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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer normalspurigen Güterbahn vom Rheinhafen Kleinhüningen zum Badischen Verschubbahnhof in Basel.

(Vom 16. Juni 1922.)

Die Regierung des Kantons Baselstadt sucht mit Eingabe vom 13. Januar 1922 um die Erteilung der Konzession nach für ein Verbindungsgeleise zwischen der im Bau begriffenen neuen Rheinhafenanlage in Basel-Kleinhüningen und dem Badischen Bahnhof in Kleinbasel.

Das Geleise ist vom Kanton Baselstadt, der Eigentümer desselben ist, im Einvernehmen mit den schweizerischen Bundesbahnen und den deutschen Reichsbahnen bereits erstellt worden ; die Ausführungspläne wurden von der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen genehmigt. Die Schienenanlage soll den Hafen au den zunächst gelegenen badischen Verschubund Güterbahnhof und durch diesen hindurch an die Verbindungsbahn anschliessen, so dass alle nach einer schweizerischen Station bestimmten Güter vom Hafen direkt in das Netz der schweizerischen Bundesbahnen überführt werden können. Da das Geleise dem ö f f e n t l i c h e n Güterverkehr zu dienen hat (für die Personenbeförderung ist es nicht bestimmt), ist eine Bundeskonzession gemäss Bundesgesetz vom 23. Dezember 1872 über Bau und Betrieb der Eisenbahnen erforderlich. Die Konzession soll dem Kanton Baselstadt erteilt werden.

Die Eingabe führt aus,, dass der erste Ausbau der Hafenanlage so weit fortgeschritten sei, dass der Umschlag von Gütern dort bereits von Beginn der diesjährigen Schiffahrtsperiode an erfolgen könne und die nötigen Hafeneinrichtungen noch dieses Jahr ausgeführt werden. Auch seien zwei Schiffahrtsgesellschaften verpflichtet, noch dieses Jahr Umschlags- und Lagereinrichtungen zu erstellen. Weitere Schiffahrtsunternehmungen würden später in Frage kommen. Ob auch der Kanton oder die schweizerischen Bundesbahnen Einrichtungen erstellen werden, hange vom Bedürfnis ab. Oberhalb des eigentlichen Hafens und in Verbindung damit sei ein zirka 8,0 ha grosser Landkomplex zur An-

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siedelung von die Schiffahrt alimentiereaden Unternehmen bereitgestellt, die Geleiseansehluss an den Hafen erhalten. Mit der Ansiedelung sei bereits begonnen worden. Der Umschlag der Güter erfolge dort längs der zirka 750 m langen Rheinuferstrecke, welche für die Anlegung von Schiffen durch Ausbaggerung des Rheinbettes und Verbesserung der Uferböschung hergerichtet werde.

Die hauptsächlichen Angaben technischer Natur sind folgende : Länge der Geleiseanlage: 1080m; Spurweite: 1435mm; Maximalsteigung : 10 °/oo ; Höhenkoten : Anschlussweiche Verschubbahnhof 257,52 m ü. M. ; Anschlussweiche Rheinhafen 248,79 m ü. M. ; Minimalradius : 220 m ; Zwischenstationen : keine ; Betriebssystem: Dampf; der Kostenanschlag lautete auf Fr. 420,000 oder per Kilometer Fr. 389,000.

Die Linie verläuft längs der badischen Grenze, liegt jedoch in ihrer ganzen Ausdehnung auf Gebiet des Kantons Baselstadt.

Der Betrieb soll den schweizerischen Bundesbahnen übertragen werden nach Massgabe eines noch abzuschliessenden Betriebsvertrages. Vertragsverhandlungen schweben auch mit den deutschen Reichsbahnen über die Modalitäten der Durchfahrt durch den Badischen Bahnhof.

Der vom Eisenbahndepartement ausgearbeitete Konzessionsentwurf wurde sowohl der Regierung von Basel, gleichzeitig Konzessionsbewerberin, wie auch der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen zur Prüfung zugestellt. Konzessionsverhandlungen wurden nicht abgehalten, da die Regierung von Basel wie die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen unter Zustimmung zum Entwurfe auf dieselben verzichteten.

Wir empfehlen Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes und benützen auch diesen Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. Juni 1922.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Dr. Haab.

Der Bundeskanzler:

Steiger.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer normalspurigen Güterbahn vom Rheinhafen Kleinhüniugen zum Badischen Yerschubbahnhof in Basel.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Regierungsrates dos Kantons Baselstadt vom 13. Januar 1922 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 16. Juni 1922, beschliesst: I. Dem Kanton Baselstadt wird die Konzession für den Betrieb einer bereits erstellten normalspurigem, dem Güterverkehr dienenden Eisenbahn vom Rheinhafen Kleinhüningen zum Badischen Verschubbahnhof in Basel unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn ira Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 4. Das ständige Bahnpersonal soll aus Schweizerbürgern bestehen.

Art. 5. Die vom Bundesrat zu irgendeinem Zeitpunkt während der Konzessionsdauer aus militärischen Rücksichten für notwendig erachteten Erweiterungs- und Ergänzungsbauten sowie Zerstörungsvorkehren hat der Konzessionär auf seine Kosten auszuführen.

619 Art. 6. Den eidgenössischen Beamten, denen die Beaufsichtigung der Bahnanlage und des Bahnbetriebes obliegt, ist zu jeder Zeit freier Zutritt zu allen Teilen der Bahn zu gewähren, sowie das zur Vornahme der Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 7. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte, die in der Ausübung ihres Dienstes zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen die nicht von der Verwaltung ·selbst eingeschritten wird, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 8. Der Konzessionär übernimmt die Beförderung von Gütern, und es gelten hierfür die jeweiligen Vorschriften und Tarife der schweizerischen Bundesbahnen.

Art. 9. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Regiemeute und Tarife aufzustellen.

Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens drei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 10. Die nach Art. 8 zulässigen Taxen sind Verhältnismassig herabzusetzen, wenn der auf das gewinnberechtigte Kapital entfallende Jahresgewinn in sechs aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt und für jedes einzelne der drei letzten Jahre 6 °/o übersteigt, sofern nicht der Konzessionär den Bedürfnissen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichterungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend Rechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und dem Konzessionär nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren :2 % des gewinnberechtigten Kapitals nicht erreicht, erlangt der Konzessionär ein Anrecht auf angemessene "Erhöhung der nach Art. S zulässigen Taxen. Über das Mass der Erhöhung entscheidet die Bundesversammlung.

Art. 11. Der Konzessionär ist verpflichtet: a. für Äufriung eines Reservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausserordentlicher Ausgaben infolge von Naturereignissen, Unfällen und Krisen sowie zur Deckung allfälliger Fehlbeträge dienen sollen, zu sorgen durch jährliche Rücklage von mindestens 5 % des Jahresgewinnes, bis 10 °/o des gewinnberechtigten Kapitals erreicht sind ;

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b, für das Personal eine Krankenkasse einzurichten oder esbei einer Krankenkasse zu versichern; c. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4 °/o des gewinnberechtigten Kapitals übersteigt.

Art. 12. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist dem Konzessionär ein Jahr vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

&. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und aller übrigen Zugehör.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstutzungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsfonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1955 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkt, in welchem der Rückkauf dem Konzessionär angekündigt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und 1. Januar 1970 erfolgt, den 221/2faeheu Wert: -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1970 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug des Erneuerungsfonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche

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auf Abschreibungsrechnung getragen oder dem Erneuerungsfonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkt des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung au bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

II. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, der am 1922 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer normalspurigen Güterbahn vom Rheinhafen Kleinhüningen zum Badischen Verschubbahnhof in Basel. (Vom 16 Juni 1922.)

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