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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Nesslau nach Buchs (Toggenburg-Werdenberg-Bahn).

(Vom 3. April 1922.)

Bereits im Jahre 1910 erteilten Sie mit Beschluss vom 24. Juni 1910 (E. A. S. XXVI, 149) einem Initiativkomitee die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von Buchs (Station der S. B. B.) nach Nesslau (Station der BodenseeToggenburg-Bahn). Diese Konzession erlosch am 1. Juli 1915 infolge unbenutzten Ablaufes der angesetzten Frist zur Einreichung der vorschriftsmässigen Vorlagen.

. Mit Eingabe vom 18. August 1920 bewirbt sich ein neues, aus den Vertretern sämtlicher beteiligter Gemeinden der Bezirke Obertoggenburg und Werdenberg bestehendes, durch die Herren Dr. med. Brandie in Neu-St. Johann als Präsident und J. Geisser daselbst als Aktuar vertretenes Initiativkomitee erneut um eine Konzession für eine elektrische Schmalspurbahn von Nesslau nach Buchs (Toggenburg-Werdenberg-Bahn).

Der dem Gesuch beigegebene allgemeine und technische Bericht erinnert einleitend daran, dass zwei frühere Projekte, das Projekt Kürsteiner vom Jahre 1906 für eine elektrische Strassenbahn von Ebnat nach Unterwasser sowie ein Projekt Sonderegger von 1908 für eine elektrische Schmalspurbahn Buchs-Wattwil, nicht zur Ausführung gelangten, indem die gleichzeitigen Bestrebungen zur Verlängerung der Normalbahn von Ebnat bis nach Nesslau, als Teilstück der Bodensee-Toggenburg-Bahn, das 1912 dem Betrieb übergeben wurde, den Sieg davontrugen und der Ausbruch des Weltkrieges von 1914 alle weitern Anstrengungen für einmal vollständig lahmlegte. In den letzten Jahren habe der sich sehr stark entwickelnde Kuranten- und Touristenverkehr im obern Toggenburg und das zunehmende Bedürfnis der ansässigen Bevölkerung nach einer bessern Verbindung zwischen den in

569 regen wirtschaftlichen Beziehungen zueinander stehenden Gebieten ·des Toggenburg und Werdenberg der Sache einen neuen Impuls verliehen. Die seit 1918 eingeführten Postautomobilkurse ver.m och t en diesem Bedürfnisse nicht zu genügen; sie gefährdeten
Der technische Bericht enthält folgende hauptsächliche Angaben. Die Bahn würde ihren Anfang bei der Bndstation NesslauNeu-St. Johann der normalspurigen Bodensee-Toggenburg-Bahn nehmen, die Ortschaften Stein, Alt-St. Johann, Unterwasser, Wildhaus, Gamserberg, Garns, Grabs, Buchs berühren und bei der ·Station Buchs der S. B. B. ihren Endpunkt erreichen. Die Vorlage ·spricht im Vorbeigehen von der Möglichkeit einer spätem Weiterführung der Linie über Lichtenstein-Luziensteig nach Landquart mit Anschluss daselbst an das Schmalspurbahnnetz der Rhätischen Bahn. Mit Ausnahme einer Strecke von 1480 m zwischen BuchsDorf und Buchs-Station S. B. B., wo die Strasse benützt wird, ·soll die Linie einen eigenen Bahnkörper erhalten, der stellenweise an die Staatsstrasse anlehnt, gegen dieselbe jedoch durch Überhöhung des mit einem Randstein zu versehenden Planums abgeschlossen wird. Die Ausführung der Baues soll in drei Sektionen, Buchs-Gams, Nesslau-Wildhaus und Wildhaus-Gams, zerfallen.

Länge der Bahn: 32,i km.

Spurweite: l m.

Maximale Steigung: 65 °/oo.

Höhenkoten: Nesslau 761,ao, Wildhaus 1081,85, Buchs 450,65 m ü. M.

Minimalradius: 70 m, ausnahmsweise 60 m.

Zwischenstationen : 7.

Haltstellen: 10.

Betriebssystem : Elektrizität.

Einphasenwechselstrom von 10,000 Volt Spannung. Der Betrieb ist im Zusammenhang gedacht mit dem künftigen elektrischen Betrieb der Strecke Ebnat-Nesslau der Bodensee-ToggenburgBahn.

Die Bahn ist für den Personen- wie Güterverkehr bestimmt .und soll auf der Strecke Gams-Buchs für Rollschemelbetrieb eingerichtet werden.

Der Baukosten Voranschlag sieht vor:

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I. Allgemeine Kosten.

a. Organisation und Verwaltung . Fr. 171,000 b. Verzinsung des Baukapitals . ,, 270,000 Fr.

441,000

II. Bahnanlage und feste Einrichtungen.

a.

b.

c.

d.

Landerwerb Unterbau Oberbau Hochbau und mechanische Einrichtungen e. Einrichtungen für die elektrische Zugförderung . . . .

/. Telephon, Signale, Sicherungsanlagen

Fr. 460,000 ,, 2,271,500 ,, 2,200,300 ,,

916,000

,,

848,150

,,

94,700 ,, 6,790,650

III. Rollmaterial.

7 8 22 2 3 2 3

Personenmotorwagen . . . .Fr. 1,270,000 Personenanhängewagen . . . ,, 200,000 gedeckte und offene Güterwagen ,, 328,000 Gepäck- und Postwagen . . . ,, 36,000 Rollschemel ,, 45,000 Montagewagen ,, 6,000 Rollwagen ,, 6,000 ,, 1,891,000

IV. Mobiliar und Gerätschaften.

Ausrüstung sämtlicher Dienststellen Fr.

89,600 2 Schneepflüge ,, 12,000 ,, 101,600 Total Baukosten Fr. 9,224,250 oder rund ,, 9,250,000 oder für den Kilometer der Baulänge Fr. 288,000 Im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuches (1920) mussten verschiedene dieser Ansätze vom Eisenbahndepärtement, als wesentlich zu niedrig bemessen, beanstandet werden, so namentlich, die Ansätze für den Unterbau und Oberbau, für die Hochspau-

571 nungsfahrleitung und das Rollmaterial. In bezug auf letzteres hat nun allerdings das seitherige Fallen der Preiskurve die Differenz bereits ausgeglichen, und da beabsichtigt ist, die Strecke Wildhaus-Gams, deren Unterbau kilometrisch am teuersten zu stehen kommt, noch längere Zeit nicht auszuführen, werden voraussichtlich Überschreitungen des Kostenvoranschlages auch hier erheblich weniger stark in Erscheinung treten, als ursprünglich anzunehmen war. Dagegen müssen nach wie vor die Kosten der Einrichtungen für die elektrische Zugförderung, denen ein Ansatz von Fr. 18,000 pro km der Hochspannungsfahrleitung zugrunde liegt, als bedeutend zu niedrig gegriffen bezeichnet werden. Es ist, ohne weiteres zuzugeben, dass die immer noch fehlende Stabilität der Wirtschaftslage, speziell der Materialpreise und der Arbeitslöhne, die Aufstellung des Kostenvoranschlages für einen sich über mehrere Jahre erstreckenden Bahnbau schwierig gestaltet. Aus diesem Grunde wird das Eisenbahndepartement die Genehmigung des Finanzausweises für jede Sektion der Bahnlinie jeweilen von der Einreichung eines neuen, von ihm nachzuprüfenden Kostenvoranschlages abhängig machen.

Die Bundesbahnverwaltung hat sich zu dem Konzessionsgesuche dahin geäussert, dass nach ihrer Auffassung ein dringendes Bedürfnis für die Erstellung der Bahn schon wegen der eingeführten Automobilverbindungen nicht bestehe. Den Bundesbahnen werden für die Herstellung des Anschlusses der neuen Linie an den Bahnhof Buchs S. B. B. unter Umständen erhebliche Baukosten entstehen, die allerdings nach Massgabe des Nebenbahnengesetzes (vom 21. Dezember 1899) von der Schmalspurbahn zu verzinsen seien. Da indes nicht gesagt werden könne, dass wichtige Interessen der Bundesbahnen verletzt würden, werden Einwendungen gegen die Konzessionserteilung nicht erhoben.

Mit Vernehm lassung vom 4. September 1920 erklärte die Regierung des Kantons St. Gallen, dass sie die Konzessionierung empfehle und die Benützung der Staatsstrasse für die Bahnanlage gestatte nach Massgabe des Beschlusses des Grossen Rates vom 10. November 1920 betreffend Benützung der Staatsstrassen No. 13 und 35, Nesslau-Garns und Garns-Buchs. Über die Auslegung und Handhabung dieses Beschlusses hat die Kantonsregierung mit Schreiben vom 20. September 1921 an das Eisenbahndepartement eine Erklärung abgegebeo,
die als integrierender Bestandteil des Beschlusses zu betrachten ist. Die Frage der Strassenbenützung ist damit in befriedigender Weise gelöst. Das nämliche ist zu sagen in bezug auf die Gemeindestrasse in Buchs, deren Be-

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nützung laut Zuschrift des Gemeinderates vom 17. Mai 1921 an das Baudepartement des Kantons St. Gallen durch Gemeinderatsbeschluss vom 14. Mai gleichen Jahres gestattet worden ist.

Die gesetzlich vorgesehenen konferenziellen Verhandlungen über den vom Eisenbahndepartement aufgestellten Kouzessionsentwurf haben am 2. Februar 1922 in Bern stattgefunden. Der Entwurf wurde mit Ausnahme einiger weniger von den üblichen Bedingungen abweichender Begehren der Konzessionspetemten, die nicht gutgeheissen werden konnten, angenommen. Zu besondern Bemerkungen über den Konzessionsentwurf sehen wir keinen Anlass.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme und versichern Sie auch bei dieser Gelegenheit unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 3. April 1922.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Dr. Haab.

Der Bundeskanzler:

Steiger.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Nesslau nach Buchs (Toggenburg-Werdenberg-Bahn).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Initiativkomitees für eine elektrische Schmalspurbahn von Nesslau nach Buchs (ToggenburgWerdenberg-Bahn) vom 18. August 1920, 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 3. April 1922, .

beschliesst : Einem durch die Herren Dr. W. Brandie, Arzt, in NeuSt. Johann, als Präsident und J. Geisser daselbst als Aktuar vertretenen Initiativkomitee wird zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von Nesslau nach Buchs unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 4. Der Sitz der Gesellschaft ist in Grabs.

Art. 5. Die Mehrheit der Direktion, des Verwaltungsrates und eines allfälligen Ausschusses desselben soll aus Schweizerbürgern, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Das ständige Personal soll aus Schweizerbürgern

bestehen.

Art. 6. Es wird der Gesellschaft gestattet, die Bahn in drei Sektionen auszuführen, nämlich: 1. Buchs-Gatns, 2. N esslau-Wildhaus, 3. Wildhaus-Gams.

Binnen zwei Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen für die erste Sektion nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Binnen sechs Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der ersten Sektion zu beginnen.

Binnen 24 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die erste Sektion zu vollenden und dem Betrieb zu übergeben. Für die übrigen Sektionen wird der Bundesrat die Fristen nach Anhörung der Bahngesellschaft und der Kantonsregierung festsetzen.

Die Nichteinhaltung der Fristen für eine Sektion hat nur den Hinfall der Konzession für die betreffende Sektion zur Folge.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit der Betriebes geboten ist.

Die Bahnverwaltung hat dafür zu sorgen, dass die Tunnelarbeiten am Sonntag, mit Ausnahme der Arbeiten vor Ort und der damit zusammenhängenden Transporte sowie allfällig unaufschiebbarer Arbeiten, eingestellt werden.

Die vom Bundesrat aus militärischen Rücksichten verlangten Erweiterungs- und Ergänzungsbauten sowie Zerstörungsvorkehren hat die Bahnverwaltung auf ihre Kosten auszuführen.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l m erstellt. In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Vorschriften des Beschlusses des Grossen Rats des Kantons St. Gallen vom 10. November 1920 betreffend Benützung der Staatsstrassen Nr. 13 und 35 samt Er-

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klärung der Regierung von St. Gallen gemäss Schreiben vom 20. Dezember 1921 an das eidgenössische Eisenbahndepartement sowie der Beschluss des Gremeinderates von Buchs vom 14. Mai 1921, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlicher Bedeutung, die durch die ßauarbeiten zutage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen usw., sind Eigentum des Kantons St. Gallen und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, denen die Beaufsichtigung des Bahnbaues und Bahnbetriebes obliegt, ist zu jeder Zeit freier Zutritt zu allen Teilen der Bahn zu gewähren, sowie das zur Vornahme der Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, die in der Ausübung ihres Dienstes zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen die nicht von der Gesellschaft selbst eingeschritten wird, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden. Das gleiche gilt gegenüber Mitgliedern der Verwaltung, denen vorübergehend oder dauernd Dienstverrichtungen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck, Gütern und Tieren.

Art. 13. Es sollen täglich mindestens vier Personenzüge in beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern, und mit Anhalten auf allen Stationen geführt werden.

Der Bundesrat ist ermächtigt, die Mindestzahl der Züge während der Zeit vom 1. November bis 31. März auf der Strecke Wildhaus-Gams auf drei herabzusetzen, wenn die Verhältnisse
Art. 14. Die Anzahl der zu führenden Wagenklassen wird ·sowohl im allgemeinen als für jeden Zug vom ßundesrate festgesetzt.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass die Personenzüge ·eine dem zu erwartenden Verkehr entsprechende Anzahl Sitzplätze enthalten.

Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Güterzttgen Personen zu befördern.

Bundewblatt. 74. Jahrg. Bd. I.

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576 Art. 15. Für die Beförderung von Personen sind die Tarif» der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden. Für den Abonnementsverkehr können jedoch hinsichtlich der Preise und Bedingungen Abweichungen zugestanden werden.

Art. 16. Personen, deren Mittellosigkeit durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörden bezeugt wird, sind zum halben Preise zu befördern.

Für Polizeitransporte, die von eidgenössischen oder kantonalen Behörden angeordnet werden, setzt der Bundesrat die nähern Bedingungen fest.

Art. 17. Für die Beförderung von Gepäck, Gütern, lebenden Tieren, Traglasten, Expressgut und Leichen gelten die Vorschriften und die Tarife der schweizerischen Bundesbahnen.

Art. 18. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für Getreide, Mehl, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Heu, Stroh usw. zeitweise niedrigere Beförderungspreise einzuführen, die vorn Bundesrate festgesetzt werden.

Art. 19. Der Gesellschaft wird gestattet, die für die Berechnung der Beförderungspreise massgebenden Entfernungen in der Weise festzusetzen, dass den wirklichen Entfernungen eia Zuschlag von 100 °/o zugerechnet wird. Dabei sich ergebende Bruchteile eines Kilometers dürfen, sofern sie mindestens l m betragen, für einen ganzen Kilometer gerechnet werden.

Art. 20. Auf Stationen, wo das Bedürfnis besteht, ist eia Rollfuhrdienst für das Verbringen der Güter von der Wohnung des Absenders zum Bahnhof und vom Bahnhof zur Wohnung desEmpfängers einzurichten.

Art. 21. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 22. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestensdrei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird,, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 23. Die nach Art. 19 zulässigen Entfernungszuschlägesind verhältnismässig herabzusetzen, wenn der auf das Aktienkapital entfallende Jahresgewinn in sechs aufeinanderfolgenden.

Jahren im Durchschnitt und für jedes einzelne der drei letzten Jahre 6 % übersteigt, sofern nicht die Gesellschaft den Bedürfe

577' nïssen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichterungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend Rechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 2 °/o des Aktienkapitals nicht erreicht, erlangt die Gesellschaft ein Anrecht auf angemessene Erhöhung der in Art. 19 vorgesehenen Entfernungszuschläge. Über das Mass der Erhöhung entscheidet die Bundesversammlung.

Art. 24. Die Bahngesellschaft ist verpflichtet : a. für Äufnung eines Reservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausseroi'dentlicher Ausgaben infolge von Naturereig, nissen, Unfällen und Krisen sowie zur Deckung allfälliger Fehlbeträge dienen sollen, zu sorgen durch jährliche Rücklage von mindestens 5 °/o des Jahresgewinnes, bis 10 % des Aktienkapitals erreicht sind; b. 'für das Personal eine Krankenkasse einzurichten oder es bei einer Krankenkasse zu versiehern; c. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4°/o des Aktienkapitals übersteigt; d. die Reisenden bei einer Anstalt oder einem Eisenbahnverband gegen diejenigen Unfälle zu versichern, für die sie gemäss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig ist.

Art. 25. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons St. Gallen gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritt desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und aller übrigen Zugehör.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan

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c.

d.

e.

/.

werden und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsfonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismassiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen, Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1960 rechtskräftig wird, den 25fachen "Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkt, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft angekündigt wird, unmittelbar vorangehen; sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1960 und 1. Januar 1975 erfolgt, den 22V2fachen Wert; wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1975 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages, -- unter Abzug des Erneuerungsfonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letzteren auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder dem Erneuerungsfonds einverleibt wurden.

Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkt des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den. Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 26. Hat der Kanton St. Gallen den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rttckkaufsrecht, wie es im Art. 25 vorgesehen ist, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 27. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, der am 1922 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Nesslau nach Buchs (Toggenburg-Werdenberg-Bahn).

(Vom 3. April 1922.)

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