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Bundesblatt 100. Jahrgang.

Bern, den 21. Oktober 1948.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis 28 Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme-, und Postbesteltangsgebühr, Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Kreisschreiben des

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Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend den Familiennamen der als Schweizerinnen wiedereingebürgerten Frauen (Vom 19. Oktober 1948.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

In der Herbstsession 1945 hat der Nationalrat ein von Herrn Leupin und 12 Mitunterzeichnern eingereichtes Postulat erheblich erklärt, das folgendermassen lautete: «Vom Bundesrat werden gemäss Art. 10, lit. 6, des BG vom 25. Juni 1903 betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe, nach Anhörung des Heimatkantons, zahlreiche Witwen, welche durch ihre Heirat das Schweizerbürgerrecht verloren hatten, zwangsweise und unentgeltlich in ihr früheres Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht aufgenommen, sofern sie binnen 10 Jahren nach Auflösung der Ehe ihre Wiedereinbürgerung verlangen. Mit der Mutter werden jeweilen auch die nach dem Rechte des Staates, dem sie angehören, noch minderjährigen oder bevormundeten Kinder aufgenommen.

Nach der geübten Praxis behalten aber die Wiedereingebürgerten ihren ausländischen Namen. Dadurch werden den Bürgergemeinden neue, oft fremdländisch klingende Bürgersnamen aufgezwungen, wodurch besonders die kleinen Bürgergemeinden, die ihreEigenart bis heute; noch unverfälscht zu erhalten vermochten, in heimatschutzwidriger Weise getroffen werden.

Der Bundesrat wird deshalb eingeladen, die Frage zu prüfen, ob und wie den Bürgergemeinden das Recht eingeräumt werden kann und soll, die Witwen mit ihren Kindern zu verpflichten, den früheren Mädchennamen der Witwe zu tragen.»

Der Bundesrat hat dieses Poatulat eingehend geprüft und eine Lösung gesucht, die den darin ausgedrückten Wünschen im Rahmen der gesetzlichen Bundesblatt

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Möglichkeiten Eechnung trägt. Die eidgenössischen Kate haben von seinem Bericht vom 12. Dezember 1947 in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen.

Es kann nicht wundern, dass eine so unschöne Erscheinung auf dem Gebiete des Namensrechts, wie die Einführung fremdklingender, das Bild schweizerischen Eigenlebens mehr oder weniger beeinträchtigender Familiennamen in unsere Familienregister derart vor die Öffentlichkeit gebracht worden ist.

Die häufigen Wiedereinbürgerungen ehemaliger' Schweizerinnen haben diese Begister tatsächlich um eine stattliche Anzahl fremdländischer und zuweilen für uns schwer auszusprechender Namen bereichert, und diese Namen sind für die Trägerinnen ausserdem nicht immer angenehm. Wenn man das im Jahr 1940 erschienene Familiennamenbuch der Schweiz durchgeht, so findet man fast auf jeder Seite auffallende Kuriositäten die unbedingt als Fremdkörper vors Auge treten. Man empfindet tatsächlich ein Missbehagen bei dem Gedanken, dass es nun Schweizerinnen sind, die solche Namen tragen, und dass die letzteren sich auch in der Geschlechterfolge erhalten werden, falls die Schweizerin mit minderjährigen Kindesn wiedereingebürgert wird. Die Kritik an derartigen Namen ist auch schon in der Presse laut geworden und hat die Behörden des Bundes und der Kantone oft beschäftigt. Man darf sich daher füglich fragen, ob man dieser Erscheinung untätig zusehen soll.

Für die ehemaligen Schweizerinnen, deren Ehe mit einem Ausländer durch den Tod des Ehemannes oder durch Scheidung aufgelöst worden ist, bringt diese Tatsache in der Begel, sofern das ausländische Eecht im Zeitpunkt ihrer Wiedereinbürgerung noch als massgebend betrachtet wird, keinen Namenswechsel mit sich. Das Postulat fasst nun eine solche Möglichkeit ins Auge, wobei darin allerdings nur von Witwen die Bede ist, während gegebenenfalls eine abweichende Ordnung doch für alle Wiedereingebürgerten, also auch für die geschiedenen Frauen getroffen werden sollte. Indessen darf das Ziel auch nicht zu weit gespannt werden. Nicht immer wird es diesen Frauen erwünscht sein, ihren ausländischen gegen den angestammten Schweizernamen einzutauschen. Gewisse intime Gefühle werden mitsprechen. Ausserdem ist zwischen den einzelnen Familiennamen ein Unterschied zu machen, denn sie klingen nicht alle in gleicher Weise fremd. Zu bedenken ist, dass schon
seit langem, namentlich ungefähr seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, unaufhörlich von Vaterund Mutterseite her ein Strom ausländischen Blutes in die Adern unseres Schweizervolkes geflossen ist, und dass in unserer nun gemischten Bevölkerung sich nicht mehr so sicher erkennen lässt, was schon ursprünglich schweizerisch gewesen ist. Vieles von dem, was noch vor Jahrzehnten fremd war, ist es heute schon nicht mehr. Familiennamen in einer unserer Nationalsprachen verraten die fremde Herkunft des Trägers überhaupt nur zum geringen Teil, und auch bei Namen aus verwandten Sprachen entschwindet das Fremde nach längerem Gebrauch unserem Bewusstsein. Viele deutsche, französische und italienische Familiennamen sind überdies sowohl bei uns als jenseits unserer Grenzen vertreten, so dass man den Ursprung ohne besondere Nachforschung nicht be-

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stimmen kann. Bei manchen Namen (z. B. Büttner neben Büttnauer, Bümineli neben Bummele) vermag nur der Eingeweihte zu sagen, ob- sie altschweizerisch' oder neu sind. Endlich kann die Schreibweise gewisser Namen mehr oder weniger zufällig oder willkürlich sein. Diese Verhältnisse dürfen nicht übersehen werden.

Welche rechtliche Grundsätze fallen nun für eine Namensänderung, denn nur um eine solche kann es sich handeln, im Anschluss an die Wiedereinbürgerung in Betracht? Es ist einmal daran festzuhalten, dass der Wiedereinbürgerung als solcher .keine Wirkung in bezug auf die Namensführung zukommt. Auch kann man nicht die Bürgergemeinde ermächtigen, von sich aus eine Namensänderung zu verfügen; denn für einen derartigen Eingriff in das Namensrecht bietet das Gesetz keine Handhabe. Dagegen kann der Bürgerrechtswechsel wohl als wichtiger Grund für eine Namensänderung im Sinne von Art. 30 ZGB anerkannt werden. Wichtig ist auch, dass das schweizerische Becht die geschiedene Frau ihren vorehelichen angestammten Familiennamen wieder annehmen lässt und dass die Wiedereingebürgerte nach der Wiedererlangung des Schweizerbürgerrechts dem schweizerischen Gesetz unterstellt ist. Bei der Witwe sind die Verhältnisse zum Teil wohl andere, aber auch sie wird oft triftige Gründe dafür geltend machen können, ihren angestammten Familiennamen wieder führen zu dürfen an Stelle des durch die Heirat erworbenen fremden, der sie ihrer Heimatgemeinde gegenüber doch für alle Zeiten zum Fremdling stempeln würde.

Art. 30 ZGB weist darnach für die Verwirklichung des Postulates den natürlichen Weg. Es kann der Frau überlassen werden, ob sie zu ihrem früheren Familiennamen zurückkehren will oder nicht. Allerdings ist es wohl möglich, dass sie von der Zulässigkeit eines Namenswechsels keine Kenntnis hat. Wir sehen aber kein Hindernis, die Namensregelung mit der Wiedereinbürgerung zu verbinden und die Witwen und geschiedenen Frauen, am besten ehe die Wiedereinbürgerung in das Farnilienregister der Heimatgemeinde eingetragen wird, zu einer Erklärung darüber zu veranlassen, ob sie eine Änderung ihres Familiennamens begehren wollen.

Nach Art. 10 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1903 betreffend die Erwerbung des.Schweizerbürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe werden mit der Witwe und der getrennten oder geschiedenen Ehefrau, die
durch ihre Heirat das Schweizerbürgerrecht verloren hatte, in der Begel auch die minderjährigen oder bevormundeten Kinder wieder eingebürgert, sofern nicht Ausnahmen gemacht werden. Es liegt nahe, gegebenenfalls auch die Namensänderung in gleicher Weise auszudehnen. Für volljährige, von der Wiedereinbürgerung nicht erfasste Kinder könnte sich die Frage der Namensänderung nur gesondert im Falle der Erwerbung des Schweizerbürgerrechts stellen.

Für die Bewilligung einer Namensänderung nach Art. 30 ZGB verlangen einzelne Kantone ansehnliche Gebühren. In diesem Fall aber sollte' die Geldfrage kein Hindernis bilden. Wenn der Bundesrat die unentgeltliche Wiedereinbürgerung verfügt, so würde ein teures Verfahren für die Namensänderung

432 sich damit schlecht vertragen. Wir gestatten uns daher, an die Kantonsregierungen die Bitte zu richten, in diesen Fällen die Namensänderung, wenn nicht kostenlos, so doch gegen eine möglichst bescheidene Gebühr zu bewilligen.1 Wir benutzen den Anlass, Euch, getreue liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

Bern, den 19. Oktober 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Celio 7662

Der Bundeskanzler: Leimgruber

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend den Familiennamen der als Schweizerinnen wiedereingebürgerten Frauen (Vom 19. Oktober 1948.)

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1948

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21.10.1948

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