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Bundesratsbeschluss über

den Normalarbeitsvertrag für nicht in Handelsgärtnereien beschäftigte Gärtner und Gärtnerinnen.

(Privatgärtner. ) (Vom 20. Januar 1948.)

Der schweizerische B u n d e s r a t , nach Einsichtnahme des Gesuches des schweizerischen PrivatgärtnerVerbandes vom 22. Juni 1946 sowie desjenigen des schweizerischen GärtnerinnenVereins vom 25. September 1947 und in Anwendung von Art. 324 des Obligationenrechtes, beschliesst : Einziger Artikel.

Es wird ein Normalarbeitsvertrag für nicht in Handelsgärtnereien beschäftigte Gärtner und Gärtnerinnen aufgestellt, der den in folgendem wiedergegebenen Wortlaut hat.

Dieser Normalarbeitsvertrag tritt am 1. Februar 1948 in Kraft.

Bern, den 20. Januar 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Celio.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

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Normalarbeitsvertrag für nicht in Handelsgärtnereien beschäftigte Gärtner und Gärtnerinnen.

(Privatgärtner. )

Art. 1.

Dieser Normalarbeitsvertrag findet Anwendung auf das Dienst- Geltungsverhältnis der Gärtner und Gärtnerinnen (im folgenden Arbeitnehmer bereich.

genannt) mit abgeschlossener Berufslehre, die von Privathäusern und öffentlichen oder privaten Unternehmungen, wie Gutsbetrieben, Hotels und Fabriken, beschäftigt werden.

2 Der Normalarbeitsvertrag hat Gültigkeit für das ganze Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft.

3 Sein Inhalt wird als Vertragswille angenommen, soweit nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen oder Abweichungen durch Einzeldienst- oder Gesamtarbeitsvertrag schriftlich vereinbart werden.

4 Ausgenommen sind: a. Anstalten, die der Erziehung, der sozialen Fürsorge und der Krankenpflege dienen; b. Gärtnereien, die Produkte in den Handel bringen; c. Dienstverhältnisse, bei denen vorwiegend Arbeiten ausgeführt werden, die nicht zum Berufe des Privatgärtners gehören; d. Dienstverhältnisse, die nur für eine kürzere, zum vorneherein bestimmte Dauer abgeschlossen werden.

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Art. 2.

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Interessen des Arbeitgebers Pflichten des in jeder Hinsicht nach bestem Können und Wissen zu wahren. Er hat Arbeitseine ganze Arbeitskraft dem Arbeitgeber zu widmen und ist im besondern nehmers, verpflichtet, für sorgfältige Pflege und Unterhalt des Gartens und der Anlagen sowie gegebenenfalls für Anzucht von Pflanzen, Obst und Gemüsen zu sorgen.

Art. 3.

1 Die ersten zwei Monate der Anstellung gelten als Probezeit, Probezeit innert welcher es beiden Teilen freisteht, das Dienstverhältnis unter Ein-unci Künhaltung einer Kündigungsfrist von sieben Tagen auf das Ende einer digung.

Woche aufzulösen.

2 Nach Ablauf der Probezeit kann das Dienstverhältnis gegenseitig auf das Ende des auf die Kündigung folgenden Monats und bei überjährigen Dienstverhältnissen auf das Ende des zweiten der Kündigung folgenden Monats gekündigt werden.

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Normalarbeitszeit.

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Überzeitarbeit.

Freizeit.

Lohn.

3 Nach Ablauf der Probezeit kann das Dienstverhältnis vom Arbeitgeber während einer ohne Verschulden des Arbeitnehmers verursachten Erwerbsunfähigkeit bis zum Ablauf von drei Monaten sowie wsgen und während schweizerischen obligatorischen Militärdienstes nicht gekündigt werden.

Art. 4.

J Die normale wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt: 52 Stunden vom 1. März bis Ende Oktober, 50 Stunden vom 1. November bis Ende Februar.

2 Bei aussergewölmlichem Arbeitsandrang in den Monaten April und Mai ist eine Verlängerung der Arbeitszeit um drei Stunden pro Woche gestattet.

3 Für unaufschiebbare Verrichtungen zur Verhütung der Verderbnis von Pflanzen darf die normale Arbeitszeit um höchstens eine halbe Stunde pro Tag überschritten werden.

Art. 5.

Überzeitarbeit ist nach Möglichkeit zu vermeiden.

Infolge Anhäufung dringender Arbeiten notwendige Überzeitarbeit ist innert drei Monaten mit bezahlter Freizeit auszugleichen.

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1 Dem Arbeitnehmer ist jede Woche ein Ruhetag von 24 aufeinanderfolgenden Stunden zu gewähren, der auf den Sonntag zu fallen hat.

2 Ausser dem wöchentlichen Ruhetag ist dem Privatgärtner jede Woche ein freier Halbtag zu gewähren, welcher wenn möglich auf den Samstagnachmittag fallen soll.

· 3 MUSS ausnahmsweise zur Bewältigung eines aussergewöhnlichen Arbeitsandranges (Anhäufung von Saisonarbeit, Vermeidung der Verderbnis von Pflanzen oder andere unaufschiebbare Besorgungen) an Sonntagen oder freien Hälbtagen gearbeitet werden, so ist für die entgangene Ruhezeit innert sechs Wochen entsprechende Ersatzruhe zu gewähren.

4 Die Ruhezeit darf nicht durch eine Abfindung in Geld ersetzt werden. Arbeitnehmer, deren Dienstverhältnis zu Ende geht, bevor sie die ihnen zukommende Ersatzruhe gemessen konnten, haben jedoch Anspruch auf eine Entschädigung, die sich nach dem Bruttolohn bemisst. Dieser Entschädigungsanspruch besteht nicht, wenn das Dienstverhältnis durch Verschulden des Arbeitnehmers vorzeitig gelöst wird.

Art. 7.

* Der Arbeitnehmer ist für seine Arbeit im Monatslohn zu entschädigen. Die Mindest-Bruttolöhne betragen:

Obergärtner und Gärtner in leitender Stellung Alleingärtner und -Gärtnerinnen Gärtner und Gärtnerinnen vom 2. bis 4. Berufsjahr nach bestandener Lehrabschlussprüfung .

Vom 5. Berufsjahr an

Städtische und halbLändliche städtische Verhältnisse Verhältnisse Er.

Er.

600 650 570 520

370 450

420 500

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Für bezogene Naturalleistungen kann vom obigen Mindestlohn ein angemessener Betrag abgezogen werden, für Kost und Zimmer des ledigen Arbeiters im Maximum Fr. 180 in städtischen und halbstädtischen und Fr. 150 in ländlichen Verhältnissen.

3 Verheirateten und Unterstützungspflichtigen Arbeitnehmern sind die Mindestansätze durch Zulagen angemessen zu erhöhen.

4 Besondere Dienste und Verantwortungen sind im Sinne einer Erhöhung der Mindestansätze zu berücksichtigen.

6 Die Lohnansätze stellen auf den Stand der Lebenskosten bei Inkrafttreten des Normalarbeitsvertrages ab. Die Einteilung in städtische, halbstädtische und ländliche Verhältnisse erfolgt nach dem Ortschaftsverzeichnis der Lohn- und Verdienstersatzordnung.

6 Die Festsetzung der Löhne für Arbeitnehmer mit verminderter Arbeitsfähigkeit bleibt der freien Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorbehalten.

7 Die Lohnzahlung erfolgt regelmässig am Ende des Monats.

1 Jeder versicherungsfähige definitiv angestellte Arbeitnehmer ist Krankenverpflichtet, sich bei einer vom Bund anerkannten Krankenkasse für Versicherung, ein Krankentaggeld von Fr. 8 für Ledige, Fr. 12 für Verheiratete und Fr. 4 zuzüglich Heilungskosten für Weibliche zu versichern.

2 An die Prämien für diese Krankenversicherung vergütet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegen Vorlage der entsprechenden Prämienquittung einen Anteil von 50%, maximal jedoch Fr. 5 pro Monat. Durch Bezahlung dieses Prämienbeitrages gilt die dem Arbeitgeber gemäss Art. 335 OR obliegende Verpflichtung einer Lohnzahlung bei unverschuldeter Krankheit des Dienstpflichtigen als abgegolten.

3 Der Arbeitgeber ist dagegen verpflichtet, im Krankheitsfalle dem Privatgärtner gemäss Art. 335 OR während verhältnismässig kurzer Zeit den Lohn zu entrichten: a. wenn er seiner Beitragspflicht gemäss Abs. 2 hievor nicht oder nicht gehörig nachkommt; b. wenn der Privatgärtner die Aufnahmebedingungen einer anerkannten Krankenkasse nicht erfüllt; c. für Krankheiten des Privatgärtners, die von der Versicherung ausgeschlossen worden sind; d. soweit das versicherbare Krankengeld unter den Ansätzen von Abs. l liegt.

1 Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer, der nicht bei Unfall, der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt obligatorisch versichert ist, gegen Betriebs- und Nichtbetriebsunfälle für die folgenden Mindestleistungen zu versichern: für ein Taggeld bei vorübergehender Erwerbsunfähigkeit in der Höhe von 80 % des Bruttolohnes, t£i für eine Kapitalzahlung bei Unfall-Tod in der Höhe des 800 fachen Brutto-Tagesverdienstes, für eine Kapitalzahlung bei Total-Invalidität in der Höhe des 1600fachen Brutto-Tagesverdienstes,

660 2 Die Prämien für die Versicherung gegen Betriebsunfälle werden vorn Arbeitgeber getragen, diejenigen für die Versicherung gegen Nichtbetriebsunfälle können dem Arbeitnehmer ganz oder teilweise belastet werden.

Art. 10.

Ferien.

* Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf jährliche bezahlte Ferien und zwar: in den ersten 3 Dienstjahren 6 Tage nach dem 3. Dienstjahr 9 » » » 6.

» 12 » « » 15.

» 18 » 2 Der Zeitpunkt des Ferienantritts wird durch den Arbeitgeber festgesetzt, der nach Möglichkeit die Wünsche des Arbeitnehmers berücksichtigt.

3 Wird das Dienstverhältnis im Laufe des Dienstjahres aufgelöst, so hat der Arbeitnehmer einen Ferienanspruch nach Massgabe der im betreffenden Jahr vollendeten Dienstmonate, wobei Bruchteile von Tagen nicht berücksichtigt werden.

4 Krankheit, Unfall oder Militärdienst bis zu drei Monaten dürfen nicht als Ferien angerechnet werden.

5 Der Arbeitnehmer hat während der Ferien Anspruch auf den Bruttolohn.

Art. 11.

Vorbehalt des Für alle Teile des Dienstverhältnisses, die weder durch vorstehenden Oligationen- Vertrag noch durch anderweitige Vereinbarungen zwischen den Parteien rechts.

geregelt werden, machen die Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechtes, insbesondere diejenigen über den Dienstvertrag, Regel.

Vorbehalt bestehender Vereinbarungen.

Art. 12.

Bei Inkrafttreten dieses Normalarbeitsvertrages bereits bestehende mündliche, dienstvertragliche Abmachungen, die dem Arbeitnehmer günstigere Ansprüche sichern, sowie kantonale Normalarbeitsverträge bleiben vorbehalten.

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Bundesratsbeschluss über den Normalarbeitsvertrag für nicht in Handelsgärtnereien beschäftigte Gärtner und Gärtnerinnen. (Privatgärtner. ) (Vom 20. Januar 1948.)

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29.01.1948

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