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1670

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Postulat Sträuli betreffend Ersparnisse im Militärwesen.

(Vom 4. Dezember 1922.)

Bei der Beratung des Voranschlages für das Jahr 1922 hat der Nationalrat folgendes Postulat des Herrn Sträuli angenommen : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, darüber Bericht zu erstatten, ob und auf welche Weise im Militärwesen wesentliche Ersparnisse erzielt werden können."

In Erfüllung dieses Auftrages beehren wir uns, bei Anlass der Vorlage des Voranschlages für 1923 der Bundesversammlung den nachfolgenden Bericht zu unterbreiten.

A. Die Grundlagen unseres Heerwesens.

Massgebend für den Bestand und die Tätigkeit unserer Armee sind die Bundesverfassung und die darauf sich stützende Gesetzgebung. Die Verfassung nennt als erste der Aufgaben, die sie dem Bunde zuweist, die Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen aussen und stellt im übrigen in den Artikeln 18--22 die Grundsätze auf, nach denen unser Wehrwesen ausgestaltet werden soll. Wir heben daraus nur die Bestimmung des Art. 18 hervor, wonach jeder Schweizer wehrpflichtig ist.

Von den Ausführungsbestimmungen zu den grundlegenden Vorschriften der Verfassung sei hier als die wichtigste erwähnt das Bundesgesetz über die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12. April 1907.

Diese ganze Gesetzgebung ist für die Behörden verbindlich und tatsächlich wird denn auch die militärische Tätigkeit · nach den in ihr enthaltenen Weisungen durchgeführt. Gerade der Vor-

918 anschlag für das kommende Jahr beweist es ; wir haben ihm gegenüber der bisherigen Uebung eine andere Form gegeben, zu dem Zweck, die einzelnen Abschnitte den gesetzlichen Vorschriften anzupassen. Es findet sich denn auch bei den einzelnen Abteilungen des Voranschlages und, soweit dies möglich ist, auch bei den Unterabteilungen die Gesetzesbestimmung angeführt, auf der die betreffenden Ausgaben beruhen. Die nähere Prüfung zeigt, dass wir uns bei diesen Ausgaben vollständig an das Gesetz gehalten haben ; jedenfalls sind wir nirgends über den von ihm gezogenen Rahmen hinausgegangen. Wo Abweichungen bestehen, handelt es sich im Gegenteil um Einschränkungen gegenüber der gesetzlichen Ordnung und vom Standpunkt der Kosten aus also um Ersparnisse und nicht um Mehrausgaben. Damit ist zugleich auch die Rechtfertigung deivAnträge gegeben, die wie in den frühern, so auch in dem jetzigen Voranschlag enthalten -sind.

Der Bundesrat und die Bundesversammlung stehen also auf durchaus festem Boden und sie können sich darauf berufen,' dass ihre bisherigen Beschlüsse sich ohne weiteres aus den- bestehenden ·Vorschriften ergeben, die für die Behörden und den Bürger verbindlich sind.

Nun ist auch schon behauptet worden, dass diese gesamte Gesetzgebung und die darauf sich stutzende militärische Tätigkeit ·ihre Existenzberechtigung verloren haben und infolgedessen nicht mehr zur Anwendung kommen können. Formell ist dieser Standpunkt ohne weiteres hinfällig; wir halten ihn aber auch sachlich für vollständig falsch.

Die Gründe, die von jeher für die Einführung und Ausgestaltung des Wehrwesens gesprochen und unser Land veranlagst haben, die grössten Opfer dafür auf sich zu nehmen, .bestehen heute so gut wie früher. Es ist eine durch die Jahrtausend alte Erfahrung der Völker erhärtete Tatsache, dass ein Staat, der sich als selbständig betrachtet und es bleiben will, zur Verteidigung dieser seiner Stellung .über die notwendigen Machtmittel verfügen muss. Die Art, wie er diese Aufgabe erfüllt, kann mit dem Wechsel der Zeit und der Verhältnisse ändern. Der Grundsatz bleibt bestehen und wird nach menschlicher Voraussicht auf lange Zeit wegleitend bleiben. Die Wehrmacht ist eine der ausdrucksvollsten und sichtbarsten Äusserungen des staatlichen Willens zur Unabhängigkeit. Dieser Wille besteht bei uns nicht nur im
geschriebenen Wort der Verfassung, sondern er lebt in unverminderter Stärke im einzelnen Bürger und im ganzen Volke.

Der massgebendé Grundsatz für unsere Stellung im Kreise der Völker ist derjenige der Neutralität. Er bedeutet, dass wir uns

'919 in die Händel anderer Staaten nicht einmischen, er bedeutet aber nicht, dass wir es dem guten Willen Anderer oder dem Zufall überlassen, was mit uns zu geschehen habe. Wir haben 'das Recht nicht aufgegeben, über unser Schicksal, soweit wir das'vermögen, selber zu entscheiden. Die Bri'ahrung lehrt zudem, dass wir nur dann auf die Anerkennung und Beobachtung unserer Neutralität hoffen dürfen, wenn wir im Stande sind, sie im Falle der Not auch wirksam zu verteidigen. Die Ereignisse der letzten Jahre haben mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass ein schwaches oder gar wehrloses Land im Fall von internationalen Verwicklungen nicht nur den Angriff desjenigen zu fürchten hat, der ihm aus diesem oder jenem Grunde feindlich gesinnt ist, sondern dass seine Schwäche auch diejenigen zu feindseligen Massnabmen veranlassen kann, welche das jedem Zugriff offene Gebiet nicht, in die Hände anderer fallen lassen wollen.

So war die Lage von jeher und so stellt sie sich für uns zur Stunde noch dar. Daran hat für die Gegenwart und nächste Zukunft wenigstens weder der Weltkrieg noch der im Anschluss .an die Friedensverträge entstandene Völkerbund etwas geändert.

Unsere Stellung im Völkerbund ist durch die Erklärung, die deiRat des Völkerbundes am 13. Februar 1920 in London auf Begehren der Schweiz abgegeben hat, festgelegt. Demnach anerkennt der Völkerbund, dass die immerwährende Neutralität der Schweiz und die Garantie der Unverletzlichkeit ihres Gebietes, wie sie namentlich durch die Verträge und die Akte von 1815 zu Bestandteilen des Völkerrechts wurden, im Interesse des allgemeinen Friedens gerechtfertigt und daher mit dem Völkerbund vereinbar sind. Der Rat nimmt von den Erklärungen Kenntnis, wonach die Schweiz zu allen Opfern bereit ist, ihr Gebiet unter allen Umständen, selbst während einer vom Völkerbund unternommenen Aktion, aus eigener Kraft zu verteidigen, aber nicht verpflichtet ist, an militärischen Unternehmungen teilzunehmen oder den Durchzug fremder Truppen oder die Vorbereitung militärischer Unternehmungen auf ihrem Gebiet zu dulden.

Daraus geht mit aller Deutlichkeit hervor, dass unsere Neutralität auch fernerhin die Grundlage unserer auswärtigen Politik bleiben muss. In diesem Fall aber haben wir die daraus sicii ergebenden Folgen zu tragen und dazu gehört auch diejenige, dass wir die Unverletzlichkeit
unseres Gebietes gegebenenfalls auch mit der gesamten, uns zur Verfügung stehenden Kraft verteidigen müssen.

Allerdings haben sich die Verhältnisse gegenüber früher in dem Sinne geändert, dass nun der Völkerbund besteht und den

920 Zweck hat, den Ausbrach fernerer Kriege in der Zukunft zu verhindern. Wenn das gelingt, so ist damit naturgemäss die Be· drohung unserer Neutralität unmöglich oder doch weit unwahrscheinlicher geworden als früher. Die'Lage würde dann noch günstiger werden, wenn der vom Völkerbund vertretene Gedankeder Abrüstung zur Verwirklichung gelangen könnte.

Es ist klar, dass wir als kleines Binnenland mit unserer grossen Export-Industrie und unserm verhältnismässig starken Anteil am Weltverkehr auf die Dauer nur in einer friedlichen Welt leben können. Wir haben daher alles Interesse, jede Anstrengung.

zu unterstützen, die auf Unterdrückung der Kriege und auf Stärkung der friedlichen Beziehungen zwischen den Völkern gerichtet ist. Wenn wir trotzdem zur Stunde noch für unser Wehrwesen so grosse Aufwendungen bringen, so liegt darin kein Widerspruch.

Die vom Völkerbund vertretenen Grundsätze stehen im Ge.gensatz zu den Anschauungen und Taten der früheren Jahrhunderte.

Es würde allen menschlichen Erfahrungen widersprechen, wenn die neuen Gedanken sich sozusagen von einem Tag zum andern, ohne Widerstand zu finden, durchzusetzen vermöchten. Es wird im Gegenteil der Arbeit langer Jahre bedürfen, um ihnen die unbestrittene Herrschaft zu erkämpfen. Dass unser Land dabei in erster Linie mitzuwirken hat, steht für uns ausser Zweifel ; wir können uns denn auch darauf berufen, dass unsere bisherige Politik von jeher sich in dieser Richtung bewegt hat. Wir verlangen weder fremdes Gebiet noch eine sonstwie geartete Herrschaft über anderes Land und. Volk. Was wir begehren, ist die ruhige friedliche' Arbeit im Kreise der Völker. Es brauchen nur alle andern Staaten nach diesen Grundsätzen zu leben und zu handeln, so ist dasjenige, was der Völkerbund erstrebt, in der Hauptsache erreicht. Von den gleichen Anschauungen wird auch unser Militärwesen beherrscht. Unsere Armee hat einzig den Zweck, unrechtmassige Angriffe auf unser Land abzuwehren. Sie ist nach Ausbildung und Ausrüstung entsprechend eingerichtet. Würden alleandern Länder unserem Beispiel folgen, so wäre der Gedanke«1er Abrüstung zum grössten Teil durchgeführt und die Kriegsgefahr so gut wie beseitigt.

Auf der andern Seite dürfen wir uns den Besorgnissen, die durch die heutige Weltlage verursacht werden, nicht verschliessen.

Der Weltkrieg hat die Menschheit
nicht nur während seiner Dauer mit unerhörten Opfern und Leiden überschüttet, sondern hat sie auch in eine Verwirrung gestürzt, aus der sie sich nur nach und nach und unter den allergrössten Anstrengungen wird herausarbeiten können. Wir wissen zur Stunde nicht, ob der Zustand,

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·wie er durch die Friedensverträge geschaffen worden ist, unverändert erhalten bleiben wird. Wir wissen auch nicht, ob das auf friedlichem Wege geschehen kann. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Ergebnisse eines Krieges in einem zweiten verteidigt ·werden müssten, und gerade die Erfahrungen der letzten Wochen aeigen uns, dass die Gefahr gewaltsamer Auseinandersetzungen keineswegs verschwunden ist. So bitter die Erkenntnis ist, dass die Gegensätze zwischen den Völkern noch ganz gewaltige sind und die Möglichkeit leider besteht, dass ihre Lösung nicht rasch und unter Umständen in kriegerischer Weise erfolgen wird, so wenig können wir uns ihr verschliessen. Jedenfalls stehen wir immer noch in einer Zeit voll Unruhe und Unsicherheit und dürfen nicht hoffen, dass sich das so rasch und gründlich ändern wird, wie wir im Interesse unseres Landes und der ganzen Welt wünschen müssen.

Ein Land und seine Behörden können aber ihr Verhalten nicht nach dem einrichten, was wünschbar ist, sondern sie müssen ihrem Verhalten dasjenige zugrunde legen, was tatsächlich besteht.

Aus allen diesen Erwägungen ergibt sich für uns eine doppelte Verpflichtung. Wir mUssen alles unterstützen, was die Herbeiführung der Freundschaft und des Rechts unter den Völkern auf friedlichem Wege zu fördern geeignet ist ; wir zählen dazu in erster Linie den Völkerbund und seine Bestrebungen. Auf der andern Seite ist es aber unsere unabweisbare Pflicht, diejenigen Massnahmea zu treffen, die für die wirksame Vertretung unserer Rechte notwendig und möglich sind; dazu gehört eine unserem Lande und seiner Kraft angepasste Landesverteidigung.

Für ihre Ausgestaltung sind eine verhältnismässig kleine Zahl von Tatsachen massgebend, von denen die einen, wie z. B. die Lage, die Grosse, die Beschaffenheit unseres Landes und auch seine Politik unveränderlich oder doch ganz geringem Wechsel unterworfen sind, während die andern, so z. B. die politischen Verhältnisse des Auslandes oder die Formen und die Mittel der Kriegführung sich durch den Weltkrieg von Grund aus geändert haben. Wenn wir- auf einige dieser Tatsachen näher eingehen, so gelangen wir zu folgendem Ergebnis: Unser Land ist ein ausgesprochenes Binnenland, in der Mitte von Europa gelegen und vqn vier andern Staaten begrenzt. Wenn zwischen diesen Nachbarn irgendwelche Verwickjungen entstehen,
so werden wir notwendigerweise in Mitleidenschaft gezogen. Die Tatsache, die uns im Frieden unsere Bedeutung gibt, dass mehrere grosse Verkehrslinien durch unser Gebiet fuhren, macht sich auch

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im Kriege geltend ; die Wçge des friedlichen Verkehrs waren zu allen Zeiten auch diejenigen, auf denen sich die grossen Heere zu bewegen suchten. Wir stehen infolge unserer Lage in der beständigen Gefahr, von der übrigen Welt abgeschlossen und darüber hinaus in die kriegerischen Bewegungen hineingerissen zu werden.

Dabei ist unser Land klein ; wir haben nicht den Vorteil, dessen.

Bedeutung die letzten Jahre oft genug gezeigt haben, dass ein kriegführender Staat grosse Teile seines Gebietes aufgeben kann, ohne sich in entscheidender Weise zu schaden, sondern im Gegenteil seine Widerstandskraft in dem Masse vermehrt, in dem der Angriff des Gegners schwieriger und deshalb weniger gefährlich wird. Auch ein kleiner Verlust an Gebiet ist für uns äusserst nachteilig. Dazu kommen unsere verhältnismässig langen Grenzen, die je nach der Lage in ihrem ganzen Umfang besetzt und gegebenenfalls verteidigt werden, müssen.

Aus diesen Tatsachen, die für uns unabänderlich gegeben sind, fliessen für unsere militärische Vorbereitung mehrere ebenso unabänderliche Verpflichtungen. Die erste ist diejenige einer · beständigen Bereitschaft unserer Armee. Wenn zwischen unsern Nachbarn der Krieg ausbricht, so müssen wir vom ersten Tage an bereit sein. Die Erfahrungen des Jahres 1870 haben sich im Jahre 1914 in vollständig gleicher Art wiederholt. Die grösste Gefahr für unser Land bestand zu Anfang des Weltkrieges und wir niussten ihr sofort mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln begegnen. Die Dienste, welche die Armee damals durch ihre rasche und sichere Mobilmachung dem Lande geleistet hat, können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wir haben dabei auch erfahren, dass die Hoffnung, beim Herannahen der Kriegsgefahr die Lücken in der Ausbildung und Ausrüstung unserer Armee immer 'noch ausfüllen zu können, eine ganz trügerische ist. Auch wenn wir über den unvermeidlichen Ausbruch eines Krieges vollständig im klaren wären, so müsste schon der Gedanke allein, dass wir durch unsere Kriegsvorbereitungen den Kriegsausbruch als unvermeidlich erkennen Hessen, uns von solchen Massnahmen zurückhalten. Die Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Schwierigkeiten wird immer bis zum letzten Augenblick bestehen, und es d,arf nicht Sache eines neutralen und friedlichen Staates sein, durch sein Verhalten auch nur im geringsten
Masse eine Verständigung in letzter Stunde zu erschweren.

Neben der° beständigen Bereitschaft müssen wir danach trachten, unsere sowieso kleinen Kräfte aufs äusserste anzuspannen.

Dazu nötigt uns schon die oben erwähnte grosse Ausdehnung unserer Grenzen ; nicht weniger massgebend ist aber die Er-

923 wägung, dass.je stärker wir dastehen, desto grösser. für unser.

Land die Aussicht ist, nicht belästigt zu werden. Wer unsi feind^ lieh gesinnt ist, der wird sich fragen, ob der Vorteil, den ihm die Besetzung unseres Gebietes bringen kann, der Opfer wert sei, die unser Widerstand ihm auferlegt. Wer unser Gebiet deswegen besetzen will, weil er dein Gegner zuvorkommen zu müssen glaubt, der wird dazu ximso weniger Anlass haben, je stärker unser Wille und unsere Kraft zur Selbstverteidigung sind.

Wir haben also eine stets bereite und möglichst starke Armee notwendig.

Für den Charakter dieser Armee sind im weitern die Grundsätze massgebend, die in einer jahrhundertlangen Entwicklung sich herausgebildet haben.

Nach innen sind es zwei, die wir hier erwähnen müchteru derjenige des Milizheeres und der andere der allgemeinen Wehrpflicht. Das Milizsystem erlaubt eine- verhältnismässig kurze Ausbildung und ermöglicht zugleich eine starke Ausnützung der vorhandenen Kräfte. IQ finanzieller Hinsicht belastet es ein Land bedeutend weniger als eine stehende Armee. Dagegen geht die Erleichterung doch nicht so weit, wie der Fernerstehende häufig anzunehmen geneigt ist. Wohl sind die Dienstleistungen vc'rhältnismässig gering; auf der andern Seite niuss aber das Material, sei es nun die Bekleidung oder Bewaffnung oder sei es anderes Kriegsgerät, entsprechend der Zahl der ausgebildeten Soldaten bereit stehen und diese Zahl ist verhältnismässig nicht kleiner?'

im Gegenteil, sie ist grösser als in vielen Ländern mit stehenden Heeren. Die Anforderungen an die Güle dieses Materials sind von denjenigen anderer Länder nicht verschieden. Die Kosten, die daraus sich ergeben, sind also unter allen Umständen gross und können, sofern wir wenigstens etwas gelten sollen, nicht unter ein gewisses Mass hinabgeführt werden.

Der Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht ist massgebend für die Zahl unserer Rekruten und damit für die Zahl und Grosse unserer Einheiten und Truppenkörper und den Bestand der Armee an Menschen und Kriegsmaterial überhaupt. Die allgemeine Wehrpflicht hat ebensowohl militärische wie politische Bedeutung. Sie ist insbesondere eine der sichtbarsten und wichtigsten Erscheinungsformen des Grundsatzes der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz. Anderseits kann auf ihr allein eine Armee aufgebaut werden, die in
einem natürlichen Verhältnis zum Volke steht.'

Nirgendswo ist ein Gegensatz zwischen Volk und Armee gefährlicher als in einer demokratischen Republik. Wir können diesen Gegensatz nur dann vermeiden, wenn das Volk die Armee als

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einen Teil seiner selbst betrachtet und die Armee ihrerseits sich als einen Teil ihres Volkes fühlt und sich in seinen Dienst stellt. Wenn es auch vom militärischen Standpunkt aus bei uns möglich sein sollte, eine Armee ohne allgemeine Wehrpflicht aufzustellen, so ist das aus politischen Erwägungen vollständig ausgeschlossen ; unser Volk vermöchte eine derartige Armee wicht zu ertragen.

In Beziehung zum Ausland ist eine weitere bleibende Tatsache diejenige unserer Neutralität. Sie hat in militärischer Hinsicht einen wesentlichen Einfluss. Wir wollen unsere Armee zu keinem andern Zweck gebrauchen als zu demjenigen der Verteidigung unseres Gebietes. Wir können infolgedessen auf eine Menge von Dingen auf dem Gebiet der Ausbildung und der Ausrüstung verzichten, die eine Armee nicht entbehren kann, deren Aufgabe sie auf Angriff und Verteidigung, auf Verwendung im eigenen oder fremden Land usw. verweist. Wir haben seit jeher unsere Armee so eingerichtet, wie das unserer Politik entsprach, und so zurückhaltend wir in dieser Politik waren, so zurückhaltend durften und dürfen wir in den Aufwendungen sein, die wir für unser Heerwesen machen.

Ganz unserem Einfluss entzogen und zudem beständigem AVechsel unterworfen, sind die Verhältnisse ausserhalb unseres Landes. Die Vorgänge in der Bildung der Staaten und iu ihren gegenseitigen Beziehungen, wie sie uns das letzte Jahrhundert gebracht hat, sind militärisch für uns von gewaltiger Bedeutung gewesen. Wir unterlassen es, diese Feststellung weiter zu begründen. Naturgemäss sind für uns die Veränderungen, die durch den Weltkrieg verursacht worden sind, ebenfalls von grosser Wichtigkeit. Dabei müssen wir einmal mit der Unsicherheit und der damit zusammenhängenden Gefahr, die mit jeder Neugestaltung verbunden sind und die von uns im besten Fall auf Jahre hinaus eine vermehrte Aufmerksamkeit verlangen, rechnen und sodann mit der Möglichkeit, dass neue gewaltsame Auseinandersetzungen erfolgen könnten. Sollten aber auch die jetzt bestehenden Verhältnisse bleiben, so wird der neugeschaffene Zustand ganz; naturgemäss seine Wirkungen ausüben. Wenn wir uns die Gefahr vorstellen, die uns von einem fremden Staat her drohen kann, so denken wir alter Gewohnheit gemäss in erster Linie an seine Kraft ; die Gegenwart lehrt uns, dass auch die Schwäche eines Nachbars eine Quelle
der Beunruhigung für uns sein kann. Wir haben infolgedessen allen Anlass, die neuentstandenen Verhältnisse genau zu prüfen und dürfen die oft als selbstverständlich geäusserte Ansicht, dass die im Kriege unterlegenen Nachbarstaaten

92S far unsere militärischen Erwägungen vollständig ausser Betracht fallen, nicht ohne weiteres als richtig und für uns massgebeiid hinnehmen.

Einem ständigen Wechsel ist auch alles unterworfen, was die Verwendung der Armee im Kriegsfall betrifft. Hier stehen wir der Entwicklung ohne Möglichkeit einer Beeinflussung durch unser Verhalten gegenüber. Die Ansichten sind in beständigem Fluss begriffen und wenn der Krieg für eine Reihe von Fragen die Lösung gebracht hat, so sind in seinem Gefolge ebenso viele neue entstanden, zu denen Stellung genommen werden mues.

Vom finanziellen Standpunkt aus fallen namentlich alle diejenigen Aufgaben in Betracht, die in bezug auf die Bewaffnung und die Ausrüstung unserer Armee überhaupt zu lösen sind. Eine, der wesentlichsten Folgen des Krieges ist die ganz gewaltig vermehrte Bedeutung, die dem Kriegsmaterial zukommt. Zu der alten Bewaffnung der Infanterie mit Gewehr und Bajonett ist in rerschiedenen Formen und in gewaltiger Zahl das Maschinengewehr getreten, ohne dass bis jetzt die Entwicklung in dieser Richtung vollständig abgeschlossen wäre. Dazu kommen, di.e Handgranaten, die Minen- und Flammenwerfer, die Begleitgeschutze usw. Bei der Artillerie hat die Zahl der Geschütze und die ·Grosse des Kalibers in einer Weise zugenommen, die vor dem Krieg als unmöglich angesehen wurde. Gleichzeitig sind die Vorrichtungen für das Richten und Schiessen immer mehr verfeinert worden, bis zu den Apparaten für Licht- und Schallmessung, für Berücksichtigung des Einflusses der atmosphärischen Verhältnisse usw., die an die Genauigkeit der Ausführung und der Bedienung die gleichen Anforderungen stellen, wie ein wissenschaftliches Instrument. Der Verbrauch an Munition ist auch den höchsten Erwartungen gegenüber ein mehrfach grösserer geworden. Das Verbindungswesen hat sich längst die neuesten Entdeckungen der Wissenschaft zu Nutze gemacht; beim Telegraph und Telephon spielen die neuen Übermittlungsarten des drahtlosen Verkehrs usw. eine immer grössere Rolle. Von neuen Kampfformen seien hier bloss der Luftkrieg und der Gaskrieg genannt. Sie werden mit Kampfmitteln geführt, die früher vollständig unbekannt waren und die in bezug auf Beschaffenheit und Verwendung ebenfalls die grössten Anforderungen stellen.

Diese ganze Entwicklung ist auch für uns von grosser Bedeutung. Es ist
ausgeschlossen, dass wir ihr in allen Teilen werden folgen können; dafür fehlen uns die notwendigen Mittel, und zwar sowohl diejenigen finanzieller als persönlicher Natur.

Dagegen werden wir unsere Bewaffnung und Ausrüstung doch Bundesblatt. 74. Jahrg. Bd. III.

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926 den heutigen Verhältnissen anpassen müssen. Inwieweit das im einzelnen zu 1 geschehen hat, wird Sache genauer Prüfung sein.

Wir wissen aber schon jetzt, dass in finanzieller Hinsicht damit eine im Vergleich zu früher vermehrte Belastung verbunden sein wird, denn bei aller Verschiedenheit weisen die Neuerungen aller Art den gemeinsamen Zug auf, dass sie ungewöhnlich teuer zu stehen kommen.

Wenn wir alle diese allgemeinen Erwägungen berücksichtigen, so ergibt sich daraus die unabweisbare Forderung, dass die Aufgaben, denen unsere Armee gewachsen sein soll, nicht abgenommen, in verschiedenen Richtungen sich sogar vermehrt haben. Jedenfalls dürfen wir den Stand der Ausbildung 'und Ausrüstung nicht weniger gut werden lassen, als er zurzeit ist. Wir mögen uns einschränken, soviel wir wollen, es gibt eine Grenze, unter die wir nicht hinuntergehen dürfen, weil sonst der Wert unseres Wehrwesens so gering wird, dass sich die Opfer an Zeit, Arbeit und Geld nicht mehr lohnen. Nichts wäre für unser Land verderblicher, als wenn es sich auf seine Armee verlassen würde und erst in der Stunde der Gefahr zur Erkenntnis käme, dass sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist. Wir dürfen in diesem Zusammenhang wohl daran erinnern, dass im Jahre 1914 die ruhige und sichere Art, wie die Armee sich bereit machte und ihre Stellungen bezog, nicht nur für unsere auswärtigenBeziehungen von Bedeutung war, sondern nicht weniger stark nach innen wirkte, indem sie das durch den Kriegsausbruch überraschte und infolge der vielen plötzlichen Sorgen unsicher gewordene Volk zu beruhigen vermochte.

Bei der Frage der Verminderung der Militärausgaben handelt es sich also nicht darum, innerhalb eines bestimmten Rahmens die Kosten herabzusetzen, mit dem Ergebnis, dass mit den kleinem Mitteln zwar weniger, aber immerhin noch Genügendes geleistet werden kann und im übrigen am bisherigen Zustand grundsätzlich nichts geändert wird.

Die gegenwärtigen Ausgaben für die Landesverteidigung sind eine notwendige Folge unserer äussern und innern Politik und der zu ihrer Durchführung aufgestellten Verfassung. Werden die Aufwendungen ganz oder zu einem wesentlichen Teil unterdrückt, so wird dadurch nicht nur die Armee betroffen, sondern, es werden die Grundlagen berührt und verändert, auf denen unser Staatswesen beruht und die für sein Verhältnis zu den eigenen Bürgern und für seine Stellung zu der übrigen Welt ..massgebend sind. Diese Grundlagen verdanken ihren Bestand.

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nicht dem Zufall,.-sondera haben sich in .einer jahrhundertelangen Entwicklung naturgemäss gebildet. Ob wir sie ganz oder teilweise aufgeben wollen, das ist nicht aunächst eine militärische oder finanzielle Frage, sondern eine Sache der Politik; sie kann in keinem Fall auf die Weise gelöst werden, dass die entscheidenden Beschlüsse bei der Beratung des Voranschlages auf dem Wege der Herabsetzung verfassungsmassig vorgesehener Ausgaben fallen, sondern sie muss für sich und in denjenigen Formen behandelt werden, die ihrer-grundsätzlichen und folgenschweren Bedeutungentsprechen.

B. Die Ausgaben für das Militärwesen.

1. Ihre Verteilung im allgemeinen.

Wenn man ein richtiges Bild über die Kosten bekommen will, die ein unsern Bedürfnissen entsprechendes und den heutigen Verhältnissen. angepasstes Militärwesen verursacht, so muss man sich die Verteilung dieser Kosten klar machen. Mit der allgemeinen Behauptung, es könne ohne Mühe viel gespart werden, kommt man nicht zum Ziel; wir wollen im folgenden versuchen, eine zahlenmässig begründete Darstellung der Verhältnisse zu geben.

Die Ausgaben für das Militarwesen haben betragen : 1910 Fr.

42,263,297

1911 Fr.

44,777,894

1912 Fr.

45,156,951

1913 Fr.

45,840,619

1916

1917

1918

1919

Fr.

36,346,321

Fr.

43,601,928

Fr.

44,692,950 Voranschlag 1922 Fr.

80,930,107

-

1914 Fr.

36,807,613

1915 ' Fr.

3«,997,88K

1920

1921 Fr.

75,314,010

Fr.

Fr.

52.704,945 60,427,219 Voranschlag 1923 Fr.

77,847.793

Sie verteilen sich auf die drei grossen Gebiete der Ausbildung, der Ausrüstung und der Verwaltung. Wir folgen dabei der Einteilung, wie sie für den Voranschlag des Jahres 1923 zum ersten Mal gemacht worden ist, wobei wir zur eigentlichen Ausrüstung der Armee die Kosten der Pferdestellung sowie diejenigen der Festungen und.des Verkehrswesens hinzuzählen. Wir erhalten auf diese Weise eine Gegenüberstellung der Kosten für den Manu und derjenigen des Materials.

928 Ausbildung

1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922 1923

Fr.

24,707,939 25,192,509 25,395,087 26,060,493 . . . . . 16,858,292 . . . . . 17,571,252 14,883,609 18,235,705 16,521,229 17,257,588 24,857,714 39,983,547 Voranschlag. 46,059,181 44,953,926 . . ,,

AusrUsteflg Fr.

Verwaltung Fr;

16,380,665 18,323,939 18,416,712 18,420,476 18.606,820 20,319,559 20,303,865 24,115,782 26,523,159 33,280,244 31,566,111 32,292,759 31,893,947 30,208,755

1,174,693 1,261,446 1,345,152 1,359,650 1,342,401 1,107,077 1,158,847 1,150,441 1,648,562 2,167,113 4,003,394 3,037,704 2,976,979 2,685,112

Die Gliederung der durch die Ausbildung der Armee verursachten Ausgaben ist die folgende:

Lehrpersonal

1910 . .

1911 . .

1912 .

1913 . .

1914 . .

1915 . .

1916 1917 . .

1918 . .

1919 . .

1920 . .

1921 . .

Voranschi. 1922 Voranschi, 1923

Leistungen Führung fUr Erund Unterkunft leichterung Unterricht Inspektion der Dienstpflicht

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

1,798,815 1,816,675 1,918,278 1,884,900 1,571,330 1,420,685 1,615,234 1,621,172 2,102,033 2,635.376 3,035,309 2,909,968 3,238,267 8,022,801

20,165,017 20,851,170 20,739,704 21,388,696 12,950,403 13,865,857 10,951,436 13,779,610 11,546,417 12,114,510 17,081,628 28,482,567 35,810,408 38,755,640

132,098 111,099 117,978 185,445 122,279 30,894 38,731 47,876 62,769 87,172.

227,076 294,479 270,700 266,800

Ist in den Ausgaben des Unterrichts inbegriffen.

Fr.

2,456,861 2,783,625 2,474,142 2,456,129 2,084,295 2,139,029 J!

2,159,167 » 2,667.020 2,680,950 :i 2,290,365 n 4,360,769 » 1,714,390 6,407,336 1,752,672 4,789,234 1,727,400 5,883,285

Drucksachen Fr.'

155,148 129,940 144,985 145,323 139,986 114,787 119,041 120,027 130,060 130,165 152,932 174,806 198,000 298,000

Die Kosten für die Ausrüstung der Armee mit Inbegriff der Versorgung mit Pferden und des Unterhalts der Festungen ergeben folgende Zahlen :

929 MaterialMaterial- Unterhalt beschaffung und Ersatz Fr.

9,266,983 1910. . .

8,955,341 1911 1912 9,138,913 1913 9,129,619 1914 10,008,851 1915 11,236,004 1916 10,234,177 1917 15,196,165 13,435,329 1918 1919 12,948,623 1920 12,586,343 1921 14 464 605 Voranschlag 1922 12,288,046 Voranschlag 1923 12,117,922

Pferde

Fr Fr.

1,4'I0656 3,663,427 2,585,610 3,685,989 2,698,060 8,762,932 2,750,656 8,746,254 2,178,669 3,661,878 2,643,339 3,314,484 2,235,401 5,286,748 2,135 505 4,646,632 3,255,886 6,731,876 3,293,832 11,993,631 4.792,214 8,701,903 5 366 859 7 700 512 5,694,620 8,707,744 5,290,640 7,598,155

Festungen

Verkehrswesen

Fr. · 1,493,262 2,503,342 2,189,409 2,070,267 2,074,418 2,375,079 1,825,000 1,407,229 2,129,006 2,551,176 2,354,036 2041,415 2,075,281 1,927,447

Fr.

516,337 593,657 627,398 723,680 683,004 700,653 722,539 730,251 971,062 3,392,982 3,131,415 2,719,368 3,128,956 3,274,591

Für die Prüfung und Vergleichung der Zahlen fallen in Betracht die Jahre 1910--1913 einerseits und 1921--1923 anderseits. Während den Jahren 1914--1918 stand die Armee ganz oder teilweise unter den Waffen. In der ordentlichen Rechnung wurde nur ein kleiner Teil der durch sie verursachten Ausgaben verrechnet, in der Hauptsache nur, was durch die Ausbildung und Ausrüstung der Rekruten und die Verwaltung an Kosten verursacht wurde. Der grössere Teil der Ausgaben findet sich in den Mobilmachungsrechnungen. In den Jahren 1919 und 1920 war die militärische Tätigkeit gegenüber dem gesetzlichen Zustand sehr stark eingeschränkt ; zudem machten sich die Nachwirkungen der Mobilmachung geltend. Alle diese Jahre von 1914--1920 weisen also durchaus unregelmässige Verhältnisse auf und fallen für unsere Zwecke deswegen ausser Betracht.

Ein Vergleich der Ausgaben der Jahre 1910--1913 mit denjenigen der Jahre 1921--1923 zeigt eine ganz gewaltige Vermehrung der Kosten und es wird zu untersuchen sein, woher diese Veränderung kommt. Ist .sie verursacht durch eine Vergrösserung der Armee, durch eine Verlängerung der Ausbildungszeit, durch eine Verstärkung der Ausrüstung, durch die Zunahme der Verwaltung und dergleichen oder liegen ihr andere Tatsachen zu..Grunde? In dieser Beziehung können wir ganz allgemein sagen, dass im grossen und ganzen für das Militärwesen in den Jahren 1921 bis 1923 die gleichen Vorschriften galten, wie für die, i Jahre vor dem Krieg.

930 Die Zahl unserer Rekruten ist im Vergleich zu den Jahren vor dem Krieg nicht vermehrt worden, im Gegenteil ist infolge; strengerer Vorschriften in bezug auf die Tauglichkeit der Prozentsatz der Ausgehobenen ganz wesentlich zurückgegangen. Ebenso haben wir heute noch die gleiche Ausbildungszeit und grundsätzlich die gleichen Vorschriften betreffend die Dienstpflicht des einzelnen Mannes ; auch hier sind bis zur Stunde die Vorschriften betreffend die einzuberufenden Jahrgänge im Auszug und die Dienstleistung in der Landwehr nicht ganz durchgeführt. Ferner ist die Organisation der Armee in der Hauptsache die gleiche geblieben 5 an wesentlichen Veränderungen erwähnen wir den neu eingeführten Motorwagendienst und das ebenfalls neue Militärflugwesen. Es hat sich hier die Notwendigkeit gezeigt, das Automobil in anderer Weise als früher in den Dienst der Armee zu stellen und das Flugzeug als neues Kriegsgerät einzuführen. In finanzieller Hinsicht fallen nur die Kosten dieser zweiten Massnahme in Betracht; sie gliedern sich in die Ausgabe.n für die Fliegertruppe, für das Militärflugwesen, d. h. namentlich den Betrieb des Flugplatzes Dübeudorf, und für die Materialbeschaffung und belaufen sich im ganzen nach dem Voranschlag für 1923 auf rund Fr. 4,323,000. Bei der grossen Bedeutung, die" das Flugwesen für jede Armee erlangt hat, waren auch wir gezwungen, es in unsern Dienst zu stellen. Wir haben uns dabei auf das Allernotwendigste beschränkt. Wie bei vielen andern Ausgaben des Militärdepartements, handelt es sieh aber auch hier nicht um Kosten, die ausschliesslich der Armee dienen und für Zivilverhältnisse keine Bedeutung haben. Das militärische Flugwesen ist zur Stunde die stärkste Stutze des Flugwesens in der Schweiz überhaupt und leistet in diesem der Menschheit neuerschlossenen Tätigkeitsgebiet Dienste, die ganz abgesehen von ihrer militärischen Bedeutung für das ganze Land von grosser Wichtigkeit sind. Gewiss weiss zur Zeit noch niemand sicher, welche Rolle das Flugzeug in der Entwicklung der Menschheit spielen wird. Dass wir hier aber mit heute noch nicht übersehbaren Möglichkeiten rechnen müssen, liegt klar zu Tage. Daraus ergibt sich die Verpflichtung, dass wir der Sache nicht ferne bleiben können. Unser militärisches Flugwesen, -- Fliegertruppe, Flugplatz, Personal, Einrichtungen und Flugzeuge,
-- ist zur Stunde die eigentliche Verkörperung der in unserm Lande bis jetzt geleisteten Arbeit und zugleich unsere Hoffnung für die Zukunft. Wenn also hier auf einem Gebiet eine Mehrbelastung eingetreten ist, so sind dafür auf andern Einschränkungen durchgeführt worden. Jedenfalls zeigt aber ein Blick auf die oben

931 Aviedergegebenen Zahlen, dass die Mehrausgaben in der Hauptsache durch andere Gründe herbeigeführt worden sind, als durch eine Ausdehnung unserer bisherigen militärischen Einrichtungen.

Damit kommen wir auf die eigentliche Ursache dieser Vermehrung. Sie liegt in nichts anderem als in der Zunahme aller Preise, wie sie durch den Weltkrieg herbeigeführt worden ist; Was der Bürger in seinem Haushalt und in seinem Geschäft erlebt, was der Staat in seinen übrigen Verwaltungsgebieten erfährt, das macht sich auch im Militärwesen geltend. Die vermehrten Kosten für Nahrung, Bekleidung und Unterkunft, die Zunahme der Besoldungen und Löhne, die erhöhten Preise des Rohmaterials und der fertigen Gebrauchsgegenstände bestehen im Gebiet des Militärwesens so gut wie anderswo und machen sich durch eine gewaltige Zunahme der Ausgaben bemerkbar. Es ist sozusagen kein Posten des Voranschlages, der dadurch nicht berührt wird.Zum Beweis greifen wir eine Reihe von Ansätzen heraus und stellen sie im folgenden Abschnitt zusammen.

2. Die Kosten im einzelnen.

Es ist natürlich nicht möglich, alle Einzelheiten hier anzugeben. Wir greifen aus den drei grossen Ausgabengruppen der Ausbildung, Ausrüstung und Verwaltung je einige sprechende Beispiele heraus: a. Die Ausbildung.

Die Gesamtkosten der Ausbildung betrugen, wie bereits angegeben: Voranschlag 1911 25,192,509

1912 25,395,087

1913 26,060,493

1921 39,983,547

1922 1923 46,059,181 44,953,926

Diese Kosten setzen sich in der Hauptsache zusammen aus ·den Auslagen für das Lehrpersonal, für den Mann (Nahrung, Unterkunft, Sold, Beiträge zur Erleichterung der Dienstpflicht, Förderung der ausserdienstlichen Tätigkeit), für die Pferde und für die Munition.

Wir erhalten dabei folgende Zahlen: Die Kosten für das L e h r p e r s o n a l betrugen: Voranschlag 1911

1912

1913

1921

1922

1923

1,816,675

1,918,278

1,884,900

2,909,968

3,238,267

3,022,801

Z a h l der ì n s t r ' u k t o r e n :

,,

...

1911

1912

1913

1921

Voranschlag 1922 1923

227

220

211

201

218

217

932Daraus geht hervor, dass bei ungefähr gleich gebliebener Zahl der Instruktoren die Kosten um mehr als 50 % zugenommen haben. Wie in andern Zweigen der Bundesverwaltung, haben dieBesoldungen erhöht werden müssen und ebenso war es notwendig, die Entschädigung für Uniformen, Reisen, auswärtige Unterkunft, Pferdehaltung, den veränderten Verhältnissen anzupassen.

Über die Kosten, die auf den Mann fallen, geben die folgenden Zahlen Auskunft: Die F l e i s e h p o r t i o n von 320 Gramm kostete im Jahre 1913 im Durchschnitt 52 Rappen, im Jahr 1921 119 und seither 72 Rappen.

.

Die B r o t r a t i o n von 750 Gramm kam zu stehen im Jahr 1912 auf 21 Rappen, im Jahr 1921 auf 41 und seither auf 33 .Rappen.

Der Z u s c h u s s des B u n d e s an die H a u s h a l t u n g s k a s s e n der T r u p p e erhöhte sich von 22 Rappen im Jahre 1913 auf 70 Rappen im Jahre 1921 und beträgt heute noch 60 Rappen.

; Die V e r g ü t u n g für die M u n d p o r t i o n wurde doppelt/und belauft sich heute auf Fr. 2.

,

Der S o l d betrug: Oberst ; Oberstlieutenant . .

., Major Hauptmann Oberlieutenant . .

.: Lieutenant Adjutant-Unteroffizier Feldweibel Fourier Wachtmeister . .

, , Korporal . . . .

''Gefreiter Füsilier . . . .

Rekrut. . . . .

.

.

.

.

.

.

.

1913 17.-- . 13. -- 11. -- 9. --- .

7. -- 6.-- .

3. -- 2.50 2.-- .

1.50 .

1.-- .--. 90 ,. --. 80 .--.50

ver

1923 22.-- 16.50 13. 20 11. -- 9.20 8.20 4.30 3. 80 3.30 2,80 2.30 2.10 ." 2. -- . 1.--

Wirkung dieser Erhöhung kommt am deutlichsten in Die den sogenannten Einheitspreisen zum ; Ausdruck, d.h. h. in dem

933 Kostenbetrag, der in don verschiedenen Schulen und Kursen im Tag auf jeden Mann fällt. Es betrug der Einheitspreis:*) Reknüenschule.

1911 Infanterie . .

3.61 Kavallerie , .

9.72 Artillerie (Feld inkl. Pferde) 10.90 Genie . . .

4.29 Festungstruppen 8.24 Verpflegungstruppen 3.12 Wiederholungslcurs.

Infanterie . .

4.06 Kavallerie . .

9.17 ArliUerie (Feld iukl. Pferde) 13.55 Genie . . .

5.42 Festung . .

8.14 Verpflegung .

4.41 Unterofjisiet-sclwle.

Infanterie . .

5.09 Kavallerie . . 10.54 Artillerie . . 12.30 Offiziersschule.

Infanterie . .

8.73 Kavallerie. . 15.01 Artillerie". . 24.38 Schiesskurs I fiaFeldartaierie 64.36 Zentralsclwle I 18:73 ZentralscTiule II 30.48 Die Kosten für die

1912 3.79 9.21

Voranschlag

1913 1921 . 1922 1923 3.49 6.66 7.-- 6.4.5 9.11 15.90 16.50 14.05

10.16 4.16 8.52 4.59

10.12 4.27 8.10 3.63

13.27 15.93 7.74 . 8 . - 9.56 11.-- 8.93 7.--

13.55 8.15 12.05 8.05

4.05 9.52

4.22 8.92

7.34 12.94

8.-- 18.70

7.-- 13.--

13.39 5.29 7.63 5.91

13.05 15.99 5.54 8.95 9.66 10.64 6.37 .10.80

16.-- 10.-- 10.-- 10.--

13,80 9. -- 8.-- 9.--

5.30 10.60 10.91

5.02 9.24 11.77

9.51 15.13 16.96

11.-- 9.05 L6.-- 16.05 20.50.17.55

8.45 13.33 22.18

8.67 12.57 21.95

14.97 19.44 39.20

18.-- 2J.38.--

42.51 18.71 26.77 Schulen 1911

15.85 19.25 34.45

45.35 103.52 120.-- 121.-- 18.74 34.45 32.-- 32.24.57 32.37 50.-- 43.-- und Kurse betrugen im ganzen : 1912

1913

Rekrutenschulen . . .

6,811,111 . 7,384,622 7,647,481 Wiederholungskursc . . .8,572,439 7,808^396 8,425,036 Kaderschulen . . . . . . :2,383,658 2,386,366 2,638,727 1 '*) Im Voranschlag 1923 sind die Kosten für die Unterkunft in den Einheitspreisen der Militärschulen und -kurscn nicht mehr inbegriffen; für diese Ausgabe ist eine besondere Hübrik geschaffen worden.

Um aber bei den Rekrutenschulen und den Kaderschulen -- die Wieäerholungskurse fallen hier nicht in Betracht -- 'die Einheitspreise von 1923; denjenigen der Vorjahre in richtiger Weise gegenüber zu stellen, haben wir : föt fi.en .vorliegenden Bericht die Kosten der tJnterkiinft zu deh Einheitspreisen des Voranschlages 1923 hinzugerechnet.

934 Voranschlag 1921

1922

1923

Rekrutenschulen . . . 12,380,903 12,496,981 12,038,273 Wiederholungskurse . . 11,110,727 13,500,030 12,800,549 Kaderschulen . . . . 3,904,184 4,991,507 5,147,968 Wenn wir berechnen, wieviel die Schulen und Kurse dès Jahres 1913 nach den Ansätzen für das Jahr 1923 gekostet hätten, wenn sie im übrigen nach den gleichen Bedingungen behandelt worden wären, so kommen wir auf folgende Zahlen: Nach den Preisen von 1913

1923

18,711,244 33,249,623 Eine gewaltige Vermehrung haben auch diejenigen Leistungen des Bundes erfahren, die im Voranschlag für das Jahr 1923 zum ersten Mal unter der Bezeichnung Leistungen für Erleichterung der Dienstpflicht" zusammengefasst worden sind.

Wir nennen hier vorab die K o s t e n d e r M i l i t ä r v e r s i c h e r u n g ; sie betrugen für: : .1911 1,337,800

1912 1,360,229

1913 1,244,624

1921 3,967.578

1922(einschl. Nachtragskredite) ; 4,990,000

Das S c h u h w er k wird bekanntlich dem Wehrmann entweder umsonst oder zu einem Preise abgegeben, der weit unter den Gestehungskosten liegt. Die Leistungen des Bundes betrugen in diesem Punkt: Voranschlag 1911

1912

1913

1921

1922

1923

585,611 478,619 503,126 1,634,292 1,414,000 1,333,000 Der Bund gibt seit -jeher grosse Summen aus, um die a u s s e r d i e n s t l i c h e T ä t i g k e i t auf dem Gebiete des Vorunterrichts, des Turnwesens, des Schiesswesens usw. zu unterstutzen. Die daherigen Ausgaben betrugen : Voranschlag 1912 1913 1921 1911 1922 1923 Vorunterricht 340,446 355,673 330,391 491,516 536,600 535,500 Turnwesen .

83,031 115,223 99,996 247,091 373,500 385,100 Schiesswesen 1,744,656 1,723,418 1,833,032 1,397,928 5,037,740 4,068,000

b. Die Materialbeschaffung.

Die gleiche Erscheinung, die sich für den Unterricht in den oben angeführten Zahlen darstellt, zeigt sich auch beim Kriegsmaterial. Wesentlich sind hier vor allem die Preise für das Roh-

935 material und die Arbeitslöhne; wie beides gestiegen ist, weiss jedermann. Sowohl für die Anschaffung des neuen als für den Unterhalt des vorhandenen Materials macht sich das in sehrempfindlicher Weise geltend. So kostet die Bekleidung und persönliche Ausrüstung für den: ······· Voranschlag ' Füsilier * . . .

Dragoner . . .

Fahrer der Art. .

Festungssoldat* .

1911 170. 36 236. 20 229. 05 188. 50

1912 172. 55 238. 85 231. 90 190. 90

1913

1921

1922

1923

174. 45 238. 86 213. 40 192. 80

443. 11 406. 16

342. 80 319. 85 402. 95 350. 50

338.90

503.11.

435. 71

299- 40 382. 85 334. 85

An einzelnen Gegenständen erwähnen wir die Kosten für: 1911

Infanteriehose . 18.15 Kaput. . . . 35.40 Tornister. . . 32.50

1912

1913

1921

Voranschlag 1922 1923

18.20 36.40 32.50

18.20 36.40 34.--

51.45 96.10 80.80

38.55 70.15 71.65

36.15 63.85 71.90.

Für die Kosten der einzelnen Gegenstände werden von der Militärverwaltung jeweilen besondere Berechnungen aufgestellt., die für den Preis massgebend sind. Demnach betrugen z. B. die Auslagen für : 1911

1912

1913

1921

Voranschlag 1922 1923

Infanteriehose :

Tuch 12.10 11.85 ' 11.80 Zutaten 1.25 .. 1.25 1.26 Arbeitslohn . . . . 4.20 4.50 4.50 Zuschneiden und Kontrolle --.60 --.60 --.60 Bezeichnen und Spedition -- -- -- Total 18.15 18.20 18.20

30.68 3.92 15.40

18.42 2.68 16.40

17.06 2.72 14.30

1.75

1.75

1.75

--. 20 51.95

- -. 30 38.55

--. 30 36.15

Bei allen andern Gegenständen der Bekleidung ergibt sich sin ähnliches Verhältnis.

Wir geben ferner einige Preise für W a f f e n und andere . A u s r i i s t u n g s g e g e n s t ä n d e an: *) Obwohl die Abgabe eines Kaputes an den Infanteristen io den Toranschlägen 1921 bis 1923 nicht vorgesehen war, haben wir die bezüglichen Kosten gleichwohl im vorliegenden Bericht mitgerechnet, um eine Übereinstimmung mit den Ansätzen der Jahre 1911, 1912 und 1913 herbeizuführen, in denen für den Infanteristen ein Kaput beschafft wurde.

·. .

936 1911

Waffen: .

Gehwehr . .

Pistole .

Kavalleriesäbel Ausrüstung : Offiziersreitzeug Fahrrad . .

Geschirr mit Sattel . .

Pferdedecke .

Hufeisen . .

Fuhrwerk : Gebirgsfourgon Schuhwerk : Marschschuhe Bergschuhe .

1912

1913

Voranschlag 1922 1923

1921

90.-- 62.-- 11. 50

90.-- 62.-- 11.60

210.-- 330. -

200.-- 310. -- 30. 66

180.-- 230.-- 27. 7&

325. -- 380. --

330.-- 180.--

850.-- 400.--

790. 340.--

710.-- 280. -

90.-- 62.-- 11.50

620.-- 030.

14.80 14.80 . --. 65 --. 65 1500. --

-

. 22.55 . 31. --

22.85 34.50

645.-- 1700. -- 1530. -- .1460. -- 37.-- 26.-- 14.80 25.-- 1.20 1.15 --.65 1400. --

3150. --

22.70 33.40

45. 70 53.20

3000. -- BOOO. -- 50.30 54. --

~

Die Ge w ehr m u n i t i o n stieg im Preis .von 10 Rappen für das Stück im Jahre 1913 bis auf 26 Rappen im Jahr 1921.

Von der Artilleriemunition kostete, z. B. eipe 7,5 cm Granate früher Fr. 28. --, heute Fr. 56. --, eine 12 cm Stahlgranate für Kanonen früher Fr. 50.

heute Fr. 94. --, ein 12 cm GranatShrapnell für Feldhaubitzen früher Fr. 65. --, heute Fr. 112. --...

. Die Ausgaben für den U n t e r h a l t des M a t e r i a l s und den E r s a t z desselben haben sich in folgender Weise gestaltet.

Die Gesamtkosten betrugen : ,1911

2,686,610

Voranschlag 1922 1923

1912

1913

1921

2.698.060

2,750,656

5,366,859

Es betrug der 1911

1912

1913

1921

5,694.620

5,290,640

Voranschlag 1922 1923

Arbeitslohn im .

ganzen . . . 366,255 376,647 378,249 1,983,250 1,765,800 1,424,650 Zahl der Arbeiter 214 220 212 367 370 ,318 Stundenlohn im Durchschnitt . 57 Rp. 57 Bp. 60 Kp.

2.15.

1.90 1.79

Die Vermehrung der Arbeiter wurde verursacht einerseits durch die Verkürzung der Arbeitszeit und andererseits durchdie Vermehrung, die das Material infolge der Neuanschaffungen während des Krieges erfahren hat ; es- ist klar, dass mit dem Unterhalt des vermehrten Materials auch, eine grössere Arbeit verbunden ist.

Wie stark der Einfluss der erhöhten Löhne in.den ; Fabriken des Bundes sich geltend macht, zeigt die folgende Zusammen-

937

Stellung. Die Arbeiterzahl in den 5 Fabriken, Waffenfabrik Bern, Konstruktionswerkstätte Thun, Munitionsfabriken Thun und Altdorf, Pulverfabrik Wimmis, betrug: 1913

1921

2136 1426 An Löhnen wurden ausbezahlt im Jahre: 1913

1921

3,524.557 5,860,552 Der Durchschnittslohn ist also von Fr. 1650 im Jahre 1913 auf Fr. 4110 im Jahre 1921 gestiegen. Dabei ist die Arbeitszeit verkürzt und die sind Ferien verlängert worden ; im weitern zahlt der Bund heute an Beiträgeu für die Versicherungskasse einen Betrag von Fr. 457,265.

Das gleiche Bild bieten die Pferderegieanstalt und das Kavallerie-Remontendepot. Wir greifen das letztere heraus: 1911

Zahl der Arbeiter .

Lohnsumme im ganzen Durchschnittslohn .

Dienstkleider . . .

1912

1913

1921

Voranschlag 1922

.

346 363 358 479 468 . 732,322 772,310 769,167 2,583,957 2,385,706 . 2,117 2,128 2,149 5,394 5,098 . 41,800 48,500 45,200 155,600 135,771

In diesem Zusammenhang erwähnen wir auch die Kosten des Pferdefutters. Es kosteten : 100 kg

Hafer Heu Stroh

<9 11

19.20 10.34 7.91

1912 19.95 11.39 8.36

1913 19.87 10.95 7.71

1921 34.92 18.83 10.71

Voranschlag 1922 28.33 16.25 8.08

c. Die Zentralverwaltung.

Hier geben die Zahlen folgende Entwicklung an. Es betrugen: 1911

die Besoldungen .. 910,217 Zahl der Beamten 183 Zahl der Aushilfsarbeiter. . . .

12 Besoldung im Durchschnitt . .

4,668

1912

1913

1921

Voranschlag 1922

978,454 186

970,687 187

2,632,123 190

2.647,675 192

12

12

169

121

4,942

4,878

7,642

.8,459

Die Zunahme der Zahl der Aushilfsarbeiter fällt fast ausschliesslich auf die Militärversicherung. Sie beschäftigte im Jahr 1913 an solchen Leuten 3 Mann, im Jahr 1922 waren es deren 89. Abgesehen von dieser Vermehrung, die mit der Zunahme

938 der Geschäfte, zusammenhängt-und .die vom Willen der Verwaltung .sozusagen unabhängig ist, hat die,-Zentral ver waltung keine in Betracht fallende Ausdehnung erfahren. Die nicht selten zu, hörende Behauptung, sie entwickle sich auf Kosten der Aufwendungen für die Ausbildung und das Material, ist also unrichtig.

Wenn die Tatsache in billige Berücksichtigung gezogen wird, dass die durch den Krieg herbeigeführtan Veränderungen die der Zentralverwaltung auffallende Arbeit nicht vermindert, sondera sehr wesentlich vermehrt haben, so wird man auch verständlich finden, dass ein stärkerer Abbau bis heute unmöglich war.

C. Oie Herabsetzung der Ausgaben.

Wie aus den vorstehenden Ausführungen herhorgeht, wird weitaus der grösste Teil der Ausgaben für das Militärwesen durch die Ausbildung einerseits, durch das Kriegsmaterial andererseits in Anspruch genommen. Wenn eine" wesentliche Herabsetzung der Kosten erfolgen soll, so müssen in einem dieser beiden Gebiete oder in beiden zugleich die Abstriche vorgenommen werden.

Die Kosten der Ausbildung hängen in erster Linie von der Ausbildungszeit ab. Wir sehen denn auch in allen Ländern, die ihre Militärausgaben vermindern wollen, das Bestreben, die Dienstdauer gegenüber dem bisherigen Zustand herabzusetzen und an mehr als an einem Ort drehen sich die Verhandlungen in den vorberatenden Behörden und in den Parlamenten fast ausschliesslioh um diesen Punkt. Wir befinden uns in dieser Hinsicht in einer Sonderstellung. Auch wenn anderswo wesentliche Kürzungen der Dienstzeit erfolgen, so bleibt sie immer noch viel länger als bei uns. Was dort angestrebt wird, das haben wir bei uns schon lange erreicht. Mit einer auf mehr als 12 Jahre sieh verteilenden Dienstleistung von 171 Tagen für die Infanterie und das Genie, von 196 Tagen für die Kavallerie, von 202 Tagen für die Artillerie, sind wir nach wie vor dasjenige Land, das seine Soldaten am wenigsten in Anspruch nimmt, und es scheint von vbrneherein fraglich, ob Überhaupt eine weitere Kürzung noch möglich sei.

Es wird vielfach behauptet, dass durch die Friedensschlüsse, die Errichtung des Völkerbundes, die Bestrebungen betreffend Abrüstung, die Ersetzung der hergebrachten Verhandlungsarten zwischen den Völkern durch den Richterspruch usw., die Gefahr einer kriegerischen Verwicklung bedeutend geringer gewordeu sei als früher. Wenn das auch nicht bestritten sein soll, so haben ·die Verhältnisse doch offenbar auch in anderer Richtung sich ge-

939 ändert. Die Anforderungen an den Soldaten, vom .gewöhnlichen .Mann bis. zum obersten Führer,, haben sehr wesentlich zugenommen.

Wir haben bereits weiter oben darauf hingewiesen, wie mannigfaltig das Kriegsgerät aller Art geworden ist; es genügt aber nicht, es anzuschaffen, sondern wir müssen es, auch verwenden können. Die Infanterie kämpft heute nicht mehr nur mit dem Gewehr; ihr sind Maschinengewehre' in grosser Zahl zugeteilt, ferner Handgranaten usw., ebenso Verbindungsmittel wie Telephon, Signalgeräte und dergleichen. Was der einzelne Mann und die Truppe in ihrer Gesamtheit kennen muss, ist weit mannigfalliger und schwieriger als dasjenige, was sie in frühem Zeiten y,u leisten hatte. Gleich steht es auch bei den andern Waffen.

War die Dauer der Rekrutenschule schon früher kaum genügend, so ist sie bei dem stark vermehrten Lehrstoff umso knapper geworden.

Die Zusammenarbeit der Waffen hat eine starke Förderung erfahren und stellt die verschiedenen Waffengattungen vor ganz neue Aufgaben. Die gemeinsame Arbeit wird namentlich in den Wiederholungskursen geleistet werden müssen. Aus den Berichten der Jahre 1921 und 1922 geht mit aller Deutlichkeit hervor, wie schwer es hält, in der beschränkten Zeit zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen. So sehr wir es uns haben angelegen sein lassen, namentlich das Offizierskorps gründlich auf die Wiederholungskurse vorzubereiten, so hoch die Anforderungen an die Truppe gespannt worden sind, so eifrig alle Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten ihre Pflicht getan haben, sowenig dürfen wir uns verhehlen, dass in einer gewissen Zeitspanne unmöglich alles geleistet werden kann. Wenn wir auch nicht daran zweifeln wollen, dass schliesslich etwas Brauch- und Haltbares erreicht werden wird, so sind wir darüber nicht im Zweifel, dass wir hierzu jede Minute der bisher im Gesetz vorgesehenen Dienstdauer notwendig haben.

Wir kommen also zum Schluss, dass es ausgeschlossen ist, unter den heutigen Verhältnissen die bisherige Dienstzeit auch nur um einen kleinen .Teil, zu .kürzen Ähnliche Erwägungen und die gleichen Schlüsse drängen sich auf in bezug auf das Material. Die Ausrüstung unserer Armee hält gar keinen Vergleich mit derjenigen aus, die sieh die kämpfenden Armeen unter dem Druck der Not bis zum Kriegsschluss haben verschaffen müssen. Die Wichtigkeit, welche
das. Material im Laufe des jahrelangen Ringens erhalten hat, ist so bekannt, dass wir an dieser Stelle weitere Ausführungen füglich Muterlassen können. Wir wissen zum vorneherein, dass es uns

940 nicht möglich, sein wird, alles anzuschaffen, was heute auch in Lauderà voa unserer Grosso als unbedingt notwendig angesehen wird, dagegen gilt auch hier ein Mindestmass, das wir beobachten müssen, wenn wir unsere Truppe nicht der Vernichtung durch einen viel besser gerüsteten Gegner aussetzen wollen. Wir sind gezwungen, mit der Entwicklung Schritt zu halten, schon deswegen, weil sonst die Armee das Vertrauen zu sich selbst verliert. Es ist bekannt, wie gross die Anforderungen sind, die bei uns vom Manne und vom ganzen Volke an die Leistungsfähigkeit des Gewehres gestellt werden; die Verhältnisse liegen für die übrigen Waffen nicht anders. Wenn wir auch nach dem Vorbild früherer Jahrhunderte so eifrig als möglich danach streben, die Ausrüstung und Verwendung der Armee unsern Verhältnissen anzupassen und namentlich die Vorteile unseres Geländes aufs Ausserste auszunützen, so können wir doch so wenig wie unsere Vorfähren auf eine zeitgemässe Bewaffnung verzichten. Das führt uns auch in bezug auf das Kriegsmaterial zur Überzeugung, dass die bis dahin notwendig gewordenen Ausgaben aucli in Zukunft nicht werden vermieden werden können.

Die Kosten für Ausbildung und Material stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Grosse der Armee. Je geringer die Zahl unserer Soldaten ist, desto weniger kostet die Ausbildung und desto geringer sind die Bedürfnisse an Kriegsmaterial aller Art. Die Zahl unserer Soldaten aber hängt iu erster Linie von der Grosse der Rekrutenjahrgänge ab. Je kleiner sie sind, desto kleiner sind die Ausgaben für die erste Ausbildung und Ausrüstung und für die spätere Verwendung. Im Bestreben, hier so viel als möglich einzuschränken, sind schon seit mehreren Jahren die Anforderungen an die Tauglichkeit ganz wesentlich verschärft worden. Unter y.wei Malen, d.h. in den Jahren 1920 und 1921, sind sogar die bereits ausgehobenen Rekruten beim Eintritt in die Rekrutenschule einer neuen Untersuchung unterworfen worden, was eine grosse Anzahl von nachträglichen Dienstbefreiungen zur Folge gehabt hat. Während in den Jahren 1911--1913 der Prozentsatz der tauglich Erklärten 69--72,8% betrug, ging er im Durchschnitt im Jahr 1921 bis auf 55,39 °/o zurück. In einzelnen Gegenden wurden bis zu 60 °/o der Stellungspflichtigen z u r ü c k g e w i e s e n . Es ist sicher, dass auf diese Weise sowohl
für das Jahr der ersten Ausbildung als für die spatern Zeiten sich eine sehr wesentliche Vorminderung der Kosten erzielen lässt. Vom militärischen Standpunkt aus ist allerdings die Sache nicht unbedenklich. Unsere ganze Organisation ist auf die Einberufung aller tauglichen Leute eingerichtet; infolge der

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Verminderung des jährlichen Ersatzes sind in den Beständen naturgemäss bereits erhebliche Lücken eingetreten. Wir haben die Verantwortung für diesen Zustand mit Rücksicht auf seine finanziellen Vorteile bis jetzt getragen ; es erheben sich aber je länger je mehr Stimmen, die sich gegen die Beibehaltung eines derartigen Systems aussprechen.

Einer der Grundsätze unserer Verfassung ist derjenige der allgemeinen Wehrpflicht. Es ist klar, dass man bei der Aushebung sieht unter eine gewisse Grenze hinuntergehen kann, wenn man diesen Grundsatz nicht verletzen will. Viele behaupten, dass diese Grenze bereits überschritten sei ; wir glauben zum mindesten sagen zu dürfen, dass wir sie erreicht haben und in dieser Hinsicht etwas Mehreres nicht mehr getan werden kann. Wir stossen bei der Anwendung der heute geltenden TauglichkeitsVorschriften namentlich auch auf Widerstand bei den Stellungspflichtigen selbst. Ganz allgemein gesprochen, sind sie nach wie vor vom Wunsche erfüllt, als Soldat angenommen zu werden und Dienst zu leisten. Je erfreulicher diese Erscheinung ist, desto schwieriger und auch gefährlicher wird es, den bestehenden guten Willen zu missachten. Wenn der junge Mann sich bereit erklärt, seine Pflicht als Soldat zu tun und wenn er daran in einer Weise gehindert wird, die seiner Meinung nach ungesetzlich ist, so wird das auf sein Verhältnis zum Gemeinwesen nicht ohne Einfluss bleiben.

Er wird leicht geneigt sein, auch seine andern Pflichten gegenüber dem Staat weniger ernst aufzufassen und zu sagen, dass wenn der eine Grundsatz der Verfassung ihm gegenüber nicht angewendet werde, er es auch mit den andern leicht nehmen dürfe. Jedenfalls müssen die Behörden hier mit aller Vorsicht vorgehen, wenn nicht ein bleibender Schaden entstehen soll, der nicht nur militärisch von Bedeutung ist, sondern auf ganz andere Gebiete übergreifen wird, Wie sehr der Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht bei uns als selbstverständlich gilt, zeigt die Tatsache, dass derjenige Antragsteller, der bei der Beratung des Voranschlages für das Jahr 1922 im Nationalrat eine Herabsetzung der Kosten um mehr als 10 Millionen verlang hat, zugleich die uneingeschränkte Anwendung der allgemeinen Wehrpflicht verlangte. Wir stehen hier also vor Schwierigkeiten, die nur schwer zu überwinden sind und müssen deshalb die Hoffnung, dass
durch eine weitere Herabsetzung der Zahl der Diensttuenden es möglich sein werde, wesentliche Ersparnisse zu machen, unter den heutigen Verhältnissen aufgeben.

Ist auf Grundlage der heutigen Ordnung eine Einschränkung der Militärausgaben in erheblichem Masse nicht herbeizufuhren, so stellt sich ganz naturgemäss die Frage, ob nicht die GesetzBundesblatt. 74. Jahrg. Bd III.

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gebung zu ändern und die Entlastung auf dem Wege zu suchen sei, dass die Aufgabe und die Organisation der Armee neu gestaltet werden. Es wäre dies unserer Ansicht nach gleichbedeutend mit dem Verzicht auf eine Landesverteidigung, die dieses Namens auch nur einigermassen würdig ist. Wir haben im Eingang unserer Ausführungen auf die einmal gegebenen Verhältnisse unseres Landes hingewiesen, aus denen die Aufgabe der Armee sozusagen von selber sich ergibt und ebenso der Aufwand, der in persönlicher und finanzieller Beziehung geleistet werden muss. Wir können nur wiederholen, dass wir nicht auf unsere Wehrfähigkeit verzichten können, ohne an die Grundmauern unseres Staatswesens zu rühren ; es hilft nichts, dass wir die schönsten Grundsätze in unserer Verfassung beibehalten, wenn wir die zu ihrer Durchführung geschaffenen Einrichtungen verkümmern lassen. Wir werden also auch von einer neuen Organisation unseres Wehrwesens in bezug auf Ersparnisse nicht allzuviel erwarten dürfen.

Umso weniger, als wir das wirksamste Mittel, die Verminderung der Bestände, mit -Rücksicht auf die allgemeine Wehrpflicht nicht ungehindert anwenden können.

Wir wollen damit aber nicht sagen, dass auf diesem Wege überhaupt keine Ersparnisse zu erzielen sind. Es bestehen Vorschläge, die nicht undurchführbar scheinen, so namentlich derjenige, dass alle Diensttauglichen die Rekrutenschule zu bestehen haben, dass aber nur etwa 2/a in die Armee eingeteilt und zu weiterer Dienstleistung verpflichtet werden, während der letzte Drittel erst bei einer allgemeinen Mobilmachung aufgeboten und nach Auffrischung der militärischen Kenntnisse der Armee zugewiesen würde. Ein fernerer Vorschlag, das Infanteriebataillon anders zu gliedern, indem ihm eine Füsilierkompagnie weggenommen und dafür eine Mitrailleurkompagnie fest zugeteilt wird, ist so weit vorbereitet, dass er im Laufe des nächstens Jahres den eidgenössischen Räten wird unterbreitet werden können. Die finanziellen Folgen sind noch nicht ganz abgeklärt; sie werden im Sinn der Ersparnisse wirken, wahrscheinlich aber nicht sofort in vollem Umfang sich geltend machen.

Einer vollständigen Neugestaltung der militärischen Verhältnisse stehen aber ganz abgesehen von den bereits erwähnten Bedenken, zwei fernere grosse Hindernisse entgegen. Ein derartiges Werk braucht für seine Vorbereitung
und Durchführung erfahrungsgemäss viel Zeit und Arbeit. Wir erinnern an die jähre- ja jahrzehntelangen Anstrengungen, die der Militärreform des Jahres 1907 vorangegangen sind und erinnern im weitern daran, dass die Durchführung des Gesetzes auf mehr als ein

943 Jahrzehnt berechnet und bei Kriegsausbruch noch lange nicht vollendet war. Eine Neugestaltung, die auf sicherer Grundlage beruht und die schon im Jahre 1923 oder 1924 auf die Militärausgaben von grossem Einfluss sein könnte, ist unmöglich durchzuführen ; die in der Sache selbst liegenden Schwierigkeiten sind au gross.

Dann darf man die alte Erfahrung nicht ausseracht lassen, dass jede Umformung der militärischen Einrichtungen für längere Zeit die Bereitschaft und Leistungsfähigkeit der Armee stark beeinträchtigt. Es ist damit unvermeidbar eine Zeit der Unsicherheit verbunden. Wir haben diese Erfahrung erst vor einigen Jahren gemacht. Wir stellen bloss die Frage, ob die gegenwärtigen Zustände dazu angetan seien, die Anhandnahme einer Arbeit zu empfehlen, für die man bei uns und in andern Ländern seit jeher eine Periode der Sicherheit und Ruhe abgewartet hat. Die Antwort kann nicht zweifelhaft sein.

Wir sind also nicht in der Lage denjenigen, die eine rasche und wirksame Verminderung der Kosten auf dem Wege einer Heeresreform glauben herbeiführen zu können, die Versicherung abzugeben, dass wir ihre Ansicht für richtig halten und unverzüglich zur Ausführung bringen werden.

Wenn wir allen den bisher erörterten Vorschlägen entweder die Durchführbarkeit überhaupt absprechen oder ihre Wirksamkeit im Sinne der wesentlichen Kostenersparnis bezweifeln, so halten wir doch nicht dafür, dass die Militärausgaben nun immer auf der gegenwärtigen Höhe bleiben werden. Wir erwarten aber eine Entlastung des Bundes auf eine andere Art.

Wie das Steigen der sämtlichen Preise die Zunahme dieser Ausgaben in der Hauptsache verursacht hat, so wird der zu erwartende Rückgang eine Verminderung mit sich bringen. Mag auch der Zustand der Vorkriegsjahre nicht mehr wiederkehren, so ist doch eine Entwicklung im Sinne des Abbaues durchaus möglich und übrigens schon im Gange.

Die militärische Tätigkeit war in den Jahren 1919 und 1920 sehr stark eingeschränkt. Wenn ihre Wiederaufnahme in den Jahren 1921 und 1922 nicht noch grössere Kosten verursacht hat, als das tatsächlich der Fall gewesen ist, so sind daran in nicht geringem Masse die kleineren Preise schuld, die auf verschiedenen Gebieten haben bezahlt werden müssen. Auch die Verminderung der Gesamtausgaben um drei Millionen, die der Voranschlag von 1923 im Vergleich zu demjenigen von 1922 aufweist, geht in der Hauptsache auf diesen Grund zurück.

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Wir hoffen nicht nur im Militärwesen, dass der Rückgang auch fernerhin anhalte ; dann wird eine Verminderung der Kosten für das Militärwesen sich wie in den andern Zweigen der Verwaltung einstellen.

Daneben wird es eine unabweisbare Pflicht der verantwortlichen Stellen bleiben, mit allem Ernst jede vermeidbare Ausgabe zu unterdrücken. Es ist unser Wille, in dieser Richtung alles zu tun, was geschehen kann, ohne das Notwendige zu schädigen, und wir halten es als die selbstverständliche Aufgabe der Militärverwaltung, dass sie mit den ihr zur Verfügung gestellten Mitteln so sparsam als möglich vorgehe und suche, daraus die möglichst hohen Ergebnisse zu ziehen. Die Höhe der von einem Verwaltungszweig ausgegebenen Gelder ist bekanntlich weder der einzige, noch der sicherste Masstab für den Wert der geleisteten Arbeit.

Wir sind überzeugt, dass trotz der bisher schon gemachten Anstrengungen sich da und dort noch Einsparungen verwirklichen lassen; sie mögen im einzelnen nicht sehr bedeutend sein, zusammengenommen machen sie erfahrungsgemäss bald einmal eine ganz stattliche Summe aus. Wir weisen allerdings auf eine Grenze hin, die wir nicht missachten dürfen. Gehen die Einschränkungen soweit, dass die Truppe das Gefühl bekommt, dadurch in der fruchtbaren Arbeit gehindert zu werden, so werden ihre Leistungen sofort stark zurückgehen. Gerade für die besten unter den Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten ist das Bewusstsein der erfüllten Pflicht und des erzielten Fortschritts der schönste Lohn für ihre harte Tätigkeit im Dienste des Vaterlandes; fühlen sie, dass es trotz ihrem guten Willen nicht vorwärts geht, weil die Beschränktheit der finanziellen Hilfsmittel der Entwicklung im Wege steht, so werden gerade sie die ersten sein, die den Mut verlieren.

Wir werden wie bis dahin unser Möglichstes tun, um da, wo es zum Wohle der Armee unbedingt notwendig ist, die nötigen Kredite zur Verfügung zu haben und um da, wo ohne Gefährdung wichtiger Interessen Zurückhaltung geübt werden kann, rücksichtslos die entsprechenden Streichungen durchzuführen.

Es ist uns zurzeit unmöglich, in bestimmten Zahlen anzugeben, in welchem Betrag die Ausgaben in Zukunft werden herabgesetzt werden können. Dafür sind zu viele Verumständungon mas^gebend, die sich heute noch jeder einigermassen sichern Wertung entziehen. Immerbin .weisen wir darauf hin, dass im Vergleich zum Jahre 1922 der Voranschlag für das Jahr 1923 eine Verminderung von Fr. 3,082.314 aufweist.. Von den 6

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grossen Abschnitten, in die der Voranschlag zerfällt, weist einzig das Verkehrswesen eine Vermehrung von Fr. 146,335 auf, die eich auf alle drei Unterabteilungen, Motorwagendienst, Flugwesen, Landestopographie verteilt, deren Hauptteil mit Fr. 112,246 aber auf das immer noch in starker Entwicklung begriffene Flugwesen fällt. In den übrigen 5 Abschnitten sind die neuen Ansätze kleiner o als letztes Jahr. Die Erscheinung zeigt sich auch in den einzelnen Rubriken. Mit Ausnahme der Ausgaben für die Erleichterung der Dienstpflicht, an deren Zunahme um Fr. 1,094,051 die Militärversicherung mit rund einer Million vor allem aus beteiligt ist, zeigen sozusagen alle Posten eine kleinere oder grössere Entlastung. In dieser Erscheinung kommt hauptsächlich der allgemein wirkende Grund des Preisrückganges zum Ausdruck. Es ist nur zu hoffen, dass die Bewegung sich auch fernerhin fortsetze und die gleiche Wirkung womöglich in erhöhtem Masse hervorbringe.

Wir kommen gestützt auf alle die angeführten Tatsachen und Erwägungen zum Schluss, dass ohne die Preisgabe der Grundlagen, die für die Landesverteidigung bis jetzt bestanden haben, zurzeit eine wesentliche Verminderung der Ausgaben für das Militärwesen nicht möglich ist.

Wir werden uns auch in Zukunft bemühen, im Militärwesen alle diejenigen Ersparnisse zu inachen, die unter Beobachtung der verfassungsmässigen Ordnung und unter Wahrung der Leistungsfähigkeit der Armee möglich sind. Ferner zählen wir auf einen ·weitern Rückgang aller Preise.

Auf diese Weise hoffen wir, in den kommenden Jahren mit einem geringern Kostenaufwand die der Armee zugewiesene Aufgabe lösen zu können. Auf die Erfüllung dieser Aufgabe im beutigen Zeitpunkt und unter den gegebenen Verhältnissen ganz oder doch in weilgehendem Masse zu verzichten, halten wir im Interesse unseres Landes für ausgeschlossen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 4. Dezember 1922.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident; Dr. Haab.

Der Bundeskanzler : Steiger.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Postulat Sträuli betreffend Ersparnisse im Militärwesen. (Vom 4. Dezember 1922.)

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1922

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13.12.1922

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