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NaChtragzu der

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 9. November 1920 betreffend Revision des Art. 44 der Bundesverfassung (Massnahmen gegen die Überfremdung).

(Vom 14. November 1922.)

Die ständerätliche Kommission für die Beratung der Vorlage über Revision des Art. 44 BV hat uns den Wunsch ausgesprochen, es möchte zu dieser Vorlage ein Nachtrag ausgearbeitet werden, der sich darüber auszusprechen habe, in welcher Weise sich das Überfremdungsproblem auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1920 nunmehr darstelle, wobei auch die Ziele der künftig einzuschlagenden Niederlassungspolitik anzudeuten seien.

Wir kommen diesem Wunsche mit gegenwärtigem Berichte nach, wobei wir uns gestatten, die bisherigen Beschlüsse der ge.nannten Kommission einer Besprechung zu unterziehen.

L Die Volkszählung von 1920 hat als definitiv festgestelltes Resultat eine Wohnbevölkerung in der Schweiz von 3,880,320 Seelen ergeben. Die Zahl der hierin enthaltenen Ausländer ist noch nicht verifiziert. Vom eidgenössischen Statistischen Bureau "waren im Zeitpunkte der Abfassung dieses Berichtes nur erst die Ergebnisse der Kantone Uri, Obwalden, Nidwaiden, Glarus und Waadt endgültig bearbeitet; die Ausländerzahlen der übrigen Kantone und damit auch die Gesamtzahl der ausländischen Wohnbevölkerung der Schweiz können nur erst als provisorische Angaben, unter dem Vorbehalt späterer Verifikation, mitgeteilt werden ; doch dürften dieselben keine Änderung erleiden, die für vorliegenden Zweck irgendwie ins Gewicht fallen würde. Es ergibt sich Bundesblatt. 74. Jahrg. Bd. III.

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662 folgende Zusammenstellung, aus welcher hervorgeht, dass dieausländische Bevölkerung unseres Landes, die im Jahre 1910 14,7 °/o der gesamten Wohnbevölkerung ausmachte, im Jahre 1920 nur noch 10,4 °/o betrug.

Endgültige Ergebnisse Wohnbevölkerung

Schweizer

Ausländer

538,602 674,394 177,073 23,973 59,731 17,567 13,956 33,834 31,569 143,055 130,617 140,708 82',390 50,428 55,354 14,614 295,543 119,854 240,776 135,933 152,256 317,498 128,246 131,349 171,000

464,242 649,324 167,793 22,358 57,051 16,935 13,524 30,884 29,029 137,675 124,157 102,368 73,720 42,278 52,544 14,244 261,773 104,644 227,526 119,323 118,846 284,933 120,906 120,629 118,640

74,360 25,070 9,280

86.2 9e; 3 94,8

1,615

93,s 95,5 96,4 96,9

3,880,320

3,475,346

Volkszählung 1920 Zürich Bern . . .

Luzern Uri. . . .

Schwyz .

Obwalden Nidwaiden .

Glarus Zug ...

Freiburg .

Solothurn .

Basel-Stadt .

Basel- Land .

Schaff hausen .

Appenzell A.-Rh .

Appenzell l.-Rh.

St. Gallen .

Graubünden .

Aargau Thurgau . .

Tessin Waadt . .

Wallis . .

Neuenburg .

Genf . . .

Schweiz

Vorläufige (Rechnungs-) Ergebnisse

2,680

632 432 2,950 2,540 5,380 6,460 38,340 8,670

8,150 2,810 370 33,770 15,210 13,250 16,610 33,410 32,565 7,340 10,720 52,360 404,974

Auf 100 Personen der Wohnbevölkerung sind Schweizer Ausländer

13,s

3,.

5,s 6,7

4,5.

3,6

3,1

91,3

8,7

92,0 96,2 95,!

72,8 89,5 83,8 94,9 97,5 S8,c 87,3 94,5 87,8 78,i 89,7 94,3

8,0

91,3

3,K 4*

27,a 10,5

16,« 5,!

2,5

11,4

12,, 5,5.

12,2 21,» 10,a 5,7

8,,

69,3

30,7

89,6

10,4

Über die Entwickln ng der Aus länderfreq luenz seit 1. Dezember 1920 können keine Angaben gemacht werden, da eine zahlenmässige Kontrolle der Ein- und Abwanderung nicht besteht.

Die Tatsache, dass die eidgenössische Zentralstelle für Fremdenpolizei während des Jahres 1921 22,309 kantonale Niederlassungsbewilligungen an Ausländer genehmigt hat, lässt sich statistisch nicht verwerten, indem eine grosse Zahl der Niederlassungs-

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kandidaten des Jahres 1921 bereits am 1. Dezember 1920 in der Schweiz anwesend waren und unter der damaligen Wohnbevölkerung mitgezählt worden sind ; wohl aber bietet diese Ziffer einen Fingerzeig, dass der Anreiz unseres Landes als Einwanderungs- und Niederlassungsziel fortdauernd anhält.

Die Fremdenziffer von 10,4 °/o bedeutet stets noch eine abnormale Zusammensetzung unserer Wohnbevölkerung. Wir haben bereits in der Botschaft vom 9. November 1920 darauf aufmerksam gemacht, dass die maximale Fremdenquote unserer Nachbarstaaten nicht über 2,7 % der Bevölkerung ansteigt (Frankreich).

Unter den west- und mitteleuropäischen Staaten (abgesehen von Luxemburg) weist Belgien mit 3,i °/o nächst der Schweiz die höchste Teilziffer von Ausländern auf. Diese Zahlen zeigen, dass wir uns auch bei der heutigen reduzierten Fremdenziffer noch keineswegs beruhigen dürfen und wir allen Grund haben, die begonnene grundsätzliche Bekämpfung der Überfremdung fortzusetzen und zu gutem Ende zu führen.

II.

Die ständerätliche Kommission hat dem Politischen Departement mitgeteilt, dass sie vorläufig zu folgenden Schlüssen gelangt sei : ,,1. Der Grundsatz der Einbürgerung kraft Gebietshoheit ist nicht in die Bundesverfassung aufzunehmen. (Eine Stimme ist für Aufnahme des Grundsatzes, unter Vorbehalt des Optionsrechtes.)

2. Das Recht auf Einbürgerung kann durch Bundesgesctz erteilt werden : a. unentgeltlich an Ausländer, die in der Schweiz geboren sind und deren Mutter von Geburt Schweizerin war (Einbürgerung am ursprünglichen Heimatorte der Mutter) ; b. gegen Entrichtung einer Einkaufsgebühr, deren Gesamtmaximum (Kanton und Gemeinde) vom Bundesgesete bestimmt wird, an Ausländer, die in der Schweiz geboren sind und deren Vater bereits in der Schweiz geboren war (Einbürgerung am Wohnorte), sowie an andere Ausländer nach langdauerndem Wohnsitz in der Schweiß (Einbürgerung am Wohnorte).

Das Bundesgesetz bestimmt die Dauer des vorausgehenden Wohnsitzes sowie die Gründe, aus welchen der Bundesrat das Recht auf Einbürgerung im Einzelfalle ausschliessen kann.

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3. Die nach Ziffer 2 Eingebürgerten gemessen die Armenunterstützung wie die übrigen Gemeindebürger.

4. An die den Kantonen und Gemeinden aus solchen Einbürgerungen erwachsenden Armenlasten leistet der Bund für beschränkte Dauer vom Zeitpunkt der Einbürgerung hinweg Beiträge.

5. Der kantonalen Gesetzgebung bleibt überlassen, zu bestimmen, ob und in welchem Umfange den nach Ziffer 2 Eingebürgerten Anteile an den Bürger- und Korporationsgütern zukommen.

6. Von einer Beschränkung der politischen Rechte der neueingebürgerten Schweizer ist Umgang zu nehmen.'1 Dieo Gründe, aus welchen die Einbürgerung kraft Gebietshoheit (jus soli) von der Kommission abgelehnt wird, sind von ihrem Präsidenten im Ständerat anlässlich der Beratung über die Ausländerinitiative mitgeteilt worden (Stenographisches Bulletin, Oktober 1921, Seite 386). Es wird geltend gemacht: da das dem jus soli unterstellte Kind das Bürgerrecht der jeweiligen Wohngemeinde der Eitern im Zeitpunkte seiner Geburt erhalte, so liege die Möglichkeit vor, dass die Kinder e i n e s Ehepaares in mehreren verschiedenen Gemeinden je nach dem wechselnden Wohnsitz der Eltern eingebürgert werden, wodurch ein Riss in der Familie entstehe, der -- abgesehen von inneren Unzukömmlichkeiten -- namentlich dann zu bedenklichen Konsequenzen führe, wenn die Familie hilfsbedürftig werde und jedes Kind von seiner besondern Heimatgemeinde zu unterstützen sei. Es wird alsdann angedeutet, dieser Übelstand könnte dadurch vermieden werden, dass die Kinder einer früheren Schweizerin einheitlich im ursprünglichen Heimatorte der Mutter eingebürgert würden.

Doch wird die naheliegende Konsequenz, dem jus soli das letztere System zugrunde zu legen, nicht gezogen. Als Nachteil der ,,Zwangseinbürgerung" führte der Sprecher der Kommission im weitern an, dass, wenn der Vater seinem Heimatstaate Treue halte und die Einbürgerung der Kinder in der Schweiz ungern sehe, er diese nicht als Schweizer, sondern in der Anhänglichkeit an den ausländischen Heimatstaat erziehen werde.

Die Kommission vertritt die Ansicht, dass den in der Schweiz geborenen Kindern, deren Mutter von Geburt Schweizerin war, an Stelle der Zwangseinbürgerung ein Recht auf unentgeltliche Einbürgerung erteilt werden solle ; in welchem Altersstadium die Kinder von diesem Rechte Gebrauch machen könnten, wird nicht

665 gesagt. Wir können uns diesem Vorschlage nicht anschliesseri, da das hier vorgeschlagene Mittel zur Erzielung sicherer Resultate ungenügend erscheint. Wir stehen auch heute noch auf dem Boden, dass durch eine automatisch wirkende Massnahme, welche alle Schwankungen ausschliesst, der Vermehrung des ausländischen Elementes in der Schweiz Einhalt zu gebieten sei. Es ist allseitig anerkannt, dass die Kinder schweizerischer Mütter diejenige Klasse der ausländischen Bevölkerung darstellen, deren Assimilierung an unsern Volkskörper am meisten Sicherheit bietet.

Die Einbürgerung dieses Bevölkerungselementes wird allgemein und Unbestrittenermassen als erwünscht erachtet. Überlässt man aber die Einbürgerung d'er freien Entschliessung der Beteiligten oder ihrer Eltern, so bleibt das Ergebnis ein Ungewisses und steht jedenfalls wesentlich u n t e r dem Zuwachs, der sich für unser Land durch zwangsweise Einbürgerung der Kinder von deren Geburt an ergeben würde. Nur die ausnahmslose und obligatorische Einbürgerung kraft jus soli garantiert uns greifbare Resultate, die wir zahlenmässig als Mittel gegen die Überfremdung in Rechnung stellen können.

Wenn von der Kommission eingewendet wird, der ausländische Vater, der an seinem Heimatstaate hängt, werde den Kindern keine schweizerische Erziehung angedeihen lassen, sodass auf diese Weise bloss .^Papier-Schweizer" erzielt würden, die für unser Land keinen Gewinn bedeuteten, so kann dagegen bemerkt werden, dass ein derartiger anti-schweizerischer Einfluss des Vaters sich in vermehrtem Masse geltend machen müsste, wenn den Eltern volle Freiheit gelassen würde, ob sie für ihre Kinder das Schweizerbürgerrecht über kurz oder lang einmal beanspruchen wollen oder nicht. Und nicht allein der Einfluss des Vaters würde hindernd zur Geltung kommen ; auch das fremde ,,Milieu", wie es in den Ausländer-Kolonien gepflegt wird, eventuell auch ausländischer Schulunterricht würden auf die Kinder einwirken. Werden diese dagegen als Schweizer geboren, so sind derartige Einflüsse von vornherein lahmgelegt : das Kind wird sich von Anfang an als Schweizer fühlen und der peinlichen Wahl enthoben ; es wird unsere Schulen als Schweizerbürger durchlaufen und der Bildungsgelegenheiten und nötigenfalls auch der ökonomischen Hilfsmittel teilhaftig werden, die den Landeskindern zu Gebote stehen.
Wir anerkennen nun aber andererseits die Berechtigung der Bedenken, die von der ständerätlichen Kommission gegen die Einbürgerung des Kindes am jeweiligen Geburtsorte (oder

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am jeweiligen Wohnorte der Eltern im Zeitpunkte seiner Geburt) geltend gemacht werden. In der Tat scheint es wünschenswert, dass die sukzessive Einbürgerung von Kindern der gleichen Familie in verschiedenen Gemeinden je nach dem Wechsel des Geburtsortes (oder Wohnortes der Eltern) vermieden werde. Es muss zugegeben werden, dass der Ausländer mit derjenigen schweizerischen Gemeinde, in welcher er geboren ist oder in welcher seine Eltern zur Zeit seiner Geburt gewohnt haben, vermöge dieser Tatsache allein in keine nähere, organische Verbindung tritt; es hat daher etwas Gezwungenes, die Gemeinde- und Kantonsangehörigkeit auf dieser Basis aufzubauen. Auch werden sich die Gemeinden vielfach daran stossen, dass ihnen neue Bürger auf diesem Wege -- vielleicht nach kurzem Aufenthalte der Eltern -- aufgedrungen werden, und es steht zu befürchten, dass der Vorlage hieraus eine ernstliche Gegnerschaft erwachse. Diese Bedenken werden vermieden, wenn die Einbürgerung jure soli nicht am zufälligen Geburtsort oder am Wohnort der Eltern zur Zeit der Geburt des Kindes erfolgt, sondern in der Gemeinde, welcher die Mutter vor der Verehelichung mit einem Ausländer durch Abstammung angehört hatte. Hier ist jede Zufälligkeit ausgeschaltet: die Mutter überträgt ihr früheres Bürgerrecht auf das Kind, ein Prinzip, das schon unter der heutigen Gesetzgebung bei den Wiedereinbürgerungen zur Anwendung gelangt und ja auch von der bundesrechtlichen Spruchpraxis in Heimatlosen-Fällen beobachtet wird. Wir stehen nicht an, die Anträge unserer Botschaft vom 9. November 1920 in diesem Sinne abzuändern.

Aus den vorstehenden Erwägungen heraus ergibt sich noch eine weitere Modifikation. Die Botschaft nimmt in Aussicht, dass ausser den Kindern früherer Schweizerinnen auch solche Ausländerkinder am Wohnorte der Eltern jure soli einzubürgern seien, deren Vater oder Mutter in der Schweiz geboren sind. In diesem Falle fehlt gleicherweise das innere -- wir möchten sagen : ethische -- Band zwischen den einzubürgernden Kindern und der Gemeinde, der die Verpflichtung zur Einbürgerung auferlegt werden soll ; es fehlt auch gegenüber jeder andern schweizerichen Gemeinde und ist unersetzlich. Eine solche Verpflichtung würde wohl auf vielen Seiten als unorganisch und ungerechtfertigt empfunden werden, und wir befürchten, dass die Ausdehnung der
Einbürgerung jure soli auf diese Kategorie von Ausländern der Vorlage eine zahlreiche Gegnerschaft schaffen könnte. Der zahlenmässige Gewinn, der aus einer solchen Erweiterung des jus soli hervorgehen würde, ist aber so gering, dass es sich nicht

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lohnen würde, deshalb das Schicksal des Revisionsentwurfes irgendwie zu gefährden.

Es erhellt dies aus folgenden Erwägungen: Die Zahl der in der Schweiz nach der Volkszählung von 1920 wohnhaften Ausländer beträgt, wie oben gezeigt wurde, rund 405,000 Seelen.

Diese Zahl entspricht ungefähr der Fremdenzahl des Jahres 1902.

Nach den Feststellungen des Statistischen Bureaus betrug im letztgenannten Jahre die Zahl der in der Schweiz geborenen Ausländerkinder, von denen einer oder beide Elternteile in der Schweiz geboren waren, 5527 ; bei 884 dieser Kinder waren Vater u n d Mutter in der Schweiz geboren, bei 277 der Vater allein, bei 4643 Kindern die Mutter allein. Die voreheliche Staatsangehörigkeit der Mutter der Neugeborenen ist bisher statistisch nicht erfasst worden. Es darf indessen angenommen werden, dass die Zahl der in der Schweiz geborenen Ausländerkinder, deren Mutter von Geburt Schweizerin war, sich n a h e z u deckt mit der Zahl der in der Schweiz geboreneu Ausländerkinder, deren Mutter in der Schweiz geboren ist. (Die Zahl der Kinder, deren Mutter in der Schweiz geboren, aber nicht schweizerischer Abstammung ist, wird einigermassen aufgewogen durch die Zahl der Kinder, deren Mutter schweizerischer Abstammung, aber im Ausland geboren ist.) Demnach ist für das Jahr 1902 und analog für die heutigen Verhältnisse die Zahl der in der Schweiz geborenen Kinder früherer Schweizerinnen auf jährlich 5200 anzusetzen. Die Zahl der in der Schweiz geborenen Ausländerkinder, deren Vater oder Mutter in der Schweiz geboren ist und deren Mutter von Geburt Ausländerin war, dürfte auf jährlich 300--350 zu veranschlagen sein. Aus den oben angegebenen Gründen und im Interesse der Vereinfachung unserer Vorlage verzichten wir darauf, diese Kategorie dem jus soli zu unterstellen, und modifizieren in diesem Sinne unsere früheren Anträge.

Die ständerätliche Kommission hat nun für die in der Schweiz geborenen Ausländerkinder, deren Vater bereits in der Schweiz geboren ist, ein Recht auf Einbürgerung gegen Entrichtung einer gesetzlich zu normierenden Maximai-Einkaufsgebühr in Aussicht genommen; die Einbürgerung hätte am Wohnorte zu erfolgen.

Wir möchten der Erörterung dieser Frage nicht von vornherein entgegentreten, wennschon es sich dabei (nach Abzug der jure soli bea w. unentgeltlich eingebürgerten Kinder früherer Schweizerinnen) um eine wenig ausgiebige Personenklasse handelt und auch hier der Umstand nicht übersehen werden darf, dass zwischen dem

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Bewerber und der zufälligen Wohngemeinde, der die Einbürgerungspflicht auferlegt wird, kein engeres, innerlieh begründetes Band besteht. Immerhin halten wir dafür, dass keine Notwendigkeit vorliegt, eine solche Bestimmung bereits im Verfassungaartikel vorzusehen, und glauben daher, im heutigen Stadium votider Diskussion dieses Vorschlages absehen zu können; or wird uns seinerzeit bei Ausarbeitung des revidierten Gesetzesenlwurfeszu beschäftigen haben.

Im weitern befürwortet die ständerätliche Kommission dieEinführung eines Rechtes auf Einbürgerung durch Einkauf nach langdauerndem Wohnsitz in der Schweiz. Wir haben diesen Punkt in unserer Botschaft vom 9. November 1920 (Abschnitt VII) einlässlich erörtert und sind zu dem Schlüsse gelangt, dass wir nicht so weit gehen dürfen, einem Ausländer, selbst wenn er in der Schweiz (als Kind einer Mutter von ausländischer Abstammung) geboren oder seit Jahren hier niedergelassen ist, ein vorbehaltloses Recht auf Einbürgerung zuzugestehen und dadurch die Einbürgerungsbehörden der Möglichkeit zu berauben, die Bewerber einzeln auf ihre Eignung zu prüfen. Die Erfahrung zeigt uns, dass auch nach 15--20jährigem Aufenthalt in der Schweiz nicht jeder Bürgerrechtskandidat, selbst wenn er mit den Strafgesetzen nie in Konflikt geraten ist, einen erwünschten Zuwachs zu unserer Volksgemeinschaft bildet. Es sei insbesondere darauf hingewiesen^ dass die verschiedenen Kategorien von Ausländern zur Assimilierung in unserem Lande eines sehr verschiedenartigen Zeitausmasses bedürfen, ein Umstand, der bereits einzelne Gemeinden, veranlasst hat, für gewisse Nationalitäten eine wesentlich verlängerte Anpassungsfrist zu fordern. Diese Verhältnisse lassen esgeboten erscheinen, von der Statuierung eines Rechtes auf Einbürgerung, das durch Absolvierung einer einheitlich vom Bundefestgesetzten Aufenthaltsdauer erworben würde, gänzlich Umgang zu nehmen. Wir bleiben daher bei der in unserer ersten Botschaft ausgesprochenen Ansicht, dass die Lösung dieser Frage den Kantonen überlassen werden solle, indem ihnen freizustellen sei, ein Recht auf Einbürgerung in ihre Gesetzgebung aufzunehmen, unter dem Vorbehalt, dass in jedem Falle die bundesrätliche Einbürgerungsbewilligung vorauszugehen habe. Es wird im übrigen anlässlich der Ausarbeitung des revidierten Gesetzeszu prüfen sein, ob nicht
überhaupt die Festsetzung eines Maximumsder Einkaufssumme für die Naturalisationen geboten erscheine, um zu verhüten, dass diese für unser Land so einschneidendeFrage der Agregierung neuer Volksgenossen allzu ausschliesslich von fiskalischen Gesichtspunkten beherrscht werde.

6691 Schliesslich hat die ständerätliche Kommission unter Ziffer (>; die Ansicht ausgesprochen, von einer Beschränkung der politischen Rechte der Neueingebürgerten sollte Umgang genommen werden.

Wir erachten diesen Punkt unter allen Umständen als diskutabel und würden uns einem Fallenlassen der in unserer Botschaft von 1920 vorgeschlagenen Beschränkung der "Wahlfähigkeit nicht widersetzen, da hiervon die Lösung der Fremdenfrage als solchenicht beeinflusst wird. Immerhin glauben wir, dass in weiten Kreisen unserer Bevölkerung eine derartige Beschränkung despassiven Wahlrechtes für Neueingebürgerte begrüsst würde: dass eine solche Stimmung besteht, davon gab jüngst die Ausländerinitiative Zeugnis. Wir sehen uns bei dieser Sachlage nicht veranlasst, von unserem Vorschlage abzugehen, und gewärtigen hierüber Ihre Beschlüsse.

111.

Dass die von der ständerätlichen Kommission vorgeschlagene Lösung weite Bevölkerungskreise unseres Landes nicht befriedigt, ist in der Presse sattsam hervorgetreten. Auch ist dies in verschiedenen Kundgebungen betont worden. Die Vereinigung schweizerischer Republikaner hat unterm 20. April 1921 an den Bundesrat eine Eingabe gerichtet, worin gesagt wird : ,,Sollte es richtig sein, dass nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1920 dieausländische Bevölkerung von 15 % auf 9--10 % der Gesanatbevölkeruog gesunken ist, so möchten wir dazu bemerken, das& das nie ein Grund sein darf, der Fremdenfrage in Zukunft weniger Beachtung zu schenken. Wir sollten im Gegenteil in diesem Moment unsere Einbürgerungsgesetzgebung so ordnen, dass wir einem neuen Ansteigen der Fremdenquote gegenüber gewappnet sind, und nicht erst dann, wenn es bereits wieder zu spät ist, an die Frage heranzutreten." Eine Eingabe ähnlichen Charakters, worin der schleunigen Adoption der Einbürgerung jure soli gerufen wird, ist uns von der Schweizergruppe der Neuen Helvetischen Gesellschaft in Marokko zugekommen.

Eine bedeutsame Kundgebung ist im März dieses Jahres von St. Gallen ausgegangen : die freisinnig-demokratische und die jungfreisinnige Partei, sowie die demokratische und Arbeiterpartei dieses Kantons, zusammen mit der kantonalen gemeinnützigen Gesellschaft und der Gruppe St. Gallen der Neuen Helvetischen Gesellschaft, haben der Bundesversammlung Kenntnis gegeben von einer im Oktober 1921 gefassten Resolution, worin die Hoffnung ausgesprochen wurde, dass angesichts der nationalen Bedeutung der Einbürgerungsfrage alle Parteien für eine baldige An-

670 nähme der vom Bundesrat beantragten Revision des Art. 44 BV zusammenwirken werden. Im Anschluss an die Mitteilung dieser Resolution heisst es in der Eingabe weiter: ,,Seither haben die Vorstände der unterzeichneten Verbände die Frage weiter verfolgt und sind von neuem zum Ergebnis gelangt, dass das allgemeine Landesinteresse baldige und energische Massnahmen zur Bekämpfung der Überfremdung erfordern. Wir gestatten uns daher, mit der Bitte an Sie zu gelangen, Sie möchten die Behandlung der bundesrätlichen Vorlage zur Revision des Art. 44 BV möglichst beschleunigen."

Eine ähnliche Kundgebung ist ferner im Juni dieses Jahres von Zürich aus an die Bundesversammlung gerichtet worden, unterzeichnet von den Gruppen Zürich und Winterthur der Neuen Helvetischen Gesellschaft, den Ortsgruppen Zürich und Winterthur der Vereinigung schweizerischer Republikaner, vom Volksbund für die Unabhängigkeit der Schweiz und vom Komitee zur Förderung der gesetzgeberischen Lösung der Fremdenfrage, sowie von zahlreichen Privatpersonen. Die Erklärung hat folgenden Wortlaut: ,,Die Unterzeichneten erachten im Hinblick auf die starke Überfremdung des Kantons Zürich eine gründliche Reform der Gesetzgebung über die Ausländereinbürgerung unter Einführung des Grundsatzes der B ü r g e r r e c h t s e r t e i l u n g k r a f t Geb u r t auf S c h w e i z e r b o d e n (jure soli) für ünerlässlich.

,,Da aber die Überfremdung in stärkerem oder geringerem Masse in allen Kantonen besteht, und da die kantonale Gesetzgebung zu ihrer wirksamen Bekämpfung sich als unzureichend erwiesen hat, erscheint eine baldige Regelung auf e i d g e n ö s s i s c h e m B o d e n dringend geboten.

,,Die Unterzeichneten begrüssen in diesem Sinne die Vorlage des Bundesrates vom 9. November 1920 betreffend Revision des Art. 44 der Bundesverfassung und hoffen, dass angesichts der nationalen Bedeutung der Frage alle Parteien zusammenwirken werden, um eine baldige Annahme und Ausführung des revidierten Verfassungsartikels herbeizuführen.

,,Die bisher bekannt gewordenen G e g e n v o r s c h l a g e d e r · s t ä n d e r ä t l i c h e n K o m m i s s i o n eraeh'ten die Unterzeichneten als u n g e e i g n e t für die Bekämpfung der Überfremdungsgefahr, weil die blosse Erleichterung der freiwilligen Einbürgerung erfahrungsgemäss dazu nicht ausreicht,
insbesondere weil diese Gegenvorschläge weder zu einer wirksamen Vermehrung der Einbürgerungen, noch zur Naturalisation der am meisten assimilierten Ausländerkategorien führen können. a

671 Auch die Neunerkommission, welche seinerzeit zur Lösung der Fremdenfrage mit spontaner Initiative vorangegangen war, hat sich vor der Abstimmung über die Ausländerinitiative zur Sache nochmals vernehmen lassen. In einer von ihr veröffentlichten Resolution vom Mai abbin schreibt sie : ,,Die Fremdenfrage ist nicht gegenstandslos geworden. In der Kriegszeit vermochte die Überfremdung allerdings keine Fortschritte zu machen.

Sobald aber die Kriegsfolgen verschwinden, werden wir ihr wie vorher schutzlos ausgesetzt sein, ja sie kann noch bedenklichere Formen gewinnen. Vorsicht bei der Gewährung des Bürgerrechts ist auf Grund unserer Erfahrungen gerechtfertigt ; wir müssen die Fremden fernhalten können, die nicht fähig sind, innerlich Schweizer zu werden. Doch dürfen wir, indem wir uns vor einzelnen schützen, nicht die der Gesamtheit drohende Gefahr aus den Augen verlieren.11 Angesichts der Beschlüsse der ständerätlichen Kommission, ,,durch welche der Grundsatz, dass das Bürgerrecht durch Geburt in der Schweiz erworben werden könne, abgelehnt worden isttt, formulieren die Mitglieder der Neunerkommission ihre ,,Überzeugung" zuhanden der Öffentlichkeit wie folgt: 1. ,,dass für die Neuordnung des Einbürgerungsrechtes das Hauptziel bleiben muss, der Überfremdung zu steuern ; 2. dass die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes kraft Gebietshoheit hierfür ein unentbehrliches Mittel ist; 3. dass aber dieses Mittel für sich allein nicht ausreicht, und dass Einschränkungen, wie sie in der Ausländerinitiative enthalten sind, die Erreichung des Zieles verunmöglichen; 4. dass, wenn aus diesem Grunde die Ausländerinitiative verworfen werden sollte, daraus keinesfalls der Schluss gezogen werden darf, es sei auch der Grundsatz der Bürgerrechtserwerbung kraft Gebietshoheit verworfen. a IV.

Auf Grund der vorstehenden Ausführungen gelangen wir zu dem Schlüsse, dass wir die Bewältigung der Überfremdung nach wie vor als eine dringliche und unausweichliche Aufgabe unserer Staatspolitik erachten und dass wir zur rationellen Lösung dieser Aufgabe die Einführung der Einbürgerung jure soli (kraft Gebietshoheit) für unerlässlich halten. Wir unterstellen dieser zwangsweisen Einbürgerung die in der Schweiz gebornen Kinder, deren Mutter von Geburt Schweizerin war, und sehen, im Gegensatz zu unserer ersten Vorlage, als Ort der Einbürge-

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rung diejenige Gemeinde vor, der die Mutter durch Abstammung angehört hat. Abgesehen von diesem wesentlichen Unterschied, weichen wir auch insoweit von der früheren Formulierung ab, als wir vorziehen, statt des Wohnsitzes der Eltern in der Schweiz, d i e G e b u r t d e s R i n d e s a u f S c h w e i z e r b o d e n a l s Voraussetzung der Einbürgerung jure soli festzusetzen. Die Formulierung unserer ersten Vorlage war der Absicht entsprungen, auch diejenigen Kinder, die im Ausland geboren werden, während ihre Eltern in der Schweiz rechtliches Domizil haben, zur Einbürgerung heranzuziehen. Wir glauben aber richtiger zu gehen, wenn wir die Einbürgerung von der Geburt des Kindes auf Schweizerboden abhängig machen. Die Frage des Domizils ist nicht in allen Fällen derart liquid und abgeklärt, um eine sä wichtige Rechtsfolge wie die Staatsangehörigkeit daran zu knüpfen ; müssen solche Fragen später geprüft werden, so fehlen dafür sehr leicht richtige und sichere Belege. Stellt man dagegen auf den Geburtsort ab, so handelt es sich um eine Tatsache, über welche die Zivilstandsregister formgültig Aufschluss geben.

Von der Einbürgerung jure soli der Ausländerkinder, deren Vater oder Mutter (als Ausländerin) in der Schweiz geboren ist.

nehmen wir Umgang, da diese Kinder -- wie wir oben ausgeführt haben -- mit keiner schweizerischen Gemeinde durch ein innerliches Band verbunden sind, welches als organische Grundlage der Zwangseinbürgerung gelten könnte.

Die Aufnahme der in der Schweiz geborenen Kinder früherer Schweizerinnen sichert uns einen jährlichen Zuwachs von rund 5000 Schweizerbürgern. Es kann erwartet werden, dass dieser Zuwachs, verstärkt durch die jährliche Naturalisation von zirka 7000 Personen (Eltern und Kinder), zum wenigsten hinreiche, eine neue Vermehrung der Fremdenziffer zu verhindern, wobei vorausgesetzt wird, dass die Fremdenpolizei auch ihrerseits mit den nötigen Kompetenzen ausgerüstet bleibe, um die Einwanderung in Schranken zu halten. Wir würden es für verfehlt halten^ die Sanierung der Überfremdung -- denn diese letztere besteht stets noch bei einer Ausländerquote von IO,* °/o -- ausschliesslieh von freiwilligen Naturalisationsbewerbungen abhängen v.u lassen und jegliche obligatorische Regelung aus der Hand zu geben.

Über die Rechtsstellung der kraft Gebietshoheit Eingebürgerten hat sich unsere Botschaft vom 9. November 1920 einlässlich ausgesprochen. Wir haben unsern bezüglichen Erörterungen und Vorschlägen nichts beizufügen.

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Auch bezüglich der Kostenvergütung, welche die Eidgenossenschaft den Kantonen für Unterstützung der eingebürgerten Kinder zu leisten hätte, kann auf die eingehenden Darlegungen unserer früheren Botschaft verwiesen werden. Während aber die letztere mit einer jährlich einzubürgernden Zahl von 6300 Kindern rechnete, reduziert sich auf Grund der gegenwärtigen Vorlage die Ziffer auf 5000--5200. Die Unterstützungskosten sind daher um y« niedriger anzusetzen als in der ersten Botschaft.

Die Frage, ob den jure soli eingebürgerten Personen die Option, d. h. die Ausschlagung der schweizerischen Staatsangehörigkeit zu gestatten sei, möchten wir nicht im Verfassungstexte ordnen, sondern deren Regelung dem Gesetze vorbehalten.

V.

Der Referent der ständerätlichen Kommission hat anlässlich seines Votums über die Ausländerinitiative die Bemerkung einfliessen lassen, die Kommission erachte, dass eine gründliche Revision der Niederlassungsverträge und eine bedeutende Erschwerung der Niederlassung von Ausländern in der Schweiz wohl am besten einer weitern Überfremdung vorbeugen könne, und °es ist in der Folge seitens der Kommission der Wunsch ausgesprochen worden, wir möchten uns auch über diese Seite des Fremdenproblems äussern.

Wir haben nicht ermangelt, der künftig einzuschlagenden Niederlassungspolitik unser Interesse zuzuwenden. Bereits im September 1920 hat unter dem Vorsitz des Vorstehers unseres Justiz- und Polizeidepartements eine Expertenkonferenz sich mit diesen Fragen beschäftigt. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen dieser Konferenz sind wir der Ansicht, dass die Schweiz anlässlich des Abschlusses neuer Niederlassungsverträge sich die Möglichkeit wahren muss, bei der Zulassung von Ausländern -- namentlich wenn es sich um eigentliche Niederlassung handelt -- ausser auf bestimmte Formalerfordernisse (Personalausweise) auch auf das Vorhandensein materieller Voraussetzungen, z. B. sanitarischer oder wirtschaftlicher Natur, abzustellen und bei Fehlen solcher als notwendig erachteter Voraussetzungen die Niederlassung zu verweigern sowie auch eine bereits erteilte Niederlassungsbewilligung zurückzuziehen. Es ist jedoch stels in Betracht zu ziehen, dass, wenn wir uns zur Betätigung unserer Fremdenpolitik einen möglichst weiten Spielraum für Zulassung und Ausweisung zu sichern wünschen, der Mitkontrahent diese Kompetenzen auch seinerseits gegenüber unsern eigenen Lands-

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leuten zur Anwendung bringen wird. Ein besonderes Gewicht wird den neu festzusetzenden Bestimmungen über Unterstützungund Heimschaffung hilfsbedürftiger Personen beizumessen sein, um zu erzielen, dass vom Heimatstaate solche Ausländer möglichst rasch übernommen werden oder aber für die hierseits erwachsenden Kosten Garantie geleistet wird.

Immerhin darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass die Fremdenfrage einzig durch Massnahmen fremdenpolizeilicher Natur gelöst werden könnte ; es kann sich nicht darum handeln, unser Land gegen Zufluss aus dem Auslande geistig oder wirtschaftlich abzusperren, was auf eine Verarmung hinauslaufen würde. Um so mehr Gewicht muss darauf gelegt werden, im Wege der Einbürgerungspolitik, durch zwangsweise Einbürgerung und Assimilierung der geeigneten Elemente, einer erneuten Zunahme der Überfremdung entgegenzutreten und -- da diese letztere auch in ihrem heutigen Umfange noch als staatsgefährlich zu bezeichnen ist -- womöglich auf weitere Reduktion des Fremdenbestandes hinzuwirken.

Wir haben auf Grund der vorstehenden Erörterungeno den unserer Botschaft vom 9. November 1920 beigegebenen Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend Revision des Art. 44 der BV einer Modifikation unterzogen und unterbreiten Ihnen in der Anlage den abgeänderten Text mit dem Antrage, Sie wollen dem Entwurfe in dieser Fassung Ihre Genehmigung erteilen.

B e r n , den 14. November 1922.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Dr. Haab.

Der Bundeskanzler

Steiger.

675

(Entwurf.)

Bimdesfoescliluss betreffend

Revision des Art. 44 der Bundesverfassung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 9. November 1920, sowie einer Nachtragsbotschaft vom 14. November 1922, unter Berufung auf Art. 84, 85 (Ziffer 14), 118 und 121 der Bundesverfassung, beschliesst: Art. 1. Art. 44 der Bundesverfassung wird aufgehoben, und durch folgenden Wortlaut ersetzt: Art. 44. Ein Schweizerbürger darf weder aus der Schweiznoch aus seinem Heimatkanton ausgewiesen werden.

Die Gesetzgebung über den Erwerb und den Verlust des.

Schweizerbürgerrechts ist Sache des Bundes.

Während der ersten fünf Jahre nach Erwerbung des Schweizerbürgerrechts sind die Eingebürgerten in die gesetzgebenden und vollziehenden Behörden der Eidgenossenschaft und der Kantone nicht wählbar.

Die Bundesgesetzgebung kann die Einbürgerung kraft Gebietshoheit einführen. Sie kann insbesondere bestimmen, dass das in der Schweiz geborene Kind ausländischer Eltern kraft Gebietshoheit Schweizerbürger wird, wenn seine Mutter von Geburt Schweizerin war.

Das kraft Gebietshoheit eingebürgerte Kind erwirbt von Geburt un das Bürgerrecht der Gemeinde oder der Gemeinden, wo die Mutter durch Abstammung heimatberechtigt war. Diese eingebürgerten Personen geniessen im Bedarfsfall die Armenunterstützung wie die übrigen Gemeindebürger; dagegen besitzen sie keinen Anteil an den Bürger- und Korporationsgütern, soweit die Kantone nichts anderes bestimmen. Der Bund übernimmt zu seinen Lasten einen Teil der effektiven Unterstützungskosten, die den Kantonen oder Gemeinden während der ersten 18 Lebensjahre der kraft Gebietshoheit Eingebürgerten erwachsen.

Art. 2. Der gegenwärtige Bundesbeschluss ist dem Volke und den Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten.

Art. 3. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Nachtrag zu der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 9. November 1920 betreffend Revision des Art. 44 der Bundesverfassung (Massnahmen gegen die Überfremdung). (Vom 14. November 1922.)

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Bundesblatt

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Jahr

1922

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

47

Cahier Numero Geschäftsnummer

1336

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.11.1922

Date Data Seite

661-675

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