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Bundesblatt

74. Jahrgang.

Bern, den 20. Dezember 1922.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr: 60 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an die Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erweiterung des Geschäftskreises der Justizabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und Aufhebung des eidgenössischen Grundbuchamtes als selbständige Abteilung.

(Vom 8. Dezember 1922.)

Mit Bundesbeschluss vom 11. Dezember 1911 wurde beim Justiz- und Polizeidepartement das eidgenössische Grundbuchamt als selbständige Abteilung errichtet. Mit dem Inkrafttreten des ·schweizerischen Zivilgesetzbuches am 1. Januar 1912 nahm dieses Amt seine Tätigkeit auf. Seine Aufgaben waren durch das Zivilgesetzbuch selbst, durch die Beschlüsse der Bundesversammlung über die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Grundbuchvermessung und durch die Erlasse des Bundesrates über Grundbuchführung und Vermessung umschrieben. Sowohl im Gebiete der Vermessung als auch des Grundbuches handelte es sich einerseits um Funktionen b l e i b e n d e r Art, anderseits um Aufgaben v o r ü b e r g e h e n d e r Natur.

I.

Als b l e i b e n d e Tätigkeitsgebiete können die Leitung der Grundbuchvermessung, mit Einschluss des Subventionswesens, die Ausübung der Oberaufsicht über das Vermessungswesen der Kantone im allgemeinen und über die Nachfuhrung der anerkannten Vermessungswerke im besondern, die Aufsicht über die Grundbuchführung und einstweilen auch noch die Prüfung und Antragstellung in Grundbuchbeschwerdesachen bezeichnet werden.

Als Aufgaben mehr v o r ü b e r g e h e n d e n Charakters nennt die Botschaft des Bundesrates über die Errichtung des eidgenössischen Grundbuchamtes vom 26. August 1911 : Bundesblatt. 74. Jahrg. Bd. III.

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982 1. Prüfung aller vor 1912 ausgeführten Vermessungswerke und deren Anpassung an die Neuvermessung durch Ergänzungsund Nachführungsarbeiten.

2. Ausarbeitung eines allgemeinen Planes für die Grundbuchvermessung im Einvernehmen mit den Kantonen.

3. Organisation des Submissions- und Taxationswesens bei Vergebung der Vermessungen.

4. Prüfung der kantonalen Gesetzgebung über Vermarkung und Vermessung.

5. Prüfung der kantonalen Ersatzeinrichtungen für das eidgenössische Grundbuch.

6. Unterstützung der kantonalen Behörden bei der Anlage des eidgenössischen Grundbuches und bei der Bereinigung der dinglichen Rechte.

Obschon auf Grund dieser Gegenüberstellung der Tätigkeitsgebiete nicht behauptet werden kann, dass die Aufgaben vorübergehender Art nach Zahl und Umfang an die bleibenden Funktionen des Amtes heranreichen, so muss doch zugegeben werden, dass diesen organisatorischen Arbeiten wegen ihrer Wichtigkeit und ihrer Tragweite keine geringere Bedeutung zukam. Wie aus unseren Geschäftsberichten hervorgeht, sind sämtliche organisatorischen Massnahmen, die dem Bunde in dieser Richtung oblagen, nunmehr getroffen, und die Einführung des Grundbuches ist beinahe in allen Kantonen, die hierfür in Betracht kommen, in Angriff genommen. Aus diesen Aufgaben vorübergehender Natur wird in Zukunft den Organen des Bundes keine grosse Arbeit mehr erwachsen.

II.

Schon aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dasssich die V e r h ä l t n i s s e gegenüber der Zeit von 1911, als das eidgenössische Grundbuchamt geschaffen wurde, w e s e n t l i c h g e ä n d e r t h a b e n . Wir möchten aber doch noch mit allem Nachdruck unserer Überzeugung Ausdruck verleihen, dass man vor 12 Jahren mit der Errichtung einer selbständigen Abteilung für das Grundbuchwesen das Richtige getroffen hat und dass sich diese Selbständigkeit aufs beste bewährte.

Das Zivilgesetzbuch hat die Bundesbehörden im Vermessungsund Grundbuchwesen vor vollständig neue Aufgaben gestellt; selbst die Kantone besassen, mit wenigen Ausnahmen (Waadt, Solothurn und Basel), weder ausreichende Erfahrungen über die Anforderungen, denen eigentliche Grundbuchvermessungen zu ge-

983 nügen hatten, noch über die Art und Weise wie man ohne übertriebene Aufwendungen und rationell solche Grundbuchvermessungen erstellte. Es galt daher für die Grundbuchbehörden des Bundes, solche Erfahrungen zu sammeln, sie zu sichten und, in engstem Zusammenwirken zwischen Grundbuchjurist und Vermessungstechniker, die Nutzanwendung daraus zu ziehen. Dies ist geschehen; als Ergebnis dieser Arbeit dürfen unsere beiden Vermessungsinstruktionen vom 10. Juni 1919 und die Anleitung des Justiz- und Polizeidepartements für die Erstellung des Übersichtsplanes vom 27. Dezember 1919 bezeichnet werden. Diese Erlasse brachten für alle Arbeitsgebiete der Grundbuchvermessung wesentliche Vereinfachungen, trugen aber doch den besonderen Verhältnissen unseres Landes Rechnung. Auf diesen Grundlagen darf unseres Erachtens im Vermessungswesen ruhig und mit gutem Gewissen weitergearbeitet werden.

Auch nach anderer Richtung hatten das Zivilgesetzbuch und die Bundesbeschlüsse über die Kostentragung bei Grundbuchvermessungen die Bundesbehörden vor eine neue Aufgabe gestellt, die ohne weiteres die Schaffung eines selbständigen Amtes mit voller Verantwortlichkeit forderte. Der Bund trägt in der Hauptsache die Kosten der Grundbuchvermessung : für beinahe */a des zu vermessenden Gebietes beträgt die Bundessubvention 80 %, für zirka 1/a des Vermessungsgebietes 70 °/o der Vermessungskosten; dagegen verblieb die Ausführung der Grundbuchvermessungen wie vor 1912 den Gemeinden und Kantonen. Unter diesen Umständen konnte daher die in andern Gebieten übliche Art der Beitragsleistung durch den Bund nicht ohne weiteres angewendet werden. Es war eine der wichtigsten und schwierigsten Aufgaben des Grundbuchamtes, sich bei der Vergebung der Vermessungen und bei der Preisgestaltung ein wirksames Mitspracherecht zu sichern, ohne in die Befugnisse der Gemeinden und Kantone einzugreifen und ohne die berechtigten Interessen der Geometerschaft zu verletzen. Auch diese Aufgabe ist durch die Ausgestaltung des Submissions- und Taxationswesens in befriedigender Weise gelöst worden. Es darf hier festgestellt werden, dass die eidgenössische Taxationskommission, die bei Anständen zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden oder Geometerschaft ein-' zugreifen hätte, seit dem Jahre 1912 nie zusammentreten musste, und dass bisher auch niemals Beschwerden oder
Klagen gegen die von den Organen des Grundbuchamtes getroffenen Massnahmen an das Justizdepartement oder an den Bundesrat gelangt sind.

Es darf deshalb angenommen werden, dass die Fortführung der Grundbuchvermessung auf der geschaffenen Grundlage ohne

984 Schwierigkeiten stattfinden kann. Auch in dieser Beziehung scheint die Hauptarbeit organisatorischer Natur geleistet zu sein.

.

HI.

Die Änderung der Verhältnisse, auf die wir im Vorstehenden 'hingewiesen haben, veranlasst uns, Ihnen eine V e r e i n f a c h u n g der Organisation des Justiz- und Polizeidepartements in der Weise vorzuschlagen, d a s s d e r G e s c h ä f t s k r e i s d e r J u s t i z a b teilung durch die noch v e r b l e i b e n d e n Aufgaben im Gebiete des G r u n d b u c h - und Vermessungswesens ·erweitert und das Grundbuchamt als selbständige A b t e i l u n g a u f g e h o b e n w i r d . Das Beamtenpersonal des Grundbuchamtes, das zurzeit nur aus dem Vermessungsinspektor, seinem Adjunkten und zwei Kanzleisekretären besteht, würde von der Justizabteilung aufgenommen ; die juristischen Arbeiten, die bisher vom Chef des Grundbuchamtes besorgt wurden, könnten einem Adjunkten der Justizabteilung übertragen werden.

Diese Vereinfachung lässf. sich im gegenwärtigen Zeitpunkt .ohne jegliche Schwierigkeit durchführen. Schon seit längerer Zeit haben wir, einer Anregung des Chefs des Grundbuchamtes folgend, die Vereinigung dieses Amtes mit der Justizabteilung in Aussicht genommen. So hat das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement insbesondere durch die erwähnte Anleitung für die Erstellung der Übersichtspläne, vom 27. Dezember 1919, die Verifikation dieser Pläne der Abteilung für Landestopographie übertragen, und dadurch eine Vermehrung des Personals des Grundbuchamtes vermieden. Ferner haben wir davon Umgang genommen, die auf 1. Januar 1922 freigewordene Stelle des ersten Adjunkten des Vermessungsinspektors wieder zu besetzen.

Sodann ist der bisherige Chef des Grundbuchamtes Ende September 1922 aus der Bundesverwaltung ausgetreten und von der Neubesetzung der Stelle ist einstweilen abgesehen worden.

Wir haben auch die Frage geprüft, ob unter den gegebenen Verhältnissen eine Neuordnung in der Weise getroffen werden könnte, dass nur die juristischen Aufgaben des Grundbuchamtes der Justizabteilung, die technischen dagegen der Abteilung für Landestopographie zugewiesen würden. Doch erscheinen alle Gründe, die im Jahre 1911 zur Vereinigung der juristischen und technischen Funktionen im Grundbuchamt geführt haben, noch in demselben Umfang als berechtigt und zutreffend. Auch die bisherigen guten Erfahrungen, von denen wir oben gesprochen haben, halten uns entschieden davon ab, eine Trennung der genannten Funktionen vorzuschlagen.

985 IV.

In f o r m e l l e r B e z i e h u n g hat die von uns empfohlene Ordnung eine Abänderung der Bundesgesetze über die Organisation der Buudesverwaltung, vom 26. März 1914, und betreffend Organisation des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, vom 27. Juni 1919, zur Folge. Diesem Umstand trägt der mitfolgende Beschlussesentwurf in seinem Titel, in den Ziffern I und II, sowie durch die Aufnahme des Referendumsvorbehalta in Ziffer III Rechnung.

Wir sind uns wohl bewusst, dass die vorgeschlagene Änderung» keine grossen Ersparnisse für die Bundesverwaltung mit sich bringen wird; denn die Organisation des Grundbuchamtes war von Anfang an so einfach als möglich gehalten und die Zahl der Beamten hat sich im Laufe der Zeit nicht vermehrt. Immerhin werden sich nicht unerhebliche Vorteile aus der nunmehrigenVerwendbarkeit des juristischen Adjunkten auch für andere Aufgaben der Justizabteilung und aus der ökonomischen Verwendung des Kanzleipersonals ergeben. "Wir halten uns deshalb, in Unterstützung der in der Budgetbotschaft niedergelegten Grundsätze, für verpflichtet, von dieser Möglichkeit, die Zahl der Abteilungen eines Departements zu vermindern, Gebrauch zu machen und Ihnen die Annahme des beigefügten Beschlussesentwurfes zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tifc, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 8. Dezember 1922.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Dr. Haab.

Der Bundeskanzler:

Steiger.

986

(Entwurf.)

Bimdesbeschluss betreffend

Abänderung der Bundesgesetze über die Organisation der , Bundesverwaltung, vom 26. März 1914, und betreffend Organisation des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, vom 27. Juni 1919.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, : : nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 8. Dezember 1922, ' beschliesst: I. Das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesver^ Xvaltung wird abgeändert wie folgt: In Art. 31 wird der Untertitel II. G r r u n d b u c h a m t gestrichen ; seine Ziffern l, 2 und 3 werden 12, 13 und 14 des Untertitels I. J u s t i z a b t e i l u n g ; die übrigen Untertitel lauten : II. Polizeiabteilung, III. Bundesanwaltschaft, IV. Versicherungsamt, V. Amt für geistiges Eigentum.

II. Das Bundesgesetz über die Organisation des Justiz- und Polizeidepartemeut wird abgeändert wie folgt: Art. l erhält nachstehende Fassung: ,,Art. 1. Das Justiz- und Polizeidepartement besteht aus: J . der Justizabteilung, 2. der Polizeiabteilung, 3. der Bundesanwaltschaft, 4. dem Versicherungsamt, 5. dem Amt "für geistiges Eigentum.a Art. 3 beginnt folgendermassen : ,,Für die Justizabteilung, die Polizeiabteilung und die Bundesanwaltschaft sind folgende Beamtungen vorgesehen, die in folgende Besoldungsklassen eingereiht werden: . . . " und schliesst: ,,Der Chef der Bundesanwaltschaft führt den Titel ,,Bundesanwalt"', der erste technische Beamte der Justizabteilung den Titel ,,Vermessungsinspektor."· III. Der Bundesrat ist beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juli 1874 betreffend die Volksabstimmungen über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse gegenwärtigen Bundesbeschluss zu veröffentlichen und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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1922

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20.12.1922

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