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Vorläufige Vereinbarung zwischen

der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reiche betreffend die in der Schweiz zu erfüllenden Frankenverpflichtungen deutscher Lebensversicherungsgesellschaften.

Die Schweizerische Eidgenossenschaft und das Deutsche Reich, im Hinblick auf ein zwischen ihnen abzuschliessendes Abkommen zum Zwecke einer gemeinsamen Hilfe für die Erfüllung der Frankenverpflichtungen deutscher Lebensversicherungsgesellschaften in der Schweiz, nachstehend ,,Abkommen" genannt, sind übereingekommen, die nachstehende Vorläufige Vereinbarung zu treffen : Hierzu haben zu Bevollmächtigten ernannt: der Schweizerische Bundesrat: Herrn Bundesrat Heinrich Häberlin, Vorsteher des Schweizerischen Justiz- .und Polizeidepartements, der Präsident des Deutschen Reichs: den Gesandten des Deutschen Reiches in Bern, Herrn Minister Dr. Adolf Müller, die, nachdem sie ihre Vollmachten geprüft und in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Bestimmungen übereingekommen sind.

Artikel 1.

Die Schweizerische Eidgenossenschaft gewährt für die Dauer der vorliegenden Vereinbarung Stundung: a. den deutschen Lebensversicherungsgesellschaften, auf die sich das Abkommen beziehen soll, für die Erfüllung ihrer fälligen Versicherungsleistungen in Schweizerfranken, soweit sie drei Vierteile des für den einzelnen Vertrag vorhandenen Deckungskapitals in Franken übersteigen, sowie für ihre sonstigen Frankenverpflichtungen, die unter das Abkommen fallen sollen ; b. den Versicherungsnehmern, deren Verträge unter das Abkommen fallen sollen, für die Entrichtung ihrer Prämien.

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Den Schuldnern sollen aus der Stundung keine Rechtsnachteile erwachsen. Für die Zeit der Stundung sind 5 % Zinsen zu entrichten, soweit nicht im Vertrage höhere Zinsen vorgesehen sind.

Es bleibt den Versicherungsnehmern unbenommen, ihre fälligen Prämien mit befreiender Wirkung bei der Schweizerischen Nationalbank für Rechnung der Versicherungsgesellschaft auf ein besonderes Sperrkonto zu hinterlegen. Das Sperrkonto ist dem Zugriffe dritter Gläubiger entzogen.

Artikel 2.

Das Deutsche Reich wird darauf hinwirken, dass die in Art. l, lit. a, bezeichneten deutschen Lebensversicherungsgesellschaften während der Dauer der vorliegenden Vereinbarung : a. ihre Grundstücke, die nach dem Abkommen mit Sicherungshypotheken belastet werden sollen, nicht weiter belasten; b. aus ihren freien Reserven keine Beträge in die Prämienreserve überführen ; c. keine Überschüsse auf Grund neu aufzustellender Bilanzen verteilen.

Artikel 3.

Die vorliegende Vereinbarung bleibt in Kraft bis zur endgültigen Entscheidung über das Zustandekommen oder Nichtzustandekommen des Abkommens, längstens aber bis zum 30. April 1923.

Die vertragschliessenden Teile behalten sich vor, bei Eröffnung des Konkurses über eine Gesellschaft oder aus sonstigen, deren Vermögenslage wesentlich beeinträchtigenden Gründen von dieser Vereinbarung sofort zurückzutreten.

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Diese vorläufige Vereinbarung unterliegt der beidseitigen Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sind so rasch als möglich in Bern auszutauschen.

Die Vereinbarung tritt in Kraft am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet und mit ihrem Siegel versehen.

Ausgefertigt in doppelter Urschrift in Bern den 29. September 1922.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft:

H. Häberlin.

Für das Deutsche Reich: Dr. Adolf Müller.

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Bundesblatt. 74. Jahrg. Bd. III.

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Vorläufige Vereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reiche betreffend die in der Schweiz zu erfüllenden Frankenverpflichtungen deutscher Lebensversicherungsgesellschaften.

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1922

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11.10.1922

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