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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Postulat beider Räte betreffend die Sicherstellung der von der Kriegsgewinnsteuer befreiten Wohlfahrtszuwendungen.

(Vom 10. Januar 1922.)

Gemäss Bericht und An trag ihrer Geschäftsprüfungskommissionen haben die beiden Bäte, der Ständerat am 21. Juni und der Nationalrat am 14. Oktober, folgendes Postulat angenommen : «Der Bundesrat wird eingeladen, den Bäten Bericht und Antrag darüber zu unterbreiten, wie die von der Kriegsgewinnsteuer befreiten Zuwendungen zu Wohlfahrtszwecken für ihre Zwecke sicherzustellen sind.» Wir beehren uns, Ihnen zu diesem Postulat folgenden Bericht zu erstatten: Der Bundesratsbeschluss vom 18. September 1916 betreffend die eidgen. Kriegsgewinnsteuer (Gesetzsammlung Bd. XXXII, S. 851) bestimmt in Art. 7, Ziffer 4, lit. b : «Am Beinertrag dürfen abgezogen werden : Die Zuwendungen für Wohlfahrtszwecke, sofern der Nachweis geleistet wird, dass sie für die Zwecke, denen sie dienen, sichergestellt sind.» Es zeigte sich bald, dass mit dieser Bestimmung allein nicht auszukommen sei und dass sie, namentlich in bezug auf die Sicherstellung der Zuwendungen, einer nähern Ausführung bedürfe. Man war sich auf Seiten der Behörden, welche die Bestimmung anzuwenden haben, durchaus klar darüber, dass die gewaltigen Beiträge des Bundes, die in der Form des Steuerverzichtes an diese Wohlfahrtszuwendungen geleistet wurden, es ebensowenig als die schutzbedürftigen Interessen der durch die Zuwendungen Bedachten zuliessen, sich mit einer Scheinsicherstellung zufrieden zu geben, wie sie in der Einstellung

98 der Zuwendungsbeträge als Wohlfahrtsfonds unter die Passiven der die Zuwendung machenden Unternehmung gegeben gewesen wäre.

Man erkannte auch, dass jede Form der Sicherstellung, welche nicht die Möglichkeit der Verfügung über das Zuwendungsvermögen durch den Schenker ausschloss, gewisse Gefahren in sich barg. Als besonders geeignete Form der Sicherstellung der Zuwendungen bot sich deren Verselbständigung in der Form der Stiftung dar. Immerhin bestanden auch noch andere Möglichkeiten. Man entschied sich deshalb dafür, zu verlangen, dass die Zuwendung mit selbständiger juristischer Persönlichkeit ausgestattet werden müsse. In Berücksichtigung . der Schwierigkeiten, welche die Überführung grösserer Kapitalien an eine Selbständige juristische Person manchen Unternehmungen verursachen konnte, wurde dabei vorgesehen, dass mit der Errichtung der juristischen Person fünf Jahre zugewartet werden könne.

Auf Grund dieser Erwägungen und gestützt auf Art. 46 des Bundesratsbeschlusses vom 18. September 1916 betreffend die eidgenössische Kriegsgewinnsteuer, eiiiess das eidg. Finanzdepartement unterm 3. Juli 1918 als Ausführungsbestimmung zu dem oben zitierten Artikel 7, Ziffer 4, lit. b, eine Verfügung (Eidg. Gesetzsammlung Bd. XXXIV, S. 763), die in Ziffer l des nähern umschreibt, welche Zuwendungen als Wohlfahrtszuwendungen im Sinne der soeben erwähnten Bestimmung des Bundesratsbeschlusses vom 18. September 1916 zu gelten ' haben. Ziffer 2 der Verfügung setzt sodann unter a., b. und c. auseinander, welche Bedingungen vom steuerpflichtigen Donator zu erfüllen sind, damit die Zuwendungen als genügend sichergestellt angesehen werden können. Ziffer 3 enthält die für den Fall der Nichterfüllung der aufgestellten Vorschriften in Anwendung zu bringenden Strafbestimmungen, Diese'JVerfügung bildete seither für die Steuerbehörde die Grundlage für die Beurteilung des Vorhandenseins einer genügenden Sicherstellung 'der von den Kriegsgewinnsteuerpflichtigen als steuerfrei geltend gemachten Zuwendungen; Wie schon angedeutet, gibt es neben der Errichtung einer Stiftung noch andere Formen, in denen die Zuwendungen rechtlich verselbständigt und ausgeschieden werden können. Wenn darum der Steuerpflichtige glaubte, infolge Vorliegens besonderer Verhältnisse eine andere Eechtsform als die von uns vorzugsweise empfohlene Form
der Stiftung wählen zu sollen, so ist gegen dieses Vorhaben von Seiten der eidg. Steuerverwaltung nur dann Einspruch erhoben worden, wenn dadurch eine genügende Sicherheit des Vermögens der steuerfreien Wohlfahrtseinrichtungen nicht geboten wurde. Es sind denn auch in der Folge verschiedene Personalfürsorgeeinrichtungen, insbeson-

99 dere Krankenkassen und Personalversicherungen, in der Form von Genossenschaften und Vereinen verselbständigt worden. Es handelte sich hierbei fast durchwegs um Formen, die vom Personal selbst der betreffenden Betriebsleitung gegenüber in Vorschlag gebracht worden waren, weil neben der Unternehmung auch das Personal statutengemäss zu Beiträgen herangezogen werden sollte. Dass die Begünstigten in diesem besonderen Falle einen weitergehenden Einfluss auf die Verwendung und die Verwaltung des Vermögens des Fürsorgezweckes beanspruchten, als er ihnen durch eine von der Betriebsleitung redigierte Stiftungsurkunde voraussichtlich eingeräumt worden wäre, erscheint nicht unbillig. Was die verhältnismässig nicht zahlreichen Verselbständigungen von Wohlfahrtseinrichtungen in der Form von Vereinen anbetrifft, so ist zu bemerken, dass es sich hierbei durchwegs um Fabrikkrankenkassen handelte, bei denen schon Zweckbestimmung \md Organisation eine missbräuchliche Verwendung der Kassengelder .ausschliessen dürfte. Es darf ausserdem beigefügt werden, dass die meisten dieser Krankenkassen durch das Bundesamt für Sozialversicherung, und insoweit es sich um Einrichtungen von öffentlichen Verkehrsanstalten handelt, vom eidg. Eisenbahndepartement kontrolliert werden. Einer wohl eher in Betracht kommenden Zweckentfremdung der aus steuerbefreiten Zuwendungen gebildeten Kassenvermögen von Genossenschaften und Vereinen durch Mehrheits"beschluss der Genossenschafts- oder Vereinsmitglieder, liess sich dadurch vorbeugen, dass in die der Steuerbehörde vorzulegenden Statuten und Eeglemente, die Aufnahme einer Bestimmung verlangt wurde, derzufolge das Kassenvermögen ausschliesslich zu Personalversicherungszwecken Verwendung finden soll. Als weitere Sicherung wurde die Einschaltung eines Zusatzes verlangt, dahin lautend, dass die vorerwähnte Bestimmung weder durch Mehrheits- noch durch ein·stimmigen Beschluss der stimmberechtigten Genossenschafts- oder Vereinsmitglieder abgeändert oder aufgehoben werden darf. Bei ·diesen Vorsichtsmassregeln dürfte die Sicherheit der in Form von Genossenschaften und Vereinen verselbständigten Fürsorgeeinrich·tungen nicht wesentlich hinter derjenigen zurückstehen, die durch eine einwandfreie Stiftungsurkunde geboten wird. Immerhin mag Erwähnung finden, dass abgesehen von den Krankenkassen ca. 90 %
der bisher endgültig von der Kriegsgewinnsteuer befreiten Zuwendungen in der Form von Stiftungen verselbständigt worden sind.

Bei der Untersuchung über das Vorliegen der Voraussetzungen 4er endgültigen Steuerbefreiung wurde das Hauptgewicht einerseits .auf die Beibringung genügender Begründungsurkunden (Stiftungsurkunden, Genossenschafts- und Vereinsstatuten und Handelsregister.auszüge) und anderseits auf die Bescheinigung des zuständigen Kprpo-

100 rationsorgans über die Tatsache des Übergangs des Fondsvermögens an das betreffende Wohlfahrtsinstitut gelegt. Die Steuerbehörde konnte somit ihre Aufgabe als erfüllt betrachten, wenn sie sich von der Begründung der Wohlfahrtseinrichtungen als selbständiger juristischer Personen und von dem Übergang des Gesamtbetrages der steuerbefreiten Zuwendungen an dieselben anhand der Originalurkunden oder beglaubigten Abschriften überzeugt hatte.

Dass diese Untersuchung mit der erforderlichen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vorgenommen wurde, bedarf schon mit Rücksicht auf die sehr grossen Beträge, die dabei in Frage kamen, keiner besondern Hervorhebung. Zur Illustration der Bedeutung, welche diesen Wohlfahrtszuwendungen zukommt, unterbreiten wir Ihnen hiernach eine Aufstellung über die von der eidg. Steuerverwaltung bis zum 30. September 1921 behandelten Fälle.

Das Total der Wohlfahrtszuwendungen, für die von den Steuerpflichtigen Steuerbefreiung verlangt wurde, beträgt Fr. 208,501,505 Davon wurden infolge Erfüllung der Bedingungen für die Steuerbefreiung endgültig als steuerfrei behandelt » 117,018,57$ Vorläufig und unter Vorbehalt wurden steuerfrei behandelt » 88,882,92$ Wegen Nichterfüllung der Bedingungen der Steuer. befreiung oder wegen Verzichtes auf Steuerbefreiung wurden wieder zur Steuer herangezogen . . » 3,100,000' Damit glauben wir, die in den ersten Jahren befolgte Praxis in bezug auf die als Voraussetzung der endgültigen Steuerbefreiung verlangte Sicherstellung der Wohlfahrtszuwendungen klargelegt zu haben..

Dass sich der Durchführung einzelner Bestimmungen der Verfügung des eidg. Finanzdepartementes vom 3. Juli 1918 erhebliche Schwierigkeiten entgegenstellten, ist bei der Bedeutung der durch diese. Verfügung berührten Interessen begreiflich. Diese Schwierigkeiten betrafen insbesondere die Bestimmungen unter Ziffer 2, lit. a, worin die Bekanntgebung der näheren Zweckbestimmungen an die Begünstigten, und unter Ziffer 2, lit. c, worin die vollständige AusScheidung der Zuwendungen verlangt wird.

Die Erfüllung der ersteren Bedingung ausnahmslos zu verlangen ?

war, abgesehen, von dem zwingenden Charakter dieser Bestimmung, unseres Erachtens schon durch den Umstand geboten, dass in Ermangelung der Bekanntgabe von näheren Zweckbestimmungen findie Zeit zwischen der Einschätzung und der rechtlichen Verselbständigung und Ausscheidung der Zuwendungen eine genügende-

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Möglichkeit der Kontrollierung der zweckmässigen Verwendung der Zuwendungen nicht bestanden hätte.

Immerhin sind wir der Meinung, dass bei grundsätzlichem Pesthalten an der Bedingung der Bekanntgabe der Zweckbestimmungder Zuwendung an die Begünstigten, d. h. an das Personal, beim Vorliegen besonderer Umstände für die Vornahme der Bekanntgabe selbst eine angemessene Fristverlängerung ausnahmsweise gewahrt werden könne. Der eidg. Steuerverwaltung wurde darum in der noch zur Sprache kommenden zweiten Verfügung des eidg. Finanzdepartements vom 15. Oktober 1921 die entsprechende Kompetenz erteilt.

Die Hauptschwierigkeit ergab sich jedoch aus den voneinander abweichenden Auffassungen über den Begriff der vollständigen Ausscheidung. Viele Steuerpflichtige, die für ihre Wohlfahrtszuwendungen Steuerfreiheit beantragt hatten, stellten sich nämlich auf den Standpunkt, dass der Vorschrift der vollständigen Ausscheidung durch die Einstellung der Wohlfahrtsbeträge unter die Passiven der Bilanz, d. h. durch eine bloss buchmässige Ausscheidung derselben, Genüge geschehe. Dieser Auffassung konnte sich jedoch das eidg. Finanzdepartement und mit ihm der Bundesrat um so weniger anschliessen, als die Unzulänglichkeit einer derartigen Scheinsicherstellung schon vor Erlass der Verfügung vom 3. Juli 1918 erkannt worden war und dieser Gedanke in Ziffer 2, lit. c, der Verfügung seinen Ausdruck gefunden hat, indem dort als Voraussetzung der Steuerbefreiung neben der Ausstattung mit selbständiger juristischer Persönlichkeit ausdrücklich die «vollständige Ausscheidung» der Zuwendungen aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen verlangt wird. Dass unter «vollständiger Ausscheidung» nicht die buchtechnische Ausscheidung, d. h. die blosse Einstellung der Zuwendung unter die Passiven der Bilanz, verstanden werden kann, ergibt sich aus dem Nachsatz zu obiger Bestimmung, der besagt : «In der Zwischenzeit, d. h. innerhalb der 5jährigen Ausscheidungsfrist, ist über die Zuwendung eine vom übrigen Geschäftsbetrieb getrennte Eechnung zu führen und ihr Bestand in der Geschäftsbilanz als Schuldposten auszuweisen.» Mit andern Worten: Die buchtechnische Ausscheidung wird als genügend angesehen für die Zwischenzeit; nach Ablauf der fünfjährigen Frist muss dagegen eine vollständige Ausscheidung Platz greifen.

Sodann ist zu sagen, dass eine
bloss buchmässige Ausscheidung zweifellos als «Nachweis einer genügenden Sicherstellung» im Sinne von Art. 7, Ziffer 4, lit. b, des Bundesratsbeschlusses vom 18. September 1916 nicht angesehen werden kann. Es sei nur darauf hingewiesen, dass bei einer bloss buchmässigen Ausscheidung das für die Zuwendung bestimmte Vermögen im Konkurse des Unternehmers, mangels einer

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entsprechenden Ausnahmebestimmung im gemeinen Konkursrecht, in die Konkursmasse fallen würde. Die Verbuchung der Zuwendung als Fonds unter den Passiven sichert dem Fonds nicht einmal eine Konkursdividende, wenn nicht ein Gläubiger vorhanden ist, der eineForderung in der Höhe der Zuwendung geltend machen kann, was voraussetzt, dass der Schenker ihm gegenüber die Schuld anerkannt hat. Wenn im Kommissionsbericht des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates im Jahre 1920, in dem das Postulat begründet wird, die bloss buchtechnische Ausscheidung als genügende Voraussetzung der Steuerbefreiung abgelehnt wird, so kann sich der Bundesrat dieser Auffassung ohne weiteres anschliessen.

Dagegen ist der Bundesrat nach reiflicher Prüfung und nachdem neben dein eidg. Finanzdepartement auch das eidg. Volkswirtschaftsdepartement, das eidg. Justiz- und Polizeidepartement und das eidg.

Departement des Innern in der Sache gehört worden sind, zur Auffassung gelangt, dass die in der zitierten Verfügung verlangte Ausscheidung der Zuwendungen (spez. der Stiftungsvermögen) nicht notwendig in der tatsächlichen Ausscheidung und Übergabe von barem Geld oder Wertschriften zu erfolgen brauche. Er ist vielmehr der Ansicht, dass man sich in denjenigen Fällen, in denen eine Ausscheidung in dieser Form sich als undurchführbar erweist, auch mit der Begründung eines klagbaren Schuldverhältnisses gegenüber der Stiftung, als Voraussetzung für die endgültige Steuerbefreiung, begnügen könne.

Es ist zwar ohne weiteres zuzugeben, dass eine Ausscheidung, durch welche das Schicksal des Stiftungsvermögens von demjenigen der Stifterin vollständig getrennt wird, die idealste Eegelung der Ausacheidungsfrage darstellen würde. Nachdem aber ein Grossteil der schweizerischen Industriebetriebe durch die bekannten unglücklichen Verumständungen in eine immer schwierigere Lage gedrängt wird, die vielerorts zu Betriebseinschränkungen oder gar zeitweiligen Betriebseinstellungen geführt hat, glauben wir, dass es nicht im Interesse des Volksganzen läge, wenn wir durch zu rigorose Interpretation und Anwendung der Ausscheidungsvorschrift die schwierige Lage dieser Kreise noch verschärfen würden. Denn, dass durch die Erzwingung der vollständigen und tatsächlichen Ausscheidung der oft sehr erheblichen Wohlfahrtszuwendungen vielerorts die
vorhandenen unentbehrlichen Betriebsmittel fast aufgezehrt oder doch stark vermindert würden, darf heute als feststehend angenommen werden und wird durch die sich täglich. mehrenden Gesuche um Hinausschiebung der Ausscheidüngsfrist oder um gänzliche Entbindung von der Ausscheidungsverpflichtung leider genügend bestätigt.

Es muss ferner daran erinnert werden, dass durch weitere Produktionseinschränkungen der betreffenden Betriebe die durch die

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Fürsorgestiftungen begünstigte Arbeiterschaft eine weit empfindlichere Einbusse erleiden würde, als dies durch eine allerdings mögliche, aber keineswegs als sicher anzunehmende zwangsweise Liquidation der in Frage stehenden Betriebe und Einbeziehung der darin arbeitenden Stiftungsvermögen in die Konkursmasse der Fall wäre.

Nur beiläufig mag noch erwähnt werden, dass die Fürsorgestiftungen in den meisten Fällen schon durch die Bestimmungen der Stiftungsurkunde so eng mit dem Weiterbestehen des Betriebes der Stifterin verknüpft sind, dass das Eingehen des Betriebes vielfach auch den Wegfall der ursprünglichen Zweckbestimmung nach sich zöge, so dass in dieser Beziehung, auch wenn der allgemeine Wohlfahrtszweck bei der Weiterverwendung der Stiftungsvermögen durch die Bestimmungen der Stiftungsurkunde selbst oder aber durch das Eingreifen der gesetzlichen Aufsichtsbehörde gewährleistet werden könnte, doch die ursprünglich Begünstigten wohl nur zum geringsten Teile daraus Nutzen ziehen würden. Der ungestörte Weiterbetrieb und das Gedeihen der Unternehmung liegt demnach im eigensten wohlverstandenen Interesse der ursprünglich Begünstigten. Die Prosperität des Betriebes kann aber, wie erwähnt, durch eine zu strenge Anwendung der Ausscheidungsvorschrift zusammen mit den übrigen ungünstigen Umständen in vielen Fällen ernstlich in Frage gestellt werden.

Mit dem Vorstehenden wollte keineswegs gesagt werden, dass der Bundesrat die gesetzlich festgelegte Sicherstellung der Wohlfahrtszuwendungen an die zweite Stelle setzt und es ihm in erster Linie um eine möglichst weitgehende Schonung der kriegsgewinnsteuerpflichtigen Stifter zu tun sei. Dass dem nicht so ist, geht schon daraus hervor, dass sich der Bundesrat derjenigen Auffassung angeschlossen hat, die in der bloss buchtechnischen Ausscheidung keine genügende Sicherstellung der Stiftungsvermögen erblickt. Es soll vielmehr in allen Fällen, wo dies ohne grosse Härte und ohne Schädigung des Betriebes möglich erscheint, an der vollständigen, d. h. tatsächlichen Ausscheidung der Stiftungsvermögen in Geld oder sichern Wertschriften festgehalten werden. Immerhin glaubte der Bundesrat sich auch hier an das praktisch Erreichbare halten zu sollen. Es soll darum in jenen Fällen, wo eine Ausscheidung in obigem Sinne sich als undurchführbar erweist, auch die Begründung
eines klagbaren Schuldverhältnisses (durch Schuldschein bezw. Darlehensvertrag) zugunsten der verselbständigten Fürsorgeeinrichtung als genügende Voraussetzung der endgültigen Steuerbefreiung angesehen werden können.

Darüber, ob die Verhältnisse im Einzelfalle eine so weitgehende Erleichterung rechtfertigen, hat sich die Gesuchstellerin auf Verlangen

104 dein eidg. Finanzdepartement bzw. der eidg. Steuerverwaltung gegenüber auszuweisen.

Aus diesen Erwägungen heraus hat das eidg. Finanzdepartement mit unserer Zustimmung die notwendig gewordene Ergänzung zu seiner Verfügung vom 3. Juli 1918 am 15. Oktober 1921 erlassen (amtl. Gesetzsammlung, Bd. XXXVII, S. 754). Wir sind der Meinung, dass damit sowohl dem berechtigten Verlangen auf Sicherstellung der steuerfreien Zuwendung als auch der schwierigen finanziellen Lage eines Grossteiles unserer Industriellen nach Möglichkeit Bechnung getragen worden ist.

Mit diesen Ausführungen glauben wir das Postulat als erledigt betrachten zu dürfen.

Wir benützen diesen Anlass; um Sie unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 10. Januar

1922.

Im Kamen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : .

Di. Haab.

Der Bundeskanzler:

Steiger.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Postulat beider Räte betreffend die Sicherstellung der von der Kriegsgewinnsteuer befreiten Wohlfahrtszuwendungen. (Vom 10. Januar 1922.)

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