollte, indem Erbverträge davon ausgeschlossen würden. Hierzu ist festzustellen, dass nach dem Wortlaut des Entwurfs Artikel 621Ms den Abschluss von Erbverzichtsund Erbauskaufverträgen (Art. 495 ZGB) nicht verhindern will, und zwar deshalb nicht, weil das Gesetz die Übernahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes einem Erben, der gar nicht dazu bereit ist, nicht aufzwingen kann. Anderseits sollen Erbeinsetzungs- undVermächtnisverträge unter denselben Bedingungen zulässig sein wie letztwillige Verfügungen, d. h. soweit sie nicht gegen die Vorschrift des Artikels 621 Absatz l verstossen. Eine andere Lösung würde nur eine allzu leichte Umgehung der Vorschrift ermöglichen. Sie würde dazu führen, dass man sich zu diesem Zwecke statt der einen der ändern Form der Verfügung von Todes wegen bedienen könnte.

6. Die minderjährigen Nachkommen Nach der heute geltenden Regelung ist gemäss Artikel 621Ws ZGB, wenn der Erblasser minderjährige Nachkommen hinterlässt, unter bestimmten Umständen die Teilung bis zum Zeitpunkt aufzuschieben,
in dem eine Entscheidung über die allfällige Zuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes an einen Nachkommen getroffen werden kann. Im ursprünglichen Entwurf war im Artikel 621ter vorgesehen, diese Regelung auf alle Fälle auszudehnen, in denen minderjährige Erben (und nichtnur Nachkommen) beteiligt sind. Eine nochmalige Überprüfung der Frage hat uns veranlasst, auf diese Änderung zu verzichten (durch eine einfache Änderung der Ordnungsnummer wird aus Art. 621MB nun Art. 621ter). Bei der Erläuterung der heute geltenden Bestimmungen weist die Doktrin daraufhin, dass dieVerpflichtung, die Erbengemeinschaft forztusetzen oder sie in eineFamiliengemeinderschaft umzuwandeln, den Nachteil hat, dass dadurch den mehrjährigen Erben bisweilen sehr lange Wartefristen auferlegt werden (Tuor/Picenoni, Note l zu Art. 621bls; Escher, Note l zu Art. 621Ms). Indessen lässt sich dieser Nachteil dann, wenn die minderjährigen Erben Nachkommen sind, eher rechtfer-

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tigen als in allen ändern Fällen. Wenn minderjährige Nachkommen beteiligt sind, besteht eine Erbengemeinschaft, die fortgesetzt werden muss, zudem aus sehr nahen Verwandten (bespielsweise aus dem überlebenden Ehegatten und den Kindern). Würde die Vorschrift für alle Erben gelten, so hätte dies zur Folge, dass entferntere Verwandte mitunter viele Jahre in einer Art Zwangsgemeinschaft bleiben müssten.

7. Die Ausnahme zugunsten von Gebirgsgegenden Obschon die Ansichten in dieser Frage auseinandergehen, ist der Vorschlag, Artikel 621iuater aufzuheben, auf weit mehr Zustimmung als auf Ablehnung gestossen. Aus den in der Botschaft vom 29. April 1970 (Ziff. 2.2.3) erläuterten Gründen und auch aus den Gründen, die hievor bei der Erörterung der Frage der Beibehaltung des Artikels 620 ZGB in seiner heutigen Fassung dargelegt worden sind, empfiehlt es sich, an diesem Vorschlag festzuhalten.

8. Die Nebengewerbe Wegen der mangelnden Übereinstimmung zwischen dem deutschen und dem französischen Text musste der Artikel 625 des ursprünglichen Entwurfs in jeder Hinsicht neu überprüft werden. Die wichtigste Änderung, die man anstrebte, hatte darin bestanden, dass die gesamthafte Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes und eines damit verbundenen anderen Gewerbes auch dann hätte verlangt werden können, wenn dieses andere Gewerbe als Hauptbetrieb betrachtet werden musste. Der revidierte Entwurf kehrt wieder zum Grundsatz zurück, wonach die gesamthafte Zuweisung von zwei miteinander verbundenen Betrieben nach den Regeln des bäuerlichen Erbrechtes nur dann verlangt werden kann, wenn dem landwirtschaftlichen Gewerbe der Charakter als Hauptbetrieb zukommt. Es mag sein, dass die im ursprünglichen Entwurf vorgeschlagenenWeiterungen gewisseVorteile gehabt hätten. Es ist aber anderseits dochfraglich, ob die Anwendung des Sonderrechts der Artikel 620 ff. Erben, die dies ablehnen, vernünftigerweise aufgezwungen werden dürfte in Fällen, wo der Landwirtschaftsbetrieb als Nebenbetrieb betrachtet werden muss.

Hingegen erschien es angezeigt, die Gelegenheit einer Änderung des Artikels 625 dazu zu benützen, den Widerspruch auszumerzen, den er in seiner heute geltenden Fassung enthält. Dieser Widerspruch besteht darin, dass Absatz l einen mit einem landwirtschaftlichen Gewerbe untrennbar verbundenen Nebenbetrieb voraussetzt,
während Absatz 2 die zuständige Behörde ermächtigt, (unter bestimmten Voraussetzungen) die Abtrennung des Nebenbetriebes anzuordnen. In der Praxis wird jedoch das Wort «untrennbar» nicht buchstäblich angewendet, denn man nimmt an, dass ein enger Zusammenhang zwischen den beiden Teilen genüge (Tuor/Picenoni, Note 6, und Escher, Note 5 zu Art. 625 ZGB). Indem wir das Wort «untrennbar» durch das Wort «eng» ersetzen, bedeutet dies nichts anderes als eine Anpassung des Gesetzeswortlautes an die einzig gangbare Praxis.

Es mag sein, dass die für die Schätzung des landwirtschaftlichen Gewerbes zuständige Behörde nicht immer auch für die Schätzung des Nebenbetriebes ge-

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eignet ist. Deshalb strebte das Postulat Muheim vom 18. Juni 1964 'eine Änderung von Absatz 3 des Artikels 625 ZGB in dem Sinne an, dass die Kantone befugt sein sollten, die Schätzung des landwirtschaftlichen Gewerbes und diejenige des Nebenbetriebes zwei verschiedenen Behörden anzuvertrauen. Die vorgeschlagene Änderung von Absatz 3 des Artikels 625 trägt dieser Anregung Rechnung. Nach Artikel 54 des Schlusstitels zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch können die Kantone die zuständige Behörde bestimmen, und keine Vorschrift kann sie daran hindern, im Falle des Artikels 625 ZGB zwei solche Behörden zu bezeichnen. Im übrigen erscheint es überflüssig, zu präzisieren, dass im Falle eines Einspruchs die zuständige Behörde den Verkehrswert des Nebengewerbes zu bestimmen habe. Dies wird sich von selbst so ergeben.

III. Der Anspruch auf den Gewinn im Falle der Übertragung eines Grundstückes auf einen Erben

1. Grundsätze Wie wir schon in der Botschaft vom 29. April 1970 ausgeführt haben, kommt es immer häufiger vor, dass ein Vater seine landwirtschaftlichen Grundstücke zu Lebzeiten veräussert, indem er sie zu einem Preis unter dem Verkehrswert an einen Erben überträgt. Der Gesetzgeber darf sich der Tatsache dieser Rechtsgeschäfte nicht verschliessen, die im übrigen den Vorteil haben, die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Heimwesen durch die jungen Generationen zu begünstigen. Immerhin lehrt die Erfahrung, dass die Versuchung für den Erwerber sehr stark sein kann, das Heimwesen später mit einem mehr oder weniger grossen Gewinn weiterzuveräussern. In einem solchen Falle verlangt schon eine bescheidene Bemühung um Billigkeit oder Rechtsgleichheit die analoge Ann endung der erbrechtlichen Vorschriften über den Gewinnanspruch. Mit ändern Worten handelt es sich darum, zu verhindern, dass der Weiterveräusserer zu seinem alleinigen Vorteil einen Gewinn erzielt, der ihm nur zum Teil zugekommen wäre, wenn er das Heimwesen erbrechtlich und nicht durch Vertrag unter Lebenden erhalten hätte.

Der heute geltende Artikel 218«uin«ulesOR ist bereits durch diese Überlegung bestimmt. Er führt hingegen jedesmal zu einer Abweichung von der Regel, wenn im Zeitpunkt der Weiterveräusserung durch den Erben der erste Verkäufer noch am Leben ist. Grundsätzlich kann nach dem geltenden Artikel 218iuln«ules der erste Verkäufer keinen Gewinnanspruch geltend machen. Anspruch auf einen Teil des Gewinnes haben lediglich die zukünftigen Miterben des Weiterveräusserers.

Indem unser Entwurf in seiner ersten und in seiner revidierten und bereinigten Fassung diese Anomalie auszumerzen vorschlägt, entspricht er den Wünschen der Wissenschaft und einem durch die Erfahrung erwiesenen Bedürfnis.

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2. Der Gewinnanteilsberechtigte Nach unserem Dafürhalten verlangt die folgerichtigste und billigste, hier hypothetisch in Aussicht genommene Lösung, das Recht auf den Gewinn sei dem ersten Verkäufer zuzuerkennen. Die Sachverständigen, die unseren Vorschlag geprüft haben, sind einhellig dieser Meinung. Die Kommission des Ständerates hat zwar in einer konsultativen Abstimmung den Wunsch geäussert, es möge das Recht auf den Gewinn zwischen dem ersten Verkäufer und den Miterben des Weiterveräusserers geteilt werden. Eine neue Prüfung führt uns aber zu dem Schlüsse, trotzdem an unserem früheren Vorschlag festzuhalten. Solange der erste Verkäufer lebt, kann genau genommen nicht von Erben oder Miterben die Rede sein, sondern lediglich von zukünftigen und allfälligen, von präsumptiven Erben. Es ist deshalb besser, jede Vermengung mit der Nachlassordnung, um welche es sich ja nicht handelt, zu vermeiden. Übrigens werden die Miterben des Weiterveräusserers gleichwohl in der Mehrheit der Fälle Vorteil aus der vorgeschlagenen Lösung ziehen, in dem Sinne nämlich, dass sich der zukünftige Nachlass des ersten Verkäufers vermehrt, wenn dieser seinen Gewinnanspruch ausübt. Stirbt er, bevor er seinen Anspruch geltend gemacht hat, so wird dieser Anspruch Teil seines Nachlasses bilden. Der revidierte Entwurf nimmt an, dass das Recht auf einen Anteil am Gewinn vererblich ist (vgl. unten, Ziff. 4).

3. Bedingungen und Umfang des Gewinnanteilsrechtes Der zweite Absatz des Artikels 218iulntiules OR des revidierten Entwurfes sieht vor, dass der Anteil am Gewinn gemäss den anwendbaren Bestimmungen über die Erbteilung festgesetzt wird. Der gewählte Wortlaut bringt zum Ausdruck, dass die Bedingungen, der Umfang und der Betrag des Gewinnanteilsrechtes von den Artikeln 619-619sexles ZGB abhängen werden und eine analoge Anwendung dieser Artikel erheischen, da sich die zu lösende Frage ausserhalb jeder Erbteilung stellt.

4. Die Übertragung auf die Erben Der Entwurf vom 29. April 1970 sah vor, dass die Erben berechtigt sein sollen, wenn der Erblasser auf seinen Anspruch verzichtet, wenn er ihn nicht binnen Jahresfrist geltend macht oder wenn er stirbt. Diese Regelung ist mit guten Gründen beanstandet worden, weshalb sie sich in dem revidierten Entwurf nicht, wieder findet. Die Gründe und Wirkungen der Streichung seien kurz näher
dargelegt : Wenn der Begünstigte aus dem Recht auf den Gewinn (d. h. der erste Verkäufer) stirbt, bevor er seinen Anspruch geltend gemacht hat, wird dieser Anspruch Teil seines Nachlasses. Es ist nicht nötig, das im Gesetz zu sagen, weil es aus den allgemeinen Grundsätzen des Erbrechtes hervorgeht (vgl. Art. 560 Abs. 2 ZGB). Im Gegensatz dazu ist der Fall des Verzichtes auf den Anspruch sehr fragwürdig. Indem der Begünstigte darauf verzichtet, seinen Anspruch geltend zu machen, beschenkt er den Weiterveräusserer. Es

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drängt sich aber nicht auf, die freie Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften, die sich im Artikel 527 (über die Herabsetzung) und in den Artikeln 626 ff.

ZGB (über die Ausgleichungspflicht der Erben) finden, zu unterdrücken. Abgesehen davon, dass es kaum folgerichtig wäre, einen Verzicht einer Übertragung gleichzustellen, ist vor allem in Betracht zu ziehen, dass die ursprünglich in Aussicht genommene Lösung in Widerspruch zu den Vorschriften über die Herabsetzung und die Ausgleichungspflicht geriete. Was schliesslich die Frage der Verjährung angeht, so schlagen wir, um nicht unnötig von den allgemeinen Vorschriften abzuweichen, vor, sie stillschweigend zu lösen, womit zum Ausdruck kommt, dass die zehnjährige Frist von Artikel 127 OR anzuwenden ist.

5. Anpassung von Artikel 12 Absatz 5 EGG Eine sehr ähnliche Frage, wie sie Artikel 218«uln«ulea OR aufwirft, kann sich anlässlich der Ausübung des bäuerlichen Vorkaufsrechtes stellen. Um die Übereinstimmung der Lösungen zu sichern, wird vorgeschlagen, Artikel 12 Absatz 5 EGG so zu fassen, dass er mit Artikel 218«uln«ules OR übereinstimmt.

IV. Die Pacht 1. Vorbemerkungen Im Abschnitt über die Pacht haben wir unsere Aufmerksamkeit namentlich auf die zwei Fragenkreise der Beschränkung des Kündigungsrechtes und der intertemporalen Rechtsanwendung gelenkt. Was den ersten Fragenkreis angeht, so drängte sich eine neue Prüfung angesichts des nach der Fertigstellung der Botschaft vom 29. April 1970 erlassenen Bundesgesetzes vom 24. Juni 1970 über die Kündigungsbeschränkung im Mietrecht auf (AS 19701276). Für den zweiten handelte es sich darum, nachzuprüfen, ob und in welchem Masse der Grundsatz der unmittelbaren Anwendung der neuen Bestimmungen (Art. 50bis des Entwurfes) aufrechterhalten werden konnte. Im übrigen bot die Prüfung des Entwurfes Gelegenheit, einige Artikel hinsichtlich weniger wichtiger Punkte zu ändern.

2. Die Pachtdauer Zur Vereinfachung der Verhältnisse verzichtet der revidierte Entwurf auf eine Mindestpachtdauer für einzelne Liegenschaften bis zu 25 Aren (vgl. Art. l Abs. 3 des Pachtzinsgesetzes). Die Verpachtung einzelner Liegenschaften dient in der Regel der Aufstockung zu kleiner Betriebe und damit einer wirtschaftlichen Betriebsführung. Aus diesem Grunde verdient sie Förderung.

Durch die Einfügung des Wörtchens «spätestens» in
Absatz 3 wird klargestellt, dass ein Gesuch um Bewilligung einer kürzeren Pachtdauer vor Ablauf der Frist von drei Monaten und auch schon vor Abschluss des Vertrages möglich ist, wie es heute an vielen Orten praktiziert wird.

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Absatz 4 des Artikels 23 in der Fassung vom 29. April 1970 sah vor, dass der Rücktritt aus wichtigen Gründen vorbehalten sei. Dieser Vorbehalt wurde in der Meinung gestrichen, er ergebe sich hinlänglich auch aus Artikel 24iuln«ules.

Der neue Absatz 3 wurde dem Atrikel 23 Absatz 3 EGG nachgebildet.

3. Vertragliche Pachterneuerung Dieser bildet Gegenstand des Artikels 24, der nur redaktionelle Änderungen erfahren hat.

4. Die Kündigungsfrist Ms Artikel 24 des revidierten Entwurfes regelt lediglich die Kündigungsfrist.

Er entspricht Artikel 24Ms Absatz 2 des Entwurfes vom 29. April 1970.

5. Die behördliche Pachterstreckung Es handelt sich hier um eine Hauptfrage. Ursprünglich hatten wir vorgeschlagen, die Möglichkeit vorzusehen, auf Begehren des Pächters eine nicht auf einem erheblichen Grund beruhende Kündigung ungültig erklären zu lassen. In der ständerätlichen Kommission war die Verfassungsmassigkeit dieser Lösung in Zweifel gezogen worden. Es bestehen indessen ernsthafte Gründe für die Annahme, der ursprüngliche Entwurf finde eine genügende Verfassungsgrundlage in Artikel 31Ws, wenn nicht in Artikel 64 BV. Wie dem auch sei, bildet die Annahme des Gesetzes vom 24. Juni 1970 über die Kündigungsbeschränkung im Mietrecht eine neue Tatsache, der es Rechnung zu tragen gilt. Um die Einheitlichkeit der Rechtsordnung zu sichern, schlagen wir vor, für die Pacht eine Regelung entsprechend derjenigen für die Miete und für die nichtlandwirtschaftlichen Pachtverhältnisse in Aussicht zu nehmen (Art. 24ter). Das ist mit ändern Worten die Möglichkeit einer ein- oder zweimaligen Erstreckung, die es unseres Erachtens festzulegen gilt.

Die Botschaft vom 29. April 1970 hat bereits völlige Klarheit über die Gründe zugunsten eines gesetzlichen Schutzes der Pächter gegen die Kündigung des Pachtvertrages geschaffen. Dieser Schutz, den alle westeuropäischen Länder gewähren, ist das hauptsächliche Begehren der Pächter; es rechtfertigt sich durch1 die beträchtlichen Geldsummen, die die Pächter zu investieren gezwungen sind. Angesichts des Kündigungsschutzes, den die Geschäftsmieter durch das Gesetz vom 24. Juni 1970 erhalten haben, wäre es eine Ungerechtigkeit, dsn Pächtern einen gleichartigen Schutz vorzuenthalten.

Übrigens anerkennen wir, dass in der Frage, wie weit die Pacht gleich zu ordnen sei wie die Miete,
Meinungsverschiedenheiten bestehen können. MUSS man zum Beispiel für die Pacht wirklich fordern, dass der Entscheid über die Erstreckung gleicherweise wie für die Pacht einer richterlichen Behörde vorzubehalten sei? Könnte angesichts der Pachtzinskontrolle nicht auf eine dem Artikel 267 a Absatz 4 OR entsprechende Regelung verzichtet werden ? Die revidierte Fassung unseres Entwurfes antwortet auf diese Fragen, indem sie sich so eng wie möglich den Vorschriften über den Mieterschutz anpasst. Diese Lösung

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hat namentlich den Vorteil, dass die Pächterschutzbehörden Nutzen aus der Rechtsprechung und der Lehre ziehen können, die sich im Mietrecht entwickeln.

6. Verwendung gepachteter Liegenschaften für öffentliche

Zwecke uater

Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf erfahrt Artikel 24
7. Andere Beendigungsgründe In den Wortlaut von Artikel 24iuin«ules nahmen wir auf Wunsch der ständerätlichen Kommission auch das in Artikel 107 OR enthaltene Rücktrittsrecht auf.

8. Kantonale Ausnahmebestimmungen Der Kanton Waadt erachtet für Rebland die gesetzliche Mindestpachtdauer von sechs Jahren (Art. 23) als zu kurz. Es trifft zu, dass Rebstöcke ungefähr alle zwanzig Jahre zu ersetzen sind und dass erneuerte Weinberge in den ersten Jahren keinen erheblichen Ertrag abwerfen. Um dem Pächter einige gute Ernten zu sichern, muss folgerichtig eine Pacht von langer Dauer vorgesehen werden. Aus diesem Grunde ermächtigt der revidierte Entwurf in seinem Artikel 25 Absatz l die Kantone, die Mindestpachtdauer für Rebland bis auf zwölf Jahre zu erstrecken. Die Lösung, die mehr danach trachtet, eine kantonale Zuständigkeit zu schaffen als sie in der Bundesgesetzgebung festzulegen, erscheint aus den zwei Gründen der Seltenheit der Verpachtung von Rebland und der verschiedenen Bedeutung des Weinbaues je nach Kanton gerechtfertigt.

Der zweite Absatz von Artikel 25 des revidierten Entwurfes übernimmt den Wortlaut des ganzen Artikels des ursprünglichen Entwurfes und passt ihn dem neuen Artikel 23 Absatz l an. Wir glauben, die in Artikel 23 Absatz 4 EGG und Artikel 25 des ursprünglichen Entwurfes enthaltene Befugnis der Kantone, für Pachtverträge über kleine Liegenschaften die Mindestpachtdauer herabzusetzen oder aufzuheben, beibehalten zu müssen. Heute hat fast die Hälfte der Kantone von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, und es kann angezeigt sein, gemäss der regionalen Struktur der Landwirtschaft die Parzellenpacht zu begünstigen.

In einem neuen Absatz 3 wurde entsprechend Artikel 23 Absatz 4 EGG vorgesehen, dass die Vorschriften der Kantone zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates bedürfen.

9. Übergangsrecht Trotz den Einwendungen, die gegen den Artikel 50bls des Entwurfes vom 29. April 1970 erhoben wurden, scheint es uns billig und notwendig, ihn aufrechtzuerhalten und somit vorzusehen, dass die Vorschriften über die vertragliche oder gerichtliche Pachterstreckung, nicht aber diejenigen über die ur-

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sprüngliche Pachtzeit auch auf Pachtverträge Anwendung finden, die vor dem Inkrafttreten dieser Vorschriften abgeschlossen wurden. Die Zweifel, die an der Zulässigkeit dieser Lösung geäussert wurden, scheinen uns übrigens auf einem Missverständnis zu beruhen. Um sie zu zerstreuen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Schlusstitel zum ZGB nur insoweit auf unser Rechtsgebiet anwendbar wäre, als nicht besondere gesetzliche Vorschriften intertemporaler Natur erlassen wurden (vgl. BGE 90 II 135, 94 II 240). Da Artikel 50bls gerade eine solche besondere gesetzliche Regelung darstellt, erübrigt es sich, zu fragen, ob er mit dem Schlusstitel, dessen Anwendung er ausschliesst, übereinstimmt oder nicht. Eine andere Frage ist es allerdings, ob der Grundsatz der Nichtrückwirkung der Gesetze nicht etwa ein genereller Grundsatz der schweizerischen Rechtsordnung schlechthin sei, der dem Artikel 50bls entgegenstände. In dieser Hinsicht ist festzuhalten, dass Artikel 50bis nicht eine Rückwirkung im strengen Sinne der neuen Bestimmungen "vorsieht, sondern eine unmittelbare Anwendung. Vor allem aber ist zu erwägen, dass die unmittelbare und generelle Anwendung eines neuen Gesetzes, auch wenn ihr gelegentlich der Schutz wohlerworbener Rechte hindernd entgegensteht, eine nicht minder bekannte und anerkannte Erscheinung sowohl des1 Zivilrechts (Art. 2, 3 und 4 Schlusstitel zum ZGB), als auch des öffentlichen Rechtes ist (BGE 94 I l, 9516, Erwägungen 3). Richtig ausgelegt verlangt Artikel 3 des Schlusstitels zum ZGB, dass die zwingenden Bestimmungen des Gesetzes grundsätzlich eine unmittelbare Anwendung finden (vgl. G. Broggini, Intertemporales Recht, in Schweizerisches Privatrecht, Band I, Basel/Stuttgart 1969, 443-457). Was die Rechtsprechung der Staatsrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes angeht, so bejaht diese die Rückwirkung der Normen des Verwaltungsrechts, sofern die Rückwirkung ausdrücklich vorgesehen wurde oder sich klar aus dem Sinn des neuen Gesetzes ergibt, sofern sie zeitlich beschränkt ist, nicht zu krassen Ungleichheiten führt, sich durch überzeugende Gründe rechtfertigen lässt und wohlerworbene Rechte nicht verletzt. Der Artikel 50bls des Entwurfes scheint uns diesen Grundsätzen zu entsprechen. Die unmittelbare Anwendung der Regeln über den Kündigungsschutz wurde übrigens ohne Schwierigkeiten
für die Miete angenommen, und es wäre kaum zu begreifen, wenn sie nicht in gleicher Weise für die Pacht vorgesehen würde.

V. Die Pachtzinskontrolle 1. Zur Frage der Beibehaltung der Pachtzinskontrolle Bei der Beratung der in der Botschaft vom 29. April 1970 beantragten Änderung des Pachtzinsgesetzes, die sich vor allem auf eine Erhöhung des Pachtzinssatzes von 4 Vi auf 5 bzw. 5 1 /2 Prozent des Ertragswertes bezieht, sind in der ständerätlichen Kommission auch Zweifel darüber geäussert worden, ob die Weiterführung der Pachtzinskontrolle überhaupt nötig sei; dabei wurde unter anderem vermerkt, dass ohnehin ein grosser Teil der Pachtverträge nicht von der behördlichen Kontrolle erfasst würde.

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In der Botschaft haben wir die Beibehaltung der Pachtzinskontrolle in erster Linie damit begründet, dass der Pachtzins im Interesse der Einkommenssicherung für den Bewirtschafter in einem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag der Liegenschaft stehen soll. Ergänzend möchten wir auf den im Landwirtschaftsgesetz festgelegten Grundsatz kostendeckender Produzentenpreise hinweisen. Massgebend sind dabei die Produktionskosten von zu normalen Bedingungen übernommenen Landwirtschaftsbetrieben. Darunter sind vor allem Übernahmewerte zu verstehen, die dem Ertragswert entsprechen oder nahekommen. Diesem Ziel der Betriebsübernahme zu einem angemessenen Preis dienen die Bestimmungen des bäuerlichen Erbrechtes und des Vorkaufsrechtes gemäss Bundesgesetz über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes. In der gleichen Richtung wirkt indirekt auch die im Entschuldungsgesetz verankerte Pfandbelastungsgrenze. Handelt es sich um eine Pachtliegenschaft, kommt die Rolle des Produzenten dem Pächter zu, und es hängt weitgehend von der Höhe des Pachtzinses ab, ob von einer Übernahme des Betriebes zu normalen Bedingungen gesprochen werden kann. Die Institution der Pacht hat in der Tat nur dann einen Sinn, wenn der das volle Betriebsrisiko übernehmende Pächter ein angemessenes Einkommen herauswirtschaften kann. Wenn ihm dies durch einen zu hohen Zins verunmöglicht wird, täte er besser daran, seine Arbeitskraft und Betriebsmittel anderswo einzusetzen. Naturgemäss sind nun aber die Pachtzinse - insbesondere in günstigeren Produktionsgebieten - einer dauernden Erhöhungstendenz unterworfen, die sich aus der Unvermehrbarkeit des Bodens, der ständig abnehmenden Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe und der grossen Nachfrage nach Pachtgütern ergibt. Hier kommt der Pachtzinskontrolle eine wichtige, heute kaum wegzudenkende Aufgabe zu. Würden die Pachtzinse dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage preisgegeben, so wäre mit einer beträchtlichen, wirtschaftlich ungerechtfertigten Verteuerung der Pachten zu rechnen. Einer solchen Entwicklung zu steuern, ist Aufgabe der Pachtzinskontrolle. Es wäre schwer verständlich, wenn durch Aufhebung der Kontrolle einer übermässigen Steigerung der Zinskosten Vorschub geleistet würde, während die Landwirtschaft ohnehin durch die allgemeine Kostensteigerung arg bedrängt wird und, von Bund und Kantonen
unterstützt, alle Anstrengungen unternimmt, um die Teuerung wenigstens teilweise durch eine Verbesserung der Produktivität aufzufangen. Abwegig wäre es unseres Erachtens auch, bei der Beurteilung der Pachtszinsfrage eine Parallele zur Freigabe der Wohnungsmieten zu ziehen, da der grundlegende Unterschied zwischen Miete und Pacht doch darin liegt, dass ein Pachtverhältnis die eigentliche Existenzgrundlage ist, was beim Mietvertrag normalerweise nicht der Fall ist.

Der Einwand, die Pachtzinskontrolle gelange nicht umfassend zur Anwendung, ist nicht zu bestreiten. Das liegt zum Teil an der schwierigen Erfassbarkeit der Pachtverhältnisse, namentlich der Parzellenpachten, die in vielen Fällen mündlich abgeschlossen werden. Ferner ist zuzugeben, dass die mit dem Vollzug beauftragten Kantone der ihnen gemäss Artikel 2 Absatz 2 des Pachtzinsgesetzes obliegenden Kontrollpflicht mit unterschiedlichem Einsatz und Erfolg nachkommen. Mehrheitlich verdient jedoch die Tätigkeit der Kantone

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auf diesem Gebiete Anerkennung, und die Auswirkung der Kontrolle auf das allgemeine Pachtzinsniveau ist, trotz gewissen Schwierigkeiten bei der Durchführung, durchaus positiv zu werten. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass ein allzu rigoroses Durchgreifen der Sache eher abträglich sein könnte.

Wir empfehlen Ihnen, der Revision des Pachtzinsgesetzes, die im wesentlichen eine Anpassung der Pachtzinse an die gestiegenen Eigentümerlasten zum Ziele hat, zuzustimmen.

2. Zur Frage der Pachtzinserhöhung während der laufenden Pachtzeit Während der Beratungen der Kommission des Ständerates stellte sich die Frage, ob in das Pachtzinsgesetz nicht eine Bestimmung aufgenommen werden sollte, die es dem Verpächter ermöglichen würde, eine allfällige Pachtzinserhöhung sofort nach dem Inkrafttreten der Gesetzesrevision, also auch während der laufenden Pachtzeit, zu realisieren. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Pachtdauer heute mindestens drei Jahre, in gewissen Fällen sogar sechs Jahre beträgt. Somit müsste der Verpächter, wenn nichts anderes vereinbart wurde, das Pachtverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist auf das Ende der drei- bzw. sechsjährigen Pachtperiode kündigen, um den Pachtzins anzupassen. Das könnte für den Verpächter eine Härte bedeuten, da er möglicherweise ein oder mehrere Jahre auf die wirtschaftlich gerechtfertigte Pachtzinserhöhung verzichten müsste.

Die Vorlage über Änderungen des bäuerlichen Zivilrechts sieht einen gewissen Ausbau des Pächterschutzes vor. Mit Ausnahme der Pachtzeitverlängerung auf sechs Jahre sollen diese Änderungen bereits auf die laufenden Pachtverträge Anwendung finden. Es erschiene nun tatsächlich nicht ohne weiteres verständlich, wenn die einzige Neuerung zugunsten des Verpächters, die Anpassung des Pachtzinses, in vielen Fällen erst auf einen späteren Termin verwirklicht werden könnte. Aus diesen Gründen ist der Kommission des Ständerates eine entsprechende Ergänzung des Pachtzinsgesetzes durch einen Artikel 14bl3 unterbreitet worden.

In der Zwischenzeit haben wir die Frage nochmals eingehend geprüft. Es hat sich dabei gezeigt, dass dem Problem aller Wahrscheinlichkeit nach doch nicht eine so grosse Bedeutung zukommt, da es wenigstens zum Teil auf anderem Wege gelöst werden kann. So ist es durchaus zulässig, in die
einzelnen Pachtverträge eine Bestimmung aufzunehmen, wonach eine behördlich bewilligte Pachtzinserhöhung schon während der Geltungsdauer des Vertrages Anwendung finden soll. Derartige Vereinbarungen sind in vielen Fällen getroffen worden, da es seit langem bekannt ist, dass sich eine Erhöhung des Pachtzinssatzes in Prüfung befindet. Wo das nicht der Fall ist, kann allerdings ein höherer Pachtzins nur realisiert werden, wenn der Pächter damit einverstanden ist.

Der einsichtige Pächter dürfte sich indessen der vorzeitigen Inkraftsetzung einer behördlich genehmigten Pachtzinserhöhung kaum verschliessen, da er an einem guten Verhältnis mit dem Verpächter interessiert ist und sich auf längere

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Sicht mit einer Weigerung nur selber schaden würde. Diese Erwartung erscheint um so eher berechtigt, als vom Pächter ja nicht mehr als der gesetzlich zulässige Pachtzins verlangt wird und ihm überdies in bezug auf das Ausmass der Erhöhung das Beschwerderecht zusteht.

In Ergänzung und Bestätigung unserer schon in der Botschaft vom 29. April 1970 (Ziff. 3.8) enthaltenen Darlegungen kommen wir auf Grund dieser Erwägungen zur Auffassung, dass bezüglich der Pachtzinserhòhung während der laufenden Pachtzeit von der Aufnahme besonderer Bestimmungen in das Bundesgesetz über die Kontrolle der landwirtschaftlichen Pachtzinse abgesehen werden kann.

Aus diesen Gründen haben wir die Ehre, Ihnen die Annahme des revidierten Gesetzesentwurfes zu beantragen, der diese Ergänzungsbotschaft begleitet.

Genehmigen Sie, Herr Präsident und hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 8. März 1971 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Vizepräsident: Celio Der Bundeskanzler: Huber

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(Entwurf)

Bundesgesetz fiber Anderungen des bauerlichen Zivilrechtes

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gesttitzt auf die Artikel 31bls und 64 der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaften des Bundesrates vom 29. April 19701) und vom 8. Marz 19712>, beschliesst:

Anderungen von Erlassen 1. Das Schweizerische Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 19703) wird wie folgt geandert: Art. 334 1 Miindige Kinder oder Grosskinder, die ihren Eltern oder III. Forderung Kinder und Grosseltern in gemeinsamem Haushalt ihre Arbeit oder ihre Ein- der Grosskmder kiinfte zugewendet haben, kormen hieftir eine angemessene Ent- 1. Bedingungen schadigung verlangen.

2 Im Streitfalle entscheidet der Richter iiber die Hohe der Forderung und die Art und Weise ihrer Tilgung.

Art. 334TM (neu) Die den Kindern oder Grosskindern geschuldete Entschadigung wird mit der Eroffnung des Erbgangs iiber den Empfanger der Zuwendungen fallig.

2 Schon zu Lebzeiten des Schuldners kann sie geltend gemacht warden, wenn gegen ihn eine Pfandung erfolgt oder der Konkurs iiber ihn eroffnet wird, wenn der gemeinsame Haushalt mit dem Glaubiger aufgehoben wird oder wenn der Familienbetrieb in andere Hande iibergeht.

1

1) BB1 1970 I 805 2 > BB1 1971 I 737 "> BS 2 3

2. FMligkeit

764 3

In allen Fällen soll sie spätestens in der Teilung über den Nachlass des Schuldners geltend gemacht werden.

Art. 603 Abs. 2 (neu) 2

Die den Kindern oder Grosskindern für Zuwendungen an den mit dem Erblasser gemeinsam geführten Haushalt geschuldete angemessene Entschädigung ist zu den Erbschaftsschulden zu rechnen, soweit dadurch nicht eine Überschuldung des Nachlasses entsteht.

Art. 618 Abs. 2 Aufgehoben

Art. 621 b. Bestimmung Im Streitfall entscheidet die zuständige Behörde über die nehmers*' Zuweisung des Gewerbes unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Erben.

2 Ein Erbe, der das Gewerbe selbst betreiben will und hiefür , geeignet erscheint, hat in erster Linie Anspruch auf ungeteilte Zuweisung.

3 Bei der Beurteilung der Befähigung zur Bewirtschaftung des Gewerbes sind die Fähigkeiten des Ehegatten des Erben zu berücksichtigen, der die ungeteilte Zuweisung verlangt.

1

c. Verfugungen von Todes

2. Ausnahmen

5. Nebengewerbe

Art. 62Pis (neu) Einem Erben, der das Gewerbe selber bewirtschaften will und hiefür geeignet erscheint, kann das Recht auf ungeteilte Zuweisung unter Vorbehalt der Enterbung weder durch letztwillige Verfügung noch durch einen Erbvertrag entzogen werden.

2 Erfüllen mehrere Erben die Voraussetzungen für eine ungeteilte Zuweisung, so kann der Übernehmer durch eine Verfügung von Todes wegen bezeichnet werden.

Der bisherige Artikel 621bls wird Artikel 621ter.

Der bisherige Artikel 621ter wird Artikel 621«ua*er (Randtitel).

Der bisherige Artikel 621iuater wird aufgehoben.

1

Art. 625 Ist mit dem landwirtschaftlichen Gewerbe ein anderes Gewerbe als Nebenbetrieb eng verbunden und bieten beide zusammen eine ausreichende Existenz, so soll das Ganze einem Erben 1

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ungeteilt zugewiesen werden, wenn er sich zur Übernahme bereit erklärt und hiefür geeignet erscheint.

2 Das landwirtschaftliche Gewerbe ist zum Ertragswert, das andere Gewerbe zum Verkehrswert zuzuweisen.

3 Im Streitfall entscheidet die zuständige Behörde über die Zuweisung, Veräusserung oder Abtrennung des ändern Gewerbes unter Berücksichtigung der selbständigen wirtschaftlichen Existenzfähigkeit der bisher verbundenen Gewerbe und der persönlichen Verhältnisse der Erben.

Art. 633 Aufgehoben 2. Das Obligationenrecht vom 30. März 191l1) wird wie folgt geändert: Art. 218 lulnqules 1

Der Eigentümer hat Anspruch auf den Gewinn, wenn ein n. übertraGrundstück, das er auf einen Erben übertragen hat, weiterveräus- f££enauf dnen sert oder enteignet wird.

2 Der Gewinnanspruch wird nach den Vorschriften über die Erbteilung bestimmt.

3. Das Bundesgesetz vom 12. Juni 19512> über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes wird wie folgt geändert :

Art. 12 Abs. 5 6

Der Verkäufer, dem gegenüber das Vorkaufsrecht zum Schätzungswert ausgeübt wird, hat, wenn der Vorkaufsberechtigte die Liegenschaft weiterveräussert, Anspruch auf den Gewinn nach den Vorschriften über die Erbteilung.

Art. 23 1

Die Pachtzeit beträgt für ganze landwirtschaftliche Ge- A. Pacht werbe mindestens sechs Jahre, sonst mindestens drei Jahre. Aus- i. Pachtzeit genommen sind Pachtverträge über Liegenschaften von weniger als 25 Aren.

2 Die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Pachtzeit bedarf zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Bewilligung.

*> BS 2 199 a > AS 1952 403

766 3

Das Gesuch ist spätestens binnen drei Monaten seit Abschluss der Vereinbarung einzureichen und ist nur aus wichtigen Gründen gutzuheissen.

Art. 24 Abs. 1,3 und 4 II. Pachtcrneuerung

1

Pachtverhältnisse, die nach Ablauf der vereinbarten Pachtdauer stillschweigend fortgesetzt oder auf den vertraglich vereinbarten, gesetzlich zulässigen Termin nicht gekündigt werden, gelten zu den gleichen Bedingungen als für drei Jahre erneuert.

3 Die Vereinbarung einer Erneuerung von geringerer Dauer als drei Jahre bedarf zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Bewilligung.

4 Das Gesuch ist spätestens binnen drei Monaten nach Ablauf der vereinbarten Pachtdauer einzureichen und ist nur aus wichtigen Gründen gutzuheissen.

Art. 24Ms (neu)

m. Beendigung Die Kündigungsfrist beträgt für ganze landwirtschaftliche frisfundlgunss" Gewerbe em Janr> sonst secns Monate.

Art. 24iel (neu) 2. Kundigungsbeschrankung

1

Hat die gültige Kündigung für den Pächter oder seine Familie eine Härte zur Folge, die auch unter Würdigung der Interessen des Verpächters nicht zu rechtfertigen ist, so kann die zuständige richterliche Behörde am Ort der gelegenen Sache das Pachtverhältnis für ganze landwirtschaftliche Gewerbe um höchstens zwei Jahre und für Teile eines solchen oder für einzelne Liegenschaften um höchstens ein Jahr erstrecken.

2

Hat der Pächter während der Erstreckungsfrist erfolglos unternommen, was ihm zugemutet werden kann, um die Härte abzuwenden, so kann die richterliche Behörde das Pachtverhältnis ein zweites Mal um höchstens die gleiche Zeitdauer erstrekken.

3 Das Gesuch um Erstreckung ist das erste Mal binnen dreissig Tagen seit Empfang der Kündigung, das zweite Mal spätestens sechzig Tage vor Ablauf der Erstreckungsfrist bei der richterlichen Behörde anhängig zu machen.

4 Die Artikel 267e-267/ des Obligationenrechts sind sinngemäss anwendbar.

767 Art. 24quater (neu)

Pachtvertrage iiber Liegenschaften, die fiir offentliche Zwecke benotigt werden, konnen gemass Artikel 290 Absatz 2 des Obligationenrechts gekiindigt werden. Der Pachter kann Ersatz alien Schadens verlangen, der ihm aus der vorzeitigen Auf hebung des Pachtvertrages entsteht.

3. Verwendung fur offenthche Zwecke

Art. 24quinquies (neu)

Vorbehalten bleibt die Beendigung eines Pachtverhaltnisses nach den Artikeln 107, 281ter, 291 und 293-297 des Obligationenrechts.

4. Andere Beendigungsgrunde

Art. 24sexies (neu)

Der Pachter kann auf die ihm gemass diesem Gesetz zustehenden Rechte nicht zum voraus verzichten.

Art. 25 Die Kantone konnen die Mindestdauer von Pachtvertragen iiber Rebland bis auf zwolf Jahre erstrecken.

2 Sie sind ermachtigt, fiir Pachtvertrage, die nicht ein ganzes landwirtschaftliches Gewerbe zum Gegenstande haben, das Kiindigungsrecht zu regeln und, sofern sie mindestens 25 Aren umfassen, die Mindestpachtzeit von drei Jahren herabzusetzen oder aufzuheben.

3 Diese Vorschriften bediirfen zu ihrer Giiltigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

1

Art. 26 (Randtitel)

Art. 27 Abs. 1 Die Kantone sind befugt, weitere Bestimmungen iiber die Verpachtung von Alpweiden aufzustellen, notigenfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit, um namentlich den Viehbesitzern der Berggegend, zu der die Alpweide gehort, ein angemessenes Vorzugsrecht zur Alpbestossung zu sichern.

1

IV. Nichtige Abreden

V. Kantonale Ausnahmebestimmungen

VI. Verausserung des Pachtgegenstandes

B. Alpweiden

Art. 50bl8 (neu) 1

Die Artikel 24-24sexiefl iiber die Verlangerung und die Be- D. Obergangsendigung der Pacht finden auch auf Pachtvertrage Anwendung, bestimtnungen die vor dem Inkrafttreten dieser Artikel abgeschlossen wurden.

768 2

Erfolgte die Kündigung vor dem Inkrafttreten dieser Artikel, treten ihre Wirkungen aber erst nachher ein, so läuft die Frist zur Einreichung des ersten Begehrens gemäss Artikel 24*er Absatz 3 vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an.

Art. 51 Aufgehoben 4. Das Bundesgesetz vom 21. Dezember 1960 über die Kontrolle der landwirtschaftlichen Pachtzinse1' wird wie folgt geändert:

Art. 3 Abs. l und 2 Bemessung des Zinssatzes

1

Für die Bestimmung des Pachtzinses ist der Ertragswert im Sinne von Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 19402> über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen sowie der entsprechenden Ausführungsvorschriften massgebend. Ergeben sich auf Grund kantonaler Schätzungsnormen wesentlich höhere Werte als nach den Normen des Bundes, so ist auf das Eidgenössische Schätzungsreglement abzustellen.

2 Der Pachtzins soll in der Regel fünf Prozent des Ertragswertes betragen. Für Liegenschaften mit zweckmässig eingerichteten Gebäuden in gutem Zustand und mit überdurchschnittlicher Wirtschaftlichkeit kann der Pachtzins auf 5 Vi Prozent des Ertragswertes erhöht werden. Wenn schutzwürdige Interessen des Verpächters oder andere wichtige Gründe es rechtfertigen, kann zum ordentlichen Pachtzins ein Zuschlag bis zu höchstens 20 Prozent gewährt werden; dabei ist der Lage des Pächters billig Rechnung zu tragen.

Art. 5 Aufgehoben

Beschwerde gegen kantonale Entscheide

Art. 6 Entscheide letzter kantonaler Instanzen unterliegen zunächst der Beschwerde an die Eidgenössische Pachtzinskommission und in letzter Instanz der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

2 Die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege finden Anwendung.

1

*> AS 1961 275 "> BS 9 80

769 3

Der Bundesrat erlässt die nötigen Vorschriften über die Organisation der Pachtzinskommission. Die Kommissionsmitglieder und Ersatzmänner dürfen nicht der Bundesverwaltung angehören.

Art. 9 Aufgehoben

n Inkrafttreten Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes.

1729

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Ergänzungsbotschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Änderungen des bäuerlichen Zivilrechtes (Vom 8. März 1971)

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Jahr

1971

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

16

Cahier Numero Geschäftsnummer

10563

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.04.1971

Date Data Seite

737-769

Page Pagina Ref. No

10 045 025

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