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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung eines Kredites zur Bekämpfung der Tuberkulose im Jahr 1922.

(Vom 14. Dezember 1922.)

Nach Einsicht unserer Botschaft vom 12. Dezember 1921 haben Sie uns durch B u n d e s b e s c h l u s s vom 22. M ä r z «dieses J a h r e s e i n e n K r e d i t v o n l M i l l i o n Fr. z u r Ausrichtung von Beiträgen an Anstalten und E i n richtungen zur Bekämpfung der Tuberkulose für i h r e A u s g a b e n im J a h r 1921 g e w ä h r t . Gleichzeitig beschlossen Sie, der Bundesrat habe auf dem Verordnungswege die Grundsätze zu bestimmen, nach welchen diese Beiträge auszuzahlen seien.

Bevor wir auf die Beweggründe zurückkommen, die unsere Botschaft und Ihren Beschluss veranlasst haben, sei es uns gestattet, Ihnen auseinanderzusetzen, wie wir uns des erhaltenen Auftrages entledigt haben.

Um eine billige Verteilung des gewährten Kredites zu ermöglichen, musste vor allem eine Erhebung über das Vorhandensein von Anstalten und Einrichtungen zur Bekämpfung der Tuberkulose in unserm Lande, ihre Tätigkeit und ihre finanzielle Lage vorgenommen werden. Dieselbe wurde von unserm Gesundheitsamt mit der wohlwollenden Unterstützung der Kantone durchgeführt, und hat genaue, ja viel zuverlässigere und vollständigere Ergebnisse gezeitigt, als zwei im Hinblick auf den Entwurf eines eidgenössischen Tuberkulosegesetzes früher angestellte Erhebungen. Die dabei erhaltenen Auskünfte haben denn auch unser Gesundheitsamt und eine ihm zu diesem Zwecke beigegebene beratende Kommission von 5 Mitgliedern instand gesetzt, uns bestimmte Vorschläge zu unterbreiten, auf Grund welcher wir am

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17. August unsern B u n d e s r a t s b e s c h l u s s ü b e r d i e A u s richtung von Buudesbeiträgen zur Bekämpfung der T u b e r k u l o s e erlassen haben.

In diesem Beschluss haben wir vorerst die antituberkulösen Hilfswerke genauer umschrieben, an welche Bundesbeiträge gewährt werden können. Es sind das selbstverständlich nur Unternehmungen, welche einen rein wohltätigen Charakter tragen, und mussten von vorneherein solche, die so oder anders auf Gewinn ausgehen, unberücksichtigt bleiben.

Zu den wohltätigen antituberkulösen Hilfswerken rechnen wir vorab die zahlreichen V e r e i n i g u n g e n , L i g e n und sonstigen Verbände unseres Landes, die sich die Bekämpfung der Tuberkulose zur Aufgabe machen, und denen das meiste, was auf diesem Gebiet bisher geleistet wurde, zu verdanken ist.

Hierzu zählen ferner die T u b e r k u l o s e f ü r s o r g e s t e l l e n .

Einrichtungen, welche nicht nur für die an Tuberkulose Erkrankten sorgen, sondern ganz besonders auch die Weiterverbreitung der Krankheit verhüten wollen. Sie sollen die Tuberkulösen ausfindig machen, beraten, unterstützen und überwachen, aber nicht nur die Kranken, auch ihre gefährdete Umgebung, die Angehörigen und Familien, die so viel als möglich vor Ansteckung zu bewahren sind. Die Fürsorgestelle, deren soziale Bedeutung im Kampf gegen die Tuberkulose immer mehr anerkannt wird,, bildet gleichsam das Hauptquartier in diesem Kampfe, die Zentralstelle, in welcher einerseits alle Unterstützungsgesuche einlaufen, von der anderseits alle Massnahmen zur erfolgreichen Bekämpfung der Seuche ausgehen und die mit allen Einrichtungen und Anstalten, welche diese Bekämpfung wirksam gestalten können, in Verbindung steht. Aus diesen Gründen darf nichts unterlassen werden, um die Entwicklung der Fürsorgestellen zu fördern.

Endlich gehören zu den wohltätigen antituberkulösen Hilfswerken einerseits die der Behandlung, Pflege und Wiederbeschäftigung Tuberkulöser dienenden H e i l a n s t a l t e n wie Heilstätten und A r b e i t s k o l o n i e n , anderseits die zahlreichen v o r s o r g lichen Anstalten und E i n r i c h t u n g e n , wie Preventorien, E r h o l u n g s h e i m e , W a l d e r h o l u n g s s t ä t t e n , Waldschulen usw., in welchen Tuberkulosegefährdete gepflegt und gekräftigt werden sollen. In erster Linie kommen hier
in Betracht Anstalten und Einrichtungen für tuberkulosegefährdete K i n d e r , die infolge erblicher Anlage oder wegen ihrer Umgebung mehr als andere der Tuberkuloseansteckungsgefahr ausgesetzt sind. Die unter diese Gruppe fallenden Anstalten sind recht verschiedener

98* Art ; eine Anzahl derselben steht nämlich an der Grenze zwischen der eigentlichen Tuberkulosefürsorge und der öffentlichen Armenund Krankenpflege. Doch wollten wir, da es sich um dieTuberkulosebekämpfung handelt, bei der Auswahl der zu unterstützenden Anstalten weder zu engherzig sein, noch von der Wohltat der Bundesbeiträge Anstalten ausschliessen, die in hervorragender Weise an dieser Bekämpfung mithelfen. · In diesem Sinne haben wir in dieser Gruppe auch die gewissen Spitälern angegliederten T u b e r k u l o s e p a v i l l o n s berücksichtigt, von welchen nicht wenige ihre Gründung der Privatinitiative verdanken. In den Kreisen, die sich mit der Bekämpfungder Tuberkulose befassen, geht gegenwärtig eine Bewegung darauf aus, neben den Heilstätten in der Höhe, deren Nutzen unbestritten ist, zahlreiche kleinere über das ganze Land zerstreute Tuberkulosespitäler zu gründen. Ausser dem Vorteil des billigeren Betriebs bieten sie auch noch den dar, dass die Kranken nicht allzuweit von ihren Angehörigen weg verpflegt werden können, was nicht ohne Einfluss auf den Heilerfolg ist. Die Tuberkulosespitäler gestatten auch, viel mehr Tuberkulöse abzusondern, als es den Heilstätten allein möglich wäre, ganz besonders auch die stark fortgeschrittenen und darum weitaus ansteckendsten Tuberkulösen, deren Absonderung am allernotwendigsten ist und die von den Heilstätten meist zurückgewiesen werden, da sie wegen Unheilbarkeit heilbaren Kranken nur den Platz versperren. Ausdiesen Gründen stellen die über das ganze Land verstreuten Tuberkulosepavillons, wenn sie zweckmässig eingerichtet und betrieben sind, eine vorzügliche Waffe gegen die Weiterverbreitung der Tuberkulose dar und verdienen auch von Seiten des Bundes alle U nterstützung.

Nachdem wir .in dieser Weise die antituberkulösen Hilfswerke, an welche in erster Linie Bundesbeiträge gewährt werden sollten, abgegrenzt hatten, haben wir auch noch den Grundsatz, aufgestellt, dass die Bundeshilfe nicht nur den Charakter einer einfachen Hilfsaktion tragen sollte, bloss um den bedachten Werken zu gestatten, ihre bisherige Tätigkeit weiterzuführen, sondern dass sie wenn irgend möglich auch zur Erweiterung ihrer Leistungen dienen sollte. Das letztere wird nämlich vornehmlich d i e A u f g ä b e e i n e s k ü n f t i g e n eidg. T u b e r k u l o s e g e s e t z
e s sein, das sich auf den neuen Art. 69 der Bundesverfassung wird stützen müssen, der da lautet: ,,Der Bund ist befugt, zur Bekämpfung übertragbarer oder stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren gesetzliche Bestimmungen zu treffen." Mit andern Worten, wir wollen die

990 Bundeshilfe nicht bloss von der finanziellen Lage der antituberkulösen Werke abhängig machen und nicht nur den notleidenden ·und in ihrer Existenz bedrohten unter ihnen zu teil 'werden lassen ; wir wollten sie durch unsere Beiträge auch aufmuntern und zu neuer Arbeit anspornen.

Auf dem Gebiete der Tuberkulosebekämpfung bleibt nämlich noch recht viel Arbeit zu leisten, die erst, wenn sie sich auf ein eidg. Tuberkulosegesetz wird stützen können, alle ihre Früchte zeitigen wird. Inzwischen müssen wir die uns zur Verfügung stehenden Mittel so gut als möglich verwenden, weshalb wir denn .auch die Bundesbeiträge vor allem nach der Tätigkeit der einzelnen Hilfswerke, insbesondere ihren Ausgaben aus eigenen Mitteln bemessen haben.

Eingedenk des bei der Bekämpfung der Tuberkulose mehr .als je geltenden Sprichwortes: ^Vorbeugen ist besser als Heilen,"1 haben wir uns ferner vorgenommen, vor allem die der Verhütung -der Tuberkulose dienenden Anstalten und Einrichtungen zu berücksichtigen, und Sie mögen sich bei der Durchsicht der Verteilung der Bundesbeiträge überzeugen, wie wir diesem Grundsatz nachgelebt haben.

Bei der Ausrichtung der Bundesbeiträge mussten wir sodann einen Unterschied machen zwischen Vereinigungen und FürsorgeStellen einerseits, Anstalten (Heilstätten, Preventorien, Erholungsheimen usw.) anderseits und die Beiträge an jene anders berechnen als an diese.

Die Einnahmen der V e r e i n i g u n g e n und F ü r s o r g e s t e l l e n stammen aus 2 Hauptquellen: der Privatwohltätigkeit ·und den Beiträgen von Behörden, wobei das Verhältnis dieser Einnahmequellen von einem Hilfswerk zum andern stark wechselt.

Während die einen recht erhebliche Beiträge von Behörden beziehen, leben andere fast ausschliesslich aus eigenen Mitteln, die sie sich durch eine intensive Sammel- und Werbetätigkeit zu äufnen suchen. Hätten wir nun bei der Bemessung der Bundesbeiträge ohne Rücksichtaahme auf diese Einnahmequellen bloss auf die ·Gesamtausgaben dieser Hilfswerke abgestellt, so wären diejenigen unter ihnen, welche ihre Ausgaben einzig aus ihren eigenen, selbst beschaffenen Mitteln bestreiten, ohne viel von Kanton und ·Gemeinden zu erwarten, entschieden zu kurz gekommen. Anderseits wäre es auch nicht recht und billig gewesen, die Beiträge von Kantonen und Gemeinden, die ja alle Anerkennung und Aufmunterung
verdienen, bei der Berechnung der Bundeshilfe ausser acht zu lassen. Aus diesem Grunde haben wir den Vereinigungen und Fürsorgestellen einen doppelten Bundesbeitrag gewährt:

991 einerseits einen Beitrag von 5 % an :hre Gesamtkosten im Jahre 1921 und anderseits 40 °/o an ihre ligenen Ausgaben, die sich aus diesen Gesamtausgaben nach Abzug der 1921 erhaltenen Kantons- und Gemeindebeiträge sowia der von Kranken, ihren Angehörigen oder Gönnern geleisteten Rückerstattungen ergaben.

Bei den A n s t a l t e n : Heilstätten, Preventorien, Erholungsheimen u. a. besassen wir zur Berechnung der Bundesbeiträge in der Zahl der gewährten Pflegetage eine zuverlässige Grundlage, die wir denn auch benutzt haben. Daneben musste aber auch auf die verschiedene Höhe der Betriebskosten je nach den einzelnen Anstalten Rücksicht genommen werden. Ist es uns ja zur ' Genüge bekannt, dass der Betrieb einer Heilstätte an einzelnen Orten, in Davos z. B., viel teurer ist, als in andern, weniger hoch gelegenen, leichter zugänglichen Orten. Hätten wir den Bundesbeitrag bloss auf Grund der Zahl der Krankenpflegetage berechnet, so wären alle die Anstalten, welche ohne ihre Schuld, einzig infolge der teureren örtlichen Lebenshaltung einen kostspieligeren Betrieb aufweisen, benachteiligt gewesen. Deshalb haben wir, um diesem Übelstande abzuhelfen, dieser Gruppe .antituberkulöser Hilfswerke ebenfalls .einen zweifachen Bundesbeitrag ausgerichtet, einerseits -- um dem teuren Betrieb Rechnung zu tragen -- 2 °/o der gesamten Betriebskosten im Jahr 1921, anderseits einen Beitrag an die in diesem Jahr gewährten Krankenpflegetage, nämlich 40 Rappen an die Pflegetage von Anstalten für Erwachsene, 35 Rappen an die Pflegetage von Anstalten für Kinder und 30 Rappen an die Pflegetage von Anstalten, welche nur tagsüber betrieben werden, wie Erholungsstätten, Waldschulen usw. Der Unterschied zwischen den Anstalten für Erwachsene und solchen für Kinder erklärt sich ganz natürlich daraus, dass die Kosten des Pflegetages, die in den Anstalten für Kinder 1921 im Durchschnitt nur 3,83 Franken betrugen, erheblich geringer sind, als in den Anstalten für Erwachsene, wo sie 1921 im Durchschnitt 7,38 Fr. ausmachten. Freilich entspricht nun das Verhältnis des Bundeszuschusses an den Pflegetag der Kinder zu dem Zuschuss an den Pflegetag Erwachsener lange nicht dem Verhältnis der durchschnittlichen Kosten dieser Pflegetage im abgelaufenen Jahr ; doch fanden wir, und unser Beschluss vom 17. August hebt es ja ausdrücklich hervor,
die Anstalten für Kinder dürften sich wohl einer Vorzugsbehandlung erfreuen, um so mehr als die Massnahmen zur Verhütung der Tuberkulose vor allem beim Kinde einzusetzen haben.

Unseres Erachtens -- auch das ist in nnserm Beschluss deutlich bemerkt -- sollten unsere Zuschüsse die Anstalten wenn

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möglich in den Stand setzen, ihre Pflegegelder für wenig Bemittelte entsprechend herabzusetzen. Mag auch die hierdurch ermöglichte Herabsetzung auf den ersten Blick gering erscheinen, so ist doch schon eine Ermässigung des Pflegegeldes um blóss 50 Rappen pro Tag oder 15 Fr. pro Monat nicht zu verachten bei Kranken,, die den unbemittelten Ständen angehören.

Endlich erschien es uns angezeigt, da die Bundeshilfe die Tuberkulosefürsorgewerke unseres .Landes nicht nur aufmuntern, sondern auch instand setzen soll, sich weiter zu entwickeln, in unserem Beschluss deutlich zu erklären, dass Kantone und Gemeinden aus dieser Bundesunterstützung keinen Grund ableiten dürfen, die von ihnen bisher geleisteten Beiträge zu kürzen oder gar einzustellen. Wenn wir es getan haben, so geschah es, um von vornherein jedes Missverständnis zu vermeiden und gewisse, sicher unbegründete Befürchtungen zu zerstreuen. Wissea ja unsere kantonalen und Gemeindebehörden nur allzu gut die vorzügliche Arbeit zu würdigen, welche unsere antituberkulösen Vereinigungen leisten, um nur einen Augenblick daran zu denken, ihnen ihre Unterstützung in dem Zeitpunkt zu kürzen oder gar zu entziehen, da ihnen auch der Bund noch zu Hilfe kommen will.

Aus allen diesen Erwägungen heraus haben wir am 17. August dieses Jahres unsern Beschluss gelassi, der wie folgt lautet: Art. 1. An folgende wohltätige antituberkulöse Hilfswerke können Bundesbeiträge gewährt werden: a. V e r e i n i g u n g e n , welche die Tuberkulose im allgemeinen o'der nach besondern Richtungen bekämpfen; fe. E i n r i c h t u n g e n zur Ermittlung, Beratung, Überwachung: und Unterstützung Tuberkulöser und ihrer gefährdeten Umgebung, wie Tuberkulosefürsorgestellen; c. A n s t a l t e n zur Behandlung, Kräftigung und "Wiederbeschäftigung Tuberkulöser und Tuberkulosegefährdeter wie Heilstätten, Preventorien, Tuberkulosespitäler, Erholungsstätten, Waldschulen, Arbeitskolonien. Dabei sind Anstalten für Kinder in erster Linie zu berücksichtigen.

Art. 2. Die Bundesbeiträge sollen nicht nur zur Erhaltung der bisherigen Leistungen, sondern wenn möglich auch zur Erweiterung derselben und bei Anstalten sub lit. e von Art. l vor allem zur Herabsetzung der Pflegegelder für wenig Bemittelte dienen. Dabei dürfen Beiträge von Kantonen und Gemeinden keine Verminderung erfahren.

993 Art. 3. Die Beiträge an Vereinigungen und Einrichtungen sub a und 6 von Art. l werden auf Grund der Gesamt- und auf ·Grund der eigenen Ausgaben (Gesamtausgaben nach Abzug der Kantons- und Gemeindebeiträge und der von den Kranken oder ihren Angehörigen oder Gönnern geleisteten Rückerstattungen) im Jahre 1921 bemessen. An die Gesamtausgaben werden Beiträge von 5 °/o, an die eigenen Ausgaben solche von 40 °/o gewährt.

Die Beiträge an Anstalten sub lit. c von Art. l werden auf Orund der gewährten Pflegetage und ihrer Betriebskosten im Jahre 1921 bemessen, so zwar, dass an diese 2 °/0 gewährt werden, während an die Pflegetage von Anstalten für Erwachsene 40 Rp., für Kinder 35 Rp., an die Pflegetage von Anstalten, welche nur tagsüber betrieben werden (Erholungsstätten, Waldschulen), 30 Rp.

verabfolgt werden.

Art. 4. Hilfswerke, welche auf einen Bundesbeitrag Anspruch ·erheben, haben dem eidgenössischen Departement des Innern genaue Auskunft über ihre Leistungen im Jahre 1921, ihr Vermögen und ihre finanzielle Lage auf Ende 1921 zu erteilen.

Über die Verwendung der erhaltenen Bundesbeiträge haben die bedachten Hilfswerke dem Departement auf Ende Jahres ·einen zusammenfassenden Bericht einzusenden.

Art. 5. Dieser Bundesratsbeschluss tritt sofort in Kraft.

Nach den Bestimmungen dieses Beschlusses wurde sodann der uns zur Verfügung gestellte K r e d i t von 1 M i l l i o n Fr.

v e r t e i l t wie folgt : 67 Vereinigungen und Fürsorgestellen, die 1921 insgesamt Fr. 1,624,967 ausgegeben haben, erhielten Fr. 468,915.

28 Heilstätten und Erholungsheime für Erwachsene mit 630,002 Pflegetagen und einer Gesamtausgabe von Fr. 4,480,909 im Jahre 1921 haben Fr. 341,619 erhalten.

18 Heilstätten und Preventorien für Kinder mit 223,558 Pflegetagen und einer Gesamtausgabe von Fr. 815,443 im Jahre 1921 haben Fr. 96,037 erhalten.

8 Erholungsstätten und Waldschulen, die nur tagsüber betrieben werden, mit 32,381 1921 gewährten Pflegetagen und einer Gesamtausgabe von Fr. 105,093 haben Fr. 11,816 erhalten.

Endlich erhielten 45 Tuberkulosepavillons und private Kinderspitäler mit 183,962 Pflegetagen, die wohl l Million Franken gekostet haben mögen, Fr. 73,589.

Die von uns aus dem Kredit von l Million Franken gewährten Bundesbeiträge verteilen sich somit auf eine Ausgabensumme

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zur Bekämpfung der Tuberkulose von rund 8 Millionen Franken, wahrlieh eine recht ansehnliche Leistung der von uns unterstützten Hilfswerke, die aber noch lange nicht alles umfasst, was die Allgemeinheit für diese Bekämpfung leistet. Um vollständig zu seiu, müssten wir zu diesen 8 Millionen noch hinzurechnen die für die Erstellung neuer Anstalten und Einrichtungen ausgegebenen Summen, die Verpflegungskosten für die Tausende von Tuberkulösen, die nicht in Sanatorien, Tuberkulosepavillons und privaten Kinderspitälern, sondern in allgemeinen Spitalabteilungen und Asylen verpflegt wurden, die Kosten der öffentlichen und privaten Armen- und Krankenpflege für die zu Hause verpflegten Tuberkulösen und ihre Familien usw. Im weitern Sinne sind dann unter die Kosten für Tuberkulosebekämpfung die Ausgaben gewisser Hilfswerke zu rechnen, welche ohne sich unmittelbar der Tuberkulosebekämpfung zu widmen, doch ihrer Verhütung dienen. So die Ferienkolonien, eine echt schweizerische Schöpfung, die vor bald 30 Jahren begonnen und sich nach und nach so entwickelt hat, dass sie heute wie ein engmaschiges Netz unser ganzes Land überziehen Zählen wir ihre Ausgaben zu den oben genannten hinzu, so dürften wir zu einer Gesamtausgabensumme der Allgemeinheit für direkte und indirekte Tuberkulosebekämpfung von 15--16 Millionen Franken gelangen, also fast dem Doppelten der bei der Kreditverteilung berücksichtigten Ausgabensumme. Auf eine solche Ausgabensumme werden wir auch abstellen müssen, wenn wir berechnen wollen, was ein eidgenössisches Tuberkulosegesetz den Bund kosten dürfte.

Verglichen mit den Gesamtkosten der Tuberkulosebekämpfung ist somit die 1922 vom Bunde geleistete Hilfe noch bescheiden. Nichtsdestoweniger hat sie, wie aus den zahlreichen Dankschreiben hervorgeht, die uns von den bedachten Vereinigungen und Anstalten zugekommen sind, recht günstig gewirkt. Die Bundesbeiträge bedeuteten für dieselben ebensosehr eine Aufmunterung als eine Unterstützung; sie haben sie in den Stand gesetzt, ihre wohltätige Wirksamkeit fortzusetzen und zu erweitern, und gestatten ihnen, mit weniger Bangen in die Zukunft zu blicken. Das will nun freilich nicht heissen, dass die finanzielle Lage der antituberkulösen Hilfswerke unseres Landes dadurch erheblich besser geworden sei, und wir sie nunmehr sich selbst überlassen dürfen. Wenn
sie auch dank der Bundeshilfe neue Mittel erhalten haben, so darf anderseits nicht vergessen werden, dass die Leistungen der Privatwohltätigkeit, welche bisher ihre Haupteinnahmequelle bildeten, infolge der schweren, unabsehbaren wirtschaftlichen Krisis, die wir durchmachen, mehr und

99& mehr zurückgehen, so dass die Bundesbeiträge gleichsam nur den Ausfall der eingeschränkten und in ihrer Tätigkeit gelähmten Privatwohltätigkeit decken.

Hierbei scheint es uns überflüssig, alles das zu wiederholen, was wir in unserer Botschaft vom 12. Dezember 1921 über die Schwierigkeiten erwähnten, mit welchen die antituberkulösen Hilfswerke zu kämpfen haben, und die Notwendigkeit nochmals zu betonen, ihnen zn Hilfe zu kommen. Es genüge, festzustellen, dass die wirtschaftliche Notlage auch heute noch andauert, ebenso gross, wenn nicht grösser als vor einem Jahre und auch mit den gleichen zwingenden Anforderungen wie damals, so dass wir an unsern letztjährigen Ausführungen kaum ein Wort zu ändern haben.

Als wir vor einem Jahr zum erstenmal um einen Kredit zugunsten der antituberkulösen Vereinigungen und Einrichtungen unseres Landes nachsuchten, haben wir gleich erklärt, dass es mit demselben kaum sein Bewenden haben werde, dass wir vielmehr vorgängig der Vorlage eines eidg. Tuberkulosegesetzes voraussichtlich in den Fall kommen würden, auf Grund der im Verlauf des Jahres 1922 gesammelten Erfahrungen mit einem neuen, Kreditbegehren vor Sie zu treten.

Das ist nun beute der Fall. Der Entwurf eines eidg. Tuberkulosegesetzes unterliegt gegenwärtig der Prüfung und Begutachtung durch die Kantonsregierungen, die das Gesetz zu vollziehen haben werden. Wir hoffen, Ihnen denselben dann im Laufe des nächsten Jahres unterbreiten und so diese Frage von grösser sozialer Bedeutung der sehnlichst erwarteten endgültigen Lösung entgegen bringen zu können.

Inzwischen müss.en wir jedoch den antituberkulösen Organisationen unsere bisherige Hilfe weiter angedeihen lassen. Beweisen ja die genauen Angaben, die wir im Hinblick auf die Verteilung" des diesjährigen Kredites gesammelt und weiter oben zusammengefasst haben, mit aller Deutlichkeit, dass die Bundeshilfe im Jahr 1923, um wirksam zu sein, nicht hinter derjenigen dieses Jahres zurückbleiben darf.

Darum ersuchen wir Sie', uns w i e d e r e i n e n K e d i t von Fr.l M i l l i o n zur V e r f ü g u n g zu s t e l l e n z w e c k s Ausrichtung von Beiträgen an Anstalten und Einricht u n g e n z u r B e k ä m p f u n g d e r T u b e r k u l o s e a u f Grund i h r e r A u s g a b e n i m J a h r 1922.

Sollten Sie unserm Kreditbegehren entsprechen, so würden wir uns bei der Ausrichtung der Beiträge im grossen und ganzen

996 -wieder an die in unserm Beschluss vom 17. August 1922 aufgestellten Grundsätze halten, die sich bei der Durchführung als richtig und praktisch erwiesen und keinerlei Klagen gerufen haben. Im einzelnen freilich müssen wir uns die Möglichkeit wahren, .Änderungen vorzunehmen. Ist, es ja nicht unmöglich, dass noch antituberkulöse Einrichtungen zum Vorschein kommen, die unseren diesjährigen Erhebungen entgangen sind. Zweifellos werden auch die Grundlagen für die Berechnungen der Bundesbeiträge, das heisst die Ausgaben der antituberkulösen Organisationen im .Jahr 1922 nicht die gleichen sein wie dieses Jahr, wo die Berechnungen sich auf das Jahr 1921 bezogen. Deshalb wird sich vielleicht die Notwendigkeit ergeben, den Prozentsatz für die Berechnungen sei es im Sinne einer Erhöhung oder einer Herabsetzung zu ändern, um den gewährten Kredit nicht zu überschreiten.

Gestützt auf unsere Ausführungen unterbreiten wir Ihnen den nachfolgenden Bundesbeschluss zur Annahme.

B e r n , den 14. Dezember 1922.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Dr. Haab.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Bewilligung eines Kredites zur Bekämpfung der Tuberkulose.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 14. Dezember 1922, beschliesst: Art. 1. Dem Bundesrat wird für das Jahr 1923 ein Kredit von l Million Franken gewährt zwecks Ausrichtung von Beiträgen an Anstalten und Einrichtungen zur Bekämpfung der Tuberkulose für ihre Ausgaben im Jahr 1922.

Art. 2. Der Bundesrat wird auf dem Verordnungswege die Grundsätze bestimmen, nach welchen diese Beiträge auszubezahlen sind.

Art. 3. Dieser Bundesbeschluss tritt, weil dringlicher Natur, sofort in Kraft.

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Bundesblatt. 74. Jahrg. Bd. III.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung eines Kredites zur Bekämpfung der Tuberkulose im Jahr 1922. (Vom 14. Dezember 1922.)

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Jahr

1922

Année Anno Band

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51

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1690

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.12.1922

Date Data Seite

987-997

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