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10939 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes (Vom 26. Mai 1971)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem dringlichen Bundesbeschluss über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes samt der dazu gehörenden Botschaft zu unterbreiten.

Übersicht Die in Aussicht genommenen Vorkehren zur regionalen Beeinflussung der Baunachfrage sind ein wesentlicher Bestandteil der vom Bundesrat nach seinem Aufwertungsbeschluss angekündigten flankierenden Massnahmen. Da sich die Aufwertung im Inland erst nach und nach konjunkturdämpfend auswirken dürfte, erweisen sich zusätzliche Sofortmassnahmen zur binnenwirtschaftlichen Stabilisierung als unumgänglich. Die Notwendigkeit kurzfristiger konjunkturpolitischer Vorkehren ergibt sich zudem aus den Wirtschaftsaussichten, die vorläufig weder im Inland noch im Ausland auf ein spürbares Nachlassen der konjunkturellen Anspannung hinweisen.

In erster Linie soll die Auslösung zusätzlicher Teuerungswellen in ausgesprochen exponierten Bereichen unserer Wirtschaft verhindert werden. Da sich 'auf Grund der starken Wahrungszuflüsse der jüngsten Vergangenheit besonders die Anspannung am Baumarkt verschärfen könnte, erachten wir es als unerlässlich, dem Bundesrat die Möglichkeit zu geben, im Falle besonderer regionaler Überforderung weniger dringliche Bauvorhaben einer befristeten Ausführungssperre zu unterstellen. Dank der flexiblen Form der vorgeschlagenen Regelung kann jedoch veränderten Verhältnissen jederzeit Rechnung getragen werden.

1121 I. Konjunkturlage und Konjunkturaussichten!

1. Weltwirtschaftliche Aspekte Im Jahre 1970 hatte die Wirtschaftsexpansion und das Wirtschaftswachstum in den meisten Industriestaaten der westlichen Welt nach den Erhebungen und Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) etwas nachgelassen, dies freilich auf weiterhin hohem Niveau und ohne sichtbare Folgen für die Preis- und Lohnbewegung. Während des Winterhalbjahres 1970/71 zeigten sich indessen in den Vereinigten Staaten bereits wieder verschiedene Aufschwungssymptome. Auch für Kanada, Frankreich und einige andere Länder deuten die letzten Zahlen der OECD auf eine neue Konjunkturbelebung hin. Deren Stärke und Dauer lässt sich heute in keiner Weise voraussagen.

Immerhin kann mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass der amerikanische Wiederaufschwung auf Europa und Japan überspringen und schliesslich auch jene Länder in seinen Bann ziehen wird, die bis dahin - zum Teil als gewelltes Ergebnis staatlicher Restriktionen - noch in konjunktureller Ruhe verharrten. Die im Laufe des Jahres 1970 in der Schweiz da und dort aufgetauchten Anzeichen und Hoffnungen, dass die Übersteigerung unserer eigenen Wirtschaftskonjunktur von aussen her, das heisst durch eine Rückbildung der ausländischen Nachfrage nach Exportgütern und Dienstleistungen gedämpft werden könne, sind daher im Schwinden begriffen.

Unabhängig davon, ob die Geschäftstätigkeit und der Beschäftigungsumfang zunimmt oder stagniert, bildet der unverändert starke Auftrieb der Lohnkosten und der Waren- bzw. Leistungspreise in den meisten Industriestaaten der westlichen Welt einen Hauptgrund zu Besorgnis und Beunruhigung. Immer wieder bestätigt sich, dass der Anstieg der Löhne und Gehälter in sehr vielen Fällen erheblich über den Produktivitätszuwachs hinausgeht.

2. Wirtschaftskonjunktur in der Schweiz vor dem Aufwertungsentschluss des Bundesrates Während des ganzenJahres 1970 stand die schweizerische Wirtschaft im Zeichen einer ausgeprägten konjunkturellen Anspannung. Die Hauptimpulse gingen immer noch - wenn auch abgeschwächt - von der Auslandnachfrage und der damit verbundenen industriellen Investitionstätigkeit aus, derweil die private Konsumnachfrage sich minder stark vermehrte. Die Nachfrage der öffentlichen Hand wuchs nach wie vor ungefähr im
Gleichschritt mit dem Bruttosozialprodukt, verhielt sich also im wesentlichen konjunkturneutral. Alles in allem vollzog sich jedoch in den realen Wachstumsraten eine leichte Verschiebung von der Aussenauf die Binnennachfrage.

Ungeachtet des ausgetrockneten Arbeitsmarktes und der ausgelasteten Produktionskapazitäten blieb das Angebot einigermassenflexibel.Die abermalige allerdings verlangsamte - Expansion der Industrieproduktion im Jahre 1970 geBundcsblatt. 123. Jahrg. Bd. I

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1122 lang freilich nur dank äusserster Mobilisierung auffindbarer Kapazitätsreserven ; gleichzeitig wurden vermehrte Überstunden geleistet, ausländische Halbfabrikate eingesetzt und Teilfabrikationen ins Ausland verlagert. Dessen ungeachtet weitete sich der Nachfrageüberhang erneut aus. Bis Mitte 1970 nahmen die Auftragsbestände der Industrie vielfach noch zu; sie wurden selbst von den Unternehmern zumeist als unangemessen hoch bezeichnet, während die Fertigwarenlager unzulänglich erschienen. Nach Jahresmitte stabilisierten sich die Bestände und Eingänge der Industrieaufträge auf reichlich hoher Stufe, was weniger einem echten Nachfragerückgang als vielmehr einer teils beabsichtigten Auftragsselektion, teils dem Überdruck immer länger werdender Lieferfristen zuzuschreiben war. Angesichts der flüssigen Verfassung des Geldmarktes bot der ausgesprochene Verkäufermarkt, der faktisch alle Wirtschaftsbereiche kennzeichnete, günstige Voraussetzungen für beschleunigte Preiserhöhungen, die alsbald von den Gütermärkten auf den Arbeitsmarkt übergriffen. Der Nachfrageüberhang mag sich in den ersten Monaten 1971 leicht abgeschwächt und noch etwas mehr auf den Binnenbereich verlagert haben; Ausland- wie Inlandnachfrage hielten aber nach wie vor einen so hohen Stand, dass von einer Abkühlung der überhitzten schweizerischen Wirtschaftskonjunktur bis zum Tage des Aufwertungsentschlusses der Landesregierung wenig zu spüren war.

Im Bereiche des Aussenhandels war im zweiten Halbjahr 1970 eine Wachstumsverlangsamung sowohl für den Export wie für den Import festzustellen. Bei den Ausfuhrwerten verringerte sich der Zuwachs imVergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal von 12,3 Prozent im ersten auf 6,4 Prozent im letzten Vierteljahr 1970; indes trat im ersten Trimester 1971 erneut eine Zunahme um 10,6Prozent gegenüber dem Vorjahr zutage. Dass die jüngste Wachstumsbeschleunigung nicht allein auf Preissteigerungen zurückzuführen ist, lässt sich unschwer aus der Bewegung des wertgewogenen Mengenindexes ablesen : die Indexzahlen zeigen, dass der Zuwachs sich zwar im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal von 7,7 Prozent im ersten auf 4,0 Prozent im letzten Vierteljahr verminderte, im ersten Trimester 1971 jedoch wiederum auf 6,8 Prozent anstieg. Die Einfuhren hatten sich in den Jahren 1969 und besonders 1970
aussergewöhnlich stark erhöht.

Sie dienten vor allem auch dazu, die durch den Nachfrageüberhang auf dem Binnenmarkt hervorgerufene Angebotslücke zu schliessen. In der zweiten Jahreshälfte 1970 begann sich die Importzunahme auf hoher Ebene zu normalisieren, was sich in einer Rückbildung der Zuwachsraten äusserte, die - im Unterschied zum Export - im ersten Quartal 1971 ihren Fortgang nahm. Der internationalen inflatorischen Preisentwicklung und insbesondere den Folgen der D-Mark-Aufwertung vom Herbst 1969 (Deutschland bestreitet fast ein Drittel aller schweizerischen Einfuhren) war es zuzuschreiben, dass die Gütereinfuhr der letzten anderthalb Jahre nicht in der üblichen Weise die Bewegung der inländischen Warenpreise regulieren und dämpfen konnte.

Ungeachtet einer nachhaltigen Zunahme der Bautätigkeit vergrösserte sich der Abstand zwischen den erfassten Bauvorhaben und den ausgeführten Bauten im Jahre 1970 nochmals beträchtlich. Es liegt auf der Hand, dass solche Gleichge-

1123 Wichtsstörungen - vor allem bei regionaler Massierung - dem Kosten- und Preisauftrieb in höchst bedenklichem Umfange Vorschub leisten. So ist der Baukostenindex (Mittelwert aus den Zürcher, Berner und Luzerner Indexberechnungen), der im Laufe der drei Jahre 1966/69 insgesamt um rund 8 ^ Prozent anstieg, allein in der Zeitspanne zwischen dem ersten Quartal 1970 und dem ersten Quartal 1971 - also innert Jahresfrist - um volle zehn Prozent hinaufgeschnellt. Im ganzen Jahr 1970 wurden im Vergleich zum Vorj ahr acht Prozent mehr Wohnungen in Gemeinden über 2000 Einwohnern erstellt ; gleichzeitig nahm die Bautätigkeit im öffentlichen und im industriell-gewerblichen Bereiche merklich zu. Wenn demgegenüber im ersten Vierteljahre 1971 die Zahl der Wohnbaubewilligungen im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent und das Raumvolumen der begutachteten industriell-gewerblichen Neu- und Erweiterungsbau teil um fast 45 Prozent zurückging, so ist hierin zweifellos eine an sich erwünschte Marktentlastung zu erblicken. Eine Entspannung zeichnet sich auch in den soeben veröffentlichten Ergebnissen der Bauerhebung des Delegierten für Konjunkturfragen ab. Wiesen die Bauvorhaben 1970 eine Zunahme von 20 Prozent auf, so wuchsen sie 1971 noch um 13 Prozent an. Bedauerlich wäre einzig eine weitere Rückbildung der Wohnbaubewilligungen. Die Gefahr eines erheblichen Rückganges des Wohnungsbaues erscheint jedoch nicht sehr gross. Die für 1971 gemeldeten Wohnbauvorhaben weisen immerhin eine Zunahme von 10 Prozent auf, was unter Berücksichtigung der Bauteuerung auf ein real etwa gleichbleibendes Volumen schliessen lässt. In dieser Richtung weisen auch der hohe Stand der Baubewilligungen im Jahre 1970 und der zurzeit im Bau befindlichen Wohnungen. Dennoch ist der Entwicklung der Wohnungsproduktion grösste Beachtung zu schenken.

Dieses eher auf Entspannung hindeutende Bild wird jedoch durch die jüngste währungspolitische Entwicklung und die Kreditausweitung in Frage gestellt.

Im arbeitsintensiven Baugewerbe kommt der Entwicklung des Arbeitslohnes besondere Bedeutung zu. Vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit werden die Lohnansatzveränderungen für Industrie- und Bauarbeiter quartalsweise ermittelt. Den vorausgegangenen Lohnbewegungen konjunkturbegünstigter Branchen folgend, erhöhten sich die Lohnsätze im Vergleich mit
den entsprechenden Vorjahresquartalen stärker als in der Industrie. Im letzten Vierteljahr 1970 wiederum war der Lohnanstieg bei den Industriearbeitern etwas grösser ; im ersten Vierteljahr 1971 wiesen die Industriearbeiterlöhne mit einer Zunahme um 9,8 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal einen deutlichen Vorsprung auf.

Vermerkt sei, dass die Lohnsatzveränderungen in der Regel deutlich hinter den effektiven Arbeitsverdiensten, wie sie aus den Oktober-Lohn- und Gehaltserhebungen des BIGA hervorgehen, zurückbleiben. Im Oktober 1970 war für die Gesamtheit der erwachsenen Arbeiter beiderlei Geschlechts eine Lohnzunahme um 10,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr festzustellen, für die Gesamtheit der männlichen und weiblichen Angestellten ein Gehaltszuwachs um 8,0 Prozent.

Unter Berücksichtigung der im Zeitraum Oktober 1969/Oktober 1970 eingetretenen Verteuerung der Lebenshaltung um 4,9 Prozent gemäss Landesindex der

1124 Konsumentenpreise verbleibt den schweizerischen Arbeitnehmern insgesamt eine Steigerung ihres Realeinkommens um 4,4 Prozent.

Die Preisbewegung, die der Konjunkturentwicklung erfahrungsgemäss erst in einem ein- bis zweijährigen Abstand folgt, begann sich besonders seit der Jahresmitte 1970 zu beschleunigen. Im Jahresdurchschnitt 1970 wies der Landesindex der Konsumentenpreise gegenüber dem durchschnittlichen Stand des Vorjahres eine Zunahme von 3,6 Prozent auf (Indexanstieg 1968/69: 2,5%).

Die Beschleunigung des Teuerungstempos während des vergangenen Jahres führte dazu, dass Ende Dezember 1970 die Indexziffer der Konsumentenpreise um 5,4 Prozent höher lag als Ende Dezember 1969. Seither verschärfte sich der Preisauftrieb-verglichenmit dem jeweiligen Stand vor Jahresfrist-von Monat zu Monat: Im Januar 1971 betrug die Jahresteuerung 5,8 Prozent, im Februar 6,2 Prozent, im März 6,7 Prozent und im April 6,9 Prozent. Eine solche Teuerungsrate hat unser Land seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gekannt. Indessen ist aus vorwiegend indextechnischen Gründen für das zweite Halbjahr 1971 eine scheinbare Stabilisierung auf hohem Niveau zu erwarten.

In der Schweiz ist der Konjunkturaufschwung vom Herbst 1969 an in eine Anpassungsinflation ausgemündet. Als Folge musste unsere Teuerungsrate zeitweilig spürbar über der Durchschnittsteuerung der Handelspartner zu liegen kommen. Nun zeigt es sich aber, dass neuerdings eine Anzahl für uns wichtiger Staaten ein ebenso starkes, wenn nicht stärkeres Teuerungstempo auf weist wie wir selbst. Im Mittel der europäischen OECD-Länder übertrafen in den Monaten Februar/März 1971 die Konsumentenpreise ihren Vorjahresstand um fast sechs Prozent, verglichen mit 4,4 Prozent im Februar/März 1970., Bei solchem Umweltsklima ist die Gefahr gross, dass die lästige und schmerzvolle Kur der Anpassungsinflation nur unzulängliche Beruhigungsergebnisse zeitigt. Es ist sogar zu befürchten, dass unsere Wirtschaft von einer Konjunktur- und Preishausse unvermittelt in die nächste rutscht, ohne dass ihr dazwischen eine Phase der Beruhigung, Normalisierung und relativer Stabilität vergönnt wäre.

Dieses nach den neuesten Anhaltspunkten eher zunehmende Risiko musste uns natürlich mehr und mehr beunruhigen. Die höchst unerfreuliche Entwicklung ist in jüngerer Zeit von der monetären Seite
her noch verschärft worden. Einerseits erschienen in den letzten Monaten Anlagen am Euro-Geldmarkt aus Renditeüberlegungen immer weniger attraktiv, andererseits veranlasste die Kreditknappheit mehr und mehr einen Rückgriff auf liquide Auslandanlagen. In der Folge vergrösserten sich dieBuchgelddisponibilitäten der Wirtschaft und die Liquidität der Banken sowie das Kapitalangebot. Gleichzeitig nahm die Kapitalversorgung durch direkte Geldtransaktionen ausserhalb der Banken und des öffentlichen Emissionsmarktes zu. In Anbetracht des grossen Umfanges des internationalen Marktes bei kurz- und langfristigen Geldern, ihrer hohen Mobilität und der weitgehenden Freizügigkeit im zwischenstaatlichen Kapitalverkehr bedurfte es eines geringfügigen Anlasses, um die weitern Zuflüsse auszulösen. Diesen Anlass lieferte die in der Bundesrepublik erneut ausgebrochene Wechselkurs-Diskussion.

Die ohnehin schon gehegten und durch die Diskussion noch genährten Erwartun-

1125 gen Hessen den Dollar-Zustrom rasch anschwellen. Dieser Zustrom ergoss sich auch in unser Land, weil immer weitere Kreise den Schweizerfranken als aufwertungsreif einschätzten. Am5. Mai 1971 allein flössen der Nationalbank innerhalb einer halben Stunde Dollars im Gegenwert von 2,6 Milliarden Franken zu.

3. Konjunkturaussichten nach erfolgter Frankenaufwertung Mit der erfolgten Kursanpassung dürfte weitern spekulativen Erwartungen die Spitze gebrochen sein. Normalerweise sollte als Sofortwirkung der Zustrom auftriebsvirulenter Gelder aus dem Ausland aufhören und sogar ein Rückfluss einsetzen. Eine solche Entwicklung kann aber durch die Unsicherheit behindert werden, die durch das Flottieren des Wechselkurses in der Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden sowie die verschärfte Zweiteilung des Devisenmarktes in Belgien und die sich abzeichnende Beschränkung der Freiheit des Kapitalverkehrs in ändern Ländern entsteht. Erst wenn diese Gelder wieder abfliessen und die Neigung zu ihrer Anlage in der Schweiz nachlässt, kann das wichtigste notenbankpolitische Instrument, nämlich die Kreditzuwachsbegrenzung, wieder die von ihr erwartete Wirkung entfalten. Dabei ist zu beachten, dass die Möglichkeit der Anwendung dieses Instrumentes im Laufe des Jahres 1972 dahinfallen wird. An der Preisfront ist eine Entlastung am ehesten über die währungsseitige Verbilligung der Importe zu erhoffen, soweit diese bis zum Konsumenten weitergegeben werden. Von der Dämpfung der Auslandnachfrage her müsste mit der Zeit eine allgemeine Beruhigung des Wirtschaftsklimas einsetzen, zunächst im Investitionsbereich, dann bei der Einkommensentwicklung und alsdann bei der ohnehin nicht besonders starken Verbrauchsexpansion. Schliesslich dürfte sich mit der bekannten zeitlichen Verzögerung auch eine fortschreitende Eindämmung der Preishausse einstellen ; dies allerdings auch nur dann, wenn wir nicht erneut in den Sog inflationärer Entwicklungen unserer Umwelt geraten.

Die derzeitige währungsbedingte Geld- und Kreditfülle birgt eine gewisse Gefahr in sich, die Investitionstätigkeit, die Flucht in die Sachwerte und damit die zumeist schon intensive Baunachfrage noch zu verstärken. Erfahrungsgemäss ist dieser Sektor für die Binnenwirtschaft von zentraler Bedeutung. Es wäre bedauerlich, wenn durch einen erneuten geldseitigen Auftrieb im Investitionsbereich die mittelfristig zu erwartende Entspannungswirkung der Frankenaufwertung in Frage gestellt würde. Aus konjunkturpolitischen Gründen ist demnach in erster Linie auf dem Baumarkt eine gleichgewichtige und kontinuierliche Entwicklung sicherzustellen. Dabei sollen die Kapazitäten
den wachstumspolitischen und regionalen Erfordernissen entsprechend eingesetzt und möglichst voll ausgelastet werden. Wichtig ist, dass der Ausbau der unentbehrlichen Infrastruktur nicht unnötig verzögert und der Nachholbedarf nicht noch verstärkt wird, da sonst das Risiko einer neuen Nachfragespitze in einem späteren Zeitpunkt entsteht. Zu diesem Zwecke ist es notwendig, dem Bundesrat für beschränkte Zeit und in begrenztem Rahmen die Möglichkeit'zu einer gezielten Beeinflussung der Baunach-

1126 frage zu geben. Es ist aber ausdrücklich festzuhalten, dass diese Kompetenzen durch ein umfassendes konjunkturpolitisches Instrumentarium abgelöst werden sollen.

II. Entwicklung und Lage auf dem Baumarkt Die Bauwirtschaft stellt die öffentliche und private Infrastruktur im weitesten Sinne bereit und spielt somit im wachstumspolitisch zentralen Investitionsbereich eine entscheidende Rolle.

Die Entwicklung der Bautätigkeit der letzten Jahre zeigt, dass zwischen 1965 und 1968 die nominellen Werte praktisch stagnierten und erst in den Jahren 1969 und 1970 wiederum spürbar anstiegen. Unter Berücksichtigung der Teuerung mussten gar zwischen 1965 und 1968 gesamthaft und besonders regional Umsatzmassige Rückschläge in Kauf genommen werden. Die nominelle Zuwachsrate von 1968 auf 1969 betrug rund 11 Prozent und diejenige von 1969 auf 1970 rund 16 Prozent. Zieht man davon die Teuerung ab, so bewegte sich das reale Wachstum des Bauvolumens in einer ähnlichen Grössenordnung wie die Zunahme des realen Bruttosozialproduktes. In der Periode zwischen 1965 und 1968 hingegen hatten die Bauinvestitionen im Verhältnis zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung unterdurchschnittlich zugenommen.

Gesamthaft gesehen beliefen sich die Bauinvestitionen in den letzten Jahren ungefähr auf 16-18 Prozent des Bruttosozialproduktes. Dieser hohe Anteil belegt die binnenwirtschaftliche Schlüsselstellung der Bauwirtschaft. Der Anteil der öffentlichen Hand an der Bautätigkeit erreichte 1970 nicht ganz 37 Prozent. Als Anhaltspunkt für dieEntwickliingderBaunachfrage gelten die jeweils gemeldeten Bauvorhaben. Im Jahre 1970 übertrafen sie das Bauvolumen des Vorjahres um 31 Prozent und 1971 noch um 27 Prozent. Die für 1970 festgestellte Zunahme der Bauvorhaben von rund 20 Prozent ging für 1971 auf rund 13 Prozent zurück.

Die bei annähernd gleichbleibender Beschäftigtenzahl im Baugewerbe erzielte Leistungssteigerung deutet auf eine beachtenswerte Produktivitätszunahme hin. Vergleiche mit der ausländischen Bauwirtschaft bestätigen, dass die Projektierung und Ausführung von Bauten in der Schweiz bezüglich Qualität und Produktivität ein sehr hohes Niveau erreichen. Insgesamt hat in der Bauwirtschaft die Kapitalintensität und Spezialisierung in den letzten Jahren beträchtlich zugenommen. Deshalb können die vorhandenen Kapazitäten
technisch und räumlich nur begrenzt verschoben werden. In der Regel ist auch der Bauprozess, angefangen von der Planung über das Bewilligungsverfahren, die Projektierung und Submission bis zur Ausführung, sehr zeitraubend. Rückstände in einer dieser Phasen sind kaum mehr aufzuholen.

Nach wie vor ist derLohnanteil an den gesamten Baukosten besonders im Wohnungsbau verhältnismässig hoch, so dass sich Lohnerhöhungen jeweils direkt und besonders stark auf die Produktionskosten auswirken. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass die Lohnentwicklung in weiten Kreisen der Bauwirtschaft

1127 nicht nur vom schweizerischen Arbeitsmarkt abhängig ist. Insbesondere im Hinblick auf die Attraktivität für die an sich mobilen ausländischen Saisonniers ist weitgehend auch die Entwicklung in Italien und Deutschland bedeutsam.

Die Organisationen der Bauwirtschaf t haben in denletzten Jahren eineerfreuliche Weitsicht und Aufgeschlossenheit gezeigt. Durch Liberalisierungsmassnahmen auf dem Wettbewerbsgebiet, durch Schaffung von Informationsunterlagen sowie durch verständnisvolle Zusammenarbeit in vielen Belangen (Ausbildungswesen, Submissionsverordnungen, Normen usw.) konnte eine Vertrauensbasis zwischen Behörden und Verbandsinstanzen geschaffen werden. Um eine gleichmassige, dem Wachstum der Wirtschaft angepasste Entwicklung der öffentlichen Baunachfrage zu erreichen, gelangten die Kreise des engeren Baugewerbes im August 1969 mit einer entsprechenden Eingabe an den Bundesrat. Darin wurde postuliert, es sollten unter Führung des Bundes regelmässig Koordinationsgespräche zwischen den öffentlichen Bauträgern und den bauwirtschaftlichen Kreisen stattfinden, um so eine zeitlich gleichmässigere Verteilung ihrer Bauvorhaben zu erreichen. Der Bundesrat ist willens, dem Begehren zu entsprechen und hat bereits vorbereitende Massnahmen in die Wege geleitet.

III. Grundzüge des Bundesbeschlusses Für die Erreichung des angestrebten Zieles, das heisst für die zeitliche Staffelung von Bauvorhaben nach Dringlichkeit in Regionen mit überforderter Bauwirtschaft, kommen im wesentlichen zwei Instrumente in Frage, nämlich eine Bewilligungspflicht oder eine Ausführungssperre sowie eine Kombination der beiden. Beim dringlichen Baubeschluss von 1964 bediente man sich instrumental wohl der Kombination, suchte aber das Ziel der Nachfragedämpfung schwergewichtig über die Bewilligungspflicht zu erreichen. Diese hätte bis zu drei Jahren in Kraft bleiben können, während das Bauverbot auf ein Jahr befristet war.

Als 1964 der industriell-gewerbliche sowie der öffentliche Bau - mit Ausnahme einiger weniger freigestellter oder verbotener Baukategorien - der Bewilligungspflicht unterstellt wurden, musste der Vollzug aus staatspolitischen, noch zwingender aber aus technisch-administrativen Gründen den Kantonen überlassen werden. Um zu verhindern, dass durch Unterschiede in der Bewilligungspraxis einzelne Kantone auf Kosten der ändern ihren Anteil an der gesamten Bautätigkeit erhöhten, wurde das Bauvolumen nicht nur gesamtschweizerisch, sondern auch kantonal auf Grund der Anteile früherer Jahre begrenzt.

In der Folge zeigte sich mit aller Deutlichkeit, dass die Kantone bei der Handhabung der Bewilligungspflicht in vielen Fällen überfordert wurden oder gegen ihre eigenen Interessen handeln mussten.

Verschiedenen Kantonen fiel es auf Grund ihrer vorrangigen wirtschaftlichen Entwicklungsziele äusserst schwer, eigene, besonders aber interessante industrielle oder gewerbliche Projekte zurückzustellen. Die Unterschiede in der Wirtschaftsstruktur und in den Zielvorstellungen zwischen den einzelnen Kanto-

1128 nen sowie die Befürchtung, andere Kantone könnten die Bewilligungspflicht weniger streng handhaben, führten zu einer oft recht unterschiedlichen Praxis und zu einer rechtsungleichen Behandlung an sich gleicher Bauprojekte. So wurde die angestrebte Dämpfungswirkung nur teilweise und bei nicht durchwegs gleicher Lastenverteilung erreicht.

Mit dem vorliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Zurückstellung von Bauvorhaben soll nun eindeutig von dieser Konzeption abgewichen werden. Es wird sowohl auf das Instrument einer umfassenden Bewilligungspflicht als auch auf jenes der generellen Sperre verzichtet. Es wird auf Grund statistischer Unterlagen und zahlreicher Lageberichte davon ausgegangen, dass die Anspannung am Baumarkt regional unterschiedlich ist und dementsprechend die Stabilisierungsmassnahmen regional zu begrenzen sind. Verschiedene statistische Indikatoren wie die Bauvorhaben, die Bauausschreibungen und die von den Fabrikinspektoren begutachteten industriell-gewerblichen Bauprojekte lassen tendenziell eher auf eine Entspannung schliessen.

Mit dem durch die jüngste Währungskrise verursachten Mittelzustrom ist jedoch die Gefahr der kreditseitigen Auf blähung der Investitions-und Baunachfrage wiederum angestiegen. Inwieweit allerdings die zugesprochenen Kredite zu einer effektiven Vermehrung der Bauvorhaben und zu regionalen Überforderungen führen, ist noch nicht absehbar. Folglich müssen zunächst im vorliegenden Bundesbeschluss die Voraussetzungen geschaffen werden, damit allfällige regionale Überforderungen der Bauwirtschaft überhaupt erst erkannt und auf ihr Ausmass hin beurteilt werden können. Dies geschieht durch die Statuierung einer Meldepflicht. Für den Fall, dass sich der Baumarkt einer Region als überfordert erweist, wird dem Bundesrat die Kompetenz zugestanden, den Abbruch von Wohn- und Geschäftshäusern zu verbieten und wenn nötig die Ausführung bestimmter Baukategorien von geringerer Dringlichkeit zeitweise generell zu sperren.

Wie schon 1964 ist auch im vorliegenden Beschluss für Regionen mit überfordertem Baumarkt ein Abbruchverbot für Wohn- und Geschäftshäuser vorgesehen. Damit soll bestehender Wohn- und Geschäftsraum, der zumeist preisgünstig ist, erhalten, vor allem aber sollen die für den Abbruch benötigten Kapazitäten vordringlicheren Bauvorhaben reserviert
werden. Das Abbruchverbot ist als erste Entlastungsmassnahme gedacht und kann - wenn es die Marktlage erfordert - durch eine Ausführungssperre in der Wirkung verstärkt werden.

Auf Bauvorhaben besonderer Dringlichkeit, wie beispielsweise für den preisgünstigen Wohnungsbau, für Gesundheit und Fürsorge, Umweltschutz sowie Erziehung und Bildung, ist die Sperre nicht anwendbar. Um aber auch im Rahmen einer regional verhängten Ausführungssperre flexibel zu bleiben und die Möglichkeit zur Anpassung an veränderte Marktsituationen offen zu halten, kann die Sperre insgesamt oder für einzelne Baukategorien jederzeit aufgehoben werden.

Eine derartige Flexibilität ist notwendig, um eine möglichst volle Ausnützung der vorhandenen Baukapazitäten zu erreichen. Im Sinne einer individuellen Härteklausel schliesslich, können einzelne Bauvorhaben bei Nachweis eines zwingenden Bedarfes und voller Ausführungsreife von der Sperre befreit werden.

1129 Durch die Beschränkung der Kompetenz zum Erlass einer Ausführungssperre auf einzelne Regionen mit überfordertem Baumarkt ist es überhaupt erst möglich geworden, die Kompetenz zur Erteilung von Ausnahmebewilligungen dem Bund zu überbinden. Neben diesen bedeutenden administrativen Vereinfachungen hat dieser Weg den Vorteil, dass er eine gleichmässigere Verteilung der Opfer gewährleistet und die Gefahr rechtsungleicher Behandlung wesentlich verringert. Weil jedoch im neuen Konzept im Gegensatz zum früheren Baubeschluss die Durchführung schwergewichtig dem Bunde obliegt, ist ein spezieller Beauftragter des Bundesrates zu ernennen. Diesem ist ein Mitarbeiterstab zur Verfügung zu stellen; er hat Sachverständige, insbesondere aus Behörde- und Wirtschaftskreisen der betroffenen Kantone, beizuziehen.

Da eine Ausführungssperre nur im Falle eines regional stark überforderten Baumarktes erlassen werden darf, kann die Liste der sperrbaren Baukategorien von geringerer Dringlichkeit nicht zu eng gehalten werden, weil sonst keine ausreichende Entspannungswirkung erzielbar wäre. Deshalb müssen sowohl öffentliche wie private Baukategorien miteinbezogen werden.

Die bisherigen Bemühungen zur Eindämmung des öffentlichen Baus, die sich vornehmlich auf Bauvorhaben des Bundes und der von ihm mitfinanzierten Projekte beschränkten, liessen deutlich zutage treten, wie einseitig und schwach die dadurch erreichte Wirkung ist. Das ist auch weiter nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass der Anteil des öffentlichen am gesamtschweizerischen Bauvolumen nur knapp 37 Prozent und jener des Bundes bloss 5 Prozent betragt. Auch wäre es aus Wachstums- und strukturpolitischen Gründen unverantwortlich, dringende Aufgaben des Bundes oder der Kantone im Bereiche der Infrastruktur zurückzustellen, derweil der stärker expandierende, nicht durchwegs vordringliche private Bau überhaupt nicht erfasst würde. Es hat sich jedoch schon beim Erlass des Bundesbeschlusses von 1964 als unmöglich erwiesen, betriebliche Bauten einer Sperre zu unterstellen, da deren Dringlichkeit nur fallweise beurteilt werden kann. Deshalb sind auch diesmal nur die Verwaltungsgebäude einbezogen worden. Bei den Betriebsinvestitionen kann jedoch von der Aufwertung her mit der Zeit eine nachfragedämpfende Wirkung erwartet werden.

Da sich die Liste der im
Bundesbeschluss von 1964 verbotenen Baukategorien in der damaligen Praxis als rechtlich klai und sachlich durchsetzbar erwiesen hat, ist sie im vorliegenden Beschluss nur mit geringfügigen Änderungen in die Kategorie der Bauvorhaben aufgenommen worden, die im Falle regionaler Überforderung zeitweise gesperrt werden können. Um jedoch innert nützlicher Frist eine ausreichende Entlastungswirkung zu erzielen, muss der Katalog an sperrbaren Baukategorien nunmehr noch etwas erweitert werden.

Die untere wertmässige generelle und kategorienweise Freigrenze für die Unterstellung unter den vorliegenden Beschluss ist wesentlich höher angesetzt als im Baubeschluss 1964. Damit wird nicht nur der seither eingetretenen Bauteuerung Rechnung getragen. Die Limiten sind weit höher angesetzt worden, zum einen, um Bauten einfacherer Ausführung und bescheidener Ansprüche zum vorneherein auszunehmen, zum ändern, um den Kontroll- und Begutachtungsaufwand zu verringern. Schon beim seinerzeitigen rigorosen Baubeschluss, aber

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auch beim vorliegenden, wesentlich flexibleren Beschluss stellte sich die Frage, ob mit der Sperre nicht bloss Nachfrage aufgestaut werde, die unter Umständen wegen der Befristung des Beschlusses in einem konjunkturell noch ungünstigeren Zeitpunkt zur Realisierung freigegeben werden müsste. Diese Möglichkeit ist in der Tat nicht zum vorneherein auszuschliessen. Wir können jedoch erwarten, dass mit der Zeit infolge der Aufwertung ein Teil der zugeschwemmten Gelder wieder abfliesst und daher von der Kreditseite her eine allmähliche Beruhigung eintreten wird, dass ferner die Dämpfung der Auslandnachfrage sich in einigen Monaten auch auf dem Investitionsmarkt nachfrageentlastend auswirkt und dass die angekündigten weitern flankierenden Massnahmen mit zur Entspannung beitragen. Sollte dies nicht der Fall sein, so wird ohnehin das konjunkturpolitische Abwehrkonzept von Grund auf überprüft werden müssen.

IV. Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln 1. Abbruchverbot und Aufschub von Bauarbeiten Artikel l umschreibt den Zweck dieses Beschlusses. Wie wir bereits weiter vorne dargelegt haben, weisen die vorhandenen Statistiken eindeutig darauf hin, dass die an das Baugewerbe gestellten Anforderungen regional unterschiedlich sind. Diese aus den Erhebungsunterlagen gewonnene Feststellung wird von den verschiedenen bauvergebenden Bundesstellen bestätigt. So übersteigt in gewissen Gebieten (namentlich in den Agglomerationen Zürich, Basel und Genf) die Baunachfrage das baugewerbliche Leistungsvermögen ganz erheblich, während in den ändern Regionen ein ungefähres Gleichgewicht oder in Einzelfällen gar eine leichte Unterauslastung der Baukapazitäten festzustellen ist.

Dieser differenzierten Ausgangslage wurde im vorliegenden Beschluss Rechnung getragen. Der Bund soll ein Abbruchverbot und eine befristete Ausführungssperre für Bauvorhaben von gesamtwirtschaftlich geringerer Dringlichkeit nur in Regionen mit überforderter Baukapazität erlassen können, in Regionen also, in denen die Baunachfrage das Leistungsvermögen der Bauwirtschaft erheblich übersteigt.

Was den zeitlichen Einsatz dieser beiden Instrumente betrifft, so dürfte in der Regel vorerst ein Abbruchverbot erlassen werden. Reicht die davon ausgehende Nachfrageentlastung nicht aus, kann entweder für einzelne oder alle der in Artikel 4 genannten Baukategorien eine Ausführungssperre verhängt werden.

Nachdem die zuständigen Behörden von Kantonen und Gemeinden und die interessierten Wirtschaftskreise oftmals am besten in der Lage sind, die Situation auf den einzelnen regionalen Baumärkten zu beurteilen, ist das Stabilisierungsziel in engster Zusammenarbeit mit diesen anzustreben.

1131 Nach Artikel 2 ist in Regionen mit überforderter Baukapazität der Abbruch von Wohn- und Geschäftshäusern untersagt. Wir sind uns bewusst, dass ein solches Abbruchverbot einen schwerwiegenden Eingriff in das Privateigentum darstellt. Wenn wir uns trotzdem dazu entschlossen haben, so aus folgenden Gründen : Einmal kann über das Abbruchverbot eine gewisse Entlastung des Baumarktes erreicht werden. In einer Zeit, da die personellen und technischen Kapazitäten kaum ausreichen, um alle als dringlich erachteten Bauprojekte auszuführen, scheint der Verzicht auf den Abbruch noch nutzbaren Raumes zumutbar zu sein. Der Aufschub ist aber auch im Interesse der Erhaltung mietzinsgünstiger Wohnungen zu verantworten.

Artikel 3 nennt die Ausnahmen vom Abbruchverbot. Im Sinne einer flexiblen Handhabung dieses Instrumentes wird in Absatz 2 ausdrücklich vorgesehen, dass bei Nachweis besonderer Umstände und zwingender Gründe eine Abbruchbewilligung erteilt werden kann.

In Artikel 4 werden die Baukategorien, die einer regionalen Ausführungssperre unterstellt werden können, abschliessend aufgezählt. Bei der Aufstellung dieser Liste haben wir uns weitgehend an jene des dringlichen Bundesbeschlusses von 1964 und an die im Rundschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen vom 21. April 1971 empfohlenen Prioritätskriterien angelehnt. Bei der Unterstellung von Baukategorien unter die Sperre haben wir uns Zurückhaltung auferlegt, da ein Ausführungsverbot von auch nur kurzer Dauer einen einschneidenden und schematischen Eingriff darstellt. Gewichtige individuelle, unternehmerische oder öffentliche Interessen können empfindlich tangiert werden. Andererseits konnte die Sperrliste auch nicht zu eng angelegt werden, da sonst ein vom angestrebten Ziel her gesehen ungenügendes Nachfragevolumen erfasst würde.

Wir sind uns bewusst, dass bei den der Sperre unterliegenden Bauvorhaben der Grad der Beeinträchtigung privater oder öffentlicher Interessen noch recht unterschiedlich sein kann. Im Lichte der mit dem dringlichen Bundesbeschluss von 1964 gemachten Erfahrungen und der generell oder in Härtefällen vorgesehenen Ausnahmen scheint jedoch eine relativ kurzfristige Verschiebung für keine der aufgezählten Kategorien völlig untragbar zu sein. Soweit sich auch Wohnbauten darunter befinden, wurden die Kubatur- und Wertgrenzen
so festgelegt, dass lediglich luxuriöse Projekte von der Sperre erfasst werden.

Je nach dem Grad der Überforderung des Baugewerbes in der betreffenden Region, kann die Sperre entweder für alle oder nur für einzelne Baukategorien erlassen werden. Dabei entspricht die Reihenfolge der in der Sperrliste aufgezählten Baukategorien keiner Rangfolge.

Die Sperre betrifft nicht die mit der Ausführung einer Bauarbeit beauftragte Bauunternehmung, sondern den Bauherrn. Ihm ist es untersagt, während der Sperrzeit die betreffenden Bauarbeiten ausführen zu lassen.

1132 Artikel 5 hält fest, dass vom Ausführungsverbot diejenigen Bauobjekte der Sperrliste ausgenommen sind, die in baulicher Hinsicht integrierender Bestandteil von als besonders dringlich erachteter Baukategorien sind. So würden, um ein Beispiel zu erwähnen, eine Turnhalle und ein Lernschwimmbekken, die Bestandteil einer Schulanlage sind, nicht unter die Sperre fallen.

Gemäss Absatz 3 ist zudem in Härtefallen eine Ausnahmebewilligung zu erteilen. Voraussetzung dazu ist, dass ein zwingender Bedarf nachgewiesen werden kann und die Baute voll ausführungsreif ist. Mit dem Formerfordernis der vollen Ausführungsreife soll verhindert werden, dass für Bauvorhaben, die noch nicht restlos ausgereift sind, um eine Ausnahmebewilligung nachgesucht wird. Diese Forderung entspricht nicht zuletzt auch einem Anliegen der Bauwirtschaft, wonach die Ausschreibung und der Baubeginn erst erfolgen sollen, wenn die Planbearbeitung soweit gediehen ist, dass eine optimale Arbeitsvorbereitung und eine zweckmässige Ausführung sichergestellt sind. Nur so ist es möglich, alle Rationalisierungsmöglichkeiten im Bereiche der Arbeitsvorbereitung und -durchführung voll auszuschöpfen. Rationeller bauen heisst Erhöhung der Produktivität und damit der Kapazität der Bauwirtschaft und ermöglicht gleichzeitig ein kostengünstiges Bauen.

In Artikel 6 wird bestimmt, dass auch die Ausführung kombinierter Bauten dann gesperrt ist, wenn der Anteil der in Artikel 4 erwähnten Baukategorien mehr als ein Drittel der ganzen kombinierten Baute beträgt. Damit soll die Umgehung der Sperre weitgehend verunmöglicht werden.

Artikel 7 regelt die Zuständigkeit. Nachdem die Bezeichnung der Regionen mit überforderter Baukapazität ein eminent politischer Akt ist, soll dazu der Bundesrat zuständig sein. Im übrigen ist in gleicher Weise wie beim dringlichen Bundesbeschluss von 1964 ein besonderer Beauftragter des Bundesrates für die Durchführung dieses Beschlusses zu ernennen. Dieser ist zuständig für die Bestimmung derjenigen Baukategorien, die unter das Abbruchverbot sowie die Ausführungssperre fallen, ferner für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen. Ihm ist ein aus der Verwaltung zu rekrutierender Mitarbeiterstab zur Verfügung zu stellen. Bei der Ausführung seines Auftrages hat er eng mit den Behörden und der Wirtschaft zusammenzuarbeiten.
2. Auskunftspflicht Nach Artikel 8 kann der Bundesrat sowohl die Nachfrager wie die Anbieter von Bauleistungen zur Erstattung zweckdienlicher Angaben verpflichten.

Dabei wird die Auskunftspflicht ausdrücklich auf die zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen Meldungen beschränkt. In Frage kommen insbesondere Daten über die effektiv zur Durchführung vorgesehenen Bauvorhaben, über Grosse und Auslastungsgrad der personellen und technischen Kapazitäten sowie über den Auftragsbestand. Teilweise kann auf bereits bestehende private und öffentliche Erhebungen zurückgegriffen werden. Diese sind im übrigen nur erforderlich für Regionen mit überforderter Baukapazität.

1133

3. Strafen und Verwalrungsmassnahmen Die Artikel 9-13 befassen sich mit den Straf bestimmungen und Verwaltungsmassnahmen. Wir halten es für richtig, dass angesichts der Bedeutung der in Frage stehenden Widerhandlungen in Artikel 9 das Bussenmaximum bei vorsätzlicher Tat auf 100000 Fr. und bei fahrlässiger auf 50000 Fr. festgesetzt wird. Artikel 10 betrifft die Widerhandlungen im Interesse eines Dritten und in Geschäftsbetrieben. Die beantragte Fassung entspricht grundsätzlich derjenigen, die der Ständerat in der Frühjahrssession 1971 bei der Behandlung des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (Gewässerschutzgesetz) beschlossen hat. Die Artikel 11 und 12 geben zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass.

Artikel 13. Damit die Abbruch- und Bausperre voll wirksam wird, ist es von grosser Bedeutung, dass widerrechtlich begonnene oder weitergeführte Bauarbeiten eingestellt werden können.

4. Vollzugs- und Übergangsbestimmungen Der den Vollzug regelnde Artikel 14 gibt zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass.

In Artikel 15 ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Ausführungs- und Abbruchssperre geregelt.

In dieser Frage stehen sich die Interessen der Bauherren und das Erfordernis einer wirksamen Nachfragezurückdämmung entgegen. Um den Bauherren gerecht zu werden, müssten Bauten, die im Moment des Inkrafttretens des Beschlusses baupolizeilich bewilligt worden sind, die also ausführungsreif sind, von der Sperre ausgenommen werden. Mit einer solchen Regelung würde indes mit dem vorliegenden Bundesbeschluss kurzfristig nur eine geringe Wirkung erzielt. In angemessener Rücksichtnahme auf die Interessen des Bauherrn und die angestrebte Wirkung ist entschieden worden, lediglich die beim Inkrafttreten des Beschlusses bereits in Ausführung begriffenen Bauarbeiten von der Abbruch- bzw. Ausführungssperre auszunehmen.

Die Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, wann ein Bauvorhaben oder ein Abbruch «in Ausführung begriffen» ist, sind in der Ausführungsverordnung zu umschreiben. Dabei denken wir an eine ähnliche Formulierung wie in der seinerzeitigen Vollzugsverordnung zum Baubeschluss aus dem Jahre 1964.

Nach Artikel 16 soll der Beschluss während dreier Jahre Geltung haben.

Indes ist der Bundesrat befugt, ihn vor Ablauf dieser Frist ausser Kraft zu setzen. Dabei wird zu bedenken sein, dass sich das Abbruchverbot und die Ausführungssperre erst nach einer gewissen Anlaufzeit im Sinne einer Zurückdämmung der Baunachfrage auswirken können. Der Bundesrat ist jedoch fest entschlossen, die mit diesem Beschluss vorgeschlagenen Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit nur so lange bestehen zu lassen, als dies vom übergeordneten konjunkturellen Stabilisierungsziel her unbedingt erforderlich ist.

Bundesblau. 123. Jahrg. Bd.I

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V. Zur Frage der Verfassungsmässigkeit des Beschlusses und seiner Dringlicherklärung Wie Sie aus Artikel 16 des Entwurfes zu einem Bundesbeschluss über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes ersehen, beantragen wir Ihnen, für den Erlass dieses Beschlusses das in Artikel 89tols Absatz 3 BV vorgesehene Verfahren einzuschlagen.

Wie in der Botschaft zu den beiden dringlichen Bundesbeschlüssen aus dem Jahre 1964 (BB11964 I 181) dargelegt wurde, haben wir damals einlässlich geprüft, ob für diese eine verfas'sungsmässige Grundlage bestehe oder nicht. Dabei zeigte sich, dass der auf den ersten Blick naheliegende Artikel 31
Die Einräumung der vorgeschlagenen Kompetenzen, regional ein Abbruchverbot und eine befristete Ausführungssperre für wenig dringliche Bauvorhaben zu erlassen, erträgt keinen Aufschub. Die im Gefolge der Währungskrise unserem Lande zugeflossenen Mittel haben zu einer kräftigen Liquiditätserhöhung geführt, welche die ohnehin angespannte Lage auf dem Baumarkt noch zu verscharfen droht. Die von der Aufwertung zu erwartende Nachfragedämpfung im Bereiche der Aussenwirtschaft vermag sich daher nur dann beruhigend auf das inländische Preisniveau auszuwirken, wenn sie von flankierenden Massnahmen mit sofortiger, gezielter Wirkung unterstützt wird. Die Voraussetzungen zur Dringlicherklärung sind somit erfüllt.

Schliesslich sei noch festgehalten, dass das vorgeschlagene Verfahren gemäss Artikel 89bla Absatz 3 BV dazu führt, dass der Beschluss vor Ablauf eines Jahres nach seiner Annahme durch die Bundesversammlung der Abstimmung von Volk und Ständen zu unterbreiten ist. Vorbehalten bleibt die vorzeitige Aufhebung des Beschlusses gemäss Artikel 16 Absatz 1.

VI. Schlussbemerkungen Unter dem Druck der krisenhaften Währungsentwicklung wurde am 9. Mai 1971 der während 35 Jahren unverändert gebliebene Wechselkurs des Schweizerfrankens um 7 Prozent heraufgesetzt. Unsere Währung ist schon seit Jahren unterbewertet gewesen. Die Gefahr des Inflationsimportes durch übermässige Kapitalzuströme aus dem Ausland und durch steigende Importpreise verschärfte sich in jüngster Zeit bedenklich. Es musste
ihr durch eine Massnahme der aussenwirtschaftlichen Absicherung begegnet werden. In Anbetracht des Gewichtes und der Mannigfaltigkeit unserer Aussenbeziehungen konnte weder eine Devisenbewirtschaftung noch die Freigabe des Wechselkurses in Frage kommen. Die Aufwertung erwies sich als das unserer Situation angemessene Mittel.

Sie vermag jedoch die konjunkturelle Anspannung unserer Wirtschaft erst nach und nach zu lockern. In Sektoren mit besonderer Bedeutung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, wie beispielsweise die öffentlichen Haushalte

1135 und der Baumarkt, wirkt sie sich entweder reichlich spät oder zu schwach aus.

Deshalb sind gezielte zusätzliche Massnahmen zur Konjunkturstabilisierung notwendig. Die vorgesehene Zurückhaltung bei den Bauvorhaben allein genügt aber nicht. Sie muss durch ein konjunkturgerechtes Verhalten der öffentlichen Hand, durch Zurückhaltung auf dem Lohn- und Preissektor sowie beim privaten Konsum ergänzt werden.

Allerdings lässt sich die in vollem Gange befindliche Anpassungsinflation, die sich nun in aller Schärfe in den Konsumgüterpreisen niederschlägt, kaum mehr beeinflussen. Viel mehr geht es kurzfristig darum, zu verhindern, dass in ohnehin besonders exponierten Bereichen unserer Wirtschaft nicht noch zusätzliche Teuerungswellen ausgelöst werden.

Nach den Notrechtsmassnahmen von 1964 glaubten wir, künftig auf Dringlichkeitsbeschlüsse dieser Art verzichten zu können. Wir hofften damals, in schrittweiser Verwirklichung des Anschlussprogrammes das für eine wirkungsvolle Stabilisierungspolitik erforderliche Instrumentarium zu schaffen.

Da wir mit unseren bisherigen Vorlagen in zentralen Punkten nicht durchgekommen sind, verfügen wir nach wie vor nur über unzulängliche Möglichkeiten zur allgemeinen oder gezielten Konjunktur- und Preisstabilisierung. Deshalb konnte sich die Konjunktur erneut - und diesmal noch stärker - erhitzen, konnte die Teuerung das derzeitige beklemmende Ausmass annehmen.

In dieser ausgesprochenen konjunkturellen Notlage sehen wir uns gezwungen, erneut zu einem dringlichen Bundesbeschluss Zuflucht zu nehmen, um einer Überforderung der Bauwirtschaft in exponierten Regionen begegnen zu können. Die vorgeschlagene Regelung ist sehr flexibel konzipiert, damit der Bundesrat veränderten Verhältnissen rasch und in vollem Umfange Rechnung tragen kann.

Sofern sich der vorliegende Beschluss bewährt, sehen wir vor, die Koordinierungsbemühungen zwischen öffentlichen und privaten Bauträgern und den bauwirtschaftlichen Kreisen zu institutionalisieren. Da das ordentliche Recht hierzu nicht ausreicht, wird der in Vorbereitung befindliche konjunkturpolitische Verfassungsartikel entsprechend auszugestalten sein.

Gestützt auf diese Darlegungen beantragen wir Ihnen die Annahme des Entwurfes zu einem dringlichen Bundesbeschluss über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes.

Genehmigen Sie,
Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 26. Mai 1971 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Gnägi Der Bundeskanzler : Huber

1136

(Entwurf)

Bundesbeschluss über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 26, Mai 1971*>, beschliesst: I. Abbruchverbot und Aufschub von Bauvorhaben

Art. l Grundsatz 1

Der Bund strebt in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden sowie den interessierten Wirtschaftskreisen eine Stabilisierung des Baumarktes an.

2 Zu diesem Zwecke kann er in Regionen mit überforderter Baukapazität ein Abbruchverbot erlassen und Bauvorhaben geringerer Dringlichkeit einer befristeten Ausführungssperre unterstellen.

Art. 2 Abbruchverbot In Regionen mit überforderter Baukapazität ist es untersagt, Wohn- und Geschäftshäuser abbrechen zu lassen.

Art. 3 Ausnahmen vom Abbruchverbot 1

Vom Abbruchverbot ausgenommen sind jene Fälle, in denen a. ein Abbruch aus gesundheits- oder sicherheitspolizeilichen Gründen verfügt wird; b. der Abbruch eines Geschäftshauses der Erstellung von preisgünstigen Wohnungen dient; !> BEI 19711 1120

1137 c. ohne Abbruch die Sanierung eines Wohngebietes verunmöglicht würde.

2 Bei Nachweis von besondern Umständen und zwingenden Gründen können Ausnahmebewilligungen erteilt werden.

Art. 4 A usführungssperre

In Regionen mit überforderter Baukapazität können die nachstehend genannten Baukategorien einer Ausführungssperre unterstellt werden: a. öffentliche und private Verwaltungsgebäude; b. Sportanlagen (Schwimmbäder, Turnhallen, Eisbahnen, Sportplätze und dergleichen); c. Kinos, Saalbauten, Dancings und andere Vergnügungslokale; d. Museen, Ausstellungshallen und Kongresshäuser ; e. Einfamilienhäuser mit mehr als 1500 m 3 umbauten Raumes oder über 450 000 Franken Erstellungskosten; /. Ferien- und Weekendhäuser mit mehr als 1000 m 3 umbauten Raumes oder über 300 000 Franken Erstellungskosten; g. Appartementhäuser für den Luxusbedarf; h. Tankstellen und Servicestationen; i. Hotels und Restaurants mit mehr als l 000 000 Franken Erstellungskosten; k. Einkaufszentren, Verbrauchermärkte und selbständige Ladengruppen mit mehr als l 000 000 Franken Erstellungskosten; /. Militärbauten; m. Bauten des Zivilschutzes; n. land- und forstwirtschaftliche Forschungs- und Versuchsanstalten; o. kirchliche Bauten mit mehr als l 000 000 Franken Erstellungskosten; p. Zollbauten.

Art. 5 Ausnahmen von der Ausführungssperre 1

Von der Ausführungssperre ausgenommen sind die in Artikel 4 aufgezählten Bauvorhaben, sofern sie integrierender Bestandteil der nachstehend genannten Baukategorien sind: a.

b.

c.

d.

preisgünstiger Wohnungsbau; Gesundheit und Fürsorge; Umweltschutz; Erziehung und Bildung.

1138 2

Die Ausführungssperre ist ferner nicht anwendbar auf Bauarbeiten zur Behebung von Schäden infolge höherer Gewalt sowie auf Bauvorhaben, deren Erstellungskosten weniger als 300 000 Franken betragen.

3 Zudem ist in Einzelfällen eine Ausnahmebewilligung zu erteilen, wenn ein zwingender Bedarf und die volle Ausführungsreife nachgewiesen werden können.

Art. 6 Kombinierte Bauten Unter die Ausführungssperre fallen auch kombinierte Bauten, sofern volumen- und kostenmässig der Anteil der in Artikel 4 erwähnten Baukategorien mehr als ein Drittel der ganzen kombinierten Baute beträgt.

Art. 7

Zuständigkeit 1

Der Bundesrat bezeichnet die Regionen mit überforderter Baukapazi-

tät.

2

Für den Vollzug ist ein von ihm zu ernennender Beauftragter zuständig.

Der Beauftragte arbeitet mit den Kantonen zusammen und zieht Sachverständige aus der Wirtschaft bei.

3

II. Auskunftspflicht

Art. 8 Der Bundesrat kann Behörden, Bauträger und Unternehmungen der Bauwirtschaft verpflichten, die im Rahmen dieses Beschlusses erforderlichen Angaben zu machen.

111. Strafen und Verwaltungsmassnahmen Art. 9

Widerhandlungen gegen den Beschluss 1

Wer als Eigentümer eines Wohn- oder Geschäftshauses dieses unbefugt abbrechen lässt, wer als Bauherr unbefugt Bauarbeiten, die unter eine Ausführungssperre nach Massgabe dieses Beschlusses fallen, beginnen oder weiterführen lässt, wer, um eine Ausnahmebewilligung für sich oder einen ändern zu erlangen, unrichtige oder unvollständige Angaben macht,

1139 wer der Auskunftspflicht nicht nachkommt, wird, wenn er vorsätzlich handelt, mit Haft oder Busse bis zu 100000 Franken bestraft. Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

2 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 50 000 Franken.

3 Der Bundesrat kann Widerhandlungen gegen die Ausführungsvorschriften mit den gleichen Strafen bedrohen.

Art. 10

Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben, durch Beauftragte und dergleichen 1

Wird eine Widerhandlung beim Besorgen der Angelegenheiten einer juristischen Person, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder Einzelfirma oder sonst in Ausübung geschäftlicher oder dienstlicher Verrichtungen für einen ändern begangen, so finden die Strafbestimmungen auf diejenigen natürlichen Personen Anwendung, welche die Tat verübt haben.

2 Der Geschäftsherr, Arbeit- oder Auftraggeber oder Vertretene, der von der Widerhandlung Kenntnis hat oder nachträglich Kenntnis erhält und, obgleich es ihm möglich wäre, es unterlässt, sie abzuwenden oder ihre Wirkungen aufzuheben, untersteht der gleichen Strafandrohung wie der Täter.

3 Ist die Widerhandlung darauf zurückzuführen, dass der Geschäftsherr, Arbeit- oder Auftraggeber oder Vertretene seine Aufsichts- oder Sorgfaltspflichten verletzte, so untersteht er der gleichen Straf bestimmung wie der Täter, kann jedoch nur mit Busse bestraft werden.

4 Ist der Geschäftsherr, Arbeit- oder Auftraggeber oder Vertretene eine juristische Person, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, Einzelfirma oder Personengesamtheit ohne Rechtspersönlichkeit, so finden die Absätze 2 und 3 auf die schuldigen Organe, Organmitglieder, geschäftsführenden Gesellschafter, tatsächlich leitenden Personen oder Liquidatoren Anwendung.

Art. 11 Verfolgungsverjährung Die Strafverfolgung verjährt in zwei Jahren.

Art. 12

Zuständigkeit und Mitteilung von Urteilen 1

Die Verfolgung und Beurteilung der Widerhandlungen obliegen den Kantonen.

2 Sämtliche Urteile, Strafbescheide der Verwaltungsbehörden und Einstellungsbeschlüsse sind ohne Verzug nach dem Erlass in vollständiger Ausferti-

1140 gung unentgeltlich der Bundesanwaltschaft zuhanden des Bundesrates mitzuteilen.

Art. 13 Verwaltungsmassnahmen Werden Abbruch- oder Bauarbeiten unbefugt begonnen oder weitergeführt, so hat die kantonale Regierung oder die von ihr bezeichnete Stelle unabhängig von der Strafverfolgung die Einstellung der Arbeiten zu verfügen.

IV. Vollzugs- und Übergangsbestimmungen Art. 14

Vollzug 1

Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

Die Kantone sind zur Mitarbeit heranzuziehen.

3 Die Kantonsregierungen können für die Gültigkeitsdauer dieses Beschlusses gesetzliche Fristen der kantonalen und kommunalen Baugesetzgebung erstrecken oder Vorschriften über den Fristenlauf und die Durchführung des baupolizeilichen Bewilligungsverfahrens ändern.

2

Art. 15

Übergangsbestimmung Vom Abbruchverbot und von der Ausführungssperre sind alle Abbruchund Bauarbeiten ausgenommen, die beim Inkrafttreten dieses Beschlusses bereits in Ausführung begriffen sind.

Art. 16

Inkrafttreten 1

Dieser Beschluss wird als dringlich erklärt. Er tritt mit der Veröffentlichung in Kraft und gilt drei Jahre. Der Bundesrat ist befugt, ihn vor Ablauf dieser Frist ausser Kraft zu setzen.

2 Der Beschluss wird gemäss Artikel 89Ms Absatz 3 der Bundesverfassung der Abstimmung von Volk und Ständen unterbreitet.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes (Vom 26. Mai 1971)

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