M 18

1

Bundesblatt

74. Jahrgang.

Bern, den 3. Mai 1922.

# S T #

Band II.

Bundesbeschluss betreffend

das Volksbegehren ,,Ausländer-Initiative" betreffend Abänderung des Art. 44 der Bundesverfassung (Einbürgerungswesen) und betreffend Abänderung des Art. 70 der Bundesverfassung (Ausweisung wegen Gefährdung der Landessicherheit).

(Vom 21. Oktober 1921.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nachdem sie vom Volksbegehren um Abänderung der Art. 44 and 70 der Bundesverfassung (,,Ausländer-Initiative") und vom Bericht des Bundesrates vom 6. Juni 1921 Kenntnis genommen hat, gestützt auf Art. 121 ff. der Bundesverfassung und Art. 8 ff.

des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Revision der BundesVerfassung, beschliesst: : A.

Es werden der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet : I. Das Volksbegehren um Abänderung des Art. 44 der Bundes·verfassung (Einbürgerungswesen), das wie folgt lautet;

Bundesblatt. 74. Jahrg. Bd. II.

l

Der Absatz 2 des Art, 44 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1&74 wird aufgehoben und durch nachstehende Bestimmungen ersetzt : ,,Art. 44bl8. Ein Ausländer erlangt, das Schweizerbürgerrecht durch die Erwerbung eines Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts.

Er muss hierzu vorerst die Bewilligung des Bundesrates nachsuchen. Diese darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer im Laufe der fünfzehn Jahre, die seinem Gesuche vorausgegangen sind, während wenigstens zwölf Jahren, wovon zwei Jahre unmittelbar vor der Einreichung des Gesuches, seinen tatsächlichen Wohnsitz in der Schweiz gehabt hat. Diese Beschränkung gilt nicht für die Ehefrau, die von Rechts wegen das Bürgerrecht des Ehemannes erlangt, und für Kinder unter fünfzehn Jahren, wenn sie mit den Eltern eingebürgert werden.

Eingebürgerte Ausländer, die in der Zeit vom zurückgelegten fünften Altersjahre bis zur Erlangung der Mündigkeit nicht während wenigstens zwölf Jahren ihren tatsächlichen Wohnsitz in der Schweiz gehabt haben, besitzen die Fähigkeit, in die politischen Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden gewählt zu werden, nicht ; dagegen haben sie gleich den übrigen Schweizerbürgern das Recht, zu stimmen und zu wählen. Der Bundesrat prüft und entscheidet bei Erteilung der Einbürgerungsbewilligung darüber, ob der Neubürger nach dieser Bestimmung in die politischen Behörden wählbar ist.

Im übrigen werden die Bedingungen für die Erteilung des Schweizerbürgerrechts durch die Bundesgesetzgebung bestimmt.

Diese soll die Einbürgerung der in der Schweiz geborenen und aufgewachsenen Ausländer erleichtern; sie kann vorschreiben, dass solche Ausländer von Gesetzes wegen Schweizerbürger werden.

Die Bundesgesetzgebung bestimmt ferner auch die Bedingungen, unter denen ein Schweizer zum Zwecke der Einbürgerung im Auslande auf sein Bürgerrecht verzichten kann.tt II. Das Volksbegehren um Abänderung des Art. 70 der Bundesverfassung (Ausweisung wegen Gefährdung der Landessicherheit), das wie folgt lautet : Art. 70 der Bundesverfassung wird wie folgt abgeändert: ,,Der Bund hat das Recht und die Pflicht, Ausländer, welche die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft oder die Wohlfahrt des Schweizervolkes gefährden, aus dem Gebiete der Schweiz wegzuweisen.

Als solche Gefährdung' gilt insbesondere die Teilnahme an verfassungswidrigen Umtrieben oder an politischen Unternehmungen, welche die guten Beziehungen der Schweiz zu auswärtigen Staaten zu stören geeignet sind, sowie auch eine wirtschaftliche Betätigung, die gegen Treu und Glauben im Verkehr verstösst und die allgemeinen Interessen der schweizerischen Volkswirtschaft verletzt.

Die Handhabung dieser Bestimmungen liegt dem Bundesrat ob. Ausländer, deren Wegweisung in Frage kommt, sind ihm von den Polizeibehörden der Kantone durch Vermittlung der Bundesanwaltschaft zu melden.LC B.

Dem Volke und den Ständen wird die Verwerfung beider Volksbegehren beantragt.

C.

Der Bundesrat wird beauftragt, die für die Vollziehung dieses Beschlusses erforderlichen Massnahmen zu treffen.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 11. Oktober

1921.

Der Präsident: Dr. J. Baumann.

Der Protokollführer: Kaeslin.

Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 21. Oktober 1921.

.

Der Präsident: Garbani-Nerini.

Der Protokollführer: G. Boret.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesbeschluss betreffend das Volksbegehren ,,Ausländer-Initiative" betreffend Abänderung des Art. 44 der Bundesverfassung (Einbürgerungswesen) und betreffend Abänderung des Art. 70 der Bundesverfassung (Ausweisung wegen Gefährdung der Landessicherhe...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1922

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

18

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.05.1922

Date Data Seite

1-3

Page Pagina Ref. No

10 028 313

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.