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10928 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen (Vom 28. April 1971)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir beehren uns, Ihnen hiermit eine Botschaft samt Entwurf zu einem Bundesgesetz betreifend die Änderung des Bundesgesetzes vom 8. März 1960 über die Nationalstrassen (AS 7950 525) zu unterbreiten.

Übersicht Die Gesetzesänderung bezweckt eine Neufassung der Bestimmungen über die Nebenanlagen an Nationalstrassen mit dem Ziel, einer grosszügigeren und zweckmässigeren Gestaltung der Tankstellen, Kioske und Verpflegungsstätten längs der Autobahnen und Autostrassen die rechtliche Grundlage zu geben.

I. Ausgangslage Nach dem geltenden Nationalstrassenrecht sind Nebenanlagen an Nationalstrassen Anlagen für die Abgabe von Treib- und Schmierstoffen sowie mit diesen verbundene Erfrischungsräume und Kioske. Solche Betriebe können nach Massgabe der Bedürfnisse des Verkehrs auf Strassengebiet von Nationalstrassen erster und zweiter Klasse errichtet werden.

Im Entwurf zum Nationalstrassengesetz, wie er im Jahre 1958 den Kantonen und den interessierten Wirtschaftsverbänden zur Vernehmlassung zugestellt worden war, lautete der heutige Artikel 7 des Nationalstrassengesetzes wie folgt: «Wo der seitliche Zugang zu den Nationalstrasseu verboten ist, werden nach Massgabe der Bedürfnisse des Verkehrs auf Strassengebiet Anlagen für die Abgabe von Treib- und Schmierstoffen sowie damit verbundene Gaststätten und Kioske errichtet.» Nicht nur vom Gastgewerbe und den Fremdenverkehrsverbänden, sondern auch von den Strassenverkehrsverbänden wurde diese Bestimmung angegriffen, mit dem Begehren, im Interesse der Erhaltung des angestammten Beherbergungsgewerbes dürften an Nationalstrassen keine eigentlichen Gastbe-

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triebe errichtet werden. Gewisse Kreise brachten zum Ausdruck, dass sich ihre referendumspolitische Einstellung zum Nationalstrassengesetz sehr stark danach richten werde, ob und wie die zuständigen Behörden in dieser Frage beruhigende Zusicherungen abgeben würden.

Da niemand ein Interesse daran haben konnte, dass gegen das Nationalstrassengesetz wegen an sich strassenbaufremden Interessen das Referendum ergriffen werde, haben die Bundesbehörden im Bereinigungsverfahren der Auffassung dieser Kreise nachgegeben und Artikel 7 des Gesetzesentwurfes in dem Sinne formuliert, dass an Nationalstrassen lediglich einfach gestaltete Erfrischungsräume vorzusehen seien. Bei der Behandlung der Gesetzesvorlage in den eidgenössischen Räten ist diese Auffassung unwidersprochen geblieben. In verschiedenen Voten, namentlich in den Kommissionen wurde gegenteils bekräftigt, die Errichtung von Nebenanlagen sei auf das Allernötigste zu beschränken.

Schon bald nach der Inangriffnahme des Nationalstrassenbaues begann man sich bei den zuständigen Stellen des Bundes und der Kantone mit der Ausgestaltung der gesetzlich umschriebenen Nebenanlagen zu befassen. Man erkannte, dass auch die Nebenanlagen an Nationalstrassen, wie die Autobahnen selbst, nach einem Gesamtplan im engen Einvernehmen zwischen Bund und Kantonen zu errichten seien. Auf den Ergebnissen der Arbeiten einer kleinen Expertenkommission fussend, die das Eidgenössische Amt für Strassen- und Flussbau 1962 eingesetzt hatte, wurden Rahmenbestimmungen über den Bau und Betrieb der Nebenanlagen ausgearbeitet, die in der Vollziehungsverordnung vom 24. März 1964 zum Bundesgesetz über die Nationalstrassen (AS 1964 307) in den Artikeln 4-6 ihren Niederschlag gefunden haben. In Bekräftigung des Willens des Gesetzgebers, Nebenanlagen an Nationalstrassen in einfachstem Rahmen zu halten, wurde im Sinne einer abschliessenden Aufzählung bestimmt, dass Nebenanlagen an Nationalstrassen Tankstellen und allfâllig mit solchen Anlagen verbundene Erfrischungsräume und Kioske seien. Die Errichtung von Motels, Hotels, eigentlichen Gaststätten und Garagebetrieben an der Nationalstrasse selbst sei ausgeschlossen. Bezüglich der Erfrischungsräume wurde festgestellt, dass diese einfach gestaltet und alkoholfrei zu sein hätten.

Durch eine Verfügung vom 15. April 1964 über den Bau und Betrieb
von Nebenanlagen an Nationalstrassen erster und zweiter Klasse hat das Eidgenossische Departement des Innern nach Anhören der Kantone die Standorte der Nebenanlagen auf dem Nationalstrassennetz bestimmt und für die Zu- und Wegfahrten, die Parkplätze sowie die bauliche Gestaltung der Nebenanlagen Normalien erlassen.

II. Die gegenwärtige Lage Trotz Vorliegen aller rechtlichen Grundlagen, die vom Bunde aus gesehen für die Ordnung des Baues von Nebenanlagen an Nationalstrassen erforderlich schienen, dauerte es einige Zeit, bis sich die ersten Kantone zur Errichtung von Tankstellen mit Nebenbetrieben entschlossen. Dies ist deshalb nicht verwunderlich, weil der Bau der Nationalstrassen selbst und die Fertigstellung der er-

1106 sten Teilabschnitte alle am Werke Beteiligten bis zum äussersten beanspruchte.

Auch ist die Eröffnung von Nebenbetrieben erst sinnvoll, wenn ein längerer zusammenhängender Nationalstrassenabschmtt im Betrieb ist. Als erste Tankstelle konnte im August 1967 diejenige in Kölliken-Süd im Kanton Aargau errichtet werden. Im Sommer und Herbst 1968 wurden die Tankstellen in Gunzgen-Nord und Süd sowie Deitingen-Nord und Süd, beide an der Nationalstrasse N l im Kanton Solothurn dem Betrieb übergeben, im Sommer und Herbst 1969 die Raststätten in Bursins-Gilly an der Nationalstrasse N l im Kanton Waadt und in Herrlisberg an der Nationalstrasse N 3 im Kanton Zürich, und schliesslich konnte im September 1969 die Raststätte KöllikenNord an der Nationalstrasse N l im Kanton Aargau eröffnet werden.

Unter Vorbehalt der Projektgenehmigung durch die zuständigen Bundesbehörden ist die Erteilung der erforderlichen Rechte für den Bau, die Erweiterung und den Betrieb der Nebenanlagen Sache der Kantone. Mit dem Ziel, den Kantonen in diesem Punkte Unterlagen in die Hand zu geben, hat die erwähnte seinerzeitige Arbeitsgruppe zwei Möglichkeiten vorgeschlagen, nämlich den Baurechtsvertrag und den Mietvertrag. Nach dem Baurechtsvertrag räumt der Kanton der Tankstellenfirma das Recht ein, auf dem für die Nebenanlage vorgesehenen Areal eine Tankstelle zu errichten und zu betreiben. Die Firma verpflichtet sich demgegenüber, den ortsüblichen Baurechtszins zu entrichten und den Kanton am Gewinn des Unternehmens zu beteiligen. Analog liegen die Dinge beim Mietvertrag. Die meisten Kantone, die Tankstellen vergeben haben, schlössen Baurechtsverträge ab. Die Erfrischungsräume und Kioske werden vom Tankstellenhalter mit Zustimmung des Kantons an einen Dritten zum Bau und Betrieb weitergegeben.

Schon bei der Projektierung der ersten Tankstellen mit Erfrischungsräumen musste man zur Überzeugung kommen, dass die ursprüngliche Konzeption des «Erfrischungsraumes», insbesondere in der Form der einfachen Kaffeebar, kaum mehr den Bedürfnissen des reisenden Automobilisten entspreche.

An die gastlicheren Verhältnisse im Ausland, namentlich in Deutschland und in Italien, gewöhnt, erwartet der Durchreisende, auch in unserem Lande an den Autobahnen Verpflegungsstätten vorzufinden, die wesentlich höheren Ansprüchen genügen. So sollen in den
Raststätten auch Mahlzeiten eingenommen werden können, und es soll eine angenehme Atmosphäre herrschen, die den Automobilisten einlädt, sich einen Moment der Entspannung und der Stärkung zu gönnen. In extensiver Auslegung des einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsrechts wurde daher im Einvernehmen zwischen Bund und Kantonen der Begriff des Erfrischungsraumes bis an die Grenze des Zulässigen ausgedehnt. Aus dem Erfrischungsraum sind modern ausgestattete kleine Restaurants mit allem Komfort geworden. Sie bieten in der Regel 80-120 Personen bequemen Platz. Auch findet der Kunde dort die verschiedensten Dienstleistungen. So ist in den Autobahnraststätten der Begriff des Kiosks ausgedehnt worden; diese Geschäfte bieten alles an, was der durchreisende Automobilist wünschen mag. Aber auch modern eingerichtete Toilettenräume mit Duschen, Beauty-Shops, Rinderwickelzimmer usw. stehen zum Teil zur Verfügung.

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III. Vorstösse zur Änderung der ursprünglichen Konzeption Noch vor Eröffnung der ersten Autobahnraststätten ist in der Presse, insbesondere von der automobilistischen Fachwelt, die schweizerische Konzeption der Nebenanlagen an Nationalstrassen als zu wenig grosszügig angegriffen worden. Etwas in Verkennung des im Entstehen Begriffenen wurde die Meinung verbreitet, das Gastland Schweiz biete seinen Automobilisten und den fremden Touristen ungastliche Nationalstrassen an. Es wurde gefordert, der Bund habe die Konzeption der Nebenanlagen in ihrer Gesamtheit zu überprüfen und einer viel grosszügigeren und weitblickenderen Regelung Raum zu geben. Diese allgemeine Stimmung fand ihren Niederschlag in einer Kleinen Anfrage von Herrn Nationalrat Eisenring vom März 1968, in welcher der Bundesrat um Auskunft darüber gebeten wurde, ob er bereit sei, die Zulassung einer angemessenen Zahl von gastgewerblichen Betrieben, die den heutigen und künftigen Ansprüchen zu entsprechen vermöchten, zu prüfen. Durch eine Gesetzesänderung oder Gesetzesinterpretation seien die Voraussetzungen zu schaffen, damit die private Initiative den Bedürfnissen nach solchen Gaststätten gerecht werden könne. In unserer Antwort vom 3. Juli 1968 haben wir zur Kleinen Anfrage Eisenring entsprechend der herrschenden öffentlichen Meinung positiv Stellung genommen.

Schon vorher war der Schweizerische Strassenverkehrsverband (FRS) mit dem Begehren an das Eidgenössische Departement des Innern gelangt, es sei die Frage der Nebenanlagen an Nationalstrassen von Grund auf neu zu prüfen.

Das Departement des Innern stimmte diesem Antrag zu, nachdem an einer Konferenz aller an dieser Sache interessierten Kreise in der Tat die Meinung zum Ausdruck gekommen war, das Konzept der Nebenanlagen an Nationalstrassen sei neu zu überdenken. Das Departement des Innern beauftragte im Jahre 1968 eine Expertenkommission des Amtes für Strassen- und Flussbau mit dieser Aufgabe. Die Kommission hat ihre Arbeiten unverzüglich aufgenommen und konnte sie Ende 1969 abschliessen. Alles in allem war es die Meinung der zur Mitarbeit herangezogenen Kreise, insbesondere auch der Exponenten des Schweizerischen Hotelier-Vereins und des Schweizerischen Wirtevereins, die Konzeption der Nebenanlagen an Nationalstrassen sei zu liberalisieren: Die gastgewerblichen Betriebe sollen in
Ausstattung und Angebot den heutigen und künftigen Ansprüchen der Strassenbenützer entsprechen. Im einzelnen ist die Expertenkommission - kurz zusammengefasst - zu folgenden Ergebnissen gekommen : - Die Kommission hat sich eingehend mit dem seinerzeit vom Eidgenössischen Departement des Innern genehmigten Tankstellenplan befasst, weil dieser für die räumliche Disposition der Nebenanlagen auf dem Nationalstrassennetz als Grundlage dient. Verpflegungs- und Beherbergungsbetriebe sollen im Prinzip nur an Tankstellenstandorten zugelassen werden. Die Kommission war der Auffassung, dass an diesem Tankstellenplan, der auf dem Nationalstrassennetz erster und zweiter Klasse im Prinzip Nebenanlagen in Abständen von 30 bis 40 km vorsieht, festzuhalten sei. Kumulationen von

1108 Nebenanlagen finden sich in der Umgebung grosser Städte, weil die Erfahrung auch im Ausland zeigt, dass diese Standorte besonders günstig sind.

Mit Nebenanlagen-Standorten ergänzt wurde die Nationalstrasse N 13 von Chur-Bellinzona, die seinerzeit als Nationalstrasse dritter Klasse eingestuft war, dann aber höher klassiert worden ist. An diesem Strassenzug sind vier neue Tankstellenstandorte vorgesehen.

Wesentlich ist, was an den Tankstellenstandorten erstellt werden soll. Die Kommission unterscheidet Tankstellen mit blossem Kiosk, wo unter Umständen auch Getränke angeboten werden können, Tankstellen mit Erfrischungsraum, was den heute bestehenden Raststätten entsprechen dürfte, ferner Tankstellen mit eigentlichen Restaurants und schliesslich - für eine weitere Zukunft - Tankstellen mit Motelbetrieben.

Ein seinerzeit dem Automobilclub der Schweiz erstattetes Gutachten des Institutes für Fremdenverkehr an der Universität Bern sah vor, dass in unserem Lande neben den Tankstellen mit blossem Erfrischungsraum an touristisch interessanten Standorten Grossrestaurants mit einem vollständigen Angebot an Speise und Trank errichtet werden könnten. Das Gutachten fasste ungefähr 9 solcher Restaurantstandorte ins Auge. Die Kommission schloss sich im Prinzip dieser Betrachtungsweise an. Gegenwärtig ist es aber noch ausgeschlossen, verbindlich festzulegen, wo diese Standorte liegen sollen. Das muss der Entwicklung überlassen bleiben, wobei die Meinung besteht, dass sich die Restaurants - dem Bedürfnis entsprechend - aus Erfrischungsräumen entwickeln könnten. Die Ausbaumöglichkeit solcher Betriebe ist daher von allem Anfang vorzusehen. Entscheidend ist allerdings auch, dass1 eine Bundesstelle für die Koordination der Interessen sorgt, denn die Standorte der Restaurants müssen sich in eine klare Gesamtkonzeption einfügen, die gesamtschweizerisch im Einvernehmen mit den Kantonen und nötigenfalls nach Konsultation von Fachleuten der Interessenverbände bestimmt werden muss. Noch vermehrt trifft dies für später zu errichtende Motels zu. Als Leitlinie hat die Kommission angenommen, dass Motels insbesondere in der Nahe von grossen Städten, in Grenznähe und an geeigneten Punkten der Touristenrouten liegen könnten. Ein Bedürfnis erscheint überdies gegeben an Strassenverbindungen mit grosser Verkehrsfrequenz einerseits
und kleiner verfügbarer örtlicher Unterkunftskapazität anderseits.

Ein wesentlicher Teil der Kommissionsarbeit bezog sich auf die Schaffung Von technischen Richtlinien und Normalien für die Gestaltung der Nebenanlagen. Darunter wird indessen nicht die innere Anlage der Restaurantund Beherbergungsbetriebe verstanden, die ganz den Erfordernissen einer rationellen Bewirtschaftung überlassen werden muss, sondern die verkehrstechnisch richtige Gestaltung der Nebenanlagen im Äussern. Als Beispiele erwähnen wir die Normierung der Zu- und Wegfahrten, die grundsätzliche Disposition der Gebäude auf dem Nebenanlageareal, die Anzahl Parkplätze für jede Betriebsart, die Beleuchtung der Anlagen, die Signalisierung und die

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Reklame. la Zusammenarbeit mit kompetenten Fachleuten ist ein kleines Normenwerk entstanden, das nach seinem Erlass den Interessenten für den Bau und Betrieb von Nebenanlagen abgegeben werden soll.

- Diese eben umschriebene Neukonzeption der Nebenanlagen an Nationalstrassen würde - wenn sie im Prinzip gutgeheissen wird - eine Revision der entsprechenden Artikel des Nationalstrassengesetzes und der Vollziehungsverordnung sowie einen Neuerlass der Verfügung des Eidgenössischen Departements des Innern vom April 1964 in dieser Materie erfordern. Die Expertenkommission hat daher auch entsprechende Revisionsvorschläge ausgearbeitet.

- Bis zum Erlass des revidierten Rechts sollten keine Entscheidungen getroffen werden, die von der erarbeiteten neuen Gesamtkonzeption abweichen.

Vielmehr hätten die Kantone und die zuständigen Bundesbehòrden alles daran zu setzen, künftige Dispositionen im Rahmen des Möglichen und rechtlich Zulässigen bereits auf die neue Konzeption auszurichten.

IV. Die Vorarbeiten zur Gesetzesrevision Das Eidgenössische Departement des Innern hat den Bericht der Expertenkommission im Frühjahr 1970 den Kantonen und allen interessierten Kreisen der Wirtschaft zur Stellungnahme vorgelegt. Schon im Januar 1970 war indessen der Zentralverband Schweizerischer Milchproduzenten mit einer Eingabe an das Departement gelangt, es seien in den nächsten Jahren auf etwa 20-30 hiefür beson1ders geeigneten Rastplätzen des Autobahnnetzes Milchbars zu erstellen, einerseits um es den Automobilisten zu ermöglichen, kleinere Zwischenverpflegungen einzunehmen, und anderseits um in unserem Lande den Milchabsatz zu fördern und die Milch als Volksnahrungsmittel zu propagieren. Gestützt auf eine Publikumsbefragung sei die Wünschbarkeit von alkoholfreien Milchbars entlang den Nationalstrassen erhärtet. Die Milchbars würden nach denselben Bauplänen auf dem ganzen Nationalstrassennetz einheitlich errichtet. Eigentümer der Bars wären der Zentralverband selbst oder regionale Milchverbände, die die Bars zusammen finanzieren und leiten würden.

Das Eidgenossische Departement des Innern erachtete es als richtig, diesen Vorschlag des Milchverbandes gleichzeitig mit dem Bericht der Expertenkommission zur Vernehmlassung zu bringen ; denn die Errichtung von Milchkonsumstätten auf Rastplätzen des Autobahnnetzes könne nur im
Zusammenhang mit der von der Expertenkommission erarbeiteten Neukonzeption der Nebenanlagen an Nationalstrassen gewürdigt werden. Die Stellungnahmen der Kantone und der Wirtschaftsverbände zu den beiden vorgelegten Berichten würden den Bundesbehörden als Grundlagen für den Entscheid darüber dienen können, welche Dienstleistungsbetriebe an unsern Autobahnen vorzusehen seien.

Im Vernehmlassungsverfahren ist der Bericht der Expertenkommission von den Kantonen und den interessierten Wirtschaftsverbänden günstig aufgenommen worden. Der allgemeine Tenor der Stellungnahmen lautet dahin, der Bun-

ino desrat möge die Anträge der Expertenkommission vollumfänglich zu den seinigen machen und alles daran setzen, dass die neue Ordnung möglichst rasch verwirklicht und die entsprechenden Rechtserlasse bald in Kraft gesetzt werden könnten. Natürlich wurden hier und dort Änderungs- und Ergänzungsvorschläge vorgebracht; diese beziehen sich aber weitgehend auf Einzelheiten der nachgeordneten Erlasse. Grundlegende Meinungsdifferenzen bestehen nicht.

Aber auch dem Vorschlag des Zentralverbandes Schweizerischer Milchproduzenten wurde - mindestens von den Kantonen - mehrheitlich zugestimmt. In den Vemehmlassungen der interessierten Verbände kamen aber Bedenken zum Ausdruck, die dahin gingen, dass diese Konzeption zusammen mit der Neugestaltung der Nebenanlagen an unsern Autobahnen zu einer zu grossen Zahl von Dienstleistungsbetrieben führe. Zudem wurde bezweifelt, ob sich die Milchbars in der vorgeschlagenen Form wirtschaftlich und finanziell zu halten vermöchten.

Zweifellos würde die Tendenz bestehen, diese Betriebe auszuweiten und auch ein grösseres Angebot an Speise und Trank zu bieten, um genügende Kundschaft anzuziehen. Damit käme es aber klar zu einem Überangebot an Erfrischungsräumen längs der Nationalstrassen, was auch im Blick auf die schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt kaum zu verantworten wäre.

V. Die vorgesehenen Neuerungen Soll die von der Expertenkommission vorgeschlagene erweiterte Konzeption der Nebenanlagen an Nationalstrassen verwirklicht werden, so bedarf es vorerst einer Revision der die Nebenanlagen betreffenden Artikel des Nationalstrassengesetzes, also der Artikel 7 und 50. Zwar sind nicht grundlegende Änderungen des geltenden Rechts nötig, sondern es kann sich die Revision auf eine umfassendere und elastischere Formulierung der Rechtsnormen beschränken. Die Definition der Nebenanlagen soll so weit gefasst werden, dass alle zweckentsprechenden Kiosk-, Restaurations- und Beherbergungseinrichtungen möglich werden. - Weil damit gesamtschweizerisch gesehen eine einheitliche Konzeption der Nebenanlagen notwendig wird, sollen im Bundesgesetz über die Nationalstrassen die koordinierenden und überwachenden Bundeskompetenzen massvoll verstärkt werden. Insbesondere die Standorte von Restaurants und allfälligen Motels auf dem Nationalstrassennetz dürfen nicht aus rein kantonaler Sicht
beurteilt werden ; für die Anlage dieser Betriebe ist ein Gesamtplan nötig. Selbstverständlich sollen die diesbezüglichen Entscheidungen aber nicht von den Bundesbehörden allein, sondern im Einvernehmen mit den Kantonen getroffen werden.

Im einzelnen bedürfen die Revisionsvorschläge folgender Erläuterungen : Zu Artikel 7: Das geltende Recht mit seiner Formulierung in Absatz l : «Wo der seitliche Zugang zu den Nationalstrassen verboten ist, können nach Massgabe der Bedürfnisse des Verkehrs Anlagen für die Abgabe von Treib- und Schmierstoffen sowie mit solchen Anlagen verbundene Erfrischungsräume und Kioske auf

lili Strassengebiet errichtet werden, » ist mit der abschliessenden strikten Aufzählung der Nebenanlagen : Erfrischungsräume und Kioske zu eng. Der Artikel 7 des Nationalstrassengesetzes soll so elastisch formuliert werden, dass die Errichtung von Kiosken, Gaststätten und Beherbergungsbetrieben jeder denkbaren Art möglich wird, soweit diese Betriebe den Bedürfnissen des Strassenverkehrs dienen. Die neue Formulierung schliesst auch nicht aus, dass, sofern sich dies in Einzelfällen als notwendig erweist, nicht nur auf Tankstellenarealen, sondern gegebenenfalls auch auf geeigneten Rastplätzen bescheidene Nebenanlagen wie Kioske mit Erfrischungsmöglichkeit erstellt werden können. Eine solche Entwicklung - die wir allerdings im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht befürworten - soll nicht durch eine wiederum zu enge Formulierung des entsprechenden Gesetzestextes ausgeschlossen werden (Abs. 1).

Im Rahmen von Artikel 36bls der Bundesverfassung, also der Bestimmung, wonach die Nationalstrassen nach den Anordnungen und unter der Oberaufsicht des Bundes von den Kantonen zu bauen und zu betreiben sind, kann der Bundesrat die erforderlichen Grundsätze über die Nebenanlagen aufstellen. Dies soll - im Sinne der Empfehlungen des Berichtes der Expertenkommission - in der zu revidierenden Vollziehungsverordnung zum Nationalstrassengesetz und in nachgeordneten Rechtserlassen geschehen. Vorbehaltlich der bundesrechtlichen Bestimmungen - darin liegt die Erweiterung der Bundeskompetenzen - bleibt aber die Erteilung der erforderlichen Rechte für den Bau, die Erweiterung und den Betrieb der Nebenanlagen nach wie vor Sache der Kantone (Abs. 2 und 3).

Zu Artikel 50: Gemäss dem vorgeschlagenen neuen Artikel 50 des Nationalstrassengesetzes soll der Betrieb der Nebenanlagen weiterhin primär den kantonalen Vorschriften über die Gewerbe-, Gesundheits- und Wirtschaftspolizei unterstellt bleiben. Als Bundesrecht gilt das am I.Februar 1966 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (AS 1966 57).

Drängen sich zudem, beispielsweise bezüglich der Öffnungszeiten der Nebenanlagen, gesamtschweizerisch einheitliche Regelungen auf oder müssen zur Wahrung allgemeiner Landesinteressen wie zum Beispiel zur Erhaltung des schweizerischen Gepräges der Gastwirtschafts- und Beherbergungsbetriebe besondere
Vorschriften erlassen werden, so soll das Eidgenössische Departement des Innern hiefür zuständig sein.

VI. Weitere mit den Nebenanlagen zusammenhängende Fragen 1. Milchbars auf Rastplätzen des Nationalstrassennetzes Wie erwähnt hat der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten in einer Eingabe an das Eidgenössische Departement des Innern den Vorschlag unterbreitet, es seien in den nächsten Jahren auf etwa 20-30 hiefür besonders geeigneten Rastplätzen des Autobahnnetzes - also zwischen den Tankstellen-

1112 Standorten - Milchbars zu erstellen. Wir haben auch gesagt, dass dieser Vorschlag im Vernehmlassungsverfahren von den Kantonen mehrheitlich gut aufgenommen worden ist. Bedenken gegen das Vorhaben wurden aber seitens der Wirtschaftsverbände laut.

Wir haben den Vorschlag des Zentralverbandes sorgfältig geprüft, glauben aber gegenwärtig in dieser Form nicht darauf eintreten zu können. Zwar sind wir uns bewusst, dass die Errichtung von Milchbars an Nationalstrassen in weiten Kreisen ein positives Echo finden würde. Die Publikumsbefragung, die der Milchverband angestellt hat, zeigte, dass eine überwiegende Mehrheit der befragten Automobilisten für derartige Milchbars eintritt. Allerdings möchten wir das Ergebnis dieser Umfrage nicht überbewerten, sind doch die Wünsche und Begehren, die im Rahmen solcher Erhebungen jeweils vorgetragen werden, erfahrungsgemäss besonders zahlreich. Wenn wir Milchbars auf den Rastplätzen der Nationalstrassen zusätzlich zu den Raststätten ablehnen, so aus folgenden Gründen : - Wird an unsern Nationalstrassen alle 20 bis 40 km eine Raststätte (Erfrischungsraum oder Restaurant) errichtet, so geht man damit an die Grenze des wirtschaftlich Verantwortbaren. Diese Abstände sind geringer als diejenigen im Ausland, kein anderes Land würde sich den Luxus leisten, an bestimmten Autobahnstrecken alle 10-15 km eine Erfrischungsmöglichkeit vorzusehen, wie das mit der Errichtung von Milchbars auf Rastplätzen zwischen den Nebenanlagestandorten teilweise der Fall wäre.

- Es wäre zu befürchten, dass sich die Milchbars mit einem Angebot allein von Milch und Milchprodukten wirtschaftlich nicht zu halten vermöchten.

In allen heute bestehenden Autobahnerfrischungsräumen werden Milch und Milchprodukte angeboten. Dem Vernehmen nach ist die Nachfrage nicht überdurchschnittlich. Die Milchbars müssten also ihr Verpflegungsangebot ausweiten, so dass auch auf den Rastplätzen bald eigentliche Erfrischungsräume entstehen würden.

- Schon heute ist es schwierig, für die in Betrieb stehenden Nebenanlagen Personal zu finden. Es wäre von der Disponibilität der Arbeitskraft her kaum zu verantworten, die personalintensiven Raststätten an Nationalstrassen noch zu vermehren.

- Mit der Errichtung von Milchbars auf den Rastplätzen würde der Zentralverband als Nutzniesser der durch die Öffentlichkeit
erstellten Rastplätze faktisch eine Sonderstellung erlangen. Damit entstünde im Verhältnis zu den Betriebsinhabern von Nebenanlagen eine Rechtsungleichheit, die kaum vertretbar wäre. Die Halter von Nebenanlagen müssen in freier Konkurrenz ihren Betrieb erkämpfen und haben dem Kanton erhebliche Abgaben (Baurechtszins, Gewinnbeteiligung) zu entrichten. Die Wettbewerbsverhältnisse würden in unannehmbarer Weise verfälscht.

- Würde auf den Vorschlag des Zentralverbandes eingetreten und auf Rastplätzen des Nationalstrassennetzes eine Sonderlösung vorgesehen, könnten auch andere Wirtschaftszweige das Begehren stellen, es seien ihnen auf Rastplätzen Verkaufsmöglichkeiten für ihre Produkte einzuräumen. Hätte man

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einmal dem Zentralverband eine Zusage gegeben, könnten andere Begehren, insbesondere wenn auch sie einen breiten Rückhalt in der öffentlichen Meinung finden (z.B. der Verkauf weiterer landwirtschaftlicher Produkte), kaum abgewiesen werden. Damit würden die Rastplätze vollständig ihrem Zweck entfremdet.

Wie die Dinge heute liegen, besteht die einzige vertretbare Lösung darin, dass der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten bei Ausschreibungen für Nebenanlagen an Nationalstrassen, wie die ändern Interessentenkreise konkurriert und seine Milchbars als Erfrischungsräume auf gleicher Basis zu erstellen versucht, wie dies die ändern Organisationen für Nebenanlagen tun. Es wäre auch die Lösung möglich, dass auf den Tankstellenarealen neben dem Erfrischungsraum oder Restaurant bei der Tankstelle selbst eine bescheidene Milchbar errichtet wird. Erstrebenswert ist, dass die Dienstleistungsbetriebe bei den Tankstellenstandorten konzentriert werden.

Mit der beantragten Revision der Artikel 7 und 50 des Nationalstrassengesetzes wird indessen das Anliegen des Zentralverbandes nicht negativ präjudiziert. Der vorgeschlagene neue Artikel 7 ist so formuliert, dass die Errichtung von Milchbars auf Autobahnrastplätzen rechtlich möglich wird. Der Antrag des Zentralverbandes lautete denn auch dahin, es sei sein Anliegen bei der Revision der Vollziehungsverordnung zum Nationalstrassengesetz rechtlich zu verankern.

Wenngleich wir also den Vorschlag des Milchverbandes aus der heutigen Sicht der Dinge ablehnen, wird diese Frage durch die Gesetzesrevision nicht negativ entschieden.

2. Alkoholausschank in den Raststätten Da man im Zeitpunkt des Erlasses des Nationalstrassengesetzes und der Vollziehungsverordnung die Erfrischungsräume an Nationalstrassen in der Form einfacher Kaffeebars sah, war der Gesetzgeber unwidersprochen der Auffassung, diese Erfrischungsräume seien alkoholfrei zu führen. Die geltende Vollziehungsverordnung zum Nationalstrassengesetz sieht demzufolge - das seinerzeitige Vernehmlassungsverfahren bei den Kantonen und Verbänden hat kaum eine gegenteilige Stimme zum Ausdruck gebracht - ein klares Alkoholverbot vor.

Als Folge des Wandels in der Bewertung der Gastwirtschaftsbetriebe an den Nationalstrassen wurde nun aber schlagartig das Begehren laut, es sei dort auch Alkohol auszuschenken,
ja die Alkoholfrage wurde zu einem eigentlichen Politikum. Auf der einen Seite treten interessierte Wirtschaftskreise und eine weite Öffentlichkeit in den Weinbaugegenden unseres Landes gegen das Alkoholverbot auf, mit dem Argument, dass mit diesem Verbot mehr oder weniger weiten Teilen der Bevölkerung eine Verhaltensweise auf gezwungen werde, die im Gegensatz zu ihren Lebensgewohnheiten stehe. Selbstverständlich befürworteten auch sie alle Bestrebungen zur Hebung der Verkehrssicherheit. Diese Bestrebungen müssten aber geeignet sein, ihr Ziel zu erreichen. Bei den Autobahnraststätten handle es sich nicht um Gasthäuser, die um des Essens und Trinkens willen aufgesucht würden, sondern es seien einfache Verpflegungsorte, wo keine Gefahr bestehe, dass

1114 die Automobilisten zu viel Akohol zu sich nähmen. Sodann sei zu berücksichtigen, dass sowohl in Deutschland wie in Italien in den Autobahnraststätten Alkohol konsumiert werden könne. Es würde daher von den durchreisenden Touristen nicht verstanden, dass dies in unserem Lande nicht möglich sei, und zwar um so weniger, als die Nationalstrassen durch zum Teil sehr bekannte Weinbaugebiete unseres Landes führen würden. Durch das Ausschenken von Weinen der Landesgegend liesse sich für die Produkte des Landes werben. Würden die Autobahnraststätten alkoholfrei geführt, sähe sich wohl mancher Automobilist veranlasst, von der Autobahn wegzufahren und sich in nahegelegenen Gasthäusern der Umgebung zu verpflegen. Dort werde in der Regel mehr Alkohol konsumiert, als dies in einem Autobahnrestaurant der Fall wäre.

Auf der ändern Seite setzt sich ein sehr grosser Teil der Öffentlichkeit - mit Ärzten, Richtern, Fürsorgern, Lehrern und Pfarrern als Exponenten - entschieden für das geltende Recht ein, mit dem Argument, die Behörden würden unglaubwürdig wirken, wenn sie die Strassenbenützer im Interesse der Verkehrssicherheit einerseits zum Verzicht auf den Alkohol anhielten, anderseits aber Hand dazu böten, dass in den eigens für den Automobilisten geschaffenen Restaurants an Nationalstrassen Alkohol ausgeschenkt werde. Das Fahren auf Autobahnen erfordere von den Fahrzeuglenkern höchste Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, die schon durch geringen Alkoholgenuss in Frage gestellt werden könne.

In Beantwortung einer Kleinen Anfrage von Herrn Nationalrat Sauser entschieden wir uns nach einer gründlichen Überprüfung des gesamten Fragenkomplexes mit folgenden Erwägungen zugunsten der Beibehaltung des Alkoholverbotes : Angesichts der erschreckend hohen Zahl von Verkehrsunfällen in unserem Lande soll allen Massnahmen, die geeignet sind, die Sicherheit des Strassenverkehrs zu heben, volle Aufmerksamkeit geschenkt werden. Da erwiesenermassen eine nicht unerhebliche Zahl von Verkehrsunfällen auf den Alkoholgenuss zurückzuführen ist, wurde in der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über die Nationalstrassen der Ausschank von geistigen Getränken in den Erfrischungsräumen an Nationalstrassen verboten.

Wenngleich wir die unfallvermindernde Wirkung dieser Bestimmung keineswegs überschätzen, stellt das Alkoholverbot
unter den zahlreichen Anstrengungen zur Verminderung der Verkehrsunfälle eine positive Teilmassnahme dar. Wir haben daher keine Veranlassung, das Verbot durch eine Revision der Vollziehungsverordnung aufzuheben.

(3. Juli 1968).

Mit dieser Antwort haben sich die interessierten Kreise jedoch nicht zufrieden gegeben. Ende 1969 sind die Westschweizer Kantone und verschiedene Weinbauorganisationen mit dem Begehren an den Bundesrat gelangt, es sei die Frage des Alkoholausschankes in Nebenanlagen an Nationalstrassen in Wiedererwägung zu ziehen. Wir haben diese Eingaben in dem Sinne beantwortet, dass der Problemkreis neu überprüft werde, wenn die eingeleitete Neukonzeption der Nebenanlagen an Nationalstrassen zur Diskussion stehe. Nun sind wir zwar nicht der Meinung, dass diese Frage im Nationalstrassengesetz selbst geregelt werden soll. Sie kann, wie dies bis anhin der Fall war, in der Vollziehungsverordnung entschieden werden. Die Frage hat aber die Leidenschaften so sehr entfacht, dass sie

1115 schon bei der vorgeschlagenen Revision des Nationalstrassengesetzes diskutiert werden wird. Wir halten es daher für richtig, unsern Standpunkt erneut klarzulegen.

Für die Bundesbehörden ist ein Entscheid in dieser Frage sehr schwierig, stehen doch nicht so sehr wirtschaftliche als vielmehr individuell-menschliche und ideelle Belange in Frage : Einerseits lehnt ein Teil der Bevölkerung obrigkeitliche Massnahmen ab, die in die Privatsphäre und in die Lebensgewohnheiten eingreifen, anderseits erwarten weite Kreise ein entschlossenes Mitwirken der Behörden im Kampf gegen den Alkoholismus und für die Verkehrssicherheit. Ein Verzicht auf die geltende Regelung würde von einer grossen Bevölkerungsschicht als unverantwortlich bezeichnet.

Wirft man einen Blick auf die Regelungen, die in ändern Autobahnländern getroffen worden sind, so stellt man fest, dass sie sehr verschieden sind. In der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und in Italien wird in den Autobahnraststätten Alkohol ohne zeitliche Beschränkung angeboten. In Frankreich besteht an sich ein Alkoholverbot; wir verfügen aber über Unterlagen, wonach in gewissen Autobahnrestaurants zusammen mit Mahlzeiten Wein und Bier genossen werden kann. Dasselbe gilt für Belgien : offiziell ist der Ausschank von Alkohol verboten, in Autobahnrestaurants gehobener Klasse sollen aber geistige Getränke erhältlich sein. In den Niederlanden ist der Alkoholausschank erlaubt, in Dänemark ebenfalls, wobei dort aber die Raststätten nicht direkt an den Autobahnen liegen, sondern in Autobahnnähe am übrigen Strassennetz. In Grossbritannien und Schweden ist die Abgabe von Alkohol verboten, wobei aber in Schweden in den «Motorhotels» solche Getränke zu haben sind. In Kanada ist der Ausschank von Alkohol in den Autobahnrestaurants ebenfalls verboten, während in den Vereinigten Staaten von Amerika die Verhältnisse von Staat zu Staat verschieden sind.

Wir könnten uns nicht entschliessen, das Alkoholverbot aufzuheben. Angesichts der erschreckend hohen Zahl von Verkehrsunfällen in unserem Lande soll keine Einzelmassnahme unterbleiben, die geeignet ist, die Sicherheit im Strassenverkehr zu heben. Im Unfallgeschehen auf unsern Strassen spielt der Alkohol am Steuer leider eine Übergrosse Rolle, wie auch die Statistik der Strassenverkehrsunfälle im vergangenen Jahr wieder
zeigt. Die Unfälle, bei denen übermässiger Alkoholgenuss eine verhägnisvolle Rolle spielte, wurden häufiger. Die Zahl der Strassenbenützer, die bei Unfällen ihr Leben einbüssten, an denen angetrunkene Fahrzeuglenker oder Fussgänger beteiligt waren, sind um 13 Prozent gestiegen.

Die negativen Auswirkungen des Alkohols am Steuer dürfen daher nicht bagatellisiert werden. Es ist bekannt, dass die Bundesbehörden mit allen Mitteln den Alkohol am Steuer bekämpfen ; die Strassenverkehrsgesetzgebung und unzählige Massnahmen gegen den Alkoholismus beweisen dies. Während aber dem Staate nur beschränkte Mittel zur Verfügung stehen, um den Alkohol am Steuer präventiv zu bekämpfen, gibt ihm das Nationalstrassenrecht für ein begrenztes Anwendungsgebiet klar die Möglichkeit in die Hand, dies zu tun : An den für den reinen Motorverkehr bestimmten Autobahnen und Autostrassen kann nach der geltenden Rechtslage der Alkoholausschank verboten werden. Es will uns scheinen,

1116 dass das Interesse gewisser Kreise der Bevölkerung am Alkoholausschank dem höher stehenden Interesse des allgemeinen Volkswohls unterzuordnen ist, nämlich dem Interesse an der Hebung der Verkehrssicherheit und der Bekämpfung des Alkoholismus ganz allgemein. Im Blick aufs ganze muss die Frage «Alkohol in Autobahnrestaurants» somit verneint werden. Wir sehen keine Veranlassung, auf unsere frühere Entscheidung zurückzukommen.

VII. Finanzielle Auswirkungen der Neukonzeption der Nebenanlagen an Nationalstrassen/Personalfrage Schon bei der Beratung des Nationalstrassengesetzes war man der Meinung, dass die Einkünfte, die aus dem Betrieb von Nebenanlagen an Nationalstrassen resultieren, den Kantonen als Träger der Strassenhoheit und des Strasseneigentums zufallen sollen. Als Folge dieser Auffassung wurde in Artikel 4 des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1959 über die Verwendung des für den Strassenbau bestimmten Anteils am Treibstoffzollertrag (AS 1960 368) festgestellt, dass sich der Bund demzufolge auch nicht an den Kosten des Landerwerbes für die Errichtung von Nebenanlagen beteiligen werde. Der Bund trägt also finanziell in keinem Punkte zum Bau und Betrieb der Nebenanlagen bei, wobei dieser Grundsatz bisher insofern recht streng gehandhabt wurde, als die Ausgestaltung des ganzen Nebenanlageareals mit den Parkplätzen kostenmässig den Kantonen bzw. den für die Nebenanlage baurechtsberechtigten Privaten überlassen wird.

Diese bisherige Praxis ist von den Kantonen nicht unwidersprochen hingenommen worden. Es wird die Auffassung vertreten, dass der Bund mindestens im Umfange seiner Beitrage an Rastplätze auch die Landerwerbskosten und die Kosten der Planierungs- und Belagsarbeiten für jenen Teil des Areals der Nebenanlagen als bundesanteilsberechtigt anerkennen sollte, der als eigentlicher Rastplatz bestimmt sei. In restriktiver Auslegung der Bestimmung von Artikel 4 des obenerwähnten Bundesbeschlusses, der den Landerwerb für Nebenanlagen grundsätzlich nicht als beitragsberechtigt anerkennt, wäre dies ohne weiteres möglich; denn die Abgrenzung des Begriffes Landerwerb für die Errichtung von Nebenanlagen sei eine Ermessensfrage.

Dieser Auffassung der Kantone können wir uns nicht anschliessen. Es ist unbestritten, dass die Kantone aus dem Betrieb der Nebenanlagen beträchtliche Einnahmen erzielen, was ihnen im Hinblick auf die bedeutenden Kosten des Betriebes und Unterhaltes der Nationalstrassen zu gönnen ist. Es wäre aber keineswegs gerechtfertigt, diese Einnahmen noch dadurch zu erhöhen, dass der Bund auch an den Erwerb und die Gestaltung der Nebenanlageareale einen Beitrag leistet. Ohne genügend Parkplatzmöglichkeiten ist der Betrieb eines Autobahnrestaurants nicht möglich. Areal und Restaurantgebäude bilden daher
technisch und wirtschaftlich eine Einheit, und das soll auch finanziell gelten. Wird an dieser Regelung festgehalten, entstehen dem Bunde somit aus der erweiterten Konzeption der Nebenanlagen an Nationalstrassen keine finanziellen Aufwendungen.

1117

Der späteren Abklärung bedarf in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob nicht bezüglich der Erträge aus dem Betrieb der Nebenanlagen zwischen den Kantonen ein gewisser Finanzausgleich geschaffen werden sollte. Wie erwähnt, werden die Standorte der Nebenanlagen nach einem Gesamtkonzept, unabhängig von den Kantonsgrenzen, festgelegt. Das führt dazu, dass in einigen Kantonen viele, in ändern wenige und in einzelnen überhaupt keine Nebenanlagen errichtet werden. Kann ein irgendwie gearteter Ertragsausgleich unter den Kantonen nicht verwirklicht werden, so wäre der dadurch entstehenden Begünstigung einiger Kantone sicher dann zu steuern, wenn der Bund den Kantonen später einmal generell Beiträge an den Betrieb und Unterhalt der Nationalstrassen ausrichten sollte.

Auch die personelle Seite einer grosszügigeren Ausgestaltung der Nebenanlagen betrifft nicht den Bund selbst. Dennoch seien über diese Frage einige kurze Bemerkungen angebracht. Es ist ganz klar, dass die Errichtung von Gaststätten an unsern Autobahnen zu einem zusätzlichen und im Endzustand nicht unerheblichen Bedarf an Arbeitskräften führt. Wohl sollen die Betriebe möglichst rationell und personalsparend geführt werden, und es wird auch hier und dort möglich sein, aus der engern Umgebung des Gaststättenbetriebes einheimisches Hilfspersonal zu finden, das sich ohne diese spezifische Arbeitsgelegenheit dem Arbeitsmarkt vielleicht nicht zur Verfügung stellen würde. Trotzdem bleibt aber ein erheblicher Teil der Arbeitskräfte neu anzuwerben, was insofern zu Schwierigkeiten führen und das angestammte Gastgewerbe belasten wird, als es ein mehr als bekanntes Problem ist, für das Gastgewerbe schweizerisches Personal zu finden.

Das Gastgewerbe ist ohnehin schon in voller Entwicklung, und die vielen arbeitszeitbedingten neuen Verpflegungsstätten in Verwaltungen und Betrieben erfordern immer mehr Personal. Es wird daher auch für die Raststätten notwendig sein, kontrollpflichtige ausländische Arbeitskräfte anzuwerben. Die Bundesbehörden sind aber - nach dem heutigen Stand der Dinge - nicht in der Lage, für die neu zu eröffnenden Autobahnraststätten Ausnahmebewilligungen von der Kontingentierung zu erteilen. Diese Lage auf dem Arbeitsmarkt wird dem Ausbau der Nebenanlagen an Nationalstrassen sicher Grenzen setzen.

VIII. Verfassungsmässigkeit Wie das Nationalstrassengesetz selbst stützt sich auch die vorliegende Revision auf die Artikel 23, 36bls, 36ter und 37 der Bundesverfassung. Nach Artikel 36bls der Bundesverfassung wird der Bund auf dem Wege der Gesetzgebung die Errichtung und Benützung eines Netzes von Nationalstrassen sicherstellen. Unter den Begriff der Benützung fallen zweifellos die Ausrüstung der Nationalstrassen mit den erforderlichen Anlagen für den Unterhalt und die polizeiliche Überwachung der Strassen, die nötigen Einrichtungen für die Versorgung der Motorfahrzeuge mit Treib- und Schmierstoffen und die Sorge für das leibliche Wohl der Verkehrsteilnehmer.

1118 Gestützt auf diese Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Entwurfes zu einer Revision des Nationalstrassengesetzes zu empfehlen.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 28. April 1971 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Gnägi Der Bundeskanzler : Huber

1119

(Entwurf)

Bundesgesetz betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 28. April 197l1), beschliesst:

Das Bundesgesetz vom 8. März I9602' über die Nationalstrassen wird wie folgt geändert : Art. 7 1 Wo der seitliche Zugang zu den Nationalstrassen verboten 2. Nebenanlagen ist, können, entsprechend den Bedürfnissen, auf Strassengebiet Anlagen errichtet werden, die der Abgabe von Treib- und Schmierstoffen sowie der Versorgung, der Verpflegung und der Beherbergung der Strassenbenützer dienen.

2 Der Bundesrat stellt die nötigen Grundsätze über die Nebenanlagen auf.

3 Unter Vorbehalt der bundesrechtlichen Bestimmungen und der Projektgenehmigung durch die zuständigen Bundesbehörden ist die Erteilung der erforderlichen Rechte für den Bau, die Erweiterung und den Betrieb der Nebenanlagen Sache der Kantone.

Art. 50 Der Betrieb der Nebenanlagen untersteht insbesondere den n. Betrieb der Vorschriften über die Gewerbe-, Gesundheits- und Wirtschafts- Nebenanlasen polizei. Soweit die Bedürfnisse des Verkehrs oder allgemeine Interessen es erfordern, kann das Eidgenössische Departement des Innern abweichende Vorschriften aufstellen.

II Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

*> BBL 1971 I 1104 2 > AS 1960 525

1778

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen (Vom 28. April 1971)

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1971

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11.06.1971

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